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Thorakoabdominelles Aortenaneurysma Thorakoabdominelle Aortenaneurysmen sind selten die geschätzte Inzidenz liegt bei weniger als 6 Fällen auf 100000 Einwohner pro Jahr [1]. Ihre sozioökono- mischen und individuellen Folgen sind jedoch gravie- rend. Sie entstehen sowohl auf dem Boden von dege- nerativen und atherosklerotischen Gefäßwandverän- derungen als auch aufgrund von Bindegewebserkran- kungen und chronischen Aortendissektionen [1]. Die- se unterliegen einer steigenden Tendenz in industriali- sierten Ländern. Das Risiko einer spontanen Komplikation (Einriss oder Ruptur) eines Aneurysmas steigt ab einem kritischen Aortendurchmesser exponentiell auch unter medika- mentöser Blutdruckregulation. Deshalb ist eine Opera- tion ab einem Durchmesser von 6 cm indiziert und be- reits ab 5cm im Falle von Bindegewebserkrankungen wie z. B. dem Marfan-Syndrom [2, 3]. Aktuell konkurriert in der Therapie des thorakoabdomi- nellen Aortenaneurysmas der offen-chirurgische Ersatz zunehmend mit der endovaskulären Stentgraft-Im- plantation. Dabei gilt bei ausgedehnten thorakoabdo- minellen Aortenaneurysmen (Crawford-Typ II) der ope- rative Ersatz nach wie vor als Goldstandard [2]. Hinge- gen werden isolierte Deszendenzaneurysmen meist standardmäßig endovaskulär behandelt, wenn keine Bindegewebserkrankung vorliegt. Risiko des therapieassoziierten ischämischen Rückenmarkschadens Merke Sowohl beim offen-chirurgischen Aortenersatz als auch in der endovaskulären Stent-Therapie (TEVAR [Thoracic Endovascular Aortic Repair]) ist das Risiko einer ischämischen Schädigung des Rückenmarks hoch. Die Konsequenz ist eine permanente Para- plegie. Aktuelle klinische Studien beziffern das Risiko unab- hängig vom gewählten Verfahren beim Crawford-Typ II mit 6 % bis 25 %, im Durchschnitt 18 % [3]. Eine Optimierung des intra- und postoperativen Ma- nagements konnte das Risiko auch in wenigen hoch- spezialisierten Zentren nicht unter 5% senken [4]. Fol- Prophylaxe der Rückenmarkischämie bei Therapie von Aortenaneurysmen Konstantin von Aspern, Christian D. Etz CME-Fortbildung ABKÜRZUNGEN cnNIRS Kollateralnetzwerk-Nahinfrarotspektroskopie CT Computertomografie DFG Deutsche Forschungsgemeinschaft INR International normalized Ratio MEP motorisch evozierte Potenziale MISACE Minimally invasive segmental Artery Coil and Plug Embolization MRT Magnetresonanztomografie PAPA_Artis Paraplegia Prevention in aortic Aneurysm Repair by thoracoabdominal Staging with minimally- invasive segmental Artery Coil-Embolization (MISACE; EU Horizon 2020 Studie) SSEP somatosensibel evozierte Potenziale TASP Temporay Aneurysm Sac Perfusion TEVAR Thoracic Endovascular Aortic Repair Die moderne Therapie des thorakoabdominellen Aortenaneurysmas birgt ein im- mer noch erhebliches Risiko: die iatrogene ischämische Schädigung des Rücken- marks mit der Konsequenz der permanenten Paraplegie. Dieser Beitrag schildert die aktuell verfügbaren unterstützenden Therapiemaßnahmen zur Rückenmark- protektion und stellt ein neues klinisches Präventionsverfahren vor, das experi- mentell nahezu 100 %-igen Schutz erzielt hat. von Aspern Konstantin et al. Prophylaxe der Rückenmarkischämie Gefäßmedizin Scan 2017; 04: 4156 41 Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages.

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ThorakoabdominellesAortenaneurysmaThorakoabdominelle Aortenaneurysmen sind selten –die geschätzte Inzidenz liegt bei weniger als 6 Fällenauf 100000 Einwohner pro Jahr [1]. Ihre sozioökono-mischen und individuellen Folgen sind jedoch gravie-rend. Sie entstehen sowohl auf dem Boden von dege-nerativen und atherosklerotischen Gefäßwandverän-derungen als auch aufgrund von Bindegewebserkran-kungen und chronischen Aortendissektionen [1]. Die-se unterliegen einer steigenden Tendenz in industriali-sierten Ländern.

Das Risiko einer spontanen Komplikation (Einriss oderRuptur) eines Aneurysmas steigt ab einem kritischenAortendurchmesser exponentiell auch unter medika-mentöser Blutdruckregulation. Deshalb ist eine Opera-tion ab einem Durchmesser von 6 cm indiziert und be-reits ab 5 cm im Falle von Bindegewebserkrankungenwie z. B. dem Marfan-Syndrom [2, 3].

Aktuell konkurriert in der Therapie des thorakoabdomi-nellen Aortenaneurysmas der offen-chirurgische Ersatzzunehmend mit der endovaskulären Stentgraft-Im-plantation. Dabei gilt bei ausgedehnten thorakoabdo-minellen Aortenaneurysmen (Crawford-Typ II) der ope-rative Ersatz nach wie vor als Goldstandard [2]. Hinge-gen werden isolierte Deszendenzaneurysmen meiststandardmäßig endovaskulär behandelt, wenn keineBindegewebserkrankung vorliegt.

Risiko des therapieassoziiertenischämischen Rückenmarkschadens

MerkeSowohl beim offen-chirurgischen Aortenersatz alsauch in der endovaskulären Stent-Therapie (TEVAR[Thoracic Endovascular Aortic Repair]) ist das Risikoeiner ischämischen Schädigung des Rückenmarkshoch. Die Konsequenz ist eine permanente Para-plegie.

Aktuelle klinische Studien beziffern das Risiko unab-hängig vom gewählten Verfahren beim Crawford-TypII mit 6% bis 25%, im Durchschnitt 18% [3].

Eine Optimierung des intra- und postoperativen Ma-nagements konnte das Risiko auch in wenigen hoch-spezialisierten Zentren nicht unter 5% senken [4]. Fol-

Prophylaxe der Rückenmarkischämiebei Therapie von AortenaneurysmenKonstantin von Aspern, Christian D. Etz

CME-Fortbildung

ABKÜRZUNGEN

cnNIRS Kollateralnetzwerk-NahinfrarotspektroskopieCT ComputertomografieDFG Deutsche ForschungsgemeinschaftINR International normalized RatioMEP motorisch evozierte PotenzialeMISACE Minimally invasive segmental Artery Coil and

Plug EmbolizationMRT MagnetresonanztomografiePAPA_Artis Paraplegia Prevention in aortic Aneurysm Repair

by thoracoabdominal Staging with minimally-invasive segmental Artery Coil-Embolization(MISACE; EU Horizon 2020 Studie)

SSEP somatosensibel evozierte PotenzialeTASP Temporay Aneurysm Sac PerfusionTEVAR Thoracic Endovascular Aortic Repair

Die moderne Therapie des thorakoabdominellen Aortenaneurysmas birgt ein im-mer noch erhebliches Risiko: die iatrogene ischämische Schädigung des Rücken-marks mit der Konsequenz der permanenten Paraplegie. Dieser Beitrag schildertdie aktuell verfügbaren unterstützenden Therapiemaßnahmen zur Rückenmark-protektion und stellt ein neues klinisches Präventionsverfahren vor, das experi-mentell nahezu 100%-igen Schutz erzielt hat.

von Aspern Konstantin et al. Prophylaxe der Rückenmarkischämie… Gefäßmedizin Scan 2017; 04: 41–56 41

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gende Maßnahmen werden zu diesem Zweck u. a. ein-gesetzt:▪ distale Perfusion mit und ohne Oxygenator an der

extrakorporalen Zirkulation (Herz-Lungen-Maschineoder Biocircuit®)

▪ Hypothermie (milde: 33–35 °C, moderate:28–32 °C, tiefe: 21–27 °C und profunde: < 20 °CHypothermie)

▪ konsequente Liquordrainage (manuelle oderautomatisierte)

▪ hochnormales Blutdruckmanagement ent-sprechend dem individuellen Ausgangswert

▪ Versorgung durch erfahrene Aorten-Teams

Hinsichtlich der Kausalität der Paraplegie ist der unmit-telbare, durch eine intraoperative Minderperfusionausgelöste ischämische Schaden von der verzögertenspinalen Ischämie zu unterscheiden.

MerkeDie verzögerte spinale Ischämie tritt meist zwischendem 2. und 5. postoperativen Tag auf, kann jedochauch erst Wochen nach dem Eingriff eintreten. Siestellt neben pulmonalen Komplikationen das zentraleProblem in der postoperativen Nachsorge dar.

Therapiekonzepte derRückenmarkperfusionAnatomisches versus physiologisches Modellder Rückenmarkperfusion

Hinsichtlich der Prophylaxe und Therapie des ischämi-schen Rückenmarkschadens herrscht weiterhin erheb-licher Dissens unter Experten. Auf der einen Seite gibtes Protagonisten, die historisch bedingt eine primäranatomische Reimplantation von Segmentarterien be-vorzugen. Ihnen stehen jene gegenüber, die den Fokusauf eine ideale Perfusionsaugmentation z. B. durch op-timierte Hämodynamik legen.

Vertreter des primär anatomischen Paradigmas gehenvon Beschreibungen aus historischen Untersuchungenzur Rückenmarkperfusion [5] aus. Diese legen nahe,dass die Wiederherstellung bzw. Reimplantation mög-lichst vieler arterieller Zuflüsse über aortale Segment-arterien (insbesondere der A. Adamkiewicz, siehe un-ten) eine zentrale Bedeutung für die Verhinderung desischämischen Rückenmarkschadens hat.

Diesem entgegen stehen neuere Untersuchungen, diedie Offenheitsrate reimplantierter Segmentarterienfundamental infrage stellen [6]. Entsprechend demrein physiologischen Modell zur Rückenmarkprotektionleisten folgende Maßnahmen zur Steigerung der effek-tiven Rückenmarkperfusion den zentralen Beitrag zurVerhinderung des ischämischen Schadens:

▪ adäquates Temperaturmanagement▪ hochnormales systemisches Blutdruckmanagement▪ konsequente Senkung des intrathekalen Druckes

(mittels Liquordrainage)

Neues Konzept der spinalen Blutversorgung

Das Konzept der spinalen Blutversorgung beruhte seitdem späten 19. Jahrhundert auf den anatomischen Be-schreibungen von Albert W. Adamkiewicz. Die nachihm benannte prominente A. radicularis magna alsgrößte anteriore Segmentarterie galt bis vor einigenJahren als der allein ausschlaggebende Versorgungs-weg für das Rückenmark [5]. Detaillierte Studien vonLazorthes u. Mitarb. zeigten seit 1970 bereits, dass diespinale Blutversorgung weitaus komplexer und vielfäl-tiger ist als ursprünglich angenommen [7]. Diese Er-kenntnisse wurden jedoch weitestgehend ignoriertund lange nicht konsequent weiter untersucht. ErstEtz und Griepp konnten durch intensive, systematischeForschungsarbeiten einen ganzheitlichen, neuen An-satz der Rückenmarkversorgung erarbeiten, die gegen-wärtig einen Paradigmenwechsel einleiten [8, 9].

MerkeDas Konzept des paraspinalen Kollateralnetzwerkshat gegenwärtig einen Paradigmenwechsel imVerständnis und in der klinischen Versorgung vonPatienten mit Erkrankungen an der thorakoabdomi-nellen Aorta zur Folge.

Intraspinale, unmittelbar verfügbare Umgehungskreis-läufe, die sich aus repetitiven, Willis-ähnlichen Mikro-netzwerken zusammensetzen, sichern die Rücken-markversorgung [10]. Experimentelle Untersuchungenkonnten zeigen, dass es nach Segmentarterienver-schluss zu Änderungen des Zuflusses und der regiona-len Blutdruckunterschiede kommt. Das versetzt dasKollateralnetzwerk in die Lage, über Arteriogeneseneuer und durch Kaliberänderung präformierter Arte-rien und Arteriolen eine robuste alternative Blutversor-gung zu entwickeln. So wird in dieser Phase eine Mini-malversorgung aufrechterhalten [11, 12]. Dieser als

DEFINITION/SYNONYM

Das Kollateralnetzwerk entspricht einem exten-siven arteriellen Netzwerk, das weitestgehend inder paraspinalen Muskulatur lokalisiert ist. Esgeht von Abgängen der Aa. subclaviae bzw.mammariae und der A. hypogastrica sowie direktaus aortalen Segmentarterien aus. Über Kollate-ralen verteilt es sowohl longitudinal als auchhorizontal das Blut für das Rückenmark seg-mentübergreifend auf das intraspinale Netzwerk.So stellt es die Rückenmarkversorgung, auch beiVerlust segmentaler Perfusion, sicher (▶Abb. 1).

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„(Prä-)Konditionierung“ bezeichnete Umbauprozess imKollateralnetzwerk unterliegt einer zeitlichen Latenzzwischen der teilweisen und der kompletten Segmen-tarterienopferung. Diese tritt abrupt während der of-fen-chirurgischen und der endovaskulären Therapieder thorakoabdominellen Aorta ein.

Basierend auf diesen Erkenntnissen entwickelten Etzund Griepp das gestufte Therapieverfahren (Staged Re-pair) als Konzept für die Versorgung von thorakoabdo-minellen Aortenerkrankungen [13]. Patienten mit fol-gender Operationssequenz hatten eine bis zu 10-fachniedrigere Paraplegierate [14]:▪ In der 1.Operation wurde bereits ein Teil der

Segmentarterien geopfert (z. B. nach Ersatz derAorta thoracalis descendens).

▪ In der 2.Operation fand ein Ersatz der Aortaabdominalis statt.

Haulons Gruppe konnte erstmals in einer großen klini-schen Serie eine erhebliche Senkung des Paraplegierisi-

kos von 14,0 auf 1,2% zeigen (allerdings in einer sehrheterogenen Patientenkohorte von Crawford Typ I bisIII) [14]. Dies entspricht ebenfalls einer Senkung umden Faktor 10.

Neuromonitoring währendAorteneingriffenMessung motorisch und somatosensibelevozierter Potenziale

Vielerorts wird ein klinisches Neuromonitoring unterZuhilfenahme von MEP (motorisch evozierten Poten-zialen) und SSEP (somatosensibel evozierten Potenzia-len) während Eingriffen an der thorakoabdominellenAorta routinemäßig angewendet [15]. Es dient dazu,frühzeitig Funktionsausfälle (direkt) bzw. Perfusionsde-fizite des Rückenmarkgewebes (indirekt) zu erkennen.Diese Methodik zur intraoperativen Überwachung derRückenmarkfunktion ist jedoch aufwendig (invasiv)und bedarf eines nicht unerheblichen technischen Auf-wands. Monitoring von MEP und SSEP gibt Auskunftüber die Funktionalität des Rückenmarks. Ein entschei-dender Nachteil der Methode ist allerdings die weitest-gehend unklare zeitliche Latenz und Ausprägung, mitder eine Signalreduktion als Surrogat beginnenderFunktionseinschränkung eintritt.

Nahinfrarotspektroskopiedes Kollateralnetzwerks

Eine neue Methode zum nicht invasiven Echtzeit-Moni-toring der Rückenmarkoxygenierung stellt die indirektecnNIRS (Kollateralnetzwerk-Nahinfrarotspektroskopie)dar. Dieses Verfahren misst die Oxygenierung im para-spinalen Kollateralnetzwerk (▶Abb.2). Diese ist, basie-rend auf dem Konzept des Kollateralnetzwerks, direktproportional zur Oxygenierung im regionalen Rücken-markgewebe [16]. Erste experimentelle und klinischeStudien dieses Verfahrens sind vielversprechend [17–20]. Es bedarf jedoch noch weiterer Untersuchungen,insbesondere hinsichtlich Referenzbereichen und klini-schen Korrelationsanalysen. Erst dann kann dieses neueVerfahren generell empfohlen werden. Des Weiterenist seine Anwendbarkeit bei der endovaskulären Thera-pie bisher noch nicht ausreichend untersucht.

Klinisch-neurologische Evaluation

Intraoperativ, bei TEVAR in Lokalanästhesie und gene-rell während des postoperativen Verlaufs am wachenPatienten stellt nach wie vor die engmaschige klinisch-neurologische Evaluation einen integralen Bestandteildes neurologischen Monitoring dar.

Die klinisch häufigste Präsentation des postoperativenischämischen Rückenmarkschadens ist das sog. A.-spi-nalis-anterior-Syndrom. Dies hat aufgrund der hypoxi-schen Schädigung der Vorderhörner und des Tractus

▶Abb. 1 Darstellung des reichhaltigen paraspinalen Kol-lateralnetzwerks als Gefäßausguss der abdominalen Aor-ta, der Nierenarterien, der Nieren und der dorsalen Seg-mentarterien im Schwein. Abgänge der proximalen Seg-mentarterien (weisse Pfeilspitzen) mit 2–3 Abgängenzum intraspinalen Netzwerk und der ausgeprägten Anas-tomosen zum paraspinalen Kollateralnetzwerk (weiße*),Ao = Aorta.

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spinothalamicus eine motorische Schwäche beider Bei-ne bis hin zur Paraplegie zur Folge. Zudem kommt es zueiner dissoziierten Empfindungsstörung mit isoliertemAusfall der Schmerz- und Temperaturempfindung beiweitestgehend erhaltener Sensibilität. Es empfiehltsich daher generell, eine fachärztliche neurologischeUntersuchung durchzuführen. Im Falle einer diagnosti-zierten Funktionsstörung ist auch eine weiterführendebildgebende Untersuchung mittels MRT (Magnetreso-nanztomografie) vom Rückenmark indiziert. Leidersind auch dann die Therapieoptionen begrenzt, nichtzuletzt aufgrund der extrem kurzen Ischämietoleranzdes Rückenmarks.

MerkeDie frühzeitige Erkennung des verzögerten ischämi-schen Rückenmarkschadens (orientierend auch durchnicht ärztliches Personal) ist besonders wichtig. Nurso können standardisierte Gegenmaßnahmen(s. ▶Abb. 3) ohne zeitlichen Verlust eingeleitetwerden.

Konventionelle Therapiemaßnah-men zur Rückenmarkprotektion

MerkeDas konventionelle Management während und nachkomplexen Rekonstruktionen der thorakoabdomi-nellen Aorta zielt darauf ab, eine möglichst suffizien-te Perfusion und Oxygenierung des Rückenmarks zugewährleisten.

Blutdruckmanagement

Eine zentrale Rolle in der Rückenmarkprotektion spieltder postoperative arterielle Blutdruck des Patienten.Dabei ist weniger der absolute Blutdruck, sondern viel-mehr der Blutdruck relativ zum individuellen Ausgangs-wert des Patienten entscheidend [12].

Der postoperativ (auf der Intensivstation) eingestelltearterielle Blutdruck ist ausschlaggebend: Patientenmit postoperativen Blutdruckwerten entsprechend derindividuellen Ausgangswerte oder oberhalb davon ha-ben eine signifikant bessere Prognose hinsichtlichischämischer Rückenmarkschäden [12].

Aktuelle Untersuchungen deuten ebenfalls darauf hin,dass insbesondere der systolische Blutdruck als Richt-wert eine größere Rolle als der arterielle Mitteldruck

▶Abb. 2 Lumbale cnNIRS. a Setup der lumbalen cnNIRS zur regionalen Oxygenierungsmessung der paraspinalen Muskulatur. b Vergleich derlumbalen cnNIRS mit direkter Rückenmarkoxygenierung nach Aortenklemmung und während Reperfusion.

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spielt. Er sollte zumindest bei Werten oberhalb von 140mmHg gehalten werden [21]. Die Empfehlung geht da-hin, ein aggressives Management zur Substitution vonSauerstoffträgern durchzuführen, um die regionalePerfusion und Oxygenierung zu optimieren. Als Zielpa-rameter wird ein Hämoglobingehalt von über 10g/dlangestrebt. Die insbesondere nach offenem Ersatz derthorakoabdominellen Aorta notwendige Volumenthe-rapie birgt jedoch das Risiko eines Anstiegs des zentra-len Venendrucks. Die Folge ist die indirekte Erhöhungdes Druckes des Liquor cerebrospinalis. Deshalb sollteder intravenösen Gabe von Vasopressoren in dieser Si-tuation der Vorzug gegeben werden [12].

Der Rückenmarkperfusionsdruck kann mittels folgen-der Formel grob eingeschätzt werden:

SCCP=MAP–CSF-Druckmit

SCCP=RückenmarkperfusionsdruckMAP=arterieller Mitteldruck

CSF-Druck=Druck des Liquor cerebrospinalis (als Sur-rogat für den CSF-Druck kann annähernd auch der zen-trale Venendruck herangezogen werden)

Liquordrainage

Der effektive Perfusionsdruck im Rückenmark ist nichtnur vom systemischen arteriellen Druck, sondern auchvom intraspinalen Druck abhängig. Deshalb wird einekonsequente Liquordrainage zur Senkung des intrakra-niellen Druckes auf Werte unter 7mmHg empfohlen.Diese Maßnahme wird in vielen Kliniken routinemäßigangewendet [3, 22, 23].

CaveAkute Senkungen des Druckes des Liquor cerebro-spinalis durch exzessive Drainage können mit einemnicht unerheblichen Risiko einer Brückenvenenblu-tung einhergehen und müssen unbedingt vermiedenwerden [24].

Zurzeit existieren keine kontrollierten, randomisiertenStudien hinsichtlich Liquordrainage in der Therapievon thorakoabdominellen Aortenerkrankungen. Vorlie-gende aortenchirurgische Studien unterstützen jedochdie Anwendung dieser Methode zur Rückenmarkpro-tektion [21, 22, 25]. Die durch lumbale Liquordraina-gen ausgelösten neurologischen Komplikationen sindmit einer Inzidenz von 0,8% sehr selten [25]. Allgemei-ne Komplikationen wie z. B. blutig tingierter Liquor(10,0% der Fälle) oder epidurale Hämatome einschließ-lich intrakranieller Blutungen (5,2%) waren in der Regelasymptomatisch. Sie waren oft assoziiert mit einem er-

C(CSF Drain Status)

CSF-Katheter wechseln bzw. bei Hämorrhagie entfernen

▪ Liegendposition▪ intrakranieller Druck < 7 mmHg▪ Katheter für 7 Tage

▪ O2-Nasensonde oder Maske bzw. O2-Erhöhung bei invasiver und nicht invasiver Beatmung▪ Hämoglobinwerte > 10 g/dl▪ Herzindex > 2,5 l/min · BSA

▪ systolischer Blutdruck > 140 mmHg und nicht unter präoperativem arteriellem Mitteldruck▪ SCPP (= systolischer Blutdruck – intra- kranieller Druck) > 130 mmHg▪ neurologischer Status (Paraplegie oder motorische Schwäche, Miktionsstörung, Kopfschmerzen, Schwindel), CSF-Status (blutig?)▪ Dialysetherapie, Blutdruckschwankungen und kardiale Arrhythmien vermeiden

Fehlfunktion? Sauerstoffsättigung reduziert(< 95 % sO2)

Hämodynamik feststellen und optimierenHämodynamik

feststellen und optimierenja

nein

O(Oxygen Delivery)

PS(Patient Status)

▶Abb. 3 COPS-Schema–Notfallplan bei neurologischem Defizit. Modifiziertes Schema in Anlehnung an [33]. BSA=Körperoberfläche (BodySurface Area); CSF = Liquor cerebrospinalis (Cerebrospinal Fluid); O2= Sauerstoff; SCPP =Rückenmarkperfusionsdruck (Spinal Cord PerfusionPressure)

PRAXIS/MAßNAHMEN

Allgemeine Empfehlungen zur korrekten und si-cheren Anwendung der lumbalen Liquordrainagebeinhalten eine adäquate Gerinnungssituationbereits vor Katheteranlage:▪ keine Thrombozytenaggregationshemmung

außer mit Azetylsalizylsäure in Standard-dosierung

▪ Thrombozytenzahlen von mindestens100000 /μl

▪ INR-Wert (Wert der International normalizedRatio) von unterhalb 1,3 bei normaler partiellerThromboplastinzeit

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höhten zentralvenösen Druck und einer derangiertenGerinnung des Patienten [25].

Nach Anlage sollte eine Vollheparinisierung frühestens1h später erfolgen. Zum Erreichen des intrakraniellen(= spinalen) Zieldrucks sollte nach Möglichkeit dasDrainieren von 15ml Liquor pro Stunde nicht über-schritten werden [22]. Die manuelle Liquordrainage istdiesbezüglich gefährlicher als ein passives Drainieren(gegen Gravitation). Um die effektive Rückenmarkper-fusion aufrechtzuerhalten, ist bei liegendem Liquor-ce-rebrospinalis-Katheter generell eine systemische Hypo-tension zu vermeiden. Es ist zum jetzigen Zeitpunktnoch unklar, inwieweit die aktiv-automatische Liquor-drainage (LiquoGuard®) einen Vorteil gegenüber Me-thoden der intermittierend manuellen oder passiv ge-gen die Schwerkraft drainierenden Techniken besitzt.Entsprechende klinische und experimentelle Studienlaufen derzeit an. Das Entfernen der Drainage bei aus-geglichener Gerinnung wird nach 72h postoperativempfohlen. Die Drainage sollte jedoch im Falle neuro-logischer Komplikationen, die nicht im kausalen Zu-sammenhang mit der Drainage selbst stehen, bis zu 7Tagen belassen werden. Dadurch lässt sich eine adä-quate Senkung des intraspinalen Druckes gewährleis-ten [26].

Antikoagulation

Es konnte gezeigt werden, dass der thrombembolischeVerschluss der rückenmarkversorgenden Gefäße einmöglicher und unterschätzter Mechanismus in der Ent-stehung des ischämischen Rückenmarkschaden ist[27]. Deshalb wird die therapeutische Gabe von Hepa-rin für die ersten 3 Monate nach festgestelltem neuro-logischem Defizit empfohlen. Im Falle eines liegendenSpinalkatheters erfolgt die erste Gabe frühestens 1hnach Entfernung [28]. Entsprechend der aktuellen Stu-dienlage ist nicht zu beantworten, inwieweit dies auchprophylaktisch nach ausgedehnten Operationen an derthorakoabdominellen Aorta zu empfehlen ist [28]. Ins-besondere nach offen-chirurgischem Aortenersatzführen Blutungskomplikationen nicht selten zu Hypo-tension und regionaler Hypoxämie. Darum wird nebender Gabe von Erythrozytenkonzentraten und Frisch-plasma auch die Substitution von Thrombozyten aufWerte oberhalb von 100 000 /μl empfohlen (ggf.Thrombozyten-Funktionstestung/TEG).

Medikamentöse Rückenmarkprotektion

MerkeZum aktuellen Zeitpunkt existieren keine klinischenStudien, die einen Vorteil einer medikamentösenRückenmarkprotektion bei Interventionen an derthorakoabdominellen Aorta in Bezug auf neurolo-gische Defizite nachweisen.

In einigen experimentellen Studien ergaben sich für ge-wisse Substanzen jedoch positive Effekte auf die Rü-ckenmarkperfusion [29]. Im Ischämie-/Reperfusions-experiment am Großtier bewirkte die intrathekaleGabe von Papaverin eine signifikant bessere Rücken-markperfusion. Auch die intravenöse Gabe von Sub-stanzen wie Naloxon und Mannitol hatte experimentellpositive Auswirkungen auf die Rückenmarkdurchblu-tung. Wenige spezialisierte Zentren verwenden sie des-halb bei Operationen an der thorakoabdominellen Aor-ta [28]. Sowohl für diese Substanzen als auch hinsicht-lich der Anwendung von Kortikosteroiden zur Inflam-mationshemmung konnte kein Nutzen in der Prophyla-xe oder Therapie des ischämischen Rückenmarkscha-dens nach Aortenoperationen nachgewiesen werden[28, 29]. Im Gegensatz dazu stehen Ergebnisse ihrerAnwendung bei der traumatischen Rückenmarkschädi-gung.

CaveDie Gabe von Vasodilatatoren (z. B. von Nitraten undα-Blockern) kann zu Hypotension durch arteriovenö-se Shunts führen. Deshalb werden sie in der peri- undpostoperativen Therapie von thorakoabdominellenAortenerkrankungen nicht empfohlen [29].

Lokale Rückenmarkkühlung

In Anbetracht möglicher Risiken der intraoperativensystemischen Hypothermie wurde in einigen experi-mentellen Studien und vereinzelt auch bereits in klini-scher Anwendung eine Methode der lokal begrenztenHypothermie verwendet. Diese Methode wird als „Epi-dural Cooling“ bezeichnet [30]. Dabei wird gezielt derBereich des Rückenmarks durch Hypothermie ge-schützt, der typischerweise dem Risiko einer ischämi-schen Schädigung während der operativen Versorgungeines thorakoabdominellen Aortenaneurysmas ausge-setzt ist. Die Kühlung erfolgt durch epidurale Kühlungmit 4 °C kalter Lösung. Die Ergebnisse erster klinischerStudien waren vielversprechend [31].

MerkeDer technische Aufwand und die Invasivität stellenwesentliche Limitationen der epiduralen Kühlungdar. Weitere Nachteile sind der Anstieg des intra-kraniellen Druckes und der damit verbundene redu-zierte spinale Blutfluss. Daher ist eine kontinuierlicheLiquordrainage unerlässlich.

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COPS-Schema

Das COPS-Protokoll subsumiert alle genannten Thera-piekonzepte für die frühe postoperative Phase, wäh-rend der das Risiko der verspäteten Spinalischämie amgrößten ist. Diese Phase liegt zwischen dem 2. unddem 5. postoperativen Tag [26]. Für diesen Fall emp-fiehlt sich die unmittelbare und konsequente Anwen-dung des modifizierten COPS-Konzepts (▶Abb. 3) [26,33]. Das Konzept basiert auf aktuellen Erkenntnissenauf dem Gebiet der Rückenmarkprotektion im Zusam-menhang mit Eingriffen an der thorakoabdominellenAorta.

Rückenmarkprotektion bei offen-chirurgischem AortenersatzTemperaturmanagement

Speziell während des offen-chirurgischen Aortenersat-zes ist vor allem ein adäquates Temperaturmanage-ment ein wichtiger Aspekt zur Vorbeugung eines intra-operativen ischämischen Rückenmarkschadens wäh-rend der Abklemmung der Aorta (Cross-Clamping).Nachweislich ist die Inzidenz postoperativer Organ-schäden bei Operationen unter tiefer und profunderHypothermie geringer, verglichen mit milder Hypo-thermie [34]. Die systemische Hypothermie als effekti-ve Methode der Organprotektion ist jedoch in Abhän-gigkeit der Minimaltemperatur mit unerwünschten Ri-siken verbunden: Neben Herzrhythmusstörungen undeiner Verminderung der kardiopulmonalen Funktionwerden häufig erworbene Koagulopathien diskutiert[30]. Die meisten Zentren wenden daher ein Regimeder moderaten Hypothermie von ca. 32 °C an [29]. Eini-ge Studien konnten jedoch zeigen, dass sich die Rate anblutungsassoziierten Komplikationen bei Patientenoperiert unter tiefer Hypothermie im Vergleich zur mil-den Hypothermie nicht signifikant unterscheidet. Viel-

mehr ist ein Zusammenhang mit der unter extrakorpo-raler Zirkulation oftmals notwendigen Vollheparinisie-rung anzunehmen [34]. Für das frühe postoperativeManagement haben hochspezialisierte Zentren Proto-kolle für Patienten nach offenem Aortenersatz untertiefer oder moderater Hypothermie entwickelt. Diesebeinhalten u. a., dass Patienten über mehrere Stundenauf der Intensivstation bei Raumtemperatur nur passivgewärmt werden [29].

Serielles Abklemmen der Aorta

Eine zunehmend angewandte Technik beim offenen Er-satz der thorakoabdominellen Aorta stellt das serielleCross-Clamping dar. Durch sequenzielles Umsetzender Aortenklemme von proximal nach kaudal wird einefrühzeitige Freigabe der direkten Blutversorgung durch(reimplantierte) Segmentarterien erreicht und so dasRisiko des intraoperativen Rückenmarkschadens redu-ziert [35].

Distale Aorten- und selektive Organperfusion

MerkeVielleicht den wichtigsten Aspekt für die intraopera-tive Rückenmarkprotektion stellt die distale Perfu-sion mittels extrakorporaler Zirkulation (mit oderohne Oxygenator) dar.

Obwohl keine randomisierten Studien die Effektivitätder distalen Perfusion hinsichtlich des neurologischenOutcome untersucht haben, geht diese mit dem Kon-zept des Kollateralnetzwerks Hand in Hand. Denn diekontinuierliche distale Perfusion in das Kollateralnetz-werk wird intraoperativ gewährleistet. Daten dercnNIRS korrelieren signifikant mit dem Einsatz distalerPerfusion [16]. Wir sehen distale Perfusion daher alsessenziell für den komplexen, langstreckigen Ersatzder thorakoabdominellen Aorta [3].

Reimplantation aortaler Segmentarterien

Die Rolle der Reimplantation von aortalen Segment-arterien ist trotz langjähriger Forschung und klinischerErfahrung noch nicht ausreichend verstanden.

Aktuelle Studien und Metaanalysen zeigen keine we-sentlichen Vorteile der Reimplantation in Bezug aufdas neurologische Outcome [6]. Vielmehr hatte die An-wendung konventioneller, auf den neuen Erkenntnissender Rückenmarkperfusion beruhender Konzepte einengrößeren Einfluss auf ein positives neurologisches Er-gebnis [6]. Es konnte also kein eindeutiger Vorteil derselektiven Reimplantation der Segmentarterien nach-gewiesen werden. Trotzdem ist sie nach wie vor Gegen-stand von Diskussionen unter Experten und gehört invielen Aortenzentren zur Standardtherapie.

PRAXIS/MAßNAHMEN

Empfehlungen für die konventionelle Rücken-markprotektion [32]:▪ hochnormaler, individueller Blutdruck (mittle-

rer Blutdruck oberhalb des individuellen Aus-gangswerts, systolischer Blutdruck zumindestüber 140mmHg)

▪ lumbale Liquordrainage (intrakranieller Druckunter 7 mmHg; Drainage maximal 15ml/h)

▪ Hämoglobinkonzentration über 10g/dl undThrombozytenzahl über 100 000 /μl

▪ Sauerstoffsättigung über 95%▪ keine Gabe von Nitraten oder α-Blockern▪ cave bei Volumentherapie (Vasopressoren

bevorzugen)

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Ein möglicher Vorteil der Reimplantation ist die früheWiederherstellung einer direkten Perfusion des Rü-ckenmarks über die Segmentarterien (vgl. die sequen-zielle Aortenklemmung). Es zeigen sich jedoch unsi-chere Offenheitsraten im Verlauf [36]. Vorteile einerraschen Okklusion der Segmentarterien:▪ Ausbleiben von Rückblutungen (sog. Steal aus dem

Kollateralnetzwerk), dadurch▪ allgemein übersichtlicheres Operationsfeld bei

kürzerer Cross-Clamp-Zeit

Diese Vorteile fallen weg bei einem bereits präopera-tiven iatrogenen Verschluss (MISACE [Minimally invasi-ve segmental Artery Coil and Plug Embolization]; s. un-ten). Basierend auf Erkenntnissen des modernen Kon-zepts der Rückenmarkperfusion ist die Strategie derReimplantation der Segmentarterien aktuell jedoch imMittelpunkt der Expertendiskussion [4, 6]. Ein Paradig-menwechsel scheint deshalb wahrscheinlich.

Rückenmarkprotektion beiendovaskulärer TherapieEinige spezialisierte Zentren haben optimierte Proto-kolle entwickelt und implementiert, um dem erhöhtenRisiko einer spinalen Ischämie durch die endovaskuläreTherapie (TEVAR) ausgedehnter thorakoabdominellerAortenerkrankungen (Crawford-Typ II) entgegenzuwir-ken.

Etablierte Methoden

Analog zu den etablierten Methoden des offen-chirur-gischen Aortenersatzes (s. oben) wird auch für TEVARein hochnormaler Blutdruck angestrebt. Zusätzlichkonnte gezeigt werden, dass die Strategie eines früh-zeitigen Entfernens der femoralen Schleuse aus der Be-ckenachse einen positiven Effekt auf das neurologischeOutcome hat [14]. Diese Maßnahme ist mit Perfusions-freigabe über die Aa. iliacae in das rückenmarkversor-gende paraspinale Kollateralnetzwerk verbunden (vgl.distale Perfusion). Die gestufte Therapie (Staged Re-

pair) scheint eine entscheidende Bedeutung hinsicht-lich des neurologischen Outcome zu haben. Diese wur-de bereits 2009 von Etz und Mitarb. vorgeschlagen undist mittlerweile auch in der endovaskulären Therapie imBegriff, etabliert zu werden. Ein aggressives Manage-ment hinsichtlich Erythrozyten- und Thrombozyten-transfusion und die kontinuierliche Liquordrainage hat-ten ebenfalls einen positiven Effekt auf das postopera-tive neurologische Outcome [14]. Die prophylaktischeAnlage einer Liquordrainage wird in der Regel jedocherst dann empfohlen, wenn der Stentgraft die Aortaauf einer Strecke von mehr als 12 cm bedeckt [21].

Generell werden auch für die endovaskuläre Therapiedie gleichen Prinzipien wie bei der konventionellen Rü-ckenmarkprotektion angewendet und kombiniert, umdas Risiko der peri- und postoperativen Rückenmarki-schämie möglichst gering zu halten.

Vorübergehende Aneurysmaperfusion

Ein relativ neues und noch selten verwendetes Verfah-ren zur möglichen Prophylaxe eines ischämischen Rü-ckenmarkschadens bei TEVAR stellt die vorübergehen-de Aneurysmaperfusion über dedizierte Abgänge derStent-Prothese dar. Dieses Verfahren wird als „TASP“bezeichnet (Temporary Aneurysm Sac Perfusion). DieAbgänge der Stent-Prothese können dann im Intervallendovaskulär wieder verschlossen werden. Die Perfusi-onsabgänge versorgen so einen Teil des Aneurysmas,bevor sie in einer 2. Sitzung (bis zu 4 Wochen später)verschlossen werden. Damit ist das Aneurysma kom-plett ausgeschaltet. Das ahmt praktisch einen StagedRepair nach.

Erste klinische Serien von TASP waren vielversprechendund zeigten eine signifikante Senkung der Rate vonpostoperativen neurologischen Komplikationen [37].Aufgrund der anhaltenden Perfusion des Aneurysmasbis zur vollständigen Ausschaltung kann es jedoch in26% der Fälle zur Progression des Aneurysmas kommen[37]. Ein gefürchtetes Risiko des Verfahrens ist die Em-bolisation distaler rückenmarkversorgender Arteriendurch Translokation von Thromben und anderen Abla-gerungen aus dem Aneurysmalumen. Zudem bleibtdas Risiko einer spontanen Komplikation im Intervallbestehen. Klarer Nachteil dieser Methode ist damit dieunvollendete Therapie des Aneurysmas, solange derAneurysmasack unter Druck steht.

Minimalinvasive Präkonditionierungdes KollateralnetzwerksTrotz aller Bemühungen zur Reduktion des interven-tionsbedingten ischämischen Rückenmarkschadenshandelt es sich bei den konventionellen Strategien le-diglich um unterstützende, adjunktive Maßnahmen

PRAXIS/MAßNAHMEN

Die gestufte Therapie (Staged Repair) hat eineentscheidende Rolle in der modernen Rücken-markprotektion bei endovaskulären Eingriffen ander Aorta thorakoabdominalis. Es ist sinnvoll, zurRückenmarkprotektion bei endovaskulärer The-rapie kleinkalibrige Schleusen zu verwenden unddie Perfusion über die A. subclavia sinistra unddie A. mesenterica inferior zu erhalten, um denZustrom zum Kollateralnetzwerk aufrechtzuer-halten.

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und nicht um definitive, kausale Präventionskonzepte.Als neues Therapiekonzept mit kausalem Ansatz zurRückenmarkprotektion wurde kürzlich die minimalin-vasive endovaskuläre Präkonditionierung von Etz undMitarb. eingeführt.

Das mehrzeitig gestufte Vorgehen (sog. Staged Repair)bildet dafür die klinische Grundlage. Es ermöglicht einepräoperative Konditionierung des paraspinalen Kollate-ralnetzwerks durch „Minimalinvasive SegmentarterienCoil- und Plug Embolization“ (MISACE) als Vorbereitungzum elektiven Ersatz der thorakoabdominellen Aortabzw. vor TEVAR (▶Abb. 4) [38]. Die Konzeption derminimalinvasiven Präkonditionierung und ihre erste An-wendung amMenschen erfolgten 2013 durch Etz u. Köl-bel [38]. MISACEwird in der Regel als Mehrfachinterven-tion durchgeführt, um dem Kollateralnetzwerk zwi-schen den MISACE-Sitzungen ausreichend Zeit für dieentsprechenden Umbauprozesse zu geben [38]. Dasdazu notwendige Zeitintervall ist jedoch bislang nichtklar definiert. Bei ausgedehnten Aortenaneurysmensind einige Segmentarterien bereits pathologisch ver-schlossen (z. B. bei chronischen Typ-B-Dissektionen).Deshalb ist in manchen Fällen nur eine einzige MISACE-Prozedur notwendig.

Präprozedurale Diagnostik

Die Diagnostik vor MISACE entspricht weitestgehendder für den elektiven Ersatz der thorakoabdominellenAorta oder TEVAR. Einige prozedurspezifische Beson-derheiten sollten jedoch beachtet werden.

MerkeInsbesondere die adäquate Darstellung der anato-mischen Gegebenheiten mittels Kontrastmittel undDünnschicht-CT (Dünnschichtcomputertomografie;1mm Schichtdicke oder dünner) ist vor MISACE es-senziell.

Eine sagittale Darstellung der paarigen Segmentar-terien in Bezug auf die Nierenarterien und andere grö-ßere Abdominalgefäße erleichtert die Orientierungwährend der folgenden Prozedur (▶Abb. 5). Insbeson-dere bei Aneurysmen auf dem Boden chronischer Typ-B-Dissektion ist eine präinterventionelle Darstellungder Segmentarterien mit Bezug auf das wahre und fal-sche Lumen wichtig. So kann entsprechend die jeweils

korrekte Seite zur Femoralispunktion gewählt werden.Bei Vorliegen aktueller und qualitativ hochwertiger CT-Bilder kann auf eine intraprozedurale angiografischeÜbersichtsaufnahme unter Umständen verzichtet wer-den.

Absolute und relative Kontraindikationen

Aufgrund der Neuartigkeit der Methode basieren Emp-fehlungen hinsichtlich Kontraindikationen weitestge-hend auf Erfahrungswerten und Einschätzungen vonExperten:▪ absolute Kontraindikationen:

– Symptomatik (neue progrediente Rücken-schmerzen, Durchblutungsstörung, thromb-embolische Komplikationen)

– Aneurysmawachstum von über 1,5 cm/Jahr beibereits kritischem Aortendiameter (über 8 cm)

– mykotische Aortenaneurysmen (auch derVerdacht)

– frische Thrombenformation im Bereich Th12– L5(sog. Shaggy Aorta; ▶Abb. 6 )

▪ relative Kontraindikationen:– ausgeprägtes Kinking der Aorta (einschließlich

der Beckengefäße) und/oder schwere Verkal-kungen

– Vorhandensein von nur wenigen, kaliber-schwachen, weniger als 4 oder keinen patentenSegmentarterien

▶Abb. 4 MISACE. Angiografie einer MISACE-Prozedur mit Kontrast-darstellung einer offenen Segmentarterie und mehrerer Coils in ins-gesamt 3 weiteren Segmentarterien.

PRAXIS/MAßNAHMEN

Pro MISACE-Sitzung werden maximal 6–7 Seg-mentarterien verschlossen. Während der Proze-dur regelmäßige klinische Abfrage bezüglichSchmerzen und/ oder anderer neurologischerSymptome.

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▶Abb. 5 Präoperative CT zur Darstellung der Segmentarterien mit Kontrastmittelangiografie. a Querschnitt auf Segmentebene L4 undDarstellung der linken Segmentarterie (Pfeil). b Sagittalschnitt mit Wirbelkörpermarkierung.

▶Abb. 6 Teilthrombosiertes thorakoabdominelles Aortenaneurysma mit pathologieassoziiertem Verschluss der Segmentarterien. a Quer-schnitt mit Darstellung des wandständigen Thrombus in der Aorta abdominalis (Pfeil) und pathologieassoziiertem Verschluss der Segment-arterien. b Sagittalschnitt des teilthrombosierten thorakoabdominellen Aortenaneurysmas. Der Pfeil kennzeichnet den Thrombus.

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Ablauf der Prozedur

Nach Ausschluss relevanter Kontraindikationen findetdie erste MISACE-Sitzung statt, die in Rückenlagedurchgeführt wird. Der Zugang erfolgt nach örtlicherBetäubung über eine der beiden Aa. femorales. Meistwird die A. femoralis dextra gewählt. Jedoch ist dies ab-hängig von den anatomischen Gegebenheiten, wie z. B.einem Kinking der Beckenachse oder der Lokalisationdes wahren bzw. falschen Lumens in Bezug auf die linkeoder rechte Beckenarterie. Durch eine 4- oder 5-F-Schleuse wird der Pigtail-Katheter in die Aorta vorge-schoben. In einigen Fällen wird eine Aortenübersichts-aufnahme angefertigt. Dies sollte aber insbesonderebei eingeschränkter Nierenfunktion vermieden wer-den. Die im Team präoperativ avisierten Segmentarte-rien werden selektiv aufgesucht und mittels Kontrast-mittel dargestellt. Die jeweilige Arterie wird mit einemStabilisierungskatheter (Mikrokatheter) intubiert undmit einem entsprechend dimensionierten Coil (oderVascular Plug) verschlossen (▶Abb.7). In der Regelsind mehrere Coils pro Gefäß notwendig. Es wird da-rauf geachtet, die Coils im Anfangsbereich der Seg-mentarterie zu positionieren und nicht nach distal zudislozieren.

Bei Symptomen (z. B. dumpfen tiefen Rücken- oder Ge-säßschmerzen, Tachykardie, Hypotonie oder neurolo-gischen Defiziten) muss der unmittelbare Abbruch der

Prozedur erwogen werden. Insbesondere Schmerzenim tiefen Rücken- oder Gesäßbereich deuten auf einerelative Ischämie hin. Diese ist jedoch erfahrungsge-mäß nur temporär und verschwindet bei adäquatemhochnormalem Blutdruckmanagement innerhalb weni-ger Stunden.

Ein wichtiger Aspekt von MISACE stellt der adäquateVerschluss der zu embolisierenden Gefäße dar. Prinzi-piell – aber insbesondere wenn Coils mit erhöhterThrombogenität verwendet werden – sollten ausrei-chend Coils/ bzw. Vascular Plugs in das Zielgefäß einge-bracht werden, sodass der Fluss distal möglichst zeit-nah unterbunden ist (Kontrolle mittels KM Applikationbei noch liegendem Mikrokatheter), um das Risiko ei-ner distalen Embolisation durch thrombotisches Mate-rial aus dem Okklusionsbereich zu reduzieren.

Es ist hilfreich, während der ersten Sitzung bereits Be-sonderheiten in Hinblick auf eine mögliche 2. Sitzungzu vermerken, z. B. bezüglich nicht patenter bzw.schwer darstellbarer Segmentarterien, einer optimalenKatheter- bzw. Zugangsarterie.

Nach Abschluss der Prozedur wird der Patient für 72hauf einer Monitorstation mit invasiver Blutdruckmes-sung weiter klinisch, hämodynamisch und neurolo-gisch überwacht. Der Blutdruck ist entsprechend derkonventionellen Rückenmarkprotektion für die ersten

▶Abb. 7 CT nach der ersten MISACE-Sitzung. Dargestellt sind die beidseits embolisierten Segmentarterien L4 mittels Coils (Pfeile).a Querschnittaufnahme. b Sagittalaufnahme.

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5 Tage auf einem Niveau über den individuellen Aus-gangswerten zu halten. Auf Vasodilatatoren (insbeson-dere Nitrate) sollte während dieser Zeit ebenfalls ver-zichtet werden.

Im Aorten-Team muss anschließend entschieden wer-den, ob eine Wiederaufnahme zu einer 2.MISACE-Sit-zung oder zur definitiven Operation im Intervall er-folgt. Das empfohlene Intervall liegt derzeit bei 3–4Wochen. Bei Symptomatik während dieser Zeit ist einesofortige Wiederaufnahme und Operationsplanungnotwendig.

Besonderheiten bei endovaskulärer Therapie

MISACE findet nicht nur zur Präkonditionierung desKollateralnetzwerks vor geplanten Eingriffen an derthorakoabdominellen Aorta Anwendung, sondernebenfalls bei Patienten vor geplantem infrarenalem

Aorten-Stent-Eingriff zur Endoleak-Prophylaxe [39].Besonders die Rate an Endoleak-Typ 2 nach Stentgraft-Implantation ist sehr hoch und die Post-Stent-Endole-ak-Therapie ist technisch aufwendig und schwierig. Da-rum stellt die superselektive Coil- und Plug-Okklusionder vom Stent überdeckten Segmentarterien bzw. derA. mesenterica inferior eine mögliche präventive The-rapieoption dar [40].

Studienlage

Erste experimentelle und klinische Studien konnten zei-gen, dass die Präkonditionierung mittels MISACE ein-fach durchführbar ist [38, 41]. MISACE könnte als prä-ventive, minimalinvasive Methode zur Rückenmarkpro-tektion die Inzidenz des postoperativen Rückenmark-schadens drastisch senken. Deshalb konzipierten Etzu. Mitarb. eine prospektive, randomisierte und multi-zentrische Studie. „PAPA_Artis“ (Paraplegia Preventionin aortic Aneurysm Repair by thoracoabdominal Stag-ing with minimally-invasive segmental Artery Coil-Em-bolization [MISACE]) startete im Januar 2017. Sie wirdab 2018 mit der Rekrutierung von Patienten mit thora-koabdominellem Aortenaneurysma an 16 internationalrenommierten und auf Aortenpathologien spezialisier-ten Zentren beginnen. Eine Erweiterung von PAPA_Ar-tis im Rahmen einer Förderung durch die DFG (Deut-sche Forschungsgemeinschaft) an weiteren 12 deut-schen Zentren ist beantragt und soll durch zusätzlichPatienten mit Aneurysmen des Typs Crawford III ein-schließen. Das Studienvorhaben ist auf eine Dauer von5 Jahren ausgelegt. Die Studie beinhaltet sowohl die of-fen-chirurgische als auch die endovaskuläre Therapiedes thorakoabdominellen Aortenaneurysmas. Sie wirdmöglicherweise sogar erstmals einen Vergleich zwi-schen der offenen und der endovaskulären Behandlungermöglichen.

Limitationen und Risiken

Zur weiteren Optimierung der Methode ist es notwen-dig, potenzielle verfahrensassoziierte Risiken und Limi-tationen genauer zu untersuchen.

Die potenziell schwerwiegendste Komplikation stelltdie iatrogene Rückenmarkschädigung dar. Diese kanndurch den Verschluss einer kritischen Anzahl von Seg-mentarterien oder aufgrund direkter Gefäßschädigungausgelöst werden, z. B. durch Dissektion oder Ruptureiner für die Rückenmarkperfusion relevanten Seg-mentarterie. Auch die Translokation thrombotischenMaterials im Rahmen der Kathetermanipulation in deraneurysmatisch erweiterten Aorta – oder durch unzu-reichendes Coiling mit residualem distalen Fluss –kann eine distale Embolisation mit irreversibler ischä-mischer Organschädigung zur Folge haben. Diese ist inumfangreichen Pilotserien bisher jedoch nicht einge-treten.

PRAXIS/MAßNAHMEN

Insbesondere bei der Coil-Embolisation derA. mesenterica inferior (zur Endoleak-Präventionvor TEVAR), ist darauf zu achten, dass keine un-terdimensionierten Coils verwendet werden.Denn es besteht die Gefahr einer distalen Trans-lokation mit konsekutivem Verschluss der A. co-lica sinistra (Riolan-Anastomose). Es empfiehltsich daher die Verwendung einesVascular Plug zur Okklusion.

KERNAUSSAGEN

▪ Sowohl beim chirurgischen Ersatz der thorakoabdominellenAorta als auch bei TEVAR im Rahmen der Aneurysmatherapieist das Risiko der ischämischen Rückenmarkschädigung nachwie vor sehr hoch.

▪ Mithilfe eines adäquaten peri- und postoperativen Manage-ments, basierend auf dem modernen Konzept der Rücken-markperfusion, kann dieses Risiko signifikant gesenkt, jedochbisher nicht eliminiert werden.

▪ Die von Etz und Mitarb. kürzlich eingeführte MISACE ist einkatheterbasiertes Verfahren zur Rückenmarkprotektiondurch präoperative Konditionierung, das in jedem Katheter-labor unproblematisch durchgeführt werden kann.

▪ Sie ist die konsequente Umsetzung des von Etz und Grieppeingeführten Konzepts des Staged Repair.

▪ Sie wird als Präventivtherapie zur Prophylaxe des ischämi-schen Rückenmarkschadens sowohl vor offen-chirurgischerals auch vor endovaskulärer Therapie angewendet.

▪ Durch MISACE soll das Risiko der Rückenmarkischämie nachkomplexen Rekonstruktionen der thorakoabdominellenAorta drastisch reduziert, möglicherweise klinisch sogar eli-miniert werden.

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Eine mögliche Methode zur reversiblen Testung desakuten Effekts der Segmentarterienokklusion stellt dieBallonokklusion der zu verschließenden Zielgefäße dar.Mit dem Ballonkatheter in Position können dann etwai-ge neurologische Symptome evaluiert werden. DieseMethode könnte hilfreiche Informationen über die ma-ximale Anzahl zu verschließender Segmentarterien ge-ben, ohne eine irreversible Rückenmarkschädigungauszulösen [19]. Das Risiko, durch dieses Manöverselbst eine Verletzung der Segmentarterien zu verursa-chen, ist neben der Schwierigkeit der Intubation vonSegmentarterien mittels Ballonkatheter ein Grund da-für, warum das 2-zeitige Vorgehen sinnvoller erscheint.

MerkeEin zentrales und aufgrund der gegenwärtigenDatenlage noch nicht lösbares Problem der Präkon-ditionierung besteht im optimalen Timing zwischenden einzelnen MISACE-Sitzungen und der definitivenTherapie.

Die Vorteile der Rückenmarkprotektion durch MISACEmüssen gegen das Risiko einer akut-letalen Aneurys-maruptur (oder -dissektion) im Intervall abgewogenwerden. Eine mögliche Handlungsweise ist, MISACEwährend der Beobachtungsphase von Patienten mitpräkritischem Aortendiameter durchzuführen. So lässtsich das Risiko einer spontanen Komplikation im Inter-vall minimieren.

Interessenkonflikt

Die Autoren geben an, dass keine Interessenkonflik-te bestehen.

Über die Autoren

Konstantin von Aspern

Dr. med.; 2004–2010 Studium der Hu-manmedizin an der Universität Leipzigund der Universität Bergen, Norwegen.Seit 2011 in Facharztausbildung für Herz-chirurgie am Herzzentrum UniversitätLeipzig. Forschungsgruppenleiter der Hei-

senberg Projektgruppe „Rückenmarkprotektion“ am Sächsi-schen Inkubator für Klinische Translation (SIKT) der Universi-tät Leipzig. Schwerpunkte: Rückenmarkprotektion und nich-tinvasives Monitoring in der Aortenchirurgie

Christian D. Etz

Prof. Dr. med.; 1994–2001 Studium derHumanmedizin an der Universität Leipzigund der Universität Münster. Ab 2001Facharztausbildung für Herzchirurgie amUniversitätskrankenhaus Münster. Zwi-schen 2005–2008 Leiter des Forschungs-

labors im Mount Sinai Medical Center, New York. Ab 2008 As-sistant Research Professor, Mount Sinai Medical Center, NewYork. Seit 2010 am Herzzentrum Universität Leipzig. Habilita-

tion 2012 und seither klinischer Oberarzt – Bereich Aorten-chirurgie. 2016 Heisenberg Professor für Aortenchirurgie(DFG). Direktor des Sächsischen Inkubators für KlinischeTranslation (SIKT) der Universität Leipzig. Schwerpunkte:neue Strategien in der Aortenchirurgie, präventive Rücken-markprotektion; Themenkomplex bikuspide Aortenklappe;translationale Herz- und Kreislaufforschung

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Christian D. EtzHerzzentrum Universität LeipzigAbteilung für Herz- und ThoraxchirurgieStruempellstr. 3904289 LeipzigE-Mail: [email protected]

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Bibliografie

DOI http://dx.doi.org/10.1055/s-0043-102158Gefäßmedizin Scan 2017; 04: 41–56© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New YorkISSN 2197-5922

CME-Fortbildung

54 von Aspern Konstantin et al. Prophylaxe der Rückenmarkischämie… Gefäßmedizin Scan 2017; 04: 41–56

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VNR 2760512017152370666

Frage 1

Bei welchen Patienten steigt das Komplikationsrisiko beithorakoabdominellen Aortenaneurysmen exponentiell?

A bei Patienten über 70 JahrenB bei Patienten mit einem maximalen Aortendurchmesser

von über 6 cmC bei Patienten mit einem mittleren arteriellen Druck über

100mmHgD bei Patienten mit Diabetes mellitus als NebendiagnoseE bei Patienten mit vielen patenten Segmentarterien

Frage 2

Welche der folgenden Aussagen gilt für das therapieassoziierteRisiko der Rückenmarkischämie bei thorakoabdominellenAortenaneurysmen (Crawford-Typ II)?

A Es beträgt bis zu 7% nach offen-chirurgischemAortenersatz.

B Es beträgt unter 3% für die endovaskuläre Stentgraft-Implantation.

C Es ist für die chirurgische Therapie deutlich höher als für dieendovaskuläre.

D Es hängt nicht vom postoperativen Management ab undkann durch Senkung des arteriellen Blutdrucks verringertwerden.

E Es beträgt auch heutzutage noch bis zu 18% und ist fürchirurgische und endovaskuläre Therapien vergleichbar.

Frage 3

Welche der folgenden Maßnahmen ist nicht im peri- undpostoperativen Management zur Rückenmarkprotektionenthalten?

A hochnormales BlutdruckmanagementB zerebrospinale LiquordrainageC HyperthermieD adäquate VolumensubstitutionE Vermeidung der intravenösen Gabe von Nitraten und

α-Blockern

Frage 4

Von welcher Voraussetzung geht das neue Konzept derRückenmarkperfusion aus?

A Eine einzige Arterie (A. Adamkiewicz) stellt die kompletteRückenmarkperfusion sicher.

B Es existiert ein umfangreiches paraspinales Kollateralnetz-werk, das die Rückenmarkperfusion auch segmentüber-greifend sicherstellen kann.

C Das paraspinale Kollateralnetzwerk kann sich nicht aufÄnderungen im Blutfluss einstellen.

D Der Zufluss zum Kollateralnetzwerk erfolgt allein aus denaortalen Segmentarterien.

E Der Verschluss aller Segmentarterien in einem Schritt istmit dem geringsten Risiko einer spinalen Ischämieassoziiert.

Frage 5

Welches Konzept konnte die Rate an Paraplegien nachausgedehnten Operationen an der thorakoabdominellenAorta drastisch senken?

A Reimplantation der SegmentarterienB Operation bei normaler KörpertemperaturC mehrzeitiges Vorgehen (Staged Repair)D lokale, kontinuierliche Applikation normothermer isotoner

KochsalzlösungE Gabe von Kortikosteroiden zur Inflammationshemmung

Frage 6

Welche der folgenden Methoden gehört nicht zu denjenigen,die zur intraoperativen neurologischen Überwachungangewendet werden?

A Messung von MEP (motorisch evozierten Potenzialen)B cnNIRS (Nahinfrarotspektroskopie des Kollateralnetzwerks)C invasive Laser-Doppler-Flussmessung des RückenmarksD regelmäßige klinische Untersuchung und Befragung des

Patienten (auch bei Interventionen in Lokalanästhesie)E Messung von SSEP (somatosensibel evozierten Potenzialen)

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Fortsetzung ...

Frage 7

Welche der folgenden Vorgaben zählt nicht zu denEmpfehlungen der Rückenmarkprotektion nach COPS-Schemabei neurologischem Defizit?

A Hämoglobingehalt über 10g/dlB Blutdruck systolisch über 130mmHg und hochnormaler

MitteldruckC Gabe von Nitraten zur Verbesserung der DurchblutungD Liquordrainage auf einen intrakraniellen Druck unter

7mmHgE arterielle Sauerstoffsättigung über 97%

Frage 8

Welche der folgenden Maßnahmen gehört zu den intra-operativen Techniken der Rückenmarkprotektion bei TEVAR(Thoracic endovascular aortic Repair)?

A frühzeitige Freigabe der Beckenachse durch Zurückziehender Schleusen

B lokale, intraaortale Infusion vasodilatatorischer SubstanzenC selektiver Verschluss von Segmentarterien und/oder der

A. mesenterica inferiorD aktives Wärmen des Patienten auf mindestens

37 °C KörpertemperaturE Einsatz großkalibriger Schleusen

Frage 9

Welche der folgenden Aussagen trifft zu?

A Die TASP (temporäre Aneurysmaperfusion) ist eineMethode zur Rückenmarkprotektion beim offen-chirurgischen Aortenersatz.

B Bei Stentgrafts in der Aorta mit einer Länge von 10cm wirddie Anlage eines lumbalen Liquordrainagekatheters zurRückenmarkprotektion empfohlen.

C Blutungskomplikationen mit neurologischer Symptomatikdurch Anlage eines lumbalen Liquordrainagekatheters sindhäufig (in mehr als 20% der Fälle).

D Ein positiver Effekt der medikamentösen Therapien zurRückenmarkprotektion wurde in klinischen Studiennachgewiesen.

E Vor Anlage eines lumbalen Katheters zur Liquordrainagesollten die Gerinnungsparameter ausgeglichen undHeparin pausiert sein.

Frage 10

Welche der folgenden Aussagen über die MISACE (minimal-invasive Segmentarterien-Coil-/Plug-Embolisation) ist richtig?

A Grundlage der Methode ist eine Präkonditionierung desintraspinalen Gefäßsystems des Rückenmarks.

B Die Methode basiert auf dem Konzept des Staged Repairzur Rückenmarkprotektion.

C MISACE wird aktuell vor allem bei symptomatischenPatienten mit dringlicher Operationsindikationangewendet.

D MISACE erhöht das Risiko von Endoleaks (Typ 2) nachTEVAR.

E Eine Translokation unterdimensionierter Coils in dendistalen Abschnitt von Segmentarterien und A. mesenteri-ca inferior ist unkritisch.

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