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1 Artikel (Oktober 2019) Ptolemäus' römisches Rufiniana: Indizien für eine Lage im Raum Mutterstadt. von Herbert H.W. Metzger 1 und Kord Ernstson 2 _____________________________________________________________________________________________________ Zusammenfassung Das von Ptolemäus im Jahr 150 hinterlassene Zitat "Rufiniana, gelegen zwischen Worms und Speyer" bezog sich auf eine militär- und handelsstrategisch extrem wichtige römische Stadt am Rhein, deren genaue Lage bis heute ungeklärt ist und die zu verschiedenen Vermutungen einer Lokalisierung geführt hat. Die in den dreißiger Jahren von einem Heimatforscher und Ortschronisten geäußerte Ansicht, Rufiniana könne gut im Bereich der Gemarkung Mutterstadt gelegen haben, hat zu umfangreichen neuen Recherchen, Überlegungen und Rekonstruktionen zu einer Lage zwischen Alsenborn und Ladenburg geführt, über die hier berichtet wird. Als Ergebnis wird eine kritische Bestandsaufnahme früherer archäologischer Argumentationen gemacht und dargelegt, dass die ursprüngliche Idee aus den dreißiger Jahren zur Lage von Rufiniana bei Mutterstadt klar zu verifizieren ist. Schlüsselwörter: Rufiniana, Römersiedlung, Rheintal-Straße, Archäologie, Geophysik, Digitales Geländemodel Ptolemy's Roman Rufiniana: New evidence for its location Abstract.- The quotation "Rufiniana, situated between Worms and Speyer", left by Ptolemy in 150, referred to a Roman town on the Rhine which was extremely important in terms of military and trade strategy and whose exact location has not been clarified to this day and which has led to various assumptions of a localisation. The opinion expressed in the 1930s by a local historian and chronicler that Rufiniana could have been well situated in the area of the Mutterstadt district has led to extensive new research, considerations and reconstructions, which are reported here. As a result, a critical inventory of earlier archaeological arguments is made and it is stated that the original idea from the thirties regarding the location of Rufiniana near Mutterstadt must be clearly verified.

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Artikel(Oktober2019)Ptolemäus'römischesRufiniana:IndizienfüreineLageimRaumMutterstadt.vonHerbertH.W.Metzger1undKordErnstson2_____________________________________________________________________________________________________ZusammenfassungDasvonPtolemäusimJahr150hinterlasseneZitat"Rufiniana,gelegenzwischenWormsund Speyer" bezog sich auf eine militär- und handelsstrategisch extrem wichtigerömische Stadt am Rhein, deren genaue Lage bis heute ungeklärt ist und die zuverschiedenen Vermutungen einer Lokalisierung geführt hat. Die in den dreißigerJahren von einem Heimatforscher und Ortschronisten geäußerte Ansicht, RufinianakönnegutimBereichderGemarkungMutterstadtgelegenhaben,hatzuumfangreichenneuen Recherchen, Überlegungen und Rekonstruktionen zu einer Lage zwischenAlsenbornundLadenburggeführt,überdiehierberichtetwird.AlsErgebniswirdeinekritische Bestandsaufnahme früherer archäologischer Argumentationen gemacht unddargelegt,dassdieursprünglicheIdeeausdendreißigerJahrenzurLagevonRufinianabeiMutterstadtklarzuverifizierenist.Schlüsselwörter: Rufiniana, Römersiedlung, Rheintal-Straße, Archäologie, Geophysik,DigitalesGeländemodelPtolemy'sRomanRufiniana:NewevidenceforitslocationAbstract.- The quotation "Rufiniana, situated between Worms and Speyer", left byPtolemyin150,referredtoaRomantownontheRhinewhichwasextremelyimportantintermsofmilitaryandtradestrategyandwhoseexactlocationhasnotbeenclarifiedtothis day and which has led to various assumptions of a localisation. The opinionexpressed in the 1930s by a local historian and chronicler that Rufiniana could havebeen well situated in the area of the Mutterstadt district has led to extensive newresearch, considerations and reconstructions, which are reported here. As a result, acritical inventoryof earlier archaeological arguments ismadeand it is stated that theoriginalideafromthethirtiesregardingthelocationofRufiniananearMutterstadtmustbeclearlyverified.

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Keywords: Rufiniana, Roman settlement, Rhine valley road, Archeology, Geophysics, ,DigitalTerrainModel______________________________________________________________1HerbertH.W.Metzger, Industriekaufmann,GründungsvorstanddesHistorischenVereinsderPfalz Ortsgruppe Mutterstadt; An der Fohlenweide 28, 67112 Mutterstadt;[email protected]; 2 Prof. Dr. Dr. habil. Kord Ernstson, Philosophische Fakultät,UniversitätWürzburg,97074Würzburg,[email protected] Einführung-DiebisherigenKenntnisseundVermutungenzurLagevonRufiniana2 DieneuenUntersuchungen2.1 Vorbedingungen2.2 Literatur-Recherche3 Geländebefunde 3.1 DasDigitaleGeländemodell3.2 GeophysikalischeMessungen3.2.1 Überblick3.2.2 Bodenradar3.2.3 Impuls-Elektromagnetik3.2.4 Geomagnetik3.2.5 UmfangderMessungen4 DasneueModellzurLagevonRufinianabeiMutterstadt4.1 DieStraßen4.2 DieWasserwegeundWasserhaltung4.2.1 DieantikenBachzuflüssezumRheinunddieörtliche(Brauch-) Wasserversorgung 4.2.2 DerHafenamantikenRheinundNeckarzufluss-Geophysik4.3 Siedlungshinweise4.3.1 Übersicht4.3.2 DersüdlicheBereicheinerangenommenenSiedlungskonzentration 4.3.3 DernördlicheBereicheinerangenommenenSiedlungskonzentration4.3.4 UngeklärteVerhältnisseineinemmittlerenBereich5 Diskussion6 SchlussfolgerungenLiteraturAnhang

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1 Einführung - Die bisherigen Kenntnisse und Vermutungen zur Lage vonRufinianaRufiniana (nicht zu verwechselnmit der gleichnamigen antiken Stadt inTunesien) istder Name eines Ortes am Oberrhein (Abb.1, Abb. 2), den der griechische Astronom,Mathematiker, Geograf und Philosoph Claudius Ptolemäus um 150 als Siedlung derNemeter in der römischen Provinz Germania superior erwähnt. Von den Historikernwird sie meist als eine römische Zollstation im Gebiet zwischen Speyer und Wormslokalisiert; frühe Überlegungen sind z.B. bei Zangemeister (1898) und Hildenbrand(1913)zufinden.

Abb.1.ÜbersichtskarteRufiniana(Pfeil).AlswahrscheinlichsterStandortgiltgegenwärtigdiepfälzischeStadtEisenberg(Abb.2;ca.20kmwsw'vonWorms),wovieleBefunde,unteranderemeineRömerstraße, eingewerblicherVicus(kleinstädtischeSiedlung)undneuereAusgrabungenaufeinestarkerömischePräsenzhinweisen.AuchdieEisengewinnungausErzenausdemPfälzerwaldistnachgewiesen.Einige Wissenschaftler lokalisieren Rufiniana aber im Ludwigshafener StadtteilRheingönheim, während es für eine vereinzelte Gleichsetzung mit dem elsässischenRouffach(deutschRufach)kaumBelegegibt.AucheinerechtsrheinischeLokalisierung

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bei Heidelberg-Neuenheim (Sprater 1952, Hommel 1954 [zitiert von Schleiermacher1955])wurdespäternichtweiterverfolgt.

Abb.2.LageplanfürdasvermuteteRufinianabeiMutterstadt.InderRegionzwischenWormsundSpeyerverbleibend,hatProf.Dr.HeinrichEyseleinin seiner Ortschronik vonMutterstadt die Existenz Rufinianas zum erstenMal in denBereich der Gemarkungsgrenze von Mutterstadt sowie von Ludwigshafen-Rheingönheimund-Maudachgelegt(Abb.2)(Eyselein1938).Erbeziehtsichauchaufdie Vermutung einer Lage im Bereich des Kastells Rheingönheim, hält diese fürungewissundsagtdazuinseiner2.OrtschronikvonMutterstadt(Eyselein1967),dassRufiniana "ebensogut eine der römischen Siedlungen auf Mutterstadter Boden gewesensein"könnte.DieVorstellungenvonProf.EyseleinwurdenvonMetzger (2019)erneutaufgegriffen, umfangreichen neuen Recherchen unterzogen, und werden in dennachfolgenden Ausführungen, die Mutterstadt als Nachfolgeort Rufinianas begreifen,wiederthematisiert.Wenn inden folgendenAusführungen regelmäßigderNameRufiniana zu lesen ist, sowird, um allzu oft die Ergänzungen vermutet, vorgeschlagen, postuliert usw. zuverwenden,deutlichgemacht,dasses sich, abgesehenvonFremdzitaten, stetsumdasRufinianahandelt, fürdessenExistenzundLageimRaumMutterstadthierderBeweisgeführtwerdensoll.

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2DieneuenUntersuchungen2.1VorbedingungenGrundlagederneuenVorstellungen zurLagevonRufiniana imRaumMutterstatt sinddreiwesentlicheundgrundsätzlicheGegebenheitenundBefundebzw.Postulate (Abb.3):a) der Kreuzungspunkt zweier bedeutender Römerstraßen bei Mutterstadt, derbekanntenNord-Süd-StreckeBasel -Nordsee (RömischeRheintalstraße, z.B.Bernhard2011) und der vermuteten und hier zu belegenden West-Ost-Strecke von AlsenbornnachLadenburgb) das Gewässernetz im Raum Mutterstadt als Vorbedingung für die Lage einerbedeutendenRömerstadtundihrerVersorgungmitreichlichBrauchwasser(vermutlichwenigermitTrinkwasser,dasausBrunnengefördertwerdenkonnte).c) ein nahegelegener Hafen am damaligen Rheinverlauf fürWarenumschlag zwischenLand-undWasserweg.

Abb.3.SchematischeKartederdreiSchlüssel-SachverhaltezurLagevonRufiniana:Kreuzung(a),Fließgewässer(b)undHafen(c).2.2Literatur-RechercheEinwesentlicherTeilderBefundezurLokalisierungvonRufinianabeiMutterstadtbautaufdenAusführungenvonProf.Eyselein in seinenOrtschronikenvonMutterstadtauf(Eyselein 1938, 1967). In einer kurzen Aufreihung der römischen historischenZeitmarken von 55 v.Chr. (linksrheinische germanische Stämme geraten unter dieHerrschaft Roms), bis 406 (rechtsrheinische Grenze des römischen Reiches), um 10v.Chr. Errichtung von 50 Kastellen am Rhein, 41-50 (Kaiser Claudius, Valentianus)Vergrößerung des Kastells Speyer sowie die Anlage eines neuen Kastells zwischenRheingönheimundAltrip (z.B. Schneider2018)erwähntEyselein zumerstenMaldenNamenRufinianaundvermutetdiesesKastellalsdenvonPtolemäuserwähntenOrtamRhein.Später(Eyselein1967)fälltdanndasbereitsobengenannteZitat,dassRufiniana"ebensoguteinederrömischenSiedlungenaufMutterstadterBodengewesensein"könnte.

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Angesprochen von Eyselein (1938)wird auch die Anlage (durch Claudius) der Nord-Süd-StreckeBasel -Nordsee (RömischeRheintalstraße), die inTeilbereichen auchdieöstlicheGemarkungsgrenzevonMutterstadtbildet.Beschriebenwird-hierimHinblickauf die geophysikalischen Messungen angemerkt - der bei Erdarbeiten festgestelltekiesige Unterbau der Straße und ihre teilweise Zerstörung. Einmit Kies durchsetzterGeländerücken, der abschnittsweise noch heute zu identifizieren ist, wird ebenfallserwähnt,wieaucheineFortsetzungvomWasserwerkinRichtungFrankenthal.Aufgezählt von Eyselein werden reichhaltige römische Funde im Bereich derRömerstraße, aber auch abseits, die laut Eyselein beweisen, dass zur Zeit derRömerherrschaftinderGemarkungMutterstadtSiedlungenbestanden.Speziellgenanntwird eine Ansiedlung zur Römerzeit auf der kleinen Anhöhe vor der Unterpforte. Alsbeachtenswert erwähnt Eyselein, dass sämtliche Funde der Römerzeit (bis zur Zeit1938) allein östlich und nördlich von Mutterstadt gemacht wurden. Grund war derSumpfwald,dasLachengebiet.Diesesgingabvonder"DannstadterHöhe"undzogsich,bezogenaufdieheutigeMutterstadterGemarkung,nachOstenhin,bisunmittelbarandieRufiniana-Straße,welche,wienachfolgendausführlich abgehandelt,Alsenborn, viaBadDürkheim,mitLadenburgverband.

Abb. 4. Lage des vermuteten Rufiniana im Rahmen der Römerfunde, -straßen und -siedlungenzwischen Rhein und Haardtgebirge. Kartenunterlage vereinfacht und verändert: Stadt-MuseumBadDürkheim.WiederheutearchäologischeBefundderRömerzeitinderhierinteressierendenRegionkartiert ist, zeigt Abb. 4 für nachgewiesene und vermutete Siedlungen undRömerstraßen. ImRahmender neuenModellvorstellung zur Lage vonRufinianawirddieseKartederArchäologennocheineRollespielen.

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3 Geländebefunde3.1 DasDigitaleGeländemodellDasDigitaleGeländemodell(DGM1)beschreibtdieGeländeoberflächemitDatensätzeneinesdreidimensionalenKoordinatensystemsmitRechts (X)-undHochwerten(Y)derüblichen Gauß-Krüger- oder UTM-Netze bzw. von geographischer Länge und Breite,sowiederGeländehöhe(Z)überNHNanregelmäßigenGitterpunkten.

Abb.5.DasDigitaleGeländemodellDGM1fürdieGemarkungMutterstadtinFormdesschattiertenReliefs ("Schummerung"). UTM-Koordinaten. Quelle: Landesamt für Vermessung undGeobasisinformationRheinland-Pfalz.DieDatenwerdenaus einerBefliegungmit einemLaser-Scanning (LIDAR)gewonnen,wobei durch ein Datenprozessing alle Gebäude und die Vegetation herausgerechnetwerden,sodassdasDGMselbstinWaldgebietendieOberflächedesBodenssehrgenauwiedergibt. Die Datensatz-Benennung DGM 1 bezieht sich auf die Gitterweite derPunktraster 1 m x 1 m, wobei die Lagegenauigkeit der Punkte ca. + 0,5 m bei einerHöhengenauigkeitbesserals+0,2mist.

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DieOriginaldatendesDGM1wurdenfürdieseArbeitvomLandesamtfürVermessungundGeobasisinformationRheinland-PfalzfürdiegesamteGemarkungMutterstadtnebstRandbereichen erworben, einer Generalübersicht unterzogen (Abb. 5) und inEinzelbereichen bereits analysiert, worauf später noch eingegangen wird. Hier wirdausschnittsweiseeinederMöglichkeitengezeigt,welchesRepertoiredasDGM1ansehrdetailliertenundpräzisenGeländeanalysenbereithält(Abb.6).

Abb. 6. Beispiel-Ausschnitt des DGM 1 aus der Gemarkung Mutterstadt. Links: Topographie,Abstand der Höhenlinien 10 cm. Rechts: Schattiertes Relief derselben Fläche. Man beachte dasregelmäßige Muster (WSW - ENE) auf der nördlichen Ackerfläche mit einem Abstand derminimalen Bodenwellen von ca. 10m. Ein zweites, schwächeres System (SSW - NNE) paust sichebenfallsdurch.Wölbäcker(?)unbekannterZeitstellung.3.2GeophysikalischeMessungen-Bodenradar,Impuls-Elektromagnetik,Geomagnetik 3.2.1ÜberblickGeophysikalische Messungen gehören heute zum Standard fortschrittlicherarchäologischerErkundungen. SolcheUntersuchungenwurdennachvorangegangenenProbemessungen systematisch mit drei verschiedenen, einander ergänzendenMessverfahren(Abb.7)inausgewählten,derhiereinschlägigenThematikzugeordnetenArealen durchgeführt. Nach den hier zunächst allgemein und sehr kurz vorgestelltenVerfahren,wirdaufkonkreteErgebnisseindennachfolgendenKapitelneingegangen.Bei den Darstellungen der Messfelder und den Geländemessungen ist als wesentlichanzumerken, dass es sich bei den hier vorgelegten Resultaten weitestgehend umTestmessungen in den verschiedenen Bereichen des vermuteten Rufiniana-Arealshandelt, was sich in den für archäologische Zwecke meist ungünstig großenProfilabständenvon3 -5mausdrückt. WährenddieMessungentlangderProfilebeidigitalen Abtastraten (sampling rate) von 3 cm (Bodenradar) und 5 cm (bei Impuls-ElektromagnetikundGeomagnetik) liegtundeineextremeAuflösung liefert, bestehenverständlicherweise zwischen Profilen im Meterabstand erheblich Auflösungslücken.

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Das hat auch zur Folge, dass in den flächigen Iso-Darstellungen dieInterpolationsprozesse zu unnatürlich gelängten Anomalien senkrecht zu denProfilrichtungenführen-einwohlbekannterEffekt.

Abb. 7. Im Projekt Mutterstadt eingesetzte Messsysteme (von links): Bodenradar (TransientTechnologies VIY3-300, 300 MHz-Antenne), Impuls-Elektromagnetik (EBINGER UPEX 740 M),Geomagnetik(GradiometerEBINGERMAGNEX100BmitEDADDigitalsystem).3.2.2Bodenradar.VoneinerSendeantenne(Abb.7)werdenRadarwellenausgesendet,dieanStörkörpernoderSchichtgrenzen reflektiertundmit einerEmpfangsantennewiederaufgenommenwerden. Es können dabei Frequenzen zwischen 20 MHz und 1000 MHz verwendetwerden,wobei bei größeren Frequenzen eine höhereAuflösung bei einer niedrigerenEindringtiefegegebenist.DieVerwendungniedrigererFrequenzenerlaubteinegrößereEindringtiefe, die Auflösungsgenauigkeit hingegen reduziert sich entsprechend. DieDarstellung der Messdaten erfolgt in sogenannten Radargrammen in denen diereflektiertenSignale inAbhängigkeitvonderLaufzeit (inNanosekunden,ns)bzw.derTiefe(m)aufeinemProfilschnittdargestelltwerden(Abb.8).DieGrößederAmplitudenwirdineinerFarbstufenzuordnungwiedergegeben.

Abb.8.Beispiel-RadargrammausdemMessarealMutterstadt.Fürdiestarken,teilweiseabruptendendenReflektivitätenkönnengeologischeUrsachenausgeschlossenwerden.DieAnnahmeanthropogenerKonstrukteistzwingend.

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3.2.3Impulselektromagnetik.Die Impulselektromagnetik(oder transienteElektromagnetik,TDEM) isteinTeilgebietder Geoelektrik, bei der die elektrischen Leitfähigkeitsverteilungen im Untergrundermittelt werden. Dazu werden über eine stromdurchflossene Sendeschleife (Abb. 7,Mitte) magnetische Impulse in den Untergrund geschickt. Sie erzeugen dortInduktionsströme, die sich entsprechend gut- und schlechtleitender MaterialienausbreitenunddiewiederummitnachobengreifendenMagnetfeld-Impulsenverknüpftsind. Sie werden von der nun als Empfänger arbeitenden Schleife (auf demkontinuierlich geführten Schlitten - Abb. 7) aufgenommen und in eine elektrischeInduktionsspannung umgewandelt, die die erwünschte Messgröße darstellt. Inelektrisch gut leitenden Objekten oder geologischen Schichten werden starke Strömeinduziert, deren starkes, sekundäres Magnetfeld in der Schleife starkeInduktionsspannungenalsmerklicheAnomalienhervorrufenkann(Abb.9).

Abb.9.BeispielflächeimpulselektromagnetischerSondierungen(100µsDelay-Zeit)imMessarealMutterstadt. In der unteren linken Hälfte deutet die scharf abgesetzte geometrische, ca. 15 mbreite Struktur mit begleitenden kleineren Anomalien auf einen anthropogenen Ursprung.Dasselbe gilt für die vielen noch schärfer abgegrenzten kleineren, positiven Anomalien mitDimensionenwenigerMeter,wobei zu bedenken ist, dass die Längung in horizontaler Richtungmeist, aber nicht immer, durch den Interpolationsprozess mit sehr kleinen Abtastraten aufweitabständigenProfilenbewirktwird-einbekannterEffekt.MehrzudenAnomalienimText.

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3.2.4Magnetfeldmessungen(Geomagnetik).Magnetfeldmessungen haben als Grundlage die Eigenschaft der Materie, imErdmagnetfeld durch einen Induktionsprozessmagnetisch zuwerden. Bei definiertenKörpernkannmansichvorstellen,dass sie selbst zueinemMagnetenwerden,dessenMagnetfeldsichdemnormalen,ungestörtenErdmagnetfeldüberlagert.BeidenmeistenStoffenistdieserinduzierteMagnetismussehrschwachundnurmitsehrempfindlichenMessgerätennachweisbar. Sehr viel stärker kannerbeiEisenundStahlwerden, aberauch einigeMinerale können eine starkeMagnetisierung besitzen,was vor allem denMagnetismus von Gesteinen bewirkt. Auch gebrannte Keramik kann durch denBrennprozessdesTons sehrhäufig starkmagnetisch sein. In jüngererZeithaben sichMessungenmitsogenanntenGradiometerndurchgesetzt.MitGerätendesFluxgate-Typskönnen die Messungen kontinuierlich im Fußgängertempo bei digitalerMesswertregistrierungdurchgeführtwerden (Abb. 7, rechts). WerdendieMessungenaufgleichabständigenProfilengemacht,konstruiertderComputerflächigeVerteilungenmagnetischerAnomalien,dieEinzelobjektenoderBodenstrukturenzugeordnetwerdenkönnen(Abb.10).

Abb. 10. Beispielfläche der Geomagnetik im Messareal Mutterstadt mit zahllosen scharfbegrenztenpositivenAnomalienineineminsgesamtmagnetischunruhigenFeld.ZurLängungderAnomalien gilt das zuvor bei Abb. 9 Gesagte, wobei ihr Charakter und die flächige VerteilungGemeinsamkeitenaufweisen.AuchhiermehrdazuinAbb.11undimText.

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Abb.11.DirekteGegenüberstellungderMagnetfeldmessungundder ImpulselektromagnetikaufdemselbenFlächenabschnitt ausdenAbb.9und10.Manbeachtedas teilweiseZusammenfallenderetwagleichgroßenAnomalienbeiallerdingsstarkschwankendenrelativenAmplituden.MehrdazuimText.Eine Besonderheit hat sich bei den geophysikalischen Messungen mit dem ZielarchäologischerErkundungenimArealMutterstadtherausgestellt.EsistdieinAbb.11exemplarischgezeigteteilweiseguteKorrespondenzderMagnetfeldmessungenmitdenRegistrierungender Impulselektromagnetik.Das istnichtgrundsätzlichungewöhnlich,wennmanbedenkt,dasseisenmetallischeObjekte inderRegel starkmagnetisch sind,andererseits aber auch starke Induktionswirkungen verursachen können. Verwirrendsind in diesem Zusammenhang die starken positiven elektromagnetischen Anomalien(Abb. 11, rechts), die man gerne metallischen (eisenmetallischen odernichteisenmetallischen)Objektenzuordnenmöchte.DieFragenachderArtderObjekteimUntergrund,dienachderAnmerkungzuAbb.9teilweisebiszueinigenMeternGrößedimensioniert seinmüssen, stellt sich nach denMessungen auf einem ganz normalenAcker ohne weitere besondere Oberflächenmerkmale. Regelmäßige Konstrukte wieLeitungenausGusseisenkommennicht inFrage,wobeiwegenderKorrespondenzderbeiden geophysikalischen Felder eine eisenmetallische Komponente nach wie vorüberlegenswertseinmuss.Eine möglicherweise plausiblere Lösung drängt sich im Hinblick auf Römer-Hinterlassenschaften auf. Gesteinsmagnetische Untersuchungen an vom Ackeraufgelesenen Ziegelbruchstücken (Abb. 12) belegen einen starken Magnetismus, derbekanntermaßen beim Brennprozess des Tonmaterials durch Neubildung starkmagnetischerMinerale(z.B.Magnetit)entstehenkann-abernichtmuss.DasBesonderean diesen Ziegelbruchstücken ist ihre Reaktion auf impulselektromagnetische Geräte,dieeinescheinbarstarkemetallischeLeitfähigkeitanzeigen,dienatürlichnichtgegebenist, aber eine Folge eines ganz speziellen Magnetismus ist. DieserSuperparamagnetismus,deranMikro-undNanopartikelimMaterialgebundenist,lässtMetallsuchgerätenachdemImpuls-PrinzipwiebeimetallischenObjektenreagieren.Deshalb wird hier postuliert, dass viele der isoliert auftretenden starkenimpulselektromagnetischenAnomalienkeineReaktionaufMetalleimUntergrundsind,

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sondern gebrannte Keramik (z.B. kleinere Bauten oder generell Anreicherungen vonZiegeln)anzeigen.VonderDimensionherkönntendafürrömischeHeizungsbauten,wiesieEyselein (1938)ausdemMutterstadterRaumerwähnt,BrunnenanlagenoderaberauchZiegeleibrennöfeninFragekommen.OhneGrabungsbefundemussdieseAnnahmeunbeantwortetbleiben;inspäterenKapitelnwirddasabernocheinmalthematisiert.

Abb.12.RömischeZiegelbruchstückeauseinembekanntenFeldreichlicherOberflächenfundeimMessareal Mutterstadt. Gesteinsmagnetische Messungen an den Proben zeigen starkeMagnetisierung mit einem offensichtlich erheblichen Anteil von Superparamagnetismus. SiehedazudenText.3.2.5UmfangderMessungenAusdenbisherigenÜberlegungenzurLageundAusbreitungdesvermutetenRufinianaheraus wurden die geophysikalischen Messungen für drei Bereiche projektiert unddurchgeführt (Abb. 13). Im Bereich am vermuteten Straßenkreuz wurden auf einerFläche von 100 m x 100 m Bodenradar-Messungen sowie Messungen der Impuls-ElektromagnetikundderGeomagnetikdurchgeführt.IneinemmittlerenBereichwurdeeine Fläche der Größe 100 m x 30 m mit denselben Verfahren vermessen und zweiRadar-Profile von 200 m Länge über die Römerstraße geführt. Beim vermutetenBootshafen wurde im Anschluss an den Geländeabbruch zum Maudacher Bruch eineMessfläche für das Bodenradar von 100m x 100m bei einemProfilabstand von 4mgelegt.AufderselbenFlächewurdenMessungenderImpuls-ElektromagnetikmiteinerAbklingzeit(Delay)von200µsdurchgeführt.ZusätzlichwurdenaufeinerTeilflächederGröße50mx60mMagnetfeldmessungenundMessungenderImpuls-ElektromagnetikbeieinerDelay-Zeitvon100µsvorgenommen.Dabeiistanzumerken.dassbeilängerenDelay-Zeiten Informationen schwerpunktmäßig über größere Tiefenbereiche erzieltwerden, wobei kleinstückigere Objekte in ihrer Wirkung unterdrückt werden.UmgekehrtistesbeikurzenDelayzeiten.

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Abb.13.DieMessarealederGeophysik.4 DasneueModellzurLagevonRufinianabeiMutterstadt4.1 DieStraßenDasneuhiervorgestellteModellzurLagederrömischenStadtRufinianabeiMutterstadtspannt im Prinzip die Region zwischenWorms und Speyer sowie schwerpunktmäßigzwischenAlsenborn(Kaiserslautern)undLadenburgauf(Abb.3,Abb.14).Dabeispielendie Straßen-Magistralen Nord-Süd (die bekannte, an Mutterstadt vorbeiführendeRheintal-Römerstraße) und die hier postulierte undRufiniana-Straße benannteWest-Ost-Magistrale mit einer Kreuzung im Untersuchungsraum Mutterstadt, beideeingebunden in ein weitgespanntes überregionales und länderübergreifendesVerkehrsnetz,eineentscheidendeRolle(Abb.14)(sieheauchRöschundRösch2010).NachfolgendwerdenfürEinzelabschnittedieserWest-Ost-Straßenmagistrale,Alsenborn-BadDürkheim(Abb.15),derAbschnittumBadDürkheim/VillaRusticaWachenheim(Abb. 16), die StreckeVillaRustica -Mutterstadt (Abb. 17, 18), derKreuzungsbereich(Abb.19-22)sowiederrechtsrheinischeAbschnittMutterstadt-Ladenburg(Abb.23)inBildundWortabgehandelt.

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Abb.14.RömischerVerkehrsknoten-BereichKaiserslautern-Enkenbach-Alsenborn(K-E-A)als"Zubringer"zurWest-Ost-MagistralederimArtikelabgehandeltenRufiniana-Straße(blau).IndenfolgendenAbbildungenfindensichimDetaildieResultatederneuenRecherchezurRömerstadtRufiniana,inderdieMagistraleeinewesentlicheRollespielt.

Abb.15.1.Jh.:TeilstückAlsenborn-VillaRusticaWachenheimderfavorisiertenrömischenWest-Ost-MagistralevomVerkehrsknoten-BereichKaiserslautern-Enkenbach-AlsenbornüberRufiniananachLadenburg.AusgrabungenbelegeneinrömischesStraßenkreuzbeiLambertskreuz,dasvoneinerBergfestung(Drachenfels)überwachtwurde.

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DieTeilstreckeAlsenborn-BadDürkheim.-DievermuteteausgewieseneStreckevonAlsenborn zum Verkehrsknoten Lambertskreuz durchquert die Haardt-Höhe talfrei(vergl. die Schummerungs-Morphologie in Abb. 15) und ermöglicht bei durchgehendsehr geringen Wegstrecken-Steigungen Ochsengespann-Schwerlasttransporte miterheblicherZeitersparnisaufdenStreckenTrier -Alsenborn -BadDürkheim-Speyerbzw. Bad Dürkheim - Rufiniana - Ladenburg. Ein denkbarer direkter Weg ohneSteigungenvomFrankenheimerStichnachBadDürkheimimTalderIsennach(entlangder heutigen B 37) kam nicht in Frage, da im Regelfall alle Täler in der Römerzeitständigen Wetterkatastrophen ausgesetzt und wegen Fels- und Baumabstürzenunpassierbarwaren.DerRegelfallwarendeshalbHöhen-oderHangstraßen.

Abb. 16. 1. Jh.: Karte der römischen Infrastruktur bei Bad Dürkheim (KartenunterlageOpenTopoMap).AngenommeneVerkehrskreuzeAmtsgericht-Vorplatz,VillaRusticaWachenheimundBrunhildisstuhl-VerladestationfürdenSteinbruch-Abwurfbereich.BadDürkheim-Wachenheim,VillaRustica. -AmAmtsgericht-Vorplatzkreuzensichdie amtliche Nord-Süd-Straße und die amtlicherseits vermutete Römerstraße nachMutterstadt sowie die hier im Artikel angenommene Verlängerung der Alsenborn-MagistralenachSpeyerundMutterstadt(Rufiniana).EingebundenindieGraphikisthierdie postulierte wichtige Land-/Wasser-Verladestation für den Brunhildisstuhl-Steinbruch

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Abb. 17. 1. Jh., Recherche: Straßennetz, amtlich und - abweichend - vermutet (dieser Artikel)zwischenVerkehrsknotenBadDürkheim/VillaRusticaundRufinianamitdemnördlichenRhein-Anlandeplatz (Wasserwerk-Vicus). Mehr dazu im Text. Kartengrundlage: vereinfacht undverändert, StadtmuseumBadDürkheim. 1. Zur besserenOrientierung ist dasBachnetzmit demkünstlichgeschaffenenFloßbachnachheutigemVerlaufeingezeichnet(siehedazuAbb.25).

Abb.18.Recherche:Rufiniana (ab10, spätestensab70)undsiebenVicialsFolgesiedlungendesKelten-Oppidum der Mediomatriker "Auf dem Limburg". Die Römerstraßen (rot) warenertüchtigte Keltenwege. Die Rufiniana-Kreuzung (siehe auch Abb. 17) ist ein grundlegendesMerkmaldieservorgelegtenRecherche.MehrzudenWasserwegenimAbschnitt4.2.

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Villa Rustica - Mutterstadt (Rufiniana). - Amtlich vermutet (Abb.17) wird einerömische Streckenführung von Bad Dürkheim, die sich am Medardusbuckel-Vicus ineinenöstlichenundeinensüdöstlichenZweigteilt.DieserStreckenführungfolgenauchdieAnnahmenindiesemArtikel,wasdieGraphikinAbb.18detaillierterzeigt.Danachwendet sich der östliche Zweig direkt zum hier postulierten römischen Rhein-Bootshafen, der südöstliche Zweig zumRufiniana-Kreuz,was beides in nachfolgendenAbschnittenausführlichererörtertwird.Die Rufiniana-Kreuzung, - Die bisher in ihrer genauen Lokalisierung unbekannteStraßenkreuzungwird in der Schummerungskarte des Digitalen Geländemodells sehrpräzisedargestellt(Abb.19).DasgiltgenausofürdenVerlaufderWest-Ost-Magistralevom Kreuz über den Friedhofshügel mit den reichhaltigen Ausgrabungen römischerArtefaktedurchMutterstadthindurchinRichtungMedardusbuckel(Abb.20).

Abb.19.DieRömerstraßeWorms-SpeyerunddieKreuzungmitderRufiniana-StraßeimDigitalenGeländemodellDGM1.

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Abb.20.ImDigitalenGeländemodellgutzuverfolgen:dievermuteteWest-Ost-RömerstraßevomKreuzüberdenFriedhofshügel-VicusunddenMedardusbuckel-VicusRichtungAlsenborn.Das Bodenradar über der Römerstraße. - Aufschlussreich ist ein Blick mit demBodenradarindenUntergrundderRömerstraße(Abb.21,22).VorläufigeAuswertung,bei der auch noch die Berücksichtigung der Gelände-Morphologie fehlt. Die starkenReflexionen in der Straßenmitte (Abb. 21) mögen mit der Straßenkonstruktionzusammenhängen. Die blockartigen Einzelreflexionen am rechten Rand desRadargramms könnten zu denselben Objekten gehören, die auch in der Geomagnetikund der Impuls-Elektromagnetik zu sehen sind (Abb. 11). Mehr zu dengeophysikalischenMessungenamStraßenkreuzsteht imAbschnitt4.3.1.EinVergleichmit einem Bodenradarprofil über die Rheintal-Römerstraße bei Maudach zeigt einenstarkabweichendenAufbau,wasauchmitdemDGM1vermitteltwird.

Abb.21.EinAbschnittderRömerstraßeimBildderBodenradar-Messungen.

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Abb. 22. LängeresBodenradar-Profil über dieRömerstraße nordwestlich vonMaudach (Lage inAbb.13).EinebreitereDoppelstrukturineineminsgesamtsehrkomplexenAufbauscheintsichimRadargramm anzudeuten. Ein Zusammenhang mit einer Straßenverbreiterung im DigitalenGeländemodel imBereichderProfil-Querung (markierteHöhenlinien)könntebestehen.Es fälltauf, dass der Straßenunterbau offenbar bis in mindestens 5 m Tiefe reicht., was auch für dieStraßenkreuzunginAbb.20gilt.ZumAufbauderRheintal-RömerstraßeimBereichMutterstadtistanzumerken,dasbeikeinemdermitdemBodenradaraufgenommenenQuerschnitte(z.B.Abb.21,Abb.22)nochderursprünglicheZustand,auchnichtinRelikten.angetroffenwurde.Dazufehlenim Radarbild die zu erwartenden ausgeprägten Reflektoren der in der LiteraturbeschriebenentypischenSchichtungskörpereinesfestenUnterbaus.Esistzuvermuten,dass bei Aufgabe der Straßenkörper die randlichen und tiefer liegendenSteinfundamenteausgegrabenundanderenBestimmungenzugeführtwurden.SoweitmitdenMessungenerfasst,bildensichindenRadargrammendiemorphologischvorallemimDGM1sichtbarenStraßenkörpersimUntergrundnuralsrelativschwachkonturierte, einige Meter in der Tiefe und über 30 m in der Breite messendeAufwölbungen ab, die allerdings generell bis in die Radar-Registriertiefe von 5 mhinuntereichen.Möglicherweise ist auf dieseWeise erreichtworden, dass imRheintalbeiMutterstadt die Straße hochwassergeschützt, stabil im Untergrund verankert undbeiallenWetterlagenpassierbarblieb.DierechtsrheinischeStreckederRufiniana-Straße.-DieFortsetzungderRufiniana-StraßevonMutterstadtüberdenRheinnachLadenburgwird inRichtungAltripbeimheutigen Neckar-Zufluss angenommen (Abb. 23). Bei Altrip wird auch ein zweiterantiker Rufiniana-Bootshafen am Rhein angenommen, der bisher nicht nachgewiesenwerdenkonnte,

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Abb. 23. Die rechtsrheinische Rufiniana-Straße Rufiniana - Altrip - Ladenburg im Verbund mitüberregionalenRömerstraßen.TeilweiseKartengrundlage:Lobdengau-MuseumLadenburg.4.2 DieWasserwegeundWasserhaltung4.2.1 Die antiken Bachzuflüsse zum Rhein und die örtliche (Brauch-)WasserversorgungImWissenvonderKreuzungzweierrömischerFernstraßenaufderGemarkungsgrenzevon Ludwigshafen-Rheingönheim und Mutterstadt wurde an diesem geografischenPunkt eine Ansiedlung vermutet. Deren Wasserversorgung (Brauchwasser, eventuellauch Trinkwasser, das vermutlich eher aus Brunnen gefördert wurde) durch einFließgewässer wurde gemäß der Mutterstadter Ortschronik (Eyselein 1938) alszwingend durch die vom Haardtgebirge kommenden, von Westen nach Ostenverlaufenden Lachgraben, Marlach, Stechgraben und Schwabenbach erkannt. 1742wurde ihr Lauf zum Rhein hin unterbrochen und ihr Wasser in einen sich im Baubefindlichen Kanal eingeleitet (Abb. 24). Dieser Kanal erhielt den Namen Floßbach,dessen Quelle erfunden wurde. Dass es ein künstlicher Wasserlauf war, geriet inVergessenheit,wird aber in der neuenOrtschronik der GemeindeMutterstadt (2017)wieder angesprochen. Der Einfachheit und Übersichtlichkeit halber werden in denweiteren Graphiken (Abb. 25-27) und ihren Bildunterschriften weitere bedeutsame

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Befunde und Deutungen zur örtlichen Wasserversorgung einer größeren Rufiniana-Siedlunggebracht.Möglicherweise weitere wichtige Befunde zum Beleg einer Römerstadt Rufiniana beiMutterstadt haben Digitales Geländemodell und Geophysik im Hinblick auf eineunbedingt notwendige Wasserversorgung beigebracht, was gesondert in denAbschnitten4.3.2und4.3.4angesprochenwird.

Abb.24.KartemitdenrekonstruiertenBachverläufenzurRömerzeit.1742wurdezwischenderIsenach und dem Rehbach ein Kanal, der dann sogenannte "Floßbach", gegraben, der dieWasserzufuhr von Schwabenbach, Stechgraben, Marlach und Lachgraben zum Rhein abschnitt.,wasauchzurVerlandungdesHesse-SeesunddesMutterstadterDorfgrabensalsSchutzgewässerführte(sieheAbb.26).IndenheutegültigenarchäologischenKartenwirdderKanalalsBachmitdem Namen „Floßbach“ der Römerzeit ausgegeben, beispielsweise im Stadtmuseum BadDürkheim.

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Abb.25.DieWasserversorgung(Brauchwasser;TrinkwasservermutlicheherausBrunnen)zurRömerzeitfürdieViciunddiemittlerenundsüdlichenBereichevonRufinianadurchdieim18.Jh.blockiertenZuflüssevonStechgraben,MarlachundLachgraben.Grün:vermuteterRheinhafen.

Abb.26.AusderMutterstadterOrtschronik(1967):DasMutterstadterGrabensystem,dasim18.Jh.beiderAnlagedes"Floßbach"-Kanalsgründlichgestörtwurde.EineFortsetzungvonMarlachundStechgraben(Abb.25)istzuvermuten.

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Abb.27.DigitalesGeländemodellDGM1:HinweiseaufdieAnlageundNutzungvonBecken(darunterderHessesee)undZisternen,dievonMarlachundLachgrabengespeistwurden.DenQuerschnitteineskreisrundenBeckenszeigtdasuntereProfil.4.2.2 DerHafenamantikenRheinundNeckarzufluss-GeophysikDiebevorzugteLagevonRufinianaanderrömerzeitlichenEinmündungdesNeckar indenRhein(Eckoldt1983)alsbedeutenderWasserweg-Landweg-Knotenpunkt(Abb.28)leuchtet ganz entscheidend durch den vermuteten Rufiniana-Bootshafen ein, dessenExistenz durch die hier vorgelegten geophysikalischen Messungen eine erheblicheStützeerfährt. IndenAbb.29 -31zeigenLuftbildundDigitalesGeländemodellDGM1denBereich, der fürdieAnlage einesHafensbisher favorisiertwurdeund indemdieerstengeophysikalischenMessungendesBodenradar,derImpuls-Elektromagnetikundder Geomagnetik durchgeführt wurden. Dabei zeigt insbesondere das DGM mit derhochauflösen(10cmAbstandderHöhenlinien)TopographieStrukturenimMaudacherBruch,diemorphologischdurchausalsReliktealterHafenbeckeninterpretiertwerdenkönnen. Hier wird die Leistungsfähigkeit des DGM besonders deutlich, weil dieBodenstrukturenselbstinderdichtenWald-Vegetationerkanntwerden.

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Abb.28.DiebevorzugteLagevonRufinianaanderrömerzeitlichenEinmündungdesNeckarindenRhein als bedeutender Wasserweg-Landweg-Knotenpunkt mit dem vermuteten Rufiniana-Bootshafen.UnterVerwendungvonhttps://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Rhein_an_der_Neckarmuendung.png;AutorImmanuelGeil.UrsprungderKartesieheAnhang(3).DerhiereingefügteVerlaufdesStechgrabens(sieheAbb.24,25)solldeutlichmachen,dassdieHafenanlagezusätzlich eine kanalartigeVerbreiterung für einenmöglichenWassertransportweg vonWesteneinbezogenhabenkönnte.

Abb.29.LageplanderGeophysik(rot)amvermutetenRufinianaBootshafen(blau).Grau:vermutlichFindlingausRömer-Beton.GoogleEarth.

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Abb. 30. Digitales Geländemodell in einer 3D-Darstellung der Geländeoberfläche: Ein Abschnittdes Maudacher Bruchs mit dem Areal des vermuteten Rufiniana Bootshafens an diesemAltrheinarm(BlicknachSüden;sieheAbb.29).

Abb. 31. Digitales Geländemodell DGM 1: topographische Karte für das Areal des vermutetenRufiniana Bootshafens am Altrheinarm (heute:Maudacher Bruch). Abstand der Höhenlinien 10cm. Vorläufige Interpretation: Nach Westen aufgeweitetes Steilufer mit der Anlage vonHafenbecken, die durch nach Osten vorgetriebene Landungsstege getrennt sind. Rot:geophysikalischeMessungenmitHinweisenaufdievermuteteHafensiedlung(Abb.32-34).

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Eine starke Stütze erfährt die Existenz eines römischen Rufiniana-Bootshafens durchdie Messungen der Geophysik. Die relativ scharf begrenzten Reflexionsbänder hoherReflektivitäten des Bodenradar in Abb. 32 deuten zweifelsfrei auf anthropogeneStrukturen (Mauern,Fundamente?)bis ineineweitgehendeinheitlicheTiefevon3m.SchichtigeStrukturensindvielfachzubeobachten.

Abb. 32. Auswahl charakteristischer Bodenradar-Profile aus der Messfläche am vermutetenRufiniana-Bootshafen(mittlererBereich).AbstandderMessprofile4m.

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ImunterenRadargrammsindcharakteristischeReflexionsbändermarkiert,wiesie füreine flächige Darstellung der Strukturen in Abb. 33 und passend für die gesamteMessfläche in Abb. 34 übernommen sind. Zu bedenken ist dabei, dass diese Balken-Zuordnung eine starke Vereinfachung darstellt und eine scharfe Begrenzung derAbschnitte stark erhöhter Reflektivitäten kaum einmal gegeben ist. Die generelleVerteilungdieserElementeüberdieMessflächehinweg,diesichauchganzgrobanderMorphologieorientiert(Abb.34),trifftallerdingszu.Eine Höhenkorrektur der Radargramme wurde noch nicht vorgenommen. DerGeländeabfall entlang der Profile beträgt rund 2 m. Einige der einfallen ReflektorenwandernbeiBerücksichtigungmehroderwenigerindieHorizontale,andereversteilen.

Abb. 33. Die Messfläche der Bodenradar-Messungen am vermuteten Bootshafenmit einer ganzgrobenMarkierung(ausAbb.32)derReflexionsstrukturenaufdenMessprofilen.

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Abb. 34. Übertrag der Radar-Strukturen von Abb.33 in die topographische Karte des DGM1.AbstandderHöhenlinien10 cm. Eine ganz grobeAnpassungderVerteilungderRadar-Die aufderselbenMessflächemitStrukturenandasGeländescheintgegeben.Die auf derselben Messfläche bei einem Profilabstand von 5 m durchgeführtengeomagnetischen (auf reduzierter Fläche) und impuls-elektromagnetischenSondierungen bekräftigen die Annahme verbreitet anthropogener Untergrund-Strukturen,wobeieingedenkdervölligunterschiedlichenMessparameterauchandereStruktur-Elementedeutlichwerden.BeiderKartederMagnetfeld-Anomalien(Abb.35)istzunächsteinprofil-parallelesStreifenmusterzuberücksichtigen,dasabgesehenvomProfil x = 0 m, mit dem bereits im DGM 1 erkannten Streifenmuster in Abb. 6zusammenhängen dürfte. Dort wurde es bereits als ackerbauliches Merkmal z.B.mittelalterlicherWölbäckerangesprochen.DerroteStreifenerhöhterAmplitudendürfteeineAuswirkungderweg-parallelenGasleitungsein.Eine schon früher (Abb. 9, 10) diskutierte Längung vieler Anomalien hängt einerseitsmitderInterpolationderDatenbeigrößeremProfilabstandundkleinerAbtastrateaufdenProfilenzusammen,istindiesemFallabernichtdieeinzigeUrsache.DaszeigtdasFeld der aus den Daten berechneten gerichteten horizontalen Ableitung(Horizontalgradient, Abb. 36), das - als Nebeneffekt - das generelle Streifenmusterparallel zu den Profilen beseitigt, darüber hinaus aber auch senkrecht verlaufendeAnomaliengezieltverstärkt.DamitwirdinAbb.36deutlich,dasssichlangaushaltendestreifenförmige schmale magnetische Anomalien über mehrere Spuren hinweg

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schnurgeradeundbiszu50mLängeüberdasFeldinRichtungaufdieGeländekantedesMauracherBruchsziehen.

Abb.35.AnomaliendesVertikalgradientendererdmagnetischenVertikalkomponente.Messfläche=südöstlicherQuadrantdergesamtenGeophysik-Fläche(Abb.31).

Abb.36.KartedesberechnetengerichtetenHorizontalgradienten(Pfeilrichtung)derMagnetfeld-Messung von Abb. 35. Im Gradienten verschwindet das horizontale Streifenmuster, undsenkrechteStreichrichtungenwerdenbetont.KleinePfeilemarkierenschnurgeradeübermehrereSpurenhinwegverlaufendeAnomalien-Streifen.MehrdazuimText.

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Nimmt man als Ergänzung das Resultat der impulselektromagnetischen Messungenhinzu,dasfürdiegesamte100mx100mmessendeFlächevorliegt(Abb.37),verstärktsich das Bild der anomalen streifenförmigen Strukturelemente in Richtung auf dieAbbruchkante.AlsDeutungbietensichÜberresteausBautenan,diemitdenvermutetenHafenanlagen(Kaimauern?)undbegleitendenGebäudenzusammenhängenkönnen.DiemagnetischenStreifenanomalien könnten Mauerresten aus gebrannten Ziegeln zugeordnet werden,aberauchKonstrukteausrömischemBetonkommeninFrage.DerinAbb.29markierteBetonfindling an der Brücke über den Graben hat die typischen Merkmale einesrömischen Betons, und eine Messung mit dem Magnetometer zeigt eine deutlichmessbareMagnetisierung.InsgesamtscheinendiegeophysikalischenMessungenmitdreiverschiedenenVerfahreneine andere Deutung als eine sich über mindestens 100 m erstreckende menschlicherstellteAnlagenicht zuzulassen.DieResultate sprechen sehr stark fürdenNachweisdesvermutetenRufiniana-Bootshafens.

Abb.37.Karteder impuls-elektromagnetischenMessungenaufderGeophysik-Fläche(Delay100µs).AuchohneGradientenbildung,diewegendesnichtauftretendenStreifenmustersunnötigist,zeigen sich schmale, linienförmige Leitfähigkeitsstrukturen senkrecht zu den Messprofilen imleichtenHangfallen.MehrfachscheinenDoppelstrukturenmitca.5mBreiteaufzutreten.

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4.3 Siedlungshinweise4.3.1ÜbersichtEs ist die Regel in der Region, dass die Römersiedlungen auf den Keltensiedlungenbegründet wurden, so mit hoher Wahrscheinlichkeit auch auf der GemarkungMutterstadt. Deshalb ergibt sich einwesentlicherHinweis auf die Lage von RufinianadurchdieAusgrabungdergrößtenKeltensiedunginderPfalzimJahr1898imGewann"Auf demLimburg".Auf demhier auch so genanntenKelten-Oppidumdürfte dann, inunmittelbarerNähezumRufinianaBootshafen,auchdieRömer-FolgesiedlungdesVicus"Wasserwerk"entstandensein.DieKelten,undspäterdieRömer,siedeltendeshalb„Aufdem Limburg“, weil sich dort bis in das 6. Jh. das Rheinufer befand. Diese Situationermöglichteeszumeinen,perBootviaRheinundMoselnachTrieroder,zumanderenviaNeckarundKochernachSindringenandenLimeszugelangen.Nahmmaneinen28km langen Fußweg auf sich, konnteman via Neckar, Donau und SchwarzesMeermitdem Handels- oder Militär-Boot nach Konstantinopel (das frühere Byzantium)gelangen.

Abb.38.DigitalesGeländemodelDGM1(Schummerung)mitderLagederVici inderGemarkungMutterstadt.BenennunginAbb.23.DergelbePfeilweistaufeinArealderGeophysikunmittelbarparallelzurRheintal-Römerstraße(Abschnitt4.3.4),derweißePfeilaufdenKreuzungspunktderRömerstraßen.EsistnichtinjedemFallklar,obessichbeidenmarkiertenOrtenumViciodernurumVillaeRusticaegehandelthat.

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Weitere Römersiedlungenwerden auf der GemarkungMutterstadt angenommen, unddieLagederdurchFundeundAusgrabungenbelegtenbzw. angenommenenVici zeigtAbb.38(nachEyselein(1938,1967).ReichhaltigeneueAusgrabungsbefundesprechenfürdeninAbb.38besondersmarkiertenFriedhofshügel-Vicus.BeiderErweiterungdes„Neuen Friedhofs“ Ende des 20. Jh. wurden römische Artefakte in einer sehr großenAnzahlgefunden,sodasseineBergungvermiedenwurde.ManschüttetedenrelevantenBereich zu einem Hügel auf zu einer Höhe, sodass die Funktion, Bestattungenvornehmen zu können, erhalten blieb, ohne beim Aushub der Gräber auf römischeArtefaktezustoßen.SchraffiertinAbb.38sinddieBereicheNordundSüd,diedurchihreKonzentrationvonanthropogenen,geometrischgeprägtenBodenstrukturenauffallen(siehedieAbschnitte4.3.2und4.3.3).DieinAbb.38gezeigteLagederVici,diezusammenmitdenschraffiertenBereichendieExistenzderRömerstadtRufinianaalseinegrößereEinheitaneinemKreuzungspunktzweierRömerstraßenvermittelnkönnten,lädtzueinemVergleichmitderbedeutendenRömerstadtRegensburgein,wasdieAbb.39und40deutlichmachen.

Abb. 39. Zum Vergleich mit Rufiniana: die bedeutende Römerstadt Regensburg an der Donau;Beginnabetwa80n.Chr.ZuvormöglicherweiseeinKleinkastellunterKaiserClaudius.NachdemrömischenDonau-Hafen, den esmit Sicherheit gegebenhat, suchendieArchäologen in jüngsterZeitintensiv.KartestarkvereinfachtausBayerischeArchäologie,3/2019(rg).

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Abb. 40. Vergleich der Römerstadt Regensburg (von Abb. 39) mit Rufiniana (Abb. 18) etwa imselbenMaßstab. Außer der strategischwichtigen Lage an den großen Flüssenwürde Rufinianaauchgrößen-undaufbaumäßigindieselbe"Klasse"derRömerstädtepassen.4.3.2 Der südliche Bereich einer angenommenen Siedlungskonzentration (Abb.38)WährendnordöstlichdesStraßenkreuzeskeinesignifikantenAnomalienwederimDGM1, noch der Impuls-Elektromagnetik, noch der Geomagnetik für verborgeneSiedlungsrelikte sprechen (Messfläche inAbb.41eingezeichnet),mussdieFragenachsolchen Strukturen westlich des Kreuzes in Richtung Mutterstadt aus Sicht derGeophysikwegen dort fehlenderMessungen offenbleiben. Allerdings zeigt dasDGM1(Abb. 41) im südwestlichen Winkel der sich kreuzenden Straßen morphologischauffallende Geländestrukturen mit geometrischen, teilweise rechtwinkligen Formen,deren Ausrichtung einen deutlichen Winkel zu den heutigen Ackerbau-Richtungenbildet. Sich durchpausende Siedlungsstrukturen (Bebauung, Wasserversorgung)drängensichauf,wasimAnschlussandieGeophysikweiteruntenerörtertwird.Einmöglicherwichtiger Zusammenhangmit denErgebnissendesBodenradar auf derMessfläche,dievomStraßenkreuznahezuvollständigeingenommenwird(Abb.41).

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Abb.41.ImsüdwestlichenWinkel,dendiesichkreuzendenStraßenbilden,erkenntmanimDGM1 morphologisch auffallende Geländestrukturen mit geometrischen, teilweise rechtwinkligenFormen,derenAusrichtungeinendeutlichenWinkelzudenheutigenAckerbau-Richtungenbildet.Sich durchpausende Siedlungsstrukturen drängen sich auf. Die dortigen geophysikalischenMessungen(Abb.34A,B)wurdenindemmarkiertenQuadratdurchgeführt.Impuls-Elektromagnetik. - Die südliche Konzentration der Strukturen westlich vomStraßenkreuz sowie die Messfläche der Impuls-Elektromagnetik (Lage in Abb. 41)werdenInAbb.42zusammengestellt.

Abb.42.DasDGM1unddieMessflächederImpuls-Elektromagnetik(LageinAbb.41).DieextraalsgrößererAusschnittdargestellteauffälligeAnomaliemitrechtwinkligenStrukturenistalskleinesRechteckindieSchummerungskartedesDGM1übertragen,liegtgenauimKreuzungsbereichderbeiden Straßen und könnte den dort bereits vermuteten Militär-/Überwachungsstandort(Burgus?)aufzeigen.

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Klare anthropogene Strukturen in der Leitfähigkeitsverteilung sind stellvertretend alskleinesRechteck indieSchummerungskartedesDGM1eingezeichnet.Dort, genau imKreuzungsbereich der beiden Straßen., könnte die Geophysik den dort bereitsvermuteten Militär-/Überwachungsstandort aufzeigen, was die nachfolgenden Radar-Ergebnissezuuntermauern(möglicherweiseimwahrstenSinnedesWortes)scheinen.DieGeomagnetikbleibtdagegenunauffällig(hiernichtdargestellt).VondenMaßenundder Struktur her könnte es sich um die Überreste eines römischen Burgus handeln(sieheAbb.43).

Abb. 43. Rekonstruktionsversuch des spätrömischen Burgus von Goch-Aspergen und GrundrissdesBurgusvonFinningen(Donau).Quellen:WIKIMEDIACOMMONShttps://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/5e/Sp%C3%A4tr%C3%B6mischer_Burgus_in_Goch-Asperden_%28D%29.pngundhttps://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/1b/Burgus_Finningen_Neu-Ulm_Bayern.pngBodenradar. - Das Bodenradar mit den Radargrammen präsentiert eine völlig neueSituation, die dem Kreuzungspunkt, abgesehen von dem nach der GeoelektrikvermutetenBurgus,offenbareinebesondereBedeutungbeimisst.UnübersehbarindenRadar-Messungen,unddasüberdiegesamteMessflächehinweg,isteineklareschichtigeGliederungdesUntergrundesbisindieRegistriertiefevon5m.EineInterpretationdesRadarbefundesgrenztsehrklarvierverschiedeneHorizontegegeneinanderab,was inAbb.44und45deutlichgemachtwird.

Abb.44.RadargrammderMessflächeamKreuz:beispielhafteSchichtungdesUntergrundes

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Abb. 45. Das Radargramm aus Abb. 44 und ein Radargramm von derMitte derMessfläche amKreuz (Profilverlauf entlang der gelben Linien): beispielhafte Schichtung des Untergrundes, diesich nach Auswertung aller 26 Radargramme mehr oder weniger ähnlich über die gesamteMessflächeerstreckt.BesonderssignifikantsindStrukturenentlangderMessprofile,diemanvondenRadar-SignalenheralsZickzack-StruktureninAbwechslungmitLinear-Strukturenbezeichnenkann. Einzelelemente haben dabei meist eine Breite von grob 5 m, häufig aber auchdavonabweichend, schmäleroderbreiter (Abb.46).Signifikant istdarüberhinausdieBeobachtung, dass Zickzack- und Linear-Elemente ohne merkliche Energie-Abschwächung die gesamte Zeitskala von ca. 1,4 bis 3,5 m (Abb. 44, 45) nach unteneinnehmen. Der Versuch einer Erklärung ist modellhaft in Abb. 46 skizziert: DiezugehörigenReflexionenimZeitbereichzwischen1,4mund3,5mkommenvonseitlichversenkten positionierten Elementen mit relativ scharfer Untergrenze. Sie bilden mitderRichtungderRadar-SpureinengeringenWinkelvonetwa10°oderetwasweniger,wasausderzeitlichenVerzögerung indenZick-Zack-ElementenundderRadarwellen-Geschwindigkeit abgeleitetwerdenkann.DiemehroderwenigerkonstantbleibendenAmplituden in den Reflexionsbändern, können vermutlich mit der Ausbreitungsogenannter Stoneley-Wellen erklärt werden, die sich entlang von Grenzflächenzwischen unterschiedlichen Materialien ausbreiten. Im Abschnitt 4.3.4 treten dieseWellenoffenbarauchineinemanderenZusammenhangauf,wasgenauerimAnhang(1)erläutertwird.DaswenigeinheitlicheBilderdieserungewöhnlichenReflexionsbänderüber die Messfläche hinweg hängt dann sicherlich mit komplexen geometrischenStrukturen in der Untergrundpositionierung zusammen, was natürlich auch dasErgebnis unterschiedlicher Orientierungen der parallelen Radar-Profile in Bezug aufRestebisherunbekannter,vermuteterBauwerkeimUntergrundseinkann.

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Abb.46.Oben:VergrößerterRadargramm-Ausschnittmit charakteristischenReflexionsbändern.Unten: Modellvorstellung zur Entstehung der Radargramme auf der Messfläche über demStraßenkreuz.ErläuterungenzumPhänomenderStoneley-WellenstehenimAnhang(1).Bei diesem Erklärungsversuch muss es hier vorerst bleiben, wobei nur eine sehrpauschale Deutung möglich ist. Offenbar besteht der gesamte Untergrund imKreuzungsbereich, der die 100 m x 100 m-Messfläche nach dem DGM 1 nahezuvollständig einnimmt, aus einem mindestens 5 m mächtigen, weitgehend horizontalgeschichtetenAufbau.Beidenunterstenerfassten3,5mdürfteessichumeinganzgrobgeschichtetes, sehr grobes Steinmaterial als Fundament für einen stabilenUntergrundhandeln. Es drängt sich die Vermutung auf, dass dieses Material auf einerWest-Ost-MagistralevomSteinbruchBadDürkheimaufdemLand-und/oderWasserweghierhergeschafft wurde. Dieser Unterbau diente dann, eingeebnet, als Basis für Konstruktespezieller Geometrien für einen einheitlich stabilen Kreuzungsbereich und/oder dieErrichtungvonGebäuden(derBurgus?)undBefestigungsanlageneinesKleinst-Kastells.Sicherlich sind weitreichendere Interpretationen möglich, wenn von dem jetztpraktiziertenrelativgroßenProfilabstandderGeophysikvon4mzusehrvielengerenMessabständenübergegangenwird.

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Mögliche Wasserversorgung. - Geht man im Digitalen Geländemodell von derDarstellung als schattiertesRelief (westlicheHälfte vonAbb. 42) zurDarstellungderHöhenlinieneinertopographischenKarte(Abb.47/Abb.27,AbstandderLinienhier10cm),sowerdenStrukturenvielschärferalsinderSchummerungskartekonturiert.DabeibekommtderheuteverlandeteHessesee,derinVerbindungmitdemLachgrabenschonzuvor(Abb.24,Abb.25)imRahmenderRufiniana-Wasserversorgungdiskutiertwurde,Gesellschaft durch auffällige, teilweise kreisrunde Depressionen mit angedeutetenUmwallungen, die hier als mögliche Bestandteile weiterer Brauchwasser-Reservoirs(zusammenmit der Speisung durch dieMarlach) hier amRande der sich nach SüdenausdehnendenRufiniana-Besiedlungangesehenwerdenkönnten.VerfolgtmandenschraffiertenSüd-BereichinAbb.38nachNorden,soziehtersichbisandenFriedhofshügelheran,dervonderhiersogenanntenRufiniana-Straße(dieWest-Ost-MagistralenachAlsenborn)gequertwird(Abb.21).StraßenverbindungenindiesemBereichvonderHessesee-SenkebiszumFriedhofshügeldeutensichimDGM1anundvergrößern einen vielleicht geschlossenen Bereich im weiteren Umfeld desStraßenkreuzesunddiemöglicheBedeutungeinerRufiniana-Großsiedlung.

Abb. 47. Noch einmal das Digitale Geländemodell DGM1 von Abb. 27: Gut zu den hierangenommenenSiedlungsstrukturenpassendieHinweiseaufdieAnlageundNutzungvonBecken(darunterderHessesee)undZisternen,dievonMarlachundLachgrabengespeistwurden.4.3.3DernördlicheBereicheinerangenommenenSiedlungskonzentrationNochdeutlicheralsdersüdlicheBereichinAbb.41-42vermitteltdernördlicheBereichinderSchummerungskartederAbb.48 (hier inetwasmodifizierterFarbgebung)eine

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sehr starke, ganz offensichtlich anthropogen überprägte Untergrundstruktur.UnübersehbarimDGM1sinddievielfachklarengeometrischenGeländestrukturenaufeiner Fläche von grob 10 km2mit einem unzweifelhaft anthropogenen Ursprung. Diesignifikant gegen das heutige Bewirtschaftungsmuster (NW - SE, SW - NE) gedrehtenalten Strukturen betonen die Eigenständigkeit der Anlage. Nirgendwo in der näherenund weiteren Umgebung von Mutterstadt gibt es auch nur annähernd vergleichbareBefunde im DGM 1 (abgesehen von der viel kleineren Südstruktur), so dass sich dieFrageaufdrängt,obnichthierdasZentrumderBesiedlungvonRufiniana gelegenhat,was durch weitere gezielte Untersuchungen verifiziert werden müsste, die unterUmständen auch aufNachweise jüngererBesiedlungen (mittelalterlich?) zielen.Die inden zuvor gezeigten Abbildungen (Abb. 25, 38) vorgeschlagenen Orte der Vici (bzw.Villae Rusticae) als Dokumente der römischen Besiedlung werden dadurch nichthinfällig,wennman den Vergleichmit der Römerstadt Regensburgmit den kleinerenexternenZivilsiedlungenheranzieht(Abb.40).Dasichdie(Merowinger)Frankenim5.Jh. grundsätzlich nicht in den Römer-Siedlungen, zum Beispiel Rufiniana, direktniederließen,lediglichnurderenGewässer-und(Fern-)Straßeninfrastrukturbenutzten,leuchtet es ein, dass der Ort Ruchheim (Abb. 48) als Frankensiedlung dezidiert amnordwestlichen Rande entstand. Ob die eingezeichnete Straßenführung von RucheimzurHauptstraßeWorms-SpeyereinerömischeAnlagegewesenistoderspätenvondenFranken eingerichtet wurde, muss vorerst offenbleiben. Messungen der GeophysikliegenausdiesemArealbishernichtvor.

Abb. 48. Digitales Geländemodell DGM 1, schattiertes Relief (Schummerung), nördlich vonMutterstadtunddirektanschließendwestlichvonderRömerstraßeWorms-SpeyerinHöhedesMaudacherBruchsmitdemvermutetenRufiniana-Hafen(Abb.29,30).

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4.3.4UngeklärteVerhältnisseineinemmittlerenBereichImpuls-Elektromagnetik. - Eine ungeklärte Situation hat die Geophysik an derrömischen Rheintalstraße in Höhe der Westspitze von Maudach ergeben (Abb. 49,Schummerungskarte).Während dieMagnetfeld-Messungen relativ unauffällig bleiben,bringen Bodenradar und die Elektromagnetik auffällige Strukturen, die sich vorläufignoch einer Deutung entziehen. Ein besonderesMerkmal im Feld der Elektromagnetik(Abb. 49) sind sehr kleinräumige Anomalien von grünmarkiert ganz einheitlich 3mBreite entlang der 100 m langen Messprofile. Wegen der Steilheit der Anomalie-Begrenzungen dürften die Objekte bzw. ihre Oberkante in der Regel nicht sehr tiefliegen.

Abb. 49. Feld der Impuls-Elektromagnetik bei Maudach neben der Römerstraße mit deneinheitlichkonfiguriertenetwa3mbreitenAnomalien.MehrimText.DerdieStraßebegleitendeStreifenhöhererWiderstände(rötlich)könntemitdemStraßen-Unterbauzusammenhängen.Die Breite der Anomalien senkrecht zu den Messprofilen darf wegen des bereitseingangserwähnten Interpolationsprozessesnicht falsch interpretiertwerden; aufdiedreiMeterentferntenNachbarprofileziehendieAnomalienbisaufwenigeAusnahmennichthinüber.EskönntesichalsoumquadratischeObjekteoderauchrundeObjektemitca. 3 m Durchmesser handeln. In zwei Flächen (schraffiert) scheint es auch zuGruppierungen solcher Objekte oder Strukturen zu kommen. Von den relativenMessgrößen her sind die gelben bis blauen Farben relativ höheren elektrischenLeitfähigkeiten und die gelben bis roten Farben relativ niedrigeren Leitfähigkeiten (=höheren Widerständen) zuzuordnen. Metallische Objekte für die höherenLeitfähigkeitenkönnenweitestgehendausgeschlossenwerden,daimRadarbildaufden

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identischenMessspurenentsprechendedeutlicheReflexionssignale(Diffraktionenodersog."Klingeln")nichtzubeobachtensind.EinevernünftigeErklärungscheinendieobenangesprochenen superparamagnetischen Eigenschaften besonderer gebrannterKeramik zu sein, die bei impulselektromagnetischen Geräten (auch bei normalenMetallsuchgeräten der Sondengänger) starke, scheinbar metallische Signale erzeugenkönnen. Im Fall der hier auftretenden Anomalien wäre demgemäß an BautenbeispielsweiseausgebranntenZiegelnzudenken.EineDeutungderFunktion,aucheineAlterseinstufungbleibenungeklärt,wenngleichdieBodenradar-Messungen (siehedennachfolgendenAbschnitt)einewichtigeErgänzungliefernkönnen.Bodenradar. - Interessanterweise findendieResultatederGeoelektrikÄquivalente inden Bodenradarmessungen. Wie in der Impuls-Elektromagnetik werden keineSiedlungsstrukturen in Form von im Untergrund verborgener Fundamente oderMauerreste beobachtet. Auffällig sind stattdessen schmale vertikale Reflexionsbänder(Abb. 50, 51) mit einer Breite von 3 m (Abb. 50, unten), die bis in die Radar-Registriertiefevon5mreichen.

Abb.50. Radar-Profilx=6maufderFlächederAbb.49.Pfeilekennzeichnenauffällige,vertikaldoppelbänderartige Reflexionen erhöhter Amplituden. In einer Vergrößerung misst die Breiterechteinheitlichetwa3m.

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Abb.51.DieselbenvertikalenschmalenReflexionsstrukturenaufdenRadar-Profile,x=24undx=27(Abb.49)zeigendasflächigvorkommendePhänomen.

Abb. 52.Korrespondenz zwischenden impulselektromagnetischen3m-Anomalienundden3mbreitenvertikalenRadar-Reflexionsstreifen.Radar-Spurx=3m.Stellt man die Messspuren der Elektromagnetik und die Radargramme auf jeweilsdenselbenSpurenzusammen,sofindetregelmäßig,abernichtimmerdeutlich,eineguteKorrelationstatt(Abb.52).DieselbeUrsachefürRadar-undElektromagnetik-Signaleistunübersehbar, was insbesondere die Passgenauigkeit zwischen den beiden 3 m-AnomalieninAbb.53zeigt.WenneinesolchePassgenauigkeitnichtimmergegebenist,mussbedachtwerden,dassdieMessprofile3mauseinanderliegenunddieMesssystemenicht linienförmig angeordnete Daten registrieren, sondern z.B. die Radar-AntennenSignaleauchvonderSeiteunddortpositioniertenObjektenempfangenunddieSende-Empfangsschleife der Impuls-Elektromagnetik mit der 1 m x 1 m-Dimensiongleichermaßen Seiten-Informationen erhält. Starke Radar-Indikationen müssen alsonichtmitstarkenElektrik-Indikationenkorrelieren.

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Abb. 53. Passgenaue Korrespondenz zwischen einer impulselektromagnetischen 3 m-Anomalieundeinem3mbreitenvertikalenRadar-Reflexionsstreifen.Deutung.-MitderKorrelationderbeidenMessverfahrendeutetsicheineErklärungan,die insbesondere vonden auffälligenRadar-Signalen eine Stütze erfährt. Sie ist einemEffekt zuzuordnen, der vor allem von geophysikalischen seismischen Messungenbekanntist,gleichermaßenbeiBodenradar-MessungenauftrittundalsStoneley-Wellenbezeichnet wird. Im Anhang (1) wird der Effekt, der bereits bei denBodenradarmessungen am Straßenkreuz konstatiert wurde (Abb. 46), genauererläutert; hier genügt es zuwissen, dass Stoneley-Wellenbei seismischeroderRadar-Anregung in Verrohrungen vor allem von Bohrungen, aber auch in Kontaktflächenunterschiedlicher Materialien, insbesondre im Kontakt von fluider und fester Phaseauftreten. Weil die vertikalen Radar-Signale hoher Amplitude nicht direkt aufbenachbartenProfilenbeobachtetwerden,istvonschachtartigenoderröhrenförmigenStrukturenmitetwa3mDurchmesserauszugehen,undausZiegelngemauerteBrunnenhinunterzumGrundwasserwürdengleichermaßenmitdenResultatenvonBodenradarundElektromagnetikverträglichsein.VonderDimensionher kämen römischeBrunnen (Durchmesser i.a. 2 - 7m,Albrecht[2014])inFrage,diewegenderNähe(500m)zumAltrhein(MaudacherBruch)undbeieinemgeringenHöhenunterschiednichtsehrtiefzumGrundwasser-Vorfluterzugrabenwaren. Abgelesen aus dem Digitalen Geländemodel besteht eine Tiefe desGrundwasserspiegelsvonwenigerals5m(etwa3mnachAuskunftEinheimischer),wasgutzudenErgebnissenderRadar-Messungenpassenwürde.WieweitdieunmittelbareNähezurRömer-StraßeeineRollegespielthabenkönnte,bleibtgleichfallsoffen.Außer

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römischen Einzelfunden im Bereich Maudach gibt es keine Hinweise auf Römer-Besiedlung (ausdemDGModerderdortvorgenommenenGeophysik) inderNähe (essei denn bisher nicht bekannt im OrtsbereichMaudach), was zunächst eher nicht füreinen Brunnenstandort spricht. Wenn außer der zuvor erörterten Brauchwasser-Versorgung über die Bäche eine zuverlässige Trinkwasserversorgung für einenausgedehnteren Rufiniana-Siedlungsbereich angestrebt wurde, sind allerdings auchBrunnengalerien für unbelastetesWasser außerhalb dichterer Besiedlung vorstellbar,wasweiterenUntersuchungenvorbehaltenbleibt.MöglicherweisemussdieangeführteRegellosigkeit angenommener Brunnen-Standort im Areal der geophysikalischenMessungenauchgarnichtverwundern,wennmanüberdieVerfahrenderWassersuchefürdieBrunnenerschließungzurRömerzeit liest(sieheAnhang(2)).FürdenKomplexRömerstadt Rufiniana bei Mutterstadt wäre das ein möglicher weiterer "Baustein",wenngleichweitaus jüngereAnlagen,beispielsweise füreinmittelalterlichesMaudach,vorstellbarsind.5DiskussionInderDiskussionumdieGrenzezwischenNiederrheinundOberrheinwirdPtolemäusmit Speyer (Neomagus), Rufiniana, Worm (Borbetomagus) und Straßburg(Argentoratum)zitiert,allerdings fehlerhaft in ihrerOrdnung(z.B.Reichard1830). ImSinnevonPtolemäus,deralleinRufinianaimVerbandmitWorms,SpeyerundStraßburg(Abb. 54) offenbar als eine wichtige römische Ansiedlung direkt an der Süd-Nord-Magistrale und am damaligen Rhein nennt, gibt Eisenberg als gegenwärtig meistgenannterStandortwenigSinn.AnderVerbindungWorms-MetzüberKaiserslauterngelegen, hat Eisenberg nach den reichhaltigen Ausgrabungsbefunden sicherlich einebedeutendeRolle,vielleichtalsBergbau-Siedlung,gespielt;Rufinianasollteesehernichtgewesensein.

Abb.54.DiebishervorgeschlagenenRufiniana-StandortebeiEisenbergundRheingönheim

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Das Kastell Rheingönheim, als eines von rund 50 von Claudius am Rhein angelegtenKastellen(z.B.Ulbert1969),daszudemnachBränden70n.Chr.imJahr74aufgegebenewurde(Kolb2006),sollteebenfallsnichtdiebesondereAufmerksamkeitvonPtolemäusum150erregthaben.DasEingangsgenannteRouffach(deutschRufach)undaucheinerechtsrheinische Lokalisierung bei Heidelberg-Neuenheim wird nicht weiter inErwägunggezogen.Aufmerksamkeit beansprucht eine neusteArbeit über frühe römische Lagerstandorte,die - vermutet - entlang desRheins inAbständen von jeweils 12Meilen eingemessenwurden (Eiberger2019).Als einerder StandortewirdMutterstadtmitder römischenAusgrabung inderBohligstraße (Eyselein1967,Bernhard&Doll1985)angesprochenundnichtausgeschlossen,dasseindirekterZugangzurVermessungimRheintalbesteht.ImselbenZusammenhangwirdexplizitRufiniana (mitFragezeichen) ineinerTabelleals vermuteter Messpunkt für Lagerstandorte mit den Koordinaten 49°28’41.3“N8°21’33.7“E angesprochen, direkt auf der Strecke der römischenRheintalstraße (Abb.55-57). Der Abstand (Luftlinie) zu Worms und Speyer würde jeweils genau die 12Meilenbetragen(Abb.56).

Abb.55.VermuteterrömischerLagerstandortRufiniana(?)anderRömer-RheintalstraßeWorms-Speyer(nachEiberger2019).GoogleEarth.

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Abb.56.VermuteterrömischerStandortRufinianaaufgenauhalberStreckezwischenWormsundSpeyer.Pfeil:AuffallendeBodenstrukturenimDigitalenGeländemodell(Abb.36).

Abb. 57. Der Lagerstandort Rufiniana (?) aus der römischen 12-Meilen-Vermessung (Eiberger2019).

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Damit rückt das Mutterstadter Rufiniana wieder in den Kern der Diskussion, wie esEyselein(1967)bereitsalsüberlegenswerthieltunddessenMeinungvielleichtauchdenAutordergleichabständigenrömischenLagerstandorteinspirierthat.Zusammenfassend können hier noch einmal die wesentlichen Punkte derArgumentation fürdieRealitätvonRufiniana imRaumMutterstadtunddieWest-Ost-MagistraleeinerRufiniana-StraßeAlsenborn-LadenburgimMittelpunktüberregionalerÜberlegungenpräsentiertwerden.TechnischgesehenhabensichdieRömerweitgehendvon der Maxime leiten lassen, ihre Straßenverbindungen nach dem Prinzip derkürzestenVerbindungzwischenzweiPunktenleitenlassen.DamitmussteRufinianaprädestiniert liegen,vielleichtbereitsvorgezeichnetdurchdie12-Meilen-Vermessungsstandorte. Einerseits konnte sich dann nachfolgend eineGroßsiedlung nach Süden entlang der Basel-Nordsee-Magistrale bis in den Raum desheutigen Mutterstadt entwickeln, wo die Zuflüsse von Lachgraben und MarlachzusammenmitdemHesseseedienotwendigeWasserversorgunglieferten.AndererseitsunderstrechtprädestinierterwiessichdanndieEntwicklungvonRufinianadurchdieeinmalige Lage im Kreuzungsbereich mit einer West-Ost-Magistrale von dembedeutenden Verkehrsknotenpunkt Kaiserslautern - Enkenbach - Alsenborn über dieZwischenstationen - Lambertskreuz - BadDürkheim/VillaRusticaWachenheim, dabeidasHaardtgebirgeaufeinersorgfältigausgewähltenStreckenführungohnewesentlicheBerg-und-Tal-SteigungenfüreinenleichtzubewältigendenSchwerlastverkehrquerend(Abb.14, 15, 16).DiesehierRufiniana-Straßebenannteweitere StreckenführungvomKreuzungsbereich gegen Osten traf dann auf eine ebenso herausgehobeneVerkehrssituationmitderseinerzeitweitnachWestenreichendenRheinschlingeund-besondersattraktiv-dengenauindiesemBereichdamalsexistierendendeltaähnlichenNeckarzufluss.DamitwarRufinianaeinwichtigerWasser-Land-Verkehrsknotenpunktgeworden(sieheauch Bockius et al. 2013), der nicht nur über Ladenburg (am Neckar) den LandwegRichtung Osten über Heidelberg zum Limes anvisierte, sondern möglicherweise ganzgroßräumigüberSpeyerdieViaMilitariaBalkan-Konstantinopel(damalsByzantium)imBlickhatte (Abb. 58, 59).Nimmtmanden zusätzlichen, durchdieGeophysik starkuntermauerten Aspekt der Hafengründung beim alten Oppidum "Auf dem Limburg"(VicusWasserwerk)genaugegenüberderdamaligenNeckareinmündunghinzu,sosindauch dieWasserwege über denNeckar (Ladenburg) nach Süden und über Rhein undMosel nach Trier eingebunden (Abb. 58, 59). Das alles macht es auch leichterverständlich,warumPtolemäusgeradeRufinianaerwähnte.

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Abb.58.RufinianaunddieRufiniana-StraßeimVerbundmitdemregionalenundüberregionalenStraßennetz undmit der Anbindung an dasWasserwegenetz über den damaligen RheinverlaufunddiedamaligeNeckar-Einmündung.

Abb. 59. Rufiniana, eingebunden in den großräumigen römischen Verkehrsverbund mit demKnotenpunktKaiserslautern-Enkenbach-Alsenborn.

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Da der postulierte Rufiniana-Hafen am heutigen Maudacher Bruch eine wesentlicheRolle in derModellvorstellung der Römerstadt Rufiniana beiMutterstadt spielt,mussauf einen möglichen Einwand eingegangen werden, der die Verlandung der antikenMaudacherRheinschlingebetrifft.DazuwirdeineArbeitvonMüllerundFirbas(1949)herangezogen, die sich mit einer Ausgrabung im Maudacher Bruch beschäftigt. Vondieser Ausgrabung, die ein eisenzeitliches Bronzeschwert in einer Torfschicht antraf,hatte Prof. H. Gropengießer 1942 Proben für eine botanische Untersuchung an dieAutoren geschickt. Am Fundort, der nicht exakt rekonstruiert werden kann aber imArtikelals4kmsüdwestlichvonLudwigshafen,amKreuzgraben,etwa250mwestlichvom Schießhaus beschriebenwird, fand sich 1,6m unter der Oberfläche das besagteBronzeschwert, das von Gropengießer zusammenmit Keramik-Scherben in die früheHallstattundetwaauf900v.Chr.datiertwurde.MithinschließendieAutorenaufeinhallstattzeitliches Alter der Pollen, die im Torf unmittelbar über dem Schwert unddarunter geborgen wurden, und auf eine hallstattzeitliche Vegetation amAusgrabungsort. Auf die generelleAussagekraft dieserPollen-Vergesellschaftung kannhiernichteingegangenwerden,aberdieSchlussfolgerungenderAutorenmüssensehrstark in Frage gestellt werden. Sie schreiben: "Da die Verlandung offenbar raschverlaufen ist, dürftediesnicht sehr langevorderBildungderuntersuchtenSchichtender Kalkmudde [unter dem Torf angetroffen] der Fall gewesen sein. Zu Beginn derHallstattzeitwarderAltrheinbeiMaudach jedenfalls schonvomStromverlassenundderVerlandungpreisgegeben."Kritiker der Rufiniana-Hafenhypothese mögen nun argumentieren, dass eine seit derfrühen Eisenzeit trocken gefallene Rheinschlinge nicht besonders attraktiv für einenrömischenBootshafengewesenseinkann.Dazumussmanzunächstfragen,wieweiteszulässigist,eineneinzigenOrteinerPollenentnahme,ohnedasweiteregeologischeundgeomorphologische Umfeld erkundet zu haben, für die gesamte MaudacherAltrheinschlinge(denMaudacherBruch)sprechenzulassen.ImHinblickaufdieFragedes römischen Rufiniana-Hafens wird diese Folgerung der Autoren besondersfragwürdigmitBlickaufdieKartederAbb.60.Hierwirdsehrdeutlich,dassbeieinemderart komplexen Ablauf, wie es die Rhein-Verlandung und die Verlagerung vonAltrhein-Armen seit Jahrhunderten und Jahrtausenden gewesen ist, der Schluss voneinem Grabungsbefund an einer einzigen Stelle sehr weitreichend extrapoliert wird.EinepartielleVerlandungmitTorfbildung imBereichderAusgrabungmag tatsächlicheineZeitlangzuBeginnderHallstattzeitstattgefundenhaben,ohnedasssichüber2kmentferntetwasimBereichderAltschleifegeänderthat.Nichtzuvergessenist,dasseinepartielleVerlandungnichtdienächsten1000JahreBestandhabenmusste,sonderndasses auch zu erneuten Flutungen der Seitenarme kommen konnte. Heue beträgt dieAbsenkungsrate imOberrheintalgraben 1- 2mm/Jahr, und zurück extrapoliertwärendas in 1000 Jahren zwischen der frühen Eisenzeit und einer Errichtung einesRömerhafens bis zu 2mAbsenkung und ein Verschwinden aller bisher existierendenTeilbereicheeinerVerlandung.EinArgumentgegeneinenRufiniana-HafenamheutigenMaudacherBruch,sofernesinsFeldgeführtwird,hatmithinkeineBasis.

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Abb.60.DerMaudacherBruch,dieLagedesvermutetenrömischenBootshafens (Rechteck)undetwa die Lage der Ausgrabungmit der Pollen-Datierung (Dreieck). Die Luftlinie des Abstandesbeträgtüber2km.In die Diskussionmuss auch der bei Historikern und Archäologen früher offenbar inVergessenheitgeratene(inderneuestenOrtchronikderGemeindeMutterstadt [2017]aber beschriebene) Kanalbau des Floßbachs eingebracht werden, der im 18 Jh. dieZuflüsse von Lachgraben, Marlach und Stechgraben vom damaligen Rhein weit vorMutterstadt abschnitt und heute als Bachmit einer erfundenen Quelle fungiert (Abb.22).FürdiedortexistierendenViciderRömerunddersichzuRufinianaerweiterndenGroßsiedlung mit einem wichtigen Verkehrsknotenpunk waren die heuterekonstruiertenBachverläufeexistenziellwichtig.In die Diskussion eingebracht werden muss bei der Rufiniana-Recherche derunschätzbareBeitragdesDigitalenGeländemodellsinseinerFormdesDGM1miteinerflächigen Daten-Rasterung von 1 m x 1 m und der Höhenauflösung von 20 cm, mitInterpolationenindenDatensätzenundKartenzuwenigerals1mundwenigerals20cm. Datenbearbeitungen und Darstellungsmöglichkeiten als topographische Kartenbeliebig wählbarer Maßstäbe mit präzisen Profilentnahmen, räumliche 3D-Darstellungen und schattierte Reliefs ("Schummerung") erlauben mittlerweileungeahntenErkenntnisgewinn,derzunehmend inderArchäologiegenutztwird, sonstin der Geologie und Ingenieurgeologie eigenartigerweise aber kaum zur AnwendungkommtÄhnlich verhält es sichmit der Geophysik. Von Ingenieurbüros und Geologiebüros zuGunsten von Bohrungen immer noch weitgehend ignoriert, werden zumindest diehochauflösendeGeomagnetikroutinemäßigundgeoelektrischeWiderstandsmessungenmitgeerdetenElektrodenimmerwiedermalinderArchäologieeingesetzt.DiehierimFall Rufiniana genutzte Möglichkeit der sehr rasch, kontinuierlich und mit hoherdigitaler Auflösung arbeitende Impulselektromagnetik mit weitreichenden

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MöglichkeiteneinerAnpassungandieUntersuchungsgegebenheitenhabenauchkaumEingang in die Archäologie gefunden.Das gilt gleichermaßen für das Bodenradar, daszwar zunehmend auch in der Archäologie eingesetzt wird, aber bei Anwendern sehrhäufig weiterreichende Kenntnisse des Datenprocessing und bei der InterpretationfehlenundResultatehäufigunbefriedigendbleiben.Die Resultate des Bodenradar in unserem Projekt Rufiniana - nachdem seineAussagekraftbishernurineinerTestphasebeiausgewähltenFragestellungenüberprüftwurde,habenbereitszudengeschilderten,sehrweitreichendenErkenntnissengeführt(Hafen-Standort, Ausweitung der Besiedlung, mögliches Kleinkastell amKreuzungspunkt, mögliche Brunnengalerien), die die Vorstellung von einembedeutendenrömischenStandortRufinianabeiMutterstadtnachhaltigstützen.6SchlussfolgerungenDas eingangs dieser Ausführungen formulierte Ziel, nach jüngsten Recherchen vonMetzger (2019) Hinweise und Belege für eine Lage der von Ptolemäus erwähntenrömischen Stadt Rufiniana bei Mutterstadt beizubringen, wurde erreicht. Der vonMetzgeranvisierteStreifenvongrob4kmLängeundeinigen100m Breite zwischendem Wasserwerk-Vicus im Norden und dem Bereich des verlandeten Hessesees imSüdenbringtResultateausdemDigitalenGeländemodellDGM1undgeophysikalischenMessungenmitdreisichergänzendenVerfahren,dieimSinnederRufiniana-Hypotheseinterpretiert werden. Herausstechend für eine Akzeptanz der Hypothese sindGeophysik-Belege für umfangreiche anthropogene Konstrukte im von MetzgervermutetenHafenbereich,ebensomenschlicheKonstrukteimUntergrunddesmitHilfedes DGL 1 genau lokalisierten Straßenkreuzes, die auf die Lage eines Überwachungs-Kleinstkastellsdeutenkönnten,sowieHinweiseaufeinemöglicherweiseumfassendereWasserversorgung einer größeren Siedlung. Bisher nicht mit geophysikalischenMessungen erkundet, aber sich imDGM1 strukturell deutlich abzeichnend,wird eineErweiterung,wenn nicht gar Konzentration des vermuteten Rufiniana imNorden desbisher favorisiertenArealsunddort imwestlichenAnschluss fürnichtausgeschlossengehalten.ZusammenmitdenbisherigenhistorischenundarchäologischenRecherchenvonMetzger(2019)wirdmitdenneuenUntersuchungendieVorstellungvonRufinianaals eine Großsiedlung und als ein wichtiger römischer Land-/Wasser-Verkehrsknotenpunkt, der in ein überregionales und (aus heutiger Sicht)länderübergreifendesVerkehrsnetzeingebundenwar,gestützt.DanksagungWirbedankenunszunächstbeiHartmutKegel,diplomierterLandwirtundBeigeordneterderMutterstadterGemeindeverwaltung,derzusammenmitseinenBerufskollegenerlaubthat, ihre Ackerflächen für die geophysikalischen Messungen zu betreten. Der Dank desAutorsH.M.giltdemlangjährigenFreundVolkerSchläfer,MitbegründerdesHistorischen

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Vereins der Pfalz, Ortsgruppe Mutterstadt, ehemaliger Geschäftsführer derGemeindeverwaltungMutterstadt und heute zuständig für das Mutterstadter Archiv. Erhat den kaufmännisch-organisatorischen, werbe-relevanten Part bei den Rufiniana-Recherchenübernommen.Wirbedankenuns fernerbeiFrauMonikaEisenbarth,Leiterinder Schlarb-Bibliothek in Bad Dürkheim, für Ihre Ortskenntnis und den "Schatz" alterLandkartenausderBibliothek,wassiebeidesindieRufiniana-Rechercheeingebrachthat.Manfred Schell hatmit seinenWanderungenWesentliches zu den Kenntnissen über denRömerstraßen-Abschnitt Lambertskreuz-Frankensteiner Stich/Friedensforst-Alsenbornbeigetragen. Auch ihm einen herzlichenDank. Ohne den umfangreichenBeitrag unseresBodenradar-Spezialisten Jens Possekel bei den Geländearbeiten und beim aufwendigenDatenprozessingsowieohnedenunermüdlichenEinsatzvonTillErnstsonbeidenweiterenMessungenwärendiehierpräsentiertenResultatenichtzustandegekommen.LiteraturAlbrecht,N. (2014): RömerzeitlicheBrunnenundBrunnenfunde imrechtsrheinischenObergermanienundinRätien.-Diss.UniversitätHeidelberg,225S.Bernhard, H. (2011): Die römische Geschichte der Pfalz. - In: Pfälzische Geschichte /InstitutfürPfälzischeGeschichteundVolkskunde,Kaiserslautern,Rothenberger,K.H.etal.(Hg.),erw.underg.Aufl.-Kaiserslautern.-ISBN978-3-927754-71-3.-1,68-103.Bernhard,H.undDoll,L.A.(Hg.)(1985):StudienzudenAnfängenrömischerBesiedlunginderRegionLudwigshafen.In:MitteilungendesHistorischenVereinsderPfalz83,41-44.Bockius,R:,Kiefer,J.,Schmidts,T.(2013):FührerzurAusstellungimMuseumfürAntikeSchiffahrt,Römisch-GermanischenZentralmuseumMainz.Eckoldt, M. (1983). Schiffahrt auf kleinen Flüssen. T. 1, Der Neckar und seineNebenflüsse zur Römerzeit. Deutsches Schiffahrtsarchiv, 6, 11-24. https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0168-ssoar-52428-9.Eiberger,B.(2019):92LeugenvonKölnnachWorms.-PfälzerHeimat70.Jg.,H.113-24.Eyselein,H.(1938):GeschichtedesDorfesMutterstadt.-Mutterstadt:Selbstverl.,1938.- 288 S. 1 Plan 8. - (Saarpfälzische Abhandlungen zur Landes- und Volksforschung /Beihefte;3).Eyselein, H. (1967): „Mutterstadt in Vergangenheit und Gegenwart“. - Ortschronik.Mannheim:Südwestdt.Verl.-Anst.,416S.GemeindeMutterstadt(Hg.)(2017):OrtschronikMutterstadt-1250Jahre:767-2017.-Landau:KnechtVerlag,2017.-878Seiten.Hildenbrand,F.J.(1913):DierömischenLager-StädteinderOberrheinschenTiefebene,vornehmlichRufiniana.-In:PfälzischesMuseum.-30(1913),17-19

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ANHANG(1) Die Stoneley-Wellen bei Bodenradar-Messungen über Bohrungen, Brunnen-SchächtenodersonstigenvertikalenMaterial-Grenzflächen.Eine Stoneley-Welle ist eine Grenzwelle (oder Grenzflächenwelle), die sichtypischerweise entlang einer Fest-Feststoff-Grenzfläche ausbreitet.Wenn sie an einerFluid-Feststoff-Grenzflächegefundenwird,wird sie auch als Scholte-Wellebezeichnet.DieWelleistanderGrenzflächevonmaximalerIntensitätundnimmtexponentiellvonihrwegab(partiellübersetztausWikipedia).WährendStoneley-bzw.Scholte-WelleninderSeismikeinewohlbekannteRollespielen,werden ihre Beobachtung und Nutzung bisher kaum beachtet. Eine sehr schöneBeschreibung mit einer lehrreichen Animation unter dem Titel "Guided GPR WavesfindetsichaufdieserInternet-Seitehttps://www.leibniz-liag.de/en/research/methods/electromagnetic-methods/ground-penetrating-radar/guided-gpr-waves.html, und der nachfolgende Text ist mitÜbersetzungvondieserSeiteübernommenworden:AufbesondereundinnovativeWeisewirdGPR(groundpenetratingradar,Bodenradar)inKombination mit einem Hohlleiter in einem Bohrloch eingesetzt, um hochauflösendeWassergehaltsverteilungen zu erhalten. Die Idee hinter diesem Verfahren liegt in derVerwendung von geführten elektromagnetischen Wellen, die sich vertikal entlang desHohlleitersbewegenundan seinemunterenEndereflektiertwerden.DurchdieKenntnisderTiefedesHohlleiterskönnenGeschwindigkeiteninjedemTiefenintervallberechnetundüberpetrophysikalischeBeziehungeninWasserinhaltumgewandeltwerden.ImFallunsererBodenradar-MessungenwurdendiesecharakteristischenGrenzflächen-Wellenbeobachtet,undangeregtdurchdieAnimationentstanddienachfolgendekleineSkizze(Abb.A1_1).

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Abb. A1_1. Prinzip der Entstehung von Bodenradar-Grenzflächenwellen, die hier auch imRufiniana-Projektbeobachtetwerden.(2)ZueinemmöglichenrömischenBrunnenstandortbeiMaudach:AuffälligistdieAnordnungder"Bauten",dieabsolutkeineSystematikerkennenlassen.Für römische Konstrukte könnte allenfalls die Beschreibung der praktiziertenWassersuchefürBrunnendienen,wiesievonAlbrecht(2014)mitZitataus"VITRUV,Dearchitektura–VonderBaukunst,Darmstadt1991,VIII1,1-7"beschriebenwird:"...führtdie Beachtung einiger Regeln fast immer zum Erfolg. Demnach muss man sich vorSonnenaufgang bäuchlings auf die Erde legen und mit aufgestütztem Kinn den Bodenbeobachten. Dort wo Dünste aufsteigen, ist Wasser zu finden. Ferner müssenBeobachtungen des Bodens und des Pflanzenwuchses angestellt werden:Wasser kommtnurinbestimmtenBodenartenvor.SoistderVorratinLehm-undlockeren,grobkörnigenKiesböden gering und auch der Geschmack nicht gerade der beste. Bestimmte Pflanzenkönnennurdortgutwachsen,wosichgenügendunterirdischesWasserbefindet.Anzeigerhierfür sind Binsen,Weide, Erle, Keuschbaum, Schilf, Efeu und ähnliche Gewächse. Diesesollen sich allerdings nicht in Bodensenken befinden, da sich hier das Wasser besserspeichert und so das Bild verfälschtwerden kann. Um diese Beobachtungen zu festigen,müssen weitere Untersuchungen durchgeführt werden: An der gewünschten Stelle wirdeine Grube ausgehoben, in die man bei Sonnenuntergang ein an der Innenseite mit Ölbestrichenes, kupfernes oder bleiernesBeckenoder eine Schüssel umgekehrt hineinstellt;

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anschließend bedeckt man die Grube mit Schilf oder Laub. Wenn am folgenden TagWassertropfenundAusschwitzungen indemGefäßzu finden sind, dannbefindet sichandieserStelleWasser.WirdingleicherWeisemiteinemungebranntenTongefäßverfahren,dannwirddieses,wenndieStellewasserhaltigist,feuchtseinunddurchdieseFeuchtigkeitsogar zerfallen.WennmaneinWollbündel in dieGrube legtund sicham folgendenTagdarausWasserherauspressen lässt,dannzeigtauchdiesan,dassdieStellewasserhaltigist. Stellt man an dieser Stelle einemit Öl gefüllte Lampe bedeckt auf und ist diese amfolgendenTagnichtausgebrannt,sondernistselbstfeuchtundzeigtnochRestevonÖlundDocht,dannistdieStellewasserhaltig.AuchwennmananderStelleFeuermachtunddaserwärmteundverbrannteErdreicheinennebelhaftenDunstaufsteigenlässt,wirdWasserzufindensein."DanachmussesnichtWundernehmen,wennessichbeiMaudachanderRömerstraßeumausunsererSichtwahllosplatzierterömischeBrunnenhandelt, fürwelcheZweckebzw.Abnehmerauchimmer.(3)VerschiedeneFlussläufeimLaufederJahrhunderteimGroßraumMannheimaufeinerKartevon1850

Ausschnittder"ChartedesaltenFlußlaufesimOber-Rhein-Thal.ErstesBlatt.BeiBRAUNinCarlsruhe1850".VermutlichGrundlagederKarteinAbb.28.