PS Abweichendes Verhalten (Gewalt)Kriminalität und Jugendkriminalität in empirischer Betrachtung...

25
PS Abweichendes Verhalten (Gewalt)Kriminalität und Jugendkriminalität in empirischer Betrachtung apl. Prof. Dr. Jens Luedtke Institut für Gesellschafts- und Politikanalyse Goethe-Universität Frankfurt

Transcript of PS Abweichendes Verhalten (Gewalt)Kriminalität und Jugendkriminalität in empirischer Betrachtung...

Page 1: PS Abweichendes Verhalten (Gewalt)Kriminalität und Jugendkriminalität in empirischer Betrachtung apl. Prof. Dr. Jens Luedtke Institut für Gesellschafts-

PS Abweichendes Verhalten

(Gewalt)Kriminalitätund Jugendkriminalität

in empirischer Betrachtung

apl. Prof. Dr. Jens LuedtkeInstitut für Gesellschafts- und Politikanalyse

Goethe-Universität Frankfurt

Page 2: PS Abweichendes Verhalten (Gewalt)Kriminalität und Jugendkriminalität in empirischer Betrachtung apl. Prof. Dr. Jens Luedtke Institut für Gesellschafts-

Kriminalität in Deutschland

seit Mitte der 1990er Jahre: Stagnation auf hohem Niveau (BMI/BMJ 2006: 10): ca. 6,75 Mio. (1993), 6,3 Mio. (2006)

Diebstähle: ca. 2/5, KV: 8,5% (2006) mit Alter rückläufig: Sachbeschädigung, Leistungserschleichung,

einfacher Diebstahl: < 14: 2/3, 25-40J: 1/5 > 18 J.: Drogen-, Vermögens- und Fälschungsdelikte KV: Jugendliche, Heranwachsende

Tatverdächtige: 2,3 Mio.(2005) davon: 12,3% Jugendliche Belastung: unter Männern deutlich größer aber: Anstiegsraten der Frauen größer (Heinz 2004)

Page 3: PS Abweichendes Verhalten (Gewalt)Kriminalität und Jugendkriminalität in empirischer Betrachtung apl. Prof. Dr. Jens Luedtke Institut für Gesellschafts-

Belastung: Kriminalität, Verurteilungen

Männer: größere Raten an TV und besonders bei Verurteilten

Rückgang der Belastung ab Anfang/Mitte des 3. Lebensjahrzehnts

Quelle: Heinz 2004: 27

Page 4: PS Abweichendes Verhalten (Gewalt)Kriminalität und Jugendkriminalität in empirischer Betrachtung apl. Prof. Dr. Jens Luedtke Institut für Gesellschafts-

Quelle: Heinz 2004: 33

Page 5: PS Abweichendes Verhalten (Gewalt)Kriminalität und Jugendkriminalität in empirischer Betrachtung apl. Prof. Dr. Jens Luedtke Institut für Gesellschafts-

Altersstruktur deutsche Wohnbevölkerung 2006

18 b. u. 21 J.3,7%

14 b. u. 18 J.4,9%

< 14 J.6,2%

21 b. u. 60 J. 56,9%

> 60 J.28,3%

Quelle: BKA 2007

Page 6: PS Abweichendes Verhalten (Gewalt)Kriminalität und Jugendkriminalität in empirischer Betrachtung apl. Prof. Dr. Jens Luedtke Institut für Gesellschafts-

Jugendkriminalität

Page 7: PS Abweichendes Verhalten (Gewalt)Kriminalität und Jugendkriminalität in empirischer Betrachtung apl. Prof. Dr. Jens Luedtke Institut für Gesellschafts-

Jugendkriminalität

Jugendliche TV: 1993-98: steigende Zahl, + 45 % (auf 302.413) 1999-2006: Rückgang auf 278.447, sinkender Anteil an TV (2006:

12,2% (BMI/BMJ 2001; BKA 2007) Diebstähle und Raubdelikte rückläufig (Steffen 2007)

steigende Zahl heranwachsender TV 208.040 in 1993, 250.534 in 2004, Anteil: konstant um 10%.

TVBZ: für Jugendliche wieder rückläufig Jug.: 1995: 6.431, 2001: 7.416, 2006: 6.899

Heranw.: 1995: 6.354, 2001: 7. 416, 2006: 7.618

passageres Phänomen: 5% der Ersttäter erneut auffällig Hellfeld: 7% der Jugendlichen polizeilich erfasst

Belastung: Jugendliche > Erwachsene, Straftaten typischerweise leichter

Page 8: PS Abweichendes Verhalten (Gewalt)Kriminalität und Jugendkriminalität in empirischer Betrachtung apl. Prof. Dr. Jens Luedtke Institut für Gesellschafts-

Jugendkriminalität Anteil Jugendlicher an den TV

1/8 an allen TV 1/5 der TV bei Diebstahl 3/10 bei Raub ca. 1/8 bei einfacher, 1/5 bei qualifizierter KV gut 1/8 bei Drogendelikten als TV überrepräsentiert: Anteil an Bevölkerung: 4,5-5%

Delikte jugendlicher TV >1/3 der jugendlichen TV: wegen (Laden-)Diebstählen 1/8 der jugendlichen TV: wegen einfacher + qualifizierter KV 1/10 der jugedlichen TV: wegen Drogendelikten

Jugendliche häufiger Opfer als Täter > 1/8 aller Opfer; 2/3 männlich 2/5 der Jugendlichen: Opfer einer Gewalttat, 1/5 durch andere

Jugendliche KV: männliches, Sexualstraftaten: weibliches Opfer und: Täter-Opfer-Statuswechsel typisch (Steffen 2007)

Page 9: PS Abweichendes Verhalten (Gewalt)Kriminalität und Jugendkriminalität in empirischer Betrachtung apl. Prof. Dr. Jens Luedtke Institut für Gesellschafts-

Besondere „Illegitimität“ von Jugenddelinquenz

scheinbare Sanktionsresistenz (dazu: Schumann 2001): soziale Kontrolle scheint unwirksam

Sichtbarkeit von Jugendgewalt (dazu: Steffen 1995): Öffentlichkeit, Hellfeld

gewaltförmiger Protest, Medien/politischer Diskurs machen ihn sichtbar

Verstoß gegen Mittelschichten-Modell: Gewalt- und Affektkontrolle (Dubet 1997)

Kultur-Hierarchie: körperliche Gewalt, gewaltaffine Männlichkeiten = sozial entwertet (Connell 1999; Kersten 1997)

Page 10: PS Abweichendes Verhalten (Gewalt)Kriminalität und Jugendkriminalität in empirischer Betrachtung apl. Prof. Dr. Jens Luedtke Institut für Gesellschafts-

Gewaltkriminalität

Page 11: PS Abweichendes Verhalten (Gewalt)Kriminalität und Jugendkriminalität in empirischer Betrachtung apl. Prof. Dr. Jens Luedtke Institut für Gesellschafts-

Gewaltkriminalität

Summenschlüssel 8920 heterogen: Tötung, KV, Raub, gg. gexuelle Selbstbestimmung

Erwachsene: häufiger schwerwiegende Formen Überfall auf Geldinstitute Jugendliche/Heranwachsende: Handtaschenraub (Sichtbarkeit)

30% der Raubdelikte: jugendliche TV

Dunkelfeld: Jugendgewaltkriminalität = rückläufig von ca. ¼ auf 1/6 (BMI/BMJ 2006)

Hellfeld: starke Zunahme der Jugendgewaltkriminalität Anzeigebereitschaft mehr Opfer unbekannter Täter mehr interethnische Konflikte

Page 12: PS Abweichendes Verhalten (Gewalt)Kriminalität und Jugendkriminalität in empirischer Betrachtung apl. Prof. Dr. Jens Luedtke Institut für Gesellschafts-

Gewaltkriminalität (8920):TVBZ 1987-2007 nach Alter

1987 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 2000 01 02 03 04 05 06 070

200

400

600

800

1000

1200

21 u. ä. 18 b.u. 21 14 b. u. 18 8 b. u. 14

Quelle: BKA (2008: 178 f.)

Page 13: PS Abweichendes Verhalten (Gewalt)Kriminalität und Jugendkriminalität in empirischer Betrachtung apl. Prof. Dr. Jens Luedtke Institut für Gesellschafts-

Quelle: Heinz 2004: 35

Page 14: PS Abweichendes Verhalten (Gewalt)Kriminalität und Jugendkriminalität in empirischer Betrachtung apl. Prof. Dr. Jens Luedtke Institut für Gesellschafts-

Gewaltkriminalität

Aufmerksamkeitsproblem seit 1990er-Jahren Gewaltmonopol scheinbar gefährdet

öffentliches Bewusstsein für neue Gewalt (sozialer Wandel)

Interessen von „Moralunterehmern“

Problem Gewaltkriminalität: zu viel „Mythen“ zu wenig Fakten (Albrecht 2001)

Datenbasis für rationale Argumentation immer noch schmal zu wenig repräsentative Dunkelfeldstudien „Die Mythen sind Fakten und die Fakten sind Mythen“ (Albrecht 2001:

21)

Kampf gegen Gewaltkriminalität: Kampf gegen bestimmte Gruppen Jugendliche, Migranten

Wissenschaftliche Erklärungsversuche: begrenzte Aussagekraft Individualisierungstheorem, Anomietheorie, Desintegrationstheorem oft: Problem unzureichender Hypothesenbildung

Quelle: Albrecht 2001

Page 15: PS Abweichendes Verhalten (Gewalt)Kriminalität und Jugendkriminalität in empirischer Betrachtung apl. Prof. Dr. Jens Luedtke Institut für Gesellschafts-

Drogenkriminalität

Hellfeld: starke Zunahme Delikte: 122 T. (1993), 218 T. (2007) TV: 150 T. (1995), 210 T. (2006) TVBZ: Heranwachsende > Jungerwachsene > ältere Jugendliche

zwar: Kontrolldelikte (Aufklärungsquote: 94,2% (2006) (BKA 2007) aber: Entsprechung mit Dunkelfeld vermutet (BMI/BMJ 2006)

Dunkelfeld: deutliche Zunahmen seit Anfang der 1990er Cannabis, Ecstasy, Kokain, Designerdrogen Lebenszeitprävalenz illegale Drogen: 32% (2004) Jugendliche: mehr intensives Trinken (mind. 5 Fl./Tag)

2004: 23%, 2007: 26% (BzGA 2007: 18)

Illegaler Drogenumgang: indirekter Zusammenhang mit Kriminalität Lebensstilansatz: delinquente Lebensführung = auch

Drogendelinquenz

Page 16: PS Abweichendes Verhalten (Gewalt)Kriminalität und Jugendkriminalität in empirischer Betrachtung apl. Prof. Dr. Jens Luedtke Institut für Gesellschafts-

„Häusliche Gewalt“

Page 17: PS Abweichendes Verhalten (Gewalt)Kriminalität und Jugendkriminalität in empirischer Betrachtung apl. Prof. Dr. Jens Luedtke Institut für Gesellschafts-

0 5000 10000 15000 20000 25000

NRW

Niedersachsen

Hessen

Brandenburg

Berlin

Bayern

Saarland

Thüringen

Sachsen 2007

2006

2005

2004

2003

2002

Polizei: Fallzahlen bei „Häuslicher Gewalt“ in verschiedenen Bundesländern

Quellen: Löbmann/Herbers (2004); Land Brandenburg (2006; 2005; 2004); Steffen (2005); Berliner Senat (2006; 2005); LKA Hessen (2008; 2007; 2006; 2005); Polizei NRW o. J.

Page 18: PS Abweichendes Verhalten (Gewalt)Kriminalität und Jugendkriminalität in empirischer Betrachtung apl. Prof. Dr. Jens Luedtke Institut für Gesellschafts-

Partnergewalt im Hellfeld

• Fallzahlen nehmen leicht zu– Sensibilisierung, gestiegene Anzeigebereitschaft– etwas mehr Fälle am Wochenende– Migranten: überrepräsentiert (1/4 – 1/3 der Fälle)

• meist „Rohheitsdelikte“ (75-90% der Fälle)– überwiegend Körperverletzungen– Bedrohungen: 10-25%

• Täter: 80-90% Männer– Grund: verletzungsintensivere Handlungen

– aktuell: Fälle von Stalking (§ 238 StGB) kommen hinzu– Hessen 2007: 671

Page 19: PS Abweichendes Verhalten (Gewalt)Kriminalität und Jugendkriminalität in empirischer Betrachtung apl. Prof. Dr. Jens Luedtke Institut für Gesellschafts-

Partnergewalt in Selbstberichtstudien

• zwei zentrale Ergebnisse:– Männer im Wesentlichen Täter, Frauen Opfer (vgl. u. a. Tjaden/Tönnes 2000;

Kavemann 2002).– Männer/ Frauen: in etwa ähnlich Täter bzw. Opfer (vgl. Straus et al. 1980, 1985;

Straus 2001).

• Methodische Einschränkungen– Erhebungsinstrument: enger/weiter Gewaltbegriff?

• Kritik an CTS: „Alltagsgewalt“

– Art der Fragestellung• Jedermannfrage oder Viktimisierungsfrage („Crime“)• offene/geschlossene Frage

– Datenerhebungstechnik• Selbstausfüller oder face-to-face/CATI? (Gadd et al. 2002 )

– „Wer schlägt wen?“: weltanschauliche Frage

Page 20: PS Abweichendes Verhalten (Gewalt)Kriminalität und Jugendkriminalität in empirischer Betrachtung apl. Prof. Dr. Jens Luedtke Institut für Gesellschafts-

• BMFSFJ (2004): Gewalt gegen Frauen (n = 8.862)– psychisch: 2/5 leicht, ein Sechstel mittel/schwer– physisch: 25% der Frauen

• 1/3 einmalig, 1/10: > 20mal• Risikogruppen: Geschiedene/getrennt Lebende: 60%, Migrantinnen (knapp 40%)

– Täter: 83% Mann, 17% Frau• Problem: Gewaltdynamik nicht nachvollziehbar• Erstangriff: 6/7 der Männer, 1/7 der Frauen

– Partnergewalt: in allen Statusgruppen• Zeitpunkt: Zusammenziehen (ca. 40%), Eheschließung (1/3)

• BMFSFJ (2004a): Gewalt gegen Männer (n = 190)– 25% (leichte) körperliche Gewalt– 5% verletzt

Partnergewalt in Selbstberichtstudien

Page 21: PS Abweichendes Verhalten (Gewalt)Kriminalität und Jugendkriminalität in empirischer Betrachtung apl. Prof. Dr. Jens Luedtke Institut für Gesellschafts-

Das Verbrechensopfer

Page 22: PS Abweichendes Verhalten (Gewalt)Kriminalität und Jugendkriminalität in empirischer Betrachtung apl. Prof. Dr. Jens Luedtke Institut für Gesellschafts-

Quelle: BKA 2007: 57

Page 23: PS Abweichendes Verhalten (Gewalt)Kriminalität und Jugendkriminalität in empirischer Betrachtung apl. Prof. Dr. Jens Luedtke Institut für Gesellschafts-

Quelle: BKA 2007: 57

Page 24: PS Abweichendes Verhalten (Gewalt)Kriminalität und Jugendkriminalität in empirischer Betrachtung apl. Prof. Dr. Jens Luedtke Institut für Gesellschafts-
Page 25: PS Abweichendes Verhalten (Gewalt)Kriminalität und Jugendkriminalität in empirischer Betrachtung apl. Prof. Dr. Jens Luedtke Institut für Gesellschafts-

Quelle: PSB 2006: 18