Projektarbeit zu Krisenintervention

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Soziale Arbeit Krisenintervention Projekt Anja Altenburger, Lisa Berndonner, Jasmin Ceresna, Moritz Wolfsberger Projektarbeit eingereicht bei FH-Lektorin DSA Magª (FH) Andrea Pilgerstorfer für die Lehrveranstaltung „Krisenintervention und Trauma“ 3INT3 Wintersemester 2014-01-22

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Ergebnis der LV „Krisenintervention und Trauma“ (BA Sozialarbeit) im WS 13/14, Leitung: Andrea Pilgerstorfer. Erstellt von: Anja Altenburger, Lisa Berndonner, Jasmin Ceresna, Moritz WolfsbergerDie LV wurde mit Methoden des Inverted Classroom gestaltetM Hintergrund siehe hier: http://skill.fhstp.ac.at/2014/07/icm-bei-lv-krisenintervention-und-trauma/

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Soziale Arbeit  

Krisenintervention Projekt

Anja Altenburger, Lisa Berndonner,

Jasmin Ceresna, Moritz Wolfsberger

Projektarbeit

eingereicht bei FH-Lektorin

DSA Magª (FH) Andrea Pilgerstorfer

für die Lehrveranstaltung „Krisenintervention und Trauma“

3INT3

Wintersemester 2014-01-22

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Inhaltsverzeichnis  

1 Einleitung ............................................................................................................... 4

1.1 Definitionen ..................................................................................................... 4

1.2 Aspekte von Krisen ......................................................................................... 6

1.3 Ziel der Krisenintervention .............................................................................. 6

2 Geschichte der Krisenintervention ........................................................................ 7

2.1 1910 bis 1917 – Anfänge ................................................................................ 7

2.2 1918 bis 1925 – Folgen des Ersten Weltkrieges ............................................ 8

2.3 1926 bis 1938 – Lebensmüdenfürsorge Caritas ............................................. 8

2.4 1945 bis 1977 – Nachkriegszeit ...................................................................... 9

2.4.1 Caritas-Lebensmüdenfürsorge (einzige Betreuungsinstitution) ............... 9

2.4.2 Kirche und Selbsttötung ......................................................................... 10

2.5 1997 bis 2007 – Ankunft in der Gegewart .................................................... 12

3 Krisenintervention in verschiedenen Handlungsfeldern ...................................... 13

3.1 Definition von Krise und Krisenintervention im Psychosozialen Dienst

Mistelbach – Lisa Berndonner ................................................................................ 14

3.2 Definition von Krise und Krisenintervention in der Suchthilfe Wien –

Jedmayer – Moritz Wolfsberger .............................................................................. 14

3.3 Definition von Krise und Krisenintervention in der Gruft – Anja Altenburger 15

3.4 Definition von Krise und Krisenintervention in der Brücke - Hollabrunn –

Jasmin Ceresna ...................................................................................................... 16

4 Krise und Suizid .................................................................................................. 17

4.1 Hintergründe suizidaler Krisen ...................................................................... 17

4.2 Risikogruppen ............................................................................................... 18

4.3 Suizidale Entwicklung ................................................................................... 18

4.4 Das präsuizidale Syndrom ............................................................................ 19

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4.5 Einengung ..................................................................................................... 19

4.6 Gegen die eigene Person gerichtete gehemmte Agression ......................... 19

4.7 Selbstmordfantasien ..................................................................................... 20

5 Krisen und Gewalt ............................................................................................... 20

5.1 Prinzipien der systemischen Krisenintervention – im Bezug auf Krisen und

Gewalt .................................................................................................................... 21

5.2 Lassen sich schwere Gewalthandlungen im sozialen Nahraum verhindern?

22

6 Krisenintervention Niederösterreich .................................................................... 23

6.1 Krisenzentrum ............................................................................................... 23

6.1.1 Die „Brücke“ ........................................................................................... 23

6.1.2 „Kidsnest“ ............................................................................................... 24

6.2 Akutteam ....................................................................................................... 24

6.3 Niederösterreichisches Krisentelefon – Hilfswerk ......................................... 26

6.4 Telefonseelsorge .......................................................................................... 27

7 Reflexion ............................................................................................................. 29

8 Literaturverzeichnis ............................................................................................. 31

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1 Einleitung

1.1 Definitionen

In der Lehrveranstaltung „Krisenintervention und Trauma“ haben wir die Aufgabe,

uns in Gruppen mit Themen wie Krise, Trauma und Suizidprävention auf

verschiedene Art und Weise auseinanderzusetzen. Unsere Gruppe wählte das

Thema „Krise“. Im folgenden Text werden folgende Punkte genauer beleuchtet: die

Geschichte des Verständnisses von Krisenintervention, die Frage, wie die

verschiedenen Handlungsfelder Krisen definieren, Krise und Suizid bzw. Krise und

Gewalt, eine genauere Beschreibung des Versorgungsnetzwerks in Niederösterreich,

und zum Abschluss wird es eine kurze Reflexion der Ergebnisse geben.

Vorab ist es wichtig zu wissen, was die Begriffe „Krise“ und „Krisenintervention“

überhaupt bedeuten. Zwar werden, wie bereits angedeutet, genauere Definitionen

der beiden Begriffe für verschiedene Handlungsfelder im Folgenden noch erläutert.

Gerade wenn es um den Begriff der Krise geht, der ja in den verschiedensten

Zusammenhängen und Ausprägungen vorkommen und benannt werden kann,

scheint es jedoch hilfreich, eine Definition zu finden, die als allgemeine Erklärung

herangezogen werden kann. Sonneck (2000) meint etwa, dass es sich bei einer

Krise nicht um eine „eigene Krankheitseinheit“ handelt. Vielmehr gehe es darum,

dass ein „akuter Zustand im Verlauf verschiedener Erkrankungen“ zu erkennen sei.

Sonneck (2000) unterscheidet vorrangig zwischen zwei Arten von Krisen. Einerseits

beschreibt er nach dem Vorbild von Cullberg (1978) die „Traumatische Krise“,

andererseits die „Veränderungskrise“ (Caplan, 1964).

Erstere zeichnet sich dadurch aus, dass sie durch ein meist unvorhergesehenes

Erlebnis ausgelöst wird. Meist ist dies etwa eine Trennung oder der Tod eines

nahestehenden Menschen (wichtig ist hier anzumerken, dass der Grund der Krise

immer im Kontext der „subjektiven Wertigkeit“ zu betrachten ist. Dies bedeutet, dass

darauf geachtet werden muss, weshalb das Ereignis, welches die Krise ausgelöst

hat, für diesen Menschen so tragisch erlebt wurde). Bei dieser Form der Krise kommt

es nach einem solchen Erlebnis zum „Krisenschock“. Dieser kann wenige Sekunden

bis etwa 24 Stunden nach dem Erlebnis andauern. Hierbei kommt es meistens zu

einem Rückzug (Regression), in Extremfällen zu einem Zustand der „Betäubung“.

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Wesentlich für die Intervention ist in dieser Phase das Zulassen. Gefühle wie auch

körperliches „Toben“ sollten hier (in nicht selbst- und/oder fremdgefährdender Form)

zugelassen werden und nicht bewertet werden. Im Anschluss folgt die

Reaktionsphase, die oft durch Depressivität, Hoffnungslosigkeit und ähnliche

Gefühlslagen geprägt ist. Wichtig ist hierbei anzumerken, dass diese Phase nicht

geradlinig kontinuierlich erfolgt, sondern es, je nach Intervention, immer wieder

positive Phasen der Bearbeitung und Neuorientierung möglich sind. Möglich sind

allerdings auch Phasen, in denen sich als Reaktion auf das Erlebte, etwa

Missbrauch, von verschiedenen Substanzen zeigt. Auch Suizidalität ist nicht selten

eine Folge.

Es muss zwischen zwei Gefahren unterschieden werden: einerseits gibt es die

Fixierunsgefahr, welche vor allem durch „intrapsychische Konflikte“ (Erinnerung an

vorangegangene traumatische Erlebnisse) gekennzeichnet ist, andererseits die

Chronifizierungsgefahr, welche durch fehlende oder unzureichende Hilfe von

außen entsteht. In dieser Phase muss der/dem Betroffenen ermöglicht werden, über

ihre/seine Gefühle/Probleme zu sprechen. Durch therapeutische Hilfe kann eine

Ermutigung dazu stattfinden. In weiterer Folge soll ein „adäquater Ausdruck“ der

Gefühle passieren. Bei „erfolgreichem“ Abschluss der Reaktionsphase kommt es zur

Bearbeitungsphase. Diese löst die Reaktionsphase allerdings nicht in der Weise ab,

wie diese die Schockphase ablöst. Es kommt vielmehr immer wieder zu Anzeichen

der Reaktionsphase, welche im weiteren Verlauf immer seltener werden. Schließlich

kommt es zur letzten Phase, jener der „Neuorientierung“. Hierbei werden neue

Beziehungen geknüpft und damit das Selbstwertgefühl verbessert.

Veränderungskrisen zeichnen sich durch Konfrontation mit, wie der Name schon

sagt, Veränderungen im Leben einer Person aus, welche für die Betroffenen nicht

integriert werden können – es entsteht ein Gefühl des Versagens. In einigen Fällen

gelingt es den Betroffenen, die eigene Hilflosigkeit zum Anlass zu nehmen, Hilfe zu

suchen und/oder anzunehmen. Kann diese Hilfe adäquat angenommen werden, so

kommt es zur Bewältigung. Im gegenteiligen Fall kommt es auch hier zum „Vollbild

der Krise“, welches sich ähnlich äußert wie bereits bei der traumatischen Krise

beschrieben. Alkohol- oder Drogenabhängigkeit sowie Suizidalität kann auch hier die

Folge sein. Veränderungskrisen können laut Sonneck (2000) jederzeit „beendet

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werden“, sobald der Anlass wegfällt oder Lösungs- bzw. Bewältigungsstrategien

entwickelt werden.

Im Zusammenhang mit den oben genannten Arten von Krisen stehen sogenannte

„chronisch-protrahierte Krisen“. Diese entstehen, wenn es bei Krisen keine

(adäquaten) Bewältigungsstrategien gegeben hat. Sie zeigen sich dementsprechend

in Form der „nicht geglückten“ Reaktion (Traumatische Krise) bzw. Mobilisierung

(Veränderungskrise) etwa durch Missbrauch von Alkohol etc. Menschen in derartigen

Krisen zeigen zusätzlich ein „ausgeprägtes Vermeidungsverhalten“ in Bezug auf

soziale Kontakte (Ausnahme: oft nur nahe Angehörige). Diese Form der Krise ist

gekennzeichnet durch eine Chronifizierung der Verhaltensweisen, wie etwa

Vermeidung, Abgabe von Verantwortung oder sozialer Rückzug. Wichtig für den

Helfer ist die Einschätzung, ob es sich überhaupt um ein chronifiziertes Verhalten

handelt, da sich die weitere Vorgangsweise bzw. bereits die „Zuständigkeit“ der

Helfer_innen von akuten Krisen unterscheidet.

1.2 Aspekte von Krisen

Ein wichtiger Aspekt in der Krisenintervention besteht im Erkennen der subjektiven

Bedeutung eines Auslösers einer Krise für den betroffenen Menschen. Verschiedene

Menschen sind auch unterschiedlich anfällig für Krisen. Diese Anfälligkeit ist,

abgesehen von der bereits genannten Bedeutung für den jeweiligen Menschen etwa

davon abhängig, wie intensiv/adäquat sich der/die Betroffene mit der Situation

auseinandersetzt, aber auch von der psychischen Verfassung des einzelnen

Menschen (damit einhergehend auch mit früheren Erfahrungen in Bezug auf

Umgang mit Krisensituationen).

1.3 Ziel der Krisenintervention

Nach Sonneck (2000) ist das Hauptziel, welches durch Krisenintervention erreicht

werden soll, Hilfe zur Selbsthilfe. Er nennt diese auch „Hilfe zur aktiven

Krisenbewältigung“. Es geht darum, Alternativen zu Verhaltensweisen wie

Missbrauch diverser Substanzen zu finden, Krisenintervention kann aber

beispielsweise auch „Motivationsarbeit für längerfristige Konzepte leisten“, etwa

indem sie im Beginn einer Psychotherapie mündet. Es geht allerdings nicht primär

um eine Veränderung der gesamten Lebenssituation des/der Klient_in. Die in der

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Krisenintervention angestrebten Veränderungen müssen allerdings kurzfristig

realisierbar sein. Ein Versuch einer tiefergreifenderen Änderung ist gerade in der

Schockphase selten sinnvoll.

2 Geschichte der Krisenintervention

Die Suizidprävention ist inzwischen 100 Jahre alt geworden. Österreich kam bei der

Entwicklung eine besonders aktive und prägende Rolle zu. Entscheidende Impulse,

die von Wien ausgingen waren u.a. der erste internationale Kongress für

Suizidprävention 1960 und die darauf folgende Gründung der Internationalen

Vereinigung für Selbstmordprophylaxe 1965 – inoffiziell schon 1960 (vgl. Sonneck,

Groll, Kapitany, et al. 2008:17,46).

2.1 1910 bis 1917 – Anfänge

Es wird vermutet, dass es in Europa, möglicherweise sogar in der Welt überhaupt,

die ersten Formen der „Lebensmüdenbetreuung“, wie sie damals genannt wurde, in

Wien gab. Im Jahre 1910 erreichte Graf Wilczek, den Präsidenten der Wiener

Rettungsgesellschaft, die Bitte vom Großindustriellen Böhler, Menschen, die einen

Selbstmordversuch unternommen haben, zu betreuen. Die Finanzierung übernahm

der Bittsteller. Dr. Charas, der damalige Chefarzt der Wiener Rettungsgesellschaft,

sammelte 20 Personen um sich, die an der Lebensmüdenbetreuung interessiert

waren und vereinigte sie zu einem Komitee. Diese Personen hatten alle eine

verschiedene konfessionelle Zugehörigkeit (vgl. Sonneck, Groll, Kapitany, et al.

2008:20).

Die Betreuungsarbeit wurde wie folgt durchgeführt: Bei der Unfallstelle wurde Name

und Stand des Lebensmüden und, wenn möglich, das Motiv der Tat, die Art der

Verletzung und die Anstalt, wohin der/die Patient_in gebracht wurde vermerkt. Dieser

„Kurzbericht“ wurde den Chefarzt überreicht, welcher dann ein Mitglied des Komitees

auswählte, das sich dann der Betreuung dieser Person anzunehmen hatte (vgl.

Sonneck, Groll, Kapitany, et al. 2008:20).

Da die Komitee-Mitglieder aus einer gehobenen sozialen Schicht entstammten, war

es ihnen möglich der suizidgefährdeten Person aus eigener Kraft zu helfen, und

wenn nicht, wurden Hilfe-Möglichkeiten durch persönliche Verbindungen gefunden.

Das Komitee setzte sich vor allem das Ziel den suizidgefährdeten Personen den Weg

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zu einem erneuten Selbstmordversuch zu verstellen bzw. zu verschließen. Die

Aufgabe der Komitee-Mitglieder war es, die lebensmüden Personen zum

Weiterleben zu animieren sowie moralischen Einfluss zu nehmen. Obwohl das

System dieser Hilfe keine feste Organisation hatte und sehr locker, improvisiert und

in aller Stille gearbeitet wurde, leistete die kleine Gruppe von Menschen eine

vorbildliche Arbeit (vgl. Sonneck, Groll, Kapitany, et al. 2008:21).

2.2 1918 bis 1925 – Folgen des Ersten Weltkrieges

Der Erste Weltkrieg und sein Ausgang veränderte die Situation der

Lebensmüdenbetreuung enorm: Durch Böhlers Tod verlor die Betreuungsarbeit die

finanzielle Grundlage. Die Komitee-Mitglieder waren durch die Inflation wirtschaftlich

entkräftet worden und deshalb nicht mehr in der Lage sich voll für ihre Klient_innen

einzusetzen. Auch andere wichtige Mitglieder waren im Krieg verstorben, u.a. der

Chefarzt Dr. Charas. Sein Nachfolger hatte kein Verständnis für die Lebensmüden

und die Zahl der einsatzbereiten und einsatzwilligen Komitee-Mitglieder war durch

Inflation und Kriegsfolgen sehr vermindert worden. Der Versuch die

Lebensmüdenbetreuung wieder zum Leben zu erwecken, war in dieser Zeit nicht

möglich, da die Menschen zu sehr mit sich selbst beschäftigt waren (vgl. Sonneck,

Groll, Kapitany, et al. 2008:21-22).

2.3 1926 bis 1938 – Lebensmüdenfürsorge Caritas

1926 wurde innerhalb der „Ethischen Gemeinde“, welche unter der Leitung von

Wilhelm Börner stand, angeregt, eine Präventivmaßnahme für die zunehmende Zahl

an Selbstmorden zu suchen. Im Jahr 1928 wurde dann eine Beratungsstelle für

Lebensmüde eröffnet, welche bis zu ihrer Auflösung 1938 arbeitete. In dieser Zeit

wurden 7134 Personen beraten und „befürsorgt“ (vgl. Sonneck, Groll, Kapitany, et al.

2008:22).

1938 übernahm die Wiener Caritas unter der Leitung von Dr. Tongelen und unter

dem Titel „Werkgemeinschaft Frohes Leben“ die Betreuung der Lebensmüden. In

diesem wirtschaftlichen Krisenjahr stieg die Selbstmordrate weiter an – bei den

Selbstmordmotiven standen die wirtschaftlichen an erster Stelle. Die

Selbstmordversuche waren als Demonstration gedacht, sie sollten auf die immer

schlimmer werdende wirtschaftliche Not der „kleinen Leute“ und auf die Folgen der

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damals enormen Massenarbeitslosigkeit aufmerksam machen. Die Tätigkeit der

Werkgemeinschaft „Frohes Leben“ und die der „Ethischen Gemeinschaft“ fand 1938

ein abruptes Ende (vgl. Sonneck, Groll, Kapitany, et al. 2008:22).

2.4 1945 bis 1977 – Nachkriegszeit

Im Jahre 1945 erklomm die Selbstmordrate ihren Höhepunkt, weshalb gerade in

dieser Zeit eine Beratungsstelle für suizidgefährdete Menschen sehr wichtig gewesen

wäre (vgl. Sonneck, Groll, Kapitany, et al. 2008:23).

Zuerst nahm die Caritas ihre 1938 unterbrochene Hilfeleistung wieder auf und

errichtete eine Lebensmüden-Fürsorgestelle unter der Leitung von Rektor Franz M.

Zimmerl ein. Es wurde das Gesundheitsamt der Stadt Wien darum gebeten, die

Spitäler anzuweisen, der Fürsorgestelle, die aus Spitälern entlassenen Personen

zukommen zu lassen, damit eine Nachbehandlung in die Wege geleitet werden kann.

Dies geschah aus der Erfahrung heraus, dass ohne eine Nachbehandlung der später

erneut versuchte Selbstmord meist Erfolg hatte. 1947 wurde Herr Dr. Ringel von der

Klnink Kauders damit beauftragt, die Lebendmüdenfürsorge auf eine breitere (auch

hauptamtlich tätige) Grundlage zu stellen (vgl. Sonneck, Groll, Kapitany, et al.

2008:23).

2.4.1 Caritas-Lebensmüdenfürsorge (einzige Betreuungsinstitution)

„Die Art der Lebensmüdenhilfe, wie sie die Caritas ausübt, ist bis zum heutigen Tage

die gleiche geblieben.“ (Sonneck, Groll, Kapitany, et al. 2008:24).

Die Arbeit der Lebensmüdenfürsorge der Caritas beginnt mit der Meldung über den

Selbstmordfall. Die Fürsorgerin begibt sich darauf entweder zu den Hinterbliebenen

oder, falls er/sie überlebt hat, zum/zur Lebensmüden in die Heilanstalt oder ins Haus

(vgl. Sonneck, Groll, Kapitany, et al. 2008:25).

Beim Besuch der Hinterbliebenen stößt man oft auf Menschen, die verzweifelt sind

oder vom Gefühl der Mitschuld am Tode des/der Lebensmüden gequält werden. Hier

ist das Ziel, die Erregung, die vorgefunden wird, zu dämpfen, materielle Hilfe zu

bieten oder/und sich um die Kinder zu kümmern, wenn es sich um den Tod einer

alleinerziehenden Elternteils (damals meistens der Mutter) handelt (vgl. Sonneck,

Groll, Kapitany, et al. 2008:25).

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Der Klinikbesuch ist im Gegensatz zum Hausbesuch verhältnismäßig leicht. Er führt

in eine neutrale Umgebung in der ein Einblick in die Krankengeschichte oder eine

Rücksprache mit behandelnden Ärzt_innen möglich ist. Die wichtigste Aufgabe der

Fürsorgerin ist hier, den/die Lebensmüde_n von der Aufrichtigkeit des Hilfswillens zu

überzeugen und ihn/sie dazu bewegen, nach Verlassen der Klinik eine

Betreuungsstelle zu besuchen (vgl. Sonneck, Groll, Kapitany, et al. 2008:25).

Schwieriger, aber auch aussagekräftiger, ist der Hausbesuch. Hier kann die

Fürsorgerin sich ein gutes Bild von den Lebensumständen der lebensmüden Person

machen. Sie dringt in die Privatsphäre eines Menschen ein, der bereit war sein

Leben wegzuwerfen. Oft steht sie jedoch harter und kalter Abweisung von Menschen

gegenüber, deren Panzer der Verschlossenheit kaum zu durchbrechen ist. Im

Gegensatz zum Klinikbesuch ist die Kontaktaufnahme zu Personen hier meist

schwerer (vgl. Sonneck, Groll, Kapitany, et al. 2008:26). Beim Klinikbesuch ist die

Fürsorgerin oft eine willkommene Verbindung zur Außenwelt, weshalb der/die

Patient_in leichter geneigt dazu ist mit der Fürsorgerin zu sprechen (vgl. Sonneck,

Groll, Kapitany, et al. 2008:25).

2.4.2 Kirche und Selbsttötung

Während vor dem Zweiten Weltkrieg vor allem humanitäre Atheisten für das

Suizidproblem eintraten, war es nach dem Krieg die Kirche, für die es wichtig war,

Suizide zu verhüten. Während die „Ethische Gemeinde“ unter anderem für die

Selbstbestimmung des eigenen Todes eintrat, sah die Kirche ihre Aufgabe darin,

Menschen zu helfen, keine Sünde durch Suizid zu begehen, die nicht mehr bereut

und dadurch nicht mehr vergeben werden kann (vgl. Sonneck, Groll, Kapitany, et al.

2008:38).

Kleiner geschichtlicher Rückblick: Der Kirchenvater Augustinus (354-430 n. Chr.)

veränderte das Bild des Suizids innerhalb der Kirche. Seiner Meinung nach, war die

Selbsttötung ein Verstoß gegen das Gebot „Du sollst nicht töten“. Daraufhin wurde

auf dem Konzil von Orleans (533 n. Chr.) der Suizid unter die todeswürdigen

Verbrechen gestellt und auf dem Konzil von Braga (563 n. Chr.) wurde festgelegt,

dass allen Suizidopfern die kirchliche Bestattung verweigert wird. Das Katholische

Recht betrachtete den Suizid jedoch dann nicht als Todessünde und verweigerte

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auch das Begräbnis nicht, wenn eine Geisteskrankheit als Ursache für den Suizid

vorlag (vgl. Sonneck, Groll, Kapitany, et al. 2008:38).

Heute wird den Opfern des Suizides ein kirchliches Begräbnis nicht mehr verwährt –

das wurde 1983 im Codes Juris Canonici verankert – doch hat die katholische Kirche

das nicht propagiert. Besonders Holderegger (1977) und Ringel (1984) ist zu

verdanken eine moralisch-theologisch differenzierte Beurteilung der Suizidhandlung

vorgenommen und damit auch eine Veränderung in der Praxis der katholischen

Kirche bewirkt zu haben (vgl. Sonneck, Groll, Kapitany, et al. 2008:39).

Die Caritas der Erzdiazöse Wien nahm also nach dem Zweiten Weltkrieg erneut ihre

suizidprophylaktische Aktivität auf und stellte außerdem Sozialarbeiter_innen für

diese spezielle Aufgabe der Suizidverhütung an. Hier wurde außerdem versucht

interdisziplinär zu arbeiten: Es wurde ein Team von Sozialarbeiter_innen,

Psychiater_innen, Psychotherapeut_innen, Psycholog_innen, Rechtsanwält_innen,

Seelsorger_innen und Ärtz_innen aufgebaut (vgl. Sonneck, Groll, Kapitany, et al.

2008:40).

Im Jahre 1950 arbeitete die Caritas sehr intensiv mit der Wiener Psychatrisch-

Neurologischen Universitätsklinik zusammen (vgl. Sonneck, Groll, Kapitany, et al.

2008:40). In einem unveröffentlichten Manuskript von E. Ringel, „Beobachtung und

weitere Betreuung der im Jahre 1947 auf die psychiatrisch-neurologische Univ.-Klinik

eingelieferten Suizidanten“ ist nachzulesen: „Wenn auch mit der Fürsorgetätigkeit der

Caritas alleindas Selbstmordproblem nicht gelöst scheint, so kann man doch ruhig

sagen, daß in diesem Jahr durch die Zusammenarbeit mit ihr unser Wirken

wesentlich erleichtert wurde und uns vor allem Frühentlassungen, die bei

Berufstätigen und kinderreichen Frauen sozial äußerst wichtig sind, möglich waren.“

(Sonneck, Groll, Kapitany, et al. 2008:41).

Die Vorgehensweise wurde bald bekannt und ging als „Wiener Weg der

Selbstmordverhütung“ in die Literatur ein – es kam in vielen Ländern Europas zu

ähnlichen Einrichtungen und Organisationsformen (vgl. Sonneck, Groll, Kapitany, et

al. 2008:41).

Im Jahre 1963 beim 2. Internationalen Kongress für Suiidprävention in Kopenhagen

waren internationale Vertreter der Suizidologie erstmals bereit, Mitglied der

Internationalen Vereinigung für Selbstmordprophylaxe (IASP) – ab 1977 International

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Association for Suicide Prevention and Crisis Intervention – zu werden.

Kriseninterventionszentren, telefonische Notrufdienste und akutpsychiatrische

Einrichtungen wurden zu einem wichtigen Bestandteil der psychiatrischen

Versorgung (vgl. Sonneck, Groll, Kapitany, et al. 2008:46).

In der Gründungsversammlung 1960 (offiziell erst 1965) erwähnt Ringel, dass durch

die Betreuung der Personen nach einem Suizidversuch die Wiederholungsrate von

5% auf 2% gesunken ist und führt an, dass es nötig ist, mehr Menschen zu erfassen,

die in einer möglichen suizidalen Entwicklung sind (vgl. Sonneck, Groll, Kapitany, et

al. 2008:47).

Die 1948 von Erwin Ringel gegründete Lebensmüdenvorsorge sah sich ganz in der

Tradition der „Selbstmordverhütung“. Es wurden vor allem Leute nach einem

Selbstmordversucht betreut. Im Jahre 1974 begann die Lebensmüdenvorsorge damit

sich vermehrt auf Menschen zu konzentrieren, die im Rahmen einer psychosozialen

Krise mit ihrer Situation oder ihrem Zustand überfordert sind. Diese Menschen

machten dann den Größten Anteil der betreuten Personen aus, weshalb die Stelle in

„Zentrum für Krisenintervention“ umbenannt wurde (vgl. Sonneck, Groll, Kapitany, et

al. 2008:48). Seit 1982 ist im Kriseninterventionszentrum außerdem eine Partner-

und Familienberatungsstelle eingerichtet (vgl. Sonneck, Groll, Kapitany, et al.

2008:60).

2.5 1997 bis 2007 – Ankunft in der Gegenwart

„Im Jahre 1975 wurde der Verein „Kriseninterventionszentrum“ gegründet, dessen

Mitglieder das Gesundheitsministerium (BMGFJ), die Caritas der Erzdiözese Wien,

die Gemeinde Wien, der Hauptverband der Österreichischen

Sozialversicherungsträger, der Österreichische Arbeiterkammertag und der

Österreichische Gewerkschaftsbund sind.“ (Sonneck, Groll, Kapitany, et al. 2008:59)

Bis zu seinem Tod im Jahre 1994 war Univ. Prof. Dr. Erwin Ringel der

Vorstandsvorsitzende des Vereins – danach Prof. Dr. Walter Pöldinger. Seit 1999 hat

Univ. Prof. Dr. Sonneck diese Funktion inne (vgl. Sonneck, Groll, Kapitany, et al.

2008:59).

Im Laufe der Jahre veränderte sich der Arbeitsinhalt enorm. Der Schwerpunkt

bewegte sich immer mehr weg von der Betreuung nach Suizidversuchen und hin

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zum präventiven Ansatz. Die Kriseninterventionszentrum versteht sich heute als eine

im „präventiven Bereich tätige Ambulanz zur Bewältigung von akuten psychosozialen

Krisen und Krisen mit hohem Suizidrisiko und/oder bei drohender Gewalt.“ (vgl.

Sonneck, Groll, Kapitany, et al. 2008:60).

Das „Angebot“ des Kriseninterventionszentrums richtet sich sowohl an Personen, die

sich in einer akuten psychosozialen Krise befinden, als auch an Angehörige und

Bekannte sowie an Kolleg_innen aus anderen Einrichtungen, die mit Menschen, die

sich in akuten Krisen befinden, zu tun haben (vgl. Sonneck, Groll, Kapitany, et al.

2008:61).

Das Beratungs- und Behandlungsangebot umfasste zu dieser Zeit, wie heute,

Erstgespräche - in denen jede_r Klient_in die Möglichkeit bekam sofort ein Gespräch

mit einem/einer Mitarbeiter_in zu führen, auf Wunsch auch anonym –

Einzelkurspsychotherapie, Fokalpsychotherapie, Partner- und Familienberatung und

-therapie, medikamentöse Therapie, Sozialberatung, Angehörigenberatung,

kurzfristige finanzielle Aushilfen, Unterstützung im Kontakt mit anderen Institutionen

und Behörden (vgl. Sonneck, Groll, Kapitany, et al. 2008:62).

Außerdem ist neben der Betreuung von Klient_innen auch die Weitergabe

praktischen und theoretischen Wissens zu Themen wie psychosoziale Krisen,

Umgang mit Krisen, Krisenintervention, Umgang mit Suizidalität und Verlust,

Trauerbewältigung, akute Traumatisierungen und Gewaltprävention ein wichtiger

Arbeitsbereich des Kriseninterventionszentrums (vgl. Sonneck, Groll, Kapitany, et al.

2008:63;64).

3 Krisenintervention in verschiedenen Handlungsfeldern

In diesem Abschnitt möchten wir vier verschiedene Definitionen von Krise und

Krisenintervention aufzeigen. Diese vier verschiedenen Definitionen stammen jeweils

von unseren Langzeitpraktikumsstellen. Da die Einrichtungen oftmals mit

„unterschiedlichen“ Krisen konfrontiert wurden und jede auf ihre eigene Art

Krisenintervention leistet, ist auch hier eine Unterscheidung zu erkennen.

Anbei nun jeweils die Praktikumsstellen mit „ihrer“ Definition von Krise und

Krisenintervention.

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3.1 Definition von Krise und Krisenintervention im Psychosozialen Dienst Mistelbach – Berndonner

Krise In meiner Praktikumseinrichtung (PSD Mistelbach) wird unter Krise eine akute Selbst

bzw. Fremdgefährdungssituation verstanden. Bei einer Krise gilt es zuerst die

psychische Verfassung des/der Klient_in zu klären. Eine Krise besteht wenn eine

sogenannte psychische Dekompensation besteht. Unter Dekompensation versteht

man: Entgleisung, Absturz, Verschlechterung, der nicht mehr ausreichende

Ausgleich einer verminderten Funktion oder Leistung bzw. dessen Folgezustand z. B.

beim Schock.

Krisenintervention Zur Krisenintervention meinte meine Praxisanleiterin, dass der PSD Mistelbach

generell keine Kriseninterventionstelle ist. Nur das Kernklientel (Personen mit

schweren psychischen Krankheiten und komplexen Unterstützungsbedarf) werden

auch in Krisen betreut. Krisenintervention im PSD Mistelbach gibt es eher selten.

Falls doch, geht es dabei meistens nur um die Einweisung in eine Psychiatrie. Bei

akuten Krisen folgt die Einweisung in ein Krankenhaus (Psychiatrie). Bei leichteren

Krisen erfolgen beratende, unterstützende und klärende Gespräche.

Was ist Krisenintervention konkret? Die kurzfristige ambulante oder stationäre

Einweisung in ein Krankenhaus, Psychotherapeutische Hilfe – beim PSD stützende

und klärende Gespräche, als Unterstützung in psychischen Krisen (z. B. Bedrohung

durch Suizidalität oder nach einem Suizidversuch.

3.2 Definition von Krise und Krisenintervention in der Suchthilfe Wien Jedmayer – Wolfsberger

Krise Unter „Krise“ versteht man eine akute dauerhafte psychisch belastende

Lebenssituation eines Menschen, die über das „normale“ Maß hinaus geht, und für

welche die Betreffenden keine adäquaten Bewältigungsstrategien zur Verfügung

haben. Fehlt ausreichende Unterstützung, so wird oft das Potenzial der Krise als

Chance nicht wahrgenommen, und die scheinbare Ausweglosigkeit führt, im Kontext

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der Suchthilfe, oft zu einem Beginn oder einer Steigerung des Substanzkonsums, der

wiederum oft eine Intensivierung der Krise mit sich bringt.

Krisenintervention …ist der Versuch eines psychischen Beistands für Menschen, die sich in einer

„Krise“ befinden.

Ein Beispiel hierfür wäre etwa das Herbeiziehen eines „Kriseninterventionsteams“ für

Menschen, die sich aufgrund eines Todesfalles (oft bei „Mitansehen“ eines Unfalls

oder bei der Nachricht des Todes eines Familienmitglieds in einer psychischen

„Ausnahmesituation“ befinden.

3.3 Definition von Krise und Krisenintervention in der Gruft –Altenburger

Krise Krise ist ein Zustand mit dem der_die Betroffene überfordert ist. Der_die Betroffene

ist emotional aufgebracht, hegt Selbstmordgedanken oder ist aggressiv. In der

Einrichtung in der ich mein Praktikum absolvierte, war das oft, wenn Personen

gerade eine Delogierung durchgemacht haben oder sie kurz bevor steht.

Krisenintervention Krisenintervention bedeutet das Eingreifen in die Krise eines Menschen durch eine

andere Person um ein „Schlimmerwerden“ zu verhindern. Zuerst wird versucht die

Person aus der Situation zu bringen. Dann findet ein Gespräch statt indem versucht

wird den_die Betroffene_n zu beruhigen und Lösungsansätze für die momentane

Situation zu finden.

Bei Gewalttaten z.B. vorübergehende Unterkunft, etc. – In Notfällen werden andere

Institutionen herangezogen (Polizei, Rettung,…)

Page 16: Projektarbeit zu Krisenintervention

Seite 16  

3.4 Definition von Krise und Krisenintervention in der Brücke – Hollabrunn – Ceresna

Krise

Eine Krise bedeutet für mich dass die Waage zwischen Anforderungen an eine

Person, und dessen eigenen Bewältigungsstrategien im Ungleichgewicht ist. Das

bedeutet dass die Anforderungen zu viele sind, für die vorhandenen

Bewältigungsstrategien. Eine Krise bedeutet für mich auch immer eine Veränderung

im Leben der Person. Eine Krise ist vorrübergehend.

Krisenintervention

Krisenintervention ist eine Art der Bewältigung mithilfe von professionellen

Helfer_innen, wenn eine Person diese nicht mehr alleine bewältigen kann, bzw. nicht

ausreichend Ressourcen hat um die Krise mithilfe dieser zu bewältigen.

Rahmenbedingungen in Bezug auf Krisenintervention

Da ich in einem Krisenzentrum Praktikum gemacht habe waren die

Rahmenbedingungen in Bezug auf Krisenintervention ziemlich eindeutig. In einem

Krisenzentrum versucht man mit jedem einzelnen Klient_in die Krise zu bewältigen,

demnach findet laufend Krisenintervention statt. Dies wird durch viele Gespräche,

auch mit Angehörigen, versucht. Ebenfalls gibt es immer eine medizinische

Abklärung und die Institution steht in ständiger Verbindung mit den

Jugendwohlfahrten. Besonders wichtig sind meiner Meinung nach in einem

Krisenzentrum die Strukturen, wie zum Beispiel die Hausordnung oder der

Tagesplan, aber auch das man immer flexibel ist da stets etwas unerwartetes

passieren kann.

Dies waren nur vier unterschiedliche, jedoch im Grunde sehr ähnliche, Definitionen

von Krise und wie Krisenintervention betrieben wird. Unserer Meinung nach geben

diese vier praktischen Beispiele einen guten Einblick in die Unterschiedlichen

Arbeitsweisen der Organisationen.

Page 17: Projektarbeit zu Krisenintervention

Seite 17  

4 Krise und Suizid

Mitarbeiter_innen psychosozialer Einrichtungen werden unvermeidlich mit dem

Thema Suizidalität konfrontiert, weil die Suizidrate unter psychisch Kranken

besonders hoch ist, aber auch Sozialarbeiter_innen in anderen Einrichtungen

könnten mit diesem Thema konfrontiert werden. Nach Sonneck (2000) ist die

Einschätzung der Suizidalität eine der wichtigsten und verantwortungsvollsten

Aufgaben bei der Arbeit mit Menschen in akuten Krisen. Hierbei kann die Kenntnis

der Riskikogruppen, der suizidalen Entwicklung und des präsuizidalen Syndroms

sehr hilfreich sein (vgl. Sonneck 2000:151).

4.1 Hintergründe suizidaler Krisen

Menschliche Verzweiflung, die in einer suizidalen Krise eskaliert, ist zunächst ein

jeweils individuelles, persönliches Drama, welches unter gesellschaftlichen

Einflüssen steht. Emil Durkheim geht in seiner „Anomietheorie“ davon aus, dass die

Suizidrate in „anomischen“, also regellosen umstrukturierten Gesellschaften

besonders hoch ist aufgrund von Wirtschaftskrisen, Arbeitslosigkeit, Wertewandel,

etc. (vgl. Eink, Haltenhof (2006):31,32).

Suizid als Folge einer Krise

Ein Mensch befindet sich in einer Krise, wenn er aufgrund eines bestimmten

Ereignisses in seinem Leben emotional überfordert ist. Es werden, wie bereits in der

Einleitung erklärt, zwei Arten von Krisen unterschieden:

• Traumatische Krise: Sie kann beispielsweise durch eine schwere Krankheit

oder den Tod eines nahen Menschen ausgelöst werden.

• Lebensveränderungskrise: Diese kann durch ein einschneidendes Ereignis im

Leben entstehen, z.B. durch den Auszug vom Elternhaus.

Beispiele für Suizidmotive:

• Überforderung mit Lebenssituation bzw. bestimmten Ereignis

• Hilferuf

• Rache

• Wunsch körperliches und seelisches Leid loszuwerden, etc.

Page 18: Projektarbeit zu Krisenintervention

Seite 18  

4.2 Risikogruppen

Es ist unmöglich mit absoluter Sicherheit Suizidalität und die Beurteilung der damit

verbundenen aktuellen Gefährdung zu erkennen. Aufgrund zahlreicher

Untersuchungen ging jedoch hervor, dass die potenziellen Risikogruppen, vor allem,

wenn sich diese noch überschneiden...

• alkohol-, medikamenten- und drogenabhängige Menschen,

• depressive Menschen aller Art,

• alte und vereinsamte Menschen,

• Personen, die durch eine Suizidankündigung oder einen Suizidversuch

auffällig wurden

...sind (vgl. Sonneck 200:152).

4.3 Suizidale Entwicklung

Im Normalfall geht einer suizidalen Handlung eine suizidale Entwicklung voraus. In

der ersten Phase wird der Suizid als eine mögliche Problemlösung in Betracht

gezogen. Hierbei spielen psychodynamische Faktoren wie Agressionshemmung –

Agressionen („ohnmächtige Wut“; Agressionen, die nicht nach außen abgeführt

werden können) und soziale Isolation eine große Rolle. Entstand erst einmal der

ernsthafte Gedanke an Suizid, beginnt ein Kampf im Inneren zwischen dem Drang

der Selbsterhaltung und der Selbstzerstörung. Aufgrund der Notrufe und Appelle, die

aus diesem inneren Kampf entstehen, nehmen Farberow und Shneidman (1961) an,

dass suizidales Verhalten generell als Hilferuf zu verstehen ist. Unter suizidalem

Verhalten versteht man das Reden und das Andeuten von Suizid sowie Drohungen

und Voraussagen. Die Appelle in dieser zweiten Phase dürfen nicht ignoriert

werden, denn sie bieten Sozialarbeiter_innen sowie anderen Helfer_innen die

Chance zu helfen (vgl. Sonneck 2000:167).

In der dritten Phase der suizidalen Entwicklung kommt es zum Entschluss den

Suizid durchzuführen. Durch diese Entscheidung tritt eine Beruhigung ein, die von

Page 19: Projektarbeit zu Krisenintervention

Seite 19  

der Umwelt meist falsch interpretiert wird. Es wird vermutet, dass die Krise und damit

auch die Gefahr vorbei sei (vgl. Sonneck 2000:167).

4.4 Das präsuizidale Syndrom

Erwin Ringel hat um 1950 herausgefunden, dass einem Suizid meist eine oder

mehrere der folgenden Phasen vorausgehen. Sonneck (2000) beschreibt diese in

seinem Buch:

4.5 Einengung

Es entwickelt sich eine Einengung der persönlichen Möglichkeiten, welche auf

Schicksalschläge oder eigenem Fehlverhalten folgt (situative Einengung).

Die dynamische Einengung bezieht sich auf die Apperzeption und Assoziation

sowie auf Affekte und Verhalten. Das Leben erscheint düster, das ganze Leben und

alle Mitmenschen werden als schlecht bewertet. Die Personen leiden oft unter einer

Depression, Panik oder sind sonst sehr verzweifelt.

„Die affektive Einengung bewirkt meistens ein ängstlich-depressives Verhalten, […]

am Höhepunkt der affektiven Einengung eine ‚auffällige Ruhe‘“. (Sonneck 2000:169)

Außerdem kann es durch Einengung der Wertwelt (Leben erscheint als langweilig

und leer, Interessenlosigkeit, Gleichgültigkeit, Hobbys werden vernachlässigt, …) und

Einengung und Entwertungen zwischenmenschlicher Beziehungen (Gefühl von

Freund_innen und Familie im Stich gelassen worden zu sein, Einsamkeit und Gefühl

nicht verstanden zu werden) zum Verlust der Umweltbeziehungen kommen (vgl.

Sonneck 2000:169).

4.6 Gegen die eigene Person gerichtete gehemmte Agression

Hier ist es therapeutisch äußert wichtig zu wissen ob diese Hemmung auf eine

spezifische Persönlichkeitsstruktur, auf spezielle psychische Erkrankungen oder auf

fehlende zwischenmenschliche Beziehungen zurück geht (vgl. Sonneck 2000:169).

Diese Aggression wird nicht gezeigt, obwohl die betroffene Person das eigentlich

gerne tun würde. Der Aggressionsdruck in der Person, der dadurch steigt, entlädt

sich dann oft bei einem relativ belanglosen Anlass. Nicht selten richtet die Person

diese gestaute Aggression auch gegen sich selbst.

Page 20: Projektarbeit zu Krisenintervention

Seite 20  

4.7 Selbstmordfantasien

„Nach Schütz (1994) werden drei Phasen der Suizidphantasie unterschieden:

1. Phase: Die betroffene Person denkt, dass sie tot sein möchte. Das Leben

erscheint ihr als sinnlos. Meist verschwindet dieser Gedanke wieder, sobald wieder

etwas Schönes im Leben passiert.

2. Phase: Die betroffene Person denkt daran, sich selbst zu töten. Am Anfang ist

dies erst ein einfacher Gedanke, dieser kann später aber zu einem zwanghaften

Gedanken werden, der das ganze Denken beherrscht.

3. Phase: Die betroffene Person denkt über die Ausführung und den Zeitpunkt des

Suizids nach. Dies geht soweit, dass der Suizid bis ins Detail geplant wird.“

(Baumgartner, Burkhalter, Anderegg, et al. 2013)

5 Krisen und Gewalt

Zu Beginn dieses Kapitels möchten wir generell auf den Begriff Gewalt eingehen.

Was ist Gewalt eigentlich?

„Alltäglicher Gewaltbegriff: „Gewalt“ meint alltagssprachlich zunächst ein Tun, kein

Unterlassen. Dieses Tun wird negativ bewertet und kann die Form der Nötigung oder

der Schädigung annehmen. Gewalt geht nur von Personen oder Gruppen, aber nicht

von Sachverhalten aus. Sie richtete sich sowohl gegen Personen als auch gegen

Sachen. Tendenziell meint „Gewalt“ eine relativ schwere körperliche Nötigung, oder

Schädigung.“ (Schuster/Schäfer-Hohmann/Müller-Geib 2009:29)

Generell unterscheidet man nötigende (restriktive), schädigende (destruktive),

physische, psychische, aktive und passive Gewalt.

Unter aktiver Gewalt versteht man die unmittelbare Schädigung. Die passive Gewalt

meint die Nötigung durch Versperren statt durch Eingreifen.

Der Unterschied zwischen physischer und psychischer Gewalt besteht darin, ob sie

eine leibliche oder eine seelische Verletzung bewirkt.

Bei der nötigenden (restriktiven) und der schädigenden (destruktiven) Gewalt ist eine

zweite Differenzierung vorzunehmen. Man könnte nicht nur die Zufügung eines

Page 21: Projektarbeit zu Krisenintervention

Seite 21  

Nachteils bzw. ein Tun als Nötigung oder Schädigung verstehen, sondern auch die

Vorenthaltung eines Vorteils bzw. ein Unterlassen. (vgl. Schuster/Schäfer-

Hohmann/Müller-Geib 2009:24)

5.1 Prinzipien der systemischen Krisenintervention – im Bezug auf Krisen und Gewalt

1. Sofortiges Eingreifen

In einem Stadium der Krise besteht die Tendenz, den Spannungszustand durch

dramatische Aktionen bzw. Kurzschlusshandlungen zu beenden. Daraus ergibt sich

für Therapeuten die Verpflichtung des sofortigen Beginns. Der Grund dafür ist vor

allem die Gefahr irreversibler Handlungen und Entscheidungen durch Betroffene.

2. Aktivität des (der) Therapeuten

Es besteht die Notwendigkeit der Konfrontation der Betroffenen mit den Ursachen

und den Folgen ihrer möglichen Handlungen. Die Aufgabe des Therapeuten ist es,

den eigentlichen Konflikt aus dem Gewirr von Gefühlen, Vorurteilen,

Missverständnissen, jahrelang aufgestauten und oft paranoid verarbeiteten

Erlebnisse herauszulösen.

Eine übergroße Rücksichtnahme auf den Leidenszustand des Betroffenen durch

Vermeidung von Konfrontation würde nur zur Verdrängung der tatsächlichen

Konfliktursache führen und ist mit gezielter Krisenintervention nicht vereinbar.

3. Gleichzeitige Stützung

Falls in solch einer Situation eine begleitende Stützung verabsäumt wird, so brechen

die Patienten die Therapie oftmals ab, da das Ausmaß der Spannung ihre

Toleranzgrenze übersteigt. Eine tragfähige Beziehung muss rasch aufgebaut

werden, da sich die Patienten nur auf eine Konfrontation einlassen werden, wenn

diese zum Therapeuten besteht.

4. Der Behandlungsfokus

Die Krisenintervention konzentriert sich meistens auf die gegenwärtige Problematik.

Hinweise und Verknüpfungen mit biografischen Momenten sind jedoch oftmals

hilfreich, da sie ein stützendes Element enthalten können. Zielvorstellungen der

Page 22: Projektarbeit zu Krisenintervention

Seite 22  

Krisenintervention: die aktive und konstruktive Bewältigung einer schweren Krise in

gemeinsamer Arbeit von Therapeuten und Patienten, da diese mehr leisten kann, als

eine bloße Wiederherstellung des Ausgangszustands. Diese konstruktive

Bewältigung stellt auch ein Modell für die Bewältigung künftiger Krisen dar.

5. Pragmatismus und Methodenintegration

Das Vorgehen in einer Krisenintervention sollte flexibel sein und sich nach situativen

Erfordernissen richten. Therapeutische Techniken werden zur raschen

Situationsbewältigung eingesetzt.

6. Einsatz von Psychopharmaka

Als unterstützendes Mittel wird auch hin und wieder eine entsprechende

medikamentöse Behandlung durchgeführt.

7. Arbeit mit dem Problemsystem

Alle am „Problemsystem“ gehörenden Personen sollten an der Therapie teilnehmen.

Dies geschieht nicht nur aufgrund ihrer „Verwicklung“, sonder als Ressource. Dies

wird dann als systemische Krisenintervention bezeichnet.

Das primäre Ziel ist, eine schwere irreversible Gewalthandlung zu verhindern. Im

Fokus sollten immer die Stärkung und die Ressourcen der Person und deren System

stehen (vgl. Sonneck 2000:132f).

5.2 Schwere Gewalthandlungen im sozialen Nahraum verhinderbar?

„Das Bekanntwerden einer Morddrohung oder der Androhung schwerer Gewalt sollte

zu einer gemeinsamen Intervention von Behörden und psychosozialen Diensten

führen, wobei die „Intervention“ der Behörden darin bestehen sollte, psychosoziale

Krisenintervention zu ermöglichen. Eine reine Polizeiaktion ist sinnlos. Eine Drohung

dieser Art kann auch als Hilferuf in einer als aussichtslos erscheinenden Situation

gesehen werden, die zum Angebot psychosozialer Hilfe führen sollte. Die Androhung

schwerer Gewalt unter Erwachsenen sollte ebenfalls psychosoziale Interventionen

nach sich ziehen.“ (Sonneck 2000:134)

Page 23: Projektarbeit zu Krisenintervention

Seite 23  

6 Krisenintervention Niederösterreich

6.1 Krisenzentrum

6.1.1 Die „Brücke“

Mitarbeiter_innen:

• Leiterin: Sozialarbeiterin

• 2 Psycholog_innen

• 6 Sozial Pädagog_innen

• 2 Sozialarbeiterinnen

• 1 Gruppenhelferin

Es gibt in Niederösterreich vier „Brücken“. Diese sind in Hinterbrühl, Allentsteig,

Hollabrunn und St.Pölten. Wir möchten die „Brücke“ Hollabrunn näher beschreiben,

wobei sich alle vier Einrichtungen sehr ähnlich sind.

Die „Brücke“ ist ein Bereich des NÖ Landesjugendheimes Hollabrunn und eine

sozialpädagogische Einrichtung der stationären öffentlichen Jugendwohlfahrt, die

nach sozialwirtschaftlichen Kriterien geführt wird. Der Träger ist das Land

Niederösterreich. (vgl. Landesjugendheim Hollabrunn)

Sie sind für eine zeitlich befristete Unterbringung, bis zu drei Monaten, von Kindern

und Jugendlichen, die sich in einer familiären Krisensituation befinden und/oder die

durch sexuelle, physische oder psychische Gewalt akut bedroht sind, zuständig. Die

Kinder und Jugendlichen werden zugewiesen, wenn die Krise im familiären Rahmen

nicht mehr zu bewältigen ist.

Während der Unterbringung der Kinder und Jugendlichen in einem geschützten

Rahmen wird versucht, möglichst unter Einbeziehung der Bezugspersonen, neue

Perspektiven zu erarbeiten. Meine Erfahrung aus dem Praktikum dort ist, dass dies

durch viel Kommunikation in den verschiedenen Gesprächen mit den

Einzelpersonen, und mit Familiengesprächen versucht wird. Ebenfalls lernte ich dort,

dass es meist am wichtigsten ist den Kindern und Jugendlichen eine stabile

Tagesstruktur zu bieten und Ihnen beiseite zu stehen, ohne sie dabei zu überfordern.

Page 24: Projektarbeit zu Krisenintervention

Seite 24  

Es war ebenfalls sehr hilfreich, dass sie sich untereinander austauschen konnten und

dass sie einen Rückzugsort hatten. Die Begleitung und Unterstützung der Kinder und

Jugendlichen ist die wichtigste Tätigkeit in der “Brücke“ Hollabrunn und steht immer

an erster Stelle. Ebenfalls gibt es eine enge Vernetzung mit dem Jugendamt,

verschiedenen Ärzten, Schulen, Kindergärten und vielen mehr. (vgl. Die

Brücke/Landesjugendheim Hollabrunn)

6.1.2 „Kidsnest“

Das „Kidsnest“ existiert in Wiener Neustadt und Amstetten. Das „Kidsnest“ Amstetten

möchten wir genauer beschreiben.

Team:

• 2 Dipl. Sozialpädagogin

• Sozialarbeiterin

• Soziologe

• Pädagogin

• Stephanie Sieber, Dipl. Sozialpädagogin

• Psychotherapeutin

Das Krisenzentrum bietet Jugendlichen im Alter von 13 bis 18 Jahren eine

Kurzzeitunterbringung im Rahmen der Jugendwohlfahrt, bei einer akuten familiären

Krisensituation.

Das Ziel ist gemeinsam mit allen Beteiligten Zukunftsperspektiven zu finden und

gemeinsam eine Lösung der Krise zu erreichen. (vgl. Amstetten/Kidsnest)

6.2 Akutteam

Es haben in Niederösterreich immer eine/r Sozialarbeiter_in und 5 Psycholog_innen,

eine pro Region, Bereitschaft. Es ist eine Einrichtung des Landes Niederösterreich

und kostenlos. Das Land Niederösterreich ist in fünf Regionen aufgeteilt:

• Weinviertel,

• Waldviertel,

• Mostviertel,

• Industrieviertel,

Page 25: Projektarbeit zu Krisenintervention

Seite 25  

• NÖ-Mitte

Jedes Regionalteam besteht aus fünf Mitarbeiter_innen.

Die Ausbildungen der Mitarbeiter_innen des Akutteams sind vielfältig. Es gibt

Notfallpsycholog_innen, Klinische- und Gesundheitspsycholog_innen,

Psychotherapeut_innen, Therapiehundeführer_innen und viele mehr. (vgl.

Landesakademie Niederösterreich/Akutteam)

Das Team betreut Menschen in einer akuten Krise in den Ersten Tagen und Wochen

nach einem traumatisierenden Ereignis. Alarmiert wird es über die Notrufnummer

144, und dies kann durch Einsatzorganisationen, Spitäler und Personen mit dem

Wunsch nach Unterstützung geschehen.

Die meisten Einsätze sind aufgrund von

• Unfällen mit Schwerverletzten oder Todesfolge

• Gewaltverbrechen

• Suizidversuchen

• Akuter persönlichen oder familiären Krisen

• Brand, Hochwasser, Explosion

„Um eine traumatische Krise zu verhinder hilft das Akutteam

• in der ersten Schockphase

• bei der Stärkung von vorhandenen Kräften (auch mithilfe des sozialen

Umfeldes)

• bei der Hilfe zur Selbsthilfe

• bei der Planung der nächsten Schritte

• bei der Bewältigung des Traumas

• beim Wiedereintritt ins "normale Leben"

• bei der Suche nach geeigneter fachlicher Weiterbetreuung, falls die Krise

länger dauert oder tiefer geht

• bei der Herstellung von Kontakt zu sozialen Institutionen“

(zit. Landesakademie Niederösterreich/Akutteam- Einsatzindikatoren)

Page 26: Projektarbeit zu Krisenintervention

Seite 26  

Im Jahr 2012 wurde das Akutteam NÖ 611 Mal alarmiert. Bei 556 Ereignissen kam

es zu einer Betreuung. Bei genauerer Auswertung dieser Ereignisse wurde in 74

Fällen telefonisch beraten und betreut (davon 91 Stunden durch den Journaldienst

und 22 Stunden durch Psy-Kräfte). In 482 Fällen betreuten unsere Mitarbeiter_innen

vor Ort. (zit. Akutteam/Jahresbericht 2012)

6.3 Niederösterreichisches Krisentelefon – Hilfswerk

Das Niederösterreichische Krisentelefon ist rund um die Uhr unter der Nummer 0800

20 20 16 kostenlos erreichbar. Die Mitarbeiter_innen sind klinische und

Gesundheitspsycholog_innen, Psychotherapeut_innen, Sozialarbeiter_innen,

Sozialpädagog_innen und Psychiatrische Diplomkrankenpfleger_innen. (vgl.

Hilfswerk/Krisentelefon)

Es gibt pro Jahr 33.000 Anrufe und 2/3 davon sind Frauen. Der Altersdurchschnitt

liegt zwischen 30 und 60 Jahren, und es rufen fast keine Jugendlichen an. Vermutet

wird, dass dies ist da Jugendliche eher auf die Onlineberatung zurück greifen.

Die Einrichtung ist der Meinung dass eine Krise im Auge des Betrachters liegt, und

nur der/die Betroffene selbst definieren kann ob er/sie in einer Krise ist. Das

wichtigste ist vor allem das Zuhören, und das jemand „da“ ist. Es gibt viele

Klient_innen die nur einmal anrufen, aber auch einige Klient_innen werden

längerfristig betreut, und diese Betreuungsabläufe sind sehr verschieden.

Die Einrichtung ist stark mit anderen Organisationen wie zum Beispiel:

• Notruf 144

• Nö Akutteam

• Nö Kriseninterventionsteam

• Raht auf draht

• Beratungsstellen Psychosozialer Dienst

• Uvm.

vernetzt.

Das Niederösterreichische Krisentelefon versucht bei einer Eigen-, oder

Fremdgefährdung, wie zum Beispiel eine Suizidandrohung, den Kontakt aufrecht zu

erhalten, abzuklären wie die Situation ist, und wie man vielleicht helfen könnte, und

Page 27: Projektarbeit zu Krisenintervention

Seite 27  

den/die Betroffene_n zu stabilisieren. Bei akuter Gefährdung wird Rücksprache mit

der Polizei gehalten und dies wird dem/der Betroffenen auch mitgeteilt. Falls der

Anrufer unter anonymer Telefonnummer anruft, kann die Polizei dies zurück

verfolgen.

Die häufigsten Anrufe sind aufgrund von Mobbing, familiären Krisen, Depressionen,

Krankheiten oder Todesfällen und vielem mehr. Das Krisentelefon verfügt nur über

eine Telefonleitung.

Die Mitarbeiter_innen besuchen einmal im Monat Fortbildungen und es finden

regelmäßig Vernetzungstreffen statt. Supervision gibt es nur bei Bedarf. (vgl.

Telefonat Barbara Wegscheider)

6.4 Telefonseelsorge

Die Telefonseelsorge ist rund um die Uhr unter der Nummer 142 kostenlos

erreichbar. Die Träger sind die evangelische und die katholische Kirche. (vgl.

Telefonseelsorge)

Es gibt in jedem Bundesland eine Telefonseelsorgestelle. In diesen neun Stellen sind

derzeit 25 Hauptamtliche Mitarbeiter_innen und etwa 800 ehrenamtliche

Mitarbeiter_innen tätig. Die Hauptamtliche Mitarbeiter_innen haben Ausbildungen in

Theologie, Pädagogik und Supervision. Die Ehrenamtlichen Mitarbeiter_innen haben

eine interne Ausbildung die Supervision, Krisenintervention und Gesprächsführung

beinhaltet. Eine Bezeichnung für diese Ausbildung gibt es nicht. Die

Mitarbeiter_innen haben einmal im Monat eine Gruppensupervision.

Im Jahr 2013 gab es in Niederösterreich 8.760 Gesprächsstunden, 2/3 davon von

weiblichen Anruferinnen und die meisten waren zwischen 40 und 59 Jahren. Dies

waren rund 14.000 Telefonanrufe. 75:% der Anrufer_innen leiden an chronischen

Belastungen und punktuellen Problemen. Die Hauptgesprächsthemen sind

psychische Störungen und Erkrankungen, Beziehungsprobleme und Einsamkeit.

20% der Anrufer_innen sind in einer akuten Krise, sprich sie sprechen von Suizid

oder es sind Gewaltdrohungen. In diesen Fällen wird sehr unterschiedlich reagiert,

jedoch wird immer versucht die Person psychisch zu stabilisieren. In wenigen Fällen

wird die Polizei verständigt.

Page 28: Projektarbeit zu Krisenintervention

Seite 28  

Grundsätzlich gilt immer: „Die Erfahrung, eine/n achtsame/n Zuhörer/_n am Telefon

anzutreffen, ist für Anrufer_innen die grundlegende Voraussetzung, um Vertrauen

aufbauen zu können.(vgl. Telefonat Susanne Rasinger)

In der Folge können unterschiedliche Hilfen angeboten werden:

• momentane Entlastung/Beistand

• stützende Begleitung

• Information / Anleitung

• Anregung zur Problemklärung und -lösung

In jedem Fall wird versucht, mit der/m jeweiligen Anrufer/in gemeinsam gute

Lösungsmöglichkeiten für das bestehende Problem zu erarbeiten.“(vgl.

Telefonseelsorge). Es gibt zwei Telefonleitungen, jedoch gibt es die zweite nur in den

Spitzenzeiten, dass heißt zum Beispiel am Abend. Die Einrichtung empfiehlt als

Literatur zu Krisen das entsprechende Buch von Sonneck.

Die Telefonseelsorge bietet ebenfalls eine Onlineberatung an. Im Jahr 2013 gab es

194 Kontakte. Die Betroffenen sind meist weiblich und haben einen höheren

Schulabschluss z.B. Matura, in einem Alter von 21 bis 25 (vgl. Telefonat Susanne

Rasinger).

Weitere Einrichtungen für Krisenintervention in Niederösterreich:

• Krisenintervention Rotes Kreuz

• Kummernummer Rotes Kreuz

• Kriseninterventionsteam Arbeitersamariterbund

• Frauennotruf

• Ö3 Kummernummer • Helpline Österreichischer Psycholog_innen • Sorgentelefon

• Kindernotruf

• Rat auf Draht

• Kidsline (Telefonseelsorge)

• Schulpsychologische Telefonberatung

Page 29: Projektarbeit zu Krisenintervention

Seite 29  

(vgl. Psychosoziale Zentren GmbH/ Schnelle Hilfe; Rotes Kreuz/Krisenintervention;

Samariterbund/ Krisenintervention)

7 Reflexion

Die Beschäftigung mit dem Thema „Krise“ war als theoretischer Zusatz zur

Lehrveranstaltung recht lehrreich. Es handelt sich hierbei immerhin um ein Thema,

mit welchem wir in unserer beruflichen Laufbahn immer wieder konfrontiert sein

werden, insofern war es hilfreich und interessant sich selbst Teile eines

Themengebiets zu erarbeiten. Die theoretische Auseinandersetzung mit dem Thema

war insofern interessant. Auffällig war allerdings dass sich letztendlich die Inhalte aus

dem Buch von Sonneck auch in anderen Quellen in sehr ähnlicher Weise wieder

fanden.

Wir haben in unserer Arbeit den Bezugsrahmen Niederösterreich erarbeitet. Dazu

haben wir uns zuerst verschiedene Institutionen gesucht, die wir, in Bezug auf

Krisen, für wichtig erachten. Zuerst hat Jasmin ihre eigene Langzeitpraktikumsstelle,

die „Brücke Hollabrunn“, beschrieben. Dies war für sie eine gute Gelegenheit ihr

Praktikum noch einmal zu reflektieren. Ebenfalls wollten wir das Angebot ihrer

Praktikumseinrichtung noch mit einem weiteren Krisenzentrum vergleichen, mit dem

die „Brücke“ eng zusammen arbeitet, was leider nicht so gut gelungen ist, da wir über

das „Kidsnest“ zu wenige Informationen fanden.

Das „Akutteam“ haben wir ausgewählt, da es, laut unserem Informationsstand

einzigartig in Niederösterreich ist. Das Angebot fanden wir sehr interessant, da sie

auch bei Hochwassereinsätzen und anderen Naturkatastrophen tätig sind. Ebenfalls

haben die Mitarbeiter_innen dort Ausbildungen die wir in keiner anderen Einrichtung

gefunden haben.

Wir sind mit zwei der Krisentelefone in Kontakt getreten, was sich bei der

Kontaktaufnahme als schwierig herausgestellt hat, da bei Krisentelefonen meist nur

die Krisentelefonnummer angegeben ist. Diese wollten wir jedoch natürlich nicht

verwenden. Nach einiger Suche fanden wir wonach wir suchten. Es war sehr

interessant für uns etwas über die Krisentelefone zu erfahren, da es zwei sehr

unterschiedliche Organisationen sind. Die „Telefonseelsorge“ baut ihre Organisation

vor allem auf ehrenamtlichen Mitarbeiter_innen auf, das „Krisentelefon“ setzt eher auf

Page 30: Projektarbeit zu Krisenintervention

Seite 30  

hohe Qualifikationen, kann dadurch jedoch weniger Menschen betreuen. Uns blieb

die Frage offen, ob die ehrenamtlichen Mitarbeiter_innen die Menschen qualitativ

gleich betreuen können.

Es war für uns sehr lehrreich diese Arbeit zu schreiben und wir hoffen, wir konnten

Ihnen ein gutes Bild über die Kriseneinrichtungen in Niederösterreich vermitteln.

Page 31: Projektarbeit zu Krisenintervention

Seite 31  

8 Literaturverzeichnis

Barbara Wegscheider- Leiterin Familien und Beratungszentrum St.Pölten (Telefonat)

Tel.: 0274231225031; Zeitpunkt 14.01.2014, 11 Uhr.

Baumgartner, Nadja / Burkhalter, Katia / Anderegg, Julia / Zimmermann, Chantal

(2013): Was geschieht, bis es zum Suizid kommt?. psychologie-psychotherapie.ch,

25.01.2014

Caplan, Gerald (1964): Principles of preventive psychiatry.

Cullberg, Johan (1978): Krisen und Krisentherapie. Psychiatrische Praxis 5, 25-34

Eink, Michael / Haltenhof, Horst (2006): Basiswissen: Umgang mit suizidgefährdeten

Menschen. 1. Auflage, Bonn.

Freytag, Regula / Witte, Michael (Hg.) (1997): Wohin in der Krise?. Orte der

Suizidprävention, 1. Auflage, Göttingen.

Goll, Helga / Kapitany, Thomas / Sonneck, Gernot / Stein, Claudius / Strunz, Volker

(2008): Krisenintervention. Von den Anfängen der Suizidprävention bis zur

Gegenwart, 1. Auflage, Weitra.

Kidsnest Amstetten (2013): Wir über uns. http://noe.kinderfreunde.at/ , 09.12.2013

Landesjugendheim Hollabrunn (2013): Die Brücke. www.ljh-hollabrunn.at,

09.12.2013

Niederösterreichische Landesakademie (2013): http://akutteam.at/, 09.12.2013

Psychosoziale Zentren (2014): Schnelle Hilfe. http://www.psz.co.at/schnelle-hilfe/,

22.01.2014

Rotes Kreuz (2014): Krisenintervention. http://www.roteskreuz.at/niederoesterreich,

22.01.2014

Samariterbund – Kriseninterventionsteam (2014): Krisenintervention.

http://www.samariterbund.net/rettungsdienst/krisenintervention/, 22.01.2014

Page 32: Projektarbeit zu Krisenintervention

Seite 32  

Sonneck, Gernot (2000): Krisenintervention und Suizidverhütung. 2. Auflage, Wien.

Susanne Rasinger – Leiterin der Telefonseelsorge Niederösterreich (Telefonat)

Tel.:0676826615142, Zeitpunkt 23.01.2014, 13 Uhr.

Telefonseelsorge (2014): http://www.telefonseelsorge.at, 23.01.2014

Müller-Geib, Werner / Schäfer-Hohmann, Maria / Schuster, Eva Maria (2009): Gewalt

– eine interdisziplinäre Betrachtung. 1. Auflage, St. Ottilien.