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Protokoll des Einwohnerrates Amtsperiode 2010/13 10. S i t z u n g vom Donnerstag, 23. Juni 2011, 19.30 Uhr, in der Aula des Bezirks- schulhauses Vorsitz: Michael Häusermann, Einwohnerratspräsident Protokoll: Stefan Wiedemeier, Vizestadtschreiber Anwesend: 37 Mitglieder des Einwohnerrates 5 Mitglieder des Stadtrates lic. iur. Christoph Hofstetter, Stadtschreiber Beat Lüscher, Finanzverwalter Entschuldigt: Sven Ammann Manuel Silva Matthias Zurfluh Boucabeille

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Protokoll des Einwohnerrates

Amtsperiode 2010/13

10. S i t z u n g vom Donnerstag, 23. Juni 2011, 19.30 Uhr, in der Aula des Bezirks-schulhauses Vorsitz:

Michael Häusermann, Einwohnerratspräsident Protokoll:

Stefan Wiedemeier, Vizestadtschreiber Anwesend:

37 Mitglieder des Einwohnerrates 5 Mitglieder des Stadtrates lic. iur. Christoph Hofstetter, Stadtschreiber Beat Lüscher, Finanzverwalter Entschuldigt:

Sven Ammann Manuel Silva Matthias Zurfluh Boucabeille

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T r a k t a n d e n :

1. Mitteilungen

2. Ersatzwahl eines Mitglieds der Geschäftsprüfungs- und Finanzkommission (GPFK) für den zurücktretenden Jacques Isler (FDP)

3. Gesuche um Zusicherung des Gemeindebürgerrechts:

a) Shqipe Krasniqi geb. Fazlija, zusammen mit ihrem Ehemann Hasan Krasniqi, und den Kindern Sulltan, und Shqipdon

b) Dragana Vasic

c) Mariangela Bonelli

d) Haxhi Tafolli

4. Rechenschaftsbericht und Rechnungen der Einwohnergemeinde für das Jahr 2010

5. Weiterführung der Schulsozialarbeit; Bewilligung der Erhöhung der Stellen-prozente (160 %) und der jährlich wiederkehrenden Ausgaben sowie der einmaligen Infrastrukturaufwendungen

6. Schulanlage Angelrain; Projektierung der Gesamtsanierung des Bezirks-schulhauses mit einer Erweiterung auf der Westseite; Verpflichtungskredit

7. Sanierung Wilstrasse (Abschnitt Wald); Verpflichtungskredit

8. Anfrage der SVP-Fraktion zu den Auswirkungen Revision der Arbeitslosen-versicherung; Beantwortung durch den Stadtrat

9. Umfrage

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V e r h a n d l u n g e n :

Michael Häusermann, Einwohnerratspräsident: Sehr geschätzter Herr Stadt-ammann, geschätzte Damen und Herren des Stadtrates, wertes Ratsbüro, liebe Kolleginnen und Kollegen des Einwohnerrates, sehr verehrte Damen und Her-ren, ich begrüsse Sie recht herzlich zur 10. Sitzung des Einwohnerrates und erkläre diese als eröffnet.

Als Auskunftspersonen begrüsse ich Christoph Hofstetter, Stadtschreiber, und Beat Lüscher, Leiter Finanzverwaltung. Dem Ratsweibel, Marcel Wattinger, ebenfalls ein herzliches guten Abend und besten Dank für die technische und administrative Unterstützung. Als Medienvertreter begrüsse ich Frau Ruth Stei-ner (Lenzburger Bezirks-Anzeiger) sowie Frau Barbara Vogt und Herrn Fritz Thut (Aargauer Zeitung). Ich danke den Journalisten für ihre sachliche Bericht-erstattung. Selbstverständlich heisse ich die Damen und Herren auf der Zu-schauertribüne ebenfalls recht herzlich willkommen - schön wenn man nicht vor leeren Rängen tagen muss. Dass die Vertretung der Schulpflege zahlreich und auch der Leiter der Sozialen Dienste anwesend ist, ergibt sich natürlich anhand der Traktandenliste.

Ich stelle fest, dass der Rat verhandlungsfähig ist.

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Mitteilungen

1. Protokoll

Das Protokoll der letzten Einwohnerratssitzung konnte noch nicht fertiggestellt werden.

2. Rechtskraft von Beschlüssen

Die dem fakultativen Referendum unterliegenden Beschlüsse der Einwohner-ratssitzung vom 26. Mai 2011 sind noch nicht rechtskräftig, da die Referen-dumsfrist erst am 4. Juli 2011 abläuft.

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3. Neueingänge

Das von der SVP und Mitunterzeichnenden eingereichte Postulat wird Ihnen heute Abend noch ausgeteilt.

Postulat betreffend Neubauprojekt AZOM

1. Vorbemerkung

Laut dem Schweizerischen Gesundheitsobservatorium gibt es in der Schweiz derzeit rund 125'000 pflegebedürftige Personen im Alter von über 65 Jahren. Gut die Hälfte davon ist stationär in einem Heim, der Rest zu Hause. Bis ins Jahr 2030 dürfte die Anzahl der Pflegebedürftigen auf über 180'000 anwach-sen. Parallel dazu steigen die Kosten für die Langzeitpflege im selben Zeitraum von heute rund sieben auf jährlich gegen fünfzehn Milliarden Franken an. Darin eingerechnet sind nur die Aufwendungen von Heimen und Spitex–Diensten, nicht aber die Leistungen der pflegenden Angehörigen.

Der Schweiz steht angesichts dieser Entwicklung eine grosse gesellschaftliche Herausforderung bevor.

2. Ausgangslage

Der Vorstand des Vereins für Alterswohnheime Lenzburg hat sich dieser Herausforderung in verdienstvoller Weise gestellt und in Zusammenarbeit mit Fachleuten nach Lösungen gesucht. Als Ergebnis dieser Abklärungen präsen-tiert der Vereinsvorstand nun ein Neubauprojekt, dem bestehende Bauten, bei-spielsweise das Mehrfamilienhaus Nr. 12 mit preisgünstigen Alterswohnungen, weichen müssen. Dass das Konzept – Provisorium, Abriss, Neubau – erhebli-che Kosten verursacht, ist wohl unbestritten. Ebenso unstrittig ist meiner Mei-nung nach die Forderung, dass die Kosten pro neu erstellter Zimmereinheit im Vergleich mit den umliegenden Institutionen „marktkonform“ sein müssen.

3. Fragen

In diesem Zusammenhang richten wir an den Stadtrat Lenzburg folgende Fragen:

1. Wie hoch sind die Kosten für das Provisorium?

2. Was kostet der Neubau?

3. Wie wird das Gesamtprojekt finanziert und in welchem Ausmass beteili-gen sich die Nachbargemeinden daran?

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4. Wie hoch sind die Kosten für die Erstellung und den Betrieb einer Ersatz-heizzentrale für die Liegenschaften an der Wylgasse 28, 30, Mühleweg 14, 16, 18 und am Scheunenweg 1 und 7?

5. Wie teuer kommt eine Zimmereinheit des Neubaus unter Einbezug der Abbruchkosten zu stehen?

6. Mit welchen allfälligen Mehrkosten für den Betrieb des Provisoriums (Pflege, Wasseraufbereitung, Heizung, Unterhalt) ist im Vergleich zur jetzigen Situation zu rechnen?

Lenzburg, 23. Juni 2011

Unterzeichnende: Jasmin Alvarez Arriaga, Rudolf Baumann, Martin Bolliger, Urs Egloff, Nadia Flury, Lea Grossmann, Jürg Haller, Michael Häusermann, Jacques Isler, Brigitte Kieser, Roland Kromer, Hans Peter Moser, Meinrad Müller, Basil Rüttimann, Andrea Schwager, Sabine Sutter, Marianne Tribaldos, Brigitte Vogel, Helene Wüst sowie Edith Zeller

4. Entschuldigungen

Für die heutige Sitzung haben sich folgende Einwohnerratsmitglieder entschul-digt:

Manuel Silva (SVP) absolviert einen Führungskurs in Bülach.

Sven Ammann (FDP): Sein Flugzeug landet mit Verspätung.

Matthias Zurfluh (GLP) weilt geschäftlich im Ausland.

5. Verabschiedung

Mit einem vorbildlich verfassten Schreiben vom 28. Februar 2011 hat mir Jacques Isler mitgeteilt, dass er nach der Einwohnerratssitzung vom 23. Juni 2011 als Einwohnerrat und Mitglied von der GPFK zurücktreten möchte. Jacques Isler gehört der FDP-Fraktion an. Er ist am 23. September 2004 als Nachfolger von Elisabeth Schaffner-Hänny dem Rat beigetreten.

Heute nimmt Jacques Isler letztmals als Einwohnerrat an unserer Sitzung teil. Seit 1. Januar 2006 ist er auch Mitglied der Geschäftsprüfungs- und Finanz-kommission. Seine politische Laufbahn reicht aber noch weiter zurück, wurde Jacques Isler doch bereits am 1. April 1990 von den Lenzburger Stimmberech-tigten in die Schulpflege gewählt. Als Vertreter der Schulbehörde gehörte er ebenfalls der Ferienhauskommission an. Es liegt deshalb auf der Hand, dass Jacques Isler insbesondere auch seine Kenntnisse über das Schulwesen so-wohl in der GPFK als auch im Einwohnerrat einbringen und mit fundierten Voten überzeugen konnte. Jacques Isler ist sicher nicht der Mann der lauten Worte gewesen. Ich habe ihn als stillen, aber sehr seriösen Schaffer erlebt. Das ist sicherlich eine Eigenschaft, die die Zusammenarbeit auf eine angenehme Art

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und Weise fördert. Jacques Isler hat mich gebeten, ihn nicht allzu hoch und allzu lang zu loben, und deshalb höre ich jetzt auch auf. Ich danke Jacques Isler ganz herzlich im Namen des Einwohnerrates und der Bürgerinnen und Bürger von Lenzburg für die von ihm geleistete umfangreiche politische Arbeit. Herzli-chen Dank Jacques Isler.

Seinen Nachfolger in der GPFK werden wir heute Abend ernennen. Als neues Mitglied des Einwohnerrates dürfen wir an unserer nächsten Sitzung Andreas Schmid in Pflicht nehmen.

Wir haben einen weiteren Rücktritt, jedoch betrifft dieser nur die GPFK. Mit Schreiben vom 19. Juni 2011 hat uns Brigitte Kieser ihren Rücktritt aus der GPFK per Ende September 2011 mitgeteilt. Aus beruflichen und privaten Grün-den ist sie zu diesem Entscheid gekommen. Brigitte Kieser gehörte der GPFK seit Januar 2010 an. Ich danke auch Brigitte Kieser für ihren Einsatz. Ich wün-sche ihr bei ihrer weiteren politischen Arbeit, die hier fortgesetzt wird, viel Freude und Genugtuung.

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Ersatzwahl eines Mitglieds der Geschäftsprüfungs- und Finanzkommis-sion (GPFK) für den Rest der Amtsperiode 2010/13

Michael Häusermann, Ratspräsident: Mit dem Rücktritt von Jacques Isler aus dem Einwohnerrat ist auch sein Sitz in der GPFK vakant. Die FDP-Fraktion schlägt Tobias Ammann als neues Mitglied zur Wahl vor. Weitere Vorschläge sind mir bis heute Abend keine gemeldet worden. Wählbar sind jedoch alle Einwohnerräte, die noch nicht der GPFK angehören. Kurz als Erinnerung: Die Zusammensetzung der GPFK ist momentan wie folgt: Sie hat 9 Mitglieder, da-von sind aktuell 2 Mitglieder von der SVP, 2 von der FDP und 2 von der SP. Je ein Sitz halten die CVP, EVP und die Grüne Fraktion.

Die vom Ratspräsidenten eröffnete Diskussion wird nicht benützt.

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Abstimmung

Als Mitglied der Geschäftsprüfungs- und Finanzkommission des Einwohner-rates Lenzburg (GPFK) für den Rest der Amtsperiode 2010/13 für den zurück-getretenen Jacques Isler (FDP) wird bei 37 eingelegten und 36 gültigen Wahl-zetteln sowie bei einem absoluten Mehr von 19 mit 34 Stimmen gewählt:

• Tobias Ammann, PR-Fachmann, FDP (Applaus)

Ratspräsident Michael Häusermann: Lieber Tobias, ich gratuliere dir ganz herz-lich zur Wahl und danke dir für deine Bereitschaft, in diesem Gremium mitzu-wirken. Ich wünsche dir alles Gute und vor allem genügend Zeit, um das Amt auch ausüben zu können. Ich hoffe, du bist auch in der Lage und willens, dem Gemeinderat und der Verwaltung kritische Fragen zu stellen und Abläufe und Machenschaften zu hinterfragen (Heiterkeit) und auch dann nicht locker zu las-sen, wenn Antworten unbefriedigend ausfallen.

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Gesuche um Zusicherung des Gemeindebürgerrechts:

a) Shqipe Krasniqi geb. Fazlija, zusammen mit ihrem Ehemann Hasan Krasniqi, und den Kindern Sulltan und Shqipdon

b) Dragana Vasic

c) Mariangela Bonelli

d) Haxhi Tafolli

Der Ratspräsident erläutert einleitend das Vorgehen.

Sprecher der GPFK ist Marcel Spörri (EVP): Heute haben wir eine Familie und drei Einzelpersonen, total sieben Mitmenschen, die um die Zusicherung des Gemeindebürgerrechts ersuchen. Die jüngste Person ist 11-jährig, die älteste Person 39-jährig, also junge Mitmenschen. Sie stammen aus dem Balkan oder Italien. Wer ist die Exekutive in unserer Stadt? Das wissen hoffentlich alle hier im Saal, die sitzt nämlich hier vor uns. Wer ist die Judikative auf Gemeinde-ebene? Da dürften schon einige ins Nachdenken kommen. Mit solchen Fragen wurden die Bewerber von der Einbürgerungskommission konfrontiert. Sie konnten sie beantworten. Je nach Schulbildung werden auch komplexere Fra-gestellungen gewählt. Bei allen Bewerbern konnte man aber ganz sicher fest-

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stellen, dass der Wille zur Integration spürbar ist. Sie haben fleissig gelernt, sie haben Einbürgerungskurse besucht und der Wille, sich wirklich hier zu integrie-ren, ist absolut vorhanden. Bei der Prüfung durch die Einbürgerungskommis-sion - dies war übrigens meine erste Sitzung als Mitglied dieser Kommission - haben alle Bewerber durchwegs einen positiven Eindruck hinterlassen und alle Bedingungen erfüllt. Somit spricht nichts gegen eine Einbürgerung dieser Mit-menschen. Die GPFK empfiehlt dem Rat darum einstimmig, den Gesuchstellern das Gemeindebürgerrecht zuzusichern.

Der Vorsitzende eröffnet die Diskussion, die nicht benützt wird.

Abstimmung

Einstimmig beschliesst der Einwohnerrat, über die Einbürgerungsgesuche ge-heim abzustimmen.

Gestützt auf den Bericht und Antrag des Gemeinderates wird in geheimer Abstimmung sämtlichen Bewerberinnen und Bewerbern das Gemeindebürgerrecht von Lenzburg zugesichert. (Aus Datenschutzgründen muss dieser Beschluss im Internet in gekürzter Fassung publiziert werden.)

Diese Beschlüsse unterliegen nicht dem fakultativen Referendum.

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Der Vorsitzende: Sehr geehrte Familie Krasniqi, sehr geehrte Frau Vasic, sehr geehrte Frau Bonelli, sehr geehrter Herr Tafolli, ich gratuliere Ihnen allen für die erreichten Resultate. Das Erlangen einer zweiten, oder je nachdem, einer neuen Staatsbürgerschaft ist auf der einen Seite, zumindest hier in der Schweiz, zeitlich ein lang andauernder Verwaltungsakt mit diversen Stufen. Auf der anderen Seite gilt es aber zu akzeptieren, dass die einheimische Bevölkerung der Schweiz, die seit Generationen hier lebt und arbeitet, Kultur und Gepflogenheiten pflegt, erwartet, dass demokratisch gewählte Instanzen genau hinschauen, wer dazukommen kann und wer nicht. Wenn jemand heiratet - davon gehe ich zumindest aus - prüft er auch vor der Hochzeit und macht sich Gedanken, ob man zueinander passt oder eben nicht, getreu dem Motto: "Drum prüfe, wer sich ewig bindet!" Sie alle haben vor wenigen Minuten eine weitere Prüfung bestanden, nochmals Gratulation dazu. Ich wünsche Ihnen bis zur endgültigen Erlangung des schweizerischen Staatsbürgerrechts die nötige Geduld und für Ihren weiteren Lebensweg alles Gute. Helfen Sie in Zukunft mit, unserem Land Sorge zu tragen. Besten Dank. (Applaus)

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Rechenschaftsbericht und Rechnungen der Einwohnergemeinde für das Jahr 2010

Einleitend erklärt Ratspräsident Michael Häusermann das Vorgehen bei der Beratung dieses Geschäfts.

Eintretensdebatte

GPFK-Präsidentin Nadia Flury: Der Einwohnerrat hat wie jedes Jahr wiederum die Pflicht, die Rechnung der Einwohnergemeinde zu genehmigen. Für das Jahr 2010 präsentiert der Stadtrat - wie in den letzten Jahren - eine gute Rech-nung, worüber wir uns natürlich sehr freuen. Bei der Rechnungsprüfung durfte die GPFK wiederum feststellen, dass die Rechnung sehr sauber und akribisch geführt worden ist. Alle Auskünfte sind erteilt und Fragen der GPFK zufrieden-stellend beantwortet worden. Die GPFK dankt deshalb dem Stadtrat und den Mitarbeitern für ihre Mitwirkung sowie Beat Lüscher und seinem Team wie-derum für diese hervorragende Arbeit.

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Zu den Zahlen: Neben den budgetierten Abschreibungen von 4,6 Mio. Franken konnten zusätzliche Abschreibungen im Betrag von 1,6 Mio. Franken getätigt werden. Die Nettoschuld ist (ohne Berücksichtigung der Abwasserbeseitigung und der Abfallbewirtschaftung) weiter auf rund 23 Mio. Franken gesenkt wor-den. Das gute Ergebnis ist wiederum vor allem auf höhere Steuererträge, aber auch auf Minderaufwendungen bzw. Mehrerträge in allen Verwaltungsabteilun-gen - ausser im Bereich Soziale Wohlfahrt - zurückzuführen. Im Vergleich zu den letzten Jahren zeigt sich allerdings, dass der Nettoaufwand von gut 17 Mio. Franken auf über 20 Mio. Franken gestiegen ist. Das ist ein erheblicher Anstieg. Die Steuererträge des Jahres 2010 liegen zudem etwas hinter 2009 zurück, und auch die Steuerkraft pro Einwohner ist im Vergleich zum Vorjahr leicht rückläu-fig. Ein Vergleich mit anderen Gemeinden zeigt zudem, dass Lenzburg immer noch eine recht hohe Nettoverschuldung aufweist. Es gilt diese auch in den nächsten Jahren konsequent weiter zu reduzieren. Die hohe Nettoverschuldung und der steigende Nettoaufwand werden durch den überdurchschnittlich hohen Selbstfinanzierungsgrad etwas relativiert. Es wurde gut gearbeitet, dies sollte auch weiterhin so gehandhabt werden. Allerdings muss man auch berücksichti-gen, dass die Nettoinvestitionen sehr hoch sind. Aufgrund der anstehenden Projekte werden diese weiter ansteigen. Dies ist sicher noch nicht besorgnis-erregend, trotzdem muss ein wachsames Auge daraufgehalten werden. Kon-sequent muss weiter an der Senkung der Nettoschuld gearbeitet werden.

Alles in Allem aber, das habe ich bereits gesagt, wird eine gute Rechnung prä-sentiert. Die Budgetdisziplin ist auch sehr gut. Budgetüberschreitungen, wie zum Beispiel bei der Sozialhilfe, können kaum beeinflusst werden. Die GPFK empfiehlt einstimmig auf diese Rechnung einzutreten und empfiehlt ebenfalls einstimmig, diese zu genehmigen.

Marcel Spörri (EVP): Der Rechenschaftsbericht und die Rechnung, die wir zur Kenntnis nehmen konnten, setzen eine grosse Arbeit für die Verwaltung voraus. Ich danke allen Beteiligten für das Geleistete. Vielleicht erinnern Sie sich. In den letzten Jahren hat uns ein Ratskollege mit kleinen Notizzetteln Details bekannt gegeben. Wir staunten immer wieder, was für Informationen darinsteckten. Allgemein darf festgestellt werden, dass die Rechnung zum wiederholten Male besser als budgetiert abgeschlossen werden konnte. Die kritischen Stimmen, die uns beim Budget immer wieder sagen, es sei zu optimistisch budgetiert, man werde es schon sehen, hatten glücklicherweise nicht recht. Die Rechnung unserer Stadt stimmt. Dies auch aufgrund der Wachstumsstrategie. Das wie-derum relativiert die wenigen Zahlen, die wir von der GPFK-Präsidentin gehört haben. Sofern vom Kanton nicht weitere Ausgaben auf die Gemeinden über-wälzt werden, wird sich die Schuldensituation mittelfristig verbessern. Ohne die Ausfinanzierung der Aargauischen Pensionskasse wären wir heute schon ganz an einem anderen Ort.

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An dieser Stelle kommt mein alljährlicher Aufruf an die Grossräte unserer Stadt: Setzt euch für die Bürger dieser Stadt ein und sorgt dafür, dass der Kanton nicht nur Lasten auf die Gemeinden überwälzt, sondern ihnen auch Mittel zu-spricht. Neben der überdurchschnittlichen Zunahme der Ausgaben im Sozial-bereich fällt mir nämlich eine Zahl auf: Die Stadt Lenzburg musste 2010 mehr als 70 % mehr in den Finanzausgleich einbezahlen. Dies übertrifft das Einnah-menwachstum klar. Vielleicht könnte man dort in Zukunft ansetzen. Wenn die Stadt Lenzburg als Bezirkshauptort dem Kanton schon gratis Land zur Verfü-gung stellen muss, sollte ihr diese Leistung beim Finanzausgleich angerechnet werden. Vielleicht kann man diese Idee einmal im Grossen Rat diskutieren.

Die EVP wird auf die Rechnung eintreten und ihr zustimmen, dies nochmals mit einem Dank an die Verfasser.

Sabine Sutter (CVP): Die Rechnung 2010 schliesst mit einem erfreulichen Er-gebnis ab. Ein paar Punkte seien hervorgehoben: Die Abschreibungen betra-gen 6,2 Mio. Franken und liegen 1,6 Mio. Franken über dem budgetierten Be-trag von 4,6 Mio. Franken. Der Steuerertrag ist ähnlich wie im Vorjahr, der bud-getierte Wert liegt tiefer als der effektive, was nach dem Vorsichtsprinzip durch-aus Sinn macht, liegen doch dem Rechnungsjahr 2010 die Steuererklärungen 2009 zugrunde, und diese sind wiederum von der Finanzkrise 2008 beeinflusst. In dieser Position zeigt sich, dass die Gemeinde Lenzburg die Krise vergleichs-weise glimpflich überstanden hat. Die Rechnung präsentiert sich so, wie das im Budget eingestellt worden ist. Einzelne Positionen weichen stärker, andere schwächer vom Voranschlag ab. Gesamthaft gesehen, hat es aber keine Überraschungen gegeben. Dank einer grundsoliden Arbeit der gesamten Ver-waltung erstaunen die fehlenden Überraschungen nicht. Die CVP- und GLP-Fraktion möchten an dieser Stelle einen herzlichen Dank an die Finanzverwal-tung, an die zuständige Stadträtin Franziska Möhl, an die anderen Verwal-tungsabteilungen und an den Gesamtstadtrat aussprechen. Sie haben das Budget im Griff und üben ein gutes Kosten-Controlling aus.

Zwei Überlegungen im Hinblick auf das Budget 2012 möchten CVP und GLP schon heute anbringen. Die erste betrifft die Einnahmen: Die Rechnung 2010 weist in der Investitionsrechnung auf Seite 107 einen Abgang von Sachgütern im Betrag von rund 1,1 Mio. Franken aus. Der Gesamtaufwand wird also teil-weise auch aus dem Verkauf von Grundstücken und Bauten gedeckt. Es ist offensichtlich, dass dies so nicht weitergehen kann und aus unserer Sicht schon nächstes Jahr nicht so weitergehen darf. Die zweite Überlegung betrifft die Ausgaben: Durch eine noch so gute Arbeit der Verwaltung kann die Kostenstei-gerung in der sozialen Wohlfahrt nicht aufgehalten werden, wenn nicht grund-sätzlich versucht wird, Gegensteuer zu geben. Wo Gegensteuer geben? Nicht beim Gesuch stellen, sondern beim Gesuch nötig haben. Wir möchten, dass jeder so gefördert wird, dass er selbstverantwortlich leben und für sich sorgen kann. Die Stichworte dazu heissen "Hilfe zur Selbsthilfe" und "Prävention", was im nächsten Traktandum ja dann auch ein Thema ist.

CVP und GLP werden den Rechenschaftsbericht und die Rechnung geneh-migen.

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Remo Keller (SP): Es gibt verschiedene Wege, in der Eintretensdebatte zur Rechnung und zum Rechenschaftsbericht Stellung zu nehmen. Marcel Spörri hat es bereits angetönt. Entweder versucht man, als Erster aufgerufen zu wer-den und wiederholt alle Fakten. Aber selbst das ist eigentlich eine etwas ge-fährliche Sache. Vor allem wenn - wie heute - GPFK-Präsidentin Nadia Flury alles Wichtige bereits erwähnt hat.

Eine andere Taktik ist, dass man versucht, die speziellen und eigentlich unwich-tigen, aber doch ganz interessanten Fakten aus dem Rechenschaftsbericht herauszufiltern und daraus ein mehr oder weniger satirisch amüsantes State-ment zu machen. Das ist aber sehr aufwendig, denn der Rechenschaftsbericht ist wirklich ein sehr umfassendes Werk. Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch im Namen der SP-Fraktion allen Personen, die an diesem Werk beteiligt waren, danken. Ganz speziell der Stadtschreiberei, die den Rechenschafts-bericht zusammengestellt hat, und Beat Lüscher mit seinem Team, die für die Rechnungsführung verantwortlich sind.

Weiter könnte man - was mir heute Abend fast gelungen ist - sich relativ spät melden und einfach noch sagen, dass eigentlich schon alles gesagt wurde und sich damit begnügen. Dieser Satz wäre dann so: "Auch die SP-Fraktion wird auf den Rechenschaftsbericht und die Rechnung eintreten." Allerdings scheint mir auch das eine nicht so gangbare Option, denn schlussendlich findet man so keine Erwähnung in der Zeitung.

Nachdem ich in den letzten drei Jahren mindestens zwei dieser Methoden aus-probiert habe - wie erfolgreich sei mal dahin gestellt - habe ich mir gedacht, ich müsse für dieses Jahr etwas Neues suchen. Man sagt immer, Lenzburg habe ein sehr hohes Steuereinkommen pro Steuerzahler. Im Jahr 2010 beläuft sich dieser Betrag auf 3'177 Franken. Leicht tiefer als im Vorjahr, was mit dem Lauf der Konjunktur zu erklären ist. Wenn wir wirklich eine so hohe Steuerkraft pro Person haben, was liegt näher, als ein Vergleich mit der Gemeinde in der Schweiz, welche bei dieser Kennzahl die Rangliste anführt? Vaux-sur-Morges, eine 170 Seelen-Gemeinde (Ammerswil hat viermal so viele Einwohner). Dieses Dörfchen liegt idyllisch über dem Lac Léman und hat eine Steuerkraft pro Person von 338'779 Franken (Heiterkeit). Sie haben richtig gehört. Rund 338'800 Franken! Der Weiler ist dabei keine Ansammlung von Millionären und Milliardären. Vaux-sur-Morges verdankt seinen Reichtum einem einzigen Steu-erzahler. 90 % der Steuereinnahmen stammen nämlich von Hoffmann-La Ro-che-Erbe André Hoffmann. Übrigens ist auch das ein gutes Beispiel, dass es nicht zwingend einen guten Steuerfuss braucht, um attraktive Steuerzahler an-zulocken und zu behalten, denn der Kanton Waadt, wir wissen es alle, belegt regelmässig die hintersten Plätze, wenn es um Steuervergleiche geht. Lenzburg ist zum Glück um einiges breiter abgestützt. Ein Wegzug eines grossen Steuer-zahlers ist für Lenzburg problemlos verkraftbar. Für Vaux-sur-Morges wäre der Wegzug ihres "Contribuable" eine Katastrophe. Das Gemeindebudget müsste von einem Tag auf den anderen um das Zehnfache gekürzt werden.

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Hingegen kann man Lenzburg und den Weiler über dem Lac Léman durchaus auch in gewissen Bereichen miteinander vergleichen. Beide Gemeinden leiden unter dem kantonalen Finanzausgleich, wenn auch nicht auf dem gleichen Niveau. Vaux-sur-Morges wird dieses Jahr 4,14 Mio. Franken in den Umvertei-lungstopf einzahlen. Daneben gibt es im Kanton Waadt auch eine Umverteilung der kantonalen Soziallasten. Der Weiler muss daran 3,2 Mio. Franken beisteu-ern. Total muss Vaux-sur-Morges 80 % der Steuereinnahmen, die für die Ge-meinde bestimmt sind, wieder an den Kanton weiterleiten. In Lenzburg ist es noch nicht ganz so viel, aber wir haben im Gegensatz zu Vaux-sur-Morges viele Zentrumslasten zu finanzieren.

Wenn wir die Rechnung 2010 betrachten, müssen wir doch feststellen, dass wir immer weniger über unsere Ausgaben selber bestimmen können. Der Spiel-raum für Entscheide, wofür wir Geld ausgeben, wird immer enger. Ich kann Marcel Spörri hier nur unterstützen. Es wäre an der Zeit, dass im Grossen Rat darauf hingewiesen wird, dass sich hier etwas ändern muss.

Der Waadtländer Weiler hat im Gegensatz zu Lenzburg Ende Jahr noch genü-gend Geld, um sich als attraktive Gemeinde positionieren und auch diverse selbstbestimmte Ausgaben tätigen zu können. Die Gemeinde verschenkt bei-spielsweise Velovignetten, subventioniert Tageskarten für Bootsfahrten auf dem Léman, erneuert regelmässig sämtliche Strassen, platziert schmucke Kandela-ber und Blumentröge. Ein weiterer Unterschied ist, dass Vaux-sur-Morges im Gegensatz zu Lenzburg nicht wachsen will. Fusionen mit den Nachbargemein-den wären zwar möglich, aber selbst wenn durch eine Fusion in diesem Gebiet eine Gemeinde mit 1'000 Einwohnern entsteht, wäre sie immer noch zu klein und würde im Kanton kein Gewicht haben. In Lenzburg sieht das anders aus. Wir wollen und wir müssen auch wachsen. Wir sind nach wie vor zu klein, um mit den grossen Playern im Kanton mithalten zu können. Da können wir noch so schnell versuchen, organisch zu wachsen, irgendwie braucht es doch eine andere Möglichkeit, die uns aber wahrscheinlich in nächster Zeit verwehrt blei-ben wird. Auf der anderen Seite darf man feststellen, dass Lenzburg trotzdem in gewissen Belangen im Kanton gehört wird.

Was ziehen wir für einen Fazit aus diesem Vergleich? Lenzburg hat unter dem Strich 14,5 Mal mehr Geld zur Verfügung als Vaux-sur-Morges. Aber mit die-sem Geld müssen wir auch für 49 Mal soviel Einwohner sorgen. Ich bin aber optimistisch, dass wir das in Lenzburg zum Wohle aller schaffen. Genau das bestätigt der diesjährige Rechenschaftsbericht und die Rechnung. Somit schliesst sich der Kreis wieder und wir wären wieder zurück beim Thema. Wie gesagt: Die SP-Fraktion empfiehlt einzutreten.

Michael Häusermann: Danke vielmals. Das Wort ist weiter offen. Das wird nicht mehr gewünscht. Dann schliessen wir die Diskussion und gehen zur Detail-beratung über.

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Detailberatung zum Rechenschaftsbericht 2010

GPFK-Präsidentin Nadia Flury, zu den Seiten 41 und 42, Kulturförderung: Die GPFK ist zur Ansicht gelangt, dass eine Tabelle mit allen Anlässen wenig Sinn macht und man in einer anderen Form über die kulturellen Aktivitäten Rechen-schaft ablegen sollte. Wir sind auf den Rechenschaftsbericht 2011 gespannt.

Detailberatung zur Rechnung 2010

0 Allgemeine Verwaltung

GPFK-Präsidentin Nadia Flury zur Dienststelle 025 Informatik: Wir haben die-ses Jahr die Dienststelle 025 genau unter die Lupe genommen. Diese ist gut organisiert, es bestehen auch Notfallplanungen und Weisungen an die Mitar-beitenden. Die notwendigen Dokumentationen bezüglich EDV und IT sind vorhanden.

1 Öffentliche Sicherheit

GPFK-Präsidentin Nadia Flury zu Konto 140 301.01 Löhne: Hier ist ein zusätzli-cher Aufwand - insbesondere für den Gebäudeunterhalt - beschlossen worden, da bisher offenbar noch keine klare Regelung für den Hauswart bestanden hat. Der Stadtrat hat uns zugesichert, dass man sich bemühen wird, dass hier der Aufwand nicht weiter steigt und ein Teil der Hauswartungskosten auch als Ne-benkosten den Mietern weiterverrechnet wird.

2 Bildung

GPFK-Präsidentin Nadia Flury zu Konto 210 366.00 Beitrag an Aufgabenhilfe: Bei der Aufgabenhilfe sind verschiedene Probleme erkannt worden. Da dieses Angebot nun in die Tagesstrukturen integriert wird, besteht aktuell jedoch kein Handlungsbedarf.

Konto 213 308.00 Entschädigung temporäre Arbeitskräfte: Über dieses Konto wird auch der Aufwand für einen externen Mitarbeiter verbucht, der bei einer Drittfirma angestellt ist. Nach Fertigstellung des Schulhauses Mühlematt soll die Gesamtsituation bezüglich Hauswartung überprüft werden.

Konto 213 314.00 Baulicher Unterhalt durch Dritte: 2010 wurde das Budget um 20 %, 2009 bereits um 31 % überschritten. Insbesondere die Unterhaltskosten für die Dreifach-Turnhalle Angelrain werden von der GPFK als zu hoch erach-tet. Die Mehrkosten sind einerseits auf die Brandstiftung zurückzuführen, ande-rerseits bestehen aber tatsächlich gewisse Probleme, an deren Lösung jedoch gearbeitet wird. Beim Neubau des Schulhauses Mühlematt werden die Lehren aus dem Bau der Turnhalle gezogen und beispielsweise die Nutzer und der Hausdienst frühzeitig in die Planung integriert.

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3 Kultur, Freizeit

GPFK-Präsidentin Nadia Flury zu Dienststelle 303 Gemeindesaal: Die Einnah-men aus dem Alten Gemeindesaal vermögen die Ausgaben nicht zu decken, so ist beispielsweise alleine schon der Lohnaufwand doppelt so hoch, wie die Be-nützungsgebühren. Wir wurden informiert, dass die Gebühren letztmals 2005 angehoben wurden. Ein Preisvergleich hat aber gezeigt, dass die Räumlichkei-ten vor allem bei kommerziellen Anlässen relativ günstig vermietet werden. Auf Anregung der GPFK wird die Betriebskommission die Gebühren erneut über-prüfen und allenfalls anpassen. Erwähnt werden muss noch, dass der Hauswart des Alten Gemeindesaals auch das ehemalige Postgebäude, das Hirzelhaus und die Stadtbibliothek betreut, was das Ganze etwas relativiert.

Dienststelle 341 Schwimmbad: In der GPFK gab ausnahmsweise nicht der Bei-trag der Gemeinde Staufen zu sprechen. Im Rahmen der Rechnungsprüfung wurde von der Firma Hüsser Gmür und Partner angeregt, im Schwimmbad ebenfalls eine Geldverkehrsrevision durchzuführen. Ich gehe davon aus, dass diese Anregung umgesetzt wird.

Konto 350 365.01 Jugendarbeit: Wie es mit der Jugendarbeit weitergehen soll, werden wir voraussichtlich in der Septembersitzung des Einwohnerrates erfah-ren. Wir sind gespannt darauf.

4 Gesundheit

GPFK-Präsidentin Nadia Flury zu Konto 440 364.01 Krankenpflegeverein Be-zirk Lenzburg: Obwohl die Gemeinde Egliswil aus dem Krankenpflegeverein des Bezirks Lenzburg ausgetreten ist, müssen deren Beiträge nicht durch die verbleibenden Gemeinden kompensiert werden. Dies - vereinfacht gesagt - weil Egliswil eigentlich mehr Leistungen bezogen hat, als die Gemeinde bezahlen musste.

5 Soziale Wohlfahrt

GPFK-Präsidentin Nadia Flury zu Konto 540 365.01 Beitrag Kinderkrippe Pur-zelhuus: Die Leistungsvereinbarung zwischen der Stadt und der Krippe wird überprüft. Die heute objektbezogene Finanzierung soll durch eine subjektbezo-gene Lösung abgelöst werden. Ich nehme an, dass wir dazu einen Bericht er-halten werden.

6 Verkehr

Keine Wortmeldungen

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7 Umwelt, Raumordnung

Keine Wortmeldungen

8 Volkswirtschaft

GPFK-Präsidentin Nadia Flury zu Dienststelle 870 Grube Oberrain: Die Grube wird in 2 bis 3 Jahren aufgefüllt sein. Anschliessend muss die Endgestaltung angegangen werden. Für die Nachsorge besteht ein Fonds von 2,8 Mio. Fran-ken. Auf diese Mittel darf nur mit Zustimmung der Abteilung Umweltschutz zu-rückgegriffen werden. Gegen Haftungsansprüche sind wir sicher abgedeckt.

Bestandesrechnung

GPFK- Präsidentin Nadia Flury zur Bestandesrechnung, Dienststelle 1002 Ban-ken: Ein grosser Teil der flüssigen Mittel sind bei einer Bank angelegt. Wir ha-ben uns deshalb erkundigt, ob das Risiko nicht besser verteilt werden müsste und wurden informiert, dass die vorteilhafte Verzinsung der Grund für diese Anlage ist. Da demnächst grössere Darlehen zur Rückzahlung fällig werden, wird sich der Bestand entsprechend reduzieren. Positiv darf hier aber ange-merkt werden, dass sich die Stadt bemüht, die flüssigen Mittel auch möglichst ertragbringend anzulegen.

Einwohnerratspräsident Michael Häusermann: Der Rechenschaftsbericht und die Rechnungen haben wir soeben durchberaten. Gibt es weitere Wortmeldun-gen oder einen Rückkommensantrag?

Remo Keller (SP): Ich möchte noch kurz auf ein grundsätzliches Phänomen aufmerksam machen. Ausser den Voten der GPFK-Präsidentin haben wir keine Wortmeldungen zu diesem Traktandum gehört. Dies ist sicher zu einem gewis-sen Teil darauf zurückzuführen, dass die Grünen in die GPFK eingebunden sind (Heiterkeit). Dies ist jedoch nicht der Hauptgrund, sondern es liegt viel mehr daran, dass das Controlling wirkt. Hier hat der Leiter Stadtverwaltung, Dr. Daniel Hug, sicher viel dafür geleistet und einen grossen Anteil am Lob, das ich abgeben darf, zugute. In der ganzen Rechnung sieht man nirgends irgendwel-che "Ausreisser", die nicht irgendwie begründet werden können. Hier hat in der Verwaltung ein Umdenken stattgefunden. Dass auch die Abteilungsleiter seriös budgetieren und sich an die Vorgaben halten, darf auch erwähnt werden.

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Abstimmung

Gestützt auf den Bericht und Antrag des Gemeinderates vom 16. März 2011 wird einstimmig

b e s c h l o s s e n :

Es werden genehmigt:

a) der Rechenschaftsbericht des Gemeinderates für das Jahr 2010;

b) die Rechnungen der Einwohnergemeinde für das Jahr 2010.

Diese Beschlüsse unterliegen dem fakultativen Referendum. Die Frist läuft am 2. August 2011 ab.

84

Weiterführung der Schulsozialarbeit; Bewilligung der Erhöhung der Stel-lenprozente (160 %) und der jährlich wiederkehrenden Ausgaben sowie der einmaligen Infrastrukturaufwendungen

Sprecher der GPFK ist Jacques Isler (FDP): Wir sind von verschiedensten Sei-ten ausführlich zu diesem Geschäft dokumentiert worden, darum möchte ich nur stichwortartig eine Zusammenfassung machen:

Im Oktober 2007 hat der Einwohnerrat die Zustimmung für eine befristete Ein-führung der Schulsozialarbeit bis Ende 2011 gegeben. Wir haben 70 Stellen-prozente bewilligt, 40 % für stationäre und 30 % für ambulante Arbeit. Der Ein-wohnerrat forderte, dass vor Ablauf dieser Frist Bericht und Antrag für das wei-tere Vorgehen erstattet wird.

Dieser Bericht liegt für den Zeitraum vom August 2008 bis Dezember 2010 vor. Hier, ohne Kommentar, die wichtigsten Kennzahlen und Informationen: Es wur-den 648 Gespräche geführt, 37 % davon mit Schweizern, 63 % mit Ausländern. 72 % der Betroffenen gehen im Schulhaus Lenzhard zur Schule, 12 % in die Bezirksschule, je 8 % ins Schulhaus Angelrain und ins Schulhaus Staufen und 0 % gehen in Ammerswil zur Schule. 36 % besuchen die Real-, 26 % die Sekundar-, 11 % die Bezirks- und 27 % die Primarschule. Ebenfalls festgehalten wird, dass der ambulante Anteil von 30 %, den man eigentlich so eingeplant hatte, nicht eingehalten werden konnte, weil Notfalleinsätze den grössten Anteil der Pensen beansprucht haben. Die Themen, denen sich die Schulsozialarbeiter gewidmet haben, sind Konflikte im schulischen und familiären Umfeld, nicht akzeptables Sozialverhalten, negative Arbeitshaltung und körperliche oder psychische Gewalt in der Schule oder in der Familie.

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Unsere Gesellschaft ist im Wandel und die Werte verändern sich, das hören wir jeden Tag. Keine grössere politische Kundgebung, ohne massive Polizeiprä-senz. Kein anständiger Fussball-Match ohne grosses Aufgebot an Sicherheits-kräften. Ab 22 Uhr wimmelt es zum Beispiel im Hauptbahnhof Zürich von Poli-zisten. Dieser Wandel nimmt auch in unserer Schule Raum und Zeit in An-spruch, was merklich auf Kosten des Unterrichts geht. Dazu kommt, dass die Schule durch steigende Bildungsansprüche verstärkt belastet wird. Sie kann die sozialen Herausforderungen nicht mehr allein bewältigen. Deshalb liegen uns vier Varianten für die künftige Schulsozialarbeit in Lenzburg vor. Sie unter-scheiden sich in erster Linie in Bezug auf die Stellenprozente, Abdeckung der einzelnen Stufen, Ziele, die man sich setzt, und als Konsequenz natürlich, auch bezüglich Kosten. Der Stadtrat favorisiert die Variante 2 mit 160 Stellenprozen-ten. Er verzichtet auf die Maximalvariante mit 185 Stellenprozenten, weil er ein entsprechendes Angebot im Kindergarten noch nicht für notwendig hält. Gegen die Varianten 3 und 4 mit 100, resp. 70 Stellenprozente spricht, dass damit eine Anbindung der Partnergemeinden Staufen und Ammerswil sowie der beiden Schulzentren Angelrain und Lenzhard nicht realisierbar wäre.

In der GPFK wurde kontrovers diskutiert. Sie hat sich dann am Ende mit einem Stimmenverhältnis von 6 zu 3 für den stadträtlichen Antrag ausgesprochen. Ein Drittel der Kommissionsmitglieder vertrat die Meinung, dass maximal 100 Stellenprozente genügen müssten, was ja immerhin einer Pensenerhöhung von 30 % entsprechen würde. Die Minderheit der GPFK geht dabei davon aus, dass dieses Pensum für ein Einschreiten in Krisensituationen genügt.

Die Mehrheit der GPFK spricht sich aber für die Variante 2 aus, weil hier die Prävention an erster Stelle steht. Wir finden das wichtig und erwarten somit nicht einfach eine Symptom-Bekämpfung, sondern fordern effektive Prävention. Wir sind aber der Meinung, dass dieses Ziel nur mit möglichst grosser Präsenz vor Ort zu erreichen ist. Wir widersprechen deshalb dem Stadtrat, wenn er sagt, dass mindestens drei Personen in der Schulsozialarbeit tätig sein sollten. Wir wollen, dass von den 160 Stellenprozenten das Maximum für die eigentliche Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern zur Verfügung steht, und dass nur ein Minimum für Absprachen, resp. Übergabe zwischen den Schulsozialarbeitern verloren geht. Wir sind deshalb der Meinung, dass die Pensen möglichst auf zwei, maximal auf drei Fachleute aufzuteilen sind. Ebenfalls erwartet die GPFK, dass im Rahmen des Rechenschaftsberichts jedes Jahr über die Aktivitäten der Schulsozialarbeit in geeigneter Form informiert wird. Die GPFK bedauert es auch, dass mit dem Gemeinderat Staufen keine gemeinsame Haltung gefunden werden konnte. Wir verstehen sehr gut, dass alles Handeln auch immer eine finanzielle Seite hat. Die GPFK ist aber der Ansicht, dass ein Mehrbedarf an Schulsozialarbeit nachgewiesen ist und es nicht richtig wäre, auf dem bisheri-gen Stand von 70 Stellenprozenten zu verharren. Zu akzeptieren, dass die Schulsozialarbeit heute notwendig ist - in Lenzburg mit 160 Stellenprozenten - bedeutet nicht, vor den Schwierigkeiten zu kapitulieren. Genau so heisst dies nicht, dass die Schulsozialarbeit auf immer und ewig beibehalten werden muss. Aus dieser Überzeugung bittet Sie die Mehrheit der GPFK, den Antrag des Stadtrates zu unterstützen.

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Lea Grossmann (FDP): Ich vertrete hier die Minderheit der FDP-Fraktion. Dem Antrag des Stadtrates können nicht alle Fraktionsmitglieder zustimmen. Das Schöne daran ist, dass die FDP-Fraktion zumindest eine Meinung dazu hat und sich nicht der Stimme enthalten muss.

Wir haben das Gefühl, dass mit dem Ausbau der Schulsozialarbeit ein falscher Weg eingeschlagen wird und dass wir das Problem nicht an der Wurzel an-packen, sondern Brandbekämpfung betreiben. Das Problem sind nicht die Kin-der oder die Jugendlichen. Die Eltern schieben die Erziehung ihrer Kinder den Lehrern ab und umgekehrt. Am Schluss übernimmt einfach niemand mehr die Verantwortung. Warum auch? Wir haben ja die Schulsozialarbeit. So erstaunt es nicht, dass die Jugendlichen sich vermehrt verantwortungslos zeigen - ganz nach dem Vorbild. Die Schulleitung und natürlich auch die Lehrer sollten wieder vermehrt Verantwortung übernehmen und diese nicht an die Schulsozialarbeit delegieren. Ich will den Lehrern nicht "vor den Bug schiessen", es ist sicher nicht immer einfach, Lehrer zu sein. Trotzdem sollten sie diese Verantwortung übernehmen. Die Schulleitung soll ihnen einfach die dafür notwendige Kompe-tenz geben.

Was mich auch immer wieder erstaunt: Warum wird diese Problematik der ver-haltensauffälligen Kinder trotz dem gewaltig steigenden Ressourceneinsatz nicht kleiner? Nach Vorfällen schreit man nach einem Ausbau der Schulsozial-arbeit. Dies ist für mich ein Fass ohne Boden. Wohin kommen wir, wenn wir bei jedem Vorfall eine Erhöhung der Stellenprozente fordern? In der Vorlage haben wir mit der Variante 1 schon einen Vorgeschmack darauf bekommen. Es sei wichtig, dass die Schulsozialarbeit vor Ort ist. Ob das für einen geregelten Schulverlauf wirklich unabdingbar ist, bezweifle ich. Aus meiner Sicht kann die Schulsozialarbeit mit weniger Ressourcen auch heute schon vor Ort sein. Dies ist doch einfach eine Frage der richtigen Organisation.

Ist die Schulsozialarbeit heute effizient? Ich bin der Meinung, dass man dies zuerst kritisch hinterfragen müsste, bevor man eine Aufstockung ins Auge fasst. Mir genügt es nicht, dass vom Stadtrat gefordert wird, das Pensum auf zwei 80 % Stellen zu verteilen. Die Zusage des Stadtrates ist zwar schön und gut, aber bindend ist sie ja nicht.

Der Stadtrat hält immer wieder fest - und wir diskutieren auch darüber -, dass wir einen grossen Teil unserer Ausgaben nicht beeinflussen können, da der Kanton der Gemeinde sehr viel aufbürdet und delegiert. Jetzt haben wir aber die Möglichkeit mitzusprechen und mitzubestimmen. Jetzt können wir weitere Ausgaben im Sozialbereich stoppen. Sie haben im Rechenschaftsbericht gese-hen, wie hoch die Aufwendungen für die Soziale Wohlfahrt sind. Versuchen wir doch heute Abend hier Gegensteuer zu geben; übernehmen wir Verantwortung gegenüber den Steuerzahlern. Diese Aufstockung bringt nichts und kostet nur. Lehnen Sie den stadträtlichen Antrag ab.

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Edith Zeller (SVP): Ganz so wohlwollend wie die Mehrheit der GPFK schaut die SVP-Fraktion das nicht an. Unsere Optik ist eher die der Vorrednerin. Wir möchten alle Punkte der Vorrednerin dick unterstreichen. Eingangs möchte ich aber klar festhalten, dass die SVP-Fraktion die Notwendigkeit der Schulsozial-arbeit nicht in Frage stellt. Tatsächlich - das müssen auch wir schweren Her-zens feststellen - entwickelt sich unsere Gesellschaft in diese eher negative Richtung. Es ist uns ein Anliegen, bei dieser Gelegenheit die wichtige Arbeit der Schulleiter und Lehrer ausdrücklich zu würdigen und ihnen an dieser Stelle un-sere Anerkennung und unseren Dank auszusprechen. Es ist uns bekannt, dass ihre Arbeit sehr sensibel und anspruchsvoll ist. Unsere Meinung ist aber, dass es sich bei der Sozialarbeit um reine Symptombekämpfung handelt. So kann das eigentliche Problem nicht behoben werden. Wir befürchten, dass in weite-ren drei Jahren, zusätzliche Stellenprozente gefordert werden und wir eines Tages den Punkt erreichen werden, dass es pro Klasse einen Lehrer und einen Sozialarbeiter braucht, die zweifellos genügend Arbeit haben werden.

Dass wir hier nicht daneben liegen, zeigt doch, dass bereits auf Kindergarten-ebene über Schulsozialarbeit diskutiert wird. Die Vorlage erwähnt, dass diese Prävention anderswo Einsparungen bringt. Aber ob wirklich und wo und wie viel, dass hier eingespart werden soll, wird wohl immer ein Geheimnis bleiben. In der Vorlage wird erwähnt, dass mit den bisherigen 70 % die Schulsozialarbeit nicht jeden Tag erreichbar ist. Mit 100 % wäre dieses Problem gelöst. Umge-setzt auf die Feuerwehr würde das heissen, dass man in jedes Quartier vor-sorglich ein Tanklöschfahrzeug stellt, damit dies, wenn dann der Brand ausbricht, schon vor Ort ist. Das Argument, die Bezirksschule melde nur sehr wenige Fälle, weil die Schulsozialarbeit nicht vor Ort ist, ist für uns nicht nachvollziehbar. Entweder hat man einen schwierigen Fall und dann meldet man diesen, oder man hat keinen schwierigen Fall. Dies ist unabhängig davon, wo das Büro der Schulsozialarbeit beheimatet ist. Uns scheint eher, die Vorkommnisse an der Bezirksschule seien offenbar nicht wichtig genug, dass sich eine Meldung aufdrängt.

Die SVP-Fraktion sagt Ja zur Prävention, aber mit einem anderen Ansatz. So fehlen uns beispielsweise Hinweise, wie die Eltern in die Pflicht genommen werden, die ja die Sozialisierung umsetzen müssten. Es wurde vorhin fest-gehalten, dass die Probleme nicht bei den Kindern liegen, sondern im Eltern-haus zu suchen sind. Auch wir sind dieser Meinung. Die Eltern haben in erster Linie die Verantwortung für die Erziehung der Kinder, nicht der Staat. Wir sind etwas enttäuscht, dass auf diesen sehr zentralen Punkt nicht eingegangen wird. Ebenfalls sind wir etwas enttäuscht, dass der Stadtrat bei unserer Budget-knappheit so auf die soziale Schiene auffährt. Wir sprechen ja nicht von einem einmaligen Projekt, das nach einem Jahr abgeschlossen ist. Es handelt sich hier um wiederkehrende Kosten.

Die SVP sieht den Handlungsbedarf, aber mit diesem Ausbau in dieser Art wer-den wir höchstens und vorwiegend den Sozialstaat fördern. Hier ist die SVP vehement dagegen. Wozu wir noch am ehesten Hand bieten könnten, ist zur Variante 3, also einer 100 %-Stelle. Aus diesem Grund stelle ich einen entspre-chenden Antrag: Wir wollen die definitive Schulsozialarbeit einführen, aber mit einer 100 %-Stelle.

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Einwohnerratspräsident Michael Häusermann: Wir haben einen Abänderungs-antrag. Die SVP-Fraktion beantragt 100 statt 160 Stellenprozente zu bewilligen.

Michael Madöry (SP): Ich habe gerade Herzklopfen bekommen. Wer 100 statt 160 Stellenprozente fordert, scheint schlichtweg nicht begriffen zu haben, um was es geht, es tut mir leid. Ich habe mich intensiv mit dieser Materie befasst. Es genügt nicht, dass sich die Schüler oder Lehrer bei den Schulsozialarbeiten-den melden können. Sondern es geht darum, dass die Schüler die Schulsozial-arbeiter vor Ort vorfinden, damit sie mit diesen eine Beziehung knüpfen können. Ein Schüler geht nicht von sich aus zu einer ihm völlig unbekannten Person, das funktioniert so nicht. Ich arbeite mit Jugendlichen und erlebe jeden Tag, was die Schulsozialarbeit bewirkt. Sie ist wirklich ein enorm wertvolles Mittel.

Ich glaube, wenn Sie sich wirklich informiert hätten, dann wäre Ihnen schnell klar geworden, dass Sie sich auf eine Sackgasse zubewegen. Im Internet findet man verschiedenste Studien und Evaluationen zur Schulsozialarbeit. Ich habe die Studie über die Auswirkungen der Schulsozialarbeit in der Stadt Bern (die ich Ihnen zur Verfügung stellen kann) gelesen. Es handelt sich hier um eine wissenschaftliche Auswertung, die nicht einfach "aus den Fingern gesogen" wurde. Einige Resultate: 75 % der Lehrpersonen stellten fest, dass die Schul-sozialarbeit zu einer emotionalen Entlastung der Lehrpersonen führt, bei 63 % der Lehrpersonen resultierte auch eine zeitliche Entlastung. Dies trug dazu bei, dass die betroffenen Lehrer vermehrt Zeit und Energie hatten, sich um ihre eigentliche Aufgabe - den Schulunterricht - zu kümmern. Die sozialen Probleme fordern die Lehrer enorm und man darf nicht noch mehr von ihnen verlangen. Zudem zeigt sich, dass Abläufe, wie zum Beispiel Gefährdungsmeldungen in-nerhalb der Gemeinden, dank der Schulsozialarbeit viel besser funktionieren.

Könnte es jetzt nicht auch für Lenzburg ein Standortvorteil sein, wenn z. B. die Schule die problembehafteten Fälle aufgreift und wenn man sagen könnte: "Hey, Lenzburg hat eine Super-Schule, dort wollen wir hinziehen! Dort kaufen wir unser Haus!" Das wäre garantiert ein Standortvorteil. Wir wollen ja ein Be-völkerungswachstum.

Wenn man auf Lenzburg den Schlüssel der Standesorganisation Avenir Sociale anwendet, kommen wir auf einen notwendigen Stellenetat von ca. 370 % für die Schulsozialarbeit. Hier handelt es sich um eine Standesorganisation, dies ist mir auch klar, aber diese Zahl muss auch in den Raum gestellt werden. Die Vorgaben des Kantons Aargau liegen bei mindestens 14 Stellenprozenten pro 100 Schüler, das gäbe bei der 1. Variante 190 Stellenprozente. Die 3. Variante, die im Antrag der SVP gefordert wird, würde die kantonalen Vorgaben um - in meinen Augen schon fast skandalöse - 50 % unterschreiten.

Geht es bei diesem Änderungsantrag einfach darum, einen Schuss vor den Bug zu verpassen, damit wir nicht auf die Idee kommen, die Variante 1 zu fordern? Mir kommt es fast ein bisschen so vor.

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Wie sieht es bei unseren Nachbargemeinden aus? Aarau, Niederlenz und Wohlen halten sich mit 14 % pro 100 Schüler an die kantonalen Vorgaben. Birr ist bei 15 %, der Schulkreis Lotten gar bei 19 %. Die vergleichbaren Städte Aarburg und Zofingen weisen 14 % beziehungsweise 16 % aus. Natürlich gibt es schlechtere Beispiele, das ist mir auch klar. Wenn wir jedoch 7 Stellen-prozente pro 100 Schüler beschliessen würden, wären wir weiterhin ganz hinten auf der Liste. Das wäre himmeltraurig. Bei den Gemeinden mit geringen Stellenpensen gehe ich davon aus, dass sie wie Lenzburg in einer Ein-führungsphase sind und jetzt über die Bücher gehen.

Aus meiner beruflichen Tätigkeit kann ich Ihnen versichern, dass die Schul-sozialarbeit eine tolle, eine gute und eine notwendige Sache ist. Wenn wir uns in Lenzburg nicht blamieren wollen, müssten wir uns eigentlich für die Variante 1 entscheiden. Wir würden den kantonalen Richtwert auch damit nicht ganz erreichen.

Die vom Stadtrat vorgeschlage Lösung mit einer Abdeckung von 11 % ist in meinen Augen ungenügend. Ich frage mich, wie der Stadtrat zur Annahme kommt, dass Kindergärten keine Unterstützung durch die Schulsozialarbeit benötigen. Ich zitiere hier das Schulblatt für die Kantone Aargau und Solothurn, Ausgabe 21, aus dem Jahr 2007: "Es ist unumstritten, dass in der Oberstufe oft Probleme eskalieren, die zuvor an der Unterstufe oder sogar im Kindergarten schon wahrnehmbar waren." Soviel zum Kindergarten. Ich arbeite mit einer Kindergärtnerin zusammen, die ihren ursprünglichen Traumberuf an den Nagel hängte, weil sie mit den herrschenden Verhältnissen in ihrem Kindergarten nicht umgehen konnte. Mühe bereitete ihr vor allem der Umstand, dass sie durch einzelne, nicht sozialisierte Kinder dermassen vereinnahmt wurde, dass es ihr unmöglich war, für den Rest ihrer Klasse einen adäquaten Unterricht zu bieten. Als ich mich dann erkundigt habe, ob sie als Kindergärtnerin nicht durch die Schulsozialarbeit unterstützt wurde, antwortete sie mir, diese hätte keine Zeit gehabt und konnte nur noch Feuerwehrarbeit leisten. Genau dies passiert, wenn wir die Pensen auf 100 % festlegen. Die Forderung, dass die Eltern mehr Verantwortung übernehmen, ist "heisse Luft". Wenn diese ihre Aufgabe nicht wahrnehmen, müssen wir doch irgendwo Gegensteuer geben.

Mir wurde bestätigt, dass man durchaus auch in Lenzburger Kindergärten teil-weise ganz schwierige Verhältnisse antreffen kann. Führende Pädagogen plä-dieren dafür, dass unerwünschtes Verhalten schon in einem möglichst frühen Stadium der Kindheit erkannt wird und eine Annäherung an die gängigen Nor-men der Gesellschaft früh trainiert werden muss. Mit Repression allein bringen wir das nicht hin, da bewirken wir häufig das Gegenteil. Klar, Strenge muss sein, aber es muss eben eine pädagogische Führung stattfinden. Dafür sind die Schulsozialarbeiter besser ausgebildet als die Lehrer.

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Sie merken, ich bin wirklich emotional "geladen". Unerwünschte Verhaltenswei-sen, die sich über Jahre entwickelt haben und immer weiter verinnerlicht wor-den sind, aggressives Verhalten, Unehrlichkeit, fehlendes Einfühlungsvermö-gen, Egoismus, alles wegschmeissen, stehen und liegen lassen, wo man sich gerade befindet. Diese Tendenzen können im normalen pädagogischen Schul-alltag praktisch nicht mehr in akzeptable Bahnen gelenkt werden, weil der eigentliche Unterricht massiv darunter leiden würde. Solches Verhalten müssen wir später einfach akzeptieren (machen wir ja schon, indem wir über Littering, Pöbeleien, Gewalt, Suchtverhalten, mangelnde Selbstkontrolle im Strassenverkehr oder nach einem Fussballspiel usw. schimpfen). Dies sind die Auswirkungen dieser fehlenden Führung, die gewisse Jugendliche erfahren. Die Folgen müssen wir mit einem riesigen Aufwand und nur halbwegs guten Erfolgsaussichten wieder wegtherapieren. Fremdplatzierungen von Jugendli-chen, Jugendstrafvollzug, Drogentherapien, aber auch Gefängnis und the-rapeutische Begleitung von Erwachsenen kosten uns viel mehr Geld als das Wenige, das wir jetzt in die Schulsozialarbeit investieren müssten. Viele der eben genannten Themen können durch gute soziale Begleitung der Jugendli-chen während ihrer Entwicklungsphase massiv entschärft werden. Das ist be-kanntes und belegbares Wissen. Ruhe und Ordnung wird nicht durch Repres-sion erreicht, sondern dadurch, dass man jugendlichen Menschen aufzeigt, wie gut es ihnen gehen könnte, wenn alle die Regeln in der Gemeinschaft einhalten und zusammenhalten würden. Dazu möchte ich gerne den vielleicht schon oft gehörten Ausspruch des französischen Schriftstellers Antoine de Saint-Exupéry zitieren: "Wenn du ein Schiff bauen willst, so trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Werkzeuge vorzubereiten, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem wei-ten endlosen Meer." Wenn wir Jugendliche wollen, die sich integrieren, dann müssen wir ihnen zeigen, was es bedeutet, in einer Gemeinschaft aufgehoben zu sein. Irgendwann werden sie sich wieder danach sehnen, nach diesem Zu-stand, den sie in der Schule gelernt haben.

Diese menschliche Reife vermisse ich heutzutage leider auch in der Politik und in der Wirtschaft. Sind wir wirklich gute Vorbilder, wenn wir jetzt z. B. für die Entwicklung und Begleitung unserer Jugend jeden Steuerfranken zweimal um-drehen? Ich glaube, das Geld ist hier wirklich gut investiert. Ich hoffe, ich habe Sie mit meinen Worten etwas aufgerüttelt und bitte Sie, den Antrag für Variante 3 abzulehnen.

Sie wissen, dass mein Herz für die Variante 1 schlägt. Im Sinne eines gut schweizerischen Kompromisses, wie man mir während meiner jugendlichen Sozialisierung beigebracht hat, werde ich schweren Herzens auf einen Antrag für die Variante 1 verzichten. Weil ich möchte, dass wir gemeinschaftlich etwas erreichen, werde auch ich etwas abstreichen. Aber ich möchte, dass Sie dem Antrag des Stadtrates zustimmen. Die ganze Fraktion der SP wird ebenfalls der Vorlage beipflichten. Ich werde den Verdacht nicht ganz los, dass es darum geht, uns eben genau auf den Antrag des Stadtrates einzustimmen, damit wir ja nicht auf die Idee kommen, man könnte noch aufstocken, auch wenn es nur noch um zusätzliche 15 Prozentchen geht.

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Adrian Moser (Grüne): Ich will nicht so lang werden, weil mein Vorredner einen grossen Teil oder bereits alles gesagt hat, was ich auch sagen wollte.

Die Familien sollen die Kinder erziehen. Ich glaube, hier sind wir uns alle einig. Eigentlich wären die Eltern dafür verantwortlich. Aber es funktioniert ja schein-bar nicht, das sehen wir nach jedem Fussballspiel usw. Wieso auch immer, das müssen wir akzeptieren. Mit den Eltern zu arbeiten dürfte noch viel schwieriger sein. Dies können die Mitarbeiter der Sozialen Dienste sicher bestätigen. In Zürich mussten schussfeste Scheiben installiert werden, weil es scheinbar ex-trem gefährlich ist, mit erwachsenen Menschen, die es nicht ganz einfach haben im Leben, zu arbeiten.

Ich möchte den Vergleich mit den Feuerwehrautos in den Quartieren aufneh-men. In neuen Gebäuden werden Brandmeldeanlagen installiert, damit ein Feuer frühzeitig entdeckt und bekämpft werden kann. Genau gleich ist es mit dem Schulsozialarbeiter, der auf dem Platz ist und dadurch frühzeitig eingreifen kann, bevor ein Problem eskaliert. Deshalb ist Prävention wichtiger, als Notfall-einsätze. Im Notfall zu handeln ist immer teurer. Darum bitte ich Sie, dem An-trag des Stadtrates zuzustimmen. Schulsozialarbeit ist wesentlich günstiger als Drogentherapien, Heimaufenthalte und die Polizeipräsenz an den Fussball-spielen.

Sabine Sutter (CVP): Die Schule hat einen Bildungs- und Erziehungsauftrag und soll ein Ort der Sozialisation sein. Gerade bei Sozialisation und Erziehung werden immer weitergehende Ansprüche an die Schule gerichtet. Die Schule soll dafür sorgen, dass die Probleme, welche die moderne Gesellschaft be-schäftigt, nicht mehr oder zumindest in vermindertem Masse auftreten, z. B. im Bereich Gewalt und Sucht. Das läuft klar auf eine Überforderung des Systems Schule hinaus, die sich nur durch strukturelle Anpassungen vermeiden lässt.

Ein adäquates und erst noch kostengünstiges Mittel ist die Schulsozialarbeit. Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Varianten in der Vorlage laufen auf die Frage hinaus, welche Aufgaben die Schulsozialarbeit erfüllen soll. Wir haben vorhin einen Vergleich mit der Feuerwehr gehört. Im Bereich Feuer-bekämpfung haben wir auch nicht nur Feuerwehrautos, sondern in jedem öf-fentlichen Gebäude hängt ein Blatt, wie man sich im Brandfall zu verhalten hat, und es sind überall Feuerlöscher angebracht. Auch diese werden meistens nicht gebraucht. Mit der vom Stadtrat vorgeschlagenen Variante 2 können Interventions- und Präventionsaufgaben wahrgenommen werden. Das ist aus Sicht der CVP absolut sinnvoll. Die Gründe sind: Mit der Präsenz vor Ort wird eine niederschwellige Anlaufstelle geschaffen. Die Früherkennung ist möglich, um auch Fälle frühzeitig anzugehen. Die Schulsozialarbeit kann präventiv bei-gezogen werden. Es ist sehr wichtig, bereits in der Primarschule damit zu be-ginnen.

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Ich möchte ein Beispiel anfügen, wie Schulsozialarbeit wirken kann: Ich erin-nere mich an die Präsentation der Schulsozialarbeit hier im Einwohnerrat. Herr Lütolf hat von einem Schüler erzählt, der immer wieder dreingeschlagen hat, wenn er wütig wurde. Im Gespräch zwischen Schulsozialarbeiter und Schüler haben sie gemeinsam eine Liste von 10 Verhaltensmöglichkeiten erarbeitet, was der Schüler machen könnte, wenn er wütig wird. In einem nächsten Beratungsgespräch hat dann der Schüler erzählt, dass er, als er wieder wütig wurde, in sein Zimmer ging und diese Liste hervornahm. Er hat sich dann dafür entschieden, eine Velotour zu machen, also durch körperliche Anstrengung seine Wut abkühlen zu lassen. Die Beratung durch den Schulsozialarbeiter war erfolgreich. Solche Verhaltensweisen dürfen ruhig auch im Primarschulalter erlernt werden. Die CVP unterstützt deshalb die Variante 2 mit Schulsozialarbeit an der Oberstufe und an der Primarschule.

Jasmin Alvarez Arriaga (Grüne): Ich will mich hauptsächlich den Worten der Herren Moser und Madöry anschliessen. Ich glaube, die wichtige Arbeit, die die Schulsozialarbeit hier in Lenzburg leistet, ist unbestritten. Was ich noch anfügen möchte, ist, dass es doch wichtig ist, diese Arbeit - sei es Prävention, sei es Krisenintervention, sei es Beratung oder ein rasches und unkompliziertes Gespräch - der ganzen Regionalschule zugute kommen zu lassen. Das spricht eindeutig für die 160 Stellenprozente.

Basil Rüttimann (CVP): Die Schulsozialarbeit ist für schwierige Fälle und die Sozialisation wichtig, damit man lernt, auf eigenen Beinen zu stehen und einen Beitrag an eine solidarische Gesellschaft zu leisten. In Lenzburg haben wir das Glück, dass wir viele Vereine haben. Dieses Kapital sollten wir nutzen. Wenn man die Schulsozialarbeit ausbaut, sollte man auch versuchen, die Synergien mit den Vereinen zu nutzen. Dadurch kann vielleicht ein weiterer Stellenausbau verhindert werden.

Nadia Flury (SVP): Ich möchte hier - juristisch gesprochen - eine kleine Replik zum Votum von Michael Madöry machen:

Wenn denjenigen, die dem Antrag der SVP für 100 Stellenprozente zustimmen, vorgeworfen wird, sie verstünden die Sache nicht, dann muss ich das zurück-weisen. Wenn man hier eine andere Meinung vertritt, heisst das nicht, dass man es nicht begreift. Auch wir haben die Unterlagen eingehend studiert. Variante 3 sieht für die Oberstufe ein gleich hohes Pensum vor, wie Variante 2. Die Schulsozialarbeit wird also auch mit 100 Stellenprozenten an allen Ober-stufenstandorten präsent sein, jedoch nicht auf der Primarschulstufe. Die SVP ist klar der Meinung, dass es in der Primarschule noch keine Schulsozialarbeit braucht. Erstens sind diese Schüler jünger und zweitens haben sie Klassenleh-rer. Diese sollten in der Lage sein, die Probleme zu lösen. Wenn sie vielleicht überlastet sind, dann müssen sie sich allenfalls überlegen, ob sie am richtigen Ort sind. Es kann nicht sein, dass wenn jemand überlastet ist, er einfach weg-schaut. Auf Primarschul- und Kindergartenstufe sollte es möglich sein, ohne

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Schulsozialarbeit auszukommen. Dies war auch früher der Fall. Es ist Aufgabe der Lehrkräfte, den Schülern gewisse Verhaltensregeln beizubringen. Man kann nicht alles einfach auf die Schulsozialarbeiter abwälzen. Hier erwarten wir auch von der Schulleitung, dass sie den Lehrern den Rücken stärkt. Wenn ein Lehrer von den Eltern Massnahmen verlangt - dies kann er - müssen diese durchge-setzt, der Lehrer unterstützt und dadurch entlastet werden.

Zur Statistik: Variante 2 sieht 11 % pro 100 Schüler vor. Man sieht aber auf der anderen Seite auch, dass Lenzburg (mit Ausnahme von Wetzikon) die einzige Gemeinde ist, bei der die HPS eingeschlossen ist. Wenn man das hinunter-rechnet, resultieren mehr Stellenprozente. Spreitenbach hat nur 12 Stellenpro-zente pro 100 Schüler und Spreitenbach ist aufgrund der Bevölkerungsstruktur wirklich problematischer als Lenzburg. Man kann nicht alles an die Schulsozial-arbeiter delegieren. Auch die Lehrer müssen pädagogische Arbeit leisten, ebenso müssen die Eltern ihre Verantwortung wahrnehmen. Man muss sie halt auch verpflichten, diese Verantwortung wahrzunehmen. Aus Sicht der SVP läuft vieles im Schulwesen in die falsche Richtung. Dies kann nicht korrigiert werden, indem man die Schulsozialarbeit aufstockt. Es gibt Gemeinden, in denen haben mehr als 50 % der Schüler in irgendeiner Art und Weise eine Massnahme. Es kann doch einfach nicht sein, dass mehr als 50 % der Schüler quasi nicht der Norm entsprechen! Hier läuft irgendwo etwas falsch und ich glaube nicht, dass man das mit Schulsozialarbeit korrigieren kann.

Marcel Spörri (EVP): Zum Antrag der SVP möchte ich festhalten, dass ich vie-les gleich sehe, aber am Ende zu einem anderen Schluss gelange. Was ich aufnehmen möchte, sind drei Stichworte, die heute gefallen sind: Effizienz in-nerhalb der Schulsozialarbeit, Reduktion der wachsenden Ausgaben im Sozial-bereich sowie Präsenz der Schulsozialarbeit auf den verschiedenen Schulstu-fen.

Der Leiter der Sozialen Dienste, Michael Gruber, weilt heute unter den Zu-schauern. Er kann Ihnen sicher mehr als ein Beispiel aufzählen, dass mit Prä-vention anstelle von "Feuerwehrarbeit" Kosten gespart werden können. Die Fol-gen kommen mit Sicherheit teurer zu stehen als eine Prävention. Mit Variante 3 könnten wir nur noch Krisenintervention, aber keine Prävention mehr leisten. Die Schulsozialarbeit muss vor Ort präsent sein. Um den Vergleich mit der Feuerwehr aufzugreifen. Wir haben tatsächlich nicht in jedem Quartier ein Feu-erwehrfahrzeug, jedoch Hydranten. Ohne diese sind die Feuerwehrfahrzeuge nutzlos.

Bezüglich Vorfall in der Bezirksschule stimme ich Edith Zeller zu. Meine Tochter besucht selber die Bezirksschule. Von ihr weiss ich, dass die ganze Geschichte nicht überraschend war, und ich kann nicht verstehen, dass die Lehrer hier nicht reagiert und die Schulsozialarbeit beigezogen haben. Dadurch hätte die Eskalation verhindert werden können.

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Weiter wurde die Effizienz angesprochen. Bei einem 100 %-Pensum würde die-ses wohl auf zwei Angestellte aufgeteilt. Durch die notwendigen gegenseitigen Absprachen ginge viel Effizienz verloren. Ich spreche mich deshalb für 160 Stellenprozente aus, bin aber damit einverstanden, dass dieses Pensum nicht auf 3 oder gar 4 Mitarbeitende aufgeteilt werden soll, da dann die einzel-nen Pensen zu gering wären. Ich habe durchaus Verständnis, dass Schul-sozialarbeiter nicht mit Vollzeitpensen in diesem Bereich arbeiten wollen. Zu geringe Pensen benötigen jedoch viel Absprache und sind deshalb nicht mehr effizient.

Michael Madöry (SP): Ich möchte nochmals darauf zurückkommen und bin jetzt etwas ruhiger als vorhin. Es ist tatsächlich so, dass es keinen Menschen gibt, der im Sozialbereich mehr als 80 % arbeitet. Dies nicht etwa, weil es faule Leute wären, sondern weil diese Materie wirklich ans Lebendige geht. Mir wäre es eigentlich lieber, wenn die Schulsozialarbeit auf 3 Mitarbeitende aufgeteilt würde. Dadurch ginge weniger Beziehungsarbeit verloren, wenn ein Schul-sozialarbeiter die Stelle aufgeben sollte. Ich habe Mühe, wenn von Effizienz gesprochen wird. Entschuldigung, wenn wir unsere Kinder effizient erziehen wollen, dann haben wir genau die, die wir jetzt haben, die uns nicht "passen". Jede Gesellschaft hat die Jugend, die sie eigentlich selbst aufbaut. Wir haben diese Jugend so gemacht wie sie heute ist. Wir können doch nicht von Effizienz sprechen! Wir haben hier drin genügend Leute, die in irgendeinem pädagogi-schen Umfeld arbeiten, auch in der SVP.

Weiter habe ich mich gefragt, ob HPS-Schüler keine Schüler sind. Haben denn diese keinen Anspruch auf Schulsozialarbeit, wenn diese nötig wird?

Die heutige Jugend entspricht nicht mehr den Bildern des Malers Albert Anker. Die Schüler haben Zugang zu Informationen und zu neuen Medien, mit denen wohl viele hier drin gar nicht umgehen können. Obwohl ich auch mit dem Com-puter arbeite, staune ich immer wieder, was es in diesem Bereich alles gibt. Angefangen bei den Kriegs-Games, in denen man an einem Abend unzählige (virtuelle) Leute erschiessen kann und sich dabei noch gut vorkommt. Dass dies irgendwo vielleicht auch Probleme im Umgang mit anderen Menschen erzeugt, ist für mich eigentlich nachvollziehbar. Mit diesen Spielen wird auch Geld ver-dient, was wir ja grundsätzlich begrüssen. Wenn dann die Jugendlichen das nutzen, wollen wir sie aber nicht begleiten und ihnen auch nicht zeigen, wie sie mit diesen Medien sinnvoll umgehen sollen. Damit habe ich Mühe.

Stadträtin Dr. Heidi Berner: Ich möchte zur HPS etwas sagen. Die Tabelle wurde uns von der Stadt Brugg zur Verfügung gestellt. Um vergleichbare Werte zu erhalten, hätte man die Schüler der HPS nicht einberechnen dürfen. Deshalb sind die Werte für Lenzburg geringfügig zu tief.

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Hans Huber, Stadtammann: Auch der Stadtrat ist der Meinung, dass man eigentlich anstelle der Schulsozialarbeit "Elternsozialarbeit" einführen müsste. Auch der Stadtrat ist der Meinung, die Verantwortung liege bei den Eltern. Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes können wir Ihnen nicht zu viel erzählen. Es ist aber erschreckend, was es in unserer Gesellschaft alles gibt. Es läuft sehr, sehr vieles nicht gut. Wir können die ganze Angelegenheit heute nicht mehr nur auf die Lehrpersonen abwälzen, weil das belastend ist. Nach einein-halbjähriger Diskussion hat sich der Stadtrat mit diesen 160 Stellenprozenten auf den kleinstmöglichen Nenner geeinigt.

Zweitens möchte ich Michael Madöry sagen, es ist das Recht der Jugend zu demonstrieren und zu sagen "Bildung statt Strassen". Aber vergessen Sie bitte nicht, woher das finanziert werden kann. Auf der Strasse werden die Güter verteilt, die die Industrie herstellen kann. Ohne Gewerbe und Arbeitsplätze hätten wir keine Steuereinnahmen und könnten die Bildung nicht finanzieren.

Daniel Fischer (GLP): Ich bin wirklich hin- und hergerissen. Einerseits leuchtet mir das Argument ein: Wenn es mit der gesellschaftlichen Entwicklung so weiter geht, dann werden wir irgendwann neben jedem Lehrer einen Sozialarbeiter haben, und das kann nicht sein. Andererseits sehe ich aber auch ein, dass mit Prävention Kosten und Schäden verhindert werden können. Es kann aber auch nicht sein, dass die Lehrer ihre Verantwortung an die Schulsozialarbeiter abge-ben, wenn ich auch einsehe, dass heute nicht mehr alles so einfach ist wie vor 30 Jahren. Ich bin wirklich hin- und hergerissen.

Michael Häusermann: Danke vielmals. Wobei… wir brauchen dann ein Resultat dazu. (Heiterkeit)

Adrian Moser (Grüne): Nur noch um es zu verdeutlichen. Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass wir uns hier einig sind und der FDP und der SVP zustim-men können. Eigentlich wäre es besser, wenn die Eltern ihre Erziehungsver-antwortung wahrnehmen würden. Dies ist jedoch eine Wunschvorstellung. Lei-der kann man aber auch den Statistiken der Kinderpsychiatrie entnehmen, dass zunehmend auch Kindergartenkinder und Primarschüler an psychischen Krank-heiten leiden. Das ist leider so. Weiter wird gefordert, dass die Lehrerinnen und Lehrer mehr Verantwortung übernehmen sollten. Die Frage ist, welche Lehrpersonen? Wie wir alle wissen herrscht Lehrermangel und wir müssen glücklich sein, wenn wir genügend Lehrkräfte für den regulären Unterricht fin-den.

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Heidi Krähenbühl (SP): Wie war das bei uns? Bei uns gab es auch schwierige Kinder, auch in meinem unmittelbaren Umfeld. Die Lehrer hatten schon damals keine Zeit, sich diesen Problemen anzunehmen und es wurde einfach wegge-schaut. Diese Kinder wurden "mitgezogen". Damals hatte man noch das Glück, dass es mehr nicht berufstätige Mütter gab und diese die Kinder in der Freizeit beschäftigten. Bei uns auf dem Gymnasium hat man ebenfalls weggeschaut. Die Lehrer hat das nicht interessiert, sie haben keine Zeit gehabt und man hatte keine Institution. Die Leute sind dann im Drogenentzug gelandet, was sicher auch viel Geld kostete. Heute ist die Situation noch schwieriger und man sollte sich deshalb gut überlegen, hier rechtzeitig zu intervenieren.

Man hat heute auch mehr Ansprüche, zum Beispiel im Gesundheitswesen, oder dass das Kind ein lebenswertes Leben und ein gutes Umfeld hat. Dies kostet und man sollte auch bereit sein, etwas zu investieren. Betroffen sind nicht nur Kinder, die Schwierigkeiten machen, sondern auch Kinder, die zu Hause Schwierigkeiten haben. Für diese ist es ganz sicher wert, etwas zu investieren.

Nadia Flury (SVP): Ich mache es kurz. Alle Fälle, dies konnten mir auch Lehrer bestätigen, die wir hier diskutieren (z.B. Vorfälle mit Drogen oder Schlägereien) betreffen die Oberstufe. Mit 100 Stellenprozenten, wie dies die SVP beantragt, kann die Schulsozialarbeit in der Oberstufe sichergestellt werden. Dort ist die Notwendigkeit auch ausgewiesen.

Stefan Zantop (Grüne): Zum Votum von Nadia Flury möchte ich festhalten, dass es einen Unterschied zwischen Prävention und Intervention gibt, und ich bitte Sie, dies jetzt einfach zur Kenntnis zu nehmen. Nur das.

Michael Madöry (SP): Ich möchte hier noch auf einen Vergleich aus der Biolo-gie zurückgreifen, obwohl es Leute gibt, die hier mehr verstehen. Alle Fälle von Monillia betreffen den Apfel. Wenn ich nicht bereits die Blüten behandle, habe ich diese Krankheit. Genau so verhält es sich bei den Kindern.

Michael Häusermann: Danke. Nachdem wir feuerwehrtechnisch geworden sind, wechseln wir zur Biologie.

Vizeammann Daniel Mosimann erörtert nochmals die Notwendigkeit des vom Stadtrat beantragten höheren Pensums für die Schulsozialarbeit. (Leider ist sein Votum auf der Tonbandaufnahme nicht festgehalten.)

Ebenso ist das dem stadträtlichen Antrag zustimmende Votum von Daniel Fischer (GLP) nicht aufgenommen worden.

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Abstimmung

In einer Eventualabstimmung unterliegt der von der SVP-Fraktion eingebrachte Änderungsantrag, welcher eine Erhöhung der Stellenprozente auf lediglich 100 % vorsieht, dem stadträtlichen Antrag mit 11 : 26 Stimmen.

Hierauf wird gestützt auf den Antrag des Stadtrates vom 25. Mai 2011 mit 28 Ja-Stimmen gegen 9 Nein-Stimmen

b e s c h l o s s e n :

1. Der Einwohnerrat stimmt der definitiven Einführung der Schulsozialarbeit an der Regionalschule Lenzburg-Staufen-Ammerswil per 1. Januar 2012 zu und bewilligt dafür 160 Stellenprozente und die damit jährlich wiederkeh-renden Ausgaben.

2. Der Einwohnerrat heisst für die einmaligen Infrastrukturaufwendungen für die Erhöhung der Stellenprozente Fr. 10'000.– gut.

Dieser Beschluss unterliegt dem fakultativen Referendum; die Frist läuft am 2. August 2011 ab.

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Schulanlage Angelrain; Projektierung der Gesamtsanierung des Bezirks-schulhauses mit einer Erweiterung auf der Westseite; Verpflichtungs-kredit

Sprecher der GPFK ist Remo Keller (SP): Die Stadt Lenzburg ist zurzeit daran, für die ganze Schulzeit Schulgebäude zu bauen bzw. zu sanieren. Zurzeit ist vielleicht etwas übertrieben, aber seit ich hier im Einwohnerrat bin. Angefangen mit den Kindergärten Widmi und Breitfeld, über die Primarschule (Neubau Schulhaus Mühlematt), zum stufenübergreifenden Bauwerk Dreifachturnhalle Angelrain. Mit der aktuellen Vorlage für die Sanierung und die Erweiterung der Bezirksschule kommen wir ins Teenager-Alter mit unseren Bauprojekten. Zum Glück ist dies langsam das Ende der ganzen Kette, denn die Sanierung des KV-Schulhauses und den Bau des Weiterbildungszentrums der Berufsschule haben wir bereits beschlossen.

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Das Gebäude im südlichen Bereich des Angelrains, wir tagen gerade in einem Gebäudeflügel, das von der Bezirksschule genutzt wird, ist 1930 erbaut worden. Das Haus ist sanierungsbedürftig. Ich glaube, das dürfte unbestritten sein. Insbesondere wenn man die aktuellen Normvorgaben des Kantons (70 m2) mit der Grösse der bestehenden Klassenzimmer (+/- 56 m2) vergleicht, merkt man, dass diese Räume wirklich zu klein sind. Zudem fehlt es an separaten Gruppen-räumen. Weitere Details zur Planungsphase möchte ich an dieser Stelle nicht hervorheben. Einerseits handelt es sich bei dieser Vorlage erst um den Pro-jektierungskredit und andererseits ist die Vorlage auch sehr gut erarbeitet.

Die Projektierung wird auch zeigen, ob die geplanten 18 Mio. Franken für die Sanierung wirklich reichen oder nicht. Dies ist ein weiterer, sehr hoher Betrag, den die Stadt Lenzburg in die wichtigste Ressource der Schweiz steckt. Schliesslich werden wir hiermit aber auch einem Auftrag gerecht, den wir uns selbst gegeben haben: "Bildung hat einen hohen Stellenwert. Wir fördern ein zeitgemässes und qualitativ hohes Bildungsangebot auf allen Stufen". Dies ist im Leitbild der Stadt Lenzburg zu lesen. Dass diese Klassenzimmer genau auf 70 m2 geplant werden, zeigt aber auch, dass wir eine zeitgemässe Sanierung des Gebäudes anstreben und sicher keine luxuriöse. Deshalb war die Vorlage in der GPFK nie umstritten.

Fragen sind insbesondere bei zwei Punkten aufgetaucht: Einerseits hat uns in-teressiert, ob die Planung zum richtigen und sinnvollen Zeitpunkt gestartet wird. Schliesslich ist die Standortfrage noch nicht in allen umliegenden Gemeinden geklärt. Auch der Grundsatzentscheid des Kantons, wie es im Aargauer Schul-system weitergeht, ist noch nicht gefallen. Dazu hat der Stadtrat festgehalten, dass diese Termine fast nicht besser sein könnten. Einerseits ist das Projekt flexibel genug, um entsprechende Bedürfnisse berücksichtigen zu können. Auch besteht die Option, den Anbau von 2 auf 3 Stockwerke zu erhöhen. Ande-rerseits sollten all die offenen Entscheide bis in einem Jahr gefällt sein. Wie man in der Terminplanung auf den Seiten 6 und 7 der Vorlage sehen kann, fin-det im April 2012 die Auswahl der definitiven Planer statt. Zu diesem Zeitpunkt sind auch die endgültigen Belegungszahlen bekannt.

Weiter haben wir uns erkundigt, ob vorgesehen ist, mit der Sanierung den Minergie-Standard für das Bezirksschulhaus zu erreichen. Hiezu haben wir die Antwort erhalten, dies werde (einmal mehr) an der kontrollierten Lüftung scheitern. Die hohen Anschaffungskosten für eine solche Lüftung rechnen sich nicht. Aber man wird dafür besorgt sein, bezüglich Energie-Effizienz so nah wie möglich an die Standards des Minergie-Labels zu kommen.

Die GPFK empfiehlt Ihnen, dieser Vorlage zuzustimmen. Die SP-Fraktion schliesst sich dem an.

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Urs Egloff (CVP): Der Stadtrat beantragt einen Verpflichtungskredit von 1,3 Mio. Franken für die Projektierung der Sanierung und Erweiterung der Bezirks-schule. Ich traue mich fast nicht, es zu erwähnen, aber die ersten Überlegungen zu diesem Projekt wurden vor mehr als 15 Jahren - als ich damals frisch der Schulpflege angehörte - gemacht. Es ist an der Zeit, das Schulhaus endlich zu sanieren. Der Fahrplan, der einen Baubeginn im Herbst 2013 vorsieht, ist ehrgeizig. Er ist jedoch zeitlich so optimiert, dass alle noch vorzunehmenden Anpassungen in der Schullandschaft sowie die offenen Standortentscheide der Nachbargemeinden mitberücksichtigt werden können. Der Entscheid des Stadtrates für die Variante A ist nachvollziehbar und erlaubt eine optimale Nutzung der heute vorhandenen und noch entstehenden Schulräumlichkeiten im Angelrain. Die CVP- und GLP-Fraktion stimmt diesem Vorhaben einstimmig zu.

Abstimmung

Der Einwohnerrat bewilligt für die Präqualifikation des Generalplaner-Teams und zur Projektierung der Sanierung und der Erweiterung der Bezirksschule einen Verpflichtungskredit von Franken 1'300'000.–, zuzüglich teuerungsbe-dingter Mehrkosten.

Dieser Beschluss unterliegt dem fakultativen Referendum; die Frist läuft am 2. August 2011 ab.

86

Sanierung Wilstrasse (Abschnitt Wald); Verpflichtungskredit

Lea Grossmann (FDP), Sprecherin der GPFK: Ich habe die Aufgabe, Ihnen das Geschäft Sanierung Wilstrasse (Abschnitt Wald) näher zu bringen. Ich habe mich - wie bei der Vorlage Schulsozialarbeit - eingehend mit diesem Thema befasst. Das zur Diskussion stehende Geschäft wurde durch die GPFK nicht einfach "durchgewinkt". Es geht hier um einen Verpflichtungskredit von 412'000.– Franken, wovon der Kanton 200'000.– Franken übernehmen wird. Die Wilstrasse ist eine wichtige Verbindung für die Justizvollzugsanstalt, für das neue Zentralgefängnis und für die Messer AG. Ein grosser Teil des Lastwagen-verkehrs geht über diese Strasse. Das ist gut, weil dadurch der Verkehr in der Stadt entlastet wird, hingegen natürlich schlecht, weil damit ein Erholungsgebiet beeinträchtigt wird. Trotzdem haben wir diese zwei Gefängnisse und den damit verbundenen Verkehr. Das können wir nicht ändern. Auch dass der Weg von Ortskundigen zur Umgehung des Staus genutzt wird, ist eine Tatsache. Auf der Strasse nur noch Zubringerdienst zu gestatten, macht nicht viel Sinn. Ein solches Verbot würde missachtet und wäre kaum durchsetzbar. Der

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sogenannte Schleichverkehr müsste von der Polizei kontrolliert werden und dies wäre doch ein Verhältnisblödsinn.

In der GPFK gaben die Themen Strassenverbreiterung und -belag zu reden. Die vorgesehene Strassenbreite reicht gemäss BFU-Normen für das Kreuzen zweier PW’s. Für zwei Lastwagen wird es zu eng. Der Strassenabschnitt wird in dem Fall auch nach der Sanierung unübersichtlich und eng sein. Die verengte Aabach-Brücke trägt auch dazu bei, dass der Strassenabschnitt nicht zu einer "Raserstrecke" verkommt. Die GPFK hat den Stadtrat gebeten, eine soge-nannte Kernfahrbahn zu markieren, dadurch könnte man den Velofahrern einen Dienst erweisen. Für Spaziergänger und Wanderer wird auch gesorgt. Diese bekommen eine neue - das ist meine persönliche Meinung - und eine attrakti-vere Routenführung. Noch eine Randbemerkung: Die Strassenparzelle, über die wir sprechen, ist gemäss Beurteilung des Kantons nicht Wald. Darum gehört die Wilstrasse auch der Einwohner- und nicht der Ortsbürgergemeinde.

Würde es nicht reichen, wenn man diese Strasse mit einem Kiesbelag versehen würde? Das wäre eine günstigere Variante. Der Stadtrat hat uns die Auskunft gegeben, dies hätte aber den Nachteil, dass die Unterhaltskosten teurer und vom Kanton nicht mitfinanziert würden. Die GPFK empfiehlt Ihnen mit 7 Ja-Stimmen gegen 2 Nein-Stimmen, der Vorlage zuzustimmen. Die FDP-Fraktion wird diesem Geschäft beipflichten.

Urs Egloff (CVP): Sanierung Wilstrasse (Abschnitt Wald) - der Titel dieser Vor-lage ist eine ganz krasse Untertreibung und daher eine Fehlleitung für den bewilligenden Rat und die Bevölkerung. Hier handelt es sich effektiv um einen Ausbau eines untergeordneten Strassenabschnitts zu einer Strasse für kreu-zenden Lastwagenverkehr und dies an einer heiklen, von vielen Wanderern, Sportlern und dem Langsamverkehr benützten Stelle. Dies ist nicht nur meine Meinung. Die Fraktion der CVP und GLP beantragt die Rückweisung dieses Projektes zur Überarbeitung.

Ich möchte diesen Rückweisungsantrag wie folgt begründen: Die vorgeschla-gene geteerte Strassenbreite von 5,6 m bis 6,5 m entspricht den Anforderungen an eine Zufahrtstrasse zu einer Gewerbe- und Industriezone mit viel Schwer-verkehr, wo mit häufigen Kreuzungen von LKW’s zu rechnen ist. Der Kreu-zungsfall LKW/LKW ist in dieser Vorlage gar nicht richtig begründet. Es fehlen Zahlen über den Lastwagenverkehr. Die in den Spitzenstunden festgestellten 60 Motorfahrzeuge, was auf eine Tagesanzahl von 550 extrapoliert worden ist, genügt als Begründung nicht. Die in der Vorlage erwähnte in Aussicht gestellte Zustimmung der Fachabteilungen muss deshalb mit Recht in Frage gestellt werden. Wollen wir einem Projekt zustimmen, dem der Kanton nachher nicht zustimmen kann, weil die Voraussetzungen nicht erfüllt sind? Die Wilstrasse soll zu einer vollwertigen Quartiererschliessungsstrasse aufgewertet werden. Für Quartiererschliessungsstrassen wird aber vorausgesetzt, dass eine Kreu-zung eines LKW's und eines PW's möglich ist. Wenn man voraussetzt, dass Fahrgeschwindigkeiten von 30 bis 50 km/h vorherrschen - mehr ist dort gar nicht zu erwarten – genügt eine Fahrbahnbreite von 5,2 m. Bei einer Geschwin-digkeit von 30 km/h, die für diesen Strassenabschnitt signalisiert werden sollte, wäre sogar eine Fahrbahnbreite von 4,8 m zulässig. Die heutige Strassenbreite

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- ich habe diese am Sonntag gemessen - beträgt zwischen 4,6 m und 5 m (aus-ser vielleicht in der Kurve). Eine Fahrbahnbreite von 4,8 m erlaubt auch das Kreuzen mit bis zu 3,5 m breiten Landwirtschaftsfahrzeugen, z. B. von einem Mähdrescher mit einem Velofahrer. Breitere Fahrzeuge sind, da die Aabach-brücke 3,5 m breit ist, nicht zu erwarten.

In der Vorlage werden auch noch eine Entflechtung des Verkehrs und eine Verlegung des Wanderwegs erwähnt. Wir wissen, dass dieser Wanderweg eine grosse Bedeutung hat, wird er doch von 3 Wanderrouten benützt: Von Muri nach Lenzburg, vom Schloss Hallwil nach Lenzburg und auch als Industriekul-turpfad. Eine Verlegung des Wanderweges an den Aabach ist aus Sicht der Fachabteilung, in der ich arbeite, kaum sinnvoll. Es müsste ein gleichwertiger Wanderweg erstellt werden. Ein Trampelpfad ist kein äquivalenter Ersatz und diese Fachabteilung würde auch nicht einer Verbreiterung zustimmen.

Weitere, in dieser Vorlage noch nicht berücksichtigte Möglichkeiten zur Entlas-tung des zu sanierenden Strassenabschnitts wären zwei oder drei Ausweich-stellen mit der Hinweistafel "Ausweichstellen beachten", oder ein Lastwagen-fahrverbot mit dem Zusatz "ausgenommen Zubringerdienst", sowie eine Ge-schwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h. Diese Massnahmen sind bei der Überarbeitung zu prüfen. Ich bin überzeugt, dass mit einer Rückweisung und Überarbeitung eine situationsgerechtere, bewilligungsfähigere und kostengüns-tigere Lösung vorgeschlagen werden kann und für die ebenfalls die finanzielle Unterstützung des Kantons beansprucht werden kann. Ich danke für Ihre Unter-stützung.

Michael Häusermann: Gemäss Geschäftsreglement diskutieren wir jetzt über diesen Rückweisungsantrag. Wer wünscht das Wort?

Jürg Haller (FDP): Guano! Herr Präsident, meine Damen und Herren, wenn Edward Attenhofer vor 50 oder 60 Jahren hier ein solches Blatt gesehen hätte, wie wir es bekommen haben, hätte er gesagt: "Guano!" Das ist peruanischer Vogelmist. Ich will niemandem nahe treten, aber es ist erstens ein Projekt auf dem Tisch, das heute Abend finanziell wahrscheinlich das Geringste ist, und zweitens gehen wir alle, fahren alle Velo, fast alle fahren Auto und einige auch noch Mähdrescher. Hier drin sind alle Fachleute und wir vergessen, dass das Projekt von Fachleuten erarbeitet worden ist. Wir haben ein fair bezahltes Bauamt, das dieses Projekt erarbeitet hat. Die Fachleute des Bauamtes und nicht die Lernenden. Heute Abend haben wir über das viele Geld, das wir nach Aarau überweisen, diskutiert. Hier bekommen wir Geld vom Kanton. Sind wir kompetent, über Geschwindigkeitsbeschränkungen, Strassenbreite und Stras-sensignalisation zu diskutieren? Auch der genannte "Trampelpfad" reicht aus. Diesen habe ich selber schon benutzt. Ich empfehle Ihnen deshalb, den Rück-weisungsantrag abzulehnen.

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Stefan Zantop (Grüne): Auch ich will der Planung nicht zu nahe treten und trotzdem ein paar Sachen in Frage stellen. Wir Grünen, das wissen Sie, befür-worten einen guten Unterhalt unserer Infrastrukturanlagen. Das vorliegende Geschäft ist aber ein bisschen anders gelagert. Wir haben es schon gehört, der Titel ist an sich falsch. Wir erachten die Verbreiterung der Strasse als Ausbau und nicht als reine Sanierung. Zum Stichwort "Infrastruktur": Grundsätzlich wäre diese Strasse verzichtbar, weil unsere Bauzonen über Baugebiete erschlossen sind, wie das im Gesetz als Grundsatz auch vorgesehen ist.

Zur "Kapazität": Wir attestieren, dass der Verkehr im Zusammenhang mit der Justizvollzugsanstalt und in Notfällen zur Firma Messer über die Wilstrasse (Abschnitt Wald) sinnvoll ist. Das Verkehrsaufkommen, das sehen wir aus der Vorlage, besteht jedoch zum grössten Teil (ungefähr 90 %) aus Schleichver-kehr. Das sind Quartiersbewohner, die den Stau umfahren und ganz sicher auch einen erheblichen Anteil des Durchgangsverkehrs ausmachen. Diesen Durchgangsverkehr wollen wir unterbinden. Wie der Stadtrat in der Vorlage festhält, will er das auch. Bereits vor 10 Jahren definierte er bei der Sanierung der Aabachbrücke dieses Ziel. Ein punktueller Flaschenhals, wie es die Aa-bachbrücke ist und bleibt, wirkt aber ganz sicher schwächer als eine ganze Strecke, die für Autofahrer unsicher und daher weniger attraktiv wirkt. Wenn wir also diesen langen, unattraktiven Streckenabschnitt verbreitern, dann ist zu er-warten, dass der Schleichverkehr weiter zunimmt. Wir glauben, dass die Priori-täten falsch gesetzt sind. Von der Annahme auszugehen, dass sich zwei Last-wagen auf der Wilstrasse kreuzen, erachten wir als übertrieben. Wie in der Vorlage festgehalten wird, zählte man zur Abendspitzenbelastung 60 PW's, 30 Velos und Mofas, 10 Fussgänger sowie 0 Lastwagen.

Ich glaube, es wäre an dieser Lage angemessen, eine sichere und attraktive Infrastruktur für Erholungssuchende (Stichwort: Fussgänger, Velo) zur Verfügung zu stellen. Ausgerechnet diese Aspekte sind aber höchstens in einem Nebensatz und mit einer Klammerbemerkung "zum Beispiel" berücksich-tigt und noch nicht abgeklärt, wie wir von Urs Egloff gehört haben. Aus diesen Gründen sind die Grünen eigentlich für eine Sperrung der Strasse und nur die JVA und der Landwirtschafts- und Langsamverkehr sollte zugelassen werden. Wir tragen die Rückweisung im Sinne eines Kompromisses aber mit und bitten Sie, hier mitzuziehen. Wir fordern, die Herausforderung "Beruhigungsverkehr" anzupacken und die verkehrspolitischen Rezepte des letzten Jahrhunderts ge-legentlich zu überdenken. Wir müssen von einer nachfrageorientierten Ver-kehrspolitik wegkommen und den Verkehr so lenken, dass seine negativen Auswirkungen - diese sind wohl unbestritten - möglichst minimiert werden. Die Schleichwege durch Wohnquartiere sollten wir sicher nicht ausbauen, darum ist für uns eine Rückweisung zwingend. Geben wir doch dem Stadtrat die Chance, mit einer weisen Vorlage wieder an uns zu gelangen, ohne Erhöhung der Ka-pazität und erst noch weniger teuer.

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Nadia Flury (SVP): Die SVP-Fraktion wird dem Rückweisungsantrag nicht zu-stimmen. Wir haben von Stefan Zantop gehört, dass es durchaus sinnvoll ist, die Wilstrasse als Zufahrtsstrasse für die Justizvollzugsanstalt zu verwenden. Diese Erschliessung und die Notfallerschliessung für die Firma Messer bringen relativ viel Lastwagenverkehr mit sich. Es kann deshalb vorkommen, dass sich Lastwagen kreuzen müssen. Diese können doch nicht in den Wald ausweichen, geschweige denn Mähdrescher, sonst würden ja noch Bäume gefällt, was si-cher auch nicht im Sinne der Grünen sein kann (Heiterkeit). Demzufolge müs-sen Lastwagen kreuzen können, was eine Verbreiterung der Strasse bedingt. Dies auch zur Sicherheit der Fussgänger und Radfahrer. Mit der Vorlage will man keinen zusätzlichen Schleichverkehr anlocken, zumal auf der Wilstrasse, auch nach der Verbreiterung, nicht schnell gefahren werden kann. Raser wer-den sicher nicht angelockt. Wir werden deshalb den Rückweisungsantrag ab-lehnen und der Vorlage als solches zustimmen.

Daniel Fischer (GLP): Ich nehme Bezug zu den Lastwagen, die zur Firma Messer fahren. Da diese meist gefährliche Ladungen haben, gehe ich doch davon aus, dass sie nicht über die bestehende oder ausgebaute Wilstrasse verkehren. Dann noch etwas zum Votum von Jürg Haller: Auch ich kenne den Weg als Velofahrer und als Fussgänger und heute fühle ich mich wohl dort. Wenn ein Auto vorbeifährt, wartet der Automobilist, bis ich zur Seite gegangen bin. Bei einer breiteren Strasse wird sich dies ändern.

Hans Huber, Stadtammann: Geschätzte Kollegen und Kolleginnen, ich bitte Sie, diesem Projekt zuzustimmen. Wir sanieren eine Strasse, die in einem himmel-traurigen Zustand ist. Weder das Bauamt noch ich können die Verantwortung übernehmen, dass beim heutigen Zustand der Strasse nichts passiert. Wir möchten die Wilstrasse sauber und unterhaltsfrei für die nächsten 30 Jahre ausbauen. Dies mit dem Vorteil, dass die JVA und das Zentralgefängnis u.a. die Gefangenentransporte über diese Route führen. Wir möchten die Anwohner der Wilstrasse (im Siedlungsgebiet) nicht mit diesen zusätzlichen Transporten belasten, haben wir doch bereits Schwierigkeiten, die Tempo 30-Zone im Bereich der Sportanlage durchzusetzen.

Urs Egloff ist offenbar nicht ganz im Bild. Seine Kollegen (aller Departemente, die hier zuständig sind) waren einen halben Tag auf dem Platz und haben dem Projekt in der vorliegenden Form zugestimmt. Der Kanton leistet schliesslich auch einen Beitrag von Fr. 200'000.– an dieses Strassenbauvorhaben. Zudem wurde der Ausbau so gewählt, damit die Fahrzeuge nicht mehr auf den Wald-boden ausweichen müssen.

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Marianne Tribaldos (CVP): Zunächst einmal sind wir nicht gegen die Sanierung. Wir sind nur gegen die Verbreiterung. Dies aus gutem Grund, denn es handelt sich um eine Strasse, die durch den Wald führt und die von Spaziergängern, Velofahrern sowie Joggern benutzt wird. An dieser Stelle befindet sich der Vita Parcours. Wir möchten nicht, dass einer der schönen Wege, die wir in unserem Lenzburg haben, und der es allen Anwohnern erlaubt, im Wald spazieren zu gehen, zu einer Strasse wird, wo Lastwagen kreuzen können. Wir möchten keinen Schleichweg, der es pfiffigen Mitmenschen erlaubt, die Strasse zwischen Seon und Lenzburg, die zu den Hauptverkehrszeiten natürlich verstopft ist, zu umgehen und so den Verkehrslärm in ein bis dahin ruhiges Quartier zu tragen. Das ist unangenehm für die erholungssuchenden Menschen, die Ruhe brauchen. Ich stelle mir vor, wie das liebliche Plätschern des Aabachs vom Motorenlärm übertont wird. Gefährlich ist es auch, nebenbei bemerkt. Ich stelle mir vor, da kommen die Leute, rasen erst durch den Wald und dann am Altersheim vorbei Richtung Autobahn. Denn wo eine Strasse ist, die zum Schnellfahren einlädt, da wird sie auch benutzt, und wenn es keiner sieht, noch schneller. Das ist eine empfindliche Beeinträchtigung der Lebensqualität in Lenzburg. Wenn wir nicht aufpassen, dann machen wir unser Lenzburg zu einem Ort, an dem man vorbeifährt, und zwar auf dem schnellsten Weg und auf allen Wegen, auch wenn sie mitten durch den Wald führen. Das darf doch nicht sein! Wenn hier an dieser Stelle schon gefahren werden muss, dann soll das gefälligst mühsam sein! Viel mühsamer, als wenn man die normale Strasse benutzt. Ist eigentlich auch abgeklärt worden, ob der Kanton an eine andere Variante bezahlen würde, an eine mit Verkehrsbehinderung? Bloss weil man jemanden hat, der einem eine schädliche Sache bezahlt, muss man die noch lange nicht kaufen. Wie sollen wir unseren Kindern und Enkeln erklären, dass wir diesen Waldweg dem Moloch-Verkehr geopfert haben, und wie - übrigens heute schon - der Lenzburger Bevölkerung und unseren Wählerinnen und Wählern? Ich bitte wirklich darum, diese Vorlage so nicht anzunehmen.

Urs Egloff (CVP): Ich möchte das Votum von Stadtammann Hans Huber repli-zieren. Es ist so, dass effektiv der Bedarfsnachweis für das Kreuzen Lastwa-gen-Lastwagen mit diesen Unterlagen nicht gegeben ist. Ich habe diese Vor-lage dem zuständigen Sachbearbeiter vorgelegt und ich weiss sehr gut, was die anderen Fachstellen insgesamt geantwortet haben. Auch ich bin für eine Sanie-rung der Strasse. Es ist mir jedoch ein Anliegen, dass diese - gerade im Wald - nur 4,8 m und nicht 5,6 m breit ist. Da diese Änderung zu gross ist, kann ich keinen entsprechenden Änderungsantrag einreichen und muss die Rückwei-sung des Geschäftes an den Stadtrat beantragen.

Hans Peter Moser (FDP): Es tut mir leid, dass ich mich auch noch melde. Ich wäre auch daran interessiert vorwärtszukommen, da ich morgen früh um 5 Uhr raus muss, um Lastwagen zu fahren, nicht durch den Wald, ich muss nach Winterthur (Heiterkeit). Es wird immer von einer Verbreiterung der Strasse gesprochen. Wenn Sie heute vor Ort die Fahrspuren betrachten, werden Sie jedoch feststellen, dass diese bereits eine Breite von ungefähr 5,6 m aufweisen. Dies wohl darum, weil sich dort bereits heute regelmässig Lastwagen kreuzen.

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Wird die Strasse nur mit einer Breite von 4,8 m saniert, werden wir in einem halben Jahr wieder Fahrspuren im Umgelände haben und Beschädigungen an den Fahrbahnrändern feststellen. In der Folge werden wir wieder viel Geld für Reparaturarbeiten aufwenden müssen. Dies ist genau das, was mit dieser Vor-lage verhindert werden soll. Darum bitte ich Sie, diesem Projekt zuzustimmen.

Stadtammann Hans Huber: Ich möchte Hans Peter Moser danken: Er hat das gesagt, was ich sagen wollte.

Abstimmung über den Rückweisungsantrag

Der von Urs Egloff namens der CVP/GLP-Fraktion eingebrachte Rückwei-sungsantrag wird vom Einwohnerrat mit 10 Ja-Stimmen gegen 26 Nein-Stim-men, bei einer Stimmenthaltung, abgelehnt.

Der Einwohnerratspräsident erteilt das Wort für die weitere Diskussion der Vor-lage.

Daniel Fischer (GLP): Ich würde gerne einen Antrag für eine geringe Projektan-passung unterbreiten. Mit der Ablehnung des Rückweisungsantrags hat die Ratsmehrheit signalisiert, dass sie Unterhaltskosten reduzieren und den Kan-tonsbeitrag "abholen" will. Aber wir gehen folgende Risiken ein: Erstens besteht die Gefahr, dass mit der grösseren Attraktivität der Schleichverkehr massiv zu-nehmen wird, vor allem, wenn man für die Kerntangente keine gute Lösung fin-det. Anstatt heute 550 Fahrzeuge, zählen wir vielleicht schnell einmal 2'000 oder gar 5'000 Fahrzeuge. Nach einem Ausbau der Wilstrasse ist die Hemm-schwelle, diese Strecke zu benützen, sicher geringer. Die zweite Gefahr ist die Geschwindigkeit. Mit der breiteren Strasse erhöhen sich erfahrungsgemäss auch die gefahrenen Geschwindigkeiten. sowohl die Durchschnittsgeschwindig-keit, wie auch die Raser.

Folgende kleine Anpassung könnte aber diese Nachteile reduzieren und sogar zu einem Vorteil werden lassen. Man sollte die Strasse nicht überall breiter ma-chen und auch 2-3 Engnisse einbauen (wie bei der Brücke). Wenn nicht auf der ganzen Streckenlänge gekreuzt werden kann, reduzieren sich die gefahrenen Geschwindigkeiten. Das erste Engnis wäre beispielsweise beim Ende des Vita Parcours-Parkplatzes. Das zweite Engnis wäre dort, wo der Weg herunter-kommt. Mit diesen Begleitmassnahmen, die relativ günstig sind und das Projekt nicht gross verändern, könnte die Durchschnittsgeschwindigkeit und die Attraktivität als Schleichweg verringert werden. Trotzdem hätten wir all die Nutzen, die in der Vorlage erwähnt werden. Darum bitte ich Sie, meinen Antrag anzunehmen.

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Einwohnerratspräsident Michael Häusermann: Gemäss § 18 Abs. 2 unseres Geschäftsreglementes kann bei Kreditvorlagen nur über Abänderungsanträge abgestimmt werden, wenn die dadurch verursachte Kostenveränderung fest-stellbar und das Projekt auch mit dieser Änderung realisierbar ist. Jetzt ist die Frage an die Fachleute: Ist das hier der Fall?

Stadtschreiber Christoph Hofstetter: Geschätzte Anwesende, ich kenne den Antrag nicht im Detail. Christian Brenner hat mir jedoch heute bestätigt, dass die beiden Engnisse im Rahmen des Ihnen beantragten Kredites realisiert wer-den könnten. Aus meiner Sicht ist der Abänderungsantrag deshalb zulässig, da das Bauamt bestätigt hat, dass der Kostenrahmen eingehalten werden kann.

Hans Huber, Stadtammann: Der Stadtrat hält am bestehenden Projekt, das auch mit den Fachleuten des Kantons besprochen wurde, fest. Ich bin über-zeugt, dass diese Verengungen nichts bringen und auch den Schleichverkehr nicht reduzieren. Ich möchte Sie bitten, diesem Projekt zuzustimmen und den Änderungsantrag zurückzuweisen.

Michael Madöry (SP): Ich habe mir ähnliche Gedanken gemacht und war selten so einig mit Daniel Fischer wie heute Abend. Durch die bevorstehende Sanie-rung der Justizvollzugsanstalt wird zusätzlicher Schwerverkehr generiert. An-stelle von Engnissen könnte man z.B. auch Schwellen in die Strasse einbauen. Wieso ist man von den Schwellen etwas weggekommen? Weil es im Wohn-quartier störend wirkte, wenn Automobilisten vor der Schwelle abbremsen und nachher wieder beschleunigen müssen. Was ist im Wald schlimmer, das Ab-bremsen und Beschleunigen wegen einer Schwelle oder übersetzte Geschwin-digkeiten? Wir könnten also auf die Engnisse verzichten und 2 oder 3 Schwel-len einbauen, damit die Tempolimite 30 km/h eingehalten werden muss.

Störend ist für mich auch, dass der uns zugestellte Plan fehlerhaft ist. Der Wanderweg verläuft doch schon seit einiger Zeit nicht mehr direkt am Aabach entlang. Zudem hätte in der Vorlage erwähnt werden müssen, dass die JVA umgebaut wird. Sonst diskutieren wir über Sachen, ohne zu wissen, was alles auch noch davon abhängt. Ich habe mir die Strasse angeschaut und finde, sie müsse auf jeden Fall saniert werden. Ich habe wirklich zwei Seelen in meiner Brust, darum habe ich mich bis jetzt enthalten. Ich finde es nicht "lässig", wenn dort eine Rennbahn entsteht. Auf der anderen Seite sehe ich ein, dass wir diese Strasse brauchen. Ich denke, man müsste sich wirklich überlegen, ob man diese Vorlage nicht noch leicht anpassen könnte, so dass alle zu dem kommen, was sie wirklich brauchen.

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Hans Huber, Stadtammann: Wir haben zwei natürliche Schwellen bzw. Engnis-se. Einerseits eine starke Kurve, andererseits die nur einspurig befahrbare Brü-cke. Auf den restlichen 250 m wollen wir keine Schwellen einbauen.

Remo Keller (SP): Grundsätzlich bin ich sehr froh, dass diese Strasse eben nicht mitten durch den Wald geht, sondern im Randbereich verläuft. Wäre die Strasse wirklich mitten im Wald, hätten wir nur einen Bruchteil der Waldfläche.

Zu den Engnissen muss ich festhalten: Als Radfahrer fühle ich mich sicherer, wenn ein Auto auf einer breiteren Strasse an mir rasch vorbeifährt, als wenn ich einem Hinderniss ausweichen muss und der Automobilist trotzdem mit hoher Geschwindigkeit an mir vorbeifahren will. Bezüglich Schleichverkehr muss auch berücksichtigt werden, wohin die Wilstrasse führt. Benützt man die Wilstrasse, um dann an der Einmündung in die Aavorstadt zu warten? Bringt’s das? Biegt man nach rechts ab und wartet anschliessend in der Burghalde oder versucht es noch über die Schützenmattstrasse und wartet dann einfach bei der Verzweigung in die Niederlenzerstrasse? Sie sehen, der Schleichweg über die Wilstrasse ist nicht attraktiv. Ich unterstütze deshalb den Antrag des Stadtrates.

Michael Madöry (SP): Entschuldigung, mir ist etwas untergegangen. Ich sollte noch sagen, dass die SP-Fraktion grossmehrheitlich den Antrag des Stadtrates unterstützt.

Einwohnerratspräsident Michael Häusermann: Nachdem das Wort nicht weiter gewünscht wird, verlese ich nochmals den Änderungsantrag von Daniel Fischer (GLP): Wir beantragen erstens, dass die Strasse nur dort verbreitert wird, wo die Stelle als Kreuzungsort vorgesehen ist, insbesondere in der Kurve und zweitens, dass neben dem bereits bestehenden Engnis der Brücke weitere drei Engnisse gebaut werden, sodass ein Kreuzen von Autos nicht möglich ist. Das erste Engnis ist auf der Höhe des südlichen Endes des Vita Parcours-Parkplatzes vorzusehen, das zweite Engnis dort, wo die Strasse aus der Ebene hinunterführt und ein weiteres Engnis in der Mitte der langen Geraden.

Abstimmung

In einer Eventualabstimmung unterliegt der von Daniel Fischer namens der CVP/GLP eingereichte Abänderungsantrag dem stadträtlichen Antrag mit 8 : 26 Stimmen, bei 3 Stimmenthaltungen.

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Hierauf wird gestützt auf den Antrag des Stadtrates vom 25. Mai 2011 mit 26 Ja-Stimmen gegen 8 Nein-Stimmen, bei 3 Stimmenthaltungen,

b e s c h l o s s e n :

Der Einwohnerrat stimmt dem Projekt für die Strassensanierung im Wil zu und bewilligt für die Ausführung des Vorhabens einen Verpflichtungskredit von brutto Fr. 412’000.–, zuzüglich teuerungsbedingter Mehrkosten.

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Anfrage der SVP-Fraktion zu den Auswirkungen Revision der Arbeits-losenversicherung; Beantwortung durch den Stadtrat

Namens des Stadtrates beantwortet Stadträtin Dr. Heidi Berner, Sozialvorstehe-rin, die Anfrage der SVP-Fraktion wie folgt:

1. Wie viele Arbeitslosentaggeld-Bezüger/innen wurden per 01. April 2011 ausgesteuert?

16 Personen

2. Wie viele der Betroffenen sind aufgrund der ALV-Revision auf Sozialhilfe angewiesen bzw. werden in naher Zukunft auf Sozialhilfe angewiesen sein?

In der Zeit vom 1. April bis 31. Mai 2011 meldeten sich 21 Personen inklu-sive 9 Mitunterstützte für den Bezug von materieller Hilfe an. Von diesen 21 Fällen sind 2 aufgrund der revidierten Gesetzgebung betroffen. Es wird in weiterer Zukunft mit zusätzlichen Ausgesteuerten zu rechnen sein.

3. Welches sind die finanziellen Konsequenzen für Lenzburg und welche Aus-wirkungen hat dies auf die Stadt Lenzburg kurz- und langfristig?

Der Aufwand für die Sozialhilfe wird noch einmal höher ausfallen. Dieser besteht nicht nur in Form von materieller Hilfe, sondern auch immaterieller Hilfe. Der Personal- und Zeitaufwand steigt zusätzlich. Mittelfristig wird eine Erhöhung der Personalressourcen unumgänglich sein, da neben der ALV-Revision die nächste IV-Revision ansteht, bei der es zu einer bedeutenden Anzahl von Renten-Einstellungen kommen wird. Diese Personen werden ausserordentlich schwierig in den ersten Arbeitsmarkt zu reintegrieren sein. Schliesslich verzeichnet Lenzburg einen markanten Anstieg von vormund-schaftlichen Massnahmen mit einem ausgesprochen hohen Betreuungs-aufwand, insbesondere im Bereich Kinderschutzmassnahmen. Zudem wird auf den 1. Januar 2013 das neue Kindes- und Erwachsenenschutzgesetz in Kraft treten.

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Die finanziellen Konsequenzen sind klar ein weiterer Mehraufwand für die Stadt Lenzburg.

4. Wie werden die finanziellen Mehrkosten kompensiert?

Es stellt sich die Grundsatzfrage, ob eine nachhaltige oder eine kurzfristige Kompensation, respektive Einsparung angestrebt wird. Bei einer nachhalti-gen Finanzplanung wird nur ein Mehraufwand für soziale und berufliche In-tegrationsmassnahmen zu einer Bewältigung der anstehenden Aufgaben führen. Kurzfristig angesetzte Sparmassnahmen führen zu "Dauer-Sozial-hilfeempfänger/innen", welche bis zum Rentenalter auf die öffentliche Hand angewiesen sein werden.

5. Mit welchen Massnahmen kann den (kurz- und langfristigen) Auswirkungen der ALV-Revision auf die Stadt Lenzburg und die Betroffenen begegnet werden?

Die Sozialkommission sowie die Sozialen Dienste befinden sich gemeinsam in einem stetigen Prozess bei der Bearbeitung und Lösung anfallender Problem- und Fragestellungen im Bereich der Sozialhilfe. Als nächste kon-krete Massnahme wird im Herbst 2011 das vom Stadtrat bewilligte Projekt "Case Management" in der Sozialhilfe gestartet. Im Vorfeld wurde u.a. be-reits eine Fallkategorisierung erarbeitet, um die Effizienz in der Fallbear-beitung nach definierten Kriterien zu steigern. U.a. wird mit dieser Methode eine zielgerichtete und konstruktive Zusammenarbeit zwischen KlientInnen, SozialberaterInnen sowie weiterer in den Fall involvierten Fachstellen und Institutionen wie IV, ALV, Fachärzten implementiert.

Das Konzept zum Projekt "Case Management" kann direkt bei den Sozialen Diensten bezogen werden.

Nadia Flury (SVP): Ich danke dem Stadtrat und Michael Gruber (Leiter Soziale Dienste) für die Beantwortung der Fragen. Ich mache es relativ kurz. Von diesen Antworten bin ich teilweise befriedigt. Die Frage 1, 2, 3 und 5 sind von mir aus gesehen so beantwortet. Bei Frage 4 ist es so, dass ich eigentlich danach gefragt habe, wie die finanziellen Mehrkosten kompensiert werden. In dieser Antwort sehe ich zwar, dass man lieber nachhaltige Lösungen sucht als kurzfristige Einsparungen. Hier ging es mir darum, wo der Stadtrat allenfalls die Möglichkeit im Gesamtbudget sieht, um die steigenden Sozialhilfekosten zu kompensieren. In diesem Sinne, wurde diese Frage nicht beantwortet.

Das Case Management ist sicher zu befürworten, wenn dies wirklich auch Verbesserungen bringt. Die Unterlagen zu diesem Projekt würde ich gerne gelegentlich beziehen.

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Umfrage

Beachvolleyball-Turnier

Ratspräsident Michael Häusermann: An erster Stelle noch eine kurze Rückmel-dung betreffend Beachvolleyball-Turnier: Erfreulicherweise ist es doch noch gelungen, mit professioneller Verstärkung aus der Stadtschreiberei und aus dem Berufsbildungszentrum Niederlenz eine Mann- bzw. Frauschaft zu stellen. Wir werden alles daran geben und um Titel und Ehre kämpfen.

Maienzug-Vorabend

Benjamin Kyburz (EVP): Wie Sie sicher wissen, ist vor einigen Wochen der Lenzburger Lauf über die Bühne gegangen. Dabei habe ich aber festgestellt, dass bekannte Gesichter aus dem Rat gefehlt haben. Ich gebe Ihnen nochmals eine Chance an einem weiteren Sportevent teilzunehmen. Aus dem Einwohner-rat Aarau wurde ich angefragt, ob der Einwohnerrat Lenzburg nicht Zeit und Lust hätte, am Maienzug-Vorabend am alljährlichen Weinfass-Rollen mit einer Mannschaft mitzumachen. Es handelt sich um eine Stafette, bei der jedes Mit-glied auf einer Strecke von ungefähr 30 m ein Weinfass rollt. Damit wir daran teilnehmen können, benötige ich noch drei Mitstreiter, die Lust haben, am nächsten Donnerstag, 30. Juni 2011, ab 23.00 Uhr, in Aarau mitzumachen. Wichtig ist, dass der Spass, das Spiel, die Unterhaltung und die Kameradschaft vor der Leistung stehen. Wie wäre es, wenn in der Presse zu lesen wäre, die Einwohnerräte aus Lenzburg sind die Könige des 6. Aarauer Weinfassrollens? Interessierte Räte melden sich bitte nach der Sitzung bei mir, um das weitere Vorgehen zu besprechen.

Werkstattgespräch zum Thema "Lenzburg und Umgebung - Verkehr wo-hin?"

Sabine Sutter (CVP): CVP und GLP führen am kommenden Montag, 20.00 Uhr, im Familienzentrum ein Werkstattgespräch zum Thema "Lenzburg und Umge-bung - Verkehr wohin?“ durch. Wir laden alle herzlich ein, daran teilzunehmen. Wir möchten die Möglichkeit anbieten, über die Thematik und mögliche Lösun-gen zu informieren und darüber zu diskutieren. Wir haben zwei Referenten ein-geladen, Ruedi Baumann, Präsident von der Repla (er wird über Projekte aus dem Richtplan informieren), und Christian Brenner, Stadtbauamt Lenzburg, Lei-ter Abteilung Tiefbau (er präsentiert Möglichkeiten, Strategien und Grenzen des Verkehrsmanagements). Der Abend verspricht spannend zu werden, nachdem man in der Zeitung von den Anliegen der Repla an die Grossräte lesen konnte.

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Richtplanung

Stefan Zantop (Grüne): Ich kann nahtlos anknüpfen. Die Repla Lenzburg-Seetal lässt ausrichten, dass alle "Strassen-Ausbauträume", welche aus dem Richt-plan gekippt worden sind, wieder aufgenommen werden sollen. Wir lesen aber herzlich wenig darüber, dass sich Lenzburg gegen diese Lasten, die auf die Gemeinde zukommen, wehren würde. Ich frage den Stadtrat: Vertritt Lenzburg die verkehrspolitischen Interessen unserer Gemeinde in der Repla oder über-nimmt er einfach die Interessen der Seetaler Gemeinden (mit dem tiefen Steu-ersatz)? Setzt sich der Stadtrat für eine gute Abstimmung von Siedlung und Verkehr ein oder schweigt er einfach zu diesem Thema? Ich bin für eine kurze Antwort dankbar.

Hans Huber, Stadtammann: Ja, wir vertreten auch die Anliegen der Grünen, der Petitionäre und der Anwohner der Kerntangente (mit dem stehenden Verkehr). Wir vertreten alle Interessen. Vielleicht müsstest du einmal die Zeitung richtig lesen. Sämtliche 20 Gemeindeammänner des Bezirks haben ein Schreiben an den Grossen Rat (mit Kopie an den Regierungsrat und die Verkehrskommis-sion) unterzeichnet, in dem gefordert wird, dass die Verkehrsproblematik ge-samtheitlich angegangen wird. Wir dürfen vor den zunehmenden Verkehrs-problemen nicht die Augen verschliessen. Diese Problematik muss gesamtheit-lich angegangen werden und betrifft nicht nur Lenzburg oder Seon oder Scha-fisheim. Ich gebe Ihnen ein Beispiel. In Schafisheim schafft Coop rund 1'600 neue Arbeitsplätze. Dies führt aber auch zu täglich 2'000 Lastwagenfahrten und es kann Lenzburg nicht egal sein, wo diese Fahrzeuge auf die Autobahn fahren. Sicher nicht in Lenzburg. Die Verkehrsproblematik beschäftigt uns. Aber ich sage es nochmals, und ich hoffe, die Presse schreibt es. Einzelinteressen kön-nen hier nicht vertreten werden. Es muss schlussendlich für alle stimmen. Ein umfassendes Verkehrsmanagement wird nun aufgegleist.

Jugendfest

Basil Rüttimann (CVP): Wir dürfen uns wieder auf das Jugendfest freuen. Letz-tes Jahr war ich ebenfalls am Zapfenstreich. Ich musste feststellen, dass sich die Leute etwas darüber geärgert haben, dass plötzlich "die Hahnen abgestellt" wurden. Wäre es nicht möglich, ein Lokal oder eine Bar noch länger geöffnet zu lassen? Lenzburg hinterlässt ein etwas schlechtes Bild, wenn man plötzlich keine Getränke mehr erhält. Ich hatte noch eine geschlossene Flasche Bier vor mir. Nun kamen verschiedene Festbesucher auf mich zu und begannen mir Geld für mein Getränk zu bieten. Ich hätte gut und gerne 10 Franken dafür er-halten. Ich sehe hier nun die Gefahr, dass jemand ein Geschäft wittert. Darum wäre es vielleicht sinnvoll, etwas zu unternehmen, solange man es noch kon-trollieren kann.

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Hans Huber, Stadtammann: Ich will diese Frage gleich beantworten, da in 14 Tagen das Jugendfest stattfindet. Wir werden hier nichts ändern. Wir wollen keinen Vorabend, der so lange dauert, dass man am Jugendfest Leute nicht findet, weil sie noch an einer Bar sind. Das Jugendfest heisst Jugendfest und ist nicht ein "Zapfenbar-Fest". Der Zapfenstreich soll ein freudiger Auftakt des Jugendfestes bleiben und nicht mehr. Wenn ich am Jugendfestmorgen um 6 Uhr meinen Rundgang mache, sehe ich all den Schmutz (Bierdosen, Becher, Erbrochenes etc.), den das Bauamt mit Hochdruckreinigern entfernen muss, damit alles sauber ist, wenn das Jugendfest losgeht. Wir wollen keinen Zapfenstreich, an dem es nach Knoblauch- und Magenbrot riecht.

Sitzungsschluss

Einwohnerratspräsident Michael Häusermann: Ich muss an dieser Stelle noch etwas ergänzen. Jacques Isler war natürlich nicht nur Mitglied des Einwohner-rates sondern arbeitete auch in der GPFK mit, was ja mit erheblichem Aufwand verbunden ist. Ich finde, wenn jemand aus dem Einwohnerrat und der GPFK zurücktritt, sollte dies mit einem kräftigen Applaus verdankt werden. (Langer Applaus)

Werte Damen und Herren, wir sind am Schluss einer erneut inhaltsreichen und vor allem zeitlich umfassenden Sitzung angelangt. Wir haben uns heute Abend mit Zahlen und Schulsozialarbeit befasst. Es ist erwähnt worden, dass gerade bei einem solchen Thema die Optik oder eben der Blickwinkel des Betrachters für das Abstimmungsverhalten entscheidend ist. Diese Optik und dieser Blick-winkel haben in einem gewissen Masse auch mit einer Brille zu tun. Extra für Sie heute Abend dazu passend mein Schlusszitat, mit welchem man die Schul-sozialarbeit wunderbar verbinden kann. Es stammt vom CSU-Politiker Franz Josef Strauss. Dieser hat einmal gesagt: "Selbst dann, wenn man eine rosarote Brille aufsetzt, werden Eisbären nicht zu Himbeeren." (Heiterkeit)

Eine letzte Information habe ich noch für Sie, es ist zugleich auch ein Test, ob mir überhaupt bis zum Schluss zugehört wird. Die Einwohnerratssitzung vom 22. September 2011 findet nicht hier in der Aula der Bezirksschule statt, son-dern im neu erstellten Weiterbildungszentrum der Berufsschule Lenzburg. Wir haben eine Einladung der Berufsschule erhalten und nach ein paar Tagen Be-denkzeit des Präsidenten, habe ich diesem Wechsel zugestimmt. Damit wir die tolle Aussicht vom Weiterbildungszentrum auf das Schloss geniessen können, werde ich die Sitzung auch zeitlich etwas früher ansetzen.

Die Jugendfestzeit steht bevor. Besuchen Sie in den nächsten Tagen die seit langem zur Tradition gewordenen Anlässe wie den "Buurezmorge" im Wilden-stein, die Jugendfestserenade und das Fischessen auf dem Metzgplatz. Am Montag, 4. Juli 2011, findet zudem eine Modeschau der Freischaren statt. Ich wünsche Ihnen allen noch einen schönen Abend, ein tolles Jugendfest und un-fallfreie Ferien. Die Sitzung ist geschlossen.

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Schluss der Sitzung: 23.00 Uhr

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NAMENS DES EINWOHNERRATES Der Präsident:

Der Protokollführer:

Verteilt an der Einwohnerratssitzung vom 2. Dezember 2011 erp1110.doc