Projektbericht Biokompatible Verpackungen

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TUM: Junge Akademie Ab ingenio ad excellentiam Projektbericht Biokompatible Verpackungen Autoren: Jens Dodenhöft Simon Heinze Phillip Koppitz Bettina Langer Tutor: Karin Höglmeier Mentor: Prof. Dr. Bertold Hock

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TUM: Junge AkademieAb ingenio ad excellentiam

ProjektberichtBiokompatible Verpackungen

Autoren: Jens Dodenhöft Simon Heinze Phillip Koppitz Bettina LangerTutor: Karin HöglmeierMentor: Prof. Dr. Bertold Hock

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung ............................................................................................. 3

2. Projektstruktur ................................................................................... 6

2.1 Projektorganisation ............................................................................................... 6

2.2 Ziele des Projektes ................................................................................................. 6

2.3 Kooperationspartner ............................................................................................. 7

2.4 Zeitlicher Ablauf des Projekts ............................................................................... 8

3 Theoretische Grundlagen zu Biokunststoffen ...................................... 11

3.1 Kunststoffe ............................................................................................................ 11

3.2 Biokunststoffe ...................................................................................................... 12

3.2.1 Herstellung und Rohstoffe ............................................................................. 13

3.2.2 Anwendung und Produktbeispiele ................................................................ 15

3.2.3 Vor- und Nachteile und Entwicklung ............................................................ 15

3.2.4 Gesetzliche Rahmenbedingungen ................................................................ 18

3.3 Kasseler Modellprojekt ........................................................................................19

4 Feldversuch ........................................................................................ 20

5 Umfrage zum Projekt .......................................................................... 22

5.1 Statistische Auswertung ...................................................................................... 23

5.2 Mathematische Ausführungen ............................................................................ 29

5.2.1. Berechnung der Konfidenzintervalle ........................................................... 29

5.2.2. Abhängigkeit der Konfidenzintervallgröße vom Stichprobenumfang ......... 31

6.Handlungsempfehlungen ................................................................... 33

7. Zusammenfassung ............................................................................. 34

8. Abbildungsverzeichnis ...................................................................... 35

9. Tabellenverzeichnis ........................................................................... 35

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1 Einleitung

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts stellen die zunehmende Verknappung des Erdöls

sowie der Klimawandel die Menschheit vor große Herausforderungen. Alternativen

müssen gefunden werden, welche die Abhängigkeit vom Erdöl verringern und

gleichzeitig eine nachhaltige Erzeugung von Produkten ermöglichen. Die

Verwendung von nachwachsenden Rohstoffen auf Pflanzenbasis bietet eine derartige

Alternative. Im Bereich der Kunststoffe kommt diesem Wandel besonders große

Bedeutung zu. Daher standen im Projekt „Biokompatible Verpackungen“ des

Projektjahrgangs 2011/2012 der TUM: Junge Akademie die sogenannten

Biokunststoffe im Fokus. Die Projektgruppe setzte sich aus vier Studierenden

biowissenschaftlicher und ingenieurswissenschaftlicher Studiengänge, einer Alumna

der TU München als Tutorin sowie einem emeritierten Professor als Schirmherr und

Betreuer zusammen. Das Ziel des Projekts war es, den Bekanntheitsgrad von

Biokunststoffen zu erhöhen und ihre Verwendung im unmittelbaren Umfeld der

Studierenden zu fördern.

„Plastik vom Acker“ – unter diesem Titel beleuchtete die Süddeutsche Zeitung im

Januar 2012 1die Vor- und Nachteile der Biokunststoffe. Dies zeigt, dass die neuen

Verpackungsmaterialien nicht unumstritten sind. Besonders kritisch gesehen wird

die Tatsache, dass sich – ähnlich wie beim Biotreibstoff - eine Konkurrenzsituation

zur Nahrungsmittelproduktion ergeben kann. Die Ackerflächen, auf welchen Pflanzen

zur Kunststoffproduktion angebaut werden, stehen nicht mehr für die Erzeugung von

Lebensmitteln zur Verfügung. Auch die oft beworbene Kompostierbarkeit vieler

Biokunststoffe ist nicht zwangsläufig als positiv zu bewerten, da beim biologischen

Abbau dieser Materialien keine verwertbaren Stoffe entstehen, sondern die Bioplastik

in Kohlenstoffdioxid und Wasser aufgespalten wird.

Diesen negativen Aspekten der Biokunststoffe stehen jedoch zwei gewichtige

Argumente entgegen, die auch den Ausschlag für die Durchführung dieses Projekts

gaben: Biokunststoffe verursachen, verglichen mit Kunststoffen auf petrochemischer

Basis, weniger CO2-Emissionen und verbrauchen bedeutend weniger fossile

Ressourcen. 2012 veröffentlichte das Nova-Institut eine Meta-Analyse von

Ökobilanzen für bio-basierte Polymere. Hierin wird das folgende Fazit gezogen:

1 Süddeutsche Zeitung, 04.01.2012, 68. Jahrgang, Nr. 3, Seite 11

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„Die Herstellung bio-basierter Polymere bietet ökologische Vorteile gegenüber der

Herstellung petrochemischer Kunststoffe: Der Ausstoß an Treibhausgasen und

ebenso der Verbrauch fossiler Ressourcen werden verringert.“. 2

Dass der Verbrauch fossiler Ressourcen bei Biokunststoffen aus nachwachsenden

Rohstoffen geringer ist als bei petrochemischen Kunststoffen liegt auf der Hand –

schließlich werden hier fossile Rohstoffe nur als Energiequelle benötigt, z. B. beim

Anbau der biogenen Rohstoffe in der Landwirtschaft und während ihrer

Weiterverarbeitung. Das erheblich niedrigere Treibhauspotenzial der Biokunststoffe

ergibt sich aus der Tatsache, dass die Pflanzen, welche als Rohstoff dienen, während

ihres Wachstums CO2 binden (siehe auch Abb. 1).

Auch die oben genannten negativen Aspekte der Biokunststoffe werden

voraussichtlich zukünftig in den Hintergrund rücken. Die Konkurrenzsituation zur

2 Essel, R., Carus, M.: Abschlussbericht der Studie: Meta-Analyse von Ökobilanzen für bio-basierte

Polymere in der Produktion von Proganic®, für Proganic GmbH & Co. KG, vorgelegt von nova-Insitut

GmbH, Hürth, 5. März 2012

Abbildung 1: Vergleich der Umweltbelastung durch die Produktion bio-basierter und petrochemischer Polymere in den Wirkungskategorien fossiler Ressourcenverbrauch und Klimawandel

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Lebensmittelproduktion lässt sich dadurch vermeiden, dass statt Stärke vermehrt

Cellulose als Ausgangsstoff eingesetzt wird, die ohnehin in Koppelprodukten der

landwirtschaftlichen Nahrungsmittelproduktion (z. B. Stroh bei der Getreide-

erzeugung) enthalten ist. Die bisher wenig gewinnbringende Entsorgung der

Biokunststoffe wird mit zunehmenden Marktanteilen der Biokunststoffe dem dann

lohnenden Recycling weichen. Diese positiven Entwicklungen sind vor allem dann zu

erwarten, wenn Biokunststoffe sich vermehrt im Alltag durchgesetzt haben und

ökologischen Vorteile den Kunden bewusst werden.

Aus diesen Gründen setzte sich die Projektgruppe „Biokompatible Verpackungen“ für

den verstärkten Einsatz von Biokunststoffen ein. Nicht nur sind durch Fortschritte im

Bereich des Recyclings und der Verwendung der Cellulose Lösungen für die

momentan kritisch betrachteten Eigenschaften der Biokunststoffe zu erwarten,

sondern auch die bereits realen ökologischen Vorteile dieser Materialien machen

Biokunststoffe zu einem zukunftsträchtigen und unterstützungswürdigen Werkstoff.

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2. Projektstruktur

2.1 Projektorganisation

Zur Bearbeitung und Durchführung dieses Projektes hat sich unsere Projektgruppe,

bestehend aus vier Studenten unterschiedlicher Fachrichtungen, einer Alumna der

TU München als Tutorin sowie einem emeritierten Professor als Schirmherr und

Betreuer, zusammengetan. Zwei von uns Studenten studieren am

Wissenschaftszentrum Weihenstephan und zwei haben ihren Studienschwerpunkt im

Bereich der Ingenieurwissenschaften. Die Tutorin und unser betreuender Professor

waren uns mit inhaltlichen und organisatorischen Hilfestellungen stets eine große

Unterstützung. Es war eine enorme Erleichterung, solch engagierte Betreuung zu

genießen.

Zu Beginn der Projektphase wurden ein Projektleiter sowie ein Schatzmeister

bestimmt. Aufgrundunserer flachen Hierarchien war die Arbeit jedoch immer auf alle

Schultern gleichmäßig verteilt. Zur Strukturierung unseres Vorhabens verfassten wir

einen Projektablaufplan, einen Projektstrukturplan und einen Finanzplan. Die Pläne

wurden bei der Geschäftsleitung der TUM: Junge Akademie vorgelegt. Zum besseren

Informationsaustausch richteten wir uns einen Blog bei Google sowie einen

gemeinsamen Account bei Dropbox ein. Damit waren die Kommunikation

untereinander und der Datenaustausch an zwei Orten konzentriert. Über den Blog

wurden jeden Montag die neuesten Ergebnisse und Entwicklungen

zusammengetragen.

2.2 Ziele des Projektes

Aus dem sehr allgemeinen Thema „Biokompatible Verpackungen“ kristallisierten sich

zu Beginn der Projektarbeit zwei Hauptziele dieser Arbeit heraus. Das Projekt sollte

nicht rein theoretischer Natur sein, weshalb entschieden wurde, die biokompatiblen

Verpackungen direkt zu den Menschen zu bringen. Die Überlegung war, durch einen

Feldversuch an Einrichtungen des Studentenwerkes die herkömmlichen

Verpackungen durch biokompatible zu ersetzen und viele Studenten sowie

Mitarbeiter der Universitäten und Hochschulen mit derartigen Verpackungen in

Berührung zu bringen. Über solch einen Feldversuch können gleichzeitig

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Informationen zu den verwendeten Materialien verbreitet werden. Das zweite

Hauptziel war die Durchführung einer Umfrage zum Projektthema, um den

Informationsstand der Befragten und deren Einstellung gegenüber biokompatiblen

Verpackungen zu erfahren.

2.3 Kooperationspartner

Unser Projekt wurde von verschiedenen Kooperationspartnern und unserem

Auftraggeber, der TUM: Junge Akademie begleitet. Die TUM: Junge Akademie,

hauptsächlich vertreten durch ihre Geschäftsleitung und namentlich Frau Rietz-

Leiber, stand uns zur Seite, wann immer es möglich war und regelte unsere

finanzielle Unterstützung. Der wichtigste Kooperationspartner war das

Studentenwerk München. Der Promotor seitens des Studentenwerkes war

zweifelsohne der Leiter der Abteilung Hochschulgastronomie, Herr Fricke. Durch ihn

war es möglich, mit verschiedenen Bereichen des Studentenwerkes, wie dem Einkauf

oder der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit, zusammenzuarbeiten und unser Projekt

zu verwirklichen. Mitgeholfen haben auch die Mitarbeiter der drei Cafeterien

Audimax, Pasing und Weihenstephan, wo die Umstellung der Verpackungen

stattgefunden hat, sowie Ingo Wachendorfer, der Pressesprecher des

Studentenwerks. Ihnen allen sei an dieser Stelle für die Unterstützung unseres

Projekts gedankt.

Weitere Förderer waren der Verein C.A.R.M.E.N. e.V. und das Fraunhofer-Institut

für Verfahrenstechnik und Verpackung in Freising. Frau Dr. Bettina Schmidt von

C.A.R.M.E.N. e.V. in Straubing hielt einen sehr informativen Vortrag zu den

Eigenschaften verschiedener Bioplastiken und deren Marktsituation und konnte uns

viele Fragen beantworten. Ebenso konnte ein Teil des Informationsmaterials für den

Infostand am Stammgelände über Frau Dr. Schmidt bezogen werden.

Das Fraunhofer-Institut besichtigten wir selbst und bekamen bei einer Führung

Einblicke in die aktuellen Forschungsthemen sowie weitere Informationen im

Bereich verschiedensterVerpackungen.

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2.4 Zeitlicher Ablauf des Projekts

In diesem Abschnitt soll der chronologische Ablauf unserer Projektarbeit

zusammengefasst dargestelltwerden.

Herbst 2011

Nachdem sich unsere Projektgruppe im Sommer 2011 zusammengetan hatte und das

Thema der biokompatiblen Verpackungen in seinen Umrissen feststand, war der

erste große Meilenstein das Projektmanagement-Seminar im September. Hier

kristallisierten sich konkrete Ideen heraus, die im Verlauf dieses Jahres umgesetzt

wurden. Danach begann die allgemeine Recherche zu biokompatiblen Materialien

und die Strukturierung unserer Unternehmung wurde angegangen. Im darauf

folgenden Oktober begannen wir bereits die Produkt-, Normen- und

Gesetzesrecherche, um uns in das Thema konkret einzuarbeiten. Weiterhin fand die

erste Kontaktaufnahme mit dem Studentenwerk statt und der Versuch, weitere

Partner, wie beispielsweise Recycling- und Biomüll- Unternehmen zu gewinnen,

wurde gestartet. Auf dem Jahresabschlusstreffen der TUM: Junge Akademie stellten

wir unser Vorhaben den anderen Mitgliedern vor. Ebenfalls besuchten wir im Herbst

das Fraunhofer Institut in Freising. Im November wurde unser Projektmanagement

durch die Fertigstellung des Projektablaufplans, des Projektstrukturplans und des

Finanzplanes konkretisiert. Außerdem ging ein offizieller Projektantrag an das

Studentenwerk. Die Suche nach Entsorgungsfirmen für eine Kooperation musste

leider erfolglos aufgegeben werden. Alles in allem war der Herbst eine sehr

erfolgreiche Zeit, in der wir viel für unser Projekt anstoßen und bewirken konnten.

Winter 2011/12

Der Dezember begann mit einem kleinen Rückschlag für unser Projekt. Eine

Neufassung der Bioabfallverordnung, die die Kompostierung von

Verpackungsmaterialien untersagt, wurde angekündigt. Nur noch die bisher

schongebräuchlichen kompostierbaren Plastiksäcke für den Biomüll dürfen in

Zukunft kompostiert werden. Da die Kompostierbarkeit jedoch nur einer von

mehreren Vorteilen der biokompatiblen Verpackungen ist, war durch diese

gesetzliche Neuregelung das Projekt zwar betroffen, musste jedoch keinesfalls

grundsätzlich in Frage gestellt werden.

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Mit dem Studentenwerk entwickelte sich ein reger Austausch, der die Durchführung

unseres Vorhabens, herkömmliche Verpackungen zu ersetzen, immer greifbarer

machte. Folglich erarbeiteten wir eine konkrete Produktpalette, die so gut wie alle

herkömmlichen Verpackungen, die bisher in den Cafeterien des Studentenwerks

verwendet wurden, ersetzen konnte. Diese schickten wir im Januar zur Abstimmung

an die Einkaufsabteilung des Studentenwerkes. Im selben Monat fanden das Treffen

mit Frau Dr. Schmidt von C.A.R.M.E.N. e.V. und erste Überlegungen zur

Marketingstrategie sowie die Kontaktierung der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit

des Studentenwerkes statt. Ende Januar war die erste Hälfte unserer Projektzeit

vorüber und ein Zwischenbericht vor dem Advisory Board der TUM: Junge

Akademie stand an. Der Februar brachte hauptsächlich die Fertigstellung der Poster

und Flyer für das Studentenwerk und die Entscheidung mit sich, eine Umfrage

durchzuführen und eine Art Messestand für einen Tag zu betreiben, um die

Studenten der TUM über biokompatible Verpackungen zu informieren. Der

Austausch mit der Einkaufsabteilung des Studentenwerkes ging unterdessen weiter,

um die bestmöglichen Ersatzprodukte zu finden.

Frühjahr 2012

Zu Beginn des Frühlings stand fest, welche Produkte konkret ausgetauscht werden

sollten. Die Bestellung der zukünftig verwendeten biokompatiblen Verpackungen

übernahm das Studentenwerk selbst. Außerdem wurde das

Öffentlichkeitsarbeitskonzept fertig ausgearbeitet, hauptsächlich bestehend aus

Postern und Flyern in den Cafeterien, einem Artikel in der Zeitschrift „Servus“ des

Studentenwerks, einem Eintrag auf der Homepage des Studentenwerkes und einer

Pressemitteilung. Außerdem wurden die Inhalte einer Umfrage erarbeitet. Zur

Durchführung der Online-Umfrage wurde von uns die Domain „www.biokompatible-

verpackungen.de“ angemietet. Ziel war es, die Meinung und den Kenntnisstand zu

Bioplastiken sowie die grundsätzliche Bereitschaft eventuelle Preissteigerungen

durch den Einsatz von Bioplastiken zu übernehmen, abzufragen. Der April

beinhaltete zudem das wohl wichtigste Datum des gesamten Projektes. Am 16. April

2012 startete der Feldversuch in den bereits erwähnten Cafeterien und wurde das

komplette Sommersemester 2012 über durchgeführt. Nach dem erfolgreichen Start

des Feldversuchs organisierten wir im Mai unseren Infostand, für den ein

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Veranstaltungsort und verschiedenste Informationsmaterialien benötigt wurden.

Zudem fand ein Treffen aller Projektgruppen der TUM: Junge Akademie statt.

Sommer 2012

Der aktive Projektsommer war kürzer als die anderen Abschnitte, da ab Juli die

Dokumentation unseres Projektes begann. Im Juni wurde die Online-Umfrage

gestartet, wozu mehrere E-Mail-Verteiler der studentischen Vertretungen und der

Verwaltung der TUM genutzt wurden. Desweiteren führten wir am 22. Juni einen

Infostand vor der Immatrikulationshalle der TU München in der Arcisstraße durch.

Zusätzlich befragten wir die dortigen Passanten mittels einer Druckversion der

Online-Umfrage. Der Feldversuch lief zu diesem Zeitpunkt noch und wir konnten

anhand von kursierenden biokompatiblen Kaffeebechern mit Deckeln und weiteren

Produkten eine erfolgreiche Umstellung der Verpackungen in der Cafeteria am

Audimax erkennen.

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3 Theoretische Grundlagen zu Biokunststoffen

3.1 Kunststoffe

Kunststoffe werden aufgrund ihrer guten und variablen Eigenschaften und

Verarbeitungsmöglichkeiten und der in der Regel niedrigen Kosten heutzutage häufig

und in den verschiedensten Bereichen genutzt. Bisher werden die meisten

Kunststoffe aus fossilen Rohstoffen wie Erdöl oder Erdgas hergestellt und unterliegen

somit auch deren Preisschwankungen. Weltweit beträgt die jährliche

Produktionsmenge dieser Kunststoffe über 200 Mio. Tonnen. Ein wichtiger Aspekt

des Massenmarkts der Kunststoffe ist das Entsorgungsproblem. Von den bisherigen

Möglichkeiten der Kunststoff-Entsorgung bietet keine eine ideale Lösung. Deponien

besitzen nur begrenzte Kapazitäten, bei der Verbrennung wird das in den Rohstoffen

gebundene fossile CO2 freigesetzt und mit dem Recycling sind oft hohe Kosten und

beträchtliche Qualitätseinbußen verbunden. Momentan sollte das Ziel deshalb sein,

möglichst wenig Kunststoff-Müll zu verursachen und wenn möglich auf

nachwachsende Rohstoffe umzusteigen. Besonders kritisch ist auch zu sehen, dass

ein Teil der Kunststoffe nicht über die vorgesehenen Wege entsorgt wird, sondern in

der Umwelt landet und dort zu Problemen führt. Als Beispiel sei hier die

Verschmutzung der Weltmeere mit Plastikmüll angeführt, die den Meeresorganismen

schadet.

Man unterscheidet unter anderem zwischen duroplastischen Kunststoffen, die nach

der Formgebung nicht mehr verändert werden können, und thermoplastischen

Kunststoffen, die immer wieder aufgeschmolzen und plastifiziert werden können.

Somit ist es bei letzterer Variante möglich, das Material umzuformen oder zu

schweißen. Duroplastische Kunststoffe spielen, vor allem bei den Biokunststoffen,

eine untergeordnete Rolle.

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3.2 Biokunststoffe

Zu den ersten entwickelten Kunststoffen gehörten die „Biokunststoffe“ Celluloid, das

um das Jahr 1869 auf den Markt kam, aus Cellulose und Campher bestand und z.B.

für Billardkugeln, Brillengestelle und Kämme verwendet wurde, aber leicht

entflammbar war, und Zellglas. Letzteres war glasklar und konnte als Folie verwendet

werden. Seine Massenproduktion startete 1923. Allerdings war es teuer,

wasserempfindlich und –durchlässig. Die weitere Entwicklung brachte vor allem

Kunststoffe hervor, die auf fossilen Rohstoffen basierten. Erst ab 1980 gewann die

Forschung und Entwicklung im Bereich der Biokunststoffe wieder an Bedeutung.

Heute machen Biokunststoffe nach wie vor nur einen sehr geringen Anteil aller

Kunststoffe aus, zeigen aber ein starkes Wachstum (siehe Abbildung 2).

Biokunststoffe können biologisch abbaubar sein, aber auch eine lange Lebensdauer

aufweisen. Abbaubare Produkte werden bei industrieller Kompostierung in Wasser

und CO2 zersetzt, wobei die freigesetzte Kohlendioxidmenge nur der entspricht, die

durch die Pflanzen beim Wachstum aufgenommen wurde. Außerdem wird es mit der

immer weiter fortschreitenden Erschöpfung der fossilen Rohstoffquellen zunehmend

wichtig, den Verbrauch dieser Rohstoffe zu reduzieren und von ihnen unabhängig zu

werden. Es gibt jedoch auch biologisch abbaubare Kunststoffe, die vollsynthetisch

sind und teils sogar vollständig aus fossilen anstatt nachwachsenden Rohstoffen

hergestellt werden. Andererseits ist es beispielsweise bereits gelungen den

„herkömmlichen“ Kunststoff PE über das Zwischenprodukt Ethanol aus

nachwachsenden Rohstoffen herzustellen.

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Abbildung 2 Abbildung 3: Weltweite Produktionskapazitäten von Bioplastiken. Eingetragen sind die Kapazitäten für bioabbaubare (inkl. nicht biobasierte) Kunststoffe in Orange (■), für nicht-bioabbaubare (biobasierte) in Grün (■), die totalen Kapazitäten in Blau (■) und die geschätzten Werte für 2015 in blasseren Farbtönen (■,■,■).3

3.2.1 Herstellung und Rohstoffe

Für die Herstellung von Biokunststoffen können verschiedene Rohstoffquellen und

Grundbestandteile genutzt werden. Die Agrarrohstoffe werden über chemische

Grundstoffe und Zwischenprodukte zu Granulaten und Fasern verarbeitet, aus

welchen schließlich die Endprodukte hergestellt werden. Die drei wichtigsten

Rohstoffe sind hierbei Stärke, Cellulose und Zucker. Am wichtigsten ist der

Pflanzenspeicherstoff Stärke, der weltweit verfügbar ist und ein gutes Preis-

Leistungs-Verhältnis bietet. Die Gewinnungsverfahren aus Kartoffeln, Weizen, Mais

und anderen Pflanzenteilen sind darüber hinaus schon bekannt. Um aus diesem

Rohstoff den Biokunststoff „thermoplastische Stärke“ zu erhalten, werden natürliche

Weichmacher und Plastifizierungsmittel zugesetzt und die Mischung mit einem

Extruder, einer speziellen Mischmaschine, zu Granulat weiterverarbeitet. Das

Material besitzt die Eigenschaft Wasser aufzunehmen, jedoch können andere

Polymerkomponenten zugegeben werden, durch die ein wasserfestes Endprodukt

3 European Bioplastics, University of Applied Sciences and Arts Hanover (Stand: Mai 2011)

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entsteht. Der gleiche Effekt kann auch durch chemische Modifikation der Stärke

erzielt werden. Mit dieser Methode sind aber hohe Kosten verbunden.

Auch der Rohstoff Cellulose kann aus Pflanzen, die meist große Mengen enthalten,

gewonnen werden. Üblicherweise wird für die Kunststoffe Baumwolle als

Rohstoffquelle genutzt. Jedoch sind chemische Verfahren nötig, um unerwünschte

Begleitstoffe abzutrennen und die Cellulose wird modifiziert verwendet. Aus

Cellulose-Kunststoffen werden z.B. Folien, Werkzeuggriffe, bruchsichere Sportbrillen

und Lichtkuppeln gefertigt. Sie sind in der Regel witterungsbeständig, transparent,

zäh-elastisch und thermoplastisch.

Schließlich kann zum Teil Zucker aus Zuckerrüben oder Zuckerrohr statt Stärke

verwendet werden. Bei Zucker besteht jedoch eine große Konkurrenz zu anderen

Anwendungen, vor allem da inzwischen auch der Verbrauch durch die Biotechnologie

stark gestiegen ist. Weitere natürliche Rohstoffe, die aber keine große Rolle spielen,

sind Casein, ein Protein aus Magermilch, Chitin, Gelatine, Pflanzenöle und Proteine

aus Getreide.

Ein sehr wichtiger Grundstoff für die Biokunststoff-Produktion ist die Milchsäure.

Diese wird durch Fermentation aus Zucker oder Stärke gewonnen und zur

Polymilchsäure (Polylactid, PLA) polymerisiert. Von der Säure gibt es zwei Formen

(D und L), welche einzeln oder vermischt verknüpft werden können, wodurch bereits

eine Variabilität der Eigenschaften gegeben ist. Hierzu muss die Reinheit der

Ausgangsstoffe allerdings gewährleistet werden können, was sehr aufwändig ist. Bei

der Polymerisation können zudem noch andere Grundstoffe zugegeben werden.

Insgesamt können die Produkte schnell bis kaum abbaubar sein, weisen eine hohe

Festigkeit, Transparenz und Thermoplastizität auf und können gut auf den in der

Kunststoff-Industrie bereits vorhandenen Anlagen verarbeitet werden. PLA kann

kostengünstig produziert werden, ist den gängigen Kunststoffen sehr ähnlich und

wird in den verschiedensten Formen verwendet, z.B. als Folie, Dosen, Becher,

Flaschen und Autoteile.

Auch Polyhydroxybuttersäure (PHB) oder andere Polyhydroxyfettsäuren werden als

Zwischenprodukte hergestellt und genutzt, um Biokunststoffe zu produzieren. Sie

werden in reiner Form oder als Copolymere verwendet und liefern klare Filme mit

interessanten mechanischen Eigenschaften.

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3.2.2 Anwendung und Produktbeispiele

Für duroplastische Biokunststoffe gibt es wenige Anwendungen. Einige Beispiele sind

Produkte auf Stärkebasis, wie z.B. geschäumte Chips oder Formteile wie Obstschalen

und Zigarettenfilter, die nach Befeuchten klebaktiv sind. Thermoplastische

Biokunststoffe sind in der Verarbeitung und Anwendung viel flexibler, können mit

dem Extruder verarbeitet, mit weiteren Komponenten vermischt, geschäumt,

geschweißt und geklebt werden. Aus Biokunststoffen kann so beispielsweise eine

Vielzahl von Verpackungen hergestellt werden. Unter anderem gibt es Tragetaschen,

Biomüllbeutel, Schalen für Obst und Gemüse, Joghurtbecher, Flaschen, Tuben und

Dosen. Die Biokunststoffe weisen hier eine Sperrwirkung, Aromadichte und gute

Maschinengängigkeit auf.

Biokunststoffe werden oft für kurzlebige Produkte wie im Bereich des Caterings oder

Garten- und Landschaftsbaus als sinnvoll angesehen, da hier eine kurze und

eventuell genau eingestellte Lebensdauer von Vorteil sein kann. Dieses Argument gilt

auch für die Medizin, in der Implantate oder Fäden, die sonst wieder entnommen

werden müssten, in abbaubarer bzw. resorbierbarer Form weitere Operationen

überflüssig machen könnten. Allerdings muss hier eine sehr hohe Qualität erreicht

werden. Wasserdichte Biokunststoffe, die jedoch Wasserdampf durchlassen und

somit atmungsaktiv sind, können darüber hinaus für Hygieneprodukte wie Windeln

von Nutzen sein.

3.2.3 Vor- und Nachteile und Entwicklung

Aktuell sind Biokunststoffe noch doppelt bis vier Mal so teuer wie herkömmliche

Kunststoffe. Dies liegt aber auch daran, dass die Forschung und Entwicklung in

diesem Bereich noch jünger ist und die Produktionsmengen gering sind. Ein

ausschlaggebender Aspekt bei der Entwicklung ist, dass eine Produktion und

Verarbeitung mit den konventionellen Maschinen der Kunststoff-Industrie möglich

sein sollte, um eine Umstellung lohnenswert zu machen. Solange die produzierten

Mengen noch nicht ausreichen, um in direkte preisliche Konkurrenz zu fossilen

Kunststoffen zu treten, ist es wichtig, dass versucht wird, eigene Märkte zu

erschließen. Insgesamt wird die weitere Entwicklung im Bereich der Biokunststoffe

aber auch von den positiven Rahmenbedingungen abhängig sein. Dazu gehören die

gesetzlichen Regelungen, die Entwicklung des Ölpreises und die Forschung und

Entwicklung im Bereich der Biokunststoffe. Einen großen Vorteil würde es

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beispielsweise bringen, wenn es gelänge, Rohstoffe aus bisher ungenutzten

Pflanzenteilen zu gewinnen. Dadurch würden mehr und vor allem preisgünstige

Rohstoffquellen erschlossen und die Konkurrenz zu anderweitigen Nutzungen

nachwachsender Rohstoffe würde abnehmen.

Bezüglich der Entsorgung gilt es zu bedenken, dass Biokunststoffe niedrigere

Brennwerte aufweisen als Kunststoffe aus fossilen Rohstoffen und somit bei der

thermischen Verwertung weniger Energie freigesetzt wird. Ein stoffliches Recycling

ist bei den langlebigen Biokunststoffen prinzipiell möglich, wird aber erst bei

größeren Mengen relevant und führt dann zu den allgemeinen Problemen des

Recyclings wie der Notwendigkeit der Sortierung verschiedener Materialien und dem

„Downcycling“, d.h. Qualitätseinbußen zu denen es beim Recycling durch

Vermischung mit Fremdstoffen bzw. anderen Kunststoffen kommt. Die

Kompostierung kann bei abbaubaren Biokunststoffen neben dem eventuell nicht

ausreichenden Abbau unter industriellen Bedingungen und der Frage nach

Kompatibilität mit den vorhandenen Anlagen auch aufgrund der Additive und

zugesetzten anderen Polymere problematisch sein, da sie fast nie zu 100% aus

nachwachsenden Rohstoffen bestehen. Außerdem entstehen bei der Zersetzung keine

wertbringenden Kompostbestandteile.

Der gesamte Beitrag von Biokunststoffen zum Klima- und Ressourcenschutz ist

bisher noch nicht vollständig und ausreichend erforscht und ist unter anderem

abhängig vom Rohstoff, dem Fertigungsprozess und der Anwendung. Sinnvoll wären

Ökobilanzen nach den entsprechenden Normen, die jedoch auch für jede

Produktkategorie einzeln erstellt werden müssten. Wie oben beschrieben wird aus

Biokunststoffen direkt kein langfristig gebundenes CO2 wie aus fossilen Rohstoffen

freigesetzt, aber es müssen auch die Energie, z.B. in Form von Treibstoff, die in die

Landwirtschaft und Herstellung gesteckt wird, und die Zusätze, die nicht aus

nachwachsenden Rohstoffen stammen, beachtet werden.

Als guter Grund für die Umstellung auf Verpackungen aus Biokunststoffen kann in

der heutigen Zeit das damit verbundene Image der Nachhaltigkeit, „Natürlichkeit“

und Innovativität sein, das bei Kunden in der Regel positiv wirkt und sogar zur

Akzeptanz höherer Preise führen kann. Es sollte aber bedacht werden, dass ein Teil

der Kunden Bedenken hat, dass Biokunststoffe kein gleichwertiger Ersatz für

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herkömmliche Kunststoffen sein können und mit Mängeln rechnen. Diesen

Bedenken sollte man durch gut vermittelte Informationen entgegenwirken. Für

bestimmte Produkte kann darüber hinaus sogar ein Vorteil erreicht werden, wenn

Biokunststoffe als Verpackung verwendet werden. So weisen die Biokunststoffe

aufgrund ihrer Polarität teils bessere Gasbarriere-Eigenschaften auf als die bisher

gängigen Kunststoffe, welche die Haltbarkeit von Lebensmitteln verlängern können.

Zudem sind sie dadurch auch gut bedruckbar und verhalten sich antistatisch.

Ein weiteres Thema, das in Bezug auf Biokunststoffe ebenso wie bei Biotreibstoffen

oft angesprochen wird, ist die Konkurrenz zu Nahrungs- und Futtermitteln. Es ist

richtig, dass für die Produktion bisher vor allem Pflanzenteile als Rohstoffe

interessant sind, die auch anderweitig genutzt werden, wie Kartoffeln und Weizen.

Zudem wäre es momentan unrealistisch, alle herkömmlichen Kunststoffe durch

Biokunststoffe zu ersetzen und die Rohstoffe hierfür aus der Landwirtschaft zu

beziehen. Jedoch könnte die Steigerung der Biokunststoff-Produktion zunächst

Einkommensalternativen für die Landwirtschaft, auch in Deutschland, bieten. Eine

später eventuell nötige Intensivierung zur Bereitstellung ausreichender

Rohstoffmengen könnte jedoch schädlich für Klima und Umwelt sein. In Anbetracht

dieser Tatsache ist besonders die Erforschung von Cellulose als Ausgangsmaterial für

die Produktion von Biokunststoffen von großer Bedeutung, da dieser Stoff nicht für

die Erzeugung von Lebensmitteln verwendet wird und in der Landwirtschaft in

großen Mengen (z.B. in Form von Stroh) anfällt.

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3.2.4 Gesetzliche Rahmenbedingungen

Für Biokunststoffe relevante Regelungen sind unter anderem das

Kreislaufwirtschaftsgesetz, das besagt, dass bei der Herstellung und Verwendung von

Produkten Abfall vermieden und eine umweltverträgliche Verwertung und

Beseitigung sicher gestellt werden soll. Die Norm EN 13432 regelt, mit welchen

Verfahren Materialien zu prüfen sind, um sie als biologisch abbaubar registrieren zu

können. In Deutschland ist DIN CERTCO dafür zuständig. Registrierte Produkte

können mit dem Kompostierbarkeitslogo gekennzeichnet werden (siehe Abbildung

2), welches besagt, dass sie innerhalb von 6-12 Wochen in industriellen

Kompostierungsanlage vollständig abgebaut werden. Ergänzend existieren weitere

nationale und internationale gesetzliche Rahmenbedingungen.

Abbildung 4: Logo zur Kennzeichnung biologisch abbaubarer Materialien

Gemäß der Deutschen Verpackungsverordnung gilt aktuell eine Regelung für

kompostierbare Kunststoffverpackungen, nach der diese befristet von den üblichen

Pflichten der Rücknahme und Wiederverwertung befreit sind, bis eine ausreichende

Menge von Verpackungen auf dem Markt ist. Diese Befreiung besteht jedoch nur

noch bis Ende 2012. Darüber hinaus könnte für die weitere Entwicklung im Bereich

der Biokunststoffe die Änderung der Bioabfallverordnung, die seit Sommer 2012 gilt,

wichtig sein. Während nach der alten Verordnung die laut Norm abbaubaren

Kunststoffe zu den Bioabfällen zählten und deshalb z.B. über die Biotonne entsorgt

werden durften, ist in der neuen Fassung ausdrücklich geregelt, dass dies für

Verpackungen nicht gilt. Ausnahmen bestehen nur noch für Biomüllsäcke aus

Biokunststoffen, die weiterhin über die Biotonne entsorgt werden können. Dies sollte

aber nicht als Rückschlag angesehen werden. Die Entsorgung über die Biotonne ist

bei Verpackungen aufgrund technischer Schwierigkeiten, der schweren

Unterscheidung von normalen Kunststoffen bei der Sortierung des Mülls und der

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teils nicht ausreichenden Zersetzung in der kompostierten Dauer problematisch, so

dass der Entsorgungsweg der Kompostierung auch vor Inkrafttreten der neuen

Verordnung in vielen Fällen nicht als gute Lösung angesehen wurde. Ziel muss

vielmehr die Entwicklung langlebiger, recyclingfähiger Biokunststoffe sein.

3.3 Kasseler Modellprojekt

Von 2001 bis Ende 2002 wurden in Kassel im Rahmen eines Modellprojektes, das

durch die Wirtschaft und das Bundesministerium für Ernährung,Landwirtschaft und

Verbraucherschutz gefördert wurde, kompostierbare Verpackungen getestet. Es ging

um Fragen der Verbraucherakzeptanz und der Verwertung von Biokunststoffen über

die Biotonne. Die Ergebnisse des Projektes zeigten, dass die Kreislaufwirtschaft von

Biokunststoffen in Form eines dezentralen Sammelsystems und der Kompostierung

in technischen Anlagen funktioniert. Die Mitbenutzung der Biotonne für

kompostierbare Verpackungen versprach laut dieser Untersuchung gegenüber dem

Recycling konventioneller Verpackungskunststoffe einen deutlichen

Entsorgungskostenvorteil. In den Bericht kamen aber kaum die Probleme vor, die

sonst in Bezug auf die Kompostierung genannt werden.

Kontakte und Quellen

- European Bioplastics: Branchenverband industrieller Hersteller, Verarbeiter und

Anwender von Biokunststoffen und biologisch abbaubarer Werkstoffen, sowie daraus

hergestellter Produkte; Förderer der Markteinführung; www.en.european-

bioplastics.org

- Centrale-Agrar-Rohstoff-Marketing- und Entwicklungs-Netzwerk (C.A.R.M.E.N.)

e.V.

- Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe (FNR): www.nachwachsende-

rohstoffe.de

- Informationen zum Modellprojekt Kassel: www.modellprojekt-kassel.de

- Informationen zum Thema Biofolien in Form von Fragen und Antworten eines

Expertengremiums: www.organic-plastics.com

- Informationen zum Thema Biokunststoffe: www.bio-plastics.org

- Informationen zu Zertifizierung und Registrierung: DIN CERTCO,

www.dincertco.de

Page 20: Projektbericht Biokompatible Verpackungen

20

4 Feldversuch

Um mehr über kompostierbare Verpackungen und deren Einsatz in der Praxis zu

erfahren und gleichzeitig die Wahrnehmung der Kunden einschätzen zu können,

führten wir im Rahmen unseres Projektes einen Feldversuch durch. Zudem wollten

wir auf diese Art und Weise möglichst viele Menschen über kompostierbare

Verpackungen informieren.

Als Kooperationspartner gewannen wir frühzeitig das Studentenwerk München. Das

Studentenwerk bot sich für unser Projektteam als Partner an, da ohnehin schon vor

unserem Projekt über die Umstellung auf biokompatible Verpackungen nachgedacht

wurde. Diese Pläne wurden jedoch zunächst aufgrund von finanziellen Überlegungen

verworfen und konnten durch unsere Unterstützung schließlich umgesetzt werden.

Für das Studentenwerk stellte die Kooperation die optimale Erprobungsphase für die

neuartigen Verpackungen dar, um anschließend eine fundierte Entscheidung über die

permanente Umstellung treffen zu können.

Gemeinsam mit der Abteilung für Hochschulgastronomie unter der Leitung von Hr.

Fricke erarbeiteten wir anschließend ein Konzept für die Versuchsphase. Dieses sah

die zeitgleiche Umstellung auf kompostierbare

Verpackungen in drei Cafeterien des

Studentenwerks zu Beginn des

Sommersemesters 2012 am 16. April vor. Als

Versuchsstandorte wurden die Cafeterien

Audimax, Weihenstephan und Pasing

(Hochschule München)ausgewählt. Danach

wählte unser Projektteam in Zusammenarbeit

mit dem Studentenwerk die benötigten

kompostierbaren Produkte aus und plante die

Öffentlichkeitsarbeit während des Feldversuchs. Der Feldversuch begann folglich am

16. April und dauerte bis zum Ende des Sommersemesters am 20. Juli an. Während

dieser Zeit fanden auch die zugehörigen Befragungen der Kunden statt.

Nach Beendigung des Feldversuches und unter Berücksichtigung der Erfahrungen

entschied sich das Studentenwerk München im Rahmen der Neugestaltung der

Abbildung 5: Tischaufsteller weisen in der Cafeteria Audimax während des Feld-versuches auf die neuen biokompatiblen Verpackungen hin

Page 21: Projektbericht Biokompatible Verpackungen

21

Cafeterien als „StuCafes“ für die dauerhafte Einführung von kompostierbaren

Verpackungen. Dies können wir als einen großen Erfolg unseres Projekts verbuchen.

Page 22: Projektbericht Biokompatible Verpackungen

22

5 Umfrage zum Projekt

Zeitgleich zum Feldversuch des Projekts wurde durch unser Team eine Befragung der

Studierenden an allen drei Standorten des Versuchs durchgeführt. Ziel dieser

statistischen Datenerhebung war insbesondere die Beantwortung von Fragen, die

sowohl für das Studentenwerk als auch für andere potenziell auf kompostierbare

Verpackungen umstellende Unternehmen von Bedeutung sind. Dadurch sollten die

Risiken für umstellende Unternehmen vermindert und gleichzeitig sich ergebende

Chancen und Möglichkeiten aufgezeigt werden, um so die Veränderung hin zu

kompostierbaren Verpackungsmaterialien möglichst attraktiv zu gestalten. Eine

zentrale Rolle dabei spielt die Akzeptanz der Kunden für die neuartigen

Verpackungen sowie auch ihre Bereitschaft, für diese mehr Geld auszugeben. Die

Daten der Umfrage und deren statistische Auswertung stellt den Anteil der Arbeit

dar, welcher auch große praktische Relevanz für interessierte Unternehmen bieten

soll.

Die Daten unserer Umfrage wurden parallel über eine Internetbefragung

(www.biokompatible-verpackungen.de), welche vom 16. April bis zum 20. Juli

stattgefunden hat, und über

Befragungen am Projektstand

erhoben. Auf diese Art und

Weise konnten von uns

insgesamt ca. 700 ausgefüllte

Bögen akquiriert werden. Dabei

entfielen knapp 600 Umfragen

auf die

Internetbefragungwährend am

Projektstand 85 Personen

befragt wurden. Bei der Online-

Umfrage wurden Studenten von

allen drei Versuchsstandorten

(TUM Stammgelände, Weihen-

stephan und Pasing) befragt, während der Projektstand unseres Teams am

Stammgelände der TUM aufgebaut war und sich somit die persönlich gesammelten

Daten größtenteils auf Studenten aus der Innenstadt konzentrieren.

Abbildung 6: Interessierte Studenten nutzen den Infor-mationsstand um sich mit Projektgruppenmitgliedern über biokompatible Verpackungen auszutauschen und umFragebögen auszufüllen

Page 23: Projektbericht Biokompatible Verpackungen

23

5.1 Statistische Auswertung

Wir gehen bei der statistischen Berechnung von einer Grundgesamtheit aus, welche

alle Studierenden der Hochschulstandorte umfasst.

Tabelle 1: Anzahl der Studierenden an den Standorten, an welchen der Feldversuch durchgeführt wurde

Standort Anzahl der Studierenden

Innenstadt (Arcisstr.) 9.7154

Wissenschaftszentrum

Weihenstephan (WZW)

4.2855

Pasing (Hochschule München) 6.0006

Gesamt 20.000

Folglich haben wir mit 676 ausgefüllten Umfragebögen einen Anteil von ungefähr

3,5% der Grundgesamtheit erreicht. Bei weiterer Ausweitung der Teilnehmeranzahl

der Befragung könnten noch genauere Ergebnisse in Form von kleineren

Konfidenzintervallen angegeben werden, jedoch genügt für unsere Zwecke die bereits

erreichte Genauigkeit (siehe unten).

Eine Auflistung sämtlicher Daten und Ergebnisse aus der Umfrage würde den

Rahmen dieser Abschlussarbeit sprengen, so dass im Folgenden die signifikantesten

und bedeutendsten Ergebnisse zusammengefasst werden.

Insgesamt gleichen sich die Ergebnisse aus der Online Umfrage und der Umfrage am

Projektstand in den meisten Aspekten und unterscheiden sich nur an einzelnen

Stellen. Deshalb werden wir im Folgenden weitestgehend beide Erhebungen

gemeinsam behandeln und nur im Falle von Diskrepanzen zwischen beiden Teilen

explizit darauf hinweisen.

Die Teilnehmer unserer Umfrage sind fast ausschließlich Studenten. Im Durchschnitt

sind diese 24 Jahre alt. Insgesamt waren 34% der Umfrageteilnehmer männlich.

4 Quelle: Webseite der TU München: http://portal.mytum.de/cop/statistik/studium/ 5 Quelle: Webseite der TU München: http://portal.mytum.de/cop/statistik/studium/ 6 Quelle: Webseite der Hochschule München: http://www.sw.hm.edu/kontakt/campus_pasing/index.de.html

Page 24: Projektbericht Biokompatible Verpackungen

24

Zunächst möchten wir auf die persönliche Einstellung und Erfahrung der befragten

Personen zum Thema „Biokompatible Verpackungen“ eingehen. Wichtig für

potenziell auf die Benutzung von kompostierbaren Verpackungen umstellende

Unternehmen ist allen voran die Wahrnehmung der biokompatiblen Verpackungen

durch die Kunden, um die mit der Umstellung verbundenen Prestige- und

Imageauswirkungen quantifizieren zu können. Diesen Aspekt haben wir in unserer

Umfrage durch die folgenden Fragen versucht abzudecken:

Tabelle 2: Frage nach der Bedeutung einzelner Eigenschaften biokompatibler Verpackungen

Frage Mittelwert

Wie war ihr Kenntnisstand zu biokom-

patiblen Verpackungen vor dem Projekt?

(1=Sehr gut, 6= Noch nie gehört)

3,61

Wie wichtig ist Ihnen die Kompostierbarkeit

der Verpackungen?

(1= Sehr wichtig, 6= irrelevant)

2,12

Wie wichtig ist Ihnen die Herstellung aus

nachwachsenden Rohstoffen?

(1= Sehr wichtig, 6= irrelevant)

1,75

Interessant ist hierbei vor allem die Tatsache, dass von den Verbrauchern die

Produktion aus nachwachsenden Rohstoffen im Durchschnitt wichtiger bewertet

wird als die Kompostierbarkeit. Tatsächlich ist die Kompostierung der Verpackungen

eine Problematik, welche erst durch einen höheren Marktanteil der kompostierbaren

Verpackungen durch die Entsorgungsunternehmen sinnvoll gelöst werden kann. Die

Herstellung der Verpackungen aus nachwachsenden Rohstoffen hingegen ist heute

schon Realität und kann auch für den bisher geringen Marktanteil sichergestellt

werden.

Erwähnt sei auch, dass bei der Frage nach dem Kenntnisstand der Studenten vor dem

Projekt Differenzen um 0,5 Punkte auf der Skala zwischen den beiden

Befragungsformen aufgetreten sind. Dabei gaben die befragten Personen am

Projektstand eine bessere Kenntnis an als in der online Umfrage. Wir vermuten, dass

einer der Gründe für die Unterschiede der Unwillen der Teilnehmer bei einer

Page 25: Projektbericht Biokompatible Verpackungen

25

direkten Befragung Unkenntnis zuzugeben sein könnte, weshalb die Studenten trotz

gleichem Kenntnisstand bessere Werte in der Umfrage am Projektstand angegeben

haben könnten. Belegen lässt sich dies jedoch bedingt durch den geringen Umfang

der persönlichen Umfrage nicht.

Zusammenfassend lässt sich aussagen, dass der Kenntnisstand der befragten

Studenten zu biokompatiblen Verpackungen relativ gering ist. Hiermit sehen wir also

eine These unseres Projektes bestätigt, wonach der geringe Marktanteil von

kompostierbaren Verpackungen zu einem gewissen Ausmaß durch die mangelnde

Bekanntheit der Produkte begründet ist. Dennoch gestehen im Schnitt die Kunden

den Attributen der Kompostierbarkeit und der Herstellung aus nachwachsenden

Rohstoffen eine sehr hohe Relevanz zu. Hier bietet sich also durchaus ein

Ansatzpunkt für die Bewerbung der Verpackungen und ihrer Eigenschaften durch

Unternehmen.

Ein weiterer bedeutender Grund, weshalb sich kompostierbare Verpackungen bisher

nicht auf dem Markt im großen Ausmaß durchgesetzt haben, ist der erhöhte

finanzielle Aufwand, welcher letztendlich von den Endkunden getragen werden

müsste. Insofern drängte sich im Laufe des Projekts bereits früh die Frage auf,

inwiefern Kunden bereit wären, für die positiv eingeschätzten Eigenschaften der

Produkte mehr Geld zu bezahlen. Aus diesem Grund wurde diese Frage explizit in

fast unveränderter Form in unseren Fragebogen übernommen:

Angemerkt sei hier auch, dass wir uns in der Umfrage auf die Kunden des

Studentenwerks, also Studenten, konzentrieren. Trotz eines hohen Bildungsgrades

und der damit verbundenen potenziell höheren Bereitschaft aus ökologischen

Beweggründen mehr für ein Produkt auszugeben, ist aufgrund der im Allgemeinen

schlechteren finanziellen Flexibilität vermutlich eine höhere Bereitschaft in der

„Würden Sie für diese [kompostierbaren]

Verpackungen mehr Geld ausgeben?“

Page 26: Projektbericht Biokompatible Verpackungen

26

Gesamtbevölkerung zu erwarten7. Dies stellt jedoch zunächst nur eine Vermutung dar

und müsste mit Hilfe weiterer statistischer Erhebungen geprüft werden.

Im Folgenden möchten wir ausgehend von den Ergebnissen unserer Umfrage ein

Konfidenzintervall für den Anteil p der Kunden des Studentenwerks angeben, welche

bereit sind, mehr Geld für kompostierbare Verpackungen auszugeben. Als Basis dafür

verwenden wir ein Konfidenzniveau von 95%, d.h. der echte Anteil der Kunden liege

mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens 95% innerhalb des berechneten

Intervalls. An dieser Stelle möchten wir nicht auf die mathematische Herleitung der

Konfidenzintervalle eingehen. Der interessierte Leser sei auf Kapitel 5.2 verwiesen.

Beispielhaft sei hier die Berechnung einer Schranke auf einem Konfidenzniveau von

95% vorgeführt. Auf Basis dieses Genauigkeitsniveaus lässt sich die obere bzw. untere

Schranke für das Wahrscheinlichkeitsintervall8 als

�����,����� = ± 1,96 ∗ �(1 − )� − 1

angeben. Wobei r die relative Häufigkeit (empirischer Mittelwert) des Versuchs und n

den Stichprobenumfang der Umfrage bezeichne.

Für die gesamten Ergebnisse aus Projektstand- und Internetumfrage ergibt sich in

unserem Fall dabei:

= ����ℎ�"��"����ℎ����� !�"�#$��� = 0,81; � = 676 → �����,����� ≈ 0,81 ± 0,03 Somit können wir mit einem Konfidenzniveau von 95% aussagen, dass der Anteil der

Kunden, welche bereit sind, mehr für kompostierbare Verpackungen auszugeben,

zwischen 78% und 84% liegt.

Analog dazu lassen sich die folgenden Konfidenzintervalle bestimmen:

7 Quelle: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, „Umweltbewusstsein in Deutschland 2010“. aufgerufen unter http://www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/4045.pdf 8 Siehe Mathematische Ausführungen

Page 27: Projektbericht Biokompatible Verpackungen

27

Tabelle 3: Statistische Auswertung der Frage nach der Bereitschaft, mehr für kompostierbare Verpackungen auszugeben

Teilnehmer Rel. Anteil

(Punktschätzung)

Intervall mit 95%

Konfidenzniveau

Intervall mit 99%

Konfidenzniveau

Projektstand 84 85% 77,3%-92,7% 74,9%-95,1%

Internet 592 80% 76,8%-83,2% 75,8%-84,3%

Gesamt 676 81% 78,0%-84,0% 77,1%-84,9%

Zusammenfassend lässt sich demnach aussagen, dass der Anteil der befragten

Personen, welche bereit sind, mehr Geld für biokompatible Verpackungen

auszugeben, überraschend hoch ist. Dies lässt sich auf verschiedenen

Konfidenzniveaus zeigen. Zwischen der Umfrage des Projektstandes und der Web-

basierten Umfrage zeigt sich ein Unterschied des empirischen Anteils um 5%. Diese

Tatsache hingegen überrascht kaum, da es durchaus einer gewissen Courage bedarf,

um im persönlichen Gespräch mit den Projektteilnehmern zuzugeben, dass man

nicht bereit ist, mehr Geld für das erklärte Projektziel auszugeben.

Der interessierte Leser sei weiterhin an Kapitel 5.2.2 verwiesen, in dem gezeigt wird,

wie die Größe der Konfidenzintervalle sich mit der Anzahl der befragten Personen

verändert.

Selten lassen sich neue Produkte 1:1 ohne Schwierigkeiten oder Probleme in ein

bereits bestehendes und funktionierendes System einfügen. So sind auch bei

kompostierbaren Verpackungen die mangelnden Erfahrungen mit diesen

Verpackungen ein Hemmnis für den Wechsel.

Tabelle 4: Anteil der Umfrageteilnehmer, die Probleme mit den neuen Verpackungen berichteten

Frage Empirischer Anteil [Ja]

Gab es Probleme mit den neuen

Verpackungen?

0,04

Page 28: Projektbericht Biokompatible Verpackungen

28

Diesbezüglich gibt es jedoch positive Antworten von den Studenten. Nur 4% der

Befragten haben angegeben, Probleme mit z.B. undichten Bechern während des

Feldversuchs gehabt zu haben. Größter Kritikpunkt bei dem Anteil der Kunden,

welche Probleme mit den Verpackungen angegeben hatten war eine mangelnde

Passform von Kaffeebechern und Kaffeebecherdeckeln. Erwähnt sei jedoch auch, dass

es große herstellerspezifische Diskrepanzen bei der Qualität der kompostierbaren

Verpackungen gibt. So wurden von Seiten des Studentenwerks biokompatible

Kaffeebecher als Probeexemplare von verschiedenen Herstellern angefordert, welche

mitunter durch das Eingießen von heißen Getränken teilweise geschmolzen sind.

Insofern möchten wir an dieser Stelle an potenziell umstellende Unternehmen

appellieren, die Produkte von in Frage kommenden Lieferanten zunächst eingehend

zu prüfen.

Viele Kunden haben außerdem in den Kommentarfeldern das schlichte „grüne“

Design der neuen Verpackungen gelobt.

Tabelle 5: Beitrag der verschiedenen Aspekte des Projekts zur Verbesserung des Kenntnisstandes über biokompatible Verpackungen unter den Umfrageteilnehmern

Hat sich Ihre Kenntnis zum Thema

biokompatible Verpackungen durch

das Projekt verbessert?

Empirischer

Anteil [Ja]

Internet 0,30

Projektstand 0,51

Gesamt 0,33

Insgesamt haben 33% der Teilnehmer der Umfrage angegeben, dass sie durch das

Projekt ihr Wissen zum Thema kompostierbare Verpackungen ausgebaut haben.

Extrapoliert man diesen Anteil auf alle Studierenden an den drei Standorten der

Cafeteria, so haben wir den Kenntnisstand von weit über 6000 jungen Menschen in

Bezug auf dieses Thema verbessern können. Wir werten dies als einen großen Erfolg

unseres Projektes, da somit eines unserer erklärten Ziele, nämlich die Steigerung des

Bekanntheitsgrades dieser Innovation, erreicht worden ist.

Page 29: Projektbericht Biokompatible Verpackungen

29

Abschließend möchten wir die wichtigsten Ergebnisse zusammenfassen:

• Der Kenntnisstand zu biokompatiblen Verpackungen war unter den Studenten

auf einem relativ niedrigen Niveau.

• Die Herstellung der biokompatiblen Verpackungen aus nachwachsenden

Rohstoffen wird als wichtiger empfunden als die Kompostierbarkeit.

• Zwischen 78% und 84% der Kunden sind bereit, mehr für kompostierbare

Verpackungen zu zahlen (Konfidenzniveau 95%).

• Nur ein Bruchteil der Kunden (4%) hatte Probleme mit den neuen

Verpackungen während des Feldversuches.

5.2 Mathematische Ausführungen

5.2.1. Berechnung der Konfidenzintervalle

Da die betrachtete Frage in unserer Umfrage nur Ja bzw. Nein als Antwort zugelassen

hat, ergibt sich zunächst eine Binomialverteilung. Aufgrund der Anzahl befragter

Personen können wir diese jedoch in guter Näherung als normalverteilt betrachten.

Da wir sicher gehen möchten, dass der Anteil p mit einer Wahrscheinlichkeit von

95% innerhalb des Konfidenzintervalls liegt, darf die Wahrscheinlichkeit, dass eine

niedrigere bzw. höhere Wahrscheinlichkeit zu Trefferanzahlen über bzw. unter

unseres ermittelten Werts führt, jeweils nicht größer als 2,5% sein. Wir fordern also,

dass die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Anzahl der Treffer X größer als das

Ergebnis k unserer Umfrage ist, kleiner als 2,5% sei:

P(X > /) < 2,5% → 1 − φ(x) < 2,5% → φ(x) > 97,5%

Betrachten wir nun den Grenzfall φ(x) = 97,5%, so ergibt sich mit einem Tafelwerk

zur Stochastik9 für das Argument x der Verteilungsfunktion:

6 = φ78(0,975) = 1,96

Bisher haben wir uns mit P(X > /) < 2,5% auf eine obere Schranke konzentriert. Der

Wert des Arguments x der Verteilungsfunktion ist jedoch für die untere Schranke

betragsgleich:

9 Mühlbauer und Wörle: Tafelwerk zur Stochastik ISBN: 3-7627-3361-9

Page 30: Projektbericht Biokompatible Verpackungen

30

"(9 < /) = 2,5% → φ(x) = 2,5%

Mit 1 − φ(6:) = φ(−6:) = 1 − 0,025 = 0,975 → −6: = 1,97��;. 6: = −1,96

Analog ergibt sich für das zweite Konfidenzniveau von 99%:

6 = φ78(0,995) = 2,58

Nun können wir auf die Definition des Arguments anhand des der Trefferanzahl k,

dem Erwartungswertes µ und der Standardabweichung σ zurückgreifen:

6 ∶= / − >? = / − ��@��(1 − �) = − �A�(1 − �)�

− � = 6 ∗ ��(1 − �)�

Damit kann man die Schranken für p auf zwei verschiedenen Wegen herleiten:

Zunächst kann man diese Gleichung analytisch nach p auflösen:

( − �)B =6B ∗ �(1 − �)�

(� + 6B) ∗ �B + (−2� − 6B) ∗ � + B� = 0

�����,����� = 2� + 6B ± @(2� + 6B)B − 4B�(6B + �)2 ∗ (6B + �)

Auf der anderen Seite kann man auch den realen Anteil � unter der Wurzel durch die

Ergebnisse des Versuchs () abschätzen, so dass sich für die obere bzw. untere

Schranke des Intervalls ergibt:

�����,����� = ± 1,96 ∗ �(1 − )� − 1

Zunächst ist also die analytische Lösung vorzuziehen, da man hier eine

Approximation weniger trifft. Jedoch lässt sich beobachten, dass beide Ausdrücke

ineinander übergehen, wenn man die 6- Potenzen gegenüber den �- Potenzen

vernachlässigt. Im Falle unserer Umfrage liegt das Verhältnis �E bei einem

Page 31: Projektbericht Biokompatible Verpackungen

31

Konfidenzniveau von 95% bei ungefähr 350, so dass dies im Vergleich zu den

restlichen Annahmen einen sehr geringen Fehler ausmacht. Deshalb haben wir uns

für unsere Berechnung für die zweite, kompaktere Version entschieden.

5.2.2. Abhängigkeit der Konfidenzintervallgröße vom Stichprobenumfang

Nun wollen wir betrachten, wie sich der Stichprobenumfang n einer Umfrage auf die

Größe der zugehörigen Konfidenzintervalle auswirkt. Dazu betrachten wir erneut die

bereits weiter oben aufgeführte Berechnungsformel für die Grenzen des

Konfidenzintervalls:

�����,����� = ± 1,96 ∗ �(1 − )� − 1

Hierbei lässt sich erkennen, dass die Größe des Konfidenzintervalls proportional zu

�7FG bzw. umgekehrt proportional zu √� ist (da� ≫ 1). Daraus lässt sich ableiten, wie

sich die Breite des Konfidenzintervalls mit der Stichprobenanzahl verändert:

Abbildung 7: Abhängigkeit der Größe des Konfidenzintervalls vom Stichprobenumfang

Da es sich nur um eine Proportionalitätsbeziehung handelt, hängt die Breite des

Intervalls neben dem Stichprobenumfang noch von einer bezüglich des

Stichprobenumfangs konstanten Größe ab. Im analysierten Fall hängt diese

Konstante von dem Konfidenzniveau und der empirischen relativen Häufigkeit r ab.

Page 32: Projektbericht Biokompatible Verpackungen

32

Dem entsprechend ist der Verlauf der Konfidenzintervallgröße qualitativ richtig, wird

jedoch durch die zusätzliche konstante Einflussgröße auf der Ordinate skaliert.

Page 33: Projektbericht Biokompatible Verpackungen

33

6.Handlungsempfehlungen

Durch die Durchführung des Feldversuches und die Kooperation mit dem

Studentenwerk München konnten wir Erfahrungen sammeln, welche auch über den

Rahmen des Feldversuches hinaus von Interesse sind. Diese wollen wir im Folgenden

in Form von Handlungsempfehlungen zusammenfassen, damit auch andere

Gastronomieunternehmen, welche die Umstellung auf biokompatible Verpackungen

planen, von unseren Erfahrungen profitieren können.

• Biokompatible Verpackungen sind eine sehr gute Möglichkeit, das

„greenimage“ eines Unternehmens zu verbessern. Dabei sollte das

Hauptaugenmerk nicht auf der Kompostierbarkeit der Materialien liegen,

sondern auf deren Herstellung aus nachwachsenden Rohstoffen.

• Basierend auf unserer Umfrage, an welcher hauptsächlich Münchner

Studierende teilnahmen, sind 78 bis 84 Prozent der Kunden bereit, die

Mehrkosten für biokompatible Verpackungen zu tragen. Grundvoraussetzung

hierfür ist jedoch, dass die Kunden genau über die neuen Verpackungen

informiert werden.

• Für den Kunden sind kaum Unterschiede zu konventionellen Verpackungen

feststellbar. Daher sollte aktiv auf die neuen Verpackungen hingewiesen

werden. Verglichen mit Hinweisen in Form von Infomaterialien (Poster, Flyer

etc.) wird ein größerer Effekt durch persönliche Kommunikation erzielt. Die

Information über die neuen Verpackungen sollte zum Zeitpunkt ihrer

Einführung am intensivsten sein.

• Neben ökologischen Vorteilen sind biokompatible Verpackungen auch oft in

praktischen Gesichtspunkten „konventionellen“ Verpackungen überlegen (z.B.

Gasbarriere-Eigenschaften, Verlängerung der Haltbarkeit von Lebensmitteln).

• Die Qualitätsunterschiede zwischen den Produkten verschiedener Verpack-

ungshersteller sind teilweise gravierend. Eine eingehende Prüfung der Pro-

dukte in Frage kommender Lieferanten wird dringend angeraten.

Page 34: Projektbericht Biokompatible Verpackungen

34

7. Zusammenfassung

Biokompatible Verpackungen stellen eine innovative Technologie dar und besitzen

als Alternative zu Verpackungen aus erdölbasierten Kunststoffen viel Potenzial. Die

vielen positiven Eigenschaften dieser Materialien waren der Beweggrund für die

Durchführung dieses Projekts. Hauptziele des Projekts waren einerseits die

Durchführung eines Feldversuches in ausgewählten Cafeterien des Studentenwerks

zur Erhöhung des Bekanntheitsgrades dieser Materialien und andererseits eine

Umfrage, um Informationen über den Kenntnisstand und die Einstellung der

Besucher der Cafeterien zu diesem Thema zu erhalten.

Beide Ziele konnten erfüllt werden. Der Feldversuch zeigte, dass für die wichtigsten

Verpackungen geeignete Alternativen aus biokompatiblen Materialien gefunden

werden konnten und stieß bei den Besuchern der Cafeterien auf positive Resonanz.

Die Umfrage ergab, dass insbesondere die Herstellung aus nachwachsenden

Rohstoffen als sehr wichtig angesehen wird. Dies spielt eine bedeutendere Rolle als

die Kompostierbarkeit von biokompatiblen Verpackungen. Zudem konnte gezeigt

werden, dass rund 80 Prozent der Kunden bereit wären, die Mehrkosten von wenigen

Cent pro Einheit zu tragen. Als besonders erfreuliches Ergebnis dieses Projekts ist

zudem die Tatsache zu nennen, dass das Studentenwerk München in den neuen

„StuCafes“ dauerhaft biokompatible Verpackungen einsetzen wird.

Für das Projektteam selbst war die Durchführung des Projektes ebenfalls sehr

bereichernd. Die Fähigkeiten und Arbeitsweisen, die in den Seminaren zu Beginn des

Projekts erlernt wurden, konnten direkt praktisch angewendet und so gefestigt

werden. Die Tatsache, dass das Projekt auch über den Bearbeitungszeitraum hinaus

eine im wahrsten Sinne des Wortes nachhaltige Wirkung hat, ist zudem für alle

Beteiligten sehr zufriedenstellend.

Page 35: Projektbericht Biokompatible Verpackungen

35

8. Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Vergleich der Umweltbelastung durch die Produktion bio-basierter

und petrochemischer Polymere in den Wirkungskategorien fossiler

Ressourcenverbrauch und Klimawandel ....................................................................... 4

Abbildung 2: Weltweite Produktionskapazitäten von Bioplastiken. ......................... 13

Abbildung 3: Logo zur Kennzeichnung biologisch abbaubarer Materialien ............ 18

Abbildung 4: Ein Schild auf einem Tisch der Cafeteria Audimax weißt während des

Feldversuches auf die neuen biokompatiblen Verpackungen hin ............................... 20

Abbildung 5: Interessierte Studenten nutzen den Infor-mationsstand um sich mit

Projektgruppenmitgliedern über biokompatible Verpackungen auszutauschen und

Fragebögen auszufüllen ................................................................................................ 22

Abbildung 6: Abhängigkeit der Größe des Konfidenzintervalls vom

Stichprobenumfang ....................................................................................................... 31

9. Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Anzahl der Studierenden an den Standorten, an welchen der Feldversuch

durchgeführt wurde ...................................................................................................... 23

Tabelle 2: Frage nach der Bedeutung einzelner Eigenschaften biokompatibler

Verpackungen ............................................................................................................... 24

Tabelle 3: Statistische Auswertung der Frage nach der Bereitschaft, mehr für

kompostierbare Verpackungen auszugeben ................................................................ 27

Tabelle 4: Anteil der Umfrageteilnehmer, die Probleme mit den neuen

Verpackungen berichteten............................................................................................ 27

Tabelle 5: Beitrag der verschiedenen Aspekte des Projekts zur Verbesserung des

Kenntnisstandes über biokompatible Verpackungen unter den Umfrageteilnehmern

....................................................................................................................................... 28