Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof....

88
Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die Fachschaft Psychologie übernimmt irgendwelche Verantwortung für dieses Skript. Das Skript soll nicht die Lektüre der Prüfungsliteratur ersetzen. Verbesserungen und Korrekturen bitte an [email protected] mailen. Die Fachschaft dankt den AutorInnen im Namen aller Studierenden! Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl) Fragenkatalog von C. Koenen überarbeitet von Kristina Siever Notwendige Literatur nach Prof. Lehmkuhl (Sprechstunde Juli 2002): 1. Möller, H.-J. (1992). Psychiatrie. Ein Leitfaden für Klinik und Praxis. Manual 13. Kohlhammer Verlag. Haupt-Prüfungsliteratur! 2. Schmidt, M.H. (1999 2 ). Kinder- und Jugendpsychiatrie. Kompendium für Ärzte, Psychologen, Sozial- und Sonderpädagogen. Deutscher Ärzte Verlag. (3. ICD-10, Kap. V /F Forschungskriterien ( nur die Prinzipien, nach denen diagnostiziert wird, lernen; prüfungsrelevante Kategorien: Erwachsene: F2-F6, in F5 vor allem/nur Eßstörungen; Kinder/Jugendliche: F8 und F9) Prüfungsmodalitäten nach Prof. Lehmkuhl : Fragen (Hauptfragen) vor allem zu Erwachsenenpsychiatrie (wichtig Schizophrenie, Depression) und einige Zusatzfragen (Kürfragen) zur Kinder- und Jugendpsychiatrie (vor allem Hyperaktivität, Autismus!). Fragenbereiche : - Allgemeine Aspekte der psychiatrischen Untersuchung (vgl. Möller, Teil I, Kap. 1-3; Kinder/Jugendliche: Schmidt, Kap. 2) - Allgemeine Psychopathologie und Krankheitslehre (vgl. Möller, Teil II, Kap. 4-6; ICD-10; Pathogenese bei Kindern/Jugendlichen: Schmidt, Kap. 1 und alle grau unterlegten Beschreibungen von Störungsbildern) - Spezielle Krankheitslehre (vor allem Psychosen, Neurosen, Persönlichkeitsstörungen) (vgl. Möller, Teil III, Kap. 7-25, vor allem Kap. 9 -16 und 23 (Kinder u. Jugendliche); Ki/Ju: Schmidt, Kap. 6-16, vor allem Kap. 6,7,9,10,14 und 15) - Aspekte der psychiatrischen Therapie (Psychotherapieverfahren einschließlich Theorien zur Pathogenese, Soziotherapie, Psychopharmakotherapie) (vgl. Möller, Teil IV, Kap. 26-30; Ki/Ju: Schmidt, alle grau unterleg ten Beschreibungen von Störungsbildern) In der Prüfung kommen nie Fragen zu Alters-Diagnosen (F0) oder Suchtkrankheiten (F1)! Persönlichkeitsstörungen (F6) kommen am Rand vor. Kategorien des ICD-10 (alphanumerische Verschlüsselung: die Codierungen setzen sich aus einem Buchstaben und dahinter Zahlen zusammen Vergrößerung der Anzahl der zur Verfügung stehenden Kategorien und damit leichtere Änderbarkeit der Klassifikation; im ICD-9 nur numerische Verschlüsselung. Klassifikationsprinzip: die Störungen werden entsprechend einer gemeinsamen Grund-/Hauptthematik bzw. ihrer deskriptiven Ähnlichkeit in Gruppen/Klassen/Kategorien zusammengefaßt; Kategorien schließen sich gegenseitig aus Differentialdignose; Basis sind Fakten (empirische Phänomene), nicht theoretische Konzepte operationale u. deskriptive Diagnostik von psychischen Störungen (u. nicht mehr ätiologische u. nosologische Diagnostik von psychischen Krankheiten (Krankheitsbegriff!) wie noch in ICD-9 höhere Reliabilität (Zuverlässigkeit) u. Validität (Gültigkeit) der Diagnosen. Störung: ein klinisch erkennbarer Komplex von Symptomen oder Verhaltensauffälligkeiten, die immer auf der individuellen u. oft auch auf der Gruppen- oder sozialen Ebene mit Belastung u. mit Beeinträchtigung von Funktionen verbunden sind): (F0 organische, einschließlich symptomatischer psychischer Störungen) (F1 psychische u. Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen) F2 Schizophrenie, schizotype u. wahnhafte Störungen F20 Schizophrenie (paranoide, hebephrene, katatone etc.) F21 schizotype Störung F22 anhaltende wahnhafte Störung

Transcript of Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof....

Page 1: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

Weder die Autoren/innen, noch die Fachschaft Psychologie übernimmt irgendwelcheVerantwortung für dieses Skript. Das Skript soll nicht die Lektüre der Prüfungsliteratur ersetzen. Verbesserungen und Korrekturen bitte an [email protected] mailen.

Die Fachschaft dankt den AutorInnen im Namen aller Studierenden!

Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)Fragenkatalog von C. Koenen überarbeitet von Kristina Siever

Notwendige Literatur nach Prof. Lehmkuhl (Sprechstunde Juli 2002): 1. Möller, H.-J. (1992). Psychiatrie. Ein Leitfaden für Klinik und Praxis. Manual 13. Kohlhammer Verlag. Haupt-Prüfungsliteratur!2. Schmidt, M.H. (19992). Kinder- und Jugendpsychiatrie. Kompendium für Ärzte, Psychologen, Sozial- und Sonderpädagogen. Deutscher Ärzte Verlag.

(3. ICD-10, Kap. V /F Forschungskriterien ( nur die Prinzipien, nach denen diagnostiziert wird, lernen; prüfungsrelevante Kategorien: Erwachsene: F2-F6, in F5 vor allem/nur Eßstörungen; Kinder/Jugendliche: F8 und F9) Prüfungsmodalitäten nach Prof. Lehmkuhl: Fragen (Hauptfragen) vor allem zu Erwachsenenpsychiatrie (wichtig Schizophrenie, Depression) und einigeZusatzfragen (Kürfragen) zur Kinder- und Jugendpsychiatrie (vor allem Hyperaktivität, Autismus!).Fragenbereiche:- Allgemeine Aspekte der psychiatrischen Untersuchung (vgl. Möller, Teil I, Kap. 1-3; Kinder/Jugendliche: Schmidt, Kap. 2)- Allgemeine Psychopathologie und Krankheitslehre (vgl. Möller, Teil II, Kap. 4-6; ICD-10; Pathogenese bei Kindern/Jugendlichen: Schmidt, Kap. 1 und alle grau unterlegten Beschreibungen von Störungsbildern)- Spezielle Krankheitslehre (vor allem Psychosen, Neurosen, Persönlichkeitsstörungen) (vgl. Möller, Teil III, Kap. 7-25, vor allem Kap. 9 -16 und 23 (Kinder u. Jugendliche); Ki/Ju: Schmidt, Kap. 6-16, vor allem Kap. 6,7,9,10,14 und 15)- Aspekte der psychiatrischen Therapie (Psychotherapieverfahren einschließlich Theorien zur Pathogenese, Soziotherapie, Psychopharmakotherapie) (vgl. Möller, Teil IV, Kap. 26-30; Ki/Ju: Schmidt, alle grau unterleg ten Beschreibungen von Störungsbildern)

In der Prüfung kommen nie Fragen zu Alters-Diagnosen (F0) oder Suchtkrankheiten (F1)! Persönlichkeitsstörungen (F6) kommen am Rand vor.

Kategorien des ICD-10 (alphanumerische Verschlüsselung: die Codierungen setzen sich aus einem Buchstaben und dahinter Zahlenzusammen Vergrößerung der Anzahl der zur Verfügung stehenden Kategorien und damit leichtereÄnderbarkeit der Klassifikation; im ICD-9 nur numerische Verschlüsselung. Klassifikationsprinzip: dieStörungen werden entsprechend einer gemeinsamen Grund-/Hauptthematik bzw. ihrer deskriptivenÄhnlichkeit in Gruppen/Klassen/Kategorien zusammengefaßt; Kategorien schließen sich gegenseitig aus Differentialdignose; Basis sind Fakten (empirische Phänomene), nicht theoretische Konzepte operationale u. deskriptive Diagnostik von psychischen Störungen (u. nicht mehr ätiologische u.nosologische Diagnostik von psychischen Krankheiten (Krankheitsbegriff!) wie noch in ICD-9 höhereReliabilität (Zuverlässigkeit) u. Validität (Gültigkeit) der Diagnosen. Störung: ein klinisch erkennbarerKomplex von Symptomen oder Verhaltensauffälligkeiten, die immer auf der individuellen u. oft auch auf derGruppen- oder sozialen Ebene mit Belastung u. mit Beeinträchtigung von Funktionen verbunden sind):

(F0 organische, einschließlich symptomatischer psychischer Störungen)(F1 psychische u. Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen)

F2 Schizophrenie, schizotype u. wahnhafte StörungenF20 Schizophrenie (paranoide, hebephrene, katatone etc.)F21 schizotype StörungF22 anhaltende wahnhafte Störung

Page 2: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

F23 akute vorübergehende psychotische StörungF24 induzierte wahnhafte StörungF25 schizoaffektive StörungenF28 sonstige nichtorganische psychotische StörungenF29 nicht näher bezeichnete nichtorganische Psychose

F3 Affektive StörungenF30 manische EpisodeF31 bipolare affektive Störungf32 depressive EpisodeF33 rezidivierende depressive StörungF34 anhaltende affektive Störungen (Zyklothymia, Dysthymia etc.)F38 sonstige affektive StörungenF39 nicht näher bezeichnete affektive Störungen

F4 Neurotische, Belastungs- u. somatoforme StörungenF40 phobische Störungen (Agoraphobie ohne/mit Panikstörung, soziale Phobien, spezifische /

isolierte Phobien etc.)F41 sonstige Angsstörungen (Panikstörung, generalisierte Angsstörung, Angst u. depressive

Störung etc.)F42 Zwangsstörung (Zwangsgedanken, Zwangshandlungen)F43 Reaktionen auf schwere Belastungen u. Anpassungsstörungen (akute Belastungsreaktion,

posttraumatische Belastungsstörung, Anpassungsstörungen etc.)F44 dissoziative Störungen (Konversionsstörungen) (Amnesie, Fugue, Stupor, Trance, sonstige

dissoziative Störungen = Konversionsstörungen: Multiple Persönlichkeitsstörung,vorübergehende diss. St. des Kindes- u. Jugendalters)

F45 somatoforme Störungen (Somatisierungsstörung, hypochondrisch, somatoforme autonomeFunktionsstörung, anhaltende somatoforme Schmerzstörung etc.)

F48 sonstige neurotische Störungen (Neurasthenie, Depersonalisations-/Derealisationssyndrom)

F5 Verhaltensauffälligkeiten in Verbindung mit körperlichen Störungen u. FaktorenF50 Eßstörungen (Anorexia nervosa, Bulimia nervosa, Eßattacken bei sonstigen psych. Störungen,

Erbrechen bei sonstigen psych. Störungen etc.)F51 nichtorganische Schlafstörungen (Insomnie, Hypersomnie, Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus’,

Somnambulismus, Pavor nocturnus, Alpträume)F52 nichtorganische sexuelle FunktionsstörungenF53 psychische u. Verhaltensstörungen im Wochenbett, nicht andernorts klassifizierbarF54 psychische Faktoren u. Verhaltenseinflüsse bei andernorts klassifizierten KrankheitenF55 Mißbrauch von nicht abhängigkeitserzeugenden Substanzen (Antidepressiva, Laxantien, Diuretika,

Analgetika, Antazida, Vitamine, Steroide oder Hormone, bestimmte Naturheilmittel)F59 nicht näher bezeichnete Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen u. Faktoren

F6 Persönlichkeits- u. VerhaltensstörungenF60 Persönlichkeitsstörungen (paranoid, schizoid, dissozial, emotional instabil, impulsiv,

Borderline, histrionisch, anankastisch, ängstlich (vermeidend), abhängig etc.)F61 kombinierte u. sonstige PersönlichkeitsstörungenF62 andauernde Persönlichkeitsänderungen, nicht Folge einer Schädigung oder Krankheit des Gehirns

(nach Extrembelastung, nach psych. Krankheit etc.)F63 abnorme Gewohnheiten u. Störungen der Impulskontrolle (pathol. Glücksspiel, pathol. Brandstiftung

(Pyromanie), pathol. Stehlen (Kleptomanie)F64 Störungen der Geschlechtsidentität (Transsexualismus, Transvestvismus etc.)F65 Störungen der Sexualpräferenz (Fetischismus, Exhibitionismus, Voyeurismus, Pädophilie,

Sadomasochismus etc.)F66 psychische u. Verhaltensprobleme in Verbindung mit der sexuellen Entwicklung u. OrientierungF68 sonstige Persönlichkeits- u. VerhaltensstörungenF69 nicht näher bezeichnete Persönlichkeits- u. Verhaltensstörung

(F7 Intelligenzminderung)

Kinder- und Jugendpsychiatrie:

F8 Entwicklungsstörungen2

2

Page 3: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

F80 umschriebene Entwicklungsstörungen des Sprechens u. der SpracheF81 umschriebene Entwicklungsstörungen schulischer FertigkeitenF82 umschriebene Entwicklungsstörung der motorischen FunktionenF83 kombinierte umschriebene EntwicklungsstörungenF84 tiefgreifende Entwicklungsstörungen (frühkindlicher Autismus, atypischer Autismus, Rett-

Syndrom, Asperger-Syndrom etc.)F88 sonstige EntwicklungsstörungenF89 nicht näher bezeichnete Entwicklungsstörungen

Entwicklungsstörungen = Störungen, die entstehen, wenn die entsprechenden Funktionen sich entwickeln, können bis ins Erwachsenenalter bestehen bleiben

F9 Verhaltens- u. emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit u. JugendF90 hyperkinetische Störungen (einfache Aktivitäts- u. Aufmerksamkeitsstörung, hyperkinetische

Störung des Sozialverhaltens etc.)F91 Störung des SozialverhaltensF92 kombinierte Störung des Sozialverhaltens u. der EmotionenF93 emotionale Störungen des Kindesalters (mit Trennungsangst, phobische Störung*, mit sozialer

Ängstlichkeit, mit Geschwisterrivalität, generalisierte Angsstörung etc.)F94 Störungen sozialer Funktionen mit Beginn in der Kindheit u. Jugend (elektiver Mutismus, reaktive

Bindungsstörung etc.)F95 Ticstörungen (vorübergehend, chronische motorische oder vokale, Tourette-Syndrom etc.)F98 sonstige Verhaltens- u. emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit u. Jugend (Enuresis,

Enkopresis, Fütterstörung, Pica, Stottern etc.)F99 nicht näher bezeichnete psychische Störung

* Einige phobische Störungen im Kindesalter werfen spezielle klassifikatorische Probleme auf, wie unterF93.1 alterstypische phobische Störungen des Kindesalters beschrieben: Beginn einer Phobie in der Kindheitals einer entwicklungsunangemessenen Altersstufe, z.B. Agoraphobie dann unter F4 codieren.

Außerdem können viele Störungen aus den vorangehenden Kategorien bei Personen jeden Alters auftretenund sind auch für Kinder und Jugendliche zu diagnostizieren (z.B. F50 Eßstörungen, F51 Schlafstörungen,F64 Geschlechtsidentitätsstörungen).

Rezidiv: Rückfall; Residuum: Rest einer Störung; pathognomonisch: für ein Störungsbild kennzeichnend

Inhaltsverzeichnis1Allgemeines....................................................................................................................................42Symptome und Syndrome.............................................................................................................73Exogene seelische Störungen....................................................................................................194Schizophrenie...............................................................................................................................235Affektive Störungen.....................................................................................................................356Neurotische, somatoforme und Belastungsstörungen............................................................507Persönlichkeitsstörungen...........................................................................................................678Diverse Störungen: Eßstörungen, Autismus, Ticstörungen, HKS..........................................689Therapie .......................................................................................................................................8210Prognosen...................................................................................................................................8611Welche Störungen sind häufig/am häufigsten vertreten bei ................................................8712Diverses .....................................................................................................................................88

3

3

Page 4: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

1Allgemeines

1. Was istPsychopathologie?

Teilgebiet der Psychiatrie: Lehre von den abnormen seelischenErscheinungen, hat die Psychologie ( = Lehre von gesunden seelischenErscheinungen) als Grundlage. Gegenstandsbereich: Deskription,Verlauf, Prognose, Behandlungsindikation, Ätiologie; in erster LiniePhänomenologie/Deskription, ätiologische Aspekte werden nur vorsichtigeinbezogen

Beschreibung abnormen Erlebens u. Verhaltens in seinenseelischen, sozialen u. biologischen Bezügen (Beschreibung/Benen-nung, Klassifikation der psychischen Störungen)

interdisziplinäre Erforschung psychischer Störungen psychologische u.biologische Vorgehensweise, da psychische, soziale u. somatischeEntstehungsbedingungen beteiligt sind

2. Wie ist die Einteilung derPsychopathologie?

allgemeine Psychopathologie u. spezielle Psychopathologie

3. Was ist der Unterschiedzwischen allgemeiner u.speziellerPsychopathologie?

allgemeine Psychopathologie (allgemeine Krankheitslehre):beschreibt einzelne psychopathologische Phänomene/Symptome inverschiedenen Funktionsbereichen z.B. Sprache, Denken, Affekt, Antrieb; inerster Linie Beschreibung von psychischen Phänomenen unabhängigvon der diagnostischen Einteilung, weitgehend theorieunabhängig.

Beschreibung von Symptomen nach der in der allg. Psychopathologie tradier-ten Aufteilung der Bereiche seelischen Erlebens u. Verhaltens (√ Jaspers): Bewußtseinsstörungen Wahrnehmungs-, Aufmerksamkeits- u. Auffassungsstörungen Gedächtnisstörungen Formale Denkstörungen (Ich-Leistungen) Inhaltliche Denlstörungen Ich-Störungen Störungen der Affektivität Störungen des Antriebs u. der Psychomotorik

spezielle Psychopathologie (spezielle Krankheitslehre):beschreibt, welche speziellen psychopathologischen Symptome kovariierenu. Syndrome bilden (Übergang zw. allgemeiner u. speziellerPsychopathologie); Nosologie; spezielle diagnostische Einheiten(Diagnosessysteme ICD-10), Beschreibung von psychischenPhänomenen im Kontext von spezifischen Diagnosen

Psychiatrische Klassifikation von Störungen innerhalb der speziellenPsychopathologie:

diskrete (klar von einander u. von der Norm abgrenzbare)Störungsbilder künstliche Setzung von Krankheitsinheiten (Bsp.geistige Behinderung vs. Schwachsinn vs. ...)! Es handelt sich aber umkontinuierliche Störungsbilder/psych. Merkmale (Bsp.: Intelligenz,Depressivität)

disjunkte (sich gegenseitig ausschließende) Diagnosekategorien

normal pathologisch

-------------------------------------------------------------I---I----------------------------

kontinuierliche Kategorie kategorialer Sprung

4

4

Page 5: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

4. Wie erhebt man einenklinischen/psychiatri-schen Befund?

vgl. Möller, Kap. 1 (S. 16-34)

Ablauf:1. Klinische Untersuchung: psychopathologischer Status ( Befund) u.

somatischer (Somato-) Status2. Anamnestische Untersuchung3. differentialdiagnostischer Prozeß4. Diagnose

Erstgespräch erstreckt sich auf Symptomatik, Biographie u. pathogeneFaktoren; zugleich diagnostische Klärung u. therapeutischeKontaktaufnahme

am Ende der Exploration wird die Symptomatik in einempsychopathologischen Befund zusammengefaßt: nicht nur Defizite,sondern auch erhaltene Fähigkeiten

Berücksichtigung von Simulations-/Dissimulationstendenzen,Krankheitseinsicht, Krankheitsgefühl, Behandlungsmotivation, besondereGefährdung

Befund ist ein Querschnittsbild zur Zeit der Untersuchung inhaltlich zu beachten: äußeres Erscheinungsbild, Psychomotorik,

zwischenmenschliches Verhalten, Aufmerksamkeit u. Wahrnehmung,Bewußtsein u. Orientierung, Gedächtnis u. Merkfähigkeit, Antrieb,Stimmung u. Affektivität, Denken, Ich-Erleben

Selbst- u. Fremdbeschreibung ( Gespräch mit den Angehörigen)

Hauptpunkte der Symptomexploration (vgl. Möller, S. 20-33): Bewußtseinsstörungen Orientierungsstörungen Störungen der Aufmerksamkeit u. Konzentration Auffassungsstörungen Störungen von Merkfähigkeit u. Altgedächtnis Störungen der Intelligenzleistung Formale Denkstörungen Wahn/Halluzination Zwänge, Phobien, Ängste Ich-Störungen Störungen der Grundstimmung u. affektiven Ansprechbarkeit Störungen des Antriebs u. der Psychomotorik Vegetative Störungen Suizidalität

standardisierte Beurteilungsverfahren (mit Fremd- u.Selbsteinschätzung):

AMDP-System Psychopathologischer Befundbogen bei Kindern u. Jugendlichen

neben der Erfassung der Symptomatik auch zeitliche Entwicklung u.Verlauf, akut oder schleichend, kurz oder lang, bereits früher aufgetreten?

Krankheitsanamnese: körperlich u. psychisch Biographische Anamnese: Familienanamnese u. Biographie des

Patienten Phasen:

1. Prämorbide Entwicklung2. auslösende Faktoren3. Verlauf der Symptomatik

Selbstbeurteilungsverfahren:Beschwerdeliste (v. Zerssen)Befindlichkeitsskala (v. Zerssen)

testpsychologische Untersuchung körperliche Untersuchung mit Fokussierung auf neurologische u.

5

5

Page 6: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

5. Was bedeutet exogen,endogen u.psychogen?

exogen ( = von außen entstanden, dem Körper aufgeprägt): äußereKrankheitsursachen überwiegen körperlich begründet (Unfall, Tumor,Abbauprozesse des Gehirns; (akut/reversibel, chronisch/irreversibel)

körperlich begründbare/organische Psychosen - akute Syndrome = Reaktion auf akute Störungen der Hirnfunktion im Rahmen von Hirn- od. Allgemeinerkrankungen (Bewußtseinsminderung, Verwirrtheitszustand, Delir, Dämmerzustand) - chronische Syndrome = Beeinträchtigung höherer kortikaler Funktionen aufgrund von längerdauernder od. chronischer diffuser Hirnschädigun gen (Demenz (hirnorganisches Psychosyndrom), Demenz-Sonderform: Korsakow-Syndrom (organisch-amnestisches Syndrom), MCD(Minima- le Cerebrale Dysfunktion/frühkindlich exogenes Psychosyndrom)) endogen ( = von innen heraus entstanden, aus dem Körper selbst,

seinem So-Sein entstanden): Krankheit ist wesentlich durch individuelleDisposition u. genetische Faktoren bedingt

‚endogene’ Psychosen - schizophrene Psychosen (paranoid, hebephren, kataton, Schizophrenia simplex) - affektive Psychosen (monopolar: Depression, Manie; bipolar: manisch- depressiv) psychogen ( = aus psychischen Vorgängen entstanden):

(überwiegend) psychische Ursache - neurotische, Belastungs- u. somatoforme Störungen (ICD-10, S. 155)- psychogene/reaktive Psychosen (paranoid od. depressiv) (Möller, S.

237 f; ICD-10, S. 121 u. 143 f)6. Was ist der Unterschied von Minus-Symptomatik u. produktiver Sympto- matik?

I produktive/Positivsymptomatik: prognostisch günstig:- Wahn u. Halluzination- positive formale Denkstörungen- bizarres u. desorganisiertes Verhalten spricht auf klassische Neuroleptika an Wahn ist positiv, da als produktive u. kreative Bewältigungsstrategie zu sehen

II Minus-/Negativsymptomatik: Einschränkungen u. Defizite prognostisch ungünstig:

- Sprachverarmung (Alogie) - Aufmerksamkeitsstörungen - Affektverflachung - Affektarmut (Anhedonie) bis Asozialität - Willensschwächung (Abulie) bis Apathie (emotionale Störung, die s. in Teilnahmslosigkeit, Gleichgültigkeit, geringer Gefühlsansprechbarkeit äußert) spricht auf atypische Neuroleptika an

Einteilung nach Nancy Andreasen (1982) Wiederkehr des Symptom-Dualismus’ von Bleuler (u. Kraepelin) nach Störungsverlauf vonSchizophrenien

6

6

Page 7: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

2Symptome und Syndrome

Symptom = Zeichen, Anzeichen, Kennzeichen, aus dem auf etwas anderes geschlossen werden kann; z.B.weisen Verhaltensweisen/Leistungen auf bestimmte psych. Vorgänge oder Eigenschaften hin.Syndrom = Zeichengruppe, Gruppe/Kombination von Symptomen Ebene der Psychiatrie: Diagnosenwerden meistens auf der Ebene der Syndrome gestellt.Nosologische Einheit = regelhafte Kombination von Symptomen, deren Ursache bekannt ist in derPsychiatrie sehr selten Diagnosen auf dieser Ebene (Bsp: Korsakow-Syndrom = alkoholinduzierte Psychose);vor allem Ebene der Medizin.

Psychiatrische Diagnosen: Symptome

Syndrome Diagnose

Nosologische Einheit

Bewußtseinsstörungen

7

7

Page 8: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

1. Welche Bewußt-seinsstörungenunterscheidet man?

Bewußtsein = die Fähigkeit, wach u. klar denken, fühlen u. handeln zukönnen (Möller, S. 69); unter Erlebnisperspektive = die Gesamtheit derErlebnisse, d.h. der erlebten (= bewußten) psychischen Zustände u.Aktivitäten sowie zusätzlich die Tatsache ihres Bewußt-Seins, diebesondere Art des unmittelbaren Gewahrseins dieser Erlebnisse, dieinnere Erfahrung; (zweite Perspektive: kognitive Psychologie) (Dorsch)Bewußtseinsstörungen = Sammelbegriff für quantitative Störungen durch Einschränkung der Wachheit des

Bewußtseins Bewußtseinsverminderung: Herabsetzung derWachheit (Vigilanz) verschiedenen Grades

1. Benommenheit (leichteste Bewußtseinseinschränkung, Pat. ist schwer besinnlich, verlangsamt, in der Informationsaufnahme u. –verarbeitung eingeschränkt) 2. Somnolenz (leichte Bewußtlosigkeit, Pat. ist schläfrig, aber leicht weckbar)3. Sopor (mittlere Bewußtlosigkeit, Pat. schläft, nur starke Reize kön- nen ihn wecken)4. Präkoma (tiefe Bewußtlosigkeit, Pat. ist bewußtlos u. nicht weck- bar)5. Koma (tiefste Bewußtlosigkeit, Pat. hat keine Pupillen- u. Muskel- eigenreflexe) qualitative Störungen durch Veränderungen in den Bewußtseinsin-

halten: 1. Bewußtseinseinengung: Einengung des Umfangs der Bewußt- seinsinhalte (z.B. durch Focussierung auf ein bestimmtes Erleben) 2. Bewußtseinsverschiebung: Verschiebung in den Bewußtseinsin- halten in Form von Bewußtseinssteigerung (Steigerung von In- tensität u. Helligkeit der Erlebnisse/Inhalte) u./od. Bewußtseinser- weiterung (Vergrößerung des dem Bewußtsein erfahrbaren Raums bzw. der Tiefe) 3. Bewußtseinstrübung: mangelnde Klarheit der Vergegenwärtigung der Bewußtseinsinhalte/des Erlebens, Verlust des Zusammenhangs des Erlebens, Zerstückelung des Bewußtseins

Bewußtseinsstörungen gehen mit einer Veränderung sämtlicherpsychischer Vorgänge einher, insbesondere mit Störungen derWahrnehmung, Aufmerksamkeit, Orientierung u. des Denkens (Möller, S.69) basale, breite StörungBewußtseinsstörungen sind das diagnostische Leitsymptom vonorganischen/exogenen Psychosen! Bewußtseinstrübung Delir,Verwirrtheitszustand (amentielles Syndrom ohne Wahn u.Halluzinationen)

2. Was ist der UnterschiedzwischenBewußtseinsstörung u.Halluzination?

Halluzination = Wahrnehmungserlebnisse ohne entsprechendenAußenreiz, die für wirkliche Sinneseindrücke gehalten werden; eine Artder Sinnestäuschungen/ Trugwahrnehmungen (Möller, S. 76); begrenzte Störung, inhaltliche Denkstörung;

Halluzinationen sind produktiver, denn neue, nicht existente Objekte werden halluziniert/hervorgebracht/’vorgestellt’/’gedacht’

Bewußtseinsstörung: basale, breite Störung, die einhergeht mitStörungen der Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Orientierung u. desDenkens

bei Bewußtseinsverschiebung im Sinn einer Bewußtseinssteigerung sind die Inhalte nicht neu, sondern werden nur intensiver, heller, farbi- ger etc. erlebt

Orientierungsstörungen

8

8

Page 9: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

1. Welche Arten vonOrientierungsstörungengibt es?

Orientierungsstörungen = mangelndes Bescheidwissen u. Sich-zurecht-Finden in Situationen u. Gegebenheiten; graduelle Abstufungen ineingeschränkte Orientiertheit u. aufgehobene Orientiertheit =Desorientiertheit); 4 Arten von Desorientiertheit: 1. zeitliche: Pat. weiß das Datum, den Wochentag, den Monat, das Jahr, die Jahreszeit nicht 2. räumliche/örtliche: Pat. weiß nicht, wo er ist3. situative: Pat. erfaßt die Situation nicht, in der er s. gerade befindet4. zur eigenen Person: Pat. weiß seinen Namen, sein Geburtsdatum, wichtige persönliche lebensgeschichtliche Gegebenheiten nicht (Möller, S. 70 f)

2. Wie sindOrientierungsstörungen zuüberprüfen?

Fragen zur Diagnosestellung: Was für ein Tag ist heute? Wann sind Sie in die Klinik gekommen? In welcher Stadt sind wir? In was für einer Einrichtung sind wir? Wie alt sind Sie? Wann wurden Sie geboren? Sind Sie verheiratet?

3. Bei welchenStörungsbildern findetman welcheOrientierungsstörung?

zeitliche: Korsakow, Demenz, Delir räumliche/örtliche: Demenz, in schweren Fällen des Delirs situative: in fortgeschrittenen Stadien der Demenz u. in schweren

Fällen des Delirs zur eigenen Person: in fortgeschrittenen Stadien der Demenz u. in

schweren Fällen des DelirsDenkstörungen

1. Welche Arten vonDenkstörungen gibt es?

formale = Spaltung des gedanklichen Zusammenhangs, Störungendes Denkablaufs; werden vom Patienten subjektiv empfunden u.äußern sich im sprachlichen Duktus:

Denkverlangsamung, umständliches Denken, eingeengtes Denken,Perseveration (Wiederholung gleicher Denkinhalte), Grübeln(unablässige Beschäftigung mit unangenehmen Gedankengängen),Gedankendrängen, Ideenflucht (übermäßig einfallsreicheGedankengänge mit Verlust des roten Fadens), Vorbeireden,Denksperrung/Gedankenabreißen, InkohärentesDenken/Denkzerfahrenheit (sprunghafter, dissoziierter Gedankengangbis hin zum Wortsalat), Neologismus, Begriffszerfall, Kontamination(Verquickung unterschiedlicher, zum Teil logisch unvereinbarerBedeutungen), Begriffsverschiebung (Konkretismus – Symbolismus),Paralogik (unlogische Argumentationskette)

inhaltliche:

Zwangsideen (nicht unterdrückbare Denkinhalte), hypochondrische Ge-danken, überwertige Ideen (stark affektiv besetzt), Wahnideen (Wahn-einfall, Wahnwahrnehmung, Wahnsystem, Erklärungswahn), Halluzina-tionen ( Halluzinationen bei Lehmkuhl auch: Sinnestäuschungen)(akustisch, optisch, olfaktorisch, gustatorisch, haptisch/taktil, Körper-,Coenästhesien), Pseudo-Halluzinationen, hypnagoge Halluzinationen (imHalbschlaf)), eidetische Bilder (subjektive optischeAnschauungserlebnisse, die auch nach längerer Zeit mit großersinnlicher Anschaulichkeit reproduziert werden, vor allem bei Kindern u.Jugendlichen)(Möller, S. 73 ff u. 188 ff; Tölle, S. 199 ff)

2. a) Wie könnte manformale Denkstörungenordnen?

b) Wie kann man formale Denkstörungen überprü- fen?

a) graduelle Anordnung von Sperrung/verlangsamt vs. Ideenflucht/be- schleunigtb) durch Aufgabe, - Begriffe zu definieren (Begriffszerfall, -verschiebung, Kontamination)- bekannte Sprichwörter zu erklären (Konkretismus = Störungen der Wort- übertragung, der Überstiegsfähigkeit)- den Sinngehalt einer Fabel (Tiergeschichte) zu deuten (Sinnerfassung)

9

9

Page 10: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

3. a) Was sind Perservera- tionen?

b) Bei welchen Störun- gen treten sie auf?

a) = Wiederholung gleicher Denkinhalte u. Haftenbleiben an vorherigenWorten od. Angaben, die jetzt nicht mehr sinnvoll sind (formaleDenkstörung) (Möller, S. 74); Wiederholung bzw. Haftenbleiben anBewegungen, Wörtern, Vorstellungen (Schmidt, S. 278)b) - Schizophrenie, Demenz - Autismus, Epilepsie (als Folgeerscheinung nach häufigen Anfällen: dementielle Entwicklung mit chronisch-diffuser Hirnschädigung)

4. Was sindSinnestäuschungen?

= Verkennung der objektiven Gegebenheiten durch die Sinnesorganeeinschließlich der weitergehenden Reizverarbeitung im Gehirn; 2 Arten:

1. Halluzinationen: ohne in der Außenwelt objektiv vorhandeneGegebenheit

2. illusionäre Verkennungen: in der Außenwelt objektiv vorhandeneGegebenheit wird subjektiv verkannt (Dorsch) meist affektgetragen

(z.B. im Delir) (Klosterkötter)5. Definition von

Halluzination? = Wahrnehmungserlebnisse ohne entsprechenden Außenreiz, die fürwirkliche Sinneseindrücke gehalten werden (Möller, S. 76)akustische, optische, haptische/taktile, olfaktorische (Geruch),gustatorische (Geschmack), Coenästhesien/Körperhalluzinationen,Pseudohalluzinationen (Unwirklichkeit wird erkannt), vestibuläreHalluzinationen (Kranke meinen, der Boden würde unter ihnenweggezogen, sie würden taumeln, schwanken u. jeden Moment hinfallen)

6. Von welchen anderenWahrnehmungsstörungensind Halluzinationenabzugrenzen?

Pseudohalluzinationen: Trugwahrnehmungen, bei denen dieUnwirklichkeit der Trugwahrnehmung erkannt wirdeidetische Phänomene/Bilder: besondere Fähigkeit zu lebendigen, bild-haften Vorstellungen/subjektive optische Anschauungserlebnisse, dieauch nach längerer Zeit mit großer sinnlicher Anschaulichkeit reproduziertwerden, vor allem bei Kindern u. Jugendlichen)Pareidolien: Sinnestäuschungen, bei denen in tatsächlich vorhandeneGegenstände allerlei Nichtvorhandenes zusätzlich hineingesehen wirdillusionäre Verkennung: etwas wirklich gegenständlich Vorhandendeswird für etwas anderes gehalten, als es tatsächlich ist, z.B. Tapetenmusterwerden als Gesichter gesehen

7. Was versteht man untereiner Illusion?

= illusionäre Verkennung: etwas wirklich gegenständlich Vorhandendeswird für etwas anderes gehalten, als es tatsächlich ist, z.B. Tapetenmusterwerden als Gesichter gesehen

Wahn

1. Was ist Wahn? Wahn = objektiv falsche Beurteilung der Realität, dieerfahrungsunabhängig auftritt u. an der mit subjektiver Gewißheitunkorrigierbar festgehalten wird; die Überzeugung steht im Widerspruchzur Wirklichkeit u. zur Erfahrung u. Überzeugung der gesundenMitmenschen abzugrenzen von überwertigen Ideen, die nicht absolut unkorrigierbarsind ( = stark affektiv besetzte Ideen, die das gesamte Denken inunsachlicher u. einseitiger Weise beherrschen) Wahn ist ein Bewältigungsphänomen (Coping-Strategie), mit dem derPat. kreativ u. produktiv auf die veränderte Welt reagiert u. sich damitkontrolliert produktives Symptom, prognostisch günstig!

10

10

Page 11: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

2. Was ist für Wahncharakteristisch? Waskennzeichnet den Wahn?

3 wichtige Wahnkriterien:1. subjektive Gewißheit (die Überzeugung hat hohe unerschütterliche subjektive Evidenz)2. Unkorrigierbarkeit (von der ich-bezogenen Überzeugung kann nicht abgesehen werden, da die Fähigkeit zum Wechsel des Bezugssystems fehlt (Überstiegsfähigkeit) 3. Unwiderlegbarkeit (die Überzeugung beruht gänzlich auf sich selbst u. bedarf keines Beweises (Tölle, S. 176 f) (bzw. Unmöglichkeit/Unverstehbarkeit des Inhalts bei Klosterkötter als drittes u. weichstes Kriterium)

weitere Wahnkriterien (nicht obligatorisch):4. Beziehungssetzung/Ich-Bezogenheit5. abnormes Bedeutungsbewußtsein (Tölle, S. 174 u. 176 f)

Überstiegsfähigkeit = souveräne Möglichkeit, zwischen der gemeinsameRealität, die der einzelne mit seinen Mitmenschen teilt, und einerindividuellen Vorstellungswelt (Nebenrealität) zu wechseln(Perspektivenwechsel, vgl. Piaget). Erfordert die Fähigkeit zur Relativierung der eigenen Person (als Ergebnisder entwickelten Dominanz der gemeinsamen Realität gegenüber derNebenrealität), die sich erst im Vorschulalter bis zur Einschulungentwickelt. Beim Kleinkind stehen die gemeinsame Realität u. dieNebenrealität noch gleichberechtigt nebeneinander die ich-bezogeneDenkweise des Klein-kinds (frühkindlicher Ego-Zentrismus, vgl. Piaget)ähnelt dem wahnhaften Denken (Tölle, S. 215 f u. 176)

3. Welche Arten vonWahnerleben gibt es?

Aufbau des Wahns (Phänomene):1. Wahnstimmung (Stimmung des Unheimlichen, Vieldeutigen)2. a) Wahnwahrnehmung (zweigliedrig): eine richtigeSinneswahrnehmung (1. Glied) erhält eine abnorme, auf den Pat.bezogene wahnhafte Bedeutung (2. Glied) Wahn mit Bezugnahme aufäußere Wahrnehmung markantestes Wahnphänomen (Symptom 1.Rangs nach Schneider) ( Illusionäre Verkennung (Sinnestäuschung): in der Außenwelt objektivvorhandene Gegebenheit wird subjektiv verkannt) oder2. b) Wahneinfall (eingliedrig): plötzlich aufkommende wahnhafteÜberzeugung, momentan evidente Idee Wahn ohne Bezugnahme aufäußere Wahrnehmung (Symptom 2. Rangs nach Schneider)3. Wahnarbeit: Pat. ‚arbeitet’ an seinen Wahnerlebnissen Coping4. Wahnsystem: Wahngebäude aus untereinander verknüpften Wahn- ideen; Ergebnis der Wahnarbeit (Möller, S. 75 f; Klosterkötter)

Wahndynamik: affektive Anteilnahme am Wahn, Kraft des Antriebs u.Stärke der im Wahn wirksamen AffekteErklärungswahn: wahnhafte Überzeugungen zur Erklärung vonpsychotischen Symptomen (z.B. Halluzinationen)

synthyme Wahnphänomene: kongruent zu Stimmung/Gefühlen weisen auf eine affektive Psychose (Depression, Manie) hinparathyme Wahnphänomene: inkongruent od. neutral zu Stimmung/Gefühlen ( weisen auf Schizophrenie od. schizo-affektive Psychose(paranoid-depressiv od. paranoid-manisch) hin (Klosterkötter)

Synthymie = Einheitlichkeit von Stimmungs-/GefühlslageParathymie = Störung, bes. Umkehrung von Stimmungs-/Gefühlslage(Dysthymie = länger andauernde traurige Stimmungs-/Gefühlslage)(Katathymie = Sachverhalt, daß psychische Funktionen (Wahrnehmung,Denken, Erinnerung etc.) durch affektive Erlebniskomplexe beeinflußtwerden; auch: plötzlicher Stimmungswechsel)

11

11

Page 12: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

4. Welche Wahnthemenkennen Sie?

Beziehungs-, Abstammungs-, Sendungs-, sensitiver Beziehungs-,Bedeutungs-, Beeinträchtigungs-/Vergiftungs-, Vernichtungs-,Verfolgungs-, Eifersuchts-, Liebes-, Kontroll-, Schuld-, Versündigungs-,Verarmungs-, Insuffizienz-, Nichtigkeits-/nihilistischer, hypochondrischer,Größen- (Megalomanie), symbiontischer Wahn (folie à deux), wahnhaftePersonenverkennung am häufigsten: Beziehungswahn (Möller, S. 76; Klosterkötter)

5. Welche Wahnthementreten beiSchizophrenie,Melancholie, Manie auf?

Schizophrenie: vielgestaltige Wahnthemen, richten sich nachLebensumständen: Verfolgungs-, Vergiftungs-, Eifersuchts-,Beziehungswahn etc. vor allem parathym!

Manie: Größen-, Liebeswahn (synthym!; aber auch parathymer Wahnmöglich)

Melancholie: Schuld-, Versündigungs-, Verarmungs-,hypochondrischer W. (synthym! aber auch parathymer Wahn möglich)

6. Abgrenzung von Wahnu. Zwang?

Wahn: Wahninhalte sind ich-bezogen/ich-synton und werden als realakzeptiert keine Krankheitseinsicht

Zwang: Zwang wird als ich-fremd/ ich-dyston, unsinnig u. ineffektiverlebt Krankheitseinsicht (vgl. Tölle, S. 93)

7. Bei welcher Störung trittEifersuchtswahn auf?

= wahnhafte Überzeugung, vom Partner betrogen od. hintergangen zu wer- den paranoide Schizophrenie* anhaltende wahnhafte Störung/Wahnentwicklung: beim

Zusammentreffen von expansiv (kämpferischer)-paranoiderPersönlichkeitsstruktur u. kränkendem Erlebnis/Niederlage(Schlüsselerlebnis)

Alkoholismus: alkoholischer Eifersuchtswahn als Folge (bei einemgeringen Prozentsatz der Alkoholiker), zumeist chronisch; klingt wennüberhaupt erst nach längerer Abstinenz ab hirnorganischesParanoid

(ohne Halluzinationen! Wenn Halluzinationen Alkoholhalluzinose (akut, vor allem akustisch in Form von drohenden Stimmen, Angststimmung, Verfolgungswahn zur Erklärung)) organische wahnhafte (schizophreniforme) Störung

* paranoide Wahnvorstellungen: vor allem Verfolgungs- u. Größenwahn (Schmidt, S. 278); außerdem häufig Beziehungs-, Abstammungs-, Eifer- suchtswahn (ICD-10)

12

12

Page 13: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

8. KönnenpsychodynamischeFaktoren zurWahnbildung beitragen?

Tölle: psychodynamische Erklärung der Entstehung von Wahn/Wahnsystem vor allem bei Wahnentwicklung (anhaltende wahnhafteStörung) u. Schizophrenie: 1) psychoreaktive Bedingungen: „’Wahneinfälle sind aus inneremBedürfnis heraus entstanden.’ (Bleuler). Das innere Bedürfnis ist schondaran zu erkennen, daß s. der Wahnkranke nicht veranlaßt sieht, seineungewöhnlichen Vorstellungen u, Wahrnehmungen auf ihre Gültigkeit zuüberprüfen, was möglicherweise seine Annahmen gegenstandslosmachen würde. Er wehrt s. auch gegen entsprechende Versuche einesGesprächspartners. Wenn er s. in seinem Wahn nicht durch Erfahrungbeirren lassen ‚will’, muß der Wahn eine innere Notwendigkeit darstellen,die er nicht aufgeben kann.“2) psychodynamische Beziehungen: „Je mehr die Aufmerksamkeit aufbiographische Zusammenhänge, auf Konflikte im Vorfeld u. auf Konflikteim Verlauf der Krankheit gerichtet wird, desto mehr verdichtet s. dieErfahrung psychodynamischer Beziehungen. Die Wahnthemen u.Wahnformen des Wahns sowie der Zeitpunkt des Auftretenserscheinen dann nicht mehr zufällig oder ‚endogen’. (...) Allerdings ist esbisher nicht gelungen, spezifische psychische Bedingungen für dieWahnbildung nachzuweisen. Diese Erfahrung legt die Annahme weitererEntstehungsbedingungen nahe, wie Anlage (genetische, körperliche u.insbesondere psychosoziale Entwicklungseinflüsse in den frühenEntwicklungsphasen) od. noch unbekannte somatische Faktoren. DieErfahrung, daß psychodynamische Vorgänge an der Wahngenese beteiligtsind, ist gesichert. Psychodynamisch wird die Wahnbildung mit dem Vorgang der Projektionim spezifischen Sinn einer radikalen Verlagerung von inkompatiblenErlebnisinhalten von der eigenen Person in die Außenwelt(Externalisierung) zu erklären versucht, woraus eineRealitätsbezugsstörung resultiert (≠ neurotische Projektion!).Bsp.1): 1. Konflikt zwischen Triebwünschen u. Gewissen (Über-Ich) 2.unerträgliches Schulderleben 3. Projektion der Selbstvorwürfe inBeschimpfungen u. Drohungen der Außenwelt in Form von Stimmen imVerfolgungswahn, um die Unerträglichkeit abzuwehren u. subjektiveEntlastung des eigenen Erlebens zu erzielen.Bsp.2): 1. Konflikt zwischen zwischen erotischen/sexuellen Wünschen u.dem Über-Ich 2. Schulderleben bzw. 1. Unvereinbarkeit vonerotischen/sexuellen Wünschen mit der Realität, weil sie von der siebetreffenden Person nicht geteilt werden 2. unerträglichesSchamerleben 3. Projektion der Wünsche auf die andere Person(Subjekt-Objekt-Umkehr), die nun liebt u. begehrt, in Form vonLiebeswahn zur Entlastung u. unter Umständen Wunscherfüllung. (S. 179f)Bei schizophrenem Wahn wird besonders deutlich, wie dieWahnthematik von der Erlebniswelt des Pat. geprägt ist. Er spricht vonFreimaurern u. Juden, Faschisten od. Kommunisten, Radargeräten u.Strahlungen, Mikrophonen u. Fernsehkameras. Der Wahn kann alsErgebnis der Auseinandersetzung der Person mit dem einbrechendenschizophrenen Erleben verstanden werden. ‚Die Psychose ist einKunstwerk der Verzweiflung.’ (Klaesi). (...) Defizittheorie nach Federn: 1.Mangel an Ich-Besetzung 2. Invasion falscher Wirklichkeiten 3.radikale Regression als Abwehrversuch dieser Invasion, aber es kommt zueiner Niederlage des Ich. Konflikttheorie nach Winkler: 1. Konflikt 2.unerträgliches Schulderleben 3. Abwehrmaßnahmen des Ich zurEntlastung von den mit dem Ich unvereinbaren Schuldgefühlen: a) Ich-Anachorese (Rückzug des Ich von den Schuldgefühlen), b) Ich-Mythisierung (Entrückung aus der persönlichen Existenz, zusammen mitWahnbildung). Nicht Belastungen an sich, sondern bestimmte Konfliktesind also Risikofaktoren für die Schizophreniegenese, genauer gesagt: diemißlungenen Konfliktverarbeitungen eines geschwächten Ich, unterEinsatz anderer Abwehrmaßnahmen als bei Neurosen. (S. 194 u. 214 f).Typischer Konflikt bei schizophrenen Pat.: Ambivalenzkonflikt inzwischenmenschlichen Beziehungen: Angst vor der Gefahr,Mitmenschen übermäßig nah zu kommen, bei gleichzeitig starkemBedürfnis nach mitmenschlicher Nähe.“ (S. 213). 13

13

Page 14: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

9. Bei welchen Störungenkommt Wahn vor?

Schizophrenie organische wahnhafte (schizophreniforme) Störungen (bei

Hirnschädigungen) (~organische/exogene Psychosen) anhaltende wahnhafte Störung (mindestens 3 Monate lang u. ohne

Halluzinationen) andere anhaltende wahnhafte Störungen (kürzer als 3 Monate u. in

begrenztem Ausmaß Halluzinationen) affektive Störungen mit psychotischen Symptomen (Manie, schwere

depressive Episode, bipolare affektive Störungen)[~affektive/endogene Psychosen)

chronischer Alkoholismus (akute Alkoholhalluzinose mitVerfolgungswahn, chronischer alkoholischer Eifersuchtswahn)

10. Was versteht man untereiner Wahnentwicklung?

= eine anhaltende/chronische wahnhafte Störung (nur Wahn, keineSymptome der Schizophrenie od. der affektiven Psychose); chronischewahnhafte Störungen entstehen durch das Zusammentreffen einerbesonderen Persönlichkeitsstruktur mit besonderen Erlebnissen(Schlüsselerlebnissen); die Wurzel des Wahns ist eine überwertige Idee,die s. kompensatorisch zum katathymen (= aus affektivenErlebniskomplexen entspringend) Wahn weiterentwickelt charakterogene Wahnentwicklung; Arten: expansive/sthenisch-kämpferische) Persönlichkeitsstruktur Verfolgungs-, Größen-, Eifersuchts- od. Querulantenwahn; sensitive(besonders kränkbare) Persönlichkeitsstruktur sensitiverBeziehungswahn; schwerhörige Personen Verfolgungswahn beiSchwerhörigen; in Lebensgemeinschaft mit einem Wahnkranken lebendePersonen symbiontischer Wahn; Paranoia ist als eigenständige Krankheitsform umstritten: viele Fälle sindGrenzformen der charakterogenen Wahnentwicklung, bei anderen ist eineBeziehung zum schizophrenen Formenkreis zu vermuten. Wahnentwicklungen/anhaltende wahnhafte Störungen sind therapeutischkaum zu beeinflussen meist ausgesprochen chronisch. Es kannversucht werden, die Wahndynamik durch Neuroleptika zu beeinflussen,u. mögliche pathogene Einflußfaktoren können durch Milieuwechsel u.supportive Psychotherapie reduziert werden. (Möller, S. 241 ff)

11.Wie entsteht sensitiverBeziehungswahn?

= eine chronische/anhaltende wahnhafte Störung charakterogeneWahnentwicklung; entsteht durch das Zusammentreffen einersensitiven (besonders kränkbaren) Persönlichkeitsstruktur mit einembeschämenden, demütigenden, kränkenden Erlebnis(Schlüsselerlebnis), nach dem es zur überwertigen Idee der eigenenMinderwertigkeit kommt; diese überwertige Idee entwickelt s. weiter zumsensitiven Beziehungswahn, in dem vermutet wird, daß alle MenschenAnspielungen auf die erlebte Niederlage machen, um den katathymenWahn, der aus dem Gefühl der Kränkung entspringt, zu kompensieren.(Möller, S. 242)

Tölle: Entwicklung aus einer Trias von sensitiver Persönlichkeitsstruktur(retentiv = affektverhaltend), kleinstädtischem Milieu u. beschämendemu./o. Schulderlebnis, das zum Auslöser wird. Psychodynamik: Aufgrundder Retention bleibt das beschämende Erlebnis (Primärerlebnis) quälendu. beherrschend im Bewußtsein. Zur Abwehr erfolgt eine Inversion(Umschlag des Erlebens) des Primärerlebnisses in die wahnhafte‚Beobachtung’ (anschauliches Symbol), von allen begegnenden Menschenpeinlich betrachtet u. verachtet zu werden (Sekundärerlebnis); Pat. beziehtalles, was geschieht, wahnhaft auf sich selbst. Entwickelt s. allmählich,meist unmerklich, da s. die Pat. nur schwer äußern können; wird oft erstdurch Suizidversuch offenkundig. (S. 182 f)

14

14

Page 15: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

12.Wie unterscheidet sichder sensitiveBeziehungswahn voneiner paranoidenSchizophrenie?

sensitiver Beziehungswahn: nur Wahnthema Beziehungswahn(Menschen u. Dinge der Umwelt werden wahnhaft auf sich selbstbezogen; der Pat. meint, das Ereignisse in der Umgebung nurseinetwegen geschähen u. daß ihm damit etwas bedeutet werden solle(konkret: der Pat. bezieht alle Äußerungen/vermuteten Gedanken etc. vonihm begegnenden Menschen auf sich selbst, setzt sie zu sich inBeziehung, indem er überall Anspielungen auf das kränkende Erlebnisvermutet)), keine Symptome der paranoiden Schizophrenie (u. auch keineanderen psychotischen Symptome) (Tölle, S. 182)

paranoide Schizophrenie: verschiedene Wahnthemen möglich u.zusätzlich schizophrene Symptome (Ich- u. Denkstörungen,Halluzinationen, verflachte o. inadäquate Affekte etc.)

13.Unter welchenBedingungen entsteht einsymbiontischer Wahn?

= Partizipation eines nahestehenden Menschen am Wahnerleben einesPat. (induzierter Wahn, Folie à deux folie communiqué); Bedingung:Lebensgemeinschaft mit einem Wahnkranken Entsteht durch die Übernahme der Wahnvorstellungen eines in engerLebensgemeinschaft wohnenden wahnhaften Pat., zu dem meist eineenge emotionale Abhängigkeit besteht. Die Wahnvorstellungen desprimären Pat. werden kritiklos akzeptiert u. weiter ausgebaut, können aberggf. nach Trennung der beiden wieder aufgegeben werden. Beide Partnerstärken s. wechselseitig in ihrem Wahn. Die psychot. Erkrankung desdominierenden primär erkrankten Pat. ist im allgemeinen schizophren. DieWahnphänomene sind bei beiden Pat. in der Regel chronisch u. entwederVerfolgungs- od. Größenwahn. Fast immer leben die Partner in einerungewöhnlichen Beziehung zusammen u. sind durch Sprache, Kultur od.geographische Situation von anderen Personen isoliert. (Möller, S. 242)

Tölle:Entstehungsbedingungen: genetische Krankheitsbereitschaft beim Indu-zierten; Induzierter ist meist ich-schwächer als der primär Erkrankte, stehtunter dessen Einfluß (abhängig); der paranoide Umweltbezug entsprichteinem inneren Bedürfnis auch des Induzierten.Entwicklung: Unter dem Einfluß des induzierenden Partners erlebt dersekundär erkrankte Pat. die Welt so, wie sie sich diesem erschließt.Infolge wachsender sozialer Isolierung u. Zunahme der gemeinsamenAbwehr der Umwelt vertieft sich die Kommunikation zwischen beiden u.der Wahn wird zum Kommunikationsmedium. Das durch die Erkrankungdes ersten Partners gestörte Gleichgewicht der Dyade kann durch dieErkrankung des zweiten wiederhergestellt werden (systemischer Aspekt!).Der Wahn wird zu einem gemeinsamen Anliegen beider Partner (wir-bezogener konformer Wahn), so daß es zu gemeinsamer Wahnarbeitkommen kann, in der jeder der Partner sowohl Induzierender als auchInduzierter ist. Behandlung: erfordert Trennung der beiden; nur bei frühzeitiger Trennunggute Heilungschancen für induzierten Wahn; oft gelingt Trennung nicht,dann chronischer Verlauf. (S. 186)

14.Was ist einQuerulantenwahn?

= expansive Wahnentwicklung durch das Zusammentreffen einerexpansiv-kämpferischen Persönlichkeitsstruktur u. einemBenachteiligungs-, Unrechtserlebnis/Erlebnis des verletztesRechtsempfindens (Schlüsselerlebnis), nach dem es zur überwertigenIdee der eigenen Benachteiligung kommt; diese überwertige Idee(querulatorische Fehlhaltung) entwickelt s. weiter zum Querulantenwahn,in dem eine systematische Benachteiligung u. Verschwörung vermutetwird, um den katathymen Wahn, der aus dem Gefühl der Benachteiligungentspringt, zu kompensieren. (Möller, S. 242)Tölle: Diese querulantische Fehlhaltung (überwertige Idee) kann ohne klareGrenze in den Querulantenwahn übergehen, in dem der Pat. der Umweltverwerfliche Motive unterstellt u. unter Einsatz aller Mittel, auch strafbarerHandlungen, um sein vermeintliches Recht kämpft; charakteristisch ist dieAusweitung des Kampfs vom ursprünglichen Gegner auf die gesamteGesellschaft im Sinn einer wahnhaften Überzeugung einer systematischenBenachteiligung u. Verschwörung, absolute Uneinsichtigkeit u. Selbst-gerechtigkeit. Geschäftsunfähigkeit! (S. 184 f)

15

15

Page 16: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

15.Warum kann sich beiKleinkindern kein Wahnentwickeln?

weil der frühkindliche Egozentrismus noch nicht überwunden ist: dasKleinkind kann sich noch nicht relativieren (Fähigkeit zurPerspektivenübernahme, vgl. Piaget), weil der bisher aufgebauteRealitätsbezug noch keine Dominanz der gemeinsamen Realitätgegenüber der Nebenrealität des Kindes beinhaltet; es hat nochSchwierigkeiten, zwischen Nebenrealität u. gemeinsamer Realität zuunterscheiden begrenzte Überstiegsfähigkeit (Fähigkeit, dasBezugssystem zu wechseln). Die Fähigkeit zur Relativierung der eigenenPerson (als Ergebnis der entwickelten Dominanz der gemeinsamenRealität gegenüber der Nebenrealität) entwickelt sich erst imVorschulalter bis zur Einschulung. Beim Kleinkind stehen diegemeinsame Realität u. die Nebenrealität noch gleichberechtigtnebeneinander die ich-bezogene Denkweise des Kleinkinds im Sinndes frühkindlichen Egozentrismus’ ähnelt dem wahnhaften Denken(Tölle, S. 215 f u. 176) Wahnsymptome also erst ab ~ Einschulung (6 Jahre) als solche diag- nostizierbar! man muß Störungen entwicklungsbezogen betrachten!

Möller: schizophrene Psychosen ab Schulalter (6 Jahre) möglich, abersehr selten; endogene Psychosen ab Vorpubertät (ca. 9 Jahre (Mädchen)bzw. 11 Jahre (Jungen)) möglich, aber sehr selten (S. 373)

Zwang

16

16

Page 17: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

1. WelcheZwangssymptome gibtes?

Zwangsgedanken/-ideen: aufgedrängte, nicht unterdrückbareDenkinhalte, die entweder selbst als sinnlos od. in ihrer Persistenz u.Penetranz als unsinnig u. meist als quälend empfunden werden Eshandelt s. oft um aggressive, sexuelle od. obszöne Gedanken, dieSchuldgefühle wecken. Nicht selten muß gleich das Gegenteil gedachtwerden. Häufig muß der Pat. Geschehenes immer wieder gedanklichrekapitulieren, um s. zu vergewissern, daß er es richtig gemacht hat(Möller, S. 75 u. 260).

Zwangsbefürchtungen: eine besondere Art von Zwangsgedanken,zumeist mit aggressiv schädigendem, obszönen od. anderen Inhalt.(Möller, S. 260) Sie werden von der Angst bestimmt, es könnejemandem etwas zustoßen/zugestoßen sein, er könne abstürzen,überfahren werden etc.. Es geht dabei vor allem um andere Menschen(z.B. Angehörige), denen etwas passieren könne od. passiert sei u. derPat. sei schuld an dem Unglück (pathologische Schuldgefühle) –weniger um die eigene Person (wie bei den Phobien). (Tölle, S. 89)

Zwangsimpulse: Regungen von bevorzugt aggressiver Art, die sichsehr penetrant einstellen; sie beinhalten insbesondere aggessiveRegungen, die sich auf andere Menschen beziehen, die manschädigen werde (weniger sich selbst); z.B. Impulse, sich aus demFenster zu stürzen u. dabei dem eigenen Kind etwas antun; mit einemMesser jemanden verletzen od. gar töten, sobald man es in die Handnehme; Obszönes aussprechen etc., also Impulse, Verbotenes zuwollen, denken od. tun. Der Pat. gibt diesen Impulsen nicht nach, aberer erlebt s. als unfrei u. bekommt bei seinem meist stark ausgeprägtenethischen Empfinden zusätzliche Schuldgefühle u. Ängste(Gewissensangst). (Tölle, S. 89 f). Diese aggressiven Tendenzenwerden vom Pat. häufig durch ausgedehnte abwehrendeVerhaltensweisen verhindert. (Möller, S. 260)

Zwangshandlungen/-verhalten: in ihrer Art od. Intensität als sinnloserkannte u. meist als quälend empfundene, nicht unterdrückbareHandlungen, meist aufgrund von Zwangsimpulsen od.Zwangsbefürchtungen. Zwangshandlungen werden durch Kombinationmehrerer Zwänge auch manchmal zu Zwangsritualen ausgebaut, beidenen die Zwänge in bestimmter Reihenfolge ausgeführt werdenmüssen. Viele Zwangshandlungen u. –rituale haben etwas Magisches:wie mit einem Zauberritus soll etwas Schlimmes ferngehalten werden.(Möller, S. 81 u. 260) z.B. Zählen, Ordnung-Machen, Sich-Waschen,Kontrollieren. Der Pat. wehrt s. erfolglos gegen diese unsinnigenZwangshandlungen, denn wenn er sie unterläßt, entsteht Angst (etwaswerde verlorengehen, er werde jem. mit Bakterien infizieren, es werdedurch sein Verschulden ein Unglück eintreten). Diese Angst kann nurdurch erneute Angsthandlungen behoben werden, wenigstensvorübergehend. (Tölle, S. 90)

Zwangssymptome haben die Tendenz, s. auszubreiten! komplementäres Verhältnis von Zwang u. Angst: Zwar werden

Angst/Phobie u. Zwang unterschieden: der Gegenstand einer Phobie kann vermieden werden, während s. Zwang ständig aufdrängt. Aber kli- nisch hängt Zwang mit der auf bestimmte Objekte od. Situationen fixier- ten Angst zusammen: Zwang dient der Angstabwehr, zielt auf Absiche- rung. (Tölle, S. 90)

enge Verbindung von Zwangssysmptomen, vor allem Zwangsgedan- ken, u. Depression: Pat. mit einer Zwangsstörung haben oft depressive Symptome, u. Pat. mit einer rezidivierenden depressiven Störung können während der Episoden Zwangsgedanken entwickeln. (ICD-10)

2. Beschreiben Sie Zwang(mit Beispiel)!

siehe unten, Kap. 6

3. Abgrenzung von Zwangu. Wahn?

Wahn: Wahninhalte sind ich-bezogen/ich-synton und werden als realakzeptiert keine Krankheitseinsicht

Zwang: Zwang wird als ich-fremd/ ich-dyston, unsinnig u. ineffektiverlebt Krankheitseinsicht (vgl. Tölle, S. 93)

17

17

Page 18: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

4. Bei welchen Störungenwerden Zwangssymptomeangetroffen?

anankastische Persönlichkeitsstörung (vs. anankastische/zwanghaftePersönlichkeit/-sstruktur noch im normal-psychologischen Bereich)

Zwangsstörung (Zwangsneurose, anankastische Neurose) neurotische Verläufe mit Angst-, Depressions- od. hypochondrischer

Symptomatik, die erst später zu Zwangsphänomenen führen(umgekehrt ist es seltener)

rezidivierende depressive Störung (anankastische Depression)(zwanghaftes Grübeln)

Beginn von Schizophrenien (seltener) Ticstörungen: Zwänge sind die späteste Manifestation (Schmidt, S.

160) Tourette-Syndrom organische psychische Störungen organische Hirnerkrankungen (z.B. Multiple Sklerose, Epilepsie)

(Zwang wird dranghaft u. weniger ich-fremd erlebt) isolierte u. soziale Phobien Abhängigkeitssyndrome mit weitem Spektrum unterschiedlicher

Substanzen (Pat. erlebt eine Art Zwang, regelmäßig jedes nurerreichbare Mittel zu s. zu nehmen u. entwickelt qualvolle Gefühle,Unruhe od. körperliche Entzugserscheinungen bei Abstinenz)

Eßstörungen (ritualisiertes Eßverhalten)

Zwang ist eine der häufigsten u. letztlich unspezifischen Reaktionswei- sen des Menschen, wie auch Angst u. Depressivität; Zwangsphänome ne sind im allgemeinen nicht auf eine Ursache zurückzuführen, sondern multifaktoriell bedingt (Tölle, S. 91)

Diverses

1. Bei welchen Störungenkommt magisches Denkenvor?

Zwänge: Zwangsrituale (komplexe/kombinierte Zwangshandlungen) Schizophrenie: schizophrene Wahngedanken haben im Unterschied zu

Wahnidden anderer Genese oft ein magisch-mythisches Gepräge(Möller, S. 189)

(Ticstörungen?: Zwänge sind die späteste Manifestation (Schmidt, S.160) beinhalten sie magisches Denken???)

2. Was ist das Kopfkissen-Syndrom?

eine Bewegungsstereotypie/stereotype Bewegungsstörung: Kinderwerfen beim Einschlafen den Kopf auf dem Kopfkissen seitlich hin u. her,schlagen den Kopf gegen das Kopfende des Bettes od. senken den Kopfu. den Oberkörper im Bett kniend bis auf die Matratze ab u. heben ihnwieder an.

3. Was sind Stereotypien? Stereotypien sind repetitive, relativ gleichförmige Bewegungen desKopfes, Körpers u./od. der Hände, die im Unterschied zu den Ticszumindest eine gesamte Körperregion im Sinne einer integrierten,(zweckvollen?) u. offensichtlich willensgesteuerten Bewegungbetreffen;Stereotypien werden subjektiv nicht als unangenehmempfunden (≠ Zwänge!)

Bewegungsstereotypien/stereotype Bewegungsstörungen (F98.4):wiederholte, gleichförmige, häufig rhythmische u. willkürlich in Ganggesetzte Bewegungen ohne Funktionscharakter, die nicht Symptom od.Teil einer anderen psychischen Störung sind; mit od. ohneSelbstbeschädigungen; meist bei Intelligenzminderung.

Körper-, Kopfschaukeln, Kopfkissen-Syndrom, Haarezupfen, -drehen,Fingerschnippen, Händeschütteln. Selbstschädigende: Kopfanschlagen,Ins-Gesicht-Schlagen, In-die-Augen-Bohren (vor allem beisehbehinderten/blinden Kindern), Sich-selbst-Beißen. (Schmidt, S. 156 f)

18

18

Page 19: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

3Exogene seelische Störungen

AllgemeinWodurch unterscheidensich organischePsychosen vonendogenen?

(hirn-)organische Psychosen = exogene Psychosen Symptomatik : 1. exogene Psychosen wie Demenz, Korsakow-Syndrom u. Delir

zeichnen sich durch Orientierungsstörungen aus!!!- Demenz: Desorientierung in der Zeit, im Raum u. zur Person- Korsakow: zeitliche Desorientierung- Delir: Desorientierung in der Zeit; in schweren Fällen auch im Raum u. zur Person (ICD-10)2. Störung bzw. Abbau kognitiver Fähigkeiten als Hauptmerkmal

(Gedächtnis, Denkvermögen, Orientierung) Verursachung : organische Psychosen sind direkt durch

Hirnkrankheiten bzw. –schädigungen od. indirekt durchallgemeine körperliche Krankheiten, die die Hirnfunktionbeeinträchtigen, verursacht (Möller, S. 128)

Verlauf : exogene Psychosen bilden sich meist zurück, wenn die(hirnorganische) Ursache beseitigt bzw. ausgeglichen werdenkann

DemenzWas ist Demenz? Demenz = chronisch hirnorganisches Psychosyndrom

chronische exogene Psychose (Möller, S. 140 ff; Tölle, S. 277 f) beruht auf 1) schwerer Hirnerkrankung, 2) chronisch toxischen

Einwirkungen auf das Gehirn und 3) fortschreitendenHirnabbauprozessen; schleichender Beginn, chronischer Verlauf

ICD-10, Forschungskriterien: alle folgenden Symptome:1. Abnahme des Gedächtnisses (Aufnahme, Speichern, Wieder-

gabe von verbalem u. non-verbalem Material)2. Abnahme anderer kognitiver Fähigkeiten (abstraktes

Denkvermögen, Kritik- u. Urteilsfähigkeit, Auffassungs-/Informationsverarbeitungs/Lernfähigkeit)

3. Verminderung der affektiven Kontrolle u. des Antriebs/derMotivation (häufig depressive Symptome Differentialdiagnose!), Störungen des Sozialverhaltens,Veränderungen der prämorbiden Persönlichkeit (Zuspitzung desfrüheren Charakters)

4. keine (qualitativen) Bewußtseinsstörungen (≠ Delir!)

Möller, Tölle, Klosterkötter:5. Desorientierung (√ hochgradige Gedächtnisstörungen ≠ Delir!)6. Beeinträchtigung von Alltagsaktivitäten (Waschen, Anziehen,

Essen, Hygiene) 7. Rechen- u. sprachliche Fähigkeiten

wichtigste Formen: Alzheimer (65%), vaskuläre (√ z.B multipleHirninfarkte) irreversibel!

dementielles Durchgangssyndrom (10%):ist reversibel beirechtzeitiger Behandlung (√ z.B. Schiddrüsenerkrankung)

Differentialdignose: vor allem Depression ausschließen (kannMerkmale einer frühen Demenz zeigen: vor allemGedächtnisstörung, Verlangsamung des Denkens, Mangel anSpontaneität)!

19

19

Page 20: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

Welches Gedächtnis ist inerster Linie betroffen?

zunächst Störung der Merkfähigkeit/ desKurzzeitgedächtnisses;

im weiteren Verlauf zunehmende Beeinträchtigung desLangzeitgedächtnisses mit Störungen des Zeitgitters derLebensgeschichte (Früheres wird zwar noch richtig geschildert,aber falsch datiert) zeitliche Desorientierung!Erinnerungslücken werden mit Konfabulationen überbrückt bzw.kompensiert (z.B. Antwort: „So etwas fragt man nicht!“)

Merkfähigkeit/Kurzzeitgedächtnis = Fähigkeit, s. frische Eindrückebzw. Kenntnisse über eine Zeit von ca. 10 Minuten zu merken.Gedächtnis/Langzeitgedächtnis = Fähigkeit, s. an länger als 10Minuten zurückliegende Eindrücke bzw. Kenntnisse zu erinnern. Konfabulationen = Einfälle zum Ausfüllen von Erinnerungslücken,die vom Pat. für Erinnerungen gehalten werden; dabei können vomPat. immer wieder andere Inhalte/Einfälle für dieselbeErinnerungslücke angeboten werden (Möller, S. 72 f)

WelcheOrientierungsstörung liegtbei Demenz vor?

Klosterkötter: besonders zeitliche Desorientiertheit √hochgradige Gedächtnisstörung Möller: räumliche u. zeitliche (S. 141)Tölle: „Schwerste Gedächtnisstörungen führen zu Desorientiertheit:Wer Sinneseindrücke u. Informationen nicht während einergewissen Zeit im Gedächtnis speichern kann, verliert dieOrientierung im Raum, in der Zeit u. schließlich auch für die eigenePerson.“ (S.277)

Korsakow-SyndromWas ist das Korsakow-Syndrom?

organisch-amnestisches Syndrom = Sonderform der Demenz(chronisch hirnorganisches Psychosyndrom) hirnorganischesPsychosyndrom (Möller, S. 143; Tölle, S. 278) (~chronischeexogene Psychose) zwischen Delir u. Demenz extreme Störungen des Gedächtnisses: - Kurzzeitgedächtnis bis zum Sekundengedächtnis (Fähigkeit, s.

Neues für einige Sekunden zu merken) - meist auch Langzeitgedächtnis - keine Störung des Immediatgedächtnisses (Fähigkeit zur

unmittelbaren Wiedergabe)- anterograde Amnesie (inhaltlich od. zeitlich begrenzte

Erinnerungsunfähigkeit für neue Eindrücke in einem bestimmtenZeitraum nach dem hirnschädigenden Ereignis)

- retrograde Amnesie (inhaltlich od. zeitlich begrenzteErinnerungsunfähigkeit in einem bestimmten Zeitraum vor demhirnschädigenden Ereignis; zurückgreifender, immer weiter indie Vergangenheit fortschreitender Erinnerungsverlust, der s. inumgekehrter Reihenfolge wieder beheben kann)

zeitliche Desorientierung (√ hochgradige Gedächtnisstörung) die amnestischen Lücken werden oft durch extreme

Konfabulationen ausgefüllt; keine Wahrnehmungstörungen (≠ Delir!) u. keine anderen

kognitive Störungen einschließlich Intellekt (≠ Demenz!) keine Bewußtseinsstörungen u. keine

Aufmerksamkeitsstörungen (≠ Delir!) grundsätzlich völlige Rückbildung möglich Ursache: Hirnverletzung od. chronischer Alkoholismus

alkoholisches Korsakow-Syndrom/schweres alkoholischesPsychosyndrom: entsteht primär od. sekundär aus Delir od.Wernicke-Psychose (Möller, S. 159 f)

20

20

Page 21: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

Wie könnte man Korsakowtesten?

Aufforderung, eine Geschichte nachzuerzählen scheitert amgestörten Sekunden- Kurzzeitgedächtnis Konfabulationen

Aufforderung, das eigene Leben in umgekehrterchronologischer Reihenfolge zu erzählen scheitert an derretrograden Amnesie

differentialdiagnostisch: Aufforderung, einzelne Zahlen (sofort)nachzusprechen gelingt wegen des intaktenImmediatgedächtnisses

DelirWelche Symptome tretenbeim Delir auf??

Delir/delirantes Syndrom = akute exogene (hirnorganische)Psychose beruht auf organischer Veränderung des ZNS; akuter Beginn,

im Tagesverlauf wechselnd

ICD-10: leichte bis schwere Symptome in jedem der folgendenBereiche:

1. Störungen des Bewußtseins: Bewußtseinsminderung(quantitativ: zwischen leicht und total/Koma) undBewußtseinstrübung (qualitativ: im Sinn mangelnder Klarheit od.Vergegenwärtigung des Erlebens im Eigenbereich od. in derUmwelt) (≠ Demenz!) und Aufmerksamkeitsstörungen

2. Störungen des abstrakten Denkens im Sinn von Verwirrtheit(inkohärentes Denken) u. der Auffassung,Wahrnehmungsstörungen (Verzerrungen der Wahrnehmung,affektgetragene illusionäre Verkennungen der Umgebung (vgl.Gedicht „Der Erlkönig“ von Goethe!), Halluzinationen vonüberwiegend optisch-szenischer Art (Bewegung kleiner Objektewie Fäden, Flocken, Tiere), hohe Suggestibilität),Beeinträchtigung des Kurzzeitgedächtnisses, zeitlicheDesorientheit, in schweren Fällen auch räumliche u.Desorientierung zur Person (√ Bewußtseinstrübung ≠ Demenz!),

3. psychomotorische Störungen (hyperaktiv bis zur Erschöpfungoder lethargisch)

4. Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus’5. affektive Störungen wie Depression, Angst, Reizbarkeit,

Euphorie, Apathie, Ratlosigkeit

Außerdem möglich (vor allem bei Alkoholentzugsdelir):6. vegetative Symptome (Pulsbeschleunigung, Schwitzen, Tremor

u. allgemeine Unruhe) im Alkoholentzugsdelir kommt es zuakuten lebensbedrohlichen vegetativen Entgleisungen,daher Krankenhauseinweisung unumgänglich!!! Da sich dievegetativen Störungen durch die notwendigen Medikamentezunächst verschlimmern (z.B. Blutdruck), Behandlung in derIntensivstation! Dauer von Alkoholentzugsdelir: 2-5 Tage

gewöhnlich vorübergehend u. reversibel, wenn diezugrundeliegende Ursache erkannt u. rechtzeitig behandeltwird; unbehandelt kann es in ein anderes hirnorganischesSyndrom übergehen od. bis zu einem dementiellen Zustandfortschreiten

WelcheOrientierungsstörungbeim Delir?

zeitliche Desorientheit, in schweren Fällen auch räumliche u.Desorientierung zur Person (ICD-10) √ Bewußtseinstrübung!

21

21

Page 22: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

Wie wird Delir ausgelöst? Drogen-Intoxikation (Opioide, Cannabinoide, Kokain,synthetische Drogen: Crack? Ecstacy?)

chronische Alkohol-Intoxikation (Delirium tremens; 15% derAlkoholiker haben irgendwann ein Delirium tremens)

Alkohol- od. Drogenentzug (Entzugsdelir) akute Schädigungen, Infektionen od. Erkrankungen des Gehirns schwere Allgemeinerkrankungen (chronische Lebererkrankung,

Leber- od. Nierenversagen, Karzinom, Herzinsuffizienz,epileptischer Anfall etc.)

hohes Fieber (Fieberdelir) postoperative Komplikationen (Streß, Schmerzen,

Schlaflosigkeit, Schmerzmittel, Elektrolytschwankungen,Infektion, hohes Fieber)

Intoxikation durch Psychopharmaka (trizyklische Antidepressiva,Neuroleptika)

Welche Drogen lösenexogenes Psychosyndromaus?

Auslösung von akutem exogenem Psychosyndrom = Delir durch: Alkohol Drogen/psychotrope Substanzen wie Opioide, Cannabinoide,

Kokain, Koffein, Halluzinogene, Tabak, flüchtige Lösungsmittel(vgl. ICD-10, Überblick zu F1)

Psychopharmaka (Nebenwirkungen z.B. von trizyklischenAntidepressiva, mittel- u. hochpotenten Neuroleptika)

Welche ist die häufigsteexogene Psychose?

Was ist der Unterschiedvon Delir u. Korsakow?

Delir Prototyp der akuten exogenen Psychose

Delir = akute exogene Psychose

Korsakow = subakute bzw. chronische exogene Psychose

22

22

Page 23: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

4Schizophrenie

1. Einteilung derPsychosen?

Psychosen/psychotische Störungen = psychiatrische Störungen, in denen die Beeinträchtigung derpsychischen Funktionen ein so großes Ausmaß erreicht hat, daß dadurchEinsicht u. Fähigkeit, einigen der üblichen Lebensanforderungen zuentsprechen, od. der Realitätsbezug erheblich gestört sind (Möller, ICD-9);= Störungen mit Halluzinationen, Wahnphänomenen od. bestimmtenFormen schweren abnormen Verhaltens wie schwerenErregungszuständen u. Überaktivität, ausgeprägter psychomotorischerHemmung u. katatonen Symptomen (ICD-10)

exogen ( = von außen entstanden, dem Körper aufgeprägt): äußereKrankheitsursachen überwiegen; (akut/reversibel,chronisch/irreversibel)

körperlich begründbare/organische Psychosen - akute Syndrome = Reaktion auf akute Störungen der Hirnfunktion im Rahmen von Hirn- od. Allgemeinerkrankungen (Bewußtseinsminderung, Verwirrtheitszustand, Delir, Dämmerzustand) - chronische Syndrome = Beeinträchtigung höherer kortikaler Funktionen aufgrund von längerdauernder od. chronischer diffuser Hirnschädigun gen (Demenz (hirnorganisches Psychosyndrom), Demenz-Sonderform: Korsakow-Syndrom (organisch-amnestisches Syndrom), MCD(Minima- le Cerebrale Dysfunktion/frühkindlich exogenes Psychosyndrom)) endogen ( = von innen heraus entstanden, aus dem Körper selbst,

seinem So-Sein entstanden): Krankheit ist wesentlich durch individuelleDisposition u. genetische Faktoren bedingt

‚endogene’ Psychosen - schizophrene Psychosen (paranoid, hebephren, kataton, Schizophrenia simplex) - affektive Psychosen (monopolar: Depression, Manie; bipolar: manisch- depressiv)

23

23

Page 24: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

2. Einteilung derpsychotischenSymptome?

buntes, heterogenes Erscheinungsbild

Bezeichnung Schizophrenie ( = Spaltungsirresein) geht auf EugenBleuler (1911) zurück, „da die elementarsten Störungen der sobezeichneten Psychosen in einer mangelhaften Einheit, einerZersplitterung u. Aufspaltung des Denkens, Fühlens u. Wollens u. dessubjektiven Gefühls der Persönlichkeit liegen“.

Verschiedene Auffassungen zur pathognomonischen Wertigkeit derSymptome:

Eugen Bleuler: Syptom-Dualismus aufgrund der längsschnittlichenBetrachtung des Verlaufs der psychotischen Störungen (zusätzlich zurquerschnittlichen Beschreibung der Symptomatik):I Grundsymptome: obligatorische Symptome; dauerhaft u. prognostischungünstig:

1. Störungen des Denkens Zerfahrenheit2. Störungen des Affekts Ambivalenz3. Störungen des Antriebs Autismus

II Akzessorische Symptome: zwar eindrucksvolle, aber wederobligatorische noch spezifische u. daher nicht diagnostischausschlaggebende Symptome; prognostisch günstig:

1. Wahn2. Halluzination3. katatone Symptome

Kurt Schneider:Symptome 1. Ranges: Bei eindeutigem Vorliegen eines dieser Symptomeund Fehlen von körperlichen Grundkrankheiten Diagnose Schizophrenie:Gedankenlautwerden, dialogische Stimmen, kommentierende Stimmen,leibliche Beeinflussungserlebnisse, Gedankenentzug, andereGedankenbeeinflussungen, Gedankenausbreitung u. –eingebung,Wahnwahrnehmung u. alles von anderen Gemachte u. Beeinflußte imBereich des Fühlens, Strebens (Triebe) u. des Wollens..Symptome 2. Ranges: Bei Vorliegen mehrerer dieser Symptome kommtes für die Diagnose auf den klinischen Gesamtzusammenhang an:andere Sinnestäuschungen (Coenästhesien), Wahneinfälle, Ratlosigkeit,depressive Verstimmungen, frohe Verstimmungen, erlebteGefühlsverarmung u. andere optische, olfaktorische, gustatorische,sonstige akustische Halluzinationen

Nancy Andreasen (1982): Wiederkehr des Symptom-Dualismus’ vonBleuler (u. Kraepelin) nach Störungsverlauf:I produktive/Positivsymptomatik: prognostisch günstig:- Wahn u. Halluzination- positive formale Denkstörungen- bizarres u. desorganisiertes Verhalten spricht auf klassische Neuroleptika an Wahn ist positiv, da als produktive u. kreative Bewältigungsstrategie zu sehen

II Minus-/Negativsymptomatik: Einschränkungen u. Defizite prognostisch ungünstig:

- Sprachverarmung (Alogie) - Aufmerksamkeitsstörungen - Affektverflachung - Affektarmut (Anhedonie) bis Asozialität - Willensschwächung (Abulie) bis Apathie (emotionale Störung, die s. in Teilnahmslosigkeit, Gleichgültigkeit, geringer Gefühlsansprechbarkeit äußert) spricht auf atypische Neuroleptika an

24

24

Page 25: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

3. Was sind die wichtigstenMerkmale derschizophrenenPsychosen?

Wahn (inhaltliche Denkstörungen)Wahneinfall, Wahnwahrnehmung, Wahnsystem, Erklärungswahn(Beziehungs- und Verfolgungswahn etc., mit bizarrem, magisch-mystischen Charakter) Halluzinationen (~ inhaltliche Denkstörungen)

akustische in Form des Stimmenhörens (imperative, dialogisierende u.kommentierende Stimmen) u. Gedankenlautwerdens, elementareakustische H., Körper-, Geruchs- u. Geschmackshalluzinationen Ich-Störungen

Grenze zw. Ich u. Umwelt wird durchlässig empfunden: Depersonalisation,Derealisation, Gedankenausbreitung, -eingebung, -entzug,Fremdbeeinflussungserlebnisse, Autismus formale DenkstörungenZerfahrenheit, Sperrung/Gedankenabreißen, Neologismus, Kontamination,Symboldenken, Perserverationen affektive Störungenmangelnder affektiver Rapport (Kontakteinschränkung), Inadäquatheit derGefühlsäußerungen in Form von z.B. Parathymie (unpassend zum geradeBerichteten od. zur Situation) u. Paramimie (unpassende Mimik),Gefühlseinbrüche unmotivierter Angst, Wut od. Glückseligkeit,Affektverflachung, läppischer Affekt (unernstes, seicht-flapsiges Auftretenmit leerer Heiterkeit od. fader Albernheit bei hebrephrener Form,psychotische Ambivalenz, depressive Verstimmung, Gefühlsarmut (vorallem bei Residualzustand) katatone (die Psychomotorik betreffende) Symptome: - katatoner Stupor:

Patient ist bewegungslos bei voll erhaltenem Bewußtsein, liegt wieerstarrt, spricht nicht (Mutismus), wirkt verängstigt, innerlich gespannt,Katalepsie- katatone Erregung:starke motorische Unruhe (Hyperkinese), z.T. stereotypeBewegungsabläufe, Schreien, Grimassieren, bis hin zum ungeordnetenBewegungssturm mit Sich-Wälzen, Um-sich-Schlagen und zielloserAggressivität (Raptus)- Änderung der Kooperationsfähigkeit: Negativismus,

Befehlsautomatie, Echolalie (Nachsprechen alles Gehörten),Echopraxie (Nachahmung von Bewegungen)

- Bewegungs- u. Haltungsstereotypien - Sprachstereotypien: Verbigeration/verbale Perseveration

(Wiederholung von Wörtern, Satzteilen, sich reimenden Klängen)katatone Symptome können mit einem traumähnlichen (oneiroiden) Zu-stand einhergehen

Störungen des Antriebsbesonders bei Residualzustand: Mangel an Initiative, Interesse u. Energie,sozialer Rückzug, Vernachlässigung der Körperpflege, absonderlichesVerhalten (Möller, S. 188 ff)

Klarheit des Bewußtseins u. intellektuelle Fähigkeiten bleiben erhalten ICD-10: Symptomatik mindestens 1 Monat insgesamt Verlust an Überstiegsfähigkeit = souveräne Möglichkeit,

zwischen gemeinsamer Realität, die der einzelne mit seiner Umwelt teilt,u. einer individuellen Vorstellungswelt zu wechseln

4. Ist die Sprache beiSchizophrenen gestört?

Tölle: bei den meisten Pat. nicht oder kaum auffällig. Manche: starkerRededrang, zerfahrenes Reden, absolutes Schweigen (Mutismuskatatone Form!), Manieriertheit, Neologismen, Kontamination,Klangassoziationen (Verbigeration katatone Form)

5. Finden sich bei derSchizophrenieOrientierungsstörungen?

nein, nur bei exogenen Psychosen (Demenz, Korsakow, Delir insgesamt vor allem zeitliche Desorientierung)!

25

25

Page 26: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

6. Ist Wahn beweisend fürSchizophrenie?

nein, Wahn ist akzessorisches Symptom (vgl. Bleuler): akzessorische/produktive Symptome (Wahn, Halluzination, katatone Symptome) findensich nicht bei allen Schizophrenien u. können auch bei anderenpsychischen Störungen (Depression, Manie, organische Psychosen)auftreten; allerdings entwickeln 80% der Schizophrenen wenigstenseinmal im Verlauf ihrer Erkrankung produktive Symptome (Möller, S. 186)

7. Wie sieht derschizophrene Affektaus? WelcheVeränderungen derAffektivität?

mangelnder affektiver Rapport, inadäquater Affekt (Parathymie u.Paramimie), flacher Affekt, Gefühlseinbrüche (Angst, Wut, Glückseligkeit),Ambivalenz (Lachen u. Weinen nebeneinander), wechselhaft, läppischerAffekt (besonders bei hebrephrenem Typ), depressive Verstimmung

8. Was ist Ambivalenz? normale Ambivalenz: Erleben von gegensätzlichen Gefühlsregungen od.widersprüchlichen Strebungenschizophrene Ambivalenz: unvereinbare Gefühlszustände bestehen sobeziehungslos nebeneinander, wie es im normalen Erleben nicht möglichist, nämlich ohne daß die Gegensätze in irgendeiner Weise ausgetragenod. auch nur bewußt erlebt werden; sie treten gleichzeitig u. gleichwertig inErscheinung (z.B. Weinen u. Lachen, Angst u. Glück, Hassen u. Lieben)

9. Was ist Autismus? Ich-Versunkenheit u. Verlust der Realitätsbeziehungen. Schizophrener Autismus: im Denken u. Handeln Verstrickung in diepsychotische Innenwelt u. Abkapselung von der realen Welt;eigentümliche Abkapselung von der Umwelt u. Bezogenheit auf die eigenePerson; äußert sich in Passivität u. Apathie (z.B. Mutismus, Stupor) u.Befangenheit im Wahnerleben (Möller, S. 189; Tölle, S. 193) Psychodynamisch wird Autismus als Schutz u. Rückzug des in derSchizophrenie ich-gestörten Menschen angesehen; der Rückzug kann zueinem Residualzustand führen. (Tölle)

10.Welche Ich-Störungentreten bei derSchizophrenie auf?

Ich-Störungen = Störungen der Ich-Haftigkeit des Erlebens u. Störungender Ich-Umwelt-Grenze (Grenze zw. Ich u. Umwelt wird als durchlässigempfunden): Depersonalisation (Entfremdung von Gedanken, Gefühlen,Körperteilen), Entichung (Erleben von Gedanken u. Gefühlen als nichtmehr zum eigenen Ich gehörig), Gedankeneingebung, Gedankenentzug,Fremdbeeinflussungserlebnisse, Gedankenausbreitung, Autismus (imDenken u. Handeln Verstrickung in die psychotische Innenwelt u.Abkapselung von der realen Welt) (Möller, S. 188 ff)„Die verschiedenartig wirkenden schizophrenen Symptome konvergierenin den Störungen des Ich. Schizophrenie ist eine Erkrankung derPerson insgesamt: der Patient hat nicht schizophrene Störungen, er istschizophren. ‚Schizophrenie ist Angriff im Mittelpunkt der Person.’(Wyrsch). ... Im Schizophrensein ist die psychische Einheit gestört. ...“ (Tölle, S. 199)

11.Welche Denkstörungentreten bei derSchizophrenie auf?

formale Denkstörungen = Spaltung des gedanklichen Zusammenhangs:Störung des intentionalen Bogens der Gedankenfolge,Begriffsverschiebung (Konkretismus – Symbolismus Vagheit desDenkens), Danebenreden, Perseveration,Denksperrung/Gedankenabreißen, Inkohärentes Denken/Denkzerfahrenheit, Neologismus, Begriffszerfall, Kontamination, Paralogik(Möller, S. 190; Tölle, S. 199 f)

(~inhaltliche Denkstörungen: Wahnideen, Halluzinationen)12. Was ist „negative

Symptomatik“ derSchizophrenie?

Minus-/Negativsymptomatik nach Andreasen (vgl. auch ICD-10): - Sprachverarmung (Alogie) - Aufmerksamkeitsstörungen - Affektverflachung - Affektarmut (Anhedonie) bis Asozialität - Willensschwächung (Abulie) bis Apathie (emotionale Störung, die s. in Teilnahmslosigkeit, Gleichgültigkeit, geringer Gefühlsansprechbarkeit äußert) bei schizophrenem Residuum meist nur Negativsymptomatik

26

26

Page 27: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

13. Welche Unterformenschizophrener Psychosenunterscheidet man?

Katatone Form: Störungen der Psychomotorik u. des Antriebs imVordergrund: können zwischen extremer Hyperkinese u. Stuporschwanken (seltene Form, in Industrieländern nur 15-20% derSchizophrenien; offenbar häufiger bei organischen Erkrankungen(Stoffwechsel))

Paranoide Form: Störungen der Wahrnehmung im Vordergrund:Wahn – vor allem Verfolgungs- u. Größenwahn – u. meistHalluzinationen, vor allem akustisch (häufigste Form in meisten Teilender Welt, 40-50% der Schizophrenien)

Hebephrene Form: Störungen des Affekts/Ausdrucks imVordergrund: Affekt ist unangemessen, flach, läppisch, leere Heiterkeit,Gleichgültigkeit, unberechenbares, flapsiges, oft enthemmtesSozialverhalten desorganisierte Form

Schizophrenia simplex (schwer zu diagnostizieren): keine produktivenSymptome; i.S. eines schleichenden Krankheitsprozesses kommt eszunehmend zu einem durch Negativsymptomatik geprägten Bild(Residualsyndrom)

schizophrenes Residiuum: Persönlichkeitsveränderung i.S. vonAntriebsmangel, Affektarmut, sozialem Rückzug

postschizophrene Depression14.Welchen Typus der

Schizophrenie würden Siewählen?

paranoid-halluzinatorisch, gute Prognose weil: mit starken akzessorischen/produktiven Symptomen „lärmende

Positivsymptomatik“ mit akuter psychot. Symptomatik späte Manifestation, zw. 30 u. 40 Jahren Gesamtpersönlichkeit bleibt erhalten

15.Was haben die einzelnenTypen für Vor- u. Nach-teile?

katatone:Vorteil: relativ günstige Prognose (oft Remission)Nachteil: Gefahr der Entgleisung, perniziöse Katatonie lebensgefährlich!paranoid (-halluzinatorische):Vorteil: beginnt später als andere, Gesamtpersönlichkeit bleibt erhaltenNachteil: paranoid-halluzinator. Erlebnisse überaus hartnäckighebrephrene:Nachteil: beginnt schon im Jugendalter, ungünstige Prognose (oftChronifizierung)Schizophrenia simplex:Nachteil: chronischer Verlauf, wegen reiner NegativsymptomatikMöglichkeiten der therap. Beeinflussung geringer als bei Schizophrenienmit akuten psychot. Symptomen u. akzessorischen Symptomen‚Vorteil’: meist undramatischer Verlauf ( allerdings langsamprogredienter Verlauf, der meist zu ausgeprägten Residualzuständenführt)

16.Wie hoch ist derAnlagefaktor beiSchizophrenien?

Morbidität = Krankheitsstand, Verhältnis der Zahl der Kranken zur Zahl derGesunden; Erkrankungsrisiko/-wahrscheinlichkeitKonkordanz = Übereinstimmung in den Erbanlagen, besonders beieineiigen ZwillingenMorbidität (Konkordanzraten) je nach Verwandtschaftsgrad zu einemSchizophrenen:

- Eltern: 5-10%- Kinder eines erkrankten Elternteils: ca. 10% - Kinder zweier erkrankter Elternteile: über 40% - Geschwister: 8-14%- zweieiige Zwillinge: 5-16%- eineiige Zwillinge: über 50%

für das Ausbrechen u. die Ausprägung von psychotischen Phänomenenspielen psychologische Faktoren eine mindestens gleich große Rolle wieVererbungs- u. biologische Faktoren. Vererbung u. biologische Faktorenbewirken eine individuelle Disposition

27

27

Page 28: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

17.Wie ist die Prävalenz vonSchizophrenie?

Prävalenz = Häufigkeit des Vorkommens einer bestimmten Erkrankung ineiner bestimmten Population zu einer bestimmten Zeit bzw. in einembestimmten ZeitraumPrävalenzrate = Anzahl der Erkrankten bzw. Häufigkeit des Merkmals imVerhältnis zur Anzahl der untersuchten Personen

Prävalenz: 0,5 bis 1%allg. Morbiditätsrate/durchschnittl. Erkrankungsrisiko (Lebenszeit-): 1%

Männer und Frauen gleiche Häufigkeit, Krankheitsbeginn bei Frauentendenziell später

18.Welche Halluzinationensind bei Schizophrenie amhäufigsten?

akustische Halluzinationen in Form des Stimmenhörens (z.B. dasVerhalten oder die Gedanken kommentierende Stimmen, imperative od.dialogisierende Stimmen), des Gedankenlautwerdens u. elementareakustische Halluzinationen (Hören von Geräuschen); (optische H. selten)(Möller, S. 189)

19.Was sind katatoneSymptome?

katatoner Stupor:Pat. ist bewegungslos bei voll erhaltenem Bewußtsein, liegt wie erstarrt,spricht nicht (Mutismus), wirkt verängstigt, innerlich gespannt, Katalepsie( = Beibehaltung einer starren Haltung bei Versuchen, Pat. zu bewegen)

katatone Erregung:starke motorische Unruhe (Hyperkinese), z.T. stereotypeBewegungsabläufe, Schreien, Grimassieren, bis hin zum Raptus( ungeordneter Bewegungssturm mit Sich-Wälzen, Um-sich-Schlagen u.zielloser Aggressivität)

Änderung der Kooperationsfähigkeit: Negativismus,Befehlsautomatie, Echolalie (Nachsprechen alles Gehörten),Echopraxie (Nachahmung von Bewegungen)

Bewegungs- u. Haltungsstereotypien Sprachstereotypien: Verbigeration/verbale Perseveration

(Wiederholung von Wörtern, Satzteilen, sich reimenden Klängen)Katatone Symptome können mit einem traumähnlichen (oneiroiden) Zu-stand einhergehen

28

28

Page 29: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

20.Beschreiben Sie einenkatatonen Patienten!Grob- u. Feinmotorik: Wiesieht das aus, wenn ereinen Stift hält? Worüberspricht er? Was machtman mit ihm?

Störungen der Motorik (u. des Antriebs) stehen im Vordergrund: Stupor(u. Mutismus), Erregung bis hin zum Raptus (ungeordneterBewegungssturm mit Sich-Wälzen, Um-sich-Schlagen, zielloserAggressivität), Haltungsstereotypien, Katalepsie (Beibehaltung einerstarren Haltung bei Versuchen, Pat. zu bewegen), wächserne Biegsamkeit(bei passiver Bewegung der Extremitäten ist zäher Widerstand zu spüren).Außerdem Änderungen der Kooperation wie Negativismus (Pat. tutautomatisch das Gegenteil des von ihm Verlangten),Befehlsautomatismus (Pat. tut automatisch alles Verlangte) u.Stereotypien des Sprechens wie Echolalie, verbale Perseveration/Verbigeration (stereotype Wiederholung von Wörtern, Satzteilen od. sichreimenden Klangassoziationen). Katatone Symptome können mit einemtraumähnlichen (oneiroiden) Zustand einhergehen.

Tölle: Sperrung u. Stupor, Negativismus u. Befehlsautomatie sind extreme u.bizarre Ausdrucksformen der gestörten zwischenmenschlichenKommunikation. Im katatonen Stupor ist der Pat. bewußtseinsklar u. wach,sogar in besonderem Maß beeindruckbar. Er nimmt die Vorgänge seinerUmgebung mit besonderer Empfindlichkeit auf, kann sich aber nicht anihnen beteiligen. Im Stupor sind Angst, Wahn u. Halluzinationenbesonders quälend, daher erfordern Pflege u. Behandlung des stuporösenPat. besondere Umsicht u. Feinfühligkeit. Psychodynamisch können die katatonen Symptome als Ausdruck derschwersten psychot. Bedrohung des Ichs bei Unmöglichkeit einer Abwehrinterpretiert werden, insbesondere die Panik der Erregung u. des Stupors.Manche Bewegungsstereotypien dienen dem in seiner Eigenbestimmung(Ich-Aktivität) tiefst gestörten Pat., dazu, sich seiner selbst zuvergewissern, sich zu überzeugen, daß er noch zu einem Handeln (wennauch nur in dieser rudimentären Form) fähig ist.

Stifthaltung: gar nicht möglich??Sprechen: entweder Mutismus (während eines katatonen Stupors), d.h., erspricht gar nicht, oder Sprachstereotypien (Echolalie, verbalePerseveration/Verbigeration)

21.Wie sieht die Verteilungder katatonenSchizophrenie aus?

ICD: aus unklaren Gründen kommt die Katatonie in den Industrieländerngegenwärtig selten vor (10-15% aller Schizophrenien), in anderen Ländernist sie jedoch nach wie vor häufig

22.Was ist perniziöseKatatonie (Symptomatik)?

fast immer Lebensgefahr: hohes Fieber (ohne erkennbare Infektion!),Unterhautblutungen, Kreislaufstörungen; die Pat. sind entwederhochgradig erregt (sie toben u. schreien, kann bis zur Selbstvernichtungführen) od. aber stupurös mit stark erhöhtem Muskeltonus u. sichtbareraffektiver Gespanntheit (stille Erregung). Eletrokrampftherapie

29

29

Page 30: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

23. Was ist das Besonderean Schizophrenie?

„Die verschiedenartig wirkenden schizophrenen Symptome konvergierenin den Störungen des Ich. Schizophrenie ist eine Erkrankung derPerson insgesamt: der Patient hat nicht schizophrene Störungen, er istschizophren. ‚Schizophrenie ist Angriff im Mittelpunkt der Person.’(Wyrsch). ... Im Schizophrensein ist die psychische Einheit gestört. Ein-zelne Erlebnisweisen stehen beziehungslos neneneinander od. gegenein-ander. Von dieser tiefgreifenden Desintegration sind auch dieBeziehungen zwischen Ich u. Welt betroffen, insbesondere diezwischenmenschlichen Beziehungen. Zugleich aber ist zu erkennen, ‚daßgesundes psychisches Leben versteckt u. hintergründig im Schizophrenenweitergeht. Und im Gesunden geht versteckt u. hintergründig neben demrationalen, auf die Anpassung an die Wirklichkeit gerichteten Leben, einirrationales Leben vor sich, ein autistisches Leben, in dem er sich eineeigene Welt schafft, die sein eigenes Wesen, seine eigenen Wünsche u.Hoffnungen, seine Begierden, Ängste u. Befürchtungen widerspiegelt. Inder Schizophrenie überbordet das phantastisch irrationale Leben dieSchranken, die ihm beim Gesunden gesetzt sind.’ (M. Bleuler). Hierinist das spezifische Anderssein des Schizophrenen zu sehen.“ (Tölle,S. 199)

Schizophrenie = Überbordendes phantastisch-irrationales autistischesLeben, in dem der Schizophrene sich eine eigene Welt schafft, die seineigenes Wesen, seine eigenen Wünsche u. Hoffnungen, seine Begierden,Ängste u. Befürchtungen widerspiegelt.

24.Behandlung/Therapievon Schizophrenie?

3 Säulen der Therapie entsprechend der multifaktoriellenÄtiopathogenese: 1. biologisch/somatisch, 2) psychologisch 3) sozial

1. Psychopharmakotherapie (Neuroleptika) beeinflussen vor allem dieproduktive Symptomatik gut: wirken psychomotorisch dämpfend,emotional ausgleichend, zur affektiven Indifferenz führend; allerdingsNebenwirkungen!; bei perniziöser Katatonie: Elektrokrampftherapie

2. Psychotherapie (VT- token economy vor allem bei chronischerSchizophrenie mit starkem Autismus; Programme zur Streßbewältigungu. sozialen Kompetenz u. edukative Familienarbeit) klar strukturiertes Verhältnis Patient – Arzt wichtig

3. Soziotherapie (Beschäftigungstherapie, Arbeitstherapie,berufsrehabilitierende Maßnahmen, Milieutherapie, Strukturierung desTagesablaufs)

Behandlung häufig erschwert durch fehlende Krankheitseinsicht Über- u. Unterstimulation vermeiden in akuter Psychose wird Vernichtungsangst erlebt, so daß der 1. Schritt

medikamentöse Behandlung sein muß (Eliminierung der psychot.Phänomene) u. erst im 2. Schritt Psychotherapie (Unterstützung,Aufbau) erfolgen kann Therapie ist schwierig, weil im Patienten nachdem Verschwinden der psychot. Symptome enormes Erschrecken vorsich selbst u. Scham entsteht!

25.In welcher Phase welcheBehandlung?

in floridem Schub: Neuroleptika bewirken Reduzierung, Aufhebungder produktiven Symptome u. Entlastung von Angst, Spannung,Erregung

zugleich edukative Familienarbeit nach Ansprechen auf Neuroleptika: auch supportive u.

konfliktbearbeitende/aufdeckende Psychotherapie und Soziotherapie;Vermeiden von Über- und Unterstimulation

Neuroleptika zur Rezidivprophylaxe (mindestens 2 Jahre) sehr geregelte Lebensführung wichtig, Vermeidung von Belastungen

(z.B. 8-Std.-Arbeitstag)26.Welchen Vorteil hat die

neuroleptischeLangzeitmedikation?

Stabilisierung des Zustandes, Prävention, weniger Rückfälle,Psychotherapie und Rehabilitation werden erleichtert

30

30

Page 31: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

27.Verlauf derSchizophrenie?

Tölle: bei Erwachsenen: ca. Drittelung ca. 1/3 “folgenlose” Ausheilung der Ersterkrankung guter Verlauf ca. 1/3 rezidivierender/wellenförmiger Verlauf, der zu leichten bis

mittelschweren Residualzuständen führt wiederholender Verlauf ca. 1/3 allmählich progredienter Verlauf oder wellenförmiger Verlauf, der

mit jedem Rezidiv stärkeren Persönlichkeitszerfall hinterläßt undschließlich meist zur Hospitalisierung führt chronischer Verlauf

(1991, S. 203 f)

aber Lehmkuhl : Prognose im Erwachsenenalter:chronischer Verlauf 25%Teilremission 50%Vollremission 25% (SS 1997)

Vollremission = folgenlose Ausheilung der Ersterkrankung, d.h. dieKranken weisen keine psychopatholog. Symptomatik auf, sind klinischgesund, aber tiefer Eingriff in das Leben der Betroffenen

Klosterkötter: rund 10% aller als schizophren diagnostizierten Pat. verüben(irgendwann) Suicid ...

28.Unter welchenEntstehungsbedigungengünstige Prognose beiSchizophrenien?

Lehmkuhl: akuter/schneller Krankheitsbeginn psychoreaktive Auslösung des Schubes durch situative Belastungen später Beginn starke akzessorische/produktive/positive Symptome „lärmende

Positivsymptomatik“ z.B. Wahn: im Wahn findet der Pat. eine Erklärung für die veränderte Welt, ist als Coping anzusehen! unkomplizierte Persönlichkeitsstruktur (Primärpersönlichkeit) mit guter

Kontaktfähigkeit fehlende genetische Belastung für Schizophrenie positive Familienstruktur gute Remission früherer Schübe ungünstig: affektive, Antriebs- und kognitive Basis-Störungen

29.Was beeinflußt denVerlauf einereingetretenenSchizophrenie positiv?

edukative Familienarbeit zur Rezidivprophylaxe, vor allem bei High-Expressed-Emotions-Familien (HEE-Familien) (intensive u. starkgeäußerte Gefühlsbeziehungen Familienmitglieder müssen lernen,s. zurückzuhalten) Verbesserung der Familienstruktur u. derKommunikationsmuster (eindeutige Kommunikation)

Compliance des Patienten (nur bei 40% der Pat. vorhanden)

31

31

Page 32: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

30.Beschreiben Sie dieschizophrenenResidualzustände!

Wenn Schizophrenien ausgesprochen ungünstig verlaufen, verlaufen sie indie Richtung des schizophrenen Residualzustands (Rest-, Endzustand), derals das Ergebnis der Auseinandersetzung des Betroffenen mit derKrankheit anzusehen ist, weniger als direkte Krankheitsfolge. Er ist durcheine Persönlichkeitsveränderung unterschiedlichen Ausmaßesgekennzeichnet: anfänglicher/leichter Residualzustand: Anfangs bestehen lediglich

eine gewisse Leistungsschwäche, Kontaktschwäche, möglicherweiseeine gewisse affektive Nivellierung, Konzentrationsstörungen sowieeine Neigung zu hypochondrischen Beschwerden u. depressivenVerstimmungen.

chronische/schwere Residualzustände: - reines Residuum: nur Negativsymptomatik/Grundsymptome, die aber

nicht notwendigerweise irreversibel ist: ausgeprägte Einengung derInteressen, autistischer Rückzug von Sozialkontakten, massiveAntriebs- u. Interesselosigkeit u. erhebliche Affektverarmung.

- gemischtes Residuum: zusätzlich auch produktive Symptome wieWahn Residualwahn u. andere (Halluzination, positive formaleDenkstörungen, bizarres u. desorganisiertes Verhalten).

(Möller, S. 196 f; Tölle, S. 206)

Residualzustände ≠ postremissiver Zustand: Postschizophrene De-pression, die nach dem Abklingen einer akuten schizophrenen Episodeauftritt u. über Wochen u. Monate bestehen kann, dann aber abklingt;depressive Symptome wie depressive Verstimmung, leichteErschöpfbarkeit, Antriebsmangel, Konzentrationsstörungen etc. stehen imVordergrund, zusätzlich schizophrene Symptome, meist negative

31.Was ist eineSchizophrenia simplex?

symptomarme Form der Schizophrenie: vor allem keine produktiven/floriden psychotische Symptome (Wahn u. Halluzinationen, positiveformale Denkstörungen, bizarres u. desorganisiertes Verhalten) schwerzu diagnostizieren; i.S. eines schleichenden Krankheitsprozesses kommtes fast unmerklich zum Nachlassen von Initiative, Schwung, Zielstrebigkeitu. sozialem Engagement u. zum Auftreten von Negativsymptomen wieAffektverflachung, Sprachverarmung, Reduktion der nonverbalenKommunikation, Antriebsminderung (schizophrenes Residuum). (Möller,S. 194)

32.Woran ist beiSchizophrenie-Verdachtdifferentialdiagnostischzu denken?

Tölle: Sicher zu erkennen sind Schizophrenien an den Grundsymptomenwie Denkstörungen, Autismus u. Ambivalenz; diese Symptome kommen intypischer Ausprägung nicht bei anderen Psychosen vor. (S. 207) organische Psychosen (Hirndiagnostik) affektive Psychosen (Abgrenzung meist möglich, aber oft auch

Melancholie als Zweiterkrankung bei Schizophrenie od. schizoaffektivePsychose als Übergang)

wenn Vollbild nicht erfüllt: evtl. wahnhafte Störungen/andere anhaltendewahnhafte Störungen bzw. Persönlichkeitsstörungen vom schizotypen,Borderline-, schizoiden od. paranoiden Typ

wenn Zeitkriterium nicht erfüllt: schizophreniforme Störung Drogenintoxikation bzw. Drogenentzug Hirnerkrankungen wie Epilepsie od. Suchterkrankungen

32

32

Page 33: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

33.In welchem frühestenAlter können typischeFormen schizophrenerPsychosen auftreten?

„Die frühesten Formen charakteristischer schizophrener Psychosen findetman im Grundschulalter, aber kaum vor dem 8. od. 9. Lebensjahr, u.auch hier nur selten. Die Häufigkeit nimmt in der Vorpubertät u. Pubertätdeutlich zu. Bei den kindlichen Schizophrenien stehen der Kontaktverlustu. der Sprachzerfall im Vordergrund, es kommt aber auch zuausgeprägten Wahnbildungen u. affektiven Veränderungen. Daß estypische schizophrene Symptome wie Denk-, Sprach-, Wahrnehmungs- u.affektive Störungen bei noch kleineren Kindern nicht geben kann, wirdeinsehbar, wenn man sich vergegenwärtigt, daß diese Störungen eineentsprechende Entwicklung u. Stabilität dieser Fähigkeiten voraussetzen,die im allgemeinen erst etwa mit dem Einschulungsalter erreicht wird. Manmuß daher für die Annahme einer kindlichen Schizophrenie fordern, daßbis zu diesem Zeitpunkt eine hinreichend normale, unauffälligeEntwicklung stattgefunden hat, der Aufbau des Realitätsbezugsnormal verlaufen ist u. erst danach plötzlich oder allmählich wiederverloren gegangen ist. Da die schizophrenen Psychosen desGrundschulalters in der Regel subakut bis akut beginnen, ist ihr zeitlicherBeginn als Knick in der Entwicklung zu erkennen.“ differentialdiagnostische Abgrenzung vom Autismus (Entstehung abGeburt, in ersten 3 Lebensjahren). (Tölle, S. 202) erst ab ca. 6 Jahren Wahnphänomene möglich allgemein: sehr selten im Grundschulalter (Möller, S. 373); meist

zwischen Pubertät und 30. Lebensjahr paranoid: sehr selten im Grundschulalter: „Nach zunächst unauffälliger

Entwicklung kommt es zu einem deutlichen Knick mit Kontaktverlust,Denkstörungen, Störungen des Realitätsbezugs, Wahnideen u.a.“(Möller, S. 373); meist zwischen 30. und 40. Lebensjahr

hebephren: Häufigkeitsgipfel im Jugendalter, meist zwischen 15. u. 25.Lebensjahr (Möller, S. 182; ICD-10, S. 107)

34. Kinder-u. Jugendpsy-chiatrische Prognosen:

a) Wie ist die Prognose derSchizophrenie imGrundschulalter?

b) Wie ist die Prognose derSchizophrenie imJugendalter?

c) Was ist für die jugendlicheSchizophrenieprognostisch günstig?

a) Prognose kindlicher Schizophrenien (ab 8.-9. Lebensjahr) ist durch weg ungünstig (je früher, desto ungünstiger); schlechte therapeutische Beeinflußbarkeit (Tölle, S. 204)

b) Lehmkuhl: Prognose im Jugendalter versus Erwachsenenalter:chronischer Verlauf 52% 25%Teilremission 25% 50%Vollremission 23% 25% c) Lehmkuhl: günstige Faktoren bei Jugendlichen: - später Beginn- schneller/akuter Beginn - psychoraktiver Beginn nach akuter Belastungssituation- lärmende Positivsymptomatik (Wahn, Halluzinationen, formale Denkstö- rungen, bizarres/desorganisiertes Verhalten) - gute schulische u. soziale Integration- keine genetische Belastung für Schizophrenie- Compliance (Kooperationsbereitschaft)- schnell einsetzende Besserung

bei Jugendlichen gibt es eine besondere Symptomatik, daher sind be- sondere Behandlungskonzepte notwendig!

33

33

Page 34: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

35.Ursachen,Entstehungsbedingungen von Schizophrenie?

multifaktorielle Ätiopathogenese der Schizophrenie nach Scharfetter(1986) (vgl. Möller, S. 182 ff)

I) Prämorbide Entwicklung:prädisponierende Faktoren:- Heredität (genetisch bedingte Vulnerabilität zentral, polygener Erbgang)- zerebrale Schäden (perinatale Schädigung)- psychosoziale Faktoren (familiär u. soziokulturell, z.B. Störungen im Rol- lengefüge der Familie, pathologische Kommunikationsmuster; häufig langandauernde Zerrüttung der Familie)

Prädisposition/Vulnerabilität i.S. eines labilen Gleichgewichts: präzipitierende Faktoren: - prämorbide Persönlichkeit - Hirnfunktionsstörung - Ich-Desintegrationsgefährung

+ idiosynkratische Stressoren, krit. Lebensereignisse, Halluzinogene II) Psychose (Abwehrhaltungen in schizophrener Symptomatik(Autismus, Ich-Störung))

III) Postpsychotische Entwicklung: Verlaufsbeeinflussende Faktoren: - heilungsfördernde F. Remission- rezidivproduzierende F. Rezidiv- perpetuierende F. chronisch unproduktiver Verlauf

wichtigstes biochemisches Korrelat akuter schizophrener Psychosen ver-mutlich: Überaktivität zentralnervöser, dopaminerger Strukturen(postsynaptische d2 Rezeptoren) im mesolymbischen System Neuroleptika sind Dopamin-Antagonisten, daraus wird Dopamin-Hypothese im Umkehrschluß gefolgert

36.Auf welche Konfliktereagieren Schizophrenebesonders empfindlich?

insbesondere auf Beziehungskonflikte: Überforderung durch sowohldurch Mangel an Zuwendung u. Verlust menschlicher Verbindungen alsauch durch Zuviel an Nähe u. Intimität; charakteristischerAmbivalenzkonflikt des Schzophrenen: Angst vor der Gefahr,Mitmenschen übermäßig nah zu komen, bei gleichzeitig starkem Bedürfnisnach mitmenschlicher Nähe u. Liebe (Tölle, S. 213)

37.Was ist bei stationärerBehandlung vonSchizophrenen besonderszu beachten?

Lehmkuhl: Unter- u. Überstimulation sind Risiko für Rezidive, beistationärer Behandlung häufig Unterstimulation aufgrund von Reizarmut,daher insbesondere soziotherapeutische (Ergo-, Arbeits-, Physiotherapie)Maßnahmen; langfristige Therapie an sekundären Symptomen notwendig,hoher Leidensdruck wegen der Symptome ersten Rangs.

34

34

Page 35: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

5Affektive Störungen

1. Wie ist die Einteilung derPsychosen?

exogen (akut - chronisch) endogen (schizophren - affektiv)

2. Wie kann man exogene u.endogene Psychosenanhand derSymptomatikunterscheiden?

Das Leitsymptom der akuten organischen/exogenen Psychosen (imengeren Sinn) ist die Bewußtseinsstörung, die selten fehlt.

Prototyp akuter exogener Psychosen ist das Delir. Andere charakteristische Subsyndrome sind: - Verwirrtheitszustand (amentielles Syndrom, wie Delir, aber ohne

Wahn u. Halluzinationen)- Bewußtseinsminderung verschiedenen Grades (Somnolenz bis

Koma)- Dämmerzustand (Bewußtsein ist verschoben, weniger getrübt, es

fehlt die volle Klarheit bei der Selbstvergegenwärtigung eigenerErlebnisse)

(Möller, S. 138, 133 ff u. 86 f; Tölle, S. 280 f)3. Wie kann man affektive

Psychosen einteilen?Die affektiven Psychosen stellen die zweite große Gruppe der endogenenPsychosen dar. Sie sind durch phasenhaft auftretende Veränderungen derStimmungs-, Affektivitäts- u. Antriebslage nach unten (Depression) od.seltener oben (Manie) gekennzeichnet. Die Depression im Rahmen deraffektiven Psychose wird als endogene Depression od. Melancholiebezeichnet. Die Krankheit verläuft in Phasen, d.h., nach jederErkrankungsmanifestation kommt es in der Regel zur Vollremission unterWiederherstellung der ursprünglichen Persönlichkeit. Man unterscheidetnach der Verlaufsform: a) hinsichtlich der unterschiedlichen Syndrome: unipolare affektive Psychosen: 65%- monopolare Depression: 60% - monopolare Manie: 5%

bipolare affektive Psychosen: manisch-depressive Psychosen: 35% (Möller, S. 205 u. 222 f)

b) bei den unipolaren Psychosen hinsichtlich der Häufigkeit der Phasen: monophasische/einphasige Verläufe multiphasische/mehrphasige Verläufe.

mehrphasige monopolare Depressionen sind am häufigsten; ca. 25% dermonopolaren Depressionen sind einphasig; einphasige monopolare Manieist extrem selten. (Tölle, S. 245 f)

durchschnittliches Erkrankungsrisiko für affektive Psychosen: etwasweniger als 1%. (Möller, S. 205)

35

35

Page 36: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

4. Wie ist dieUnterscheidung vonleichter, mittelschwereru. schwerer Depressionhinsichtlich der Symptomeu. Kriterien nach ICD-10?

Die Unterscheidung depressiver Episoden hinsichtlich ihres Schweregradserfolgt nach der Intensität der Symptomatik.

Depressive Symptomatik (Forschungskriterien ICD-10):

3 typische Symptome:1. depressive Stimmung2. Verlust von Interesse od. Freude an Aktivitäten, die normalerweise

angenehm waren3. verminderter Antrieb od. erhöhte Ermüdbarkeit.

7 weitere Symptome:1. Verlust des Selbstvertrauens od. des Selbstwertgefühls 2. unbegründete Selbstvorwürfe od. ausgeprägte, unangemessene

Schuldgefühle 3. wiederkehrende Gedanken an den Tod od. an Suizid od. suizidales

Verhalten4. Klagen über od. Nachweis eines verminderten Denk- od.

Konzentrationsvermögens, Unschlüssigkeit od. Unentschlossenheit5. psychomotorische Agitiertheit od. Hemmung (subjektiv od. objektiv)6. Schlafstörungen jeder Art7. Appetitverlust od. gesteigerter Appetit mit entsprechender

Gewichtsveränderung

Depressive Episoden jeden Schweregrades der gedrückten Stimmungkönnen auch von somatischen Symptomen begleitet werden somatisches Syndrom:

1. deutlicher Interessenverlust od. Verlust der Freude an normalerweiseangenehmen Aktivitäten

2. mangelnde Fähigkeit, auf Ereignisse od. Aktivitäten emotional zureagieren, auf die normalerweise reagiert wurde

3. frühmorgendliches Erwachen, 2 Std. vor üblicher Zeit4. Morgentief5. objektivierter Befund einer ausgeprägten psychomotorischen Hemmung

od. Agitiertheit6. deutlicher Appetitverlust7. Gewichtsverlust (5% im letzten Monat)8. deutlicher Libidoverlust das somatische Syndrom sollte nur diagnostiziert werden, wenn

mindestens 4 der Symptome vorliegen

Dauer der depressiven Symptomatik von mind. 2 Wochen für alleSchweregrade

Die Beurteilung des Schweregrades beruht auf einer komplexen klinischenBeurteilung, die Anzahl, Art u. Schwere der vorliegenden Symptomeberücksichtigt Intensität. leichte depressive Episode:mindestens 2 typische Symptome u. 2/3 weitere Symptome, so daß eineGesamtzahl von mindestens 4 Symptomen erreicht wirdmit/ohne somatisches Syndrom mittelgradige depressive Episode:mindestens 2 typische u. 3/4 weitere, so daß eine Gesamtzahl vonmindestens 6 Symptomen erreicht wirdmit/ohne somatisches Syndrom schwere depressive Episode:alle 3 typischen u. mindestens 5 weitere, so daß eine Gesamtzahl vonmindestens 8 Syptomen erreicht wirdsomatisches Syndrom ist immer vorhandenmit/ohne psychotische Symptome (Wahnideen/Halluzinationen od.depressiver Stupor); psychotische Symptome synthym (vor allem) od.parathym (im Sinn von neutral)

36

36

Page 37: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

5. Welche Schweregradeder depressivenEpisoden gibt es?

nach ICD-10: 3 Schweregrade von depressiven Episoden:- leichte - mittelgradige - schwere (ohne psychotische Symptome - mit psychotischen Symptomen)

Die Unterscheidung depressiver Episoden hinsichtlich ihres Schweregradserfolgt nach der Intensität der Symptomatik: leichte: die vorhandenen mindestens 4 Symptome müssen ausgeprägt

genug sein, um Gequältsein zu verursachen u. von anderen Personenbemerkt zu werden

mittelgradige: die vorhandenen mindestens 6 Symptome sind soausgeprägt, daß sie den meisten Personen noch erlauben, ihre normaleBerufstätigkeit u. ihre sozialen u. familiären Aktivitäten, wenn auch miterheblichen Schwierigkeiten, fortzusetzen

schwere: die vorhandenen mindestens 8 Symptome müssen so schwerausgeprägt sein, daß sie erhebliches Gequältsein u. fast immer auchdeutliche Behinderung verursachen, die Person kann berufliche u.familiäre Aktivitäten nicht mehr fortsetzen. (Möller, S. 215)

6. Wie ist der Verlauf vonDepression?

Beginn depressiver Episoden/Phasen: schleichend od. plötzlich(dagegen Beginn manischer Episoden immer rasch: „beginnt wieangeknipst, endet wie ausgeknipst“ Klosterkötter)!)

phasenhafter Verlauf: zeitlich umschriebene Krankheitsepisoden mitgesunden Intervallen dazwischen; d.h., nach jederErkrankungsmanifestation kommt es in der Regel zur Vollremissionunter Wiederherstellung der ursprünglichen Persönlichkeit.

Dauer depressiver Phasen: depressive Phasen sind länger alsmanische; bis zu 3 Monate (40-50% der Phasen), bis 1 Jahr (25-30%),über 1 Jahr (20-25%); rapid cycling: extrem hochfrequente Verläufe mitganz schnellem, ggf. täglichem Wechsel zwischen melancholisch u.gesund; depressive Phasen sind im höheren Lebensalter oft länger, 1bis 2 Jahre u. mehr; oft findet s. eine jahreszeitliche Häufung imFrühjahr u. Herbst.

Ende depressiver Phasen: unabhängig von ihrer Länge teils allmählich,teils abrupt; bei 10% der Phasen kommt es zu einer hypomanischenNachschwankung von geringer Insensität u. kurzer Dauer.

durchschnittl. Ersterkrankungsalter: a) bei monopolarenDepressionen: zw. 40-45 Jahren (ab 45 J.: Spätdepression/-melancholie); b) bei bipolaren Psychosen: zw. 30-35 Jahren

rezidivierende Episoden: bei 75% der Erkrankungen: a) unipolare: 4Episoden im Leben; b) bipolare: 6 Episoden im Leben

chronischer Verlauf: bei 15% der Melancholien Zyklusdauer (Zeitspanne zwischen Beginn einer Phase u. Beginn

einer weiteren Phase): anfangs a) bei Melancholien: 4 bis 5 Jahre; b)bei bipolaren: 3 bis 4 Jahre; die Dauer verkürzt s. umso mehr, je weiterdie Anzahl der einzelnen Phasen zunimmt, u. zwar vor allem aufKosten des gesunden Intervalls.

Geschlechtsverteilung: Frauen erkranken ca. doppelt so häufig andepressiven affektiven Psychosen wie Männer geschlechtsspezifischer Vulnerabilitätsfaktor (dagegen ist bei bipolarenaffektiven Psychosen die Verteilung gleich)

Suicid: ca. 10-15% der Melancholiekranken nehmen s. das Leben(Möller, S. 222 f; Tölle, S. 246 ff)

37

37

Page 38: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

7. Wie ist die Symptomatikbei Melancholie/endogener Depression?

Haupt-/Leitsymptome: niedergedrückte, depressive Stimmung, Verlust vonInteresse od. Freude an Aktivitäten, verminderter Antrieb u./od. erhöhteErmüdbarkeit, Störungen des Denkens u. körperlich-vegetative Störungen

Störungen der Stimmung/Affektivität: Schwermut, Freud- u.Hoffnungslosigkeit sowie Gefühl der Wertlosigkeit od. auchGefühllosigkeit Herabgestimmt-Sein bis zu Versteinerung u. Leere,zu ausweglosem, versteinertem Nichts-fühlen-Können u. Nicht-traurig-sein-Können; die Gefühllosigkeit wird gefühlt, die Erstarrungempfunden, die Leblosigkeit erlebt, im Extremfall alsEntfremdungserleben (Depersonalisation). Angst vor allem, was aufPat. zukommt u. als nicht zu bewältigen erscheint ( ängstlichesGrübeln, wahnhafte Ängste)

Störungen des Antriebs: 1) Hemmung: in allg. Handlungsbereitschaft,im Denken u. in Psychomotorik: Interesse- u. Initiativlosigkeit,einfalssarmes u. monotones Denken, Bewegungsarmut u. –verlangsamung; Antriebslosigkeit bis zum Extrem des depressivenStupors; 2) Agitiertheit: quälende innere Unruhe, Bewegungsdrang,ständiges Jammern.

Leibnähe der Verstimmung/Herabstimmung: ist charakteristisch fürdie endogene Depression leibnächste Psychose u. leibnächstedepressive Störung: Störung der Vitalgefühle/Leibgefühle(Schlaffheit, Erschöpftheit, Energielosigkeit, Abgespanntheit, Druck- u.Schweregefühl in Brust, Kopf, Bauch, Hals zugeschnürt, Schmerz-,Hitze- od. Kälteempfindungen; schwere Störungen der vegetativenFunktionen (Appetit- u. Gewichtsverlust od. -zunahme, Libidoverlust,Verstopfung); zirkadiane Rhythmusstörungen( Durchschlafstörungen mit morgendlichem Früherwachen,Tagesschwankungen von Stimmung u. Antrieb, meist mit „Morgentief”u. Aufhellung am Nachmittag (Morgentyp, ca. 1/3 der Pat. – Abendtypwesentlich seltener)

Hemmung des Denkens: a) formal: Einfallsarmut,Konzentrationsstörungen; b) inhaltlich: ständiges Grübeln über Sorgenu. Befürchtungen, Selbstunterschätzung, Suicidgedanken, synthyme(!)Wahnideen: Schuld-/Versündigungs-, Verarmungs-, hypochondrischeru. nihilistischer Wahn; häufig illusionäre Verkennungen im Sinn derdepressiven Stimmung; Depersonalisationserlebnisse u.Zwangsvorstellungen kommen vor.

sozialer Rückzug bei akuter, stark ausgeprägter depressiver Episode/Psychose mangelt

es an Krankheitseinsicht bzw. fehlt diese völlig 8. Welche körperlichen

Symptome treten beiMelancholie/endogenerDepression auf?

Störung der Vitalgefühle/Leibgefühle (Schlaffheit, Erschöpftheit,Energielosigkeit, Abgespanntheit, Druck- u. Schweregefühl in Brust,Kopf, Bauch, Hals zugeschnürt, Schmerz-, Hitze- od.Kälteempfindungen

schwere Störungen der vegetativen Funktionen (Appetit- u.Gewichtsverlust od. -zunahme, Libidoverlust, Verstopfung)

zirkadiane Rhythmusstörungen ( Durchschlafstörungen mitmorgendlichem Früherwachen, Tagesschwankungen von Stimmung u.Antrieb, meist mit „Morgentief” u. Aufhellung am Nachmittag(Morgentyp, ca. 1/3 der Pat. – Abendtyp wesentlich seltener)

9. Welches Erleben steht beiMelancholien imVordergrund?

Schwermut, Freud- u. Hoffnungslosigkeit sowie Gefühl derWertlosigkeit od. auch Gefühllosigkeit Herabgestimmt-Sein bis zuVersteinerung u. Leere, zu ausweglosem, versteinertem Nichts-fühlen-Können u. Nicht-traurig-sein-Können; die Gefühllosigkeit wird gefühlt,die Erstarrung empfunden, die Leblosigkeit erlebt, im Extremfall alsEntfremdungserleben (Depersonalisation). Angst vor allem, was aufPat. zukommt u. als nicht zu bewältigen erscheint ( ängstlichesGrübeln, wahnhafte Ängste), depressiv- synthymes(!) Wahnerleben(Schuld-/ Versündigungs-, Verarmungs-, hypochondrischer u.nihilistischer Wahn Pessimismus, Wertlosigkeit);

Suicidrisiko: ca. 10-15% der Depressiven sterben durch Suicid

38

38

Page 39: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

10.Was ist eine endogeneDepression?

endogen = erblich mitbedingt, eigengesetzlicher, aber nichtumweltunabhängiger Verlauf Die endogene Depression ist eine affektive Psychose, die durchphasenhaft auftretende Veränderungen der Stimmungs-, Affektivitäts- u.Antriebslage nach unten (Depression) gekennzeichnet ist. Nach jederErkrankungsmanifestation kommt es in der Regel zur Vollremission unterWiederherstellung der ursprünglichen Persönlichkeit. Man unterscheidetzwischen uni-/monopolarer Depression (60% aller affektiven Psychosen) u. bipolarer manisch-depressiver Psychose (35% aller affektiven

Psychosen) (Möller, S. 205 u. 222 f)11.Subtypen von

Depression? nachLehmkuhl nicht mehraktuell, da in der ICD-10nur noch depressiveEpisode

Nicht immer ist das oben beschriebene Vollbild der endogenen Depressiongegeben bzw. häufig ist das psychopathologische Erscheinungsbilddurch bestimmte Symptome in besonderer Weise geprägt.Dementsprechend werden bestimmte Subtypen od. Sonderformen derDepression differenziert: gehemmte Depression: Antriebshemmung ist stark ausgeprägt

(Reduktion von Psychomotorik u. Aktivität, extrem: depressiver Stupor) agitierte Depression: Agitiertheit prägt das klinische Bild (quälende

innere Unruhe, ängstliche Getriebenheit, Bewegungsdrang,unproduktiv-hektisches Verhalten u. ständiges Jammern)

hypochondrische Depression: hypochondrischeSelbstbeobachtungen u. Gedanken prägen das Bild.

paranoid gefärbte Depression: es kommt im Rahmen der Depressionzu mißtrauischer Umdeutung von Begebenheiten im Sinn vonBeeinträchtigungs- od. auch Verfolgungsideen.

Entfremdungsdepression: Entfremdungssymptome prägen dasErscheinungsbild: dem Pat. erscheint seine Umwelt fremd, die Weltdunkler, fahler etc.

anankastische Depression: Zwangssymptome prägen das Bild. larvierte Depression: = versteckte Depression (somatisiert):

vielfältige funktionelle Organbeschwerden, leibliche Mißempfindungenu. vegetative Störungen stehen im Vordergrund, während depressiveStimmung u. Antriebshemmung weitgehend in den Hintergrund treten schwierige Diagnose.

Spätdepressionen/Involutionsdepressionen: ab 45 Jahren; oftängstlich-agitiert od. hypochondrisch-paranoid gefärbt, neigen inbesonderem Maß zur Chronifizierung; depressive Denkinhalte könnendurch die für diese Lebensphase typischen Probleme geprägt sein(Auszug der Kinder, Klimakterium, Vereinsamung, ggf. Partnerverlustetc.); oft, vor allem bei älteren Pat., ausgeprägte kognitive Störungen schwere Differentialdiagnose zu Demenz, verschwinden aber nachAbklingen der depressiven Phase wieder (≠ chronisch progressiverVerlauf der Demenz) (Möller, S. 211 f)

39

39

Page 40: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

12.a) Was sind ungünstigePrognosekriterien deraffektiven Psychosen?

b) Was befürchtet man beiendogenen Psychosen ammeisten?

zu a): längere Verläufe, vor allem mehrphasige Manien u. bipolare manisch-

depressive Psychosen haben häufiger Residualzustände zur Folge:deutliche Persönlichkeitsveränderungen in Form von Nivellierung u.Entdifferenzierung (nicht allein Krankheitsfolge, sondfern auch Folgeder durch die Krankheit gestörten Persönlichkeitsentwicklung u. dersozialen Schwierigkeiten) (Tölle, S. 248)

früher Beginn einer (unipolaren) affektiven Psychose: häufigerÜbergang in eine ungünstigere bipolare Psychose (Schmidt, S. 191)

früher Beginn mit eindeutigem Dominieren manischer Symptome(frühes Auftreten bei denjenigen, die eine starke Penetranz der Störunghaben)

Suiciddrohungen u. wiederholte suicidale Handlungen deutliche hypomanische bis aggressive Stimmung trotz Lithium/

begleitender Medikation mit Neuroleptika/Carbamazepin hohe Expressed-Emotions-Komponenten in Verbindung mit geringer

Compliance Persönlichkeitsstörungen eingeschränkte Copingmöglichkeiten

b) den Suicid: 10-15% aller Pat. mit affektiven Psychosen begehen Suicid bei depressiver Episode besonders kritisch: wenn nach begonnener

Medikation mit Antidepressiva der anstriebssteigernde Effekt schonauftritt, aber der stimmungsaufhellende Effekt noch nicht eintritt das ist immer so!

bei manischer Episode besonders kritisch: wenn dem Pat. beim Ab-klingen der Symptome bewußt wird, welchen Scherbenhaufen erangerichtet hat

13.Welchen Typ derDepression würden Siesich aussuchen?

Anpassungsstörung: kurze depressive Reakton F43.20 (= einvorübergehender leichter depressiver Zustand, der nicht länger als 1Monat dauert)

leichte depressive Episode F32.0 (s.o.)14.Was spricht für Manie

(aber nicht gegenDepression!)?

Hypomanie: anhaltende leicht gehobene Stimmung, gesteigerterAntrieb/Aktivität, Gefühl von Wohlbefinden u. körperlicher u. seelischerLeistungsfähigkeit; gesteigerte Geselligkeit, Gesprächigkeit,Vertraulichkeit, gesteigerte Libido, vermindertes Schlafbedürfnis,Interesse an ganz neuen Unternehmungen nach depressiverEpisode kann es eine hypomanische Nachschwankung geben: dieseist aber von geringer Intensität u. kurzer Dauer (Tölle, S. 247)

abrupter Beginn: eine manische Phase „beginnt wie angeknipst, endetwie ausgeknipst“ Klosterkötter) eine depressive Phase kann abruptenden u. in eine hypomanische Nachschwankung umschlagen

Manie: situationsinadäquat gehobene Stimmung, vermehrter Antrieb, Über-aktivität, Rededrang, vermindertes Schlafbedürfnis, starke Ablenkbarkeit,Selbstüberschätzung, Größenideen, maßloser Optimismus,Wahrnehmungsstörungen, vermehrte Geldausgabe; bedingt i.d.R.Schuldunfähigkeit u. fehlende Testierfähigkeit (Kaufverträge) stationäreZwangseinweisung, Verlust der freien Willensbestimmung

15.Was überwiegt in derBevölkerung, Manie oderDepression?

Die Depression überwiegt bei weitem: unipolare Depression: ca. 65% unipolare Manie: ca. 5% bipolare manisch-depressive Psychose: ca. 30% depressive Phasen

überwiegen hier meist erheblich, ein strenges Alternieren manischer u.depressiver Phasen ist selten (Möller, S. 222)

16.Wie ist die Geschlech-terverteilung beiaffektiven Störungen?

bei Depressionen: Frauen:Männer = 2:1 bei bipolaren gleich

17.Was würden Sie sichaussuchen, Manie od.Depression?

Gefahr bei Depression: SuicidGefahr bei Manie: Verschuldung, Selbst- u. Fremdgefährdung; nachmanischer Phase auch Suicid möglich angesichts des angerichtetenScherbenhaufens eine leichte depressive Episode od. am besten eine kurze depressiveReaktion (Anpassungsstörung F 43.20)

40

40

Page 41: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

18. Welche Wahnthementreten bei Melancholie auf?

Verarmungswahn, Krankheitswahn, Schuldwahn, nihilistischer Wahn synthym! (aber auch parathyme Themen im Sinn von affektneutralmöglich)

19. Inhaltliche u. formaleDenkstörungen bei derManie?

formal: Ideenflucht, beschleunigtes Denken typische Denkstörung beiManieinhaltlich: Inhalte des ideenflüchtigen Denkens sind Größenideen, diewahnhaftes Ausmaß annehmen können (Megalomanie)

20. Was ist „majordepression“?

Begriff aus dem DSM für einzelne und rezidivierende schwere depressiveEpisoden

41

41

Page 42: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

21.Welche Symptomatikbei Manie?

3 Hauptsymptome: 1. situationsinadäquate, euphorisch-gehobene Stimmung2. gesteigerter Antrieb3. Ideenflucht, beschleunigtes Denken (Tölle, S. 243 f)

Manische Symptomatik (Forschungskriterien ICD-10):

nach ICD-10: 3 Schweregrade von manischen Episoden:- leichte: Hypomanie- mittelgradige: Manie ohne psychotische Symptome - schwere: Manie mit psychotischen Symptomen

Hypomanie/leichte manische Episode:

1 typisches u. obligatorisches Symptom:Stimmung ist in einem für die Betroffenen deutlich abnormen Ausmaß anmindestens 4 aufeinander folgenden Tagen gehoben od. gereizt.

7 weitere Symptome:1. gesteigerte Aktivität od. motorische Ruhelosigkeit2. gesteigerte Gesprächigkeit3. Konzentrationsschwierigkeiten od. Ablenkbarkeit4. vermindertes Schlafbedürfnis5. gesteigerte Libido6. übertriebene Einkäufe od. andere Arten von leichtsinnigem od.

verantwortungslosen Verhalten7. gesteigerte Geselligkeit od. übermäßige Vertraulichkeit

von diesen Symptomen müssen mindestens 3 vorliegen u. die persönlicheLebensführung beeinträchtigen.

Manie: 1 typisches u. obligatorisches Symptom:Stimmung ist vorwiegend gehoben, expansiv od. gereizt u. für dieBetroffenen deutlich abnorm. Dieser Stimmungswechsel muß auffällig seinu. mindestens 1 Woche anhalten (es sei denn, eineKrankenhauseinweisung wird vorher notwendig).

9 weitere Symptome:1. gesteigerte Aktivität od. motorische Ruhelosigkeit2. gesteigerte Gesprächigkeit, Rededrang3. Ideenflucht od. subjektives Gefühl von Gedankenrasen4. Verlust normaler sozialer Hemmungen, was zu einem den Umständen

unangemessenen Verhalten führt5. vermindertes Schlafbedürfnis6. überhöhte Selbsteinschätzung od. Größenwahn 7. Ablenkbarkeit od. andauernder Wechsel von Aktivitäten od. Plänen8. tollkühnes od. leichtsinniges Verhalten, dessen Risiken die Betroffenen

nicht erkennen, z.B. leichtsinnnige Geldausgabe, törichteUnternehmungen, rücksichtsloses Fahren

9. gesteigerte Libido od. sexuelle Taktlosigkeit

von diesen Symptomen müssen mindestens 3 vorliegen bzw. 4, wenn dieStimmung nur gereizt ist, u. diese Symptome müssen eine schwere Störungder persönlichen Lebensführung verursachen Manie ohnepsychotische Symptome/mittelgradige manische Episode (berufl. u.soziale Funktionsfähigkeit ist unterbrochen)

wenn psychotische Symptome hinzukommen Manie mit psychotischenSymptomen/schwere manische Episode; wichtig: die Wahnideen sindnicht bizarr od. kulturell angemessen, bei den Halluzinationen handelt es s.nicht um Rede in der dritten Person od. kommentierende Stimmen Differentialdiagnose zu schizophrenen Symptomen! sondern: Größen-,Liebes-, Beziehungs- u. Verfolgungswahn. Psychotische Symptome vorallem synthym (z.B. Größenwahn od. Stimmen, die den Betroffenen sagen,42

42

Page 43: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

22. Welche differential-diagnostischenÜberlegungen sind beiManien anzustellen?

Ausschluß organischer/toxischer UrsachenSchizophrenie (Art der Wahnideen u. Halluzinationen unterschiedlich!)schizoaffektive Störung (manisches Syndrom ausschließlich währendschizoaffektiver Störung)

23.Wie sieht derTagesablauf bei schwererDepression aus?

Durchschlafstörungen morgendliches Früherwachen, mindestens 2 Stunden vor der üblichen

Zeit Tagesschwankungen von Stimmung u. Antrieb, bei 1/3 mit Morgentief

(Morgentyp) od. selten mit Abendtief (Abendtyp)24.Woran erkenne ich

jemanden mit schwererDepression?

Erscheinungsbild:Der Gesichtsausdruck ist ernst u. verbietet Ermunterung od. gar Scherz.Der Blick verrät vielfach ängstliche Beunruhigung, gleichzeitig auch eineeigentümliche Ferne u. Unberührtheit von allem, was um den Pat. vorgeht.Am auffälligsten ist die Bewegungsarmut, die oft mit einer nur mühsamunterdrückten inneren Unruhe gepaart ist. Mimik, Gestik u. Sprache drücken Angespanntheit, Entschlußlosigkeit u.Hoffnungslosigkeit aus. Dem, der den Pat. aus gesunden Zeiten kennt, fallen Stille, Zurückhaltungu. Befangenheit auf. (Tölle, S. 236)

erstarrte Mimik u. Gestik, gesenkter Blick, leises Sprechen25.Was versteht man untereiner „larviertenDepression“?

vegetative Störungen u. vielfältige Organbeschwerden stehen imVordergrund, die depressiven Symptome treten in den Hintergrund somatisierter Subtyp, Vollbild ist nicht ausgeprägt

26. Woran erkennt man denSchweregrad einerDepression?

an der Intensität der Symptomatik (Art bzw. Ausprägungsgrad u. Anzahlder depressiven Symptome) leichte: die vorhandenen mindestens 4 Symptome müssen ausgeprägt

genug sein, um Gequältsein zu verursachen u. von anderen Personenbemerkt zu werden

mittelgradige: die vorhandenen mindestens 6 Symptome sind soausgeprägt, daß sie den meisten Personen noch erlauben, ihre normaleBerufstätigkeit u. ihre sozialen u. familiären Aktivitäten, wenn auch miterheblichen Schwierigkeiten, fortzusetzen

schwere: die vorhandenen mindestens 8 Symptome müssen so schwerausgeprägt sein, daß sie erhebliches Gequältsein u. fast immer auchdeutliche Behinderung verursachen, die Person kann berufliche u.familiäre Aktivitäten nicht mehr fortsetzen. (Möller, S. 215)

Funktionsfähigkeit im Alltag (Arbeitsfähigkeit, familiäre Aktivitäten u.Sozialkontakte): bei leichter depr. Episode: Funktionsfähigkeit im Alltagerhalten; bei mittlerer depr. Episode: Funktionsfähigkeit im Alltag nur untererheblichen Schwierigkeiten fortsetzbar; bei schwerer depr. Episode:Funktionsfähigkeit im Alltag nicht erhalten

43

43

Page 44: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

27.Wie würden Sievorgehen, um denSchweregrad einerDepression zu be-stimmen?

Gespräch mit dem Pat. führen u. sorgfältig auf sein Erscheinungsbildachten (s.o.), eine ausführliche Anamnese erheben (Zusammenhängezwischen Depression u. Lebensereignissen in der nahen u. fernenVergangenheit) sowie sorgfältige Exploration seines Erlebens(Stimmung/ Affektivität, Antrieb, Denken, Suicidalität) u. Beurteilung derSchwere anhand der ICD-10- Kriterien für Schweregrad (s.o.).

Die Beurteilung der Suicidalität ist bei Depression eine der wichtigstenAufgaben. Für eine erhöhte Suicidgefahr sprechen: lang anhaltende u.schwere Depressivität, Schulderleben u. Selbstbezichtigungen, bittereÄußerungen über die Aussichtslosigkeit des Lebens u. auch starke latenteAggressivität, die ihr Ziel nicht erreicht, weiter frühere Suicidversuche desPat. u. Suicidhandlungen in der Familie od. der näheren Umgebung. Jeweniger depressiv herabgestimmt u. besonnen ein Mensch erscheint, dervon Suicidabsichten spricht, desto größer ist das Risiko einer ernsthaftensuicidalen Handlung. Wenn einmal der Entschluß zum Suicid gefaßt ist,wirken manche Pat. fast entspannt (Befreiung, Erlösung). Verneint derPat. die Frage nach Suicidabsichten, man ist aber davon nicht überzeugt,kann man nachfragen, warum er keine Suicidabsichten (mehr) habe:suicidale Pat. antworten hierauf ausweichend od. gar nicht (während einekonkrete Antwort, z.B. wegen des Partners, der Kinder od. der Eltern,gegen Suicidalität spricht). Weitere Risikofaktoren sind soziale Isolierungu. psychische Krisen od. Krankheiten (90%, endogene Psychosen bei 1/3).

(Standardisierte Selbst- od. Fremdbeurteilungsskalen zur Abschätzung,z.B. Hamilton-Depressionsskala, sind oft nicht einsetzbar: depressivenPat. fällt es oft schwer, einen Fragebogen zuverlässig auszufüllen od. aufFragen des Untersuchers genaue Antworten zu geben, da ihmQuantifizierungen kaum möglich sind: er ist so tief gestört, so absoluthoffnungs- u. ausweglos, daß ihm Abstufungen sinnlos erscheinen.Außerdem kann die Fragebogenuntersuchung depressive Pat., diezumeist sehr gewissenhaft u. auf Kooperation bedacht sind, zusätzlichbelasten.) (Tölle, S. 242 u. 125)

28.Wenn jemand mit einermittelgradigendepressiven Episode zuIhnen käme, was würdenSie machen?

1) Diagnostik: Anamnese u. Exploration zur Bestimmung des genauenVerlaufs: bipolar – monopolar; Differentialdiagnose: Anpassungsstörung(Frage nach belastendem Ereignis), Klärung der Suicidgefahr (s.o.);2) Therapie mit 3 Säulen: psychopharmakologisch, psychotherapeutisch u.soziotherapeutisch.

44

44

Page 45: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

29.Wie sieht die Therapieder Depression aus?

Akutbehandlung je nach Suicidalität u. Compliance ambulant od. stationär supportives ärztliches/psychotherapeutisches Gespräch (stetige

Zuwendung u. Einfühlung, Mut u. Hoffnung vermitteln, stark u.belastunhsfähig sein, quasi stellvertretend für verzweifelten Pat. diedepressive Phase durchstehen), Beziehung Arzt/Psychologe – Patientmuß stabil sein (persönliche Bindung ist beste Suicidprävention!)

Pharmakotherapie: Antidepressiva (sedierend bzw. zusätzlich einsedierendes Medikament bei Suicidalität u. Agitiertheit) Vorsicht: dader antriebssteigernde Effekt dem stimmungsaufhellenden Effektvorausgeht, werden etwaige suicidale Impulse vorübergehendbegünstigt!!! Außerdem wirken Antidepressiva erst nach 2-3 Wochenrichtig aus beiden Gründen ist bei Suicidalität in der Regel einestationäre Behandlung notwendig!!!; einschleichende Dosierunginnerhalb 1 Woche, nach stabiler Besserung über einen Zeitraum von 4Wochen ausschleichende Dosierung über 4-6 Wochen.

bei Suicidalität, Agitiertheit u. Schlafstörungen zusätzlich einHypnotikum (Benzodiazepin) od. ein sedierendes Antidepressivum

wg. Wirklatenz der Antidepressiva (2-3 Wochen) vorher ggf.Benzodiazepine od. schwachpotente Neuroleptika

Neuroleptika od. Lithium können den antidepressiven Effekt verbessern Elektrokrampftherapie: Indikation bei schwerer, sonst nicht behebbarer

Suicidalität, bei nihilistischem Wahn u. depressiven Stupor od. beimangelndem Effekt verschiedener Antidepressiva

therapeutischer Schlafentzug (total, partiell od. selektiv): Ziel:Resynchronisation der zirkadianen Rhythmen

Lichttherapie bei saisonaler DepressionErhaltungstherapie antidepressive Erhaltungsmedikation über 6 Monate; falls phasenhafter

Verlauf, evtl. mit Lithium eine Phasen-Prophylaxe durchführen u. ggf.schon während der Antidepressiva-Therapie beginnen

Tagesstrukturierung Bewegungs- u. Sporttherapie, Physiotherapie, Ergotherapie (=

Beschäftigungs- u. Arbeitstherapie) aber Schonung!Rezidivprophylaxe Pharmakotherapie: falls phasenhafter Verlauf, evtl. mit Lithium eine

Phasen-Prophylaxe durchführen; wenn unwirksam, bei monopolarerDepression tricyclisches Antidepressivum, bei bipolarer PsychoseCarbamazepin

Psychotherapie: kogn. VT, PA Training von Konzentration u. Ausdauer Familien werden trainiert, EE zu kontrollieren

30.Wie sieht die Therapieder Manie aus?

Akutbehandlung bei ausgeprägter Symptomatik stationäre Behandlung (ggf. richterliche

Einweisung, da keine Krankheitseinsicht u. auch kein Krankheitsgefühl) Pharmakotherapie: Neuroleptika (Kombination von antipsychotischem

hochpotenten Neuroleptikum mit sedierendem niedrigpotentenNeuroleptikum) (od. Lithium: wirkt aufgrund sedierenden Effektsantimanisch); ausschleichende Dosierung über einen längerenZeitraum

genügend FreiraumRezidivprophylaxe insbesondere bei wiederholten Rezidiven mit Lithium; wenn unwirksam, dann bei bipolarer Psychose mit

Carbamazepin31. a) WelcheAntidepressiva gibt es? b) Welches ist das Mittelder Wahl?

a): trizyklische (anticholinerge Nebenwirkungen, Blutdrucksenkung) MAO-Hemmer selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (Unruhe, Überkeit)

b) üblich sind gegenwärtig Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer, weil sie die geringsten Nebenwirkungen haben

45

45

Page 46: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

32.Welche Medikamentegibt man bei Depression?Welche Wirkung u. welcheNebenwirkungen haben sie?

einschleichende Dosierung ängstl.-agitierte Depressionen: sedierendes Antidepressivum, ggf.

Benzodiazepine bei Suicidalität: sedierendes Antidepressivum, ggf. Benzodiazepine bei Schlafstörungen: Hypnotikum (Benzodiazepine) trizyklische Antidepressiva: Nebenwirkungen: anticholinerge

Nebenwirkungen: Mundtrockenheit, Obstipation etc.);Blutdrucksenkung sind i.d.R. von leichter Intensität, auf den Beginnder Behandlung beschränkt, klingen entweder spontan nachDosisreduktion ab od. können symptomatisch therapiert werden

bei neuerer Substanzklasse der selektiven Serotonin-Wiederaufnah-mehemmer: keine anticholinergenen Effekte, aber Unruhe u. Übelkeit

wg. Wirklatenz der Antidepressiva (2-3 Wochen) vorher ggf.Benzodiazepine od. schwachpotente Neuroleptika

Antidepressiva verkürzen die Phasen, Restsymptomatik bleibt aberbestehen

33.Wie hoch ist derPlaceboeffekt beiAntidepressiva?

20-30%??? woher ist diese Zahl?

34. a) Wann wird beiDepression dieElektrokrampftherapieeingesetzt? b) Wie wirktsie?

Elektrokrampftherapie = Auslösung eines epileptischen Krampfanfallsdurch elektrische Durchflutung unter Kurznarkosea) Indikation bei schwerer, sonst nicht behebbarer Suicidalität, beinihilistischem Wahn u. depressiven Stupor od. bei mangelndem Effektverschiedener Antidepressivab) Wirkweise: ist nicht im einzelnen bekannt. Vermutet wird eineTransmitterstimulation im Hypothalamus (entsprechend der Noradrenalin-Serotonin-Hypothese der antidepressiven Pharmakotherapie). DieKrampfbehandlung bewirkt wie andere depressive Behandlungen eineVerminderung der REM-Schlafphasen, ohne daß deren Bedeutung für denWirkmechanismus bekannt wäre.Eine psychopathologische Interpretation besagt, daß dieKrampfbehandlung der psychotischen Symptomatik gleichsam den Bodenentziehe, also ein “Nicht-haben-Können der Psychose“ bedinge. (Tölle, S. 361 f)

35.Wie hoch ist dieHeilungschance mitAntidepressiva beiMelancholie?

„Um 70% u. damit wesentlich höher als die Placeborate.“

Das günstigste Ergebnis ist die Phasenverkürzung. In der Regel wird diemelancholische Symptomatik nicht vollständig aufgehoben, aber erheblichreduziert, so daß Alltagsfunktionen wieder erreicht werden. Bei 30% führtdie alleinige Behandlung mit Antidepressiva nicht zum Ziel. Prädiktoren füreinen günstigen bzw. schnellen therapeutischen Effekt von Antidepressivasind insbesondere ausgeprägte Vitalstörungen – dies gilt vermutlich füralle antidepressiven Maßnahmen. (Tölle, S. 256 f)

36.Welche anderenFaktoren bedingen dieHeilung einer Melancholiemit?

gleichzeitige Gabe anderer Medikamente (Lithium, Benzodiazepin) Qualität der Beziehung Therapeut-Pat. u. der psychotherapeutischen

Behandlung Einbeziehung der Familienangehörigen situative Faktoren Persönlichkeitsfaktoren: z.B. können vorausgegangene neurotische

Störungen das Herausgeraten aus der Melancholie erschweren37.Was ist Lithium?WelcheZusammensetzung hat es?

Lithium-Salz: einwertiges Metall aus der Gruppe der Alkali-Metalle zurRezidivprophylaxe von manischen u. schizomanischen Psychosen; keineigentlich sedierendes Psychopharmakon, hat aber auch sedierendenEffekt

46

46

Page 47: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

38.Warum wird Lithiumeingenommen/wann wirdLithium eingesetzt? Wiewirkt es?

zur Prophylaxe bei mehrphasigen affektiven u. schizoaffektivenPsychosen (nach der 2. Phase/Episode): schützt vor erneutenEpisoden od. Phasen werden deutlich seltener, leichter, kürzer bei70% bleiben weitere Phasen aus

in florider/akuter manischer Phase: wirkt aufgrund des sedierendenEffekts antimanisch

Gesamtdosis am Abend, damit Hauptnebenwirkungen im Schlaf nichtwahrgenommen werden

Lithiumserumspiegel regelmäßig kontrollieren: Lithiumintoxikation kannzu Krampfanfällen, Koma u. bis zum Tod führen!!!

Compliance wichtig!! stark verzögerter Wirkungseintritt Nebenwirkungen, trotz allgemein guter Verträglichkeit (ohne

Langzeitfolgen): Gewichtszunahme, feinschlägiger Tremor,Feinmotorik, Durst, Sexualfunktionen reduziert, Schilddrüse

einer der größten Erfolge der Psychiatrie: damit kann man trotzManie/bipolarer affektiver Psychose gut leben

39.Welche Besonderheitendes Verlaufs zeigen dieaffektiven Psychosen imJugendalter?

Depressive Episoden im Kindes- u. Jugendalter: durchschnittlichesErkrankungsrisiko 0,5-1,0%, Erkrankungen vor dem 20. Lebensjahrmachen weniger als 20% des Lebenszeitrisikos aus; ab demJugendalter sind Mädchen häufiger betroffen als Jungen; gleicheSymptomatik wie bei Erwachsenen, bei Suicidgedanken u. –handlungen geht es häufig um ‚harte’ Methoden nach kurzerEntscheidungszeit; das somatische Syndrom kann ab dem mittlerenJugendalter hinzutreten; Reizbarkeit, ängstlich-phobische u.zwanghafte Symptome u. Alkoholmißbrauch können vorkommen; auchbei Kindern saisonale Depressionen (Herbst/Winter); hoheRezidivwahrscheinlichkeit (mindestens 1/3 der Pat.) durch familiäreBelastung, Fortbestehen chronischer Belastungen u. Komorbidität(Eltern u. Geschwister haben erhöhte Belastung mit verschiedenenpsychiatrischen Erkrankungen); bei frühem Beginn der depressivenEpisode ist der Übergang in die prognostisch ungünstigenbipolaren Verläufe häufiger; Erhöhung des Rezidivrisikos durchintellektuelle Retardierung u. gleichzeitige Persönlichkeitsstörung.(Schmidt, S. 189 ff)); endogene Depressionen im Kindesalter sehrselten u. erst ab der Vorpubertät (Möller, S. 373)

Manische Episoden im Kindes- u. Jugendalter: sind im Jugendaltersehr selten, in der Kindheit noch seltener; beide Geschlechter gleichbetroffen. Bipolare Episoden sind prognostisch ungünstiger alsmonopolare Manie u. sind allgemein prognostisch ungünstig miterhöhtem Rückfallrisiko, aus diesem Grund u. wegen der sozialen u.möglichen rechtlichen Folgen von manischen Episoden u. wegen derSelbstgefährdung in depressiven Episoden ist Akutbehandlung u.Rezidivprophylaxe indiziert. (Schmidt, S. 234 ff)

depressive Phasen im Jugendalter sind schwierig zu diagnostizieren,da meist sehr kurz, z.T. nur einige Tage lang (Tölle, S. 241)

Beginn affektiver Psychosen im Jugendalter oft nur retrospektiv zubestimmen, da scheinbar unmotivierte Stimmungsschwankungen imReifungsalter auch sonst vorkommen (Tölle, S. 241)

depressive Verstimmung bei Kindern sind fast immer neurotischer Artod. chronische Depression von Kindern infolge frühkindlicherDeprivation (Tölle, S. 246)

melancholische Syndrome im Jugendalter können dem Beginn einerschizophrenen Psychose vorausgehen (Tölle, S. 246)

Phasen kürzer u. rascher; häufig rapid cycling, die schlecht aufMedikamente ansprechen u. entsprechend ausgeprägte soziale Folgennach sich ziehen

häufig ist Stimmung eher gereizt, somat. Störungen(Appetitverminderung), wohinter sich häufig eine Depression verbirgt

(woher diese Infos?)47

47

Page 48: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

40.Wie ist die Ätiologie/Pathogenese von affektivenStörungen?

multifaktorielle Ursachen: Vulnerabilitätskonzept: anlagebedingte Verletzlichkeit

(Konkordanzraten bei eineiigen Zwillingen 65%, 80% bei bipolaren,50% bei unipolaren; bei zweieiigen Zwillingen: 20%

Abnormitäten in der Neurotransmission/Dysbalance verschiedenerNeurotransmitter: Verminderung der Neurotransmitter Noradrenalinund Serotonin

PA: abnorme Trauerreaktion, Objektverlust Introjektion:Autoaggression, Schuldgefühle (Haß auf verlorenes Liebesobjekt wirdauf eigenes Selbst gerichtet)

Existentialphilosophie: Sinnverlust VT: gelernte Hilflosigkeit, Verstärkerverlust kognit. Theorie: depr. Kognitionen/Denkfehler: zu Person/Umwelt/Zu-

kunft krit. Lebensereignisse: Tod, Scheidung, Trennung, Wochenbett

41.Was ist eineschizoaffektive Psychose?

zwischen Schizophrenie u. affektiver Psychose Symptome von Depression o./u. Manie u. gleichzeitig od. höchstens

durch einige Tage getrennt u. zusätzlich Symptome von Schizophrenie42.Was versteht man unterZyklothymia?

Zyklothymia = andauernde Instabilität der Stimmung mit zahlreichenPerioden leichter Depression u. leicht gehobener Stimmung leichte,chronische Stimmungsschwankungen mit Beginn in der Regel im frühenErwachsenenleben (F 34.0)

43.Wie sieht dieEpidemiologie vonaffektiven Störungen aus?

Morbidität/durchschnittliches Erkrankungsrisiko: etwas unter 1% Frauen : Männer = 2:1 bei Depressionen, bei bipolaren Störungen

gleich der größte Teil der Erkrankungen beginnt im 3. od. 4. Lebensjahrzehnt,

der Häufigkeitsgipfel für Ersterkrankungen liegt etwas später als derbei Schizophrenien; frühestens ab der Vorpubertät, aber in diesemAlter sehr selten

eine erste manische Phase tritt in früherem Lebensalter auf als eineerste depressive

bipolare Psychosen beginnen früher (zu ca. 20% bereits vor dem 20.Lebensjahr) als unipolare

48

48

Page 49: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

44. Was ist Dysthymia? Dysthymia = chronische (länger als 2 Jahre dauernde) depressiveVerstimmung leichteren Grades, die nach Schweregrad u. Dauer nichtdie Kriterien für eine leichte rezidivierende depressive Episode erfüllt(~depressive Neurose/neurotische Depression).

Nach Forschungskriterien ICD-10: mindestens 3 der Symptome meistens,oft monatelang: 1. verminderter Antrieb od. Aktivität 2. Schlaflosigkeit3. Verlust des Selbstvertrauens od. Gefühl von Unzulänglichkeit4. Konzentrationsschwierigkeiten5. Neigung zum Weinen6. Verlust des Interesses od. der Freude an Sexualität u. anderen

angenehmen Aktivitäten 7. Gefühl von Hoffnungslosigkeit u. Verzweiflung8. erkennbares Unvermögen, mit den Routineanforderungen des täglichen

Lebens fertigzuwerden 9. Pessimismus im Hinblick auf die Zukunft od. Grübeln über die

Vergangenheit10. sozialer Rückzug11. verminderte Gesprächigkeit

die Pat. haben gewöhnlich dazwischen zusammenhängende Periodenvon Tagen od. Wochen, in denen sie s. gut fühlen; aufgrund desjahrelangen Dauerns der leichten depressiven Episoden zieht dieDysthymia beträchtliches subjektives Leiden u. Beeinträchtigungennach s.

Beginn gewöhnlich im frühen Erwachsenenleben u. Dauer mindestensmehrere Jahre, manchmal lebenslang; bei Beginn im höherenLebensalter häufig nach einer abgrenzbaren depressiven Episode,nach einem Todesfall od. einer anderen offensichtlichen Belastung

Lebenszeitprävalenz 2 bis 10% (woher?)45.Wie ist die Ätiologie vonDepression?

multifaktorielles Bedingungsgefüge: genetische Disposition (bei bipolarer höher als bei monopolarer

Depression) geschlechtsspezifischer Vulnerabilitätsfaktor bei monopolarer

Depression belastende Lebensereignisse (auslösende od. gar ursächliche

Funktion) evtl. psychologische Entstehungsbedingungen ähnlich wie bei

Dysthymia/neurotischer Depression (Hypothesen von Psychoanalyseu. Lerntheorie)

prämorbide Persönlichkeitsstruktur: Typus melancholicus:gekennzeichnet durch Haften am Gewohnten, Ordentlichkeit u.Gewissenhaftigkeit

biochemisches Korrelat: verminderte Aktivität im Bereichzentralnervöser noradrenerger u. serotonerger Synapsen (gilt wohlauch für Dysthymia)

(Möller, S. 205 ff)46.Was ist eineneurotische Depression?

neurotische Depression = Dysthymia

47.WelcheDifferentialdiagnose mußman bei neurotischerDepression machen?

leichte endogene Depression/depressive Episode: bei Dysthymiafehlen meistens Vitalsymptome, die charakteristisch bei depressiverEpisode sind; Dysthymia ist stärker durch situative Einflüssemodulierbar, z.B. durch die Gegenwart eines Freundes od. durchangenehme Betätigung; dysthyme Verstimmung ist meist nicht soschwer u. führt seltener zu einer bedeutenden Einschränkung derAlltagsfunktionen (berufliche Leistungsfähigkeit etc.)

Anpassungsstörung: längere depressive Reaktion (unter 2 Jahre) schizophrenes Residuum (negative schizophrene Symptome) bei älteren Menschen: Demenz (oft auch depressive Symptome)

49

49

Page 50: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

6Neurotische, somatoforme und Belastungsstörungen

50

50

Page 51: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

1. Was ist der Unterschiedzwischen Neurose u.Persönlichkeitsstörung?

Neurose = psychische Syndrome mit unterschiedlichemErscheinungsbild, die durch Störungen der Erlebnis- u.Konfliktverarbeitung bedingt sind. Im Gegensatz zu den Psychosenbesteht eine ausreichende Realitätskontrolle. Der Leidensdruck istmeistens sehr groß. Man unterscheidet zwischen Symptomneurosen, bei denen dieneurotische Störung in aktuellen psychopathologischen Symptomenzutage tritt, u. Charakterneurosen, bei denen s. die neurotische Störungin einer abnormen Persönlichkeitsdisposition darstellt. (Möller, S. 246) Neurosen sind nicht hirnorganisch bedingt (dieser Faktor kann nur inbestimmten Fällen die Entstehung begünstigen). Sie sind in Abgrenzungvon Psychosen weniger schwere u. weniger schicksalhaft verlaufendeseelische Störungen, ohne Desintegration der Persönlichkeit u. ohne diefür Psychosen so charakteristische Realitätsbezugsstörung. Anders alsPersönlichkeitsstörungen (Charakterneurosen) äußern s. die meistenNeurosen in bestimmten klinischen Symptomen. (Tölle, S. 40)

Neurosen: Symptomneurosen: neurotische Störung äußert s. inaktuellen psychopathologischen Symptomen Persönlichkeitsstörungen: Charakterneurosen: neurotischeStörung stellt s. in einer abnormen Persönlichkeitsdisposition dar

Die (Symptom-) Neurosen sind häufige Störungen: Prävalenzrate 10%,unter Einbeziehung leichter Fälle über 20%. Frauen erkranken etwadoppelt so häufig wie Männer. Häufigkeitsgipfel der Erkrankungen ist immittleren Lebensalter. Klinische Erscheinungsbilder: Angstneurose (Angststörung) phobische Neurose (Phobische Störung) Zwangsneurose (Zwangsstörung) depressive Neurose (neurotische Depression/Dysthymia) Hypochondrische Neurose (Hypochondrie) neurasthenische Neurose (Neurasthenie) hysterische Neurose/Konversionsneurose (dissoziative Störung) neurotisches Depersonalisationssyndrom psychosomatische/somatotoforme Störungen

Es handelt s. hier nur um typologische deskriptive Differenzierungen mitstarker Randunschärfe. Häufig ist es deshalb gar nicht möglich, dasErscheinungsbild eines Pat. einem dieser Typen zuzuordnen, sondernman muß zwei od. mehr dieser Typen zur Beschreibung heranziehen.Differentialdiagnostisch müssen die neurotischen Störungen jeweilssorgfältig gegenüber gleichartigen klinischen Bildern bei endogenen u.hirnorganischen Erkrankungen abgegrenzt werden. (Möller, S. 251 ff)

Verlauf von Neurosen:Neurotische Störungen treten meist im Zusammenhang mitnachweisbaren situativen Belastungsfaktoren auf, mit Erlebnissen, denenhäufig erst vor dem jeweiligen Hintergrund einer speziellen Lebens- u.Lerngeschichte der Charakter des Pathogenen zukommt. Das neurotischeSymptom bedeutet nicht nur subjektives Leiden, sondern auch Entlastung(primärer Krankheitsgewinn) u. hat Konsequenzen, die auch einenpositiven Aspekt haben, z.B. vermehrte Zuwendung u. Befreiung vonPflichten durch andere (sekundärer Krankheitsgewinn). Beide Arten vonKrankheitsgewinn können zur Symptomfixierung u. Chronifizierungbeitragen. Neurotische Störungen dauern selten nur Monate, oft dauern sie Jahre.Chronische Verläufe sind also eher die Regel. Im Rahmen erneuterBelastungssituationen kann es zu einem erneuten Auftreten der gleichenod. einer anderen Symptomatik kommen.

günstige Prognose: Phobien hysterische Neurose z.T. depressive Neurose

51

51

Page 52: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

2. Wie sieht dieVerhaltenstherapie beiNeurosen aus?

grundsätzlich: zuerst Verhaltensanalyse: Symptomauslöser u.symptomverstärkende Stimuli werden analysiert u. ein Therapieplan zuihrem Abbau aufgestellt, durch den gleichzeitig das symptomatischeVerhalten reduziert wird. Parallel dazu werden Verhaltensdefiziteeliminiert, indem kompetente Verhaltensweisen aufgebaut (u.a. nachdem Prinzip des operanten Konditionierens) u. geübt werden (inRollenspielen nach dem Prinzip des Lernens am Modell u. in der Realität) Training sozialerKompetenz. depressive Neurose: operante positive Verstärkung von Aktivitäten

(Aktivierungsprogramm), Aktivitätstraining (Tagespläne) u. kognitiveUmstrukturierung von irrationalen negativen Kognitionen

Angstneurose/phobische Neurose: Reizkonfrontation in sensuod./u. in vivo: systematische Desensibilisierung; Reizüberflutung invivo (flooding)

sozialphobische Neurose: Selbstsicherheitstraining (assertivetraining)

Zwangsneurose: a) bei Zwangshandlungen: Reizkonfrontation invivo zur bewußten Auseinandersetzung mit den angstauslösendenSituationen u. dabei äußere Kontrollmaßnahmen u. Interventionenzur Verhinderung aufkommender Zwangshandlungen/gleichzeitigeReaktionsverhinderung (response prevention) u. b) beiZwangsideen/-gedanken, -befürchtungen u. –impulsen:kognitive Selbstkontrolle (Gedanken-stop-Training) (nicht sowirksam), auch Habituationstraining nach bewußter Provokation,Aufschreiben od. Anhören von Zwangsideen, was jeweilsAngstreduktion erzeugt)

(Möller, S. 277 f; Schmidt, S, 185 f)

52

52

Page 53: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

3. a) Was ist ein Konflikt?

b) Was ist eine Konfliktre- aktion?

a) Ein Konflikt kommt zustande, wenn in einem Menschen zweiStrebungen von vitaler Bedeutung widersprüchlich bzw. (zeitlich:gleichzeitig) unvereinbar u. unter einem Entscheidungsdruckaufkommen.

PA: Konflikte entstehen hauptsächlich zwischen Ich u. Es bzw. zwischenÜber-Ich u. Es. Urkonflikt: Sexualkonflikt (= in weiterem Sinnzwischenmenschlicher Konflikt).Zu beachten sind insbesondere folgende Konflikte: Bereich des Habens u. Besitzens Nähe/Bindung versus Distanz/Trennung Autonomie vs. Abhängigkeit Macht vs. Unterlegenheit Bereich Aggressivität u. Rivalität

(Tölle, S. 41)Appetenz-Appetenz-Konflikt/Annäherungs-Annäherungs-Konflikt/Appetenzkonflikt: Zwang zur Entscheidung zwischen zwei gleichattraktiven GegebenheitenAversions-Aversions-Konflikt/Vermeidungs-Vermeidungs-Konflikt/Aversionskonflikt: Zwang zur Entscheidung zwischen zwei gleichunattraktiven Gegebenheiten Appetenz-Aversions-Konflikt/Annäherungs-Vermeidungs-Konflikt/Ambivalenzkonflikt: gleichzeitiges Vorhandensein von gegensätzlichenStrebungen gegenüber einer Gegebenheit (Dorsch)

b) Eine Konfliktreaktion ist eine akute u. meist kurzdauernde inadäquateReaktion auf einen bestimmten umschriebenen Konflikt mit der Folgegesundheitlicher Störungen.≠ Neurose: kompliziertere Entwicklung gesundheitlicher Störungen, dienicht auf einzelne aktuelle Konflikte zurückzuführen ist, sonderninadäquate Verarbeitungen von länger anhaltenden Konflikt- u.Frustrationssituationen, die oft in die Kindheit zurückreichen, zurVoraussetzung hat.

Kennzeichen von ausgeprägtem neurotischen Konflikterleben: diePerson neigt zu bestimmten, weitgehend festgelegten Einstellungen u.Verhaltensweisen u. ist wenig in der Lage, den konflikthaften Charakterder kritischen Lebenssituation als solchen wahrzunehmen, geschweigedenn eine adäquate Konfliktbewältigung in Form der Lösung (Konfliktbleibt bewußt od. weitgehend bewußt u. wird rational verarbeitet, diewidersprüchlichen Regungen werden im Idealfall in das Gesamterlebenintegriert; auch Sublimierung, Verschiebung u.Phantasiebefriedigungen/Tagträume) od. in Form von einem Kompromißzu erreichen. Wenn dann die Konfliktspannung die Tragfähigkeitübersteigt, kann Entlastung nur durch bestimmte neurotischeAbwehrmaßnahmen (Verdrängung, Widerstand, Rationalisieren, Isolieren,Reaktionsbildung, Projektion, Introjektion, Konversion, Vermeidung,Regression) erlangt werden. (Tölle, S. 46 u. 43 ff)

53

53

Page 54: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

4. Was ist der Unterschiedzwischen Neurosen imKindes- u.Erwachsenenalter?

Neurosen bei Kindern:

1) alterstypische kindliche Neurosen/psychoreaktiveVerhaltensstörungen: Enuresis (Einnässen, F9), Enkopresis(Einkoten,F9), Mutismus (Störung sozialer Funktionen, F9),Erziehungsschwierigkeiten u. Verhaltensstörungen (hyperkinetischesSyndrom, Störungen des Sozialverhaltens, Ticstörungen; alle F9);Sprachstörungen ( F8) sind primär keine Neurosen, sondern organischbedigte funktionelle Störungen.2) frühkindliche psychoreaktive Fehlentwicklungen/psychoreaktive Persönlichkeitsstörungen: streng genommen keineNeurosen, sondern Persönlichkeitsveränderungen u. Behinderung inder soz. Anpassung, die auf ein schweres u. anhaltendes emotionalesDefizit in den ersten Lebensjahren zurückzuführen sind: frühkindlicherHospitalismus/ Deprivationssyndrom/Verlassenheitssyndrom (Spätfolgeder zugrundeliegenden existentiellen Depression/anaklitischenDepression ist eine tiefgreifende Kontaktstörung gestörte Bindungs-u. Liebesfähigkeit, oft dissoziales Verhalten)

(Tölle, S. 61 ff)

Im Kindesalter kommt es leicht zu umweltbedingten psychoreaktivenVerhaltensstörungen, die oft größere Intensität, aber auchwesentlich bessere Rückbildungstendenzen als imErwachsenenalter zeigen. Diese Störungen sind oft nicht reinpsychologisch durch ungünstige Umweltfaktoren o.ä. zu erklären,sondern multikonditional zu erklären: z.B. führen die Symptome einerminimalen zerebralen Dysfunktion in einem ohnehin problematischenUmweltmilieu zu einer besonders ungünstigen Interaktion u. damit zursekundären Neurotisierung. Frühkindlicher Hospitalismus, hyperkinetisches Syndrom,Angsstörungen, Enuresis, Enkopresis, Stottern, depressive Störungen,Dissozialität, Entwicklungsstörungen, Reifungskrisen/ Pubertätskrisen/Adoleszentenkrisen (Zwangssymptome, hysterische Reaktionen,neurasthenisches Versagen, depressive Verstimmungen,hypochondrische Symptomatik, Derealisations- u.Depersonalisationssymptomatik, Anorexia nervosa, Bulimia nervosa,ggf. Suicidalität). (Möller, S. 374 ff)

Kindliche Neurosen/psychoreaktive Verhaltensstörungen sind starkumweltbedingt, entstehen schneller, haben größere Intensität, aberauch wesentlich bessere Rückbildungstendenzen als Neurosen im Er-wachsenenalter u. sind multikonditional zu erklären.

5. Wo gibt es bei Neurosenkatatone Störungen?

bei dissoziativen Störungen (hysterische Neurose/Konversionsneurose)gibt es den dissoziativen Stupor (F 44.2): das Verhalten des Pat. erfülltdie Kriterien für eine dissoziative Störung u. für einen Stupor.

Symptome des Stupors: beträchtliche Verringerung od. Fehlenwillkürlicher Bewegungen u. der Sprache sowie der normalen Reaktionauf äußere Reize wie Licht, Geräusche od. Berührung; Pat. liegt od. sitztlange Zeit überwiegend bewegungslos. Der normale Muskeltonus, dieaufrechte Haltung u. die Atmung sind erhalten Pat. schläft nicht u. istauch nicht bewußtlos; häufig eingeschränkte Koordination derAugenbewegungen.

Hinweis auf die psychogene Verursachung durch kurzvorausgegangenes belastende Ereignisse od. im Vordergrund stehendeinterpersonale od. soziale Probleme.

andere Stupori: katatoner Stupor bei Schizophrenie, manischer Stuporbei Manie mit psychotischen Symptomen, depressiver Stupor beischwerer depressiver Episode mit psychotischen Symptomen (katatoner Stupor bei schizoaffektiver Psychose? katatones Syndrom beiexogenen Psychosen: auch Stupor?)

54

54

Page 55: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

Konversionssyndrom /hysterische Neurose /dissoziative Störungen1. Was versteht man unter

einerKonversionsreaktion?

Konversionsreaktion = Umwandlung eines verdrängten seelischenKonfliktes in eine körperliche Symptomatik, die den Konflikt insymbolischer Form zum Ausdruck bringt, mit dem Ziel eines doppeltenKrankheitsgewinns: die Psyche erreicht dadurch eine Triebbefriedigungu. damit Entlastung von innerer Anspannung (primärerKrankheitsgewinn), u. der Pat. erhält Zuwendung u. Aufmerksamkeitdurch seine Umwelt (sekundärer Krankheitsgewinn). (Tölle, S. 68 u. 71)

Konversion im weiteren Sinn = Umsetzung eines durch unlösbareSchwierigkeiten u. Konflikte hervorgerufenen unangenehmen Affkts inirgeneiner Weise in Symptome. (ICD-10).

2. Was ist einKonversionssyndrom?Was sind dissoziativeStörungen/Konversionsstörungen?

Konversionssyndrom/-störung = hysterische Neurose/dissoziativeStörung: geprägt durch psychogene Körperstörungen ohneorganischen Befund; psychogen durch enge zeitliche Verbindung zueinem traumatisierenden Ereignis, unlösbaren od. unerträglichenProblemen od. gestörten Beziehungen.

Allgemeines Kennzeichen der verschiedenen Konversions-/dissoziativenStörungen ist die Dissoziation, der teilweise od. völlige Verlust dernormalen Integration von Wahrnehmung (unmittelbare Empfindungen),Gedächtnis (Erinnerungen an die Vergangenheit), Bewußtsein(Identitätsbewußtsein) u. Motorik (Kontrolle von Körperbewegungen).

Konversionssymptome: motorische hysterische Symptome: Lähmungen, Krämpfe,

choreatiforme Bewegungsstörungen, Tics, psychogeneStimmlähmung, hysterische Anfälle im Sinn einer Überstreckung derWirbelsäule in tonischer Verkrampfung (arc de cercle) od. mitZuckungen, rhythmischen Beckenbewegungen o.ä., u.a..

sensible hysterische Symptome: Parästhesien, Anästhesien u.Schmerzempfindungen der Haut

sensorische hysterische Symptome: psychogene Blindheit,psychogene Taubheit, Einengung des Gesichtsfelds im Sinnröhrenförmiger u. anderer Skotome

hysterische Schmerzsymptome: vielfache subjektiveKörperbeschwerden, die praktisch jede Krankheit mitieren können;Scheinschwangerschaft

dissoziative hysterische Symptome: Identitätsbewußtseinsstörungen teils dramatische Erscheinungsbilder, stark appellativer Charakter derStörung: fordert Beachtung u. Aufmerksamkeit, beeindruckt u. beeinflußtdas Umfeld

Alle dissoziativen Zustände tendieren dazu, nach einigen Wochen od.Monaten zu remittieren (nachzulassen), besonders, wenn der Beginn miteinem traumatischen Lebensereignis verbunden war. (Möller, S. 266 f)

Frauen sind häufiger betroffen als Männer, kulturelle Abhängigkeit derHäufigkeit, Erkrankung meist in der Adoleszenz, frühes Erwachsenenalter

demonstratives Anbieten, Ausdrucksgehalt u. Zweckgerichtetheit, der Symptomatik sind entscheidend für die Diagnose (Tölle, S. 71)

55

55

Page 56: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

3. Wie ist die Symptomatik? Konversionssymptome: motorische hysterische Symptome: Lähmungen, Krämpfe,

choreatiforme Bewegungsstörungen, Tics, psychogeneStimmlähmung, hysterische Anfälle im Sinn einer Überstreckung derWirbelsäule in tonischer Verkrampfung (arc de cercle) od. mitZuckungen, rhythmischen Beckenbewegungen o.ä., u.a..

sensible hysterische Symptome: Parästhesien, Anästhesien u.Schmerzempfindungen der Haut

sensorische hysterische Symptome: psychogene Blindheit,psychogene Taubheit, Einengung des Gesichtsfelds im Sinnröhrenförmiger u. anderer Skotome

hysterische Schmerzsymptome: vielfache subjektiveKörperbeschwerden, die praktisch jede Krankheit mitieren können;Scheinschwangerschaft

dissoziative hysterische Symptome: Identitätsbewußtseinsstörungen teils dramatische Erscheinungsbilder, stark appellativer Charakter derStörung: fordert Beachtung u. Aufmerksamkeit, beeindruckt u. beeinflußtdas Umfeld

weitere Störungsbilder: dissoziative Amnesie dissoziative Fugue (psychogenes Weglaufen) dissoziativer Stupor Trance u. Besssenheitszustände Ganser Syndrom (Vorbeiantworten) multiple Persönlichkeitsstörung

fluktuierende/flüchtige Symptomatik; selten chronisch, eher beimotorischen Symptomen; häufiger treten Konversionssymptome dergleichen od. verschiedener Art wiederholt auf. Die Symptomprognose istalso i.a. recht günstig, während die zugrunde liegende neurotischeFehlhaltung oft über lange Zeit konstant bleibt u. therapeutisch schwer zubeeinflussen ist. (Tölle, S. 72)

4. Wie kann manKonversionsstörung„entlarven”?

allgemein: demonstratives Anbieten, Ausdrucksgehalt u.Zweckgerichtetheit, der Symptomatik sind entscheidend für die Diagnose(Tölle, S. 71) psychogene Sensibilitätsstörungen entsprechen in ihrer

Ausbreitung nicht der tatsächlichen zentralen od. peripherenInnervation (wie bei organisch bedingten Sensibilitätsstörungen),sondern einer vom Pat. laienhaft vorgestellten Innervation

hysterische Anfälle verlaufen ohne Bewußtlosigkeit, ohneHinstürzen u. Verletzungen u. dauern länger als epileptische Anfälle;sie sind durch suggestives od. energisches Ansprechen zubeeinflussen u. leicht an ihrem Ausdruckscharakter erkennbar

hysterischer Tremor wird durch Zuwendung der Aufmerksamkeitverstärkt u. durch Abwendung u. Unbeobachtetsein abgeschwächtod. beendet

sensorische Symptome sind am inkonsequenten Verhalten des Pat.schnell zu erkennen

5. Worin besteht der primäreu. der sekundäreKrankheitsgewinn?

primär: durch die Bildung der Symptomatik wird eine Befriedigungverdrängter Triebe u. damit Entlastung (Verringerung der innerenAnspannung) erreicht

sekundär: durch größere Aufmerksamkeit, Anerkennung u. Geltungerreicht der Pat. außerdem eine narzißtische Befriedigung (äußererVorteil, den der Patient nachträglich aus seinen Symptomen zieht) keine andere Störung ist so auf Resonanz aus der Umwelt angelegtwie die Konversionsstörung!!!

(Tölle, S. 71)

56

56

Page 57: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

6. WelcheErklärungsmodelle gibt esfür dieKonversionsstörungen?

PA steht ganz im Vordergrund: unterdrückte sexuelle od. aggressiveTriebregungen od. unbewältigte Konflikte, die zwar ins Unbewußteverdrängt wurden, deren Dynamik aber erhalten bleibt u. die in einekörperliche Symptomatik mit symbolischem Ausdrucksgehaltumgewandelt werden; innerseelische Konflikte werden so quasi ineine Körpersprache übersetzt; häufig Ausdrucks- od.Symbolcharakter; Abwehrmechanismen: Verleugnung, Verdrängung,Verschiebung, Projektion, Identifizierung

LT: Verhalten wurde in einer angsterzeugenden Situation zufälliggezeigt u. konnte die Angst aus irgendeinem Grund reduzieren; daherwird Verhalten jetzt zur Angstvermeidung eingesetzt; Lernen amModell kann gehäuftes Auftreten erklären hysterische Epidemien

(prämorbide Persönlichkeit: hysterische, wenig differenzierte,infantile, retardierte Naturen)

7. Was bedeutet das Wort„hysterisch”?

schon bei Hippokrates: hiesterikós: an der Gebärmutter leidend,Umherschweifen der Gebärmutter im Körper, sexuellesUnbefriedigtsein

hauptsächlich zur Bezeichnung konversionsneurotischer Symptome wird heute nicht mehr verwendet, weil historisch eher negativ geprägt

8. Wie werden akuteKonversionssymptomebehandelt?

akute Konversionssymptome sind möglichst schnell u.symptomgerichtet zu behandeln u. aufzuheben (bevor sie durchfortschreitende Konditionierung therapieresistent werden u. bevorsekundäre organische Schäden auftreten)! Hierzu eignen s.Suggestivmaßnahmen u. VT-Methoden, auch Hypnose. allgemein: Grundlage: tragfähiger therapeutischer Kontakt abhängig von Art, Dauer der Störung u. Persönlichkeitsstruktur: a) symptomgerichtet, VT: Nichtbeachten (Entzug sozialer Verstärker) insbesondere bei dramat. Konversionsreaktionen od. b) konfliktzentriert, PA: aufdeckend, um Symptomen die dynamische Grundlage zu entziehen Kombination mit organisch anmutenden Übungsbehandlung (z.B.

Physiotherapie): Brücke bauen zum Rückzug vom Symptom! Entspannungsverfahren Beachtung des primären u. sekundären Krankheitsgewinns: nicht

einfach nur wegnehmen, sondern ein neues erstrebenswertes Ziel,Verbesserung der gesundheitlichen od. psychosozialen Situation,erarbeiten!

9. Wie kommt wohl ein Kinddazu, plötzlich blind zu seinod. taub od. gelähmt?

Modellernen: es hat es vermutlich bei einer anderen Personbeobachtet

Symptomsprache: Reaktion auf belastendes Ereignis10. Wie ist der Verlauf von

Konversionsstörungen?meist flüchtige Symptome, spontanes Abklingen der Symptome, aberzugrundeliegendes neurotisches Konflikterleben u. Fehlhaltung bleibenüber lange Zeit konstant u. sind kaum therapeutisch zu beeinflussen

11.Wer hat den Begriff„Hysterie“ zuerst benutzt?

Freud, der hatte ihn von Charcot

12.Wie behandelt manKonversionsstörungen?

abhängig von Art, Dauer der Störung u. Persönlichkeitsstruktur: a) symptomgerichtet, VT: Nichtbeachten (Entzug sozialer Verstärker) insbesondere bei dramat. Konversionsreaktionen od. b) konfliktzentriert, PA: aufdeckend, um Symptomen die dynamische Grundlage zu entziehen Kombination mit organisch anmutenden Übungsbehandlung (z.B.

Physiotherapie): Brücke bauen zum Rückzug vom Symptom! Entspannungsverfahren(Selbstsicherheitstraining, Kompetenztraining ergänzend bei VT)

Angststörungen

57

57

Page 58: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

1. Was ist Angst? unangenehm erlebtes Gefühl von Bedrohung Angst äußert sich in Form von seelischem Erleben und körperlichen

Symptomen (u. Veränderungen des Verhaltens) häufig stehen körperliche Beschwerden im Vordergrund (Schwindel,

Herzklopfen, Durchfall, Harndrang, verminderte Belastbarkeit,Agitiertheit bis zum Raptus, Hemmung bis zum Stupor)

häufig ist die dahinterliegende Angst gar nicht bewußt Folgen der Angst: Angst vor der Angst, Vermeidungsverhalten,

soziale Isolierung behandlungsbedürftige Angst: 10% meistens bei Frauen wesentlich häufiger als bei Männern

2. Wo kommt Angst vor? normale Angst primäre Angststörungen sehr häufiges Begleitsymptom im Rahmen anderer körperlicher u.

psychischer Störungen: Schizophrenie affektive Psychose (Depression) Zwangsstörung posttraumatische Belastungsstörung Persönlichkeitsstörung Delir Intoxikation mit Kokain, Alkohol, Halluzinogenen etc.; Entzug von

Alkohol, Opiaten etc. div. neurol. Erkrankungen div. internistische Erkrankungen

insbesondere Differentialdiagnose zwischen Angst u. Depression!3. Wie unterscheidet man

neurotische Angst vonnormaler Angst?

normale Angst: Alarmfunktion für den Organismus; löst Aktivitäten zurBeseitung der bestehenden od. drohenden Gefahr aus

pathologische Angst: Angstsymptome treten scheinbar grundlos u.übermäßig auf, od. aber überhaupt nicht (z.B. Manie)

4. Welche Angststörungengibt es?

Angstneurose/generalisierte Angststörung (frei flottierende Angst biszu Panik)

phobische Angst5. Wie werden

Angststörungen eingeteiltnach ICD-10?

Phobien: Agoraphobie (mit u. ohne Panikstörung), soziale Phobien,spezifische/isolierte Phobien

Panikstörung generalisierte Angststörung

6. Was ist eine Phobie? auf bestimmte Objekte od. Situationen gerichtete, irrationale Furcht Vermeidung von phobischer Situation/phobischem Objekt wird

angestrebt7. Wie sind Phobien

unterteilt? spezifische/isolierte Phobien: Angst vor best. Objekt od. Situation;

wird nur diagnostiziert, wenn Störung Leiden verursacht; Zoophobie,Klaustrophobie, Akrophobie (Höhenangst), Examensangst

soziale Phobien: Angst vor Situationen, in denen die Person imMittelpunkt der Aufmerksamkeit anderer steht; wird als übertriebenerlebt, führt i.d.R. zu ausgeprägtem Vermeidungsverhalten, häufigPersonen mit niedrigem Selbstwertgefühl; Symptome: Erröten,Vermeidung von Blickkontakt, Händezittern, Übelkeit

Agoraphobie (mit u. ohne Panikstörung): Angst, sich an Orten zubefinden, in denen beim plötzlichen Auftreten von hilflos machendenoder peinlichen Symptomen eine Flucht nur schwer möglich wäre(Menschenmengen, öffentliche Plätze, allein Reisen, Reisen mitweiter Entfernung); Angst vor Schwindel, Ohnmacht, Verlust vonBlasen- od. Darmkontrolle, Herzbeschwerden etc.)

8. Welche Phobie würden Siesich aussuchen?

eine, die man nicht mal zu therapieren braucht, weil sich das phobischeObjekt problemlos meiden läßt, ohne daß dadurch das alltägliche Lebenbeeinträchtigt wird, z.B. Schlangenphobie

58

58

Page 59: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

9. Was ist einePanikstörung?

Störungen mit wiederholten abgrenzbaren Panikattacken, dieunerwartet u. nicht situationsgebunden sind; mit ausgeprägtenvegetativen Symptomen: Herzklopfen, Hitzewallungen,Beklemmungsgefühle, Zittern, Schwitzen, Atemnot,Ohnmachtsgefühle, Angst zu sterben etc.

Sondertyp: Herzphobie: kardiale Symptomatik steht ganz imVordergrund (Blutdruckanstieg, Schweißausbruch, Schwindel,Druckgefühl im Thorax)

10.Was ist die generalisierteAngststörung?

generalisierte u. langanhaltende Angst, die nicht nur auf best.Situationen od. Objekte bezogen ist, d.h., sie ist frei flottierend

Symptome: motorische Spannung, Zittern, Ruhelosigkeit, Atemnot,Beklemmungsgefühle, Schwitzen, Schwindel, Reizbarkeit etc.

11.Wie ist die PA-Erklärungneurotischer Angst?

Symptombildung ist der Versuch, konflikthafte Strebungen durcheinen Kompromiß miteinander zu versöhnen u. dadurch daspsychische Gleichgewicht um den Preis neurotischer Konfliktlösungzu erhalten; mißlingt eine solche Konfliktlösung, wird Angst verspührt

Ich ist nicht stabil, kann mit Signalangst nicht adäquat umgehen,erlebt real existierenden Konflikt als überfordernd Regression aufinfantile Ängste generalisierte Angststörung

Auslösung von Ängsten insbesondere bei Infragestellung von Ich-stützenden Mechanismen (drohender Verlust, Trennung etc.)

Aggressionshemmung u. Wendung ins Gegenteil, oft imZusammenhang mit Verlustängsten

Phobien: Abwehr der Angst durch Verschiebung u. Projektion einerursprünglich intrapsychischen Gefahrenquelle (z.B. sexuelle Konflikte,verdrängte Phantasien) nach außen; gefürchtet wird dann nicht sosehr das reale angstauslösende Objekt, sondern die eigentlichen,unbewußten Phantasien, die sich mit dem Objekt assoziativverbinden

12.Wie ist dielerntheoretischeErklärung neurotischerAngst?

klassisches u. operantes Konditionieren Angstkreis: wahrgenommene körperliche Symptome werden als

Angst gedeutet, diese subjektiv empfundene Gefahr verstärkt dasAngstgefühl, das dann wiederum im Sinne einer Streßreaktion zueiner Verstärkung körperlicher Symptome beiträgt Teufelskreis

Erwartungsangst bei Panikstörungen: das völlig unerwartete, nichtkalkulierbare Auftreten der Panikattacken spielt eine wesentlicheRolle als Verstärker (intermittierende Verstärkung!!!)

13.Wie behandelt man Phobieam besten?

Reizüberflutung (flooding) ist die wirksamste Behandlung: Rascheu. ausgeprägte Konfrontation mit dem maximal angstauslösendenReiz Angstüberflutung; Pat. wird motiviert, solange in der Situationzu bleiben, bis die Angst nachläßt. Durch diese Erfahrung kommt eszur Erschöpfung der Angstreaktion i.S. einer Löschung der Kopplungvon Angstreiz u. Angstreaktion. Das Vermeidungsverhalten des Pat.wird damit umgangen.

systematische Desensibilisierung in sensu od. in vivo ärztliches Gespräch: ernst nehmen, aufklären Entspannungsverfahren kognitive Therapien Pharmakotherapie: Benzodiazepine, Antidepressiva (insbesondere

bei Panikstörungen: Langzeitmedikation)14.Wie behandelt man

Angstneurosen/generalisierte Angststörung?

ärztliches Gespräch: ernst nehmen, aufklären Entspannungsverfahren kognitive Therapien eher tiefenpsychologisch orientierte PT: aufdeckende

psychotherapeutische Verfahren zugrundeliegender Konflikt wirdbearbeitet, wg. häufiger Ich-Schwäche auch stützende Elemente

Soziotherapie Pharmakotherapie: Benzodiazepine, Antidepressiva (insbesondere

bei Panikstörungen)

insgesamt ausgesprochene Chronifizierungstendenz

59

59

Page 60: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

15.Wie äußert sich eineHerzphobie?

wird unter Panikstörung subsumiert, Panikattacken bis zu 2 Std. mitBefürchtung des Aussetzens des Herzens, Tod

kardiale Symptomatik steht ganz im Vordergrund (Blutdruckanstieg,Schweißausbruch, Schwindel, Druckgefühl im Thorax)

tritt in unregelmäßigen Intervallen auf hauptsächlich bei jungen Erwachsenen (mehr Männer) neigt zu chronischem Verlauf

16.Worin besteht die größteGefahr einerKonfrontationsbehandlung?

darin, daß man zu früh aufhört; die Kopplung von Reiz u. Reaktion mußendgültig gelöscht werden; das geht nur, wenn die Angst so langeausgehalten wird, bis sie von selbst verschwindet/s. erschöpft

17.Wie funktioniertsystematischeDesensibilisierung?

Analyse der Faktoren, die für das Auftreten der Angst verantwortlichsind

Erarbeitung einer Angsthierarchie Training von Entspannungstechnik (z.B. progressive Muskelrelaxation

nach Jacobson) vorstellungsmäßiges Durcharbeiten der Hierarchie von unten nach

oben in einem konzentrierten u. entspannten Zustand dann ggf. in vivo

18. Wie ist die Ätiologie vonAngststörungen?

psychodynamisch: Angstneurosen u. Phobien sindFehlentwicklungen aufgrund ungelöster Konflikte, insbesondereim Zusammenhang mit Verlustängsten. Aggressionshemmung u.Wendung ins Gegenteil (Reaktionsbildung) sind für Angstneurotikerkennzeichnend (statt ursprünglicher Wut u. Ärger Ausdruck vonFreundlichkeit, Liebenswürdigkeit u. Hilfsbereitschaft). Dieunbewußten Motivationen sind Ängste, die Zuwendung zu verlieren,alleingelassen zu werden u. das Angewiesensein auf dieAnwesenheit eines anderen. Derartige Anklammerungstendenzenweisen auf Verunsicherungen in der früheren Kindheit hin:ausgeprägtes sexuelles u. aggressives Streben bzw. entsprechendeunbewußte Phantasien trat in Kontrast mit einer durch andauerndeFrustrierung bestimmte Atmosphäre von Versagung u. Bedrohung(„Kas- trationsangst“ als Metapher für das Beschnittenwerden allerexpansiven Entfaltungsmöglichkeiten).

lerntheoretisch: neurotische Angst wird als Ergebnis einerklassischen u./od. operanten Konditionierung sowie des Modell-Lernens (als stellvertretendes Konditionieren: Angst durchNachahmung/ Imitation des ängstlichen Verhaltens einer anderenPerson) erklärt.

Kognitiv erscheint sie als Folge eines Mangels an Kontrollmöglichkei- ten, die zur Bewältigung von Anforderungen notwendig sind, aber nicht gelernt wurden; so entstehe eine angsterzeugende Auffassung von der Welt u. eine Hilflosigkeit i.S. irrationaler Überzeugungen (Ellis). (Tölle, S. 78)

60

60

Page 61: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

19. Wie ist die Ätiologie vonPhobien?

Die Inhalte von Angst/Pobien sind so zahlreich wie die Umweltobjekte u. –situationen der Menschen. Die Themen der Phobien dürfen nicht mit ihrenUrsprüngen verwechselt werden, sie sind lediglich deren Ersatzobjekte u.haben z.T. Symbolcharakter. (Tölle, S. 76)

psychodynamisch: Phobien sind Fehlentwicklungen aufgrundungelöster Konflikte, insbesondere im Zusammenhang mitVerlustängsten.

lerntheoretisch: Insbesondere bei Phobien sind neben derKonfliktgenese Lernprozesse zu beachten; sie können dieHauptentstehungsbedingungen bilden (!). Infolge des gestörtenVerhaltens können sekundär Konflikte verstärkt werden bzw.hinzutreten.

1) a) i.S. der klass. Konditionierung werden Phobien als gelernteReaktionen gesehen: ein neutraler Stimulus wird befürchtet, wenn ermit einem unangenehmen bzw. angsterzeugenden Erlebnis gekoppeltwird. 1) b) od.: i.S. des Modell-Lernens als stellvertretendes Konditionierenwird eine Phobie durch die Nachahmung/Imitation des phobischenVerhaltens einer anderen Person erklärt.2) Phobien werden durch operante Konditionierung aufrechterhalten:wenn angsterzeugende Situationen/Orte/Objekte umgangen werden u.s. hieraus positive Konsequenzen (Angstfreiheit) ergeben, wird Ver-meidungsverhalten systematisch aufgebaut u. dadurch der Lebensraumdes Pat. mehr u. mehr eingeengt.

genetischer Anlagefaktor: prämorbide Persönlichkeitsstruktur:häufig sensitiv u. übergewissenhaft

(Tölle, S. 78)Zwangsstörung

1. Was ist Zwang/eineZwangsstörung?Symptomatik?

wiederholt u. stereotyp sich aufdrängende Gedanken, Handlungenod. Impulse, die der Betroffene selbst als lästig u. sinnlos empfindet,die er aber nicht unterdrücken od. unterlassen kann, da sonststarke Angst u. Spannung entsteht

Zwang wird als ich-fremd/ ich-dyston, unsinnig u. ineffektiv erlebt Krankheitseinsicht ( ≠ Wahn: Wahninhalte sind ich-bezogen/ich-synton und werden als real akzeptiert keine Krankheitseinsicht

(vgl. Tölle, S. 93) durch progrediente Ausbreitung der Zwangssymptomatik können

große Teile des Tagesablaufs für Zwangshandlungen benötigtwerden Folge: sozialer Rückzug, Isolierung

61

61

Page 62: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

2. Welche Zwangssymptomegibt es?

Zwangsgedanken/-ideen: aufgedrängte, nicht unterdrückbareDenkinhalte, die entweder selbst als sinnlos od. in ihrer Persistenz u.Penetranz als unsinnig u. meist als quälend empfunden werden Eshandelt s. oft um aggressive, sexuelle od. obszöne Gedanken, dieSchuldgefühle wecken. Nicht selten muß gleich das Gegenteilgedacht werden. Häufig muß der Pat. Geschehenes immer wiedergedanklich rekapitulieren, um s. zu vergewissern, daß er es richtiggemacht hat (Möller, S. 75 u. 260).

Zwangsbefürchtungen: eine besondere Art von Zwangsgedanken,zumeist mit aggressiv schädigendem, obszönen od. anderen Inhalt.(Möller, S. 260) Sie werden von der Angst bestimmt, es könnejemandem etwas zustoßen/zugestoßen sein, er könne abstürzen,überfahren werden etc.. Es geht dabei vor allem um andereMenschen (z.B. Angehörige), denen etwas passieren könne od.passiert sei u. der Pat. sei schuld an dem Unglück (pathologischeSchuldgefühle) – weniger um die eigene Person (wie bei denPhobien). (Tölle, S. 89)

Zwangsimpulse: Regungen von bevorzugt aggressiver Art, die sichsehr penetrant einstellen; sie beinhalten insbesondere aggessiveRegungen, die sich auf andere Menschen beziehen, die manschädigen werde (weniger sich selbst); z.B. Impulse, sich aus demFenster zu stürzen u. dabei dem eigenen Kind etwas antun; miteinem Messer jemanden verletzen od. gar töten, sobald man es in dieHand nehme; Obszönes aussprechen etc., also Impulse, Verboteneszu wollen, denken od. tun. Der Pat. gibt diesen Impulsen nicht nach,aber er erlebt s. als unfrei u. bekommt bei seinem meist starkausgeprägten ethischen Empfinden zusätzliche Schuldgefühle u.Ängste (Gewissensangst). (Tölle, S. 89 f). Diese aggressivenTendenzen werden vom Pat. häufig durch ausgedehnte abwehrendeVerhaltensweisen verhindert. (Möller, S. 260)

Zwangshandlungen/-verhalten: in ihrer Art od. Intensität als sinnloserkannte u. meist als quälend empfundene, nicht unterdrückbareHandlungen, meist aufgrund von Zwangsimpulsen od.Zwangsbefürchtungen. Zwangshandlunhgen werden durchKmbination mehrerer Zwänge auch manchmal zu Zwangsritualenausgebaut, bei denen die Zwänge in bestimmter Reihenfolgeausgeführt werden müssen. Viele Zwangshandlungen u. –ritualehaben etwas Magisches: wie mit einem Zauberritus soll etwasSchlimmes ferngehalten werden. (Möller, S. 81 u. 260) z.B. Zählen,Ordnung-Machen, Sich-Waschen, Kontrollieren. Der Pat. wehrt s.erfolglos gegen diese unsinnigen Zwangshandlungen, denn wenn ersie unterläßt, entsteht Angst (etwas werde verlorengehen, er werdejem. mit Bakterien infizieren, es werde durch sein Verschulden einUnglück eintreten). Diese Angst kann nur durch erneute Angst-handlungen behoben werden, wenigstens vorübergehend. (Tölle, S.90)

Zwangssymptome haben die Tendenz, s. auszubreiten! komplementäres Verhältnis von Zwang u. Angst: Zwar werden

Angst/Phobie u. Zwang unterschieden: der Gegenstand einer Phobie kann vermieden werden, während s. Zwang ständig aufdrängt. Aber kli- nisch hängt Zwang mit der auf bestimmte Objekte od. Situationen fixier- ten Angst zusammen: Zwang dient der Angstabwehr, zielt auf Absi- cherung. (Tölle, S. 90)

enge Verbindung von Zwangssysmptomen, vor allem Zwangsge- danken, u. Depression: Pat. mit einer Zwangsstörung haben oft de- pressive Symptome, u. Pat. mit einer rezidivierenden depressiven Stö rung können während der Episoden Zwangsgedanken entwickeln. (ICD-10; Möller, S. 261 f)

2/3 der Zwangspat. haben Zwangsgedanken u. -handlungen

62

62

Page 63: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

3. Bei welchen Krankheitenfindet manZwangssymptome?

anankastische Persönlichkeitsstörung (vs. anankastische/zwanghaftePersönlichkeit/-sstruktur noch im normal-psychologischen Bereich)

Zwangsstörung (Zwangsneurose, anankastische Neurose) neurotische Verläufe mit Angst-, Depressions- od. hypochondrischer

Symptomatik, die erst später zu Zwangsphänomenen führen(umgekehrt ist es seltener)

rezidivierende depressive Störung (anankastische Depression)(zwanghaftes Grübeln)

Beginn von Schizophrenien (seltener) Ticstörungen: Zwänge sind die späteste Manifestation (Schmidt, S.

160) Tourette-Syndrom organische psychische Störungen organische Hirnerkrankungen (z.B. Multiple Sklerose, Epilepsie)

(Zwang wird dranghaft u. weniger ich-fremd erlebt) isolierte u. soziale Phobien Abhängigkeitssyndrome mit weitem Spektrum unterschiedlicher

Substanzen (Pat. erlebt eine Art Zwang, regelmäßig jedes nurerreichbare Mittel zu s. zu nehmen u. entwickelt qualvolle Gefühle,Unruhe od. körperliche Entzugserscheinungen bei Abstinenz)

Eßstörungen (ritualisiertes Eßverhalten)

Zwang ist eine der häufigsten u. letztlich unspezifischen Reaktions- weisen des Menschen, wie auch Angst u. Depressivität; Zwangsphä- nomene sind im allgemeinen nicht auf eine Ursache zurückzuführen, sondern multifaktoriell bedingt (Tölle, S. 91)

63

63

Page 64: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

4. Welchetiefenpsychologische/psychodynamische Erklärungdes Zwangs gibt es?

Persönlichkeitsstruktur ist durch einen ausgeprägten Kontrastzwischen Es u. Über-Ich gekennzeichnet: Triebspäre u. Gewissensind zugleich stark angelegt strenge Erziehung, rigideSauberkeitserziehung, allg. Frustrierung der kindl. Triebbedürfnisse,vor allem der ödipalen Regungen

Fixierung der Libido auf die anale Phase durch eine Verdrängungder Libido in der ödipalen Phase

die Regression erscheint entwicklungsgeschichtlich interpretiert alsRückkehr zum magischen Denken der Kleinkindzeit: die magischanmutenden Zwngshandlungen sollen jene Bedrohungen u. Angstabwehren, die aus nicht eingestandenen u. verdrängten sexuellen u.aggressiven Impulsen entstanden sind: ängstliche Sorge, jem. zuverletzen (Messerphobie), verhüllt feindselig-ambivalente Regungen(Wendung ins Gegenteil/Reaktionsbildung)

Feindseligkeit wendet s. offenbar primär gegen Personen, die s. denin der Kindheit wirksam gewesenen Triebimpulsen widersetzt hatten;die aggressiven Impulse waren umso stärker mit Angst besetzt, jemehr sie s. auf Personen bezogen, die der Pat. gleichzeitig geliebthat; dieser Zwiespalt verstärkte die Gewissensangst mancheZwangshandlungen verraten den Charakter einerSelbstbestrafungstendenz angesichts eines überstarkausgeprägten Über-Ichs, das mit der Zeit die Funktion jenerverbietenden Instanzen übernommen hat, die die normaleTriebentfaltung behindert hatten

Symbolcharakter der Zwangshandlungen (z.B. Waschen):Zwangsvorstellungen werden durch Zwangshandlungen i.S. einessekundären Abwehrvorgangs bekämpft, indem der Zwang aufSchutzmaßnahmen mit Stellvertreterfunktion übertragen wird; dabeiwird im Gegensatz zu anderen Neurosen die Angst aber nichtverdrängt, sondern bleibt im Bewußtsein (unbewußt ist jedoch derzugrundeliegende Konflikt, z.B. ein Sexualkomplex ambivalenterlebte sexuelle Verunreinigung); durch Isolierung u. Verschiebungkönnen die Zwangsvorstellungen u. –handlungen von der Angstgetrennt werden, was aber nicht vollständig gelingt daher leidet derZwangsneurotiker subjektiv besonders stark u. ist oft ernsthaftdepressiv; die zwangsneurotische Abwehr entlastet weniger als dieKonversion!

die Bildung von Zwangssymptomen ist der Versuch, die ausgeprägteÜber-Ich-Strenge u. die als antisozial erlebten Triebwünschenmiteinander zu verbinden durch inhaltliche u. affektive Isolierung,Reaktionsbildung, Ungeschehenmachen, Intellektualisierung

(Tölle, S. 92)

Krankheitsausbruch in der Kinderheit, Pubertät od. im Erwachsenenalter,typisches Erkrankungsalter: 20 Jahre; 1/3 erkrankt unter 15 Jahren

64

64

Page 65: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

5. a) Wie entsteht Zwang beiKindern? Gibt esÜbergänge von normalemkindlichen Verhalten zuzwanghaftem?

b) Wie alt sind die Kinder,die erkranken?

a) magisches Denken, repetitives Spielen als normales kindlichesVerhalten kann in (vorübergehendes) zwanghaftes Verhaltenübergehen: bei bestimmten Kindern sind diese Verhaltensweisensehr ausgeprägt Diskussion, ob das Vorläufer eines Zwangs sind Frage, ob Diagnose nicht auch zu Stigmatisierung einerseits u.Verstärkung andererseits führt

passagere Zähl-, Wiederholungs- u. Kontrollzwänge bis ins 7. Le-bensjahr bei Vorschulkindern dienen der Sicherung od. – beiimaginären Folgen der Nichtdurchführung – der Affektbewältigung; siebedürfen in der Regen keiner Behandlung u. auch keinerBeobachtung (Schmidt, S. 185)

b) anankastisches Verhalten i.S. von Übergenauigkeit zeigen imGrundschulalter 3% aller Kinder ausgeprägt u. 5% der Kinder u.Jugendlichen in leichter Form; im Schulalter u. in der Adoleszenz bei0,5% der Kinder u. Jugendlichen ausgeprägte Zwangssyndrome mitBevorzugung der Jungen; oft kombiniert mit depressivenSymptomen; vor dem 10. Lebensjahr selten; am häufigstenzwischen 12 u. 14 Jahren, in dieser Zeitspanne ohneGeschlechtspräferenz (Schmidt, S. 185)

6. Behandlung von Zwang? kombinierter Einsatz von Psychopharmaka (serotonerge tricyclische Antidepressiva) u. Psychotherapie: ärztl. Gespräch, Verhaltenstherapie: 1) Analyse

des Zwangs u. der Situationen, in denen er auftritt; 2) a) beiZwangshandlungen: Reizkonfrontation in vivo, stufenweise od. inForm von Reizüberflutung: bewußte Auseinandersetzung mit denangstauslösenden Situationen u. dabei äußere Kontrollmaßnahmenu. Interventionen zur Verhinderung aufkommender Zwangs-handlungen/gleichzeitige Reaktionsverhinderung (responseprevention); b) bei Zwangsideen/-gedanken, - befürchtungen u. –impulsen: kogn. Therapie: kognitive Selbstkontrolle (Gedankenstop-Training) (nicht so wirksam) auch Habituationstraining nach bewußterProvokation, Aufschreiben od. Anhören von Zwangsideen, wasjeweils Angstreduktion erzeugt; Entspannungsverfahren;Einbeziehung der nächsten Umgebung des Patienten

Psychopharmaka bei Kindern/Jugendlichen dann, wenn nachdreimonatiger ambulanter od. vierwöchiger stationärer Psychotherapiekeine Besserung auftritt

i.d.R. keine vollständige Heilung, aber verbesserte Kontrolle7. Systematische

Desensibilisierung beiZwängen?

bei Zwangshandlungen: stufenweise Reizkonfrontation in vivo zurbewußten Auseinandersetzung mit den angstauslösenden Situationen u.dabei äußere Kontrollmaßnahmen u. Interventionen zur Verhinderungaufkommender Zwangshandlungen/gleichzeitige Reaktionsverhinderung(response prevention)

(bei Zwangsideen/-gedanken, - befürchtungen u. Zwangsimpulsen:kognitive Selbstkontrolle (Gedankenstop-Training), aber nicht sowirksam; auch Habituationstraining nach bewußter Provokation,Aufschreiben od. Anhören von Zwangsideen, was jeweils Angstreduktionerzeugt) (Möller, S. 278; Schmidt, S. 185 f))

65

65

Page 66: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

8. Welche Therapie würdenSie bei Zwängenbevorzugen? Medizinischeod. VT?

VT, da hierdurch direkte Effekte auf den Zwang u. auch Langzeiteffekteerzielt werden

(Psychopharmaka wie Tranquilizer, tricyclische Antidepressiva u.Neuroleptika haben nur einen begrenzten Einfluß auf dieZwangssymptomatik i.S. eines indirekten Effekts, da sie zwar dieaffektive Spannung u. Angst beeinflussen, aber nicht den Zwangunmittelbar)

hohe Persistenzrate bei Zwängen u. Tendenz zur Ausbreitung derSymptome, Zwangsrituale prognostisch ungünstig absoluteBehandlungsindikation; Spontanremission unter 20%; je geringer derdepressive Anteil, desto chronischer der Verlauf; günstige Prognose nurbei der Hälfte der Störungen, darunter die durch aktuelle sexuelleKonflikte ausgelösten; bei männlichen Pat. häfiger Einmündung in einePersönlichkeitsstörung (Schmidt, S. 185)

Diverses1. Was ist ein

psychovegetativesErschöpfungssyndrom?

= Neurasthenie/neurasthenische Neurose (F 48.0)Es dominieren Erschöpfbarkeit, Ermüdbarkeit, Stimmungslabilität, ggf.mit Neigung zu subdepressiven od. apathischen Verstimmungszuständen.Psychovegetative Störungen verschiedenster Art ergänzen das Bild,z.B. Schwindel, Kopfdruck, Blutdruckschwankungen, kardiale Störungen,Verdauungsbeschwerden, Blasenstörungen, Schlafstörungen etc. Differentialdiagnose: Es handelt s. im Gegensatz zur Hypochondrie nichtum Krankheitsbefürchtungen, sondern um vegetativeFunktionsstörungen. Das entscheidende Kennzeichen ist der Akzent,den der Pat. der Ermüdbarkeit u. Schwäche beilegt, u. seine Besorgnisüber erniedrigte geistige u. körperliche Effizienz (≠ somatoformeStörungen: körperliche Beschwerden u. Beschäftigung mit einerkörperlichen Krankheit). (Möller, S. 265)

2. Wie behandelt man die beipsychovegetativenErschöpfungszuständenauftretenden vegetativenDysregulationen?

Schwere vegetative Dysfunktionen erfordern zunächst Schonung, Urlaubod. eine Kur.

Regelmäßig ist Physiotherapie (z.B. Gymnastik, Wassertherapie) indiziertu. oft wirksamer als Medikamente. Außerdem müssen Überlastungennach Möglichkeit abgestellt werden, u. die Lebensweise ist zukorrigieren: regelmäßiges Essen ohne Eile, Entspannung u.ausreichender erholsamer Schlaf, Ausgleich durch Sport,Entspannungsverfahren.

An letzter Stelle stehen Psychopharmaka: können vorübergehendangebracht sein, z.B. bei hartnäckiger Schlafstörung ein Tranquilizer.Achtung bei Benzodiazepinen wegen der Abhängigkeitsgefahr! (Tölle, S. 67 f)

3. Bei welchen KrankheitenkommenhypochondrischeSyndrome vor?

Schizophrenie, Melancholie, Hirnkrankheiten

66

66

Page 67: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

7Persönlichkeitsstörungen

1. Was versteht man unterPersönlichkeitsstörungen?

Der Begriff „Persönlichkeitsstörungen“ kennzeichnet Persönlichkeiten miteiner extremen Ausprägung bestimmter Persönlichkeitsmerkmale, dieim alltäglichen Leben zu Störungen u. Beeiträchtigungen führen. Eshandelt s. dabei um überdauernde, situationsübergreifendePersönlichkeitseigenschaften. Die Betroffenen leiden entweder an s.selber, od. die Gesellschaft leidet an ihrer Abnormität. (Möller, S. 289)Von „Persönlichkeitsstörung“ spricht man, wenn einePersönlichkeitsstruktur durch starke Ausprägungen bestimmter Merkmaleso akzentuiert ist, daß s. hieraus ernsthafte Leidenzustände o./u.Konflikte ergeben. (Tölle, S. 105)Abnormität in der Gesamtheit einer Person aufgrund vonEntwicklungsstörungen, die in der Kindheit od. Adoleszenz auftreten u.im Erwachsenenalter andauern. Die gestörten Persönlichkeiten bleibenmeist ihr Leben lang gefährdet für alle möglichen Schierigkeiten mit derUmwelt sowie für persönliche Krisen. Insbesondere das frühe u. mittlereLebensalter macht Störungen in der Beziehung zur Umwelt deutlich,während es einem Großteil der Pat. gelingt, längerfristig zu einem etwaserträglichen Arrangement mit der Umwelt zu kommen od. die Beziehungenzur Umwelt einzuengen u. damit Schwierigkeiten zu vermeiden. (Möller, S.291 f)

Klinische Erscheinungsbilder:

paranoide schizoide dissoziale/antisoziale/soziopathische/psychopathische emotional instabile impulsive/erregbare/reizbare/aggressive Borderline histrionische/hysterische/infantile anankastische ängstliche (vermeidende)/sensitive/selbstunsichere abhängige/asthenische sonstige: exzentrische, haltlose/haltschwache, narzißtische, passiv-

aggressive, (psycho-)neurotische, unreife

(hyperthyme/zyklothyme: ICD-10: Zyklothymia)(depressive: ICD-10: Dysthymia)(gemütskalte)(querulatorische/fanatische)

2. Was ist der UnterschiedzwischenPersönlichkeits-störungen u. Neurosen?

Neurose = psychische Syndrome mit unterschiedlichem Erscheinungsbild,die durch Störungen der Erlebnis- u. Konfliktverarbeitung beiausreichender Realitätskontrolle bedingt sind u. meist sehr großenLeidensdruck verursachen. Man unterscheidet zwischenSymptomneurosen, bei denen die neurotische Störung in aktuellenpsychopathologischen Symptomen zutage tritt, u.Charakterneurosen/Persönlichkeitsstörungen, bei denen s. dieneurotische Störung in einer abnormen Persönlichkeitsdispositiondarstellt. (Möller, S. 246)

Persönlichkeitsstörungen: Charakterneurosen: neurotische Störungstellt s. in einer abnormen Persönlichkeitsdisposition dar Neurosen: Symptomneurosen: neurotische Störung äußert s. inaktuellen psychopathologischen Symptomen

3. Was ist eineanankastischePersönlichkeitsstörung?

= zwanghafte Persönlichkeit, wird geprägt von Ordnungsliebe,Gewissenhaftigkeit, Sparsamkeit, Sauberkeitsliebe, Perfektionismus,Kontrollneigung starkes Über-Ich (Freud: „analer Charakter“)

67

67

Page 68: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

8Diverse Störungen: Eßstörungen, Autismus, Ticstörungen, HKS

Eßstörungen

1. Welche Eßstörungen gibt es? Anorexia Nervosa, Bulimia Nervosa

Hitliste von Eßgestörten-Orten: 1. Ballettschulen, 2.Fitness-Studios, 3. Gymnasien (Oberstufe)

Eßstörungen sind sehr komplexe Störungen mitvielfältigen Ursachen

prädisponierende Faktoren: biolog. Faktoren,spezifische Entwicklungsaufgaben (Identitätsfindung,körperlich-seelische Entw.), Persönlichkeitsmerkmale,Familienstruktur, soziokulturelle Faktoren (z.B.Schlankheitswahn)

auslösende Faktoren: Streß, Belastungen/Konflikte beschleunigende Faktoren: Diät, Gewichtsverlust aufrechterhaltende Faktoren: äußere, kognitive,

affektive, viscerale Verstärkerprozesse, Hungereffekte ein sich selbst verstärkender Prozeß, in dem Gefühle der

eigenen Insuffizienz/Minderwertigkeit, Ohnmacht/Hilflosigkeit, depressive Stimmung u. Gedanken sowieProbleme in den sozialen Kontakten (starkeEinschränkung!) wichtige Komponenten sind

Therapie: patientenbezogen u. flexibel, Bausteine ausverschiedenen Verfahren integrieren; Zwei-Phasen-Programm von Pierloot (1982): 1.Phasesymptomorientiertes Vorgehen, 2.Phaseproblemorientiertes Vorgehen. Die psychol.Untersuchung u. Behandlung muß immer durchmedizinische Untersuchungen (Internist, Zahnarzt etc.)u. Beobachtung bzw. Behandlung der für Eßstörungentypischen körperlichen Symptome (Unterkühlung,Haarausfall, Karies, Anämie, Hautveränderungen,Störungen von Atmung u. Kreislauf, Hormonstörungen)ergänzt werden

68

68

Page 69: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

2. Wodurch ist die Anorexia nervosagekennzeichnet, Symptomatik?

ausgeprägte Körperschemastörung/Körperwahrnehmungsstörung (Gewicht, Größe, Form);Pat. fühlt s. zu dick

intensive Angst, zu dick zu sein/werden, selbst beiUntergewicht

restriktives Diäthalten bis zur völligenNahrungverweigerung (Gewicht wird absichtlich mind.15% unter dem erwarteten Gewicht gehalten), extremeGewichtsabnahme bis zur massiven Kachexie

Gewichtsabnahme-Methoden: Vermeidunghochkalorischer Speisen (auffälliges Eßverhalten),selbstinduziertes Erbrechen, selbstinduziertes Abführen,Gebrauch von Appetitzüglern, Laxantien- oderDiurethika, übertriebene körperliche Aktivitäten

ständige Beschäftigung mit Nahrung, Essen, Gewicht Störungen der endokrinen Funktion: primäre oder

sekundäre Amenorrhoe (Fehlen der Menstruation);Libido-verlust

affektive Auffälligkeiten (depressive Symptome, Angstu. Zwangssymptome)

somatische Symptome: Amenorrhoe, Hyperthermie,Ödeme, hypotoner Blutdruck, Laguno-Behaarung,schwere Elektrolytstörungen als Folge des habituellenErbrechens

Entwicklungsverzögerung: bei Einsetzen vor derPubertät ist Entwicklungsabfolge gehemmt (verspäteteMenarche etc.), kann aber später oft aufgeholt werden

2 Erkrankungsgipfel: 14. u. 18. Lj. 1% Erkrankungen

3. Welches Erleben ist vorherrschend? Angst (Gewichtsphobie), zwanghaftes Verhalten (beiAnorexie), depressives Erleben

4. Was ist der Quetelet-Index/Body-Mass-Index?

Körpergewicht geteilt durch Körpergröße in m2

Anorexie bei < 17,5

69

69

Page 70: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

5. Wie ist die Atiologie von Anorexie? multifaktorielles Modell

prädisponierende Faktoren: biologische Vulnerabilität (Konkordanz EZ: 50%) Garner: individuelle Prädisposition : Störungen der Entwicklung von

Autonomie und Identität, Ablösung wird schuldhaft erlebt,Gefühl der eigenen Ineffektivität und Wertlosigkeit,Frauenrolle nicht akzeptieren wollen, Zentralthemen:Autonomie und Sexualität; angepaßt, leistungsorientiert,gewissenhaft, gefügig

familiale Einflüsse : Anpassung und Abgrenzung alszentraler Konflikt, Verstrickung, Überfürsorglichkeit,Rigidität, Konfliktvermeidung, Symptomwahl: Regressionauf frühere Eltern-Kind-Interaktion: Konflikt werden imKontext der Nahrungsaufnahme ausgetragen

soziokulturelle Einflüsse: Familienstruktur: Rigidität,Überbehütung, Konfliktvermeidung

Auslösende Faktoren: Streß (Stressoren z.B. auch Hänseleien wg. Dicksein) Konflikte, familiäre Spannungen etc.

Beschleunigende Faktoren: Diät und Gewichtsverlust, Mangelernährung, psychische

Veränderungen, verändertes Eßverhalten Hungereffekte: Konzentrationsschwierigkeiten,

Entschlußlosigkeit, Stimmungslabilität, Schlafstörungen,verändertes Sattheitsgefühl, durch verzögerteMagenentleerung, Obstipation

Aufrechterhaltende Faktoren:environmental and cognitiv reinforcement; LT: Verknüpfungvon Körpergewicht und Selbstwertgefühl, Verstärkung durchdie Umwelt, Ziele/Wertvorstellungen ändern sich, Hungernwird zum sich selbstverstärkenden Selbstläufer, Hungernentgleitet, Dünnsein ist am Ende der einzige Wert

70

70

Page 71: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

6. Wie ist die Symptomatik von Bulimie? Auslöser: innere Spannung, Langeweile, Einsamkeit unwiderstehliche Gier nach Nahrungsmitteln Heißhungerattacken: große Mengen hochkalorische

Speisen mit viel Süßem (bis zu 15.000-20.000 kcal) Betroffene wissen um die Abnormalität, empfinden i.d.R.

Leidensdruck Gefühl des Kontrollverlusts während Eßattacke,

fürchten, aus eigenem Antrieb nicht wieder aufhören zukönnen

intensive Furcht, zu dick zu sein/werden, selbst beiUntergewicht

Gewichtsreduktionsmethoden: selbstinduziertesErbrechen (von einmal bis 14/15mal), Laxantien-/Diuretika-Abusus, Fastenkuren, übermäßige körperl.Aktivität,

nach Eßattacke depressive Verstimmung,Schuldgefühle, Selbstvorwürfe

ständige Beschäftigung mit Nahrung, Essen, Gewicht somatische Symptome: Karies!, Halsentzündungen,

Schwellungen der Wangen, Vergrößerung derSpeicheldrüse, Elektrolytstörungen

2-4%, Dunkelziffer tritt etwas später als Anorexie auf Gewichtsschwankungen selten lebensbedrohlich Differentialdiagnose: (Borderline-)

Persönlichkeitsstörung, depressive Störung, Störungendes oberen Gastrointestinaltrakts

7. Wie ist die Ätiologie von Bulimie? siehe Anorexie; warum beim einen Anorexie beimanderen Bulimie auftritt, ist weitgehend ungeklärt

individelle Prädisposition: affektive Instabilität,mangelnde Fähigkeit zur Impulskontrolle

aufrechterhaltende Bedingungen:1. längere Fastenzeiten führen zu2. Heißhungerattacken,3. körperliche Angstgefühle aufgrund des Überfressens

werden wiederumd durch4. Erbrechen/Laxanzien entlastet5. auf die jedoch Schuldgefühle, depressive

Verstimmung u. Hoffnungslosigkeit folgen6. die mit Fasten u. Diät beantwortet werden

8. Wie erfolgt die Therapie der Bulimie? Problem: geringe Krankheitseinsicht: versteht man dieDynamik als einen Versuch des Gewinnens vonAutonomie, dann muß man Therapie aus Sicht desMädchens als einen Eingriff in ihre Autonomie verstehen

medizinisch-diätische Therapie pycho- u. verhaltenstherapeutische Maßnahmen familientherapeutische Maßnahmen beratende Elemente (z.B. auch zum Eßverhalten) strukturierte Umgebung mit klaren Zielsetzungen stationäre Behanldung bei ausgeprägter Erkrankung,

ambulant nur bei kurzer Krankheitsdauer keine Möglichkeit zum Erbrechen

9. Wie ist der Verlauf bei Anorexie? Gewichtsnormalisierung: 60% Normalisierung des Eßverhaltens: 44% Heilung: 30-50% chronifizierter Verlauf: 20% 30-40% lt. Payk Mortalitätsraten: 5-10% auch atypische Verläufe, Übergänge von einer Anorexie

zu Bulimie

71

71

Page 72: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

10.Wie ist der Verlauf bei Bulimie? wenig erforscht chronisch intermittierende Verläufe über viele Jahre Prognose ist wahrscheinlich durch

Behandlungswiderstand, körperliche Komplikationen u.Suicidgefahr beeinträchtigt

Autismus

Welche beiden Syndrome gibt es beitiefgreifendenEntwicklungsstörungen?

frühkindlicher Autismus (Kanner); autistische Psychopathie(Asperger-Syndrom)

1. Welche Typen unterscheidet man beiAutismus?

frühkindlicher Autismus (Typus Kanner); autistischePsychopathie (Typus Asperger)

Begriff geht ursprünglich auf Eugen Bleuler zurück, derdamit ein Merkmal der Schizophrenie zur Kennzeichnungdes Rückzugs von der Welt der Realität in eineBinnenwelt benannte

72

72

Page 73: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

2. Wie ist die Symptomatik desfrühkindlichen Autimus?

1. schwere u. allgemeine Störung, soziale Beziehungeneinzugehen keine aktives Suchen von Kontakt u. Beziehung kein Erwidern von emotionaler Zuwendung, kein

Mitschwingen (emotionale Resonanz) kein Einfühlungsvermögen, Erwachsene werden als

Werkzeuge gebraucht kein Blickkontakt, das Kind blickt durch mich hindurch Lachen oder Weinen aus schwer erkennbaren

Gründen

2. Verzögerungen in der Sprache und der vorsprachlichenFähigkeiten Sprachentwicklungsstörungen: Verzögerungen,

Echalolie, Neologismen, Sprache als Spielzeug, nichtals Kommunikationsmittel gebraucht, schrillesSchreien, stark verspäteter Gebrauch der Ich-Form

Mangel hinsichtlich des Einsatzes von ....................

3. zwanghafte u. ritualistische Aktivitäten, ausgeprägteStereotypien repetitives, stereotypes Spielen, zwanghaftes

Manipulieren u. Zweckentfremdung vonGegenständen

monotone Aktivitäten Veränderungsangst, fehlende Anpassungsfähigkeit,

Abwehr bei Veränderung intensive Bindung an Dinge, Lieblingsgegenstände,

abnorm erhöhte Beziehung zur unbelebten Umwelt ungewöhnliche u. ausschließliche Beschäftigung mit

Fahrplänen, Busrouten, Zahlen / Leistungsinseln:isolierte Spitzenleistungen, insbesondere desGedächtnisses, insbesondere im visuell-technischenBereich Verengung der Aufmerksamkeit:Einzelelemente werden ohne denGesamtzusammenhang betrachtet)

Angst vor Geräuschen, vor Lärm Auffälligkeiten in der Wahrnehmung:

Selbststimulationen, Autoaggressionen Hypermotorik u. Bewegungsstereotypien Augenbohren

Beginn vor dem 30. Lebensmonat Intelligenz: IQ häufig im Geistigbehindertenbereich (50%)

Abgrenzung zu Oligophrenie meist erst beiLangzeitbeobachtung möglich; es gibt auch normal- u.hochbegabte Autisten; 40% IQ < 50, 30% IQ ≥ 70

Jungen: 3-4 mal häufigersehr seltene Störung (Prävalenz von 0,004-0,005%,entspricht der von Blindheit)

73

73

Page 74: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

3. Wie ist die Symptomatik beim TypAsperger?

Besonderheiten: Störung der Beziehungsfähigkeit (Blickkontakt

vorhanden, aber flüchtig), Kontakt deutlicheingeschränkt, Humorlosigkeit, Mangel anEinfühlungsvermögen und Distanzlosigkeit, situativunangepaßtes Verhalten) wird häufig erst in derSchule problematisch

Sprachentwicklung oft früh, eher auf hohemgrammatikal. Kompetenzniveau, aber Mangel ankommunikativer Abstimmung auf den Gesprächspartner

gute Intelligenzleistungen, Originalität oft überbordende, sehr irreale Phantasien u.

Vorstellungen oft originelle, schwungvolle Zeichnungen häufig ausgefallene Sonderinteressen Fehldiagnose Hörbehinderung liegt nahe ungeschickte Motorik zwanghaft-pedantische Züge

ausgeprägte Knabenwendigkeit: 8:1 Beginn vor 36. Lebensmonat tritt später auf, da die allg. Entw.-funktionen höher

ausgeprägt sind: früher Sprachbeginn, grammatikalischhohes Niveau, gute u. oft überdurchschnittl. Intelligenz

4. Wie ist die Ätiologie des frühkindlichenAutismus’?

Kanner: Signalverarbeitung, Wahrnehmungen im akustischen

und optischen Bereich keine allgemeine Theorie: ein normal begabter Autist ist

etwas völlig anderes als ein geistig behinderter genetische Faktoren: in hohem Maß genetisch bedingt

Störungen der Mutter-Kind-Beziehung sind sekundär, alsFolge der Unfähigkeit des Kindes, Infos ausverschiedenen Sinneskanälen zu integrieren (nichtprimär!)

Asperger: vererbt, ausgeprägte Knabenwendigkeit, homologe

familienanamnestische Belastung in männlicher Linie

74

74

Page 75: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

5. Wie verläuft die Therapie? Kanner: keine spezielle kausale Therapie möglichst früh, oft über viele Jahre hinweg bei vielen autistischen Kindern müssen zuerst einmal

Stereotypien, Selbstaggressionen od. Wutanfälleabgebaut werden, bevor erwünschtes Verhaltenaufgebaut werden kann

symptomatisch orientierte stark strukturierte (berechenbare Umwelt wichtig!) übende Therapie zumAufbau von:

(Blick-)Kontakt Sprache Motorik soziale Fähigkeiten: Kompetenz- u. Interaktionstraining

zum Aufbau in kleinen Schritten (Abbau vonImitationsschwächen, Rollenspiele mit Videoaufnahmen)

Versuch, mit engster Bezugsperson zusammen dasSpektrum des Kindes zu erweitern

Aufbereitung der Aufgaben in kleinste Übungsschritte dann Generalisierung Medikamente (Neuroleptika, Fenfluramin) bei affektiven

Spitzen, (Auto-)Aggression kontinuierliche Eltern- und Familienarbeit oft gute Ansprechbarkeit auf taktiler, kinästhetischer,

musikalischer Ebene Prognose insgesamt eher schlecht, weil ein Großteil

auch noch geistig behindert ist

“Verein zur Hilfe für das autistische Kind” bietet Therapieund Unterstützung an

Asperger:

6. Wie ist der Verlauf? 2/3 bleiben stark behindert (IQ als wichtigesVorhersagemerkmal)

15% (high functioning-Autisten (intellektuell gut bishochbegabte)) Entwicklung mit Berufstätigkeit u. sozialerIntegration

20% (high functioning-Autisten) können im Jugendalterdie Symptomatik reduzieren u. entwickeln relativeSelbständigkeit

eine signifikante Rate entwickelt später ein Anfallsleiden viele müssen als Erwachsene betreut leben; sehr wenige

schaffen es, eine Partnerschaft einzugehen gerade high functioning-Autisten leiden unter der ihnen

bewußten Symptomatik kein höheres Risiko, psychotisch zu werden

(differentialdiagnostisch: in der Schizophrenie gibt esautistische Symptome der Abkapselung von der Umwelt)

7. Wie ist die Prävalenz? 2-4 pro 10.000 Kinder sehr selten8. Welche Faktoren müssen für die

Prognose berücksichtigt werden? Intelligenz Sprachentwicklung

Ticstörungen

Lehmkuhl blinzelt! Blinzeltic ( = einfacher motorischerTic)

75

75

Page 76: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

Was ist ein Tic? Unwillkürliche, plötzliche, schnelle, wiederholte, nicht-rhythmische, stereotype Bewegung od. Lautproduktion/Vokalisation.

motorische Tics: unwillkürliche, plötzliche, schnelle,wiederholte, nicht-rhythmische, stereotype Bewegung(zumeist von umschriebenen Muskelgruppen)

vokale Tics: Lautproduktion, die plötzlich einsetzt u.keinem offensichtlichen Zweck dient.

Beginn meist im Kindergarten- bis Grundschulalter, aufjeden Fall vor 18. Lj. ( F9 Störungen mit Beginn inKindheit/Jugend)

genetisch verankerte Disposition/Vulnerabilität:multifaktorieller Erbgang, wesentlich häufiger Jungen,familiäre Häufung

stärker bei Erregung, Anspannung, Streß nicht im Schlaf können leicht willkürlich unterdrückt od. produziert

werden treten oft zusammen mit Zwanghaftigkeit od.

hypochondrischen Symptomen auf vermutlich kontinuierliches Störungsbild mit einem Pol

der vorübergehenden Ticstörung u. anderem Pol derkombinierten vokalen u. multiplen motorischen Tics(Tourette-Syndrom)

10-20% aller Kinder haben zu irgendeiner Zeit einevorübergehende Ticstörung!

Differentialdiagnose: Autismus oderIntelligenzminderung (hier manchmal rhythmischestereotyp-repetitive Bewegungen, komplexere u.variablere manierierte Bewegungen),Zwangshandlungen (deren Ausgestaltung ist eher durchden Zweck, z.B. ein Objekt in bestimmter Häufigkeit zuberühren oder umzudrehen, bestimmt als durch diebetroffene Muskelgruppe), Hyperkinetisches Syndrom(Tics: beschränkt auf kleine Muskelgruppen)

Welche Formen von Tics kann manunterscheiden? Einteilung?

vorübergehende/passagere/akute/transitorische (oft nurwenige Tage bis Wochen) versus chronische (längerals 1 Jahr) Formen

einfache/isolierte versus komplexe/multiple/genera-lisierte Tics (mit Befall mehrerer Körperzonen und evtl.wechselnden Lokalisationen)

76

76

Page 77: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

Wie ist die Symptomatik von Ticstörungen? Uuwillkürliche Lautproduktionen (vokale Tics) oderBewegungen (motorische Tics), die plötzlich einsetzen u.keinem offensichtlichen Zweck dienen.

plötzlich einschießend, repetitiv, unregelmäßig, nichtvom Willen gesteuert, offensichtlich zwecklos,Bewegungen auf einige umschriebene Muskelgruppenbeschränkt

Auslösende Faktoren: - psychosoziale Belastung- somatische Belastung sensorischer Reizzustand

(eine Art “Aura” in Form einer subjektiv spürbaren, zunehmenden Anspannung) Ablauf eines Tics:

Am Anfang steht ein sensorischer Reizzustand, demeine motorische/vokale Entladung folgt, die für einegewisse Zeit die Spannung auflöst (vgl. Niesen,Schluckauf); auch im Schlaf möglich (≠ ICD-10) Enthemmungsphänomen

Tics werden durch Spannung verstärkt u. können jedesKörperteil befallen, tun dies aber in der Regel nur ansolchen, die sonst mit sinnvollen Bewegungenverbunden sind

motorische Tics treten früher als vokale Tics auf, breitensich vom Gesicht auf den Schultergürtel aus.Zwangsphänomene sind die späteste Manifestation

häufige einfache motorische Tics: Blinzeln, Kopfschüttelnoder -werfen, Schulterzucken, Grimassieren; sonst auch noch: Augenbrauen hochziehen, Beugen/Schleuderbewegungen von Armen oder Beinen

häufige komplexe motorische Tics: Sich-selbst-Schla-gen, Springen, Hüpfen; sonst auch noch: Klatschen, Wurfbewegungen, windendeKörperbewegungung

häufige einfache vokale Tics: Räuspern, Bellen,Schnüffeln, Zischen;sonst auch noch: Hüsteln, Pfeifen, Grunzen, Schnalzen

häufige komplexe vokale Tics: Echolalie (Wiederholungbest. Wörter), Koprolalie (sozial unannehmbare, obzöneWörter), Palilalie (Wiederholung eigener Laute undWörter)

Diagnostische Zuordnungsregeln: vorübergehende Ticstörungen (motorische u. vokale):

Dauer nicht länger als 12 Monate hintereinander, diemotorischen Tics bleiben meist auf das Gesichtbeschränkt

chronische Ticstörungen (motorische u. vokale):Dauer länger als 12 Monate hintereinander, beimotorischen Tics Ausbreitung auf den Schultergürtel

Tics nehmen mit absteigender Position am Körper in derHäufigkeit ab, meistens Gesicht

können durch bewußte Kontrolle zumindest kurzfristigunterdrückt/reduziert werden

besonders bei schweren Formen Kombination mitanderen psychischen Symptomen: hyperkinetischeSymptome (40%), Störungen der Aufmerksamkeit,Lernstörungen, Angst, depressive Verstimmung,Zwanghaftigkeit

häufiges Begleitsymptom bei Tourette-Syndrom:gestische Echopraxie (Bewegungsimitation)

77

77

Page 78: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

Wie ist die Epidemiologie? Beginn meist im Kindergarten- bis Grundschulalter (aufjeden Fall vor 18. Lj. F9 Störungen mit Beginn inKindheit/Jugend), Altersdurchschnitt: 7 Jahre

90% aller Ticstörungen vor 12. Lj. ~8% aller 6-Jährigen, 10% aller 10-/11-Jährigen 4-5-Jährige: häufigste Tics vorübergehende einfache

motorische Tics: Blinzeln, Kopfschütteln, Grimassieren 10-20% aller Kinder haben zu irgendeiner Zeit eine

vorübergehende Ticstörung! motorische Tics häufiger als vokale wesentlich mehr Jungen als Mädchen 40% der ausgeprägten Syndrome in Kombination mit

Hyperkinetischem Syndrom Tourette-Syndrom: Prävalenz von 0,03%

Welche Differentialdiagnose? Hyperkinese (Tics sind auf kleine Muskelgruppenbeschränkt)

Stereotypien (nicht anfallsartig, häufig komplexere undvariablere Bewegungsabläufe)

Zwangshandlungen (Abgrenzung schwierig, da häufigassoziiertes Auftreten von Tics mit Zwanghaftigkeit)

Intelligenzminderung Autismus konversionsneurotische Symptome

Wie ist die Abgrenzung Tic - Zwang? Zwangshandlungen: Ausgestaltung ist durch den Zweck,z.B. ein Objekt in bestimmter Häufigkeit zu berühren od.umzudrehen, bestimmt (u. nicht durch die betroffeneMuskelgruppe wie beim Tic)

Was sind die häufigsten Tics? am häufigsten vorübergehende einfache motorischeTics: Blinzeln, Kopfschütteln, Grimassieren (Alter meist 4-5Jahre)

außerdem häufige andere Tics: - (vorübergehende) einfache vokale Tics: Räuspern, Bellen, Schnüffeln, Zischen- komplexe motorische Tics: Sich-selbst-Schlagen, Sprin- gen, Hüpfen- komplexe vokale Tics: Wiederholung best. Wörter, Kopro lalie (Wiederholung sozial unannehmbarer, obzöner Wör ter), Palilalie (Wiederholung eigener Laute u. Wörter)

10-20% aller Kinder haben zu irgendeiner Zeit einevorübergehende Ticstörung!

Welche Umstände gehen einem Ticvoraus?

Auslösende Faktoren: - psychosoziale Belastung- somatische Belastung

sensorischer Reizzustand

78

78

Page 79: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

Wie ist die Behandlung von Tics? vorübergehende Tics (bei Behandlungsbedarf):reagieren im Sinn der Streßverminderung aufEntspannungsverfahren (autogenes Training)

chronische Tics u. Tourette:VT-Kombination: Training der Reaktionsumkehr (habitreversal):

1. Selbstwahrnehmungstraining (awareness training)2. Entspannungsverfahren3. Training inkompatibler Reaktionen (incompating

response) Focussierung auf die automatisiert ablaufendenTics und Kontrolle Symptomverschiebung:

- bei motorischen Tics: motorische Gegenantwort (z.B. bei Nasentic: Bewegung der Oberlippe einüben)- bei vokalen Tics: Atemtechnik

4. Kontingenztraining: den neg. Aspekt u. die pos. Folgen deSymptomverschiebung herausarbeiten, positiveVerstärkung der inkompatiblenReaktionen/Gegenantworten

5. Generalisierungstraining gute Therapieerfolge bei motivierten u. gut strukturierten Patienten; aber oft nur passagere Verbesserung dann medikamentöse Behandlung mit Neuroleptika fürdurchgreifende Verbesserungen (Nebenwirkungen!)

Welche Sonderform gibt es? Tourette-Syndrom (Gilles-de-la-Tourette):Kombinierte vokale u. multiple motorische TicsForm, bei der es gegenwärtig oder in der Vergangenheitmultiple motorische Tics u. einen oder mehrere vokale Tics gibt bzw. gegeben hat, nicht notwendigerweise gleichzeitig.Gewöhnlich Vorgeschichte motorischer Tics vor Entw.vokaler. Häufig Verschlechterung der Symptome inAdoleszenz, meist persistiert die Störung bis insErwachsenenalter progressive, chronische Verlaufsform.Tics können für kurze Zeiträume willkürlich unterdrücktwerden. vokale Tics: einfache wie Räuspern u. Grunzen,

komplexe wie Echolalie, Palilalie, Koprolalie, Verstärkung der Tics durch Streß Komorbidität: soziale Schwierigkeiten/Ängste immer,

Zwangsstörung, Hyperaktivität, depressive Störung,Lern-/Leistungsstörung

Sind Tics nur am Oberkörper? Nein, aber überwiegend im Gesicht od. motorische Ticsauch im Schulterbereich, seltener sind auch die Beinebetroffen (Hüpfen, Springen, Körper winden, Beinebeugen/schleudern!)

Wie ist die Ätiologie? Ätiologie ungeklärt, multifaktoriell: genetische (familiäreHäufung) u. hirnorganische Vulnerabilitäten (Überschußan Dopamin in bestimmten neuronalen Kreisen),psychosoziale Stressoren, ängstlicher Rückzug

partielle Reifungsverzögerung bei transienten Tics (meistverknüpft mit Sprachstörungen u. Enkopresis); späterreifende frontale Mechanismen erlauben eine teilweise(kompensatorische) Kontrolle

PA: symbolischer Ausdruck von Konflikten, Abfuhr vonaggressiven u. sexuellen Impulsen

LT: Reaktion, die in einer Spannungssituation zufälligeine Angstreaktion bewirkt hat u. somit alstriebreduzierende Vermeidungsreaktion fungiert

79

79

Page 80: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

Wie ist die Therapie bei Tics? Aufklärung und Beratung der Eltern, Identifizierungmöglicher Spannungen

Entspannungsverfahren (autogenes Training) beivorübergehenden Tics (bei Behandlungsbedarf):reagieren im Sinn der Streßverminderung

hochpotente Neuroleptika (weil cerebrale Störung) bei Tourette chronischen vokalen und motorischen Tics Tics nach Gabe von Stimulantien, die nach Absetzen der

Medikation nicht abgeklungen sind Tics, die in Verbindung mit Zwangssymptomen und

autodestruktivem Verhalten (Selbstverletzungen wie Sich-selbst-Schlagen, -Beißen) auftreten

VT-Kombination: Training der Reaktionsumkehr (habitreversal)

VT in Form negativer Übung ( = paradoxeIntervention, Symptomverschreibung): exzessiveProduktion der Symptomatik über lange Phasen (ganzeTherapieeinheiten) hinweg; man geht davon aus, daß esso zu einer konditionierten Hemmung im Sinne einerErschöpfungsreaktion kommt

auch VT: Nichtbeachtung u. somit Verstärkerentzug,Selbstkontrolltechniken

Welche Probleme gibt es bei derTherapie?

Nebenwirkungen der Neuroleptika keine Compliance bei VT, weil negatives Üben

unangenehm ist oft Bagatellisierung der Symptome durch Patienten oft nur passagere Verbesserungen bei VT-Kombination

Hyperkinetisches Syndrom (HKS)

80

80

Page 81: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

Was ist HKS? 3-6% PrävalenzKnabenwendig: in Feldstichproben 3:1; in Klinikstichproben6:1

3 Kardinalsymptome: 1. Aufmerksamkeitsstörungen (Ablenkbarkeit)2. Impulsivität (kognitiv, motivational, emotional)3. Hyperaktivität deutlich stärker ausgeprägt, als bei durchschnittlichen

Kindern im gleichen Alter bei gleicher Intelligenzhäufig dazu geringe Frustrationstoleranz u. Aggressivität

Komorbidität/Begleit-/sekundäre Symptome: oppositionelle/dissoziale Verhaltensstörung: 30-50% Lernstörungen: 20-30% Angststörungen: 20% emotionale Störungen (vor allem depressive): 15%

ICD-10: F90.0 Einfach Aufmerksamkeits- und

Hyperaktivitätsstörung (3 Symptome +situationsübergreifend + Beginn vor dem 6. Lj.)

F90.1 Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens (3Symptome + situationsübergreifend + Beginn vor dem 6.Lj. + aggressive Verhaltensweisen)

Ätiologie: (fragwürdige psychol. Annahme: Auswirkunggeschlechtsspezifischer Sozialisation) genetischeDisposition, Zusammenhänge zwischen Alkohol- u.Nikotin-konsum der Mutter in Schwangerschaft u.Hyperaktivität (vgl. Embryopathie),Nahrungsmittelallergie. Genetische Erklärung u. Allergie-Erklärung schließen sich nicht aus (vgl. Studie Englandmit extremer Reis-/Truthahndiät): Bei Asthmatikern u.Neurodermitikern gibt es eine gewisse Häufung derHyperaktivität kann aber auch Folge der allergischenErkrankung sein.

Verlauf:- Säuglingsalter: sehr hohes Aktivitätsniveau, ungünstige Konstellation/mangelnde Passung von schwierigem kindlichen Temperament u. negativ-kontrollierender Erziehung (vgl. Temperamentforschung von Thomas & Chess), Gesundheitsprobleme, Entwicklungsverzöge- rungen- Vorschulalter: Hyperaktivität (ziellos), geringe Spielin- tensität u. –dauer, Entwicklungsdefizite, oppositionelles Verhalten, mindestens 50%-ige Stabilität der Sympto me von 3 bis 6 Jahren

Risikofaktoren: hyperkinetische Störung der Eltern,Nikotin- u./o. Alkoholmißbrauch in Schwangerschaft,Gesundheitsprobleme der Mutter in Schwangerschaft,geringes Bildungsniveau der Eltern, überlastete Eltern/alleinerziehende Elternteile, negativ-kontrollierendeErziehung (sehr strikt, Mangel an positivem emotionalenAustausch), inkonsistente Erziehung (Mangel an Regeln/Kontrolle bzw. Inkonsequenz im Umgang)

81

81

Page 82: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

Welche Therapie ist bei HKS indiziert? 3 therapeutische Zugänge/Interventionen:1. elternzentriert: Aufklärung u. Beratung, Durchbrechen

des Teufelskreises bei nachgiebigen Eltern Regeln fürKinder werden mit den Eltern abgesteckt, diese Regelnmüssen befolgt werden; unmittelbare Konsequenzen, daHKS-Kinder nicht auf Belohnungsaufschub reagieren;Eltern-Kind-Therapie

2. patientenzentriert: Aufklärung u. Beratung, Selbstins-truktionstraining zum Aufbau von Spielintensität, Token-Systeme, Selbstkontroll- (-management)Training, socialskills-Training, medikamentöse Behandlung mit Psycho-stimulantien/Amphetaminen (Captagon, Ritalin), Diät

Probleme dort behandeln, wo sie auftreten!3. schulzentiert: Aufklärung u. Beratung, eventuell Inter-

ventionen in Schule/Kindergarten

9Therapie

Beschreiben Sie Reizkonfrontation mitresponse prevention im Unterschied zuanderen VT-Methoden!

wird bei Zwangshandlungen durchgeführt: stufenweiseReizkonfrontation (systematische Desensibilisierung) in vivozur bewußten Auseinandersetzung mit denangstauslösenden Situationen u. dabei äußereKontrollmaßnahmen u. Interventionen zur Verhinderungaufkommender Zwangshandlungen/gleichzeitigeReaktionsverhinderung (response prevention)

Was sind Konfrontations- /Expositionsverfahren?

Was ist exposure?

Was ist response prevention?

Was ist flooding/Reizüberflutung?

Verfahren zur Konfrontation mit Angst; Prinzip derKonfrontation mit Angst ist exposure: Pat. muß s. der Angstaussetzen, bewußte Auseinandersetzung mit derangstauslösenden Situation, Pat. muß in der Situationbleiben u. Angst aushalten

3 Arten der Konfrontation: 1)gestufte Reizkonfrontation in sensu = systematische De- sensibilisierung

2) gestufte Reizkonfrontation in vivo = Habituationstrai- ning

3) massierte Reizkonfrontation = Reizüberflutung/ Angst- überflutung (flooding)

eventuell zusätzlich:Reaktionsverhinderung (response prevention): Pat. wirddurch äußere Kontrollmaßnahmen u. Interventionen anReaktionen/Symptomen auf die Angst gehindert gleichzeitige Reaktionsverhinderung

Transparenz des Vorgehens

Phasen der Konfrontationstherapie:1. Analyse der angstauslösenden Bedingungen u.

Situationen2. Erklärungsmodell: z.B. Teufelskreis: Angst vor der Angst3. Konfrontation, Patient muß in der Situation bleiben, bis

die Angst geringer wird, Beendigung erst nach Abnahmeder Angstreaktion; Reaktionsverhinderung vor allem beiZwangshandlungen

82

82

Page 83: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

Was ist systematischeDesensibilisierung?

1.

Prinzipien:sukzessive Approximation: langsame Annäherung angewünschtes VerhaltenGegenkonditionierung: Entspannung vs. AngstPhasen:1. Analyse der Faktoren, die für das Auftreten der Angst

verantwortlich sind2. Erarbeitung einer Angsthierarchie3. Training von Entspannungstechnik (z.B. progressive

Muskelrelaxation nach Jacobson)4. vorstellungsmäßiges Durcharbeiten der Hierarchie von

unten nach oben in einem konzentrierten u. entspanntenZustand

2 Arten: 1) in sensu 2) in vivo (Habituationstraining)

Welche kognitiven Verfahren kennen Sie(zur Angsttherapie)?

Selbstinstruktionstraining nach Meichenbaum u. GoodmanZiel: bei Auftreten von Angst sollen angstbewältigendeSelbstinstruktionen zum Einsatz kommen

Was sind paradoxe Interventionen? willentliche Herbeiführung von ÄngstenWas ist Selbstbehauptungstraining? Ziel: direkte, ehrliche und angemessene Ausdruck von

Gefühlen; Klient soll in die Lage versetzt werden, seineWünsche und Bedürfnisse zu äußern und durchzusetzen

Worum geht es bei Assertiveness- od.Selbstsicherheitstraining?

Übung konkreten sozialer Fertigkeiten und Vermittllungentsprechender ProblemlösefähigkeitenModellernen, Rollenspiel

Therapiekonzepte bei Angststörungen? s.o.

Therapiekonzepte bei Psychosen? s.o.

Therapiekonzepte bei Depressionen? s.o.

Pharmakotherapie

Was ist Lithium? Zusammensetzung? Lithium-Salz: einwertiges Metall aus der Gruppe der Alkali-Metalle zur Rezidivprophylaxe von manischen u.schizomanischen Psychosen

83

83

Page 84: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

Wie wirken Lithiumsalze? Genauer Wirkmechanismus ist unbekannt; es wirdvermutet, daß eine Einflußnahme auf den zellulärenCalcium-Membrantransport erfolgt (Möller).Neurochemische Beeinflussung von adrenergen,cholinergen, GABAergen u. peptidergenSystemen,Stimulation der aminergen Transmission (Dorsch).

antimanisch, rezidivprophylaktische Behandlung manischerPsychosen u. Manien

undramatische Nebenwirkungen: Appetitverlust, Übelkeit, Durst etc. Gewichtszunahme, Ödeme (Wassereinlagerungen) Zittrigkeit (der Hände) Schilddrüsenvergrößerung

Blutkontrollen zur Vermeidung von Überdosierung/Intoxikation/zu hohem Lithium-Spiegel vor allem in denWochen der Einstellungsphase sehr wichtig!!!

Vergiftungserscheinungen: Muskelzuckungen (der Hände) Durchfall, Erbrechen Abgeschlagenheit/ Schläfrigkeit Schwindel Delirium Krampfanfälle (bis zum Tod!)

Wie kommen diese Krampfanfällezustande?

ähnlich wie epileptischer Anfall (Gehirn-Unter- oderÜberversorgung)

Wie wirken Neuroleptika? Neuroleptika = Substanzen, die vor allem psychotischeDenkstörungen, Angst, Erregung u. motorische Unruhereduzieren. Wirkung: antipsychotisch: bekämpfen psychotische Phänomene

durch Eingriff in zentralnervöse Transmittersysteme:postsynaptische Dopamin-Rezeptor-Blockade(Hypothalamus, limbisches System, Basalganglien); wiesie genau wirken, ist bislang unbekannt;syndrombezogenes Wirkprofil, keine nosologischspezifische Wirksamkeit; neuroleptische Potenz(hochpotent, mittelpotent u. niedrigpotent) ist abgeleitetaus der benötigten Menge für eine ausreichende anti-psychot. Wirkung

zentral dämpfend/sedierend: Verlangsamung außerdem antiemetisch, anticholinerg, sympatholytisch,

lokalanästhetisch)1. klassische Neuroleptika: Effekte vor allem auf die akuten psychot. Symptome (pro- duktive Symptome, Erregung, Unruhe, Insomnie) - hochpotent (z.B. Haloperidol (Haldol), Fluspirilen (Imap)) - mittelpotent (z.B. Perazin (Taxilan)) - niedrigpotent (z.B. Promethazin (Atosil)) 2. atypische Neuroleptika: stärkere Effekte auf die begleitende Minus-/ Negativsym- ptomatik, besonders gute extrapyramidalmotorische Ver- träglichkeit (z.B. Clozapin (Leponex), Risperdon (Risper- dal))

84

84

Page 85: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

Welche Nebenwirkungen habenNeuroleptika?

extrapyramidalmotorisch: starke extrapyramidaleNebenwirkungen (z.B. Halsverrenkungen, Zunge-Heraus-strecken), Verlangsamung, Frühdiskenisien (früheStörungen im geordneten Bewegungsablauf),Parkinsonoid, Akathisie (Sitzangst, Unfähigkeit, längereZeit zu sitzen), Spätdyskinesien (in 15% der Fälle, häufigirreversibel!)

hochpotent: sehr stark; niedrig- u. mittelpotent: gering psychisch: sedierend niedrig- u. mittelpotente: stark;

hochpotent: gering endokrin: durch Prolaktinanstieg Amenorrhoe

(Menstruatinsstörungen), Galaktorrhoe (Milcheinschuß u.–absonderung), weibl. Brustbildung bei Männern,Libidoreduktion

vegetativ: Tachycardie (Herzrasen),Kreislaufschwankungen niedrig- u. mittelpotent: stark;hochpotent: gering

Senkung der KrampfschwelleWas sind die Auswahlkriterien fürNeuroleptika?

1. Zielsymptome2. Wirksamkeit, Medikamenten-Anamnese3. Compliance a) Depot: ja/nein b) Risikokontrolle4. Nebenwirkungen a) Alter u. Geschlecht b) Sedierung ja/nein c) besondere Umstände (z.B. bekanntes Anfallsleiden)

Was sind die Zielsymptome beiSchizophrenien?

1. psychotische Akutsymptomatik (produktive Symptome, Erregung, Unruhe, Insomnie)2. begleitende Minussymptomatik3. Katatonie4. Angst5. persistierende Minussymptomatik6. Depression

Was für eine Wirkung haben Neuroleptikabei Kindern?

Tölle: „Bei schizophrenen Jugendlichen, die anamnestischHinweise auf eine frühkindliche Hirnschädigung od. andereorganische Risikofaktoren bieten, erlebt man nicht selten,daß sie auf Neuroleptika paradox reagieren, mitvermehrter Unruhe, Angst u. anderer Symptomatik. Siesprechen oft besser auf Benzodiazepine an.“ (S. 223)

Welche Nebenwirkungen habenAntidepressiva?

Antidepressiva = Substanzen, die die Symptomatikdepressiver Erkrankungen reduzieren, also insbesonderestimmungsaufhellend wirken. Substanzgruppen: Trizyklika (klass.), Tetrazyklika, MAO- HemmerWirkprinzip: Eingriff in zentralnervöse Transmittersysteme- traditionelle Erklärung: Anreicherung von Noradrenalin bzw. Serotonin im synaptischen Spalt- neuere Erklärung: komplizierte Anpassung der Sensibilität noradrenerger u. serotonerger Rezeptoren im Gehirn, die insgesamt zu einer Verbesserung der Übertragungsmög lichkeiten an den Synapsen führenNebenwirkungen (klass. trizyklische Antidepressiva!): psychisch: sedierend (oft erwünscht!), Getriebenheit u.

Schlaflosigkeit, dysphorische Verstimmungen,Wesensänderungen (Antriebs- u. Affektinsuffizienz)

vegetativ: atropinartige Wirkungen (trockeneSchleimhäute, Akkomodationsstörungen, Hyperthermieetc.), Tachycardie (Herzrasen), arterielle Hypotension (s.Gesichtsblässe), Magen-Darm-Störungen/Obstipation(Verstopfung)

endokrin: Galaktorrhoe (Milcheinschuß/-absonderung)

85

85

Page 86: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

10Prognosen

günstige Prognose (+) ungünstige Prognose (-)vorübergehende Ticstörung (kann Tage od.Wochen dauern)

Verhaltensstörungen (HKS)

Enuresis (gute Heilungschancen) Lernstörungen (chronisch)Schulphobie u. andere spezifische Phoben (guteHeilungschancen)

Anorexie (5-10% sterben ???)

Trennungsangst, Geschwisterrivalität emotionale Störungen verlaufen kurz,Schweregrad ist mäßig; reicht nicht für Diagnosevon Neurose od. Psychose)

Autistische Störung (nur 1/3 unabhängigeLebensweise)

Rett-Syndrom (Tod spätestens im 4.Lebensjahrzehnt)Schizophrenie (die schwerwiegendste Erkrankung)organische Psychosen (Demenz)antisoziale Persönlichkeitsomatoforme Störungen (eher längerfristigverlaufend)Agoraphobie (Verlauf eher chronisch)soziale Phobie (Verlauf eher chronisch)generalisierte Angststörung (Verlauf eherchronisch)Zwangsstörung (Verlauf eher chronisch)Hypochondrische Störungen

86

86

Page 87: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

11Welche Störungen sind häufig/am häufigsten vertreten bei ...

Kindern Angststörungen (6-8% der Kinder & Jugendlichen)Jungen HKS (3:1)

Verhaltensstörungen (2:1) Leserechtschreibstörung 3-4:1 Autismus (Kanner: 3-4:1; Asperger 8:1) Ticstörungen (3:1) Enuresis Enkopresis 3-4:1 Zwangsstörungen in Kindheit/Jugend

Mädchen Bulimie, Anorexie (nur 5-10 % der Eßgestörten sind Männer) Rett-Störung

Männern antisoziale Persönlichkeitsstörung (3:1) Paraphilien/Störungen der Sexualpräferenz (nur Männer) Zwangsneurose sensitive Persönlichkeitsstörung Alkoholabhängigkeit?

Frauen Depression, Dysthymia (2:1)Phobien (außer soziale) 80%AngstneurosenKonversionsstörungSomatisierungsstörung 95%Persönlichkeitsstörungen ???

niedrigem IQ Autismus (70% Intelligenzgeminderte, 50% geistig behindert)PicaSchizophrenie

niedriger sozialer Schicht geistige BehinderungHKSSchizophreniePica

87

87

Page 88: Psychopathologie – Prüfungsfragen (Prof. Lehmkuhl)docshare01.docshare.tips/files/20580/205800040.pdf · Prüfungsfragen für Psychopathologie Weder die Autoren/innen, noch die

Prüfungsfragen für Psychopathologie

12Diverses

1.Welche Erkrankungwürden Sie sichwünschen(entsprechend desBehandlungserfolges u.emp. Kenntnisse)?

Schlangenphobie Anpassungsstörung: kurze depressive Reaktion

2.Welche Störungwürden Sie Ihrem Kindwünschen?

vorübergehende Ticstörung

3.Wie erfolgtpsychiatrischeDiagnostik bei Kindernu. Jugendlichen?

Intelligenztests, projektive Verfahren (TAT, Family-Relations-Test, PFT,Rorschach-Test), Jugend-Selbst-Report (Youth Self Report YSR vonAffenbach), Elternfragebogen, Lebensqualität-Fragebogen für Eltern u.Kinder, Selbst- u. Fremdanamnese, Teacher Report Form (TRF), ChildBehavior Checklist (CBCL, Elternfragebogen), CASCAP-D

4. Wie sieht dieTherapie beiphobischer Störung imKindesalter (z.B.Phonophobie: Angst vorLärm/ Knallen) aus?

VT: 1) funktionale Analyse, klass. konditionierte Angstreaktion, Lernen amängstlich-überbehütenden Muttermodell, Bekräftigungslernen. 2) Therapie: nach Erstellung einer Angsthierarchie durch einAngstthermometer Expositionsbehandlung zur Desensibilisierung mit vielenAbstufungen. Expositionen müssen häufig durchgeführt werden, evtl. mitHilfe der Eltern als Co-Therapeuten Vorteil: häufigere Expositionenmöglich. Aber contra-indiziert bei Ablösungskonflikten!

88

88