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  • Optimierung des Schaltprozesses bei

    schweren Nutzfahrzeugen durch adaptive

    Momentenfuhrung

    Von der Fakultat Konstruktions-, Produktions- und Fahrzeugtechnik

    der Universitat Stuttgart

    zur Erlangung der Wurde eines Doktors der

    Ingenieurwissenschaften (Dr.-Ing.) genehmigte Abhandlung

    Vorgelegt von

    Carsten Joachim

    aus Wemmetsweiler

    Hauptberichter: Prof. Dr.-Ing. H.-C. Reuss

    Mitberichter: Prof. Dr.-Ing. A. Kistner

    Tag der mundlichen Prufung: 16.04.2010

    Institut fur Verbrennungsmotoren und Kraftfahrwesen

    der Universitat Stuttgart

    2010

  • Vorwort

    Die vorliegende Arbeit entstand wahrend meiner Tatigkeit als wissenschaft-

    licher Mitarbeiter am Institut fur Verbrennungsmotoren und Kraftfahrwe-

    sen (IVK) der Universitat Stuttgart. Herrn Prof. Dr.-Ing. Hans-Christian

    Reuss danke ich fur das Ermoglichen dieser Dissertation im Bereich der

    Kraftfahrzeugmechatronik. Sein Engagement uber die rein fachliche Be-

    treuung hinaus ist und bleibt ein wesentlicher Grundpfeiler fur das erfolg-

    reiche und angenehme Arbeiten am IVK und FKFS (Forschungsinstitut fur

    Kraftfahrwesen und Verbrennungsmotoren Stuttgart). Weiterhin danke ich

    Herrn Prof. Dr.-Ing. Arnold Kistner fur seine freundliche Bereitschaft, den

    Mitbericht zu ubernehmen.

    Die Grundlage fur diese Arbeit bildet eine Forschungskooperation des

    FKFS mit dem Nutzfahrzeugbereich der Daimler AG. An dieser Stelle sei

    mein Dank an die gesamte Abteilung TP/PET fur die Unterstutzung wah-

    rend der mehrjahrigen Projektarbeit vor Ort gerichtet. Stellvertretend sei

    Herr Horwath genannt, der als Mentor und Diskussionspartner wesentlich

    zum Gelingen beigetragen hat.

    Das kollegiale Arbeitsumfeld und die fruchtbaren Diskussionen am Institut

    haben meine Zeit dort sehr bereichert. Hier soll stellvertretend Herr Tobias

    Mauk genannt werden, der mir fur Fragen zu flachen Systemen und Ausgan-

    gen stets zur Verfugung stand. Mein Dank gilt auch meinem Bereichsleiter

    Herrn Dr.-Ing. Gerd Baumann. Seine Unterstutzung war insbesondere in

    der Schlussphase der Arbeit unverzichtbar.

    Zuletzt mochte ich mich ganz besonders bei meiner Ehefrau Carmen bedan-

    ken. Ich habe erfahren, dass ich auch in schwierigen Zeiten auf sie zahlen

    kann.

    3

  • Inhaltsverzeichnis

    Vorwort 3

    Abkurzungen und Formelzeichen 6

    Zusammenfassung 12

    Abstract 14

    1 Einleitung 16

    2 Stand der Technik 21

    2.1 Triebstrangschwingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

    2.2 Schaltvorgange . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

    2.3 Bestehende Losungsansatze . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

    2.4 Ziel der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

    3 Systemkomponenten und Modellbildung 33

    3.1 Antriebsstrang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

    3.1.1 Motor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

    3.1.2 Kupplung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

    3.1.3 Getriebe und Antriebswellen . . . . . . . . . . . . . . 39

    3.1.4 Reifen und Dampfung . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

    3.2 Sattelzugmaschine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

    3.3 Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

    3.4 Ersatzmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

    4 Gesteuerte Momentenfuhrung 54

    4.1 Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

    4.2 Steuerung durch Rampenfunktion . . . . . . . . . . . . . . . 55

    4.3 Systemtheoretische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . 58

    4.4 Steuerungsentwurf fur das Zweimassenmodell . . . . . . . . 63

    4.4.1 Steuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

    4.4.2 Storgroenkompensation . . . . . . . . . . . . . . . . 64

    4

  • 4.4.3 Trajektorienplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

    4.5 Steuerungsentwurf bei komplexen Modellen . . . . . . . . . . 68

    4.5.1 Lineares Mehrmassenmodell . . . . . . . . . . . . . . 68

    4.5.2 Nichtlineares Triebstrangmodell . . . . . . . . . . . . 71

    4.6 Simulationsergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74

    5 Schatzverfahren 78

    5.1 Parameterempfindlichkeit der Momentenfuhrung . . . . . . . 78

    5.2 Beobachter fur Zustands- und Storgroe . . . . . . . . . . . 86

    5.2.1 Triebstrangmoment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86

    5.2.2 Lastmoment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88

    5.3 Schatzung der Triebstrangparameter . . . . . . . . . . . . . 91

    5.3.1 Primartragheit und Fahrzeugmasse . . . . . . . . . . 91

    5.3.2 Eigenfrequenz und Dampfung . . . . . . . . . . . . . 93

    5.3.2.1 Identifikationsmethoden . . . . . . . . . . . 93

    5.3.2.2 Diskrete Systembeschreibung . . . . . . . . 95

    5.3.2.3 Parameteridentifikation . . . . . . . . . . . 98

    5.3.2.4 Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 102

    5.4 Parallele Schatzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103

    5.5 Vergleich der Schatzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . 104

    6 Strategien zur Adaption 108

    6.1 Adaption durch Modellidentifikation . . . . . . . . . . . . . 108

    6.1.1 Adaptionskonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

    6.1.2 Koordination und Supervision . . . . . . . . . . . . . 110

    6.1.3 Problematik der Parameterunsicherheiten . . . . . . 112

    6.2 Adaption mit Referenzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . 114

    7 Funktionsprototyp und Fahrversuche 119

    7.1 Funktionsentwurf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119

    7.2 Software in the Loop Testumgebung . . . . . . . . . . . . . . 122

    7.3 Fahrzeugintegration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124

    7.4 Versuchsergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

    8 Zusammenfassung und Ausblick 129

    Literaturverzeichnis 132

    5

  • Abkurzungen und Formelzeichen

    Abkurzungen

    AMT Automated Manual Transmission

    AT Automatic Transmission

    B/I Byrnes/Isidori

    BS Bremsensteuergerat

    CAN Controller Area Network

    CPC Common Powertrain Controller

    CVT Continuously Variable Transmission

    DCT Dual Clutch Transmission

    ECU Electronic Control Unit

    E/A Ein-/Ausgang

    E/E Elektrik/Elektronik

    EEPROM Electrically Eraseable Programmable

    Read Only Memory

    EKF Extended Kalman Filter

    EKM Elektronisches Kupplungs Management

    EPS Elektronisch Pneumatische Schaltung

    EU Europaische Union

    GOC Generalized Optimal Control

    GPC Generalized Predictive Control

    GS Getriebesteuergerat

    IES Integriertes Elektronik System

    LKW Lastkraftwagen

    LQ Linear Quadratisch

    6

  • LQG Linear Quadratic Gaussian

    LTR Loop Transfer Recovery

    MIAC Model Identification Adaptive Control

    MKS Mehrkorpersystem

    MP Modellpflege

    MR Motorregelung

    MRAC Model Reference Adaptive Control

    MT Manual Transmission

    NFZ Nutzfahrzeug

    PKW Personenkraftwagen

    RLS Recursive Least Squares

    SiL Software in the Loop

    SISO Single Input Single Output

    ZMS Zweimassenschwungrad

    Formelzeichen

    Zeichen Einheit Beschreibung

    aFZG kgm2 Fahrzeuglangsbeschleunigung

    ax kgm2 Langsbeschleunigung im Fahrerhaus

    ay kgm2 Vertikalbeschleunigung im Fahrerhaus

    A Systemmatrix (kontinuierlich)

    Ad Systemmatrix (diskret)

    B Eingangsmatrix (kontinuierlich)

    Bd Eingangsmatrix (diskret)

    c Nm/rad Federsteifigkeit des Zweimassenmodells

    cl N Longitudinalsteifigkeit des Reifens

    cR N/m Ersatzsteifigkeit des Reifens

    cw Luftwiderstandsbeiwert

    7

  • C Ausgangsmatrix (kontinuierlich)

    d Nms/rad Dampfungskonstante des Zweimassenmodells

    D Durchgangsmatrix (kontinuierlich) /

    Dampfungsmatrix

    D Modaler Dampfungsgrad

    e Fehler (allgemein)

    f Erregerkraftvektor

    fR Rollwiderstandsbeiwert

    FA N Anpresskraft der Kupplungsscheiben

    FLW N Luftwiderstandskraft

    FL N Lastkraft

    FRW N Rollwiderstandskraft

    FSt N Steigungswiderstand

    FN N Normalkraft

    FG N Gewichtskraft

    FZ N Vortriebskraft

    Fx N Reifenumfangskraft

    f0 Hz Triebstrangeigenfrequenz

    iG Getriebeubersetzung

    iHA Ubersetzung Hinterachsgetriebe

    iAS Triebstranggesamtubersetzung

    I Einheitsmatrix

    kR Ns/m Ersatzdampfungskonstante fur den Reifen

    J1 kgm2 Primartragheit geschlossener Triebstranges

    J2 kgm2 Sekundartragheit Triebstrang

    JK kgm2 Primartragheit offener Triebstranges

    JM kgm2 Rotationstragheit des Motors

    JR kgm2 Rotationstragheit der Reifen

    K Verstarkungsfaktor (allgemein)

    8

  • K Steifigkeitsmatrix

    M Massenmatrix

    mFZG kg Fahrzeugmasse

    MAS Nm Triebstrangmoment

    Mc Nm Triebstrangfedermoment

    Md Nm Triebstrangdampfermoment

    MK Nm Kupplungsmoment

    ML Nm Lastmoment

    MM Nm Motormoment

    Mosz Nm Dynamisches Moment aus Motortragheiten

    M s Steuerbarkeitsmatrix

    nK Anzahl der Kupplungsreibflachen

    nM Hz Motordrehzahl

    nR Hz Raddrehzahl

    P Fehlerkovarianzmatrix

    q Vektor der Freiheitsgrade

    Q Varianzmatrix fur Systemrauschen

    R m Dynamischer Reifenradius

    R Varianzmatrix fur Messrauschen

    Rm m Mittlerer Reibradius der Kupplung

    rx m Relaxationslange des Reifens

    s komplexe Variable der Laplace Transformation

    sR % Reifenschlupf

    sK % Kupplungsausruckweg

    T s Zeitdauer Momentenabbau

    TAS s Periodendauer Triebstrangeigenschwingung

    T0 s Abtastzeit

    u Systemeingangsgroe

    vFZG m/s Fahrzeuggeschwindigkeit

    9

  • v m/s Normierungsgeschwindigkeit

    x Zustandsgroenvektor

    xF m Langsposition Fahrer

    xS Zustandsgroenvektor (Regelungsnormalform)

    y Systemausgangsgroe

    yF m Vertikalposition Fahrer

    xR m Langsposition Fahrzeugrahmen

    yFH m Vertikalposition Fahrerhaus

    yR m Vertikalposition Fahrzeugrahmen

    zFlacher Systemausgang /

    Variable der z-Transformation

    zZyl Anzahl der Zylinder

    FH rad Nickwinkel Fahrerhaus

    R rad Nickwinkel Fahrzeugrahmen

    Korrekturvektor fur RLS-Algorithmus

    rad Fahrbahnsteigungswinkel

    FH rad Wankwinkel Fahrerhaus

    RH rad Wankwinkel hinterer Rahmen

    RV rad Wankwinkel vorderer Rahmen

    rad Verdrehwinkel des Triebstranges

    rad/s Differenzwinkelgeschwindigkeit Triebstrang

    Parametervektor

    G Gleitreibbeiwert Kupplung

    H Haftreibbeiwert Kupplung

    kg/m3 Luftdichte

    ES s Totzeit des Einspritzsystems

    Transformationsmatrix

    M rad Motorwinkel

    Messdatenvektor fur Schatzverfahren

    10

  • 1 rad/s Winkelgeschwindigkeit Primartragheit

    2 rad/s Winkelgeschwindigkeit Sekundartragheit

    d rad/s Eigenfrequenz des gedampften Systems

    K rad/s Winkelgeschwindigkeit des Getriebeeinganges

    M rad/s Motorwinkelgeschwindigkeit

    R rad/s Winkelgeschwindigkeit des Rades

    0 rad/s Eigenfrequenz ungedampftes System

    11

  • Zusammenfassung

    In schweren Nutzfahrzeugen werden heutzutage uberwiegend voll auto-

    matisierte Antriebsstrange eingesetzt. Dabei dominieren automatisierte

    Schaltgetriebe aufgrund der Wirkungsgradvorteile. Aktuatoren uberneh-

    men die erforderlichen Stelleingriffe, z. B. zur Betatigung der Schaltgrup-

    pen, und werden uber Softwarefunktionen gesteuert. Die bei der Trieb-

    strangregelung beteiligten Steuergerate sind uber Bussysteme vernetzt.

    Dadurch konnen Steuergerate uber geeignete Schnittstellen auf beliebige

    Aktuatoren im Netzwerk zugreifen. Fur den Schaltvorgang, der systembe-

    dingt mit einer Zugkraftunterbrechung verbunden ist, hat der Motor als

    Aktuator Bedeutung beim Abbau und Aufbau des Momentes vor bzw.

    nach der Schaltung. Diese Momentenanderungen regen den schwingungs-

    fahigen Triebstrang an und beeinflussen damit den Schaltablauf sowie den

    Schaltkomfort.

    Der Einsatz einer intelligenten Momentenfuhrung beim Schaltvorgang ist

    daher sinnvoll. Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dieser Thematik

    und ubergeordnet mit der Fragestellung, wie die Funktion in Hinblick

    auf den Einsatz bei unterschiedlichen Fahrzeugkonfigurationen bzw. unter-

    schiedlicher Triebstrangdynamik erweitert werden kann. Zunachst wird das

    Schwingungsverhalten mit den beteiligten Komponenten von Triebstrang

    und Fahrzeug untersucht und eine Modellbildung durchgefuhrt. Damit wer-

    den Simulationen auch der fahrkomfortrelevanten Groen - insbesondere

    der Fahrerbeschleunigungen - ermoglicht. Fur die Funktionsentwicklung

    wird ein geeignetes Ersatzmodell abgeleitet. Da ein robustes und effizien-

    tes Verfahren erforderlich ist, wird die Momentenfuhrung als reine Steue-

    rung nach dem systemtheoretischen Prinzip der Flachheit entworfen. Der

    Triebstrang kann so definiert in einen Sollzustand uberfuhrt werden, der

    fur die Synchronisationsphase angepasst wird. Fur die Steuerung wird eine

    geeignete Trajektorienplanung vorgestellt, die entsprechende Randbedin-

    gungen berucksichtigen und online berechnet werden kann.

    In Hinblick auf den breiten Einsatz ist die hohe Anzahl an Fahrzeugkon-

    figurationen im Nutzfahrzeugbereich zu berucksichtigen. Daneben konnen

    12

  • aufgrund des im Betrieb veranderlichen Schwingungsverhaltens, z. B. auf-

    grund veranderlicher Fahrzeugmasse, Anpassungen der Funktionsparame-

    ter erforderlich sein. Um diese Anforderungen zu berucksichtigen, werden

    in dieser Arbeit geeignete Schatzalgorithmen entwickelt und in eine Ge-

    samtstrategie zur Adaption integriert. Neben der Moglichkeit zur Adaption

    uber Prozessidentifikation wird als Alternative ein Konzept basierend auf

    der Idee von Modellreferenzverfahren vorgestellt. Die Teilmodule werden

    in ein Gesamtkonzept zur Triebstrangregelung eingebettet. Zur Verifikati-

    on wurde dieses nach der Vorgehensweise der modellbasierten Softwareent-

    wicklung uber ein Prototypensteuergerat in einen Versuchstrager in Form

    eines Mercedes-Benz Actros integriert. Fahrversuche bestatigen den prak-

    tischen Nutzen.

    13

  • Abstract

    Most heavy duty vehicles produced today are equipped with a fully auto-

    mated powertrain. Automated manual transmissions are dominating be-

    cause of their advantages in efficiency. The required control actions e.g.

    moving the shift groups are processed by actuators and controlled by soft-

    ware functions. The electronic control units involved in powertrain control

    are connected with bus systems, e.g. the CAN bus. As a consequence

    it is possible to provide actuators via an appropriate interface inside the

    network to other modules. This is important for gear shifting, where the

    engine is used as an actuator. At AMTs gear shifting, the driving force

    has to be interrupted as the torque must be reduced before shifting and

    increased again after shifting. The changes in torque excite the driveline

    to oscillate and thus have an influence on the shift process and the shift

    comfort.

    Therefore it is required to use an intelligent torque control function for

    gear shifting. The work presented here is focussed on this function. Above

    that it is shown how to extend the function regarding the application on

    different vehicle configurations and different driveline dynamics. First the

    dynamic behaviour of the system with the driveline components and the

    vehicle construction itself is analyzed. Based on this, models are devel-

    oped which are able to simulate the dynamic behaviour. This includes the

    drivelines behaviour as well as the driver accelerations which are relevant

    for comfort issues. For the development of control functions, a simplified

    model is derived. The torque control function is implemented as a pure

    feedforward control using the methods of the theory of flatness based con-

    trol to achieve function robustness and efficiency. Herewith the powertrain

    can be transferred on a defined way to a desired state suitable for the syn-

    chronization phase. An adequate trajectory planning is presented as well.

    The trajectory can consider boundary conditions and is suitable for online

    calculation.

    For extensive application in the commercial vehicle sector the number of

    different vehicle configurations has to be considered. In addition the vehi-

    14

  • cles dynamic behaviour can vary during operation e.g. due to varying ve-

    hicle mass. As a consequence the function parameters have to be adapted.

    To handle these aspects, suitable estimation algorithms are developed and

    integrated in an overall adaptation strategy. One option is an adaptation

    based on process identification. As an alternative a method based on the

    idea of model reference is presented here. The several function components

    are embedded in an overall concept for powertrain control. This concept

    was integrated in a model based function structure and implemented on

    a prototype ECU. Therewith it could be integrated in a vehicle of type

    Mercedes-Benz Actros as final step. Driving tests confirm the concepts

    practical use.

    15

  • 1 Einleitung

    Der Groteil des Guterverkehrs in Deutschland und anderen Industrielan-

    dern wird uber die Strae abgewickelt. Auch der Zuwachs der letzten Jahre

    ist fast ausschlielich diesem Sektor zuzuschreiben, vgl. Bild 1.1. Mit dieser

    Entwicklung gehen die zunehmende Bedeutung des Nutzfahrzeugbereichs

    (vgl. [118], [57]) und damit die Wachstumsraten der Nutzfahrzeugindustrie

    in den letzten Jahren einher. Dabei kommt Deutschland eine gewichtige

    Bedeutung sowohl beim Guterverkehr mit 474 Milliarden Tonnenkilome-

    ! "

    #

    Bild 1.1 Entwicklung des Guterverkehrs in Europa EU 27 [29]

    16

  • tern in 2008 [126] als auch im Bereich der Nutzfahrzeugindustrie zu. Allein

    im Inland wurden 2008 ca. 500.000 Nutzfahrzeuge produziert [142]. Der

    Anteil der mittleren und schweren Baureihen mit einem zulassigen Ge-

    samtgewicht von mehr als sechs Tonnen betragt dabei etwa 40 % der in

    Deutschland produzierten Nutzfahrzeuge [141].

    Wahrend der Guterverkehr im Nahverkehrsbereich stagniert, ist im Fern-

    verkehr ein stetiger Zuwachs zu verzeichnen [125]. Hier wird hauptsachlich

    die schwere Klasse (Heavy Duty) von Nutzfahrzeugen mit bis zu 40 t zulas-

    sigem Gesamtgewicht eingesetzt. Ein groer Teil der fur den Spediteur zu

    berucksichtigenden Kosten wird im Fernverkehrsbereich durch die Betriebs-

    kosten, insbesondere den Kraftstoff verursacht [56]. Automatisierte Schalt-

    getriebe (AMT) konnen hier dazu beitragen, im Flottendurchschnitt eine

    Kraftstoffersparnis durch Einsatz einer intelligenten automatische Gang-

    wahl zu erreichen. Anders als im PKW-Segment ist vor allem dieser Kos-

    tengesichtspunkt der treibende Grund fur den Spediteur zur Wahl einer

    Ausstattungsvariante mit automatisiertem Getriebe. Zusatzlich wird eine

    Entlastung des Fahrers von den Aufgaben Schalten und Kuppeln erreicht.

    Prognosen (z. B. [56]) lassen erwarten, dass die Marktdurchdringung mit

    AMTs im Nutzfahrzeugbereich kontinuierlich zunehmen wird.

    Einen Uberblick uber die Eignung verschiedener Getriebetypen fur Nutz-

    fahrzeuge gibt Bild 1.2. Aufgrund der Wirkungsgradvorteile werden bei

    schweren Nutzfahrzeugen uberwiegend AMTs eingesetzt. Der Antriebs-

    strang bietet dabei typischerweise folgende Funktionalitaten (vgl. [58],

    [144]):

    Automatisierte Schaltung Automatisierte Gangwahl Automatisierte Kupplung

    Die Verfugbarkeit dieser Funktionalitaten ist vom Automatisierungsgrad

    abhangig. Dieser wurde bei Nutzfahrzeuggetrieben schrittweise erhoht [77].

    Er hangt von den eingesetzten Aktuatoren ab, die im bzw. um das Getriebe

    verbaut sind und die mechanischen Stelleingriffe durch den Fahrer erset-

    zen. Bei schweren Nutzfahrzeugen werden dazu hauptsachlich pneumati-

    sche Aktuatoren ( [26], [55]) eingesetzt. [114] gibt eine Marktubersicht aus

    der Zeit der breiten Markteinfuhrung der ersten automatisierten Schalt-

    17

  • Verbrauch Komfort Fahrleistung Kosten Gewicht

    MT + 0 + +++ +

    MT by wire + 0 + ++ ++

    AMT ++ + + ++ ++

    AT 0 ++ ++ 0 0

    DCT, dry ++ ++ ++ - -

    DCT, wet 0 ++ ++ 0 0

    CVT ++ +++ ++ -- -

    +/++/+++ Vorteil / groer Vorteil / sehr groer Vorteil

    0 weder besonderer Vorteil noch Nachteil

    -/--/--- Nachteil / groer Nachteil

    Bild 1.2 Eignung verschiedener Getriebetypen fur Nutzfahrzeuge [44]

    getriebe in Nutzfahrzeugen. Zunachst wurden automatisierte Schaltungen

    ermoglicht, d.h. der mechanische Schalthebel durch einen elektronischen er-

    setzt. Beispielsweise hat Mercedes-Benz dies 1985 mit der EPS eingefuhrt

    (vgl. [40], [97]). Danach wurde die Schaltung um eine automatische Voraus-

    wahl des Zielgangs erweitert, was z. B. bei Mercedes-Benz mit der Actros-

    Baureihe 1996 in Serie eingefuhrt wurde (vgl. [98]). Als letzte Komponente

    auf dem Weg zur Vollautomatisierung wurde die Kupplung automatisiert,

    d.h. die Pedalkraft durch einen Aktuator ersetzt. Bei Verwendung auen

    liegender Aktuatoren kann hier das gleiche Getriebe als Handschaltung

    (MT) und Automatik (AMT) ausgefuhrt werden.

    Mittlerweile beschrankt sich bei vielen Herstellern die Konzipierung eines

    automatisierten Getriebes auf die Ausfuhrung als AMT. Dies ermoglicht

    den Verbau von integrierten Aktuatoren. Ein konzentrischer Kupplungsak-

    tuator kann in die Kupplungsglocke integriert werden, womit die Ausruck-

    gabel entfallt [35]. Des weiteren kann die mechanische Synchronisierung

    entfallen. Die Ausfuhrung als Klauengetriebe ermoglicht hohere Drehmo-

    mente bei geringerem Gewicht und Bauraum. Fur die elektronische Syn-

    chronisierung wird dabei als zusatzlicher Aktuator eine Vorgelegewellen-

    18

  • bremse benotigt. Es zeichnet sich ab, dass sich Klauengetriebe im Schwer-

    lastbereich durchsetzen. So wurde beispielsweise bei der Baureihe Actros

    MP II von Mercedes-Benz ein solches Klauengetriebe 2006 noch als Aus-

    stattungsvariante angeboten. Beim Nachfolgemodell Actros MP III zahlt

    ein Klauengetriebe bereits zur Serienausstattung (vgl. [144]).

    Mit der zunehmenden Fokussierung auf den vollautomatisierten Antriebs-

    strang werden auch die dazu erforderlichen Softwarefunktionen immer kom-

    plexer. Sie erfordern ein abgestimmtes Zusammenspiel der beteiligten Mo-

    dule bzw. Steuergerate. Die Vernetzung der Steuergerate ermoglicht da-

    bei verteilte Funktionalitaten bzw. die Bereitstellung von Aktuatoren im

    Netzwerk uber geeignete Schnittstellen. Dies ist bei Schaltvorgangen von

    Bedeutung, da der Motor als Aktuator verwendet wird. Die Zunahme der

    uber Elektronik abgebildeten Funktionalitat schlagt sich auch in der Kom-

    plexitat der E/E-Architektur nieder. Bild 1.3 zeigt dies beispielhaft anhand

    der E/E Architektur eines Mercedes Actros MP II.

    Bei der Entwicklung automatischer Getriebe steht das Erreichen eines gu-

    ten Schaltverhaltens im Vordergrund. Bei automatisierten Schaltgetrieben

    sind Schaltungen prinzipbedingt mit einer Zugkraftunterbrechung verbun-

    den. Neben dem Sicherstellen der Schaltungsdurchfuhrbarkeit in allen Fahr-

    situationen ist daher auch die Realisierung einer akzeptablen Schaltzeit von

    Bedeutung, um diese Zugkraftunterbrechung gering zu halten. Zum ande-

    ren besteht der Anspruch, einen guten Schaltkomfort zu gewahrleisten.

    Zwischen diesen beiden Zielen steht das Phanomen der Triebstrangschwin-

    gungen, die Komfort und Schaltablauf beeinflussen. Bei Nutzfahrzeugen

    sind diese im Vergleich zum PKW deutlich ausgepragter. Insbesondere in

    den unteren Gangen treten bei voller Beladung Schwingungen mit Frequen-

    zen von unter einem Hertz auf und konnen den Schaltvorgang beeintrach-

    tigen. Der Entwurf von geeigneten Softwarefunktionen zur Gewahrleistung

    von gutem Schaltverhalten steht daher im Fokus dieser Arbeit.

    19

  • HZR

    INSFM

    TMF

    ZHE

    TMB MSF

    MRFLA

    RS

    GS AM FDR

    WSK

    LWS

    KS

    AG

    SRS

    TCO

    IES-CANISO 11898High-Speed, 5V500 kBaud, 11-Bit

    Innenraum-CANTJA 1054, weckbarLow-Speed, 5 V125 kBaud, 29-Bit

    RG

    HRFH

    RG

    F

    Motor-CANISO 11992,

    Low-Speed, 24 V 125 kBaud, 11-Bit

    Getriebe-CANISO 11992, Low-Speed24 V, 250 kBaud. 11-Bit

    Bremsen-CAN 500 kBaud, 11-Bit

    SPA

    AUFANH

    PSM

    WRNR

    EAB

    ZL

    ART1-Box

    BTS

    KB

    FR

    HM

    ART2-Box

    K-L

    eitu

    ng

    BS

    7-pol. ABS-Anhngersteckdose 15-pol. Anhngersteckdose

    ISO

    119

    92-3

    ISO

    11

    992

    -2

    Diagnosesteckdose

    K-Leitung

    ISO

    119

    92-3

    6+4

    9

    4

    1

    TCO-CANISO 16844

    APU

    TP

    GM

    ISO 11898High-Speed, 5V500 kBaud, 29-Bit

    1

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    83 899

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    Bild 1.3 E/E-Architektur eines Mercedes Actros MP II [9]

    20

  • 2 Stand der Technik

    In dem folgenden Kapitel wird der Stand der Technik bzgl. der in der

    Arbeit behandelten Problematik dargestellt. Dazu werden jeweils die rele-

    vanten Literaturstellen genannt. In Abschnitt 2.1 wird die Thematik der

    Triebstrangschwingungen allgemein und im Hinblick auf fahrkomfortrele-

    vante Aspekte vorgestellt. Abschnitt 2.2 behandelt den eigentlichen Schalt-

    ablauf sowie das Thema Schaltkomfort allgemein. In Abschnitt 2.3 wer-

    den die bestehenden Arbeiten zu softwareseitigen Gegenmanahmen zu

    Triebstrangschwingungen in Form von regelungstechnischen Ansatzen auf-

    gezeigt. Abschlieend wird in Abschnitt 2.4 die Zielsetzung sowie der An-

    satz der hier vorliegenden Arbeit zur Optimierung von Schaltvorgangen

    durch Softwarefunktionen begrundet.

    2.1 Triebstrangschwingungen

    Ein Fahrzeug-Antriebsstrang ist kein starres System. Verschiedene Ele-

    mente sind nachgiebig und wirken als Elastizitaten. Damit entsteht ein

    schwingungsfahiges System mit verschiedenen Eigenformen, die von den

    Freiheitsgraden im System abhangig sind. Bild 2.1 zeigt zur Verdeutlichung

    ein vereinfachtes Ersatzmodell der Triebstrangmechanik. An diesem me-

    chanischen System greifen Krafte bzw. Momente wie Motormoment und

    Kupplungsmoment an, die Schwingungen anregen konnen. In der Regel

    sind diese unerwunscht. Je nach Schwingungsform bzw. dem damit ver-

    bundenen Phanomen wird klassifiziert [23], [143], [146] :

    Ruckelnist die erste Eigenform bei geschlossenem Triebstrang. Sie wird durch

    Motormomentenanderung angeregt und ist komfort- und bei automa-

    tisierten Getrieben funktionsrelevant. Ihre Frequenz liegt bei PKW

    im Bereich 1-3 Hz, bei LKW kann sie

  • Bild 2.1 Modell der Triebstrangmechanik

    Kupplung. Die Frequenz liegt bei PKW im Bereich von 9-13 Hz.

    Rupfen ist komfortrelevant und tritt hauptsachlich bei Anfahrvor-

    gangen auf. Die Anregung erfolgt insbesondere durch Selbsterregung

    infolge negativer Reibwertgradienten der Kupplungsreibbelage.

    Rasselnist die dritte Eigenform mit einer Frequenz im Bereich von 40-70 Hz.

    Durch das Aneinanderschlagen spielbehafteter Bauteile im Getriebe

    treten hoherfrequente Rasselgerausche auf. Angeregt wird diese Ei-

    genform durch die Drehungleichformigkeit im Motormoment.

    ClonkBeim Lastwechsel kann durch das Aneinanderschlagen spielbehafte-

    ter Bauteile ein besonders pragnantes Gerausch, der Getriebeclonk,

    auftreten. Der Frequenzbereich reicht von 300-6000 Hz.

    LastwechselschlagBeim Lastwechsel konnen infolge der hohen Momentenanderungen

    die Aggregate in ihren Lagern anschlagen, was horbar und ggfs. fuhl-

    bar ist (15-200 Hz).

    Insbesondere die Ruckel-Eigenform stellt ein Komfortproblem dar, das bei

    Nutzfahrzeugen aufgrund der niedrigen Frequenzen in verstarkter Form

    auftritt. Oszillationen im Triebstrang bzw. im Radmoment ubertragen sich

    auf die Beschleunigung des Fahrzeuges und damit des Fahrers, siehe Bild

    2.2. Sie werden als komfortmindernd empfunden. Schnelle Momentenande-

    22

  • Bild 2.2 Komfortrelevante Groen (Bildquelle: Daimler)

    rungen, wie sie z. B. mit schnellen Fahrpedalanderungen einhergehen, regen

    den Triebstrang starker an als langsame und sind daher nicht beliebig um-

    setzbar. Sie sind aber erforderlich, um kurze Reaktionszeiten zu realisieren.

    Zur Darstellung eines akzeptablen Fahrverhaltens sind daher Kompromisse

    einzugehen. [116] verdeutlicht am Beispiel des Anfahrverhaltens den Begriff

    der Driveability. [47] befasst sich u. a. mit der Objektivierung des Begriffs

    Fahrkomfort und nennt aufeinander folgende Beschleunigungsflanken, wie

    sie beim Ruckeln auftreten konnen, als komfortminderndes Kriterium.

    Eine groe Anzahl von Arbeiten befasst sich mit dem Themenkom-

    plex Triebstrangdynamik mit dem Schwerpunkt Fahrzeugruckeln. [95] be-

    schreibt Einflusse auf das Fahrzeugruckeln anhand eines Simulationsmo-

    dells. [28] analysiert die Einflusse auf das Ruckelverhalten eines PKW-

    Antriebsstranges. Dabei werden Kupplungssteifigkeit, Reifenverhalten und

    der Einfluss der Aggregate berucksichtigt. [25] untersucht in der Simula-

    tion die Einflusse von Kupplungssteifigkeit und Seitenwellensteifigkeit auf

    Langsruckeln und Getrieberasseln. [48] sowie darauf aufbauend [49] unter-

    suchen die Eigenformen eines einfachen Triebstrangmodells und ordnen sie

    Fahrzeug, Radern und Getriebe zu. Es werden die Entstehungsmechanis-

    men von Ruckeln und Clonk sowie Moglichkeiten zur Beeinflussung analy-

    siert. [143] gibt einen Uberblick uber Schwingungen im Antriebsstrang und

    zeigt auf, welche Modellierungstiefen fur die Nachbildung der einzelnen

    Phanomene erforderlich sind. [87] und [146] unterscheiden die Lastwechsel-

    23

  • reaktionen Ruckeln, Lastwechselschlag und Getriebeclonk. [99] gibt einen

    Teiluberblick uber bestehende Literatur u. a. zur Analyse von Driveability,

    Langsschwingungen und Regleransatzen. [68] beschreibt Modelle zur Simu-

    lation der Triebstrangdynamik mit Torsionsdampfer, Lose, Reifenschlupf

    sowie verschiedene Ansatzen zur Motormodellierung. Auch in [76] werden

    Modelle zur Simulation der Triebstrangdynamik vorgestellt.

    Eine weitere Reihe von Arbeiten befasst sich mit dem Thema Rupfen. Die-

    se Schwingungen werden hauptsachlich durch den Friktionskontakt einer

    Reibkupplung induziert. [22] beschreibt Ursachen und Methoden zur Ana-

    lyse solcher Rupfschwingungen. [71] untersucht dasCold Start Squeal-

    Phanomen, das in den Bereich der Akustik fallt. Ausfuhrlicher mit dem

    Kupplungsrupfen und Gegenmanahmen befasst sich [3]. Als Hauptursa-

    che wird die Reibbelagscharakteristik angefuhrt. [78] analysiert ausfuhrlich

    Ursachen fur Kupplungsrupfen und nennt konstruktive sowie regelungs-

    technische Gegenmanahmen. Als solche wird die Regelung der Anpress-

    kraft vorgeschlagen, um gegenphasig die Rupfschwingungen zu dampfen.

    In [151] werden als Gegenmanahmen eine gegenphasiges Stellmoment, ei-

    ne weichere Belagfederung und dampfende Kupplungsreibbelage genannt.

    Eine verwandte Problematik beim Anfahren ist der Einkuppelschlag. Beim

    Einkuppeln findet ein Systemubergang von offenem zu geschlossenem

    Triebstrang statt, wobei aufgrund des sich andernden Kupplungsmomentes

    Schwingungen angeregt werden konnen. [127] untersucht hierzu Einflusse

    und Optimierungsmanahmen.

    Das Thema Getrieberasseln stellt einen eigenen Teilkomplex dar. Die Dreh-

    ungleichformigkeit des Motors infolge der Zylinderdruckverlaufe wirkt als

    anregende Komponente. Als Gegenmanahmen sind hauptsachlich kon-

    struktive Losungen in Form von Torsionsdampfern eingesetzt. Im PKW

    werden zum Teil auch Zweimassenschwungrader (ZMS) verbaut. Das Ge-

    trieberasseln wurde in der Simulation z. B. schon in [86] untersucht. In [69]

    ist ein ZMS mit Fliehkraftpendel beschrieben. [11] und [123] beschaftigen

    sich mit der Simulation eines ZMS im Antriebsstrang. [130] untersucht die

    Auswirkung einer Weitwinkelkupplung, die sich bzgl. der Drehungleich-

    formigkeit positiv und bzgl. des Ruckelns negativ auswirkt. [4] stellt eine

    Methodik zur Untersuchung des dynamischen Verhaltens von ZMS beim

    Lastwechsel vor. Mit der Optimierung des Drehschwingungsverhaltens von

    24

  • Bild 2.3 Nutzfahrzeug-Klauengetriebes, 16-Gang-Ausfuhrung (Bildquelle:Daimler)

    NFZ-Antriebsstrangen durch Torsionsdampfer beschaftigt sich [128]. Aus-

    fuhrlich wird das Thema Getrieberasseln auch in [113] behandelt.

    2.2 Schaltvorgange

    Nutzfahrzeuggetriebe fur den Schwerlastbereich besitzen in der Regel 12

    oder 16 Gange und beinhalten drei Schaltgruppen, vgl. Bild 2.3. Diese kon-

    nen separat uber eigene Aktuatoren betatigt werden. Die Hauptgruppe ist

    in Vorgelegebauweise ausgefuhrt und besitzt drei bzw. vier Ubersetzungs-

    stufen. Die vorgeschaltete Splitgruppe bewirkt mit ihrer niedrigen Sprei-

    zung eine zweistufige Feineinstellung der Gesamtubersetzung. Die Range-

    gruppe weist eine hohe Spreizung auf und trennt die unteren von den oberen

    sechs bzw. acht Gangen. Die Synchronisierung erfolgt bei Split- und Range-

    gruppe mechanisch. Die Hauptgruppe wird bei Klauengetrieben elektro-

    nisch synchronisiert. Dafur ist als Aktuator die Vorgelegewellenbremse er-

    forderlich (siehe Bild 2.3). Bei der Steuerung eines Schaltvorganges ist eine

    25

  • Bild 2.4 Phasen eines Schaltvorganges

    exakte Abstimmung und Koordination aller Aktuatoren erforderlich. Der

    Ablauf einer typischen Zughochschaltung ist schematisch in Bild 2.4 darge-

    stellt. Vor dem eigentlichen Gangwechsel ist das Motormoment abzubauen,

    um den Triebstrang zu entlasten und ein Hochdrehen des Motors zu ver-

    meiden. Nach dem Offnen des Triebstrangs bzw. dem Auslegen des Gangs

    erfolgt die Synchronisationsphase, in welcher die Drehzahl der Vorgelege-

    welle an die neue Zieldrehzahl angepasst wird. Dies erfolgt entweder durch

    Abbremsen uber die Vorgelegewellenbremse (Hochschaltung) oder durch

    Beschleunigen uber die Kupplung oder den Motor. Bei erfolgtem Drehzahl-

    angleich wird die Klaue eingespurt bzw. der Triebstrang geschlossen und

    die Zugkraft wieder bis zur Fahrpedalanforderung aufgebaut. Die Phasen

    eines Schaltvorganges sind ausfuhrlich auch in [109] beschrieben. Durch

    den Momentenabbau vor der eigentlichen Schaltung wird die Triebstrang-

    dynamik angeregt. Dies wirkt sich auf die gefuhlte Fahrerbeschleunigung

    und damit das Komfortempfinden aus. Ein akzeptabler Schaltkomfort ist

    in jedem Falle Voraussetzung fur die Akzeptanz von automatischen Getrie-

    ben. Schwingungen beeinflussen aber auch die Einleitung des eigentlichen

    Schaltprozesses. Je nach Prinzip wird der Triebstrang beim Gangauslegen

    durch die Reibkupplung oder direkt an der Klaue aufgetrennt. Zu die-

    sem Zeitpunkt ist ein definierter Triebstrangzustand entscheidend, da eine

    unerwunschte Restverspannung zu Schwingungen auf den Getriebewellen

    26

  • fuhren kann. Dies beeinflusst die Synchronisation und kann zu verlangerten

    Schaltzeiten fuhren.

    Eine Vielzahl von Arbeiten befasst sich mit dem Schaltablauf automati-

    scher Getriebe. Hier soll eine Auswahl mit Fokus auf AMTs genannt wer-

    den. [33] sowie [110] erlautern die Phasen des Schaltablaufs bei automa-

    tisierten Schaltgetrieben. [24] bezieht sich auf das im BMW M3 verbaute

    automatisierte Getriebe und beschreibt ebenfalls den Schaltablauf. [41] be-

    fasst sich mit der Regelung der Phasen des Schaltvorganges mit Fokus auf

    den Phasen mit schleifender Kupplung. [42] zeigt den Ablauf eines Schalt-

    vorganges bei AMT und stellt die Anforderungen an die jeweils aktiven

    Regelungen heraus.

    Weitere Arbeiten zielen auf den Schaltkomfort. [16] stellt einen komfor-

    tablen einem unkomfortablen Schaltablauf gegenuber. [15] untersucht den

    Schaltkomfort und sieht gegenlaufige Flanken der Beschleunigung als kom-

    fortmindernd an. [36] stellt Kenngroen zur Objektivierung des Schaltkom-

    forts vor. Neben dem Auftreten von gegenlaufigen Flanken der Langsbe-

    schleunigung werden weitere Kenngroen hergeleitet. Die Applikationspa-

    rameter werden als gegeben vorausgesetzt und anhand eines Gutekriteri-

    ums appliziert. Das Verfahren ist zur Offline-Auslegung am Prufstand aus-

    gelegt. In [46] sowie [47] werden Einflusse auf das Komfortempfinden bei

    Schaltvorgangen untersucht und Ansatze zur Objektivierung aufgezeigt.

    Dabei wird die Langsbeschleunigung als entscheidende Groe identifiziert

    und der Einfluss von Nicken und Wanken als gering angesehen. Anhand der

    Kriterien wird eine automatisierte Optimierung einer Schaltung am Pruf-

    stand aufgezeigt. Die in [19] vorgestellten Schaltkomfortuntersuchungen

    setzen auf diese Arbeiten auf. [73] verwendet evolutionare Algorithmen zur

    Parameteroptimierung von Schaltvorgangen bei PKW-Automatgetrieben.

    Ferner erlautert [32] das Problem des Auskuppelschlages, wie er beim Off-

    nen der Kupplung vor dem Schaltvorgang auftreten kann. [27] befasst sich

    mit Spiel im Antriebsstrang und dessen Auswirkung auf Getrieberasseln

    und Schaltclonk.

    27

  • 2.3 Bestehende Losungsansatze

    Einhergehend mit dem Einzug der Elektronik beim Triebstrangmanage-

    ment werden zur Behandlung der Problematik der Triebstrangschwingun-

    gen zunehmend softwareseitige Manahmen untersucht und eingesetzt. Sie

    sind Gegenstand einer Reihe von aktuellen wissenschaftlichen Arbeiten. Im

    Folgenden wird der Stand der Technik wiedergegeben.

    Eine Teilgruppe der Arbeiten beschaftigt sich mit der Regelung von

    Rupfschwingungen, die bei schleifender Kupplung auftreten konnen. Das

    anzusteuernde Stellglied ist hier der Kupplungsaktuator, der uber seine Po-

    sition das Kupplungsmoment vorgibt. [122] zeigt einen Losungsansatz zur

    Dampfung von Rupfschwingungen bei einem Doppelkupplungsgetriebe mit

    hydraulischen Aktuatoren. Es werden Zustandsregler basierend auf einem

    komplexen Systemmodell ausgelegt und am Prufstand verifiziert. [21] zeigt

    einen LQ-Regler zur Regelung des Anfahrvorgangs mit schleifender Kupp-

    lung. [5] stellt als Gegenmanahme zum Kupplungsrupfen eine Moglich-

    keit zur aktiven Dampfung uber ein gegenphasiges Kupplungsmoment dar

    und untersucht diese am Prufstand. [93] beschreibt ein Konzept zur Rege-

    lung von Doppelkupplungsgetrieben. Dabei sollen Triebstrangschwingun-

    gen bei den Kuppelvorgangen uber eine Schlupfregelung gedampft werden.

    Auch [72] zeigt eine Reglerauslegung fur den Fall schleifender Kupplung

    beim Doppelkupplungsgetriebe zur Dampfung von Triebstrangschwingun-

    gen uber die Kupplung.

    Eine weitere Teilgruppe kann unter dem StichwortRuckelregler zusam-

    mengefasst werden und bezieht sich auf die Regelung von Triebstrang-

    schwingungen im Fahrbetrieb. Durch Lastwechsel bzw. Fahrpedal-

    anderungen werden Schwingungen im Triebstrang angeregt. Durch das

    elektronische Fahrpedal kann der Motor von der Fahrpedalstellung ent-

    koppelt uber eine Softwarefunktion als Aktuator verwendet werden. [115]

    befasst sich mit der Triebstrangsimulation und beschreibt drei Ansatze

    zur Anti-Ruckel-Regelung. In der Simulation werden ein PI-Regler, ein

    LQG-Regler und ein GPC-Regler (Generalized Predictive Control) un-

    tersucht. [12] nennt als Losungsansatz eine Regelung mit zwei Freiheits-

    graden, deren Parameter mittels Gain-Scheduling angepasst werden, ohne

    konkrete Aussagen zur Struktur zu machen. [38] beschreibt Ansatze zur

    28

  • Regelung der Fahrzeuglangsdynamik ohne Berucksichtigung von Ruckel-

    schwingungen. Es werden Verfahren zur Parameterbestimmung aufgezeigt,

    wobei diese zur Offline-Parametrierung ausgelegt sind. [68] zeigt anhand

    von optimalen Regerlauslegungen das Potenzial einer Regelung bei unter-

    schiedlich detaillierten Motormodellen in der Simulation. Die Algorithmen

    erfordern eine Offline-Berechnung und sind nicht zum Einsatz in Steuer-

    geraten konzipiert. [101] zeigt die Wirkung eines LQG-Reglers zur Ge-

    schwindigkeitsregelung mit Dampfung von Triebsstrangschwingungen. [49]

    schlagt fur Lastwechsel bei PKW ein Kompensationsmoment in Abhan-

    gigkeit der Winkelbeschleunigung des Schwungrades vor. In [33] werden

    LQG-Regler fur die Motormomentenregelung im Fahrbetrieb vorgeschla-

    gen. [91] untersucht regelungstechnische Moglichkeiten zur aktiven Damp-

    fung von Schwingungen bei Elektrostraenfahrzeugen und nutzt dazu den

    Elektromotor als Aktuator. Auch [43] zeigt anhand eines Modells fur ein

    Elektrofahrzeug auf, wie uber den elektrischen Aktuator Drehschwingun-

    gen gedampft werden konnen. Dabei werden eine Ruckkoppelung der Dreh-

    zahldifferenz von Motor und Raddrehzahl verwendet und die Auswirkungen

    auf ein Modell mit Berucksichtigung der Aggregatelager aufgezeigt. [117]

    untersucht theoretisch an einem Zweimassenschwinger die Wirkung von

    verschiedenen Regelungskonzepten, ohne eine konkrete Anwendung wie z.

    B. im Automobil anzustreben. [121] untersucht Langsschwingungen bei

    Lastwechselvorgangen und bei Einfugung einer Haltestufe im Momenten-

    aufbau. [155] und [103] benutzen einen erweiterten Kalmanfilter (EKF) zur

    Online-Parameterschatzung. Dieser dient als Basis fur einen Ruckeldamp-

    fungsregler. [104] entwirft einen modellbasierten Regler als aktiven Ru-

    ckeldampfer bei Lastwechseln und legt diesen anhand von Parameteriden-

    tifikationsmethoden aus. Die Identifikation erfolgt mit einem EKF. Eine

    Parametrierung einer Vorsteuerung sei bei diesem Konzept nicht moglich.

    In [147] wird ein LQG-Regler zur Dampfung der Triebstrangschwingungen

    und eine Adaption mittels RLS-Verfahren basierend auf einem Kalman-

    filter zur Torsionsschatzung als mogliche Erweiterung vorgestellt. In [148]

    liegt der Schwerpunkt auf der Auslegung komplexer Regelungen fur den

    Fahrbetrieb in der Simulation. Daneben werden Identifikationsmethoden

    aufgezeigt, die aufgrund der Ruckkoppelung von Beobachter- und Identi-

    fikationsalgorithmen das Risiko von Instabilitaten beinhalten. Eine Veri-

    fikation der Simulationen im Fahrzeug bleibt aus. [145] und [112] nennen

    29

  • drei Moglichkeiten zur Verbesserung von Lastwechselreaktionen: Steigungs-

    variation, Stufe im Momentenverlauf und der Einsatz eines Reglers ohne

    genauere Angaben. [17] stellt einen Regler zur Schwingungsdampfung ba-

    sierend auf einem einfachen Modell vor. [13] berucksichtigt die Totzeit im

    Regelkreis und schlagt eine Totzeitkompensation mittels Smith-Pradiktor

    vor. [7] und [14] entwerfen einen diskreten Regler dritter Ordnung fur ein

    Elektrofahrzeug. Es wird ein Kalmanfilter zur Schatzung des Getriebemo-

    mentes verwendet. [129] identifiziert offline ein vereinfachtes Ersatzsystem

    und legt darauf basierend eine Steuerung aus. Uber die erforderliche Trajek-

    torienplanung werden keine Aussagen gemacht. [18] zeigt einen Ansatz zur

    Dampfung von Triebstrangschwingungen mittels GOC (Generalized Opti-

    mal Control). Dabei wird abschnittsweise ein optimaler Wert der Stellgroe

    berechnet und zum Gesamtverlauf zusammengesetzt. Die Anwendung ist

    auf Offline-Untersuchungen begrenzt. [20] untersucht in der Simulation die

    Wirkung eines LQ-Reglers zur Dampfung von Triebstrangschwingungen.

    Uber den Feedforward Teil wird keine Aussage gemacht.

    Zur Regelung der Triebstrangschwingungen bei Schaltvorgangen

    liegen eine Reihe von Arbeiten vor. Je nach System und Anwendungs-

    fall werden dabei Motor oder Kupplungen als Aktuatoren verwendet. [37]

    zeigt theoretisch das Vorgehen zur Auslegung optimal geregelter Schalt-

    vorgange fur Automatikgetriebe (AT). [100] untersucht die Wirkung eines

    PID-Reglers bei der Momentenregelung fur Schaltvorgange von AMTs in

    Simulation und Praxis. [34] zeigt einen Backstepping-Ansatz zur Momen-

    tenfuhrung in der Simulation auf. Dieser benotigt ein komplexes Modell der

    Motordynamik, was einen praktischen Einsatz erschwert. Neben der An-

    wendung bei Lastwechseln wird auch die Anwendung bei Schaltvorgangen

    beispielhaft in der Simulation demonstriert. [75] befasst sich mit Schalt-

    vorgangen bei PKW-Automatikgetrieben. Dort stehen zwei Aktuatoren in

    Form von Lamellenkupplungen zur Verfugung, so dass eine Zugkraftun-

    terbrechung vermieden werden kann. Es wird eine Regelung vorgestellt,

    die die Elastizitat des Antriebsstrangs berucksichtigt. [50] und [52] be-

    fassen sich ebenfalls mit der Optimierung von PKW-Automatgetrieben.

    Ein Schwerpunkt liegt auf der Berucksichtigung der Dynamik des hydrau-

    lischen Systems. Die Optimierung erfolgt offline durch Parametervaria-

    tion ahnlich wie in [75]. Als Alternative wird eine modellbasierte Rege-

    lung vorgestellt. Auch hier wird jedoch die Reglerauslegung durch Offline-

    30

  • Optimierungsalgorithmen durchgefuhrt. [51] stellt zur Regelung von Stu-

    fenautomaten eine optimale Zustandsregelung vor. [88] definiert fur einen

    AMT-Schaltvorgang verschiedene Gutekriterien wie Antriebsarbeit, Langs-

    beschleunigung und Dissipationsenergie. Darauf basierend wird ein Ziel-

    funktional bestimmt und anhand dessen eine optimale Systemtrajekto-

    rie ausgewahlt. [102] behandelt die Triebstrangmodellierung mit Fokus

    auf schweren Nutzfahrzeugen. Fur den Gangwechsel bei AMTs wird ein

    Zustandsregler nach LQG/LTR-Verfahren vorgeschlagen. Ein Einsatz im

    Fahrzeug wurde fur einen PI-Regler erreicht. Die in [70] vorgestellten Reg-

    ler entsprechen dieser Arbeit.

    Ferner beschaftigen sich weitere Arbeiten mit speziellen Themen der

    Triebstrangregelung. Der Vollstandigkeit halber wird hierfur eine knap-

    pe Auswahl aufgefuhrt: [1] untersucht die Wirkung eines elektronischen

    Kupplungsmanagements (EKM) zur Reduktion des Getrieberasselns. Beim

    EKM soll durch einen geregelten Schlupfbetrieb der Kupplung die Drehun-

    gleichformigkeit infolge von Gas- und Massenkraften des Motors von der

    Sekundarseite der Kupplung entkoppelt werden. [2] fuhrt diese Untersu-

    chungen fort. Ein weiteres Thema ist die im Antriebsstrang vorhandene

    Lose. Diese muss bei Nulldurchgang des Momentes durchfahren werden.

    Auch dafur ist der Einsatz von Reglerfunktionen in wissenschaftlichen Ar-

    beiten untersucht worden. [80], [79], [81], [82], [85], [83] sowie [84] behandeln

    die Thematik ausfuhrlich. Es werden sowohl Schatzalgorithmen zur Ermitt-

    lung der Lose wie auch Gegenmanahmen in Form von Reglerfunktionen

    vorgestellt.

    2.4 Ziel der Arbeit

    Die Optimierung von Schaltvorgangen ist nach wie vor das zentrale The-

    ma bei der Softwareentwicklung fur automatische Getriebe. Zum Errei-

    chen eines Kompromisses zwischen Schaltzeit und Schaltkomfort werden

    aufgrund der Triebstrangdynamik im Allgemeinen Softwarefunktionen ein-

    gesetzt. Die bisherigen Arbeiten basieren entweder auf modellbasierten Re-

    gelungen oder auf der Einstellung der Stellgroenverlaufe im Rahmen der

    Parameterapplikation am Prufstand. Die modellbasierten Verfahren ent-

    halten stets eine Feedback-Struktur und beinhalten damit verschiedene

    31

  • Nachteile. Mittels einer reinen Regelung kann ein definierter Triebstrang-

    zustand nach einer definierten Vorgangsdauer nicht garantiert werden. Es

    entstehen weiterhin Schwierigkeiten durch die systemimmanenten Totzei-

    ten, die im Vergleich zur Vorgangsdauer hoch sind. Generell besteht hier

    eine Problematik der Regelung in der nicht messbaren Regelgroe. Beob-

    achteralgorithmen basieren auf Ersatzmodellen, die stets mit Modellfehlern

    behaftet sind. Sie fuhren zudem weitere Verzogerungen ins System ein. Da-

    neben ist zu beachten, dass die zur Verfugung stehenden Messgroen im

    Fahrzeug prinzipbedingt mit variabler Verzogerung ermittelt werden. Dies

    alles kann sich negativ auf die Performance einer Regelung auswirken. Ap-

    plikationsbasierte Einstellverfahren sind dafur bestimmt, am Prufstand die

    Softwareparameter fur ein spezielles System einzustellen. Sie bilden nicht

    zwangslaufig ein Dynamikmodell ab. Dies ist zur Parametrierung im Nutz-

    fahrzeugbereich nicht optimal. Auch bei modellbasierten Verfahren ist die

    Vorparametrierung aufgrund der hohen Anzahl von Parametersatzen infol-

    ge der Vielzahl der Nutzfahrzeugkonfigurationen und der im Betrieb ver-

    anderlichen Regelstrecke schwierig.

    Die vorliegende Arbeit stellt ein abgestimmtes Gesamtkonzept vor, das die-

    se Aspekte berucksichtigt. Die Momentenfuhrung wird als reine Steuerung

    basierend auf der Theorie der Flachheit ausgelegt. Damit kann ein ge-

    wunschter Sollverlauf des Triebstrangzustandes vorgegeben werden. Auch

    das Problem der Trajektorienplanung wird hierfur gelost, so dass Randbe-

    dingungen berucksichtigt werden konnen und die Vorgangsdauer einstellbar

    ist. Mit dieser Art der Momentenfuhrung bieten sich spezielle Moglichkei-

    ten zur Funktionsadaption im Fahrbetrieb. Das Gesamtkonzept Steuerung

    mit angepasstem Adaptionskonzept bildet den Schwerpunkt der Arbeit.

    Ziel ist auerdem, das Gesamtkonzept so zu entwickeln, dass bzgl. Robust-

    heit, Komplexitat und Algorithmen ein steuergeratetauglicher Einsatz im

    praktischen Fahrbetrieb moglich ist. Dies wird durch den Aufbau eines

    Prototyps verifiziert.

    32

  • 3 Systemkomponenten und

    Modellbildung

    In diesem Kapitel werden die relevanten Wirkmechanismen und Kompo-

    nenten, die das Schwingungsverhalten eines Nutzfahrzeuges im Hinblick

    auf die relevanten Frequenzen pragen, herausgearbeitet. Abschnitt 3.1 be-

    schrankt sich dabei auf die Momentenubertragung im Triebstrang vom Mo-

    tor bis zum Reifen. Im Fokus stehen die dynamischen Eigenschaften der

    Komponenten Motor, Kupplung, Torsionsdampfer, Getriebe, Antriebs- und

    Seitenwellen sowie Reifen bzw. Reifen-Fahrbahnkontakt. Abschnitt 3.2 be-

    handelt die dynamisch relevanten Eigenschaften des Gesamtsystems Sat-

    telzug, mit dem der Triebstrang gekoppelt ist. Die wesentlichen Freiheits-

    grade werden an einem vereinfachten Modell einer typischen Sattelzugma-

    schine verdeutlicht. In Abschnitt 3.3 zeigen vergleichende Simulationen die

    Eignung der Modelle im Hinblick auf die Abbildung von funktions- bzw.

    komfortrelevanten Groen. Fur den spateren Funktionsentwurf wird ein

    vereinfachtes Ersatzmodell benotigt, das in Abschnitt 3.4 abgeleitet wird.

    Hierfur werden die bei der Reduktion getroffenen Vernachlassigungen mit

    ihren Auswirkungen verdeutlicht.

    3.1 Antriebsstrang

    Die Komponenten eines typischen Antriebsstranges fur schwere Nutzfahr-

    zeuge sind aus Bild 3.1 ersichtlich. Die einzelnen Komponenten beeinflus-

    sen mit ihren Tragheiten, Elastizitaten sowie teilweise ihrer Funktion als

    Stellglied die Momentenubertragung im Antriebsstrang. Mit dieser The-

    matik beschaftigen sich viele der in Abschnitt 2.1 genannten Arbeiten. In

    den folgenden Unterabschnitten werden die relevanten Eigenschaften der

    einzelnen Komponenten, die fur das dynamische Verhalten bzw. die Mo-

    dellierung wichtig sind, zusammengefasst.

    33

  • Motor Kupplung/

    Torsions-

    dmpfer

    Getriebe

    Antriebs-

    welle

    Hinterachs-

    differenzial

    Reifen

    Seiten-

    welle

    Bild 3.1 Komponenten eines LKW-Antriebsstrangs (Bildquellen: Daimler,ZF Sachs, Continental)

    3.1.1 Motor

    Das antreibende Element im Antriebsstrang ist der Verbrennungsmotor.

    Er ist in zweierlei Hinsicht dynamisch relevant. Zum einen erzeugt er das

    Motormoment, zum anderen wirkt er als mechanische Tragheit. Der Druck-

    verlauf in den einzelnen Zylinder ubertragt sich als Kraft auf die jeweiligen

    Kolben, die uber Pleuel das Moment der Kurbelwelle erzeugen. Hierbei ent-

    steht ein pulsierendes Moment im Einzelzylinder. Bei mehreren Zylindern

    uberlagern sich die Einzelmomente zu einem welligen Gesamtmomenten-

    verlauf. Die Frequenz der Pulsationen hangt von Zylinderzahl und Dreh-

    zahl ab. Die Amplitude hangt vom Druck und damit bei Dieselmotoren

    mageblich von der eingespritzten Kraftstoffmenge ab. Ihre Steuerung ist

    eine der Hauptaufgaben der Motorsteuerung. Zur Triebstrangmodellierung

    im Hinblick auf die Ruckeleigenform ist die Verwendung des Mittelwerts

    des Motormoments ausreichend, da die Ruckelfrequenzen deutlich tiefer

    als die Frequenzen der Pulsationen liegen. Zu diesem Ergebnis kommt [68]

    nach dem Vergleich zwischen einem Modell mit pulsierendem Motormo-

    ment (Cylinder by Cylinder Engine Model) und einem Mittelwertmodell

    (Mean Value Engine Model) in der Simulation. Die typischen Motorkenn-

    felder, vgl. Bild 3.2, verwenden den Mittelwert des Motormomentes. Sie

    zeigen den Bereich, in dem dieser Wert variiert werden kann, abhangig

    von der Motordrehzahl. Die Grenzen werden durch die Volllastkennlinie

    und die Schlepplinie festgelegt. Das maximale Motormoment ist begrenzt

    durch Luftmasse und Einspritzmenge. Die zugefuhrte Luftmasse ist bei den

    34

  • 600 800 1000 1200 1400 1600 18001500

    1000

    500

    0

    500

    1000

    1500

    2000

    2500

    3000

    Motordrehzahl [U/min]

    Motormoment [Nm]

    Motorkennfeld

    Volllastmoment

    Motorschleppmoment

    Konstantdrossel

    Auspuffklappe

    Bild 3.2 Motorkennlinien eines 8-Zylinder LKW-Motors

    turboaufgeladenen Motoren vom Turboladerzustand abhangig. Hier kann

    eine dynamische Verzogerung bis zum Erreichen der maximalen Volllast-

    kennlinie auftreten, da der Turbolader nicht unendlich schnell reagiert. [34]

    modelliert diese Turbolader-Dynamik. Der Schleppbereich ist hier durch

    die Motorbremsen in Bild 3.2 nochmals erweitert. Hierbei ist jedoch die

    Einschaltverzogerung von Konstantdrossel und Auspuffklappe zu beruck-

    sichtigen. Innerhalb dieser Grenzen kann das Motormoment uber die Ein-

    spritzmenge durch die Motorsteuerung relativ schnell geandert werden. Im

    Idealfall passiert dies ab dem nachsten Einspritzzeitpunkt. Diese Verzo-

    gerung kann als variable Totzeit angenommen werden [70]. Da die Zeit

    zwischen zwei Einspritzzeitpunkten von der Drehzahl abhangig ist, ergibt

    sich:

    ES =2

    zZyl nM(3.1)

    Weitere Verzogerungen konnen durch die Datenverarbeitung im Steuerge-

    rat entstehen. Daneben kann im Netzwerkverbund der Motor uber geeig-

    nete Schnittstellen als Aktuator zur Verfugung gestellt werden. In einer so

    verteilten Funktionalitat treten dann zusatzliche Verzogerungen infolge der

    Steuergeratetaktung und der Bustaktung auf. Fur den Regelkreis sind dies

    35

  • dynamisch relevante Effekte, die insgesamt zu einer beachtlichen Totzeit

    fuhren.

    Als zweite dynamische Eigenschaft ist das Tragheitsmoment des Motors

    relevant. Dabei ist zu beachten, dass bei Annahme einer Rotationstrag-

    heit auch translatorische Komponenten wie die Kolben auf den Kurbelwel-

    lenwinkel reduziert werden, was zu einer winkelabhangigen Drehtragheit

    fuhrt. Insgesamt setzt sich das dynamische Moment Mosz aus einem um

    den Nullpunkt oszillierenden Anteil Mosz,stat und einen um einen Offset

    oszillierenden Anteil Mosz,dyn zusammen [90]:

    Mosz =Mosz,stat(M , 2M) +Mosz,dyn(M , M) (3.2)

    Im Falle eines konstanten Tragheitsmomentes wurde dies dem Ausdruck

    M = J entsprechen. Die Schwankungen des Momentes sind betragsma-

    ig klein und von hoher Frequenz. Massenausgleichswellen wirken diesem

    Effekt, der von Bauart und Zylinderform abhangig ist, zusatzlich entgegen.

    Daher kann der oszillatorische Teil vernachlassigt werden. Es wird fur die

    Motortragheit JM ein Mittelwert verwendet, der dem Offset des dynami-

    schen Anteils entspricht. Fur eine Modellbildung mit dem Fokus auf den

    Ruckelschwingungen ist dies ausreichend.

    3.1.2 Kupplung

    Die Kupplung vereint zwei Komponenten in einem integrierten Bauteil. Sie

    wirkt einerseits als Aktuator beim Trennen und Schlieen des Triebstrangs.

    Die Stellgroe ist dabei der Kupplungsweg sK , der eine Anpresskraft FAam Reibkontakt erzeugt. Bild 3.3 zeigt den typischen Verlauf. Uber den

    Reibkontakt wird dadurch das Kupplungsmoment erzeugt. Dabei sind die

    zwei Falle zu unterscheiden. Bei haftender Kupplung legt die Anpresskraft

    das maximal ubertragbare Kupplungsmoment MK,max fest, oberhalb dem

    das Durchrutschen der Kupplung beginnt. Es ist durch den Haftbeiwert Hund den mittleren Reibradius Rm festgelegt. Dynamisch ist die Hohe des

    Kupplungsmomentes fur die Momentenubertragung nicht relevant, solange

    der haftende Zustand bleibt.

    MK,max = H FA(sK)Rm nK (3.3)

    36

  • 0 20 40 60 80 1000

    20

    40

    60

    80

    100

    Ausrckweg [%]

    Anpresskraft [%]

    Kupplungskennlinie

    Kupplung offen

    Bild 3.3 Typischer Verlauf der Kupplungskennlinie

    Unterschreitet das Zwangsmoment das maximal ubertragbare Kupplungs-

    moment, so beginnt die Gleitphase der Kupplung. In diesem Zustand ist

    der Gleitreibbeiwert G magebend fur das Kupplungsmoment MK :

    MK = G FA(sK)Rm nK (3.4)

    Der Reibbeiwert ist hier eine vereinfachende Darstellung der komplexen

    Vorgange im Reibkontakt. Er ist von verschiedenen Faktoren abhangig,

    von denen als wichtigste die Temperatur, die Flachenpressung und die Dif-

    ferenzgeschwindigkeit im Reibkontakt zu nennen sind. Bei vereinfachender

    Annahme eines konstanten Reibbeiwertes entstehen als dynamisches Mo-

    dell zwei Teilsysteme, die lediglich uber das Kupplungsmoment gekoppelt

    sind. Da sich Gleit- und Haftbeiwert unterscheiden, konnen auch bei lang-

    samem Triebstrangoffnen bzw. -schlieen Schwingungen angeregt werden.

    Als weitere Komponente ist bei Nutzfahrzeugantriebsstrangen der Torsi-

    onsdampfer in die Kupplung integriert. Dessen Funktion ist die Entkopp-

    lung der periodischen Drehungleichformigkeiten des Motormomentes von

    der Sekundarseite. Realisiert wird dies durch zusatzliche Federsatze. Eine

    typische Kennlinie ist in Bild 3.4 abgebildet. Zusatzlich wird im Torsi-

    onsdampfer durch Relativbewegungen der aneinander gepressten Bauteile

    Coulombsche Reibung und somit Dampfung erzeugt. Diese wirkt anschau-

    lich wie eine Hysterese in der Kennlinie. Aus Grunden der Ubersichtlichkeit

    wurde diese in Bild 3.4 nicht dargestellt. Das Einfugen eines zusatzlichen

    37

  • Schubanschlag Leerlaufgrenze 0 Leerlaufgrenze Zuganschlag

    Anschlag

    Schub

    0

    Zug

    Anschlag

    Torsionswinkel

    Federmoment

    Federkennlinie Torsionsdmpfer

    Hauptdmpfer Leerlaufdmpfer Hauptdmpfer

    Bild 3.4 Charakteristik des Torsionsdampfers

    Bild 3.5 Wirkung des Torsionsdampfers [124]

    Feder-Dampferelementes in Form des Torsionsdampfers wirkt wie ein Tief-

    passfilter zwischen Motormoment und Getriebemoment. Den Effekt zeigt

    anschaulich Bild 3.5. Konstruktiv ist der Torsionsdampfer zweistufig aufge-

    baut. Bei kleinen Momenten im Leerlauf wirkt eine geringe Steifigkeit, um

    das Rasseln bei der niedrigen Leerlaufdrehzahl zu vermeiden. Eine Ver-

    ringerung der Steifigkeit wirkt wie ein Verschieben der Eckfrequenz des

    Tiefpassfilters zu kleineren Werten. Der Leerlaufdampfer wirkt aufgrund

    seiner geringen Steifigkeit beim Nulldurchgang des Moments als Lose im

    Triebstrang.

    38

  • 3.1.3 Getriebe und Antriebswellen

    Getriebe fur schwere Nutfahrzeuge sind wie in Bild 2.3 gezeigt mit drei

    Schaltgruppen versehen. Die Einzelubersetzungen multiplizieren sich zur

    Gesamtubersetzung des jeweiligen Ganges. Teilweise sind Direktganggetrie-

    be aufgrund der Wirkungsgradvorteile realisiert (iG = 1). Getriebe wirken

    vor bzw. nach dem eigentlichen Gangwechsel als passive Komponenten,

    d. h. lediglich als mechanisches Element sowie durch das Ubersetzungs-

    verhaltnis. Fur die Modellierung der im Fokus stehenden Dynamik ist dies

    ausreichend. Auch die weiteren Ubertragungsglieder wirken als passive me-

    chanische Komponenten. Vom Getriebeausgang wird das Moment von der

    Antriebswelle zum Hinterachsdifferenzial ubertragen. Dort wird das Mo-

    ment umgelenkt, ubersetzt (iHA) und uber die Seitenwellen zum Reifen

    geleitet. Diese sind mit ihrem hohen Verhaltnis von Lange zu Durchmes-

    ser vergleichsweise nachgiebig gegenuber den kurzen Bauteilen im Getriebe

    bzw. Hinterachsdifferenzial. Bei der Modellierung konnen nun weitere ge-

    eignete Annahmen getroffen werden. Um abzuschatzen, welche Tragheiten

    und Steifigkeiten mageblich sind, muss die dazwischen liegende Uberset-

    zung berucksichtigt werden. Die Umrechnungen bei der Reduktion uber die

    Gesamttriebstrangubersetzung iAS = iG iHA (siehe Bild 3.6) erhalt man aus

    der Energieerhaltung zu:

    J2 =JFZG

    i2AS, c =

    cAS

    i2AS, d =

    dAS

    i2AS(3.5)

    2 = RiAS, ML =M2

    iAS

    Die Ubersetzung geht quadratisch in die Parameterreduktion ein. Die Trag-

    heiten von Getriebe, Hinterachsdifferenzial und den Wellen konnen daher

    im Vergleich zur groeren Motortragheit bzw. Rad- und Fahrzeugtragheit

    vernachlassigt werden. Weiterhin ist die Abbildung der Getriebe als starre

    Elemente zulassig. Die Steifigkeit der Seitenwellen dominiert. Letztendlich

    kann ein gangabhangiges Feder-Dampfer-Element fur die Modellierung die-

    ser Teilkomponenten abgeleitet werden.

    39

  • Bild 3.6 Modellreduktion uber die Triebstrangubersetzung

    3.1.4 Reifen und Dampfung

    Das Verhalten des Reifens bzw. die Eigenschaften des Reifen-Fahrbahn-

    Kontaktes sind komplex und Gegenstand einer Vielzahl von wissenschaft-

    lichen Untersuchungen (z. B. [149], [108], [132]). Die Ableitung eines ge-

    eigneten Reifenmodells fur die Simulation ist daher nicht trivial und stellt

    immer eine Vereinfachung dar. Zum Teil werden zwar komplexe Model-

    le angegeben, deren Parametrierung aber schwierig bzw. nur mit einer

    Vielzahl von Messreihen moglich ist. Einfachere Ansatze berucksichtigen

    den Reifen im Triebstrang als zusatzlichen Freiheitsgrad in Form eines

    Masse-Feder-Dampfer-Elementes zwischen Seitenwellen und Fahrzeugmas-

    se ( [28] [48] [23] [91]). Dem Reifenverhalten liegt die Kraftubertragung

    zugrunde, die beim angetriebenen Reifen unter Schlupf stattfindet. Dieser

    ist in [8] definiert als:

    sR =vFZG R R

    |v| (3.6)

    Dabei ist v eine formale Normierungsgeschwindigkeit, fur die hier die

    Transportgeschwindigkeit R R eingesetzt wird. Die reifenspezifische Cha-

    rakteristik in Form der Abhangigkeit der Reifenkraft vom Schlupf wird

    ublicherweise in Diagrammen wie in Bild 3.7 dargestellt. Das Verhalten

    ist generell nichtlinear, mit Zunahme der Reifenkraft beginnt dasRut-

    schen. Bei den hier zu untersuchenden Ruckelschwingungen bewegt man

    sich meist in einem Bereich kleineren Schlupfes, bei dem eine lineare Abhan-

    gigkeit und damit eine konstante Reifensteifigkeit cl angenommen werden

    kann:

    cl =dFx

    dsR

    sR=0

    (3.7)

    40

  • -40 -20 0 20 40

    -40

    -20

    0

    20

    40

    Fx

    [k

    N]

    10 kN

    20 kN

    30 kN

    40 kN

    50 kN

    Schlupfkurve

    Schlupf [%]

    Bild 3.7 Langskraftverlauf eines LKW-Reifens [108]

    Bei vielen Reifenmodellen fuhrt diese Schlupfdefinition insbesondere bei

    kleinen Geschwindigkeiten in der Simulation zu Problemen (Division durch

    Null). Ein einfaches Modell, das die Reifendynamik als Verzogerungsglied

    erster Ordnung darstellt und auch bei kleinen Geschwindigkeiten gultig

    ist, wird von verschiedenen Autoren z. B. in [8], [107], [39] vorgeschlagen.

    Zugrunde liegt die Differenzialgleichung:

    rxFx + |v|Fx = cl (vFZG R R) (3.8)

    Anschaulich interpretiert stellt damit der Reifen-Fahrbahnkontakt eine Se-

    rienschaltung von Steifigkeit cR =clrxund Dampfung kR =

    cl|v| dar (vgl. Bild

    3.8). Die Reifenkraft kann sich somit nur verzogert einstellen. Die Damp-

    fung entsteht durch den Reifenschlupf. Als Parameter werden u. a. die Rei-

    fensteifigkeit cl und die Relaxationslange rx benotigt. Fur Nutzfahrzeuge

    liegen hierzu nur wenige Untersuchungen vor. In [149], [150] sind fur typi-

    sche Nutzfahrzeugreifen Kenndaten fur die Steifigkeit zu finden. Die Rela-

    xationslange wird empirisch anhand von Vergleichen von Modell und Mes-

    sungen so ausgelegt, dass ein realitatsnahes Gesamtverhalten entsteht. Ins-

    gesamt ist festzuhalten, dass der Reifen bzw. der Reifen-Fahrbahnkontakt

    mageblich die Dampfung im Triebstrang bestimmt. Das Gesamtverhalten

    41

  • Bild 3.8 Einfaches dynamisches Reifenmodell

    des Triebstrangs wird damit auch bei diesem einfachen Reifendynamikmo-

    dell nichtlinear.

    3.2 Sattelzugmaschine

    Zur Untersuchung des Fahrkomforts sind die vom Fahrer erfahrenen Bewe-

    gungen bzw. Beschleunigungen entscheidend. In PKW-Modellen wird oft

    das gesamte Fahrzeug als starre Masse angenommen und im Modell durch

    eine Tragheit, die von der Reifenkraft angetrieben wird, berucksichtigt.

    Die Koppelung von Triebstrang und Fahrzeug erfolgt dann ausschlielich

    uber die Radlager. Die dort wirkenden Krafte werden als proportional der

    Langsbeschleunigung des Fahrzeuges und des Fahrers angesehen.

    Die Annahme einer starren Fahrzeugmasse stellt bei Nutzfahrzeugen ei-

    ne grobere Vereinfachung der Realitat als bei PKWs dar. Bei einer Sat-

    telzugmaschine liegt ein komplexes schwingungsfahiges System vor. Ei-

    ne Reihe von Arbeiten untersuchen das Schwingungsverhalten von LKWs

    bzw. Teilaspekte davon, jedoch mit anderer Zielsetzung als in der vorlie-

    genden Arbeit. [106] und [105] befassen sich mit der Schwingungsanalyse

    von Nutzfahrzeugantriebsstrangen mit komplexen MKS-Modellen. [31] un-

    tersucht das Schwingungsverhalten eines LKW-Triebstrangs bei Betrieb-

    sanregung mit Fokus auf hoheren Eigenformen. Auch [92] konzentriert

    sich auf den akustischen Bereich der Schwingungen einer Sattelzugma-

    42

  • Motor

    Kupplung/

    Torsions-

    dmpfer GetriebeAntriebs-

    welle

    Hinterachs-

    differenzial Reifen

    Seiten-

    welle

    Fahrzeug

    Aggregat-

    lager

    Hinterachs-

    lagerRadlager

    Bild 3.9 Wechselwirkungen zwischen Antriebsstrang und Fahrzeugrahmen(Bildquellen: Daimler, ZF Sachs, Continental)

    schine. [134] analysiert fur LKW den Federungskomfort des Fahrerhau-

    ses. [133] beschreibt ein ebenes Lastwagenmodell ohne Berucksichtigung

    des Triebstrangs. Ein vereinfachtes Gesamtmodell zur gezielten Untersu-

    chung der Auswirkung von Triebstrangschwingungen auf den Fahrkomfort

    fur LKW-Sattelzugmaschinen wurde als Grundlage fur den folgenden Ab-

    schnitt in [64] vorgestellt.

    Der erste zu betrachtende Aspekt ist die tatsachliche Koppelung zwischen

    Triebstrang und Fahrzeugrahmen uber die Lagerkrafte. Diese betrifft neben

    den Radlagern auch die Aggregatelager des Triebstrangs, uber die Motor-

    und Getriebemoment abgestutzt werden (Bild 3.9). Fur frontgetriebene

    PKW ist die Aggregatedynamik in mehreren wissenschaftlichen Arbeiten

    durch Simulation bzw. Messung untersucht worden [48], [91], [121]. Zum

    Teil wird in den Modellen ein zusatzlicher Freiheitsgrad fur die aufgrund der

    elastischen Gummilager moglichen Bewegungen eingefuhrt. [122] und [43]

    berucksichtigen die Aggregatedynamik auch bei der Auslegung von Reg-

    lerfunktionen, was zu komplexen Reglerstrukturen mit einer hohen Para-

    meteranzahl fuhrt. Bei dem in Sattelzugmaschinen vorhandenen Hinter-

    achsantrieb ist eine zusatzliche Koppelung zu berucksichtigen. Das Achs-

    differenzial ist in die Hinterachse integriert und uber deren Lager ebenfalls

    mit dem Fahrzeugrahmen gekoppelt. Die Reaktionsmomente des Differen-

    43

  • Bild 3.10 Schwingungsmodell einer Sattelzugmaschine

    zials ubertragen sich auf den Rahmen, wobei sie betragsmaig deutlich

    uber denen des Motor-Getriebeverbundes liegen. Die korrekte Berucksichti-

    gung der Lagerkrafte fuhrt dazu, dass an mehreren Stellen unterschiedliche

    Krafte bzw. Momente in den Fahrzeugrahmen eingeleitet werden. Dieser

    ist torsionsweich und kann daher nicht mehr als starrer Korper angenom-

    men werden, die Verdrehung ist bei hoheren Momenten mit bloem Au-

    ge erkennbar. Das Fahrerhaus ist bei den Fernverkehrsausstattungen uber

    Federn mit dem Fahrzeugrahmen verbunden und damit beweglich. Diese

    Freiheitsgrade sind im Modell zu berucksichtigen.

    In Abbildung Bild 3.10 ist ein Modell fur eine schwingungsfahige Sattel-

    zugmaschine dargestellt, das die oben genannten Eigenschaften berucksich-

    tigt und die minimal zur Darstellung der fahrkomfortrelevanten Groen

    benotigten Freiheitsgrade aufweist. Insgesamt sind neun Freiheitsgrade

    vorhanden, wozu einige vernachlassigende Annahmen getroffen wurden.

    Der torsionsweiche Rahmen wird in Wankrichtung in zwei Freiheitsgra-

    de aufgeteilt, in Nickrichtung wird er als starr angenommen. Der Motor-

    Getriebeverbund stutzt uber die Lager das volle Motormoment aus der

    Verbrennung sowie das Getriebemoment als Differenz zwischen Getriebe-

    eingang und -ausgang direkt auf dem vorderen Rahmenteil ab. Dabei ist der

    Freiheitsgrad der Aggregatverdrehung mit dem vorderen Rahmen zusam-

    44

  • mengefasst. Zur Darstellung der Krafteinleitung in den Fahrzeugrahmen

    ist dies ausreichend genau. Die Ruckwirkungen auf den Triebstrang durch

    Aggregatverdrehung sind vernachlassigbar, da diese bei den vorliegenden

    Getriebemomenten klein im Vergleich zur Verdrehung aus der Triebstrang-

    elastizitat sind. Das Hinterachsdifferenzial wirkt einerseits als Ubersetzung

    und andererseits als richtungsumlenkendes Element. Daher wird das vol-

    le Eingangsmoment in Wankrichtung und das volle Ausgangsmoment in

    Nickrichtung auf dem hinteren Rahmen abgestutzt. Die Hinterachse ist

    uber eine Lenkerkonstruktion und die Luftfedern mit dem Fahrzeugrah-

    men verbunden, so dass in Nickrichtung auch real eine starre Verbindung

    vorliegt. Der Freiheitsgrad des Aggregates in Wankrichtung wird vernach-

    lassigt, was zur Darstellung der Krafteinleitung in den Fahrzeugrahmen

    auch hier ausreichend genau ist. Die Ruckkoppelung zum Triebstrang wird

    auch hier vernachlassigt, da die Verdrehwinkel des Aggregats klein sind im

    Vergleich zu denen des Triebstrangs. Der Anhanger wird als konzentrierte

    Masse vereinfacht, die in Horizontal- und Vertikalkomponente aufgespal-

    ten wird. Bei der Vertikalbewegung des hinteren Rahmens wird lediglich

    die Achslast angehoben, die der Vertikalkomponente entspricht. Bei Langs-

    bewegung wird die gesamte Anhangermasse in Form der Horizontalkom-

    ponente mitbewegt.

    Fur den Fahrkomfort relevant sind die Fahrerbeschleunigungen bzw.

    -bewegungen. Es zeigt sich bei Fahrversuchen, dass hier bei Schaltungen

    in den unteren Gangen die Vertikalkomponente deutlich storender wirkt.

    Diese hangt auerdem noch vom Fahrersitz ab, welcher uber eine Luftfeder

    individuell unterschiedlich eingestellt werden kann. Daher wird im Folgen-

    den ersatzweise die Vertikalbewegung des Fahrerhauses betrachtet. Um eine

    lineare Modelldarstellung zu erhalten, werden die Luftfederkennlinien im

    Arbeitspunkt linearisiert und als konstante Federsteifigkeit angenommen.

    Liegen hier groe Federwege vor, ist diese Vernachlassigung bei der quanti-

    tativen Interpretation der Ergebnisse zu berucksichtigen. Das vorliegende

    Ersatzmodell wird somit als linearer Mehrmassenschwinger entwickelt. Die

    Bewegungsgleichungen dafur konnen in Matrizenform angegeben werden:

    M q +D q +K q = f (3.9)

    45

  • Dabei enthalt der Vektor q die Systemfreiheitsgrade und f die eingepragten

    Krafte bzw. Momente:

    q = [M , xR, yR, R, yFH , FH , FH , RV , RH ]T

    f = [MM , 0, 0, 0, 0, 0, 0, MM , 0]T(3.10)

    Die MatrizenM , D und K konnen mit Verfahren aus [153] aufgestellt wer-

    den. Sie sind von der Dimension 9x9. Zur Berechnung der einzelnen Ma-

    trizenelemente sind Kraftegleichgewichtsbedingungen aufzustellen. Hierbei

    sind die Lagermomente an Getriebe und Hinterachsdifferenzial als innere

    Momente zu berucksichtigen. Die Parameterermittlung ist selbst fur dieses

    Minimalersatzmodell aufwandig und zum Teil nur durch naherungsweise

    Schatzung moglich. Ingesamt lassen sich die fahrkomfortrelevanten Gro-

    enverlaufe aber qualitativ gut nachbilden. Der Zweck als Streckenmodell

    zur Simulation der spater behandelten Funktionen im Hinblick auf Fahr-

    komfortuntersuchungen kann somit erfullt werden.

    3.3 Simulation

    Mit dem reinen Triebstrangmodell konnen die gemessenen Drehzahlen von

    Motor (nM), Rad (nR) sowie die uber die Vorderachsdrehzahl ermittelte

    Fahrzeuggeschwindigkeit vFZG mit den Simulationsergebnissen verglichen

    werden. Bild 3.11 zeigt die Modellgute anhand eines solchen Vergleiches

    bei Fahrmanovern mit provozierten Schwingungen. Es ist eine gute Uber-

    einstimmung der Drehzahlen zu erkennen. Dies ist insbesondere vor dem

    Hintergrund, dass das Modell die gesamte Zeit parallel ohne zusatzlichen

    Abgleich ausschlielich anhand des Motormomentenverlaufes MM berech-

    net wird, positiv zu sehen.

    Bei zusatzlicher Berucksichtigung des Schwingungssystems Sattelzug im

    Modell lassen sich die fahrkomfortrelevanten Groen in Form der Fahrerbe-

    schleunigungen berechnen und mit gemessenen Werten vergleichen. Dazu

    wurde im Fahrerhaus ein Beschleunigungssensor zur Aufnahme der Ho-

    rizontalbeschleunigung ax und der Vertikalbeschleunigung ay angebracht.

    Bild 3.12 zeigt den Vergleich von Messung und Simulation fur diese Gro-

    en bei der gleichen Fahrsituation wie vorher. Die Ubereinstimmung zeigt,

    46

  • 10 15 20 25 30 35 40

    0

    1000

    2000Vergleich Triebstrangmodell Messung

    MM

    [N

    m]

    10 15 20 25 30 35 40500

    1000

    1500

    2000

    nM

    [U

    /min

    ]

    10 15 20 25 30 35 40500

    1000

    1500

    2000

    nR [

    U/m

    in]

    10 15 20 25 30 35 400

    2

    4

    6

    v FZ

    G [

    m/s

    ]

    t [s]

    Messung

    Modell

    Messung

    Modell

    Messung

    Modell

    Bild 3.11 Simulationsergebnisse beim Triebstrangmodell

    dass mit diesem Modell qualitative Analysen in ausreichender Genauigkeit

    bzgl. der komfortrelevanten Groen moglich sind. Sowohl der Verlauf der

    Longitudinal- als auch der Vertikalbeschleunigung deckt sich gut mit den

    gemessenen Werten.

    3.4 Ersatzmodell

    Komplexe Modelle sind fur die Auslegung von Reglerfunktionen ungeeig-

    net, da hiermit die Funktionskomplexitat und -empfindlichkeit ansteigt.

    Gleichzeitig ist die Bestimmung einer hohen Anzahl von Parametern erfor-

    derlich, die zum Teil nur schwer oder nur mit erheblichen Ungenauigkeiten

    erfolgen kann. Eine Online-Parameterbestimmung, wie in Kapitel 5 vor-

    gestellt, ist aufgrund der begrenzten Sensorik dafur nicht umsetzbar. Das

    Minimal-Ersatzmodell, mit dem die hier relevante Eigenform Ruckeln ab-

    47

  • 10 15 20 25 30 35 40

    0

    1000

    2000Vergleich Modell Messung

    MM

    [N

    m]

    10 15 20 25 30 35 40500

    1000

    1500

    2000

    nM

    [U

    /min

    ]

    10 15 20 25 30 35 405

    0

    5

    ax

    [m/s

    ]

    10 15 20 25 30 35 405

    10

    15

    ay

    [m/s

    ]

    t [s]

    Messung

    Modell

    Messung

    Modell

    Messung

    Modell

    Bild 3.12 Simulationsergebnisse beim Sattelzugmodell

    gebildet werden kann, ist ein Modell mit zwei Freiheitsgraden (siehe Bild

    3.13). Im Zweimassenmodell bildet das Feder-Dampferelement keine direk-

    te Komponente ab, die Parameter sind vielmehr passend zur Systemeigen-

    frequenz der Grundschwingung auszulegen. Die Eigenschaften der realen

    Komponenten wie Torsionsdampfer, Seitenwellen und Reifen bilden sich

    darin ab. Der Einfluss des Torsionsdampfers auf die Ersatzsteifigkeit ist

    gangabhangig, wie in [48] fur einen PKW-Triebstrang gezeigt wird. Fur

    einen typischen Nutzfahrzeugantriebsstrang sind diese Verhaltnisse in Bild

    3.14 dargestellt. Die Ersatzsteifigkeit ist damit gangabhangig, wobei der

    Einfluss des Torsionsdampfers auf die Eigenfrequenz in den unteren Gangen

    sehr schwach ist.

    [28] schlagt ebenfalls die Reduktion eines Triebstrangmodells mit mehre-

    ren Freiheitsgraden auf ein Zweimassenmodell vor. Aus den Mehrkorper-

    systemen lassen sich die Eigenfrequenzen ermitteln und mit denen eines

    angepassten Zweimassenmodells abgleichen.

    48

  • !

    "

    #

    Bild 3.13 Systemreduktion auf ein Zweimassenmodell

    0 5 10 150

    2

    4

    6

    8x 10

    4 Ersatzsteifigkeit

    c Ers

    atz

    [N

    m/r

    ad]

    Gang

    Bild 3.14 Einfluss der Torsionsdampfersteifigkeit

    49

  • 101

    100

    101

    MA

    S /

    MM

    2MassenModell: MAS

    101

    100

    101

    MA

    S /

    MM

    Sattelzugmodell: MAS

    106

    105

    104

    103

    y Fahre

    r / M

    M

    Sattelzugmodell: yFahrer

    0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 1 2 3 4 510

    4

    103

    102

    101

    ax,

    Fahre

    r / M

    M

    f [Hz]

    Sattelzugmodell: ax,Fahrer

    Gang 1

    Gang 2

    Gang 3

    Gang 4

    Gang 5

    Gang 6

    Bild 3.15 Frequenzgange verschiedener Ausgangsgroen

    Das Modell fur das Gesamtsystem Sattelzug hat mehrere Eigenfrequen-

    zen. Bei der Reduktion zu einem Ersatzmodell niedrigerer Ordnung werden

    zwangslaufig Vernachlassigungen in Kauf genommen. Im Bodediagramm

    (vgl. Bild 3.15) kann die Auswirkung dieser Vernachlassigungen anhand

    vom Frequenzgang nachvollzogen werden. Der Einfluss der verschiedenen

    Eigenformen ist vom gewahlten Ausgang abhangig. Dies wird am Verlauf

    der Frequenzgange in Bild 3.15 deutlich. Die den Frequenzgangen zugrun-

    de liegenden Ubertragungsfunktionen unterscheiden sich dabei durch den

    Verstarkungsfaktor sowie das Zahlerpolynom, d.h. durch die Nullstellen.

    Das Zahlerpolynom bzw. die Pole sind die gleichen. Im Falle des funktions-

    relevanten Triebstrangmomentes als Ausgangsgroe dominiert die unterste

    Eigenfrequenz deutlich. Die Frequenzgange von Zweimassen-Ersatzmodell

    und Mehrkorper-Sattelzugmodell zeigen eine hohe Ubereinstimmung und

    den gleichen charakteristischen Verlauf. Bei den komfortrelevanten Gro-

    en liegen die Verhaltnisse anders. Die Fahrerlangsbeschleunigung bzw.

    die Vertikalbewegung zeigen in ihren Frequenzgangen eine etwas abwei-

    chende Charakteristik. Sie unterscheiden sich damit vom Triebstrangmo-

    50

  • 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30

    0

    1000

    2000Einfluss Reifenmodellierung

    MM

    [N

    m]

    10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30500

    1000

    1500

    2000

    nM

    [U

    /min

    ]

    10 15 20 25 30 35 4020

    40

    60

    80

    100

    nR [

    U/m

    in]

    10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 301000

    0

    1000

    2000

    MA

    S [

    Nm

    ]

    t [s]

    Messung

    2MassenModell

    Reifenmodell

    Messung

    2MassenModell

    Reifenmodell

    2MassenModell

    Reifenmodell

    Bild 3.16 Einfluss der Modelltiefe

    ment beim Zweimassen-Ersatzmodell, das dort die einzige komfortrelevante

    Groe darstellt. Die Vertikalbewegung lasst sich in diesem einfachen Modell

    nicht getrennt abbilden. Zusatzlich bleiben weitere nichtlineare Effekte un-

    berucksichtigt. Die Vernachlassigung der Triebstranglose ist von geringerer

    Bedeutung fur die hier behandelte Problematik. Die Dampfung durch das

    Reifenverhalten wird durch eine geschwindigkeitsproportionale Dampfung

    im Zweimassen-Ersatzmodell abgebildet. Damit ist kein Schlupf moglich,

    der nichtlineare Effekt durch den Reifen entfallt. Den Unterschied zwischen

    den beiden Modellen zeigt Bild 3.16 anhand eines Vergleichs mit Messda-

    ten. In der letzten Zeile sind die simulierten Verlaufe des Triebstrangmo-

    mentes aufgetragen. Die Ubereinstimmung der Drehzahlen ist beim nichtli-

    nearen Reifenmodell insbesondere bei scharfen Motormomentengradienten

    besser.

    Zur praktisch relevanten Auslegung von Reglerfunktionen ist das Zwei-

    massenmodell das am besten geeignete Modell. Es hat eine Minimalanzahl

    von Parametern und bildet damit die Grundschwingung des Triebstrangs

    51

  • 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 120

    1

    2

    3

    4

    Gang

    f 0 [

    Hz]

    Eigenfrequenzen

    1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 120

    0.2

    0.4

    0.6

    0.8

    1

    Gang

    DM

    od

    Modaler Dmpfungsgrad

    Messung Fahrzeug 1

    Messung Fahrzeug 2

    Modell Parametersatz 1

    Modell Parametersatz 2

    Messung Fahrzeug 1

    Messung Fahrzeug 2

    Modell Parametersatz 1

    Modell Parametersatz 2

    Bild 3.17 Vergleich Zweimassenmodell - Reales System

    ab. Diese ist abhangig von der Triebstrang- bzw. Fahrzeugkonfiguration

    des Nutzfahrzeuges, von der Beladung und dem gewahlten Gang. Es zeigt

    sich, dass eine Vorhersage der Frequenz fur verschiedene Fahrzeugkonfigu-

    rationen anhand von angenommenen Festwerten der Parameter schwierig

    ist. Bild 3.17 zeigt dazu fur unterschiedliche Systeme (u. a. unterschiedli-

    che Auflieger) gemessene Eigenfrequenzen sowie ferner den modalen Damp-

    fungsgrad als Verlauf uber die ersten acht Gange. Es ist erkennbar, dass

    bei geeigneter Wahl der Modellparameter die Eigenfrequenz unter Beruck-

    sichtigung der Gangubersetzung recht gut nachgebildet werden kann. Eine

    Systemanderung wie z. B. verschiedene Auflieger bzw. deren Beladung kann

    unter dem Aspekt der Modellreduktion komplexer Modelle zu einem un-

    terschiedlichen Parametersatz fur ein Zweimassen-Ersatzmodell fuhren. Die

    feste Vorparametrierung birgt daher die Gefahr, in dem Falle zu abweichen-

    den Systemeigenfrequenzen zu fuhren. Da die oben genannten Systemande-

    rungen nicht vorparametriert werden konnen, wird eine Online-Schatzung

    der Parameter als sinnvoll angesehen. Der Eigenfrequenzverlauf gehorcht

    in Bild 3.17 bei einem fur eine bestimmte Fahrzeugkonfiguration geschatz-

    52

  • ten Modell gut den Gesetzmaigkeiten zur Frequenzberechnung uber die

    Gangubersetzungen:

    f0(iG,2) = f0(iG,1)

    J1 +J2i2G,2

    J1 +J2i2G,1

    (3.11)

    Beim modalen Dampfungsgrad zeigt sich zwischen realen und den aus dem

    Modell uber die Gangubersetzung berechneten Werten eine Abweichung.

    Auch deshalb ist eine Online-Adaption fur diesen Parameter sinnvoll.

    53

  • 4 Gesteuerte Momentenfuhrung

    Das vorliegende Kapitel behandelt den Funktionsentwurf fur die Momen-

    tenfuhrung beim Schaltvorgang. In Abschnitt 4.1 wird das Ziel der Funk-

    tion, einen definierten Triebstrangzustand auf einem definierten Weg zu

    erreichen, erlautert. Abschnitt 4.2 zeigt vorab die Wirkung einer Momen-

    tenrampe fur diesen Anwendungsfall. In Abschnitt 4.3 werden Grundlagen

    aus der Regelungstechnik zusammengefasst wiedergegeben. Der eigentliche

    Funktionsentwurf erfolgt in Abschnitt 4.4 als flachheitsbasierte Steuerung.

    Das Problem der Trajektorienplanung wird uber einen Polynomansatz ge-

    lost. Die Storgroe wird durch eine geeignete Kompensation berucksichtigt.

    Die Moglichkeiten zum Steuerungsentwurf basierend auf komplexeren Er-

    satzmodellen werden in Abschnitt 4.5 untersucht. In Abschnitt 4.6 werden

    Simulationen fur die Momentenfuhrung durchgefuhrt und diskutiert.

    4.1 Zielsetzung

    In Abschnitt 2.2 wurde die Bedeutung des Momentenabbaus fur den Schalt-

    vorgang erlautert. Fur die Funktion der Momentenfuhrung sind daraus

    zwei prinzipielle Ziele abzuleiten. Zum einen ist fur die Synchronisation

    beim Schaltprozess ein definierter Triebstrangzustand beim Offnen erfor-

    derlich. Dazu ist ein schwingungsfreier Zustand anzustreben, wozu als erste

    Bedingung erfullt sein muss:

    (T )!= 0 (4.1)

    Auerdem muss eine stationare Verdrehung eingestellt sein, was haufig

    als Bedingung fur das Triebstrangmoment formuliert wird:

    MAS(T )!= 0 (4.2)

    Dies stellt eine - oft ausreichend gute - Naherung dar. Eine exaktere Be-

    dingung erhalt man uber die Berucksichtigung des Zwangsmoments an der

    54

  • Trennstelle, die in der Regel an der Kupplung liegt:

    MK(T )!= 0 (4.3)

    Zum anderen wirken sich die Triebstrangschwingungen auf das Komfort-

    empfinden aus, welches von der gefuhlten Beschleunigung beeinflusst wird.

    Beim einfachen Zweimassenmodell ist diese proportional zum Triebstrang-

    moment. Dessen Zeitverlauf wahrend der Momentenanderung bestimmt

    damit den Schaltkomfort. Schwingungen bedeuten gegenlaufige Flanken

    im Beschleunigungsverlauf und sind daher zu vermeiden [47]. Gerade kur-

    ze Momentenabbauzeiten und somit hohe Motormomentengradienten be-

    gunstigen deren Entstehung. Eine kurze Zeitdauer des Momentenabbaus

    fuhrt auch ohne zusatzliche Oszillationen zu hohen Gradienten. Hier ist

    ein Kompromiss zwischen Schaltzeit und Schaltkomfort zu finden. I