Puch Museums-Revue SD02

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Puch MUSEUMS-REVUE SONDERDRUCK NR. 2/2014 JOHANN PUCH MUSEUM GRAZ GENERALRESTAURATION ICH UND MEINE PUCH FRIGERIO F4T 504 Ich bin kein besonderer Fachmann was das Restaurieren von Motorrädern betrifft. So wird sich der Leser des Öfteren über eine eigenartig komplizierte Vorgangsweise meiner Arbeitsschritte wundern. Auch fahre ich mit dem Rest der fachmännischen Restaurierungswelt in Bezug auf die Detailoriginalität nicht auf der gleichen Schiene. Von Nikolaus Tschubi Ich neige sehr stark dazu, ein aufzuarbeitendes Motorrad in den nach den gebotenen Möglich- keiten schönsten Zustand zu versetzen, der machbar ist. Dies führt dann immer zur totalen „Überrestauration“. Aber ich bin halt der Mei- nung, dass das Ergebnis einer Restauration nicht nach ungeschriebenen Gesetzen erfolgen soll, sondern dass jeder Motorradbesitzer das aus seinem Motorrad machen soll, was ihm per- sönlich am besten gefällt. Ich hielt im Jahr 1988 erstmals das allseits be- gehrte „PUCH-Buch“ von Ing. F. Ehn in der Hand und studierte dieses von vorne bis hinten. Schon immer verspürte ich eine starke Neigung zu den geländegängigen Motorrad-Typen. Als ich dann das Foto der Frigerio 4-Takter erblickte und erfuhr, dass dieses Motorrad so gut wie das letzte seiner Art war, das noch vom damaligen Puch-Werk in Österreich verkauft wurde, wuss- te ich: Dieses Motorrad möchte ich unbedingt haben. So machte ich mich in der damaligen noch nicht digitalen Gebrauchtwaren-Plattform „Fundgrube“ auf die Suche nach der F4T. Lei- der vergeblich. Auch Such-Inserate meinerseits blieben ohne Erfolg. Der Zufall wollte es, dass

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Sonderdruck Nr. 2 Generalrestauration: Puch Frigerio F4T 504 Von Nikolaus Tschubi Johann Puch-Museum Graz, http://www.johannpuchmuseum.at/

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Puch

MUSEUMS-REVUESONDERDRUCK NR. 2/2014 JOhaNN PUCh MUSEUM gRaz

gENERaLRESTaURaTIONICh UND MEINE PUCh FRIgERIO F4T 504Ich bin kein besonderer Fachmann was das Restaurieren von Motorrädern betrifft. So wird sich der Leser des Öfteren über eine eigenartig komplizierte Vorgangsweise meiner Arbeitsschritte wundern. Auch fahre ich mit dem Rest der fachmännischen Restaurierungswelt in Bezug auf die Detailoriginalität nicht auf der gleichen Schiene.Von Nikolaus Tschubi

Ich neige sehr stark dazu, ein aufzuarbeitendes Motorrad in den nach den gebotenen Möglich-keiten schönsten Zustand zu versetzen, der machbar ist. Dies führt dann immer zur totalen „Überrestauration“. Aber ich bin halt der Mei-nung, dass das Ergebnis einer Restauration nicht nach ungeschriebenen Gesetzen erfolgen soll, sondern dass jeder Motorradbesitzer das aus seinem Motorrad machen soll, was ihm per-sönlich am besten gefällt.

Ich hielt im Jahr 1988 erstmals das allseits be-gehrte „PUCH-Buch“ von Ing. F. Ehn in der Hand und studierte dieses von vorne bis hinten. Schon immer verspürte ich eine starke Neigung zu den geländegängigen Motorrad-Typen. Als ich dann das Foto der Frigerio 4-Takter erblickte und erfuhr, dass dieses Motorrad so gut wie das letzte seiner Art war, das noch vom damaligen Puch-Werk in Österreich verkauft wurde, wuss-te ich: Dieses Motorrad möchte ich unbedingt haben. So machte ich mich in der damaligen noch nicht digitalen Gebrauchtwaren-Plattform „Fundgrube“ auf die Suche nach der F4T. Lei-der vergeblich. Auch Such-Inserate meinerseits blieben ohne Erfolg. Der Zufall wollte es, dass

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und der Pflege des Gefährtes keine Bedeutung mehr beimaß. Aber trotzdem: Ich musste sie haben. Wir feilschten einige Zeit am Preis her-um und wurden uns dann einig. Ich konnte das Motorrad mit einer geborgten blauen Kennzei-chentafel zu mir nach Hause bringen.

Ich führte erst einmal eine Generalreinigung durch, wechselte Motor-Getriebeöl, ersetzte die nicht mehr funktionierenden Glühlampen und brachte danach das Motorrad zu einer damals noch in Betrieb befindlichen Motorrad-Werkstät-te, welche von einem mir schon lange bekann-ten Meister im Raum Hausmannstätten betrie-ben wurde. Dieser hatte schon jahrelang einen Bezug zu Geländemotorrädern und den Marken PUCH und KTM. Es galt das Motorrad „pickerl-tauglich“ zu machen.

Jetzt kamen die ersten schockartigen Ansagen des Meisters: Die Hinterradschwinge war gebro-chen und wurde unfachmännisch repariert. Des-halb war sie einem wärmetechnischen Verzug ausgesetzt und das Hinterrad lief nicht senk-recht, sondern in Schräglage. Aber der Fach-mann meinte, ein Fahren ist dennoch möglich.

ich im Zuge einer Autofahrt durch Graz plötzlich im Bereich Wet-zelsdorf ein Motorrad unter einem Schuppen-Vordach lehnen sah, welches in mir sofort den Ver-dacht erweckte, dass es sich um mein begehrtes Stück handeln könnte. Ich hielt sofort an, stieg aus meinem Pkw aus und näherte mich dem Grundstückszaun. Von dort aus stellte ich bereits fest: „Sie ist es!“

Da am Motorrad kein Kennzeichen montiert war, hegte ich die Hoff-nung, dass es sich um ein ver-käufliches Objekt handeln könnte. Ich klingelte.

Ein älterer Mann kam aus dem Haus. Diesem teilte ich meine Hoffnungen mit und er gab an, dass es sich bei der Frigerio nicht um sein Ei-gentum handelt, sondern er dem Besitzer ledig-lich die Möglichkeit geboten hat, das Motorrad einzustellen. Er gab mir die Telefonnummer des Besitzers und ich nahm mit diesem Kontakt auf. Er war zum Verkauf des Motorrades gleich posi-tiv gesinnt. So vereinbarten wir einen Zeitpunkt, zu dem wir uns beim Motorrad trafen und ich das Objekt meiner Begierde aus der Nähe be-gutachten konnte.

Es bestätigte sich, dass es die gesuchte F4T war. Auch war der Typenschein (Einzelgeneh-migungsbescheid) vorhanden. So weit, so gut. Das Motorrad ließ sich sogar starten und ich führte illegaler Weise gleich eine kurze Probe-fahrt ohne Kennzeichentafel durch. Es funktio-nierte offenbar alles so einigermaßen.

Doch der Allgemeinzustand war nach näherer Betrachtung wohl eher dürftig. Der (Noch-)Be-sitzer rechtfertigte das damit, dass er mit der F4T nur mehr im Gelände „herumgehobelt“ sei

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Der Umstand sollte aber irgendwann beseitigt werden. Naja. Außerdem würde der Motor über-mäßig Öl verbrauchen. Er raucht wie ein 2-Tak-ter. Aber abermals: Ein Fahren ist trotzdem mög-lich (…). Danach ging’s zur Zulassungsbehörde und ich erhielt die Kennzeichentafel. Montiert, losgefahren, stolz gewesen, Freude gehabt.

Bemerkenswert ist, dass ich mich in der „Fund-grube“ auf die Suche nach einer neuen bzw. in-takten Hinterradschwinge machte und ich gleich am ersten Tag nach Erscheinen des Such-Inse-rates erfolgreich war.

Telefonisch meldete sich ein äußerst netter Mann, der, wie sich herausstellte, in der da-maligen PUCH-Werkssportabteilung eine ganz wichtige Größe war. Dieser hatte zufällig eine funkelnagelneue Schwinge zu Hause. Ich war überglücklich. Die Schwinge habe ich dann gleich getauscht und mich über den wieder-

hergestellten Geradestand des Hinterrades ge-freut.

Nach einigen Ausfahrten stellte ich immer fest, dass meine gesamte Kleidung wie ein Ölbrenner roch. Der Grund war das schon oben erwähn-te Problem mit dem zu hohen Ölverbrauch. Ich musste auch dauernd Öl nachfüllen. Nun ent-schloss ich mich, das Fahrzeug wirklich auf Vor-dermann zu bringen und einer Generalrestaura-tion zu unterziehen. Nicht sehr erfreut darüber, aber dennoch einigermaßen euphorisch, mach-te ich mich ans Werk und ich zerlegte 1996 das Motorrad in meinem viel zu kleinen Kellerabteil fast zu Gänze.

Dabei kamen noch weitere Schocks dazu. Der Rahmen war an mehreren Stellen gebrochen. Da er aber sowieso in die falsche Farbe umla-ckiert worden war (rot statt schwarz), war dies dann doch nicht so schlimm. Jedenfalls war ich

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davon überzeugt, dass die Fri-gerio am Ende auszusehen hat, als sei sie gerade vom Produk-tionsband gelaufen. Ich überlegte mir (erst jetzt!) die erforderlichen Maßnahmen, welche auf mich da warteten.

Die Zahl derer entmutigte mich dann doch etwas. Aus diesem Grund beließ ich es erst einmal dabei, das beinahe vollständig zerlegte Motorrad einmal im Kel-lerabteil stehen zu lassen und den Restaurationsbeginn auf un-bestimmte Zeit zu verschieben. Immer wieder stand ich in den nächsten Jahren vor meinem zu-erst so begehrten Motorrad und überlegte mir „womit fange ich eigentlich an?“. Immer wieder wandte ich mich mutlos vom Unternehmen ab.

Und so vergingen 16 volle Jahre bis ich mich im Spätherbst 2012 aufmachte und nun endlich ans Werk ging. Der Rest des noch zusammen geschraubten Gerippes wurde zerlegt. In den Jahren davor habe ich mir wohl einige neue Er-satzteile besorgt, wenn sich eine günstige Ge-legenheit dazu bot. Die Ersatzteilversorgung für die F4T ist ja einigermaßen dürftig. Glücklicher-weise wurden in die Frigerios einige Komponen-ten verbaut, welche 1:1 auch in den damaligen KTMs zu finden waren.

Aber erstmal eine neuerliche Teile- und Zu-stands-Inventur durchführen und sichten, was noch zu brauchen ist und was neu gekauft oder nachgefertigt werden muss.

Es blieb nicht viel an Teilen übrig, welche nach meinen (zumindest optischen) Vorstellungen wieder zu verwenden gewesen wären. Ich hasse Rost über alles (wer nicht?). Und von diesem hatten die Teile meiner F4T einiges zu bieten.

Aber nun endlich zur Restauration: Noch in den Jahren des Restaurationsstillstandes besorgte ich mir einige Neuteile. Betreffend Motor- u. Ge-triebeteile konnte man damals noch beim Motor-hersteller (Fa. Rotax in Gunskirchen/OÖ) direkt einkaufen. Was Fahrgestellteile betraf, hatte ich das Glück, dass unser mehrfacher Motocross-Staatsmeister (Walter Leitgeb) noch unter uns weilte. Er hatte die Teileversorgung (Frigerio-Teile) nach dem Schließen der Werkssport-abteilung privat übernommen. Und so konnten bei ihm noch einige Neuteile beschafft werden. Auch die Preislage für diese Teile war sehr fair. Kettenrad, Zahnkranz und diverse Kleinteile wurden so angeschafft und zu Hause ordentlich gelagert.

Bei einem der vielen Besuche im Hause Leitgeb erblickte ich zwei F4T’s, welche im Familien-besitz waren. Was mir an diesen sehr gefallen hat, waren die 22-Liter-Tanks. Der Originaltank fasst ja lediglich 9 ½ Liter. Damit kommt man halt nicht sehr weit mit einem 500 ccm-Motor. Ich erfuhr, dass diese großen Tanks vom Neffen von Walter Leitgeb (Andreas Leitgeb) in Hand-arbeit aus GFK nach dem Muster der damali-

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gen Kawasaki KLR gefertigt wurden. Ich wollte ebenfalls einen solchen haben.

Er wurde mir angefertigt und ich erwarb ihn zu einem (naja) doch sehr hohen Preis. Dazu musste ich die Sitzbank anpassen lassen. Zum Glück hatte ich zwei Sitzbänke zur Verfügung. Aber jetzt, bei meinem Restaurationsvorhaben, entschied ich mich dann doch zur Wiederherstel-lung des Originaldesigns meines Motorrades. Im Jahr 1990 besuchten mein Freund Werner Supp und ich die damals noch aktive Fa. Frigerio in der Nähe von Mailand. Dort habe ich mir einen neuen 9 ½-Liter-Tank und einige andere Neu-teile gekauft.

Bei der Fa. Rotax habe ich mir alle Lager und Dichtungen des Motors und des Getriebes neu gekauft. Ich mache das immer gleich: Wenn der Motor zerlegt wird, kommen automatisch neue Lager und neue Dichtungen rein. Ein Techni-ker der Fa. Rotax gab mir den dringenden Rat, das Getriebe-Ausgangslager, welches laut Er-satzteilkatalog ein Kugellager ist, gegen ein Zy-linderrollenlager zu tauschen, da es dann und wann mit den Kugellagern bereits zu Getriebe-schäden gekommen war und dabei auch das

Getriebegehäuse beschädigt wur-de. Natürlich nahm ich diesen Rat ernst. Auch wenn das Rollenlager gegenüber dem Kugellager etwa das Vierfache kostete.

Bei Leitgeb habe ich damals noch einen neuen (originalen) Sitz-bankbezug erstehen können. Mit diesem ließ ich nun bei Fa. Wech-titsch (Autosattlerei in Graz) die Sitzbank neu beziehen.

Die technischen Kleinteile besorg-te ich mir fast ausschließlich bei der in Graz sehr bekannten Fa. Steyr-Werner. Nach den Zerlege-

arbeiten des restlichen Fahrgestells habe ich feststellen müssen, dass die beiden Kugelköpfe in den Umlenkplatten des U.H.S.-Hinterradfederungssystems kaputt waren.

Diese (Fabrikat THK, Japan) waren aber bei Steyr-Werner nicht zu bekommen. So machte ich mich im Internet auf die Suche nach diesen beiden Kugelköpfen. Eine Firma in Oberöster-reich (Blässinger) konnte die Lager aus Japan ordern und mir zusenden.

Die drei Ölleitungen (zwischen Öltank und Mo-torgehäuse) konnte ich bei Steyr-Werner nach-fertigen lassen. War gar nicht so teuer. Noch fehlende Motor- u. Getriebeteile konnten vom nunmehrigen Alleinvertrieb für Rotax-Teile, bei Fa. Helten (Auner-Kette) in Gunskirchen/OÖ, besorgt werden. Gut. dass man diese Teile dort noch bekommt. Doch billig sind sie nicht mehr.

Die Rückleuchte scheint ein Universalteil zu sein. Dieses bekommt man bei Fa. KTM-Klassi-ker (Horvath) noch als Neuteil. Auspuffschellen, Rückspiegel, Horn, Benzinschläuche wurden bei Fa. Louis als Universalteile beschafft. Ebenso die Dämmwolle für den Auspuff.

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Das White-Power-Federbein (für Hinterrad) wurde an die Fa. Has-lacher (in Thalgau/Salzburg) übermittelt und sollte dort über-prüft und serviert werden. Bei der Überprüfung wurde allerdings festgestellt, dass die Kolbenstan-ge des Federbeins verbogen war und die Kolbenstange des Druck-ausgleichsbehälters so stark ein-gelaufen war, dass man beide Teile erneuern hätte müssen. Au-ßerdem war das Original mit einer zu schwachen Feder versehen. Das Motorrad sank bereits beim Herunterlassen vom Ständer zu sehr ein. Und erst, wenn ich mich mit meinen 105 Kg Nettogewicht draufsetzte. Also hätte auch diese Feder gegen eine stärkere getauscht werden müssen. Die-se Reparatur wäre fast so teuer geworden, wie ein neues Federbein (ohne Druckausgleichs-behälter) gekostet hätte. So entschied ich mich gleich für ein neues Nachbau-Federbein (Fab-rikat HyperPro). Von Fa. Haslacher wurde ge-nau hinterfragt, welches Körpergewicht ich habe und welchen Fahrzweck ich mit dem Motorrad vorhabe. Mit diesen Daten wurde hernach das neue Federbein berechnet und hergestellt.

Die Original-Dichtringe für die Marzocchi-Gabel (Modell PA 40/180) wurden bei der bereits er-wähnten Fa. KTM-Klassiker gekauft. Diese Fir-ma ist für Frigerio-Fans eine gute Adresse. Dort kann man sogar neue Zahnkränze für Frigerio-Modelle kaufen. Die Vordergabel ist relativ leicht zu zerlegen und wieder zusammen zu bauen. Zuvor habe ich die Alu-Rohre und die beiden Gabelbrücken chemisch entlacken lassen. Da sie durch Geländefahrten auch oberflächlich schon einigermaßen hergenommen waren, habe ich diese Teile vor der neuerlichen „Einfärbung“ in einer galvanischen Schleiferei polieren las-sen. Damit war der äußere Neuzustand wieder

hergestellt. Zur Einfärbung entschied ich mich zum Pulverbeschichten im Farbton silber. Die Gabel sieht jetzt wieder wie original aus. Die beiden Aufkleber an den Holmrohren („MX“ in zwei verschiedenen Blautönen) wurden nach-gefertigt. Gleichermaßen auch die Tankaufkle-ber. Zu den Tankaufklebern: Es ist ein allseits bekanntes Problem, dass die Treibstofftanks der damaligen Zeit (meist Fabrikat Acerbis) aus einem Kunststoff erzeugt wurden, welcher of-fenbar sehr grobporig ist. Dadurch durchdringen Benzindämpfe die Wand der Tanks und es ist nicht möglich, einen solchen Tank zu lackieren. Noch hat niemand einen geeigneten Lack erfun-den, welcher verwendbar wäre. Wenn man Auf-kleber am Tank anbringt, werfen diese bereits nach kurzer Dauer Blasen und die Klebeschicht löst sich auf.

Ich habe auf der Homepage der Fa. KTM-Klassiker gesehen, dass man für die damaligen KTM-Tanks bereits so genannte Tank-Attrappen fertigt. Diese bestehen aus einem lackierfähigen dünnwandigen ABS-Kunststoff und werden wie eine Haube über den Originaltank gestülpt. Doch leider gibt es solche Attrappen nicht für Frigerio-Tanks. Auf eine Anfertigung solcher wird man

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bei KTM-Klassiker nach Aussage des Chefs (Hr. Horvath) wohl umsonst warten. Ich starte-te einen Versuch bei einer Firma, welche GFK-Teile herstellt. Der Chef dort meinte „Ja, können wir machen. Kostenpunkt ca. 400 bis 500 €.“ Danke und auf wiedersehen! Ich für mich mache es künftig halt so, dass ich, wenn meine F4T einmal wieder gefahren wird, die Tankaufkleber nach und nach immer wieder erneuern werde.

Der Bremssattel für die Vorderradbremse war durch die Bremsflüssigkeit so versottet, dass die Bremskolben sich nicht mehr ausbauen ließen. Nun stand ich vor dem Problem, einen neuen oder zumindest gebrauchten aber funk-tionstüchtigen Bremssattel zu bekommen. Die Art des Bremssattels (Fabrikat Brembo) gibt es zwar bei diversen Internet-Anbietern noch, doch passt der Lochabstand zur Montage an der Gabel bei den erhältlichen nicht. Dem Zufall habe ich zu verdanken, doch noch einen neuen Bremssattel zu bekommen. Bei einem Besuch bei der Fa. RM-Products warf ich das Problem des Bremssattels auf. Der Firmeninhaber (Hr. Bitschnau) verschwand kurz im Lager und legte mir drei neue Bremssättel vor. Er meinte nur „suchen sie sich einen schönen aus“. Über-

glücklich kaufte ich sofort einen solchen. Gleichermaßen konnte er mir eine neue Bremsschei-be anbieten. Meine originale war bei den Lochungen mehrfach ge-sprungen und ich hätte mich nicht getraut, diese nochmal zu montie-ren. Lange suchte ich auch (in-ternational) nach dieser Brems-scheibe. Und dann bekommt man sie in Graz …

Vorder- u. Hinterrad: Bei meinem Motorrad war hinten offenbar eine falsche Felge eingebaut. Am Vor-derrad war wohl die richtige Felge, diese war aber beschädigt (einge-

dellt). So blieb mir nichts anderes übrig, als mich zur Anschaffung neuer Laufräder zu entscheiden. Da die Speichen auch schon einigermaßen rostig und unansehnlich waren, wollte ich von den Laufrädern nur noch die Na-ben verwenden. Der Rest sollte neu kommen. Ich suchte mich zuerst einmal in Österreich und in Deutschland (Internet) herum und ließ mir überall einen Preis anbieten. Unerwartet war die bekannte Fa. LOLO-Fahrwerkstechnik in Wien der billigste Anbieter. Ich sendete beide Räder einmal dorthin zwecks Vermessung und Zerle-gung. Ich ließ mir die Naben zurückschicken. Diese ließ ich erstmal restaurieren: Die Naben-körper wurden bei Fa. Ruby in Graz mit Glas-perlen abgestrahlt. Das brachte ein sehr schö-nes und dem Original sehr nahe kommendes Ergebnis.

Danach wurden noch neue Lager eingepresst und in der hinteren Nabe der total verrostete Bremsring bei Fa. Schloffer plan gedreht. Da-nach reisten die Naben wieder zu LOLO und es wurden die Laufräder neu gefertigt. Im Ori-ginal sind Felgen der nicht mehr bestehenden Fa. Akront (Spanien) verbaut. Diese Felgen gibt es leider nicht mehr (außer geringe Restbestän-

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sungen und Gewindearten in rostfreier Qualität (auch Sonderware mit Sonderabmaßen, Links-gewinde, Zollgewinde, …).

Der Tacho erhielt ein neues Glas. Das alte war zerkratzt. Auch der Tachoring wurde erneuert.

Der Dell’Orto-Vergaser war schon sehr deso-lat (Kolben ausgeschlagen, versottet). Deshalb habe ich gleich einen neuen bei KTM-Klassiker gekauft. Dort bekommt man diese Vergaser und Einzelteile davon noch immer.

Der Luftfilter ist im Original fest mit dem An-saugteil (Gummi) verklebt. Diesen Teil be-kommt man nirgends mehr. Das Filtermaterial hatte sich bereits total aufgelöst (zerbröselt). Jetzt nachte ich mich auf die Suche nach einem neuen Filter. Schließlich konnte ich einen Filter für ein altes Yamaha-Modell finden, der beinahe die gleiche Bauform hat. Für diesen musste ich aber erst einen so genannten Stützkäfig anferti-gen lassen. Über diesen wird das Filterelement drübergestülpt. So kann sich das Filtermaterial beim Vollgasgeben nicht zusammenziehen. Der Filter wurde auf den Ansaugteil mit einem ge-eigneten Kleber geklebt.

de). Fa. LOLO bietet stattdessen Felgen des Herstellers „MORAD“ (ebenfalls Spanien) an. Die-se Felgen haben bis ins Detail das gleiche Format und Design wie die Akront-Felgen. Ein guter Kompromiss. Beim Speichenma-terial entschied ich mich für rost-freies Material. Nach einiger Zeit landeten die neuen Laufräder bei mir. Sie waren exakt zentriert und schauen sehr schön aus. Ich kann diesbezüglich die Fa. LOLO wei-ter empfehlen. Eine neue Schein-werfermaske samt Scheinwerfer (Acerbis, Modell Elba) habe ich noch bei Fa. KTM-Klassiker er-stehen können (Restbestand, wird nicht mehr geliefert). Auch der Vorderradkot-schutz (im Original Fabrikat Acerbis) ist nicht-mehr zu bekommen.

Bei KTM-Klassiker gibt es aber Ersatz von einer Nachbau-Firma (UFO). Dieser sieht ganz ge-nau gleich aus wie das Original und kostet gar nicht so viel. Den hinteren Kotschutz konnte ich bereits Jahre zuvor bei einem Frigerio-Liebha-ber in Graz als Neuteil erstehen. Gottseidank!

Denn statt diesem kann man leider keinen Uni-versalteil verwenden. Die beiden Seitenverklei-dungen (mit dem gelben Startnummernfeld) wurden 1990 bei Fa. Frigerio angekauft. Die alten waren nicht mehr schön. Die rechte war sowieso durch den Auspuff angeschmort und dadurch verformt. Alle Distanzbuchsen, nicht normmäßigen Scheiben, die Kettenrollen, etc. ließ ich bei einem sehr lieben Freund (Hobby-Dreher) nachfertigen.

Sämtliches Schraubenmaterial habe ich gegen rostfreie Ware getauscht. In dieser Hinsicht kann ich Fa. Wegertseder (Deutschland) sehr emp-fehlen. Dort bekommt man beinahe alle Abmes-

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Die meisten Gummischläuche (Treibstoff und für Entlüftungen) habe ich bei Fa. Hostra er-halten. Da der Rahmen geschweißt werden musste und sowieso wieder die Originalfarbe (schwarz) erhalten sollte, habe ich ihn in einem Sandstrahlunternehmen blankstrahlen lassen. Danach wurden die gebrochenen Bereiche ge-schweißt und eine zusätzliche Haltelasche für den Bremslichtschalter wurde angeschweißt (die provisorische Methode mit Schelle hat mir nicht gefallen).

Nach langer Überlegung habe ich mich statt für die Lackierung zur Pulverbeschichtung entschlossen. Beide Varianten haben Vor- u. Nachteile. Pulverbeschichten ist um einiges bil-liger und kaschiert feinste Unebenheiten in der Materialoberfläche perfekt.

Dafür sind „Hochglanz“-Farbtöne beim Be-schichten nie ganz hochglänzend. Dies war in meinem Fall aber keinesfalls ein Nachteil. War doch der Original-Farbton „schwarz seiden-glänzend“. So wurde beim Pulvern der Farbton „schwarz glänzend“ gewählt. Passt ganz genau (den Farbton „seidenglänzend“ gibt es beim

Pulver nicht). Ein ganz speziel-les wie massives Problem bildete das Vorhaben, das Motorgehäuse und den Zylinder des Motors neu einzufärben. Beides ist im Origi-nalzustand laut Auskunft der Fa. Rotax schwarz pulverbeschichtet.

Diese Beschichtung ist (wie bei al-len noch vorhandenen Rotax-Mo-toren) an vielen Stellen abgeplatzt. Zylinder und Getriebegehäuse be-stehen aus Aluminium-Druckguss. Lichtmaschinen- u. Kupplungsde-ckel aus Magnesium.

Jetzt sollte die restliche Pulver-beschichtung entfernt werden. Das

Sandstrahlunternehmen verweigerte die Arbeit. Es ließe sich eine Pulverbeschichtung durch abstrahlen kaum entfernen. Das Auftreffen des Strahlsandes würde die Beschichtung kurz-fristig schmelzen lassen und dann würde sich eine gummiartige Oberfläche bilden. Mit einem schärferen Strahldruck und längerem Strahlen würde Gefahr für die relativ weichen Magnesi-umteile bestehen.

So wurde versucht, das Gehäuse bei einem galvanischen Großbetrieb chemisch entschich-ten zu lassen. Dort wurde diese Variante aber ebenfalls abgelehnt. Für die Magnesiumteile würde Brand- oder sogar Explosionsgefahr be-stehen, sagte man mir.

Denn beim chemischen Entschichten würde Hitze entstehen und Magnesium ist bekanntlich ein selbstentzündliches Metall, welches man im Falle des Brandes mit keinem Mittel dieser Welt mehr löschen kann. Also wieder nichts. So habe ich weitergeforscht und bin auf die Möglichkeit des Entschichtens durch Trockeneisbeschuss gestoßen. Ein Unternehmer, der dies fabriziert, würde es „auf eine Probe ankommen“ lassen.

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War mir zu unsi-cher. Von ande-rer Seite erfuhr ich außerdem, dass die Tro-ckeneisvariante absolut ungeeig-net sei. Magnesi-um würde es da-mit richtiggehend zerreissen. Was jetzt? Ein Ver-einskollege hat die Entschichtung mit einem biolo-gisch abbauba-ren Abbeizmittel (Grüneck 3000) geschafft. Ich be-sorgte mir diese Beize und star-tete einen Versuch. Mehrmaliges Einstreichen damit brachte keinen Erfolg.

Rücksprache mit dem Kollegen: „Ja du musst den Vorgang schon öfter durchführen und je-des Mal 24 Stunden einwirken lassen“. Dann heftig mit Bürsten arbeiten“. Hört sich nicht gerade gut an. Gibt ja so viele unzugängliche Winkel am Motor, in die du mit keiner Bürste hinein kommst. Dann plötzlich der wundersame Hinweis, wie durch einen Engel vom Himmel: Bei meinem Pulverbeschichtungsbetrieb kam ich zufällig auf dieses Thema zu sprechen. Da-raufhin fragte mich der gute Mann dort, warum ich denn nicht jenes Mittel verwende, welches dort auch angewendet wird. Hellhörig fragte ich sofort, um welches Mittel es sich denn dabei handelt. Er übergab mir eine Spraydose mit der Aufschrift „Molyslide 696 – Dichtungs- u. Kle-berentferner“.

Neugierig machte ich gleich den ersten Versuch. Und siehe da: Wundermittel!!! Kurz eingesprüht

kann man zu-sehen, wie sich die Beschichtung aufzieht. Danach kann man die Farbreste mit ei-ner alten Bürste (Zahnbürste o.ä.) wegputzen. Far-breste lassen sich mit einem schar-fen Wasserstrahl gut entfernen. Endlich! Aber: Diese Spraydo-sen haben einen schwerwiegen-den Nachteil. Die Sprühleistung ist entweder schon bei einer neuen

Dose nicht vorhanden oder sie lässt lange be-vor die Dose leer wird so stark nach, dass kaum noch etwas aus der Düse herauskommt. Glück-licherweise befindet sich der Hersteller dieses Mittels in Unterpremstätten. Ich fuhr dort hin und ließ mich aufklären. Man kannte das Problem und sprach von einer schadhaften Charge. Ich erhielt gratis zwei neue Spraydosen, welche gleich dort ausprobiert wurden. Funktionierten einwandfrei. Doch mit den zwei Dosen hatte ich nicht das Auslangen. Ich brauchte noch weite-re zwei solcher Dosen. Gekauft bei Fa. Odör-fer um € 9,- je Dose. Nach Hause gefahren, ausprobiert. Beide Dosen funktionierten nicht. Mit diesen wieder zum Hersteller. Reklamiert. Neue Dosen erhalten. Beide funktionierten nur bis etwa zur Hälfte. Aber ich habe es geschafft. Der Motor ist blank.

Jetzt geht’s an die Entscheidung, ob ich die Teile wie im Originalzustand wieder mit Pulver beschichten lassen soll, was in mir aber, beson-ders für den Zylinderbereich, Skepsis aufkom-

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LESESTOFF FÜR SIE

Dies ist Sonderdruck #2 unseres Periodikums „Puch Museums-Revue“. Die Sonderdrucke werden nur in elektronischer Form veröffent-licht.

Die „Puch Museums-Revue“ erscheint in gedruckter und in elektronischer Form. Die Papierfassung der Revue ist den Vereinsmit-gliedern vorbehalten.

Die redaktionelle Betreuung liegt bei „Kunst Ost: Kuratorium für triviale Mythen“, Gleisdorf.

• Sonderdruck Nr. 1“Konzert der Konzerne”(Die Steyr-Daimler-Puch AG)Von Peter Piffl-PercevicDezember 2013

Weitere Sonderdrucke sind in Vorbereitung!

DER KONTRaST

Zum Vergleich sehen Sie in diesem Feature aus unserem Musuemsbestand die umgbaute Frigerio Puch F4T Safari aus dem Jahr 1983, mit der Walter Kanna 1984 in Ägypten die Pharaonenrally fuhr.

Dieses Fahrzeug hat einen 47 PS starken Rotax-Motor (Viertakt) mit 560 ccm, einen zusätzlichen Ölkühler und einen 39 Liter-Tank. Es wiegt 137 Kilo.

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men lässt (Hitzeentwicklung). Dazu habe ich als Laie sowieso die falsche Vorstellung gehabt. Ich dachte, ich werde das leer geräumte Motorge-häuse einfach zusammenbauen und die verblei-benden Öffnungen verschließen.

Denkste! Würde es so gemacht werden, würde man das Gehäuse danach nicht wieder ausein-ander bekommen. Zu hohe Klebewirkung durch den Pulvereinbrennvorgang. Also: Jeden Ge-häuseteil akribisch abkleben. Pulverbeschich-ten? Ich weiß nicht …

Ende Mai 2013 besuchte ich den Oldtimermarkt in Tulln/NÖ. Dort traf ich auf eine Restaura-tionsfirma, welche Material für derartige Maß-nahmen anbietet. Es gibt da einen hitze-, säu-re- und benzinfesten Lack in schwarz, welcher nach meinem derzeitigen Wissen wohl die beste Variante zu sein scheint. Abkleben ist zwar der gleiche Aufwand wie beim Pulvern, aber das Fi-nish dürfte sowohl im Design als auch in der Resistenz die bessere Wahl sein. Ein Komplett-Set in dieser Variante kostet ca. € 100,-. Dazu kommt noch der Lackiervorgang durch einen professionellen Lackierer. Aber danach dürfte es wohl passen.

So, jetzt ist mein Motorrad, abgesehen vom Motor, total fertiggestellt. Ich habe mich vorerst entschieden, das Motorrad noch nicht zu fahren, sondern unbefüllt, also „trocken“, ins Puch-Mu-seum Graz zu stellen.

Es wartet noch eine MC 175 „Enduro“, Modell 1974, auf ihre Restauration. Erst wenn diese auch fertig gestellt sein wird, werde ich beide Motorräder fahrbereit machen und wieder zum Verkehr zulassen.

Sollte jemand Interesse zum Gedankenaus-tausch betreffend Puch-Frigerio F4T-Restaura-tion haben, bin ich gerne dazu bereit. Meine e-Mail-Adresse: [email protected]

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