Psychologische Modelle (Kognitive)

26
KliPs I Ursachensuche: Psychologische Modelle 1 Psychologische Modelle (Teil IV) (Vulnerabilitäts-Stress-Modelle und die Rolle der Stressoren und des Coping)

Transcript of Psychologische Modelle (Kognitive)

Page 1: Psychologische Modelle (Kognitive)

KliPs I – Ursachensuche: Psychologische Modelle

1

Psychologische Modelle

(Teil IV)

(Vulnerabilitäts-Stress-Modelle und die Rolle der

Stressoren und des Coping)

Page 2: Psychologische Modelle (Kognitive)

KliPs I – Ursachensuche: Psychologische Modelle

2

Wie erklären klinisch-psychologische Modelle die

Entwicklung von phobischen Störungen?

1. Lerntheoretische Ansätze: Vermeidungskonditionierung

Modelllernen

operante Konditionierung

2. Kognitive Theorien

3. Defizite sozialer Fertigkeiten

4. Psychobiologische Modelle (Diathese) autonome Labilität

genetische Faktoren

5. Komplexe integrative Modelle (z. B. Diathese-Stress)

Page 3: Psychologische Modelle (Kognitive)

KliPs I – Ursachensuche: Psychologische Modelle

3

Psychologische Modelle (Verknüpfungen mit psychologischen Modellen)

Annahme:

Über die Prinzipien der klassischen und operanten

Konditionierung sowie der kognitiven Prozesse hinaus

gibt es auf verschiedenen System- und

Manifestationsebenen weitere adaptive und regulative

Prozesse, die wir beachten müssen

Psychophysiologische Prozesse

Page 4: Psychologische Modelle (Kognitive)

Ein Psychophysiologisches Modell der Panikattacke

körperliche/

kognitive

Ver-

änderung?

Wahr-

nehmung?

Assoziation

Gefahr?

Angst/

Panik

S

T

R

E

S

S

physiologische positive Rückkoppelung (schnell)

negative Rückkoppelung (langsam) / Therapie

Prädispositionen Situative Faktoren hemmend

fördernd

Page 5: Psychologische Modelle (Kognitive)

KliPs I – Ursachensuche: Psychologische Modelle

5

Page 6: Psychologische Modelle (Kognitive)

Das ABC Modell

A: Auslösersituation

löst

B: Bewertung

aus, die sich in

C: Konsequenz

äußert

Page 7: Psychologische Modelle (Kognitive)

KliPs I – Ursachensuche: Psychologische Modelle

7

Typische Fehlinterpretationen bei Panikstörungen

S-situativ

Ich renne

zum Bus

S-kognitiv

Oh je mein

Herz schlägt

so schnell

(Herzrasen)

Ich habe

doch nichts

am Herzen?

R1-physio-

logisch/affektiv

Schreck, Unruhe

R3-verstärkt

Verstärktes

Herzrasen

Gesteigerte

Unruhe/Angst

= Beweis für

Hypothese, ich

hab was am

Herz!

R2-kognitiv

Ängstliche

Selbst-

beobachtung,

gesteigerte

Selbst-

wahrnehmung

Page 8: Psychologische Modelle (Kognitive)

KliPs I – Ursachensuche: Psychologische Modelle

8

Typische Fehlinterpretationen von Panikpatienten

Herzasen, -stolpern

Schwindel, Schwäche

Atemnot

Derealisation/

Depersonalisation

Ich bekomme einen Herzinfarkt,

ich muss sterben

Ich falle in Ohnmacht, ich habe

einen Hirntumor

Ich ersticke

Ich werde verrückt, ich verliere

die Kontrolle

Page 9: Psychologische Modelle (Kognitive)

KliPs I – Ursachensuche: Psychologische Modelle

9

Teufelskreis-Modell Auslösender kritischer interner

oder externer Reiz

Wahrnehmung

Gedanke “Gefahr” Physiologische

Veränderungen

“Angst”

Körperliche

Empfindungen

(Clark, 1985)

Veränderung

des

Verhaltens

Page 10: Psychologische Modelle (Kognitive)

KliPs I – Ursachensuche: Psychologische Modelle

10

Kognitive Prozesse bei Angst und Depression Eni Becker & Mike Rinck

Fragestellungen

Einschlägige Theorien ebenso wie umfangreiche empirische Befunde sprechen

für die wichtige Funktion kognitiver Prozesse bei der Entstehung und

Aufrechterhaltung von Angst und Depression.

Es werden einige aus theoretischer Sicht wichtige Aufmerksamkeits-,

Interpretations- und Gedächtnisprozesse bei Patienten mit Angststörungen und

Depressionen untersucht.

Page 11: Psychologische Modelle (Kognitive)

KliPs I – Ursachensuche: Psychologische Modelle

11

Modifizierter Stroop-Test

Blau

Rot

Grün

Rot

Blau

Grün

Blau

Grün

Rot

Blau

Rot

Grün

Rot

Blau

Grün

Blau

Rot

Grün

Rot

Blau

Grün

Blau

Grün

Rot

Rot

Grün

Rot

Blau

Grün

Blau

Schwindel

Herzinfarkt

Tod

Verrückt

Schwitzen

Zittern

Ohnmacht

Verrückt

Zittern

Tod

Schwindel

Herzinfarkt

Ohnmacht

Schwitzen

Tod

Page 12: Psychologische Modelle (Kognitive)

KliPs I – Ursachensuche: Psychologische Modelle

12

Das kognitive Modell (Power & Dalgleish,1997)

Ereignis

(S)

Analoges

System (sensorisch-

propriozep-

tive Prozesse

Propositionale E.

(Sprache, Wörter, auto-

matische Gedanken”

Assoziative E.

(Propositionen werden direkt

an Emotionen gekoppelt

Schematische E.

Koppelung d. bewusste

Bewertungsprozesse

Ereignis (internal

oder external)

Wahrnehmung (zzgl. arousal)

Interpretation & Bewertung in Hinblick auf Ziele, Erfahrung..

Stö-

rung

Stö-

rung

Page 13: Psychologische Modelle (Kognitive)

KliPs I – Ursachensuche: Psychologische Modelle

13

Kognitive Verfahren: Therapeutische Konsequenzen

1. Identifikation und Bestimmung der relativen Relevanz

propositionaler, direkt (automatischer) assoziativer und

komplexerer generalisierter (schematischer) Störungen

2. Bestimmung von Arousal und Perzeptionsverknüpfungen

(sensorisch), z. B. attential bias

3. Veränderung kognitiver Fehler (Fehlinterpretationen) durch

Vermittlung von Erklärungsmodell, realitätsnahe

Korrekturschemata und -übungen

Page 14: Psychologische Modelle (Kognitive)

KliPs I – Ursachensuche: Psychologische Modelle

14

Störungsannahmen – und modelle

Page 15: Psychologische Modelle (Kognitive)

KliPs I – Ursachensuche: Psychologische Modelle

15

In welchem Stadium ist der Patient?

20 25 30 Alter

0

Progressiv

Waxing and waning*

Persistent

Remission

Prodromal

Phase (?)

1. Schlüssel-

ereignis (?)

1. Attacke Ausformung, Pathogenese

gut untersuchte Modellbereiche

Symptomatik

Entwicklung

-weitere Attacken

-verstärkte Vermeidung (Agoraphobie)

- Demoralisation (Depression, Suizidalität)

- Inadäquate Lösungen ( Mißbrauch/Abhängigkeit)

- Arbeitslosigkeit und sozialer Rückzug)

Entwicklung einer ersten

spontanen Attacke

- Beunruhigung

- Hilfesuchen

- Erwartungsangst

- Vermeidung

Page 16: Psychologische Modelle (Kognitive)

KliPs I – Ursachensuche: Psychologische Modelle

16

Phasen des Verlaufs psychischer Störungen I

Phase Altersbereich Potentielle, die Phasen beeinflussende

Faktoren, (F.): Beispiele für biologische,

psychologische, soziale, ökologische Faktoren

1. Prä-, perinatale

Phase

vor Geburt, Geburt Biol. F.: Genetische Faktoren; Erkrankungen der

Mutter während der Schwangerschaft,

Geburtskomplikationen

Psychol. F.: Inakzeptanz der Mutterrolle

Soz. F.: Partnerschaftskonflikte

Ökol. F.: hohe Angst, Unsicherheitsbelastung

2. Sozialisations-,

Entwicklungsphase

frühe Kindheit,

Kindheit, (bis ins

Erwachsenen-alter)

Biol. F.: Infektionen

Psychol. F.: Kognitive Defizite, priming

kognitiver fehler

Soz. F.: qualitativ ungenügende Interaktion mit

Bindungsperson, Overprotection), Modelllernen

Page 17: Psychologische Modelle (Kognitive)

KliPs I – Ursachensuche: Psychologische Modelle

17

Phase Altersbereich Potentielle, die Phasen beeinflussende

Faktoren, (F.): Beispiele für biologische,

psychologische, soziale, ökologische Faktoren

3. Phase vor dem

Ausbruch der

Störung

(Prodromalphase)

- Biol. F.: biologische Instabilität der Funktonen

(Pubertät, Menstruation)

Psychol. F.: soziale Rollenunsicherheit, Schul-

Arbeitsunsicherheit

Soz. F.: Bindungen zu Peers und Partnern

Ökol. F.: Arbeitslosigkeit, soziale Unsicherheit

4. Phase nach

Störungsausbruch

- Biol. F.: Inadäquate Medikation

Psychol. F.: Coping-Defizite

Soz. F.: Familienatmosphäre gem. Expressed

Emotions

Ökol. F.: Dysfunktionale Lebenssituation

(Wohnen, Gesellschaftliche Instabilität, Terror-

Bedrohung etc)

Phasen des Verlaufs psychischer Störungen II

Page 18: Psychologische Modelle (Kognitive)

EDSP: Konzeptueller Rahmen der Risiken für

Depression

Auslöser (Trigger)

(stressige) Lebens-

Ereignisse,

Veränderungen,

Bedingungen (Frequenz, Art,

Dauer, Schwere)

Vorherige Störungen (Angst),

Bewältigungs- &

Lebensstrategien, soziale

Unterstützung, dys-

funktionale Kognitionen

Entwicklungsbiologische,

kognitiv-behaviorale

Veränderungen (Pubertät)

Akut Berufliche &

Interaktionsprobleme,

soziale Isolation,

Hilflosigkeit

Langzeit Hoffnungslosigkeit,

mangelnde soziale

Fähigkeiten, Hilfe-

suchen, Zunahme der

Vulnerabilität

Vulnerabilitäten Exposition modifizierende Variablen Folgen

Initiierung subsyndromal

Depression

Beginn Depression Verlauf

Intraindividuell Alter, Geschlecht,

Persönlichkeit, Tem-

perament, genet. und

biologischer

Hintergrund (HPA-

Achse), früher Verlust &

Trauma, körperl.

Krankheiten etc.

Soziale

Vorgeschichte soziale Schicht,

Bildung, Familie &

soziales Netzwerk,

Einstellungen,

Normen, Rituale

Page 19: Psychologische Modelle (Kognitive)

KliPs I – Ursachensuche: Psychologische Modelle

20

Ein besonderer Schwerpunkt klinisch-psychologischer Modelle:

Die Herausarbeitung von Stressoren und Coping als Subprozesse

Mehrdeutigkeit von Stress:

• Stress als belastendes Ereignis

• Stress als Reaktion

• Stress als intervenierende Variable

• Stress als transaktionaler Prozess

Weitere Besonderheiten, u.a.:

• Eustress vs. Distress

• Negative Valenz und erforderliche Readaptation

Page 20: Psychologische Modelle (Kognitive)

KliPs I – Ursachensuche: Psychologische Modelle

21

Systematisierung der Stressoren

hoch

gering

Negative

Valenz

Alltags-widrig-keiten

Minuten

Kritische

Lebensereignisse/

Traumatische

Ereignisse

Monate

Chro-nische

Stressoren

Jahre

Erforderliche Readaptionszeit

Page 21: Psychologische Modelle (Kognitive)

KliPs I – Ursachensuche: Psychologische Modelle

22

Ein Sonderfall? Kritische Lebensereignisse

Unter „life events“ (LE) versteht man Ereignisse im

Erlebensstrom, die folgende drei Kriterien erfüllen (Filippp 1990):

1. Raum-zeitlich datier- und lokalisierbar

2. Erfordern eine qualitativ-strukturelle Neuorientierung

3. Sind mit nachhaltigeren Emotionen (zumindest mittlere

Adaptationszeit) assoziiert

Abgrenzung zu chronischen und Alltagsstressoren

Normative versus nicht normative LE

Relevanz von 7 Dimensionen (Thoits 1983):

1. Intensität/Dauer, 2. Kumulation, 3. Ausmaß Wiederanpassung, 4.

Vorhersagbarkeit, 5. Neuheit/Unkenntnis, 6. Ambiquität, 7. Kontrollierbarkeit

Page 22: Psychologische Modelle (Kognitive)

KliPs I – Ursachensuche: Psychologische Modelle

23

Stressoren und ihre möglichen Zusammenhänge mit

psychischen Störungen

Ursache: Stressoren sind notwendige und hinreichende

Bedingungen für die Entstehung des Problems

Teilursache/Kodeterminante: nur wenn andere Faktoren

wirksam sind

Moderierende Wirkung: Vorhandene Störungsbedingung wird

intensiviert

Auslösende Wirkung? z. B. letzter Faktor unter vielen

Störungsprotektive Funktion: Ereignis führt zu einer

Intensivierung personaler und sozialer Ressourcen

Page 23: Psychologische Modelle (Kognitive)

Konzepte der Belastungsverarbeitung: Bewertungsprozesse

(Lazarus 1981)

Page 24: Psychologische Modelle (Kognitive)

Taxonomie der Copingreaktionen und

-handlungen (nach Perrez und Reichertz, 1992)

Page 25: Psychologische Modelle (Kognitive)

KliPs I – Ursachensuche: Psychologische Modelle

31

Zusammenfassung

Grundlagen aller klinisch-psychologischen Störungsmodelle sind sog.

Vulnerabilitäts-Stress Modelle der Entstehung und Aufrechterhaltung,

d.h.: es gibt bestimmte neurobiologische, kognitiv-affektive Anfälligkeiten,

die durch passende Ereignisse und Belastungsbedingungen (zu

bestimmten Entwicklungs- oder Reifungsstadien über Lern- und

Konditionierungsprozesse)

... zur Störung der Regulation auf verschiedenen Ebenen (motorisch,

kognitiv-affektiv, physiologisch) und damit zum Ausbruch einer Erkrankung

führen.

Die entscheidenden Prozesse sind teilweise diagnosen-spezifisch

teilweise übergreifend und unterscheiden sich bei Entstehung und

Aufrechterhaltung

Page 26: Psychologische Modelle (Kognitive)

KliPs I – Ursachensuche: Psychologische Modelle

32

Welche Faktoren sind genau für den Beginn (onset = Ausbruch)

der Störung verantwortlich?

Welche Faktoren halten die Störung aufrecht? Sind dies die gleichen oder

ganz andere Prozesse?

Wie häufig sind derartige Störungen überhaupt, wie viele sind in Früh- und

Spätstadien, wer wird als Fall erkannt und behandelt?

Welche Folgen ergeben sich aus derartigen Störungen? Z.B. in Bezug auf

die soziale Entwicklung? Welche weiteren Risiken und Komplikationen sind

mit der Störung verbunden?

Wie können wir dieses Wissen in Hinblick auf Therapie und Prävention und

Therapie nutzen?

Aktuelle Forschungsfragen der Klinischen

Psychologie und Psychiatrie