Pulsare und Magnetare - UKR · Zentrifugalkraft auf die Kruste ab, während die beiden anderen...

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Pulsare und Magnetare Vortrag im Seminar Gekrümmter Raum und gedehnte Zeit Daniel Angerer 20.01.2016 Betreuer: Prof. Gunnar Bali und Prof. em. Dr. Wolfgang Gebhardt Universität Regensburg WS 2015/16

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  • Pulsare und Magnetare Vortrag im Seminar

    Gekrümmter Raum und gedehnte Zeit

    Daniel Angerer

    20.01.2016

    Betreuer: Prof. Gunnar Bali und Prof. em. Dr. Wolfgang

    Gebhardt

    Universität Regensburg

    WS 2015/16

  • 2

    Inhalt

    1. Einleitung ................................................................................................................................. 3

    2. Pulsare ..................................................................................................................................... 3

    2.1. Was sind Pulsare? ................................................................................................................ 3

    2.2. Entstehung von Pulsaren ..................................................................................................... 4

    2.3. Periodendauern und was sie uns verraten .......................................................................... 6

    2.4. Unregelmäßigkeiten in den Perioden: Nulling, Riesenpulse und Glitches .......................... 7

    2.5. Das Magnetfeld – Ursachen und Auswirkungen ................................................................. 9

    2.6. Bilder ................................................................................................................................. 12

    3. Magnetare ............................................................................................................................. 14

    3.1. Was sind Magnetare? ........................................................................................................ 14

    3.2. Entstehung des Magnetfelds von Magnetaren ................................................................. 14

    3.3. Besondere Magnetare: Anomalous X-Ray Pulsars und Soft Gamma Repeaters ............... 15

    Literaturverzeichnis .......................................................................................................................... 16

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    1. Einleitung

    Das Ausbildungsseminar “Gekrümmter Raum und gedehnte Zeit” im WS 2015/16 ist eine

    hervorragende Möglichkeit zum einen mit den Grundlagen der Allgemeinen Relativitätstheorie in

    Berührung zu kommen, zum anderen aber auch einige Himmelsphänomene näher kennenzulernen.

    In diesem Zusammenhang dürften jedem sofort Begriffe wie Supernova oder Schwarzes Loch in den

    Kopf schießen. Weniger bekannt ist dagegen die Gruppe der Pulsare, obwohl sie eine bedeutende

    Rolle in der Geschichte der Astronomie spielen. Auch heute sind sie Gegenstand der Forschung, nicht

    zuletzt um aus den Beobachtungen Rückschlüsse auf die Gültigkeit der ART zu ziehen.

    Eine mit den Pulsaren eng verwandte Gruppe stellarer Objekte sind die Magnetare. Diese stellen

    nach den schwarzen Löchern die wohl extremste Art von Stern dar, auch sie sind aber bei weitem

    nicht so bekannt wie sie bedeutend sind.

    Diese Seminararbeit und der vorangegangene Vortrag widmen sich daher den beiden

    Sternformen der Pulsare und der Magnetare.

    2. Pulsare

    2.1. Was sind Pulsare?

    Das Wort Pulsar steht für pulsating star, es handelt sich dabei also um einen Stern, der

    periodische Signale elektromagnetischer Strahlung aussendet.

    Diese Objekte sind, wie man erst herausfinden musste, Neutronensterne. Der erste Pulsar wurde

    nämlich 1967 von Jocelyn Bell und Antony Hewish 1967 [1] entdeckt; ein Jahr später stellte Thomas

    Gold die Theorie auf, dass sich dahinter ein Neutronenstern (NS) verbirgt. Diese waren bis dato nur

    theoretisch vorhergesagt, nicht aber beobachtet worden [1].

    Die Strahlung hat ihre Ursprünge im Magnetfeld des Sterns. Die Magnetfeldachse ist gegenüber

    der Rotationsachse geneigt, woraus eine Bewegung des Magnetfelds folgt. Dadurch wird ein

    elektrisches Feld induziert, das so stark ist, dass geladene Teilchen aus der Sternoberfläche gelöst

    werden [2]. Die Ladungen im umgebenden Plasma werden im elektrischen Feld beschleunigt. Sie

    bewegen sich infolge dessen entlang helixförmiger Bahnen um die Magnetfeldlinien und emittieren

    Synchrotronstrahlung tangential zu ihrem zurückgelegten Weg [1]. Dies resultiert in einem Strahl

    elektromagnetischer Wellen in Richtung der beiden magnetischen Pole mit einem Öffnungswinkel

    von etwa 10° (Abb. 2.1) [3]. Liegt die Erde in einem der beiden konischen Strahlungsfelder kann man

    ein der Rotationsperiode des Pulsars entsprechend regelmäßiges Signal detektieren; der Pulsar wirkt

    wie ein Leuchtturm auf den Beobachter.

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    Abb. 2.1: Prinzipielle Darstellung eines Pulsars [4]

    Typische Wellenlängen liegen im Röntgen- und γ-Strahlenbereich, aber auch im Infraroten oder

    Optischen [2] und decken damit einen großen Teil des elektromagnetischen Spektrums ab. Am

    häufigsten beobachtbar sind jedoch Radiowellen [3]. Die Periodendauern teilen das Feld der Pulsare

    in zwei Lager. Einerseits rotieren die sog. Millisekunden-Pulsare innerhalb einiger tausendstel

    Sekunden um sich selbst, andererseits brauchen die normalen Pulsare dafür einige Sekunden [3].

    Die meisten der rund 1500 bekannten Pulsaren [5] befinden sich in der Milchstraße, hierbei

    kommt aber offensichtlich ein Auswahleffekt zum Tragen. In den anderen Galaxien werden auch eine

    entsprechende Anzahl an Pulsaren vermutet, diese sind nur zu schwach, um von der Erde aus

    detektiert werden zu können [3].

    Pulsare werden nach ihrer Position am Fixsternhimmel benannt. Beispielsweise heißt der Pulsar

    im Krebsnebel PSR B0531+21, was einer Rektaszension von 5h 31min und einer Deklination von +21°

    entspricht. B steht für das B1950.0-Koordinatensystem.

    2.2. Entstehung von Pulsaren

    Pulsare sind NSe und entstehen als solche aus einer Supernova eines Sterns mit einer Kernmasse

    von 1,4 bis etwa 3 Sonnenmassen. Die hohen Geschwindigkeiten, mit denen einige Pulsare durch die

    Galaxis fliegen, sind jedoch mit diesem Modell nicht erklärbar. So bewegt sich der Pulsar PSR 1757-24

    mit etwa 2300km/s in die gleiche Richtung wie sein Supernovaüberrest [3].

    Für Fälle wie diesen ist ein Modell ausgehend von einem Doppelsternsystem ausgearbeitet

    worden. Der schwerere der beiden Sterne (in Abb. 2.2 mit primary bezeichnet) bilde in einer

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    Supernova einen Neutronenstern. Wenn dabei mehr als die Hälfte der zu Beginn insgesamt

    vorhandenen Masse abgestoßen wird werden die zwei Sterne auseinandergerissen. In diesem Fall

    bleiben ein isolierter Neutronenstern mit hoher Geschwindigkeit und ein runaway-star zurück (rechts

    oben in Abb. 2.2). Dies ist das wahrscheinlichste Szenario aller.

    Abb. 2.2: Bildung verschiedener Systeme von Pulsaren ausgehend von einem Doppelsternsystem [5]

    Die Entwicklung der wenigen überlebenden Doppelsternsysteme hängt von der Masse des

    Begleiters (secondary in Abb. 2.2) ab. Da dies Teil des Vortrags NS-Doppelsterne und Tests der ART ist,

    wird hier darauf nicht tiefgreifend eingegangen. Mögliche Endzustände sind ein junger, leichterer

    Pulsar und davon getrennt ein Pulsar, der von ebenjenem Begleiter etwas Masse akkreditierte (Mitte

    rechts in Abb. 2.2) oder ein Doppelneutronensternsystem (rechts unten) oder aber ein

    Millisekundenpulsar mit einem weißen Zwerg als Begleiter (links unten) [5].

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    2.3. Periodendauern und was sie uns verraten

    Ein wichtiges Merkmal eines Pulsars ist seine Periodendauer. Wie schon erwähnt gibt es dabei

    Unterschiede zwischen den Millisekundenpulsaren und den normalen. Einer der am schnellsten

    rotierenden ist der PSR 1937+21 mit einer Periode von

    (1,557 806 448 872 75 ± 0,000 000 000 000 03)𝑚𝑠.

    Die Fehler in der letzten Stelle ist auf die Ungenauigkeit unserer Definition der Zeit und nicht auf

    die Messung an sich zurückzuführen [3]! Aufgrund der extremen Regelmäßigkeit nahm man anfangs

    an, dass die Signale durch extraterrestrische Intelligenz verursacht werden, was später aber

    widerlegt werden konnte. Durch die Exaktheit lassen sich schon die kleinsten Abweichungen der

    Periode messen. Solch eine liegt auch in der Natur der Pulsare: Durch ihre permanente

    Dipolabstrahlung verlieren sie an Rotationsenergie, das heißt ihre Periode vergrößert sich ständig.

    Typische Werte für diese Verlangsamung sind

    (10−19 < �̇� < 10−13) 𝑠

    𝑠 [1].

    Dieser Effekt gibt einen starken Hinweis darauf, dass die Periodizität der Strahlung tatsächlich

    durch die Rotation zustande kommt und nicht durch einen Schwingungsvorgang. Dann würde

    nämlich die Amplitude mit der Zeit abnehmen, nicht die Frequenz [3].

    Zwischen der Periodendauer und seiner Änderung besteht der Zusammenhang

    �̇� = −𝐾𝛺𝑛

    mit dem Bremsindex 𝑛 =ΩΩ̈

    Ω̇2, 𝑛 = 3 für magnetische Dipolstrahlung und 𝑛 = 5 für gravitative

    Quadrupolstrahlung. Mit 𝛺0 als Anfangswert der Winkelgeschwindigkeit ergibt sich daraus:

    𝑡 =1

    (𝑛 − 1)𝐾(

    1

    𝛺𝑛−1−

    1

    𝛺0𝑛−1) = −

    1

    𝑛 − 1

    𝛺

    �̇�(1 − (

    𝛺

    𝛺0)

    𝑛−1

    ). (2.1)

    Nach hinreichend langer Zeit ist Ω ≪ Ω0, sodass das Alter des Pulsars im Falle reiner magnetischer

    Dipolstrahlung abgeschätzt werden kann:

    𝜏 = −1

    𝑛 − 1

    𝛺

    �̇�=

    1

    𝑛 − 1

    𝑇

    �̇�=

    𝑇

    2�̇�.

    Gleichung (2.1) kann umgeschrieben werden in

    𝑇(𝑡) = (𝑇0𝑛−1 + (2𝜋)𝑛−1

    �̇�

    𝑇𝜏)

    1𝑛−1⁄

    ,

    wobei die Anfangsperiode gegeben ist durch 𝑇0 = (𝑇(1 − (𝑛 − 1)�̇�

    𝑇𝜏)

    1𝑛−1⁄

    . [3]

    Wenn also die momentane Periode und ihre Ableitung messbar sind kann für Pulsare mit

    bekanntem Alter (etwa durch Beobachtung der Supernova, bei der er entsteht) die

    Anfangsperiodenlänge bestimmt werden.

    Beim Bestimmen des Bremsindex nach der Gleichung 𝑛 =ΩΩ̈

    Ω̇2 fällt jedoch auf, dass der

    experimentelle Wert oftmals unter 3 liegt. Dies ist auch nicht durch das Abstrahlen von

  • 7

    Gravitationswellen erklärbar, da dies mit 𝑛 = 5 den beobachteten Wert erhöhen würde [3]. Hier ist

    also ein weiteres Rätsel gegeben, das noch gelöst werden will.

    Ein anderes Problem stellt die Verbreiterung der gepulsten Signale dar. Sie resultiert daraus, dass

    sich Wellen kleinerer Frequenz aufgrund ihrer verstärkten Wechselwirkung mit interstellaren

    Elektronen langsamer ausbreiten als solche mit höheren Frequenzen. Offensichtlich ist diese

    Dispersion von größerer Bedeutung je kleiner die Periodenlänge ist [3].

    Für die Periodenlänge kann eine allgemeine untere Grenze gefunden werden. Um den Stern stabil

    zu erhalten muss die Gravitationskraft immer stärker als die Zentrifugalkraft sein:

    𝐺𝑀

    𝑅2 ≥ 𝑅𝛺2 = 𝑅 (

    2𝜋

    𝑇)

    2

    ⇒ 𝑇 ≥ 0,55 (𝑀𝑠𝑜𝑙

    𝑀)

    12

    (𝑅

    10𝑘𝑚)

    32

    𝑚𝑠

    Für 𝑅 = 11𝑘𝑚 und 𝑀 = 1,4𝑀𝑠𝑜𝑙 folgt eine minimale Periodenlänge von 𝑇𝑚𝑖𝑛 = 0,61𝑚𝑠. Für

    einen weißen Zwerg beispielsweise würde sie 25s betragen und somit über vielen der beobachteten

    Werte liegen [1]. Dies war mit ein Indikator für die Theorie, dass Pulsare Neutronensterne sind.

    2.4. Unregelmäßigkeiten in den Perioden: Nulling, Riesenpulse und Glitches

    Die oben beschriebene Exaktheit der Periodendauer entspricht nur der halben Wahrheit.

    Tatsächlich gibt es einige unterschiedliche Mechanismen, nach denen die Rotation von ihrem

    gewohnten Gang abweicht.

    Ein solches Phänomen ist der Nulling. Hierbei setzt das regelmäßige Signal für die Zeit einiger

    Perioden aus, um danach unverändert wieder zu erscheinen. Die meisten Pulsare weisen eine Nulling

    fraction (NF) von etwa 10% auf, das heißt ein Zehntel ihrer periodischen Signale bleibt aus. Es gibt

    aber auch Sterne mit NFs von bis zu 95%. Nullinge treten für einen Pulsar teilweise regelmäßig auf,

    meist aber völlig zufällig. Ebenso ist die Intensität der Emission kurz vor und nach dem Nulling von

    Pulsar zu Pulsar anders, für das gleiche Objekt aber immer ähnlich [6].

    Über die Ursachen für diese verschiedenen Ausprägungen des gleichen Effekts ist bisher wenig

    bekannt. Möglicherweise sind elektromagnetische Ereignisse an der Oberfläche und in der

    Magnetosphäre ausschlaggebend [3].

    Genauso wie die Intensität der Strahlung plötzlich aussetzen kann, kann sie auch schlagartig

    zunehmen. Eine derartige Anomalie wird Riesenpuls genannt. Vergrößerungen um das Zehnfache der

    normalen Intensität wurden bislang nur für den Krebs-Pulsar und einige weitere nachgewiesen.

    Allgemeine Hypothese ist, dass sie gleicher Natur wie das Nulling sind, aber auch hier besteht noch

    Drang zu Forschungsarbeit [7].

    Im Gegensatz dazu gibt es für die Periodensprünge, englisch glitches eine fundierte Erklärung.

    Mit Periodensprüngen ist ein abruptes Ansteigen ΔΩ0 der Rotationsfrequenz Ω0 gemeint (Abb.

    2.3). Es tritt vermehrt bei den jüngeren Pulsaren auf; ein Drittel aller beobachteten Fälle betrafen

    den Krebs-Pulsar oder den ebenfalls häufig zu Rate gezogenen Vela-Pulsar. Für diese beiden Sterne

    waren sie etwa einmal alle paar Jahre messbar [2]. Die Beschleunigung liegt typischerweise in dem

    Intervall 10−9 <ΔΩ

    Ω< 10−6 [1].

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    Abb. 2.3: Rotationsfrequenz während eines glitches [2]

    Mathematisch kann das Verhalten der Rotationsfrequenz nach einem glitch durch folgende

    Gleichung beschrieben werden:

    𝛺(𝑡) = 𝛺0(𝑡) + 𝛥𝛺0 [𝑄𝑒−𝑡 𝜏𝑐⁄ + 1 − 𝑄],

    wobei der Parameter Q definiert, in welchem Maße die Frequenz wieder ihr ursprüngliches Verhalten

    𝛺0(𝑡) = 𝛺0 −𝛼𝑡

    𝐼

    erreicht [2].

    Beobachtungen ergaben, dass sich die Pulse an sich vor und nach den glitches nicht änderten,

    lediglich deren Frequenz. Das schließt einen elektromagnetischen Einfluss auf die Strahlungsemission

    aus [1]. Die Ursache muss daher im Inneren des Neutronensterns zu finden sein. Eine

    dementsprechende Theorie geht von dem Zwei-Komponenten-Modell aus: Der Stern besteht aus

    einem suprafluiden Teil im Inneren und einer Kruste. Die Wechselwirkung zwischen den beiden

    Bestandteilen werde durch die Kopplungskonstante 𝜏𝑐 beschrieben.

    Die äußere Schicht nimmt einen Gleichgewichtszustand zwischen Gravitations-, Zentrifugal- und

    inneren Kräften an. Durch das Abbremsen des Sterns aufgrund der Dipolstrahlung nimmt die

    Zentrifugalkraft auf die Kruste ab, während die beiden anderen Kraftanteile zunächst gleich bleiben.

    Irgendwann führen jedoch die inneren Kräfte zu einem Sternbeben, in dem die Kruste eine andere

    Form annimmt, sodass ihr Trägheitsmoment verringert wird und sie sich wieder in einem

    Kräftegleichgewicht befindet. Das wiederum führt zu einer Beschleunigung der äußeren Schicht, was

    als glitch beobachtbar ist. Wegen der geringen Kopplung der äußeren Komponente an das

    superfluide Innere wird letzteres über die Zeit 𝜏𝑐 hinweg beschleunigt, was eine stetige

    Verlangsamung der Kruste inklusive Magnetfeld und Dipolstrahlung zur Folge hat. 𝜏𝑐 ist also auch die

    Relaxationskonstante des Systems. Beim Krebs-Pulsar liegt sie in der Größenordnung von Wochen,

    für den Vela-Pulsar sogar von Monaten. Derart große Zeiträume legen nahe, dass der superfluide

    Zustand den größeren Anteil an der Gesamtmasse einnimmt [2].

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    Eine etwas andere Erklärung, auch zurückgehend auf das Zwei-Komponenten-Modell, setzt bei

    unterschiedlichen Abbremsverhalten an. Demnach verlangsamt sich die Rotation des superfluiden

    Inneren nicht so drastisch wie die der äußeren Schicht. Es kann also immer wieder zu einer

    Umverteilung des Drehimpulses von Innen nach Außen, also einer Beschleunigung der Rotation

    kommen. Das wird als Periodensprung wahrgenommen [1].

    2.5. Das Magnetfeld – Ursachen und Auswirkungen

    Wie eingangs erwähnt ist das Magnetfeld die Hauptursachen für die Emission

    elektromagnetischer Wellen. Daher ist es für das weitere Verständnis der Gruppe der Pulsare von

    besonderem Interesse. Eine typische Größenordnung ist 1012 Gauß, normale Sterne (sowie

    handelsübliche Haushaltsmagnete) weisen Flussdichten von etwa 100 Gauß auf. Die Maxwell-

    Gleichungen ergeben, dass das Magnetfeld eines Körpers um den Faktor vier steigt, wenn sein

    Volumen um den Faktor zwei schrumpft, die Masse aber gleich bleibt [8]. Wenn also ein

    gewöhnlicher Stern von einem Radius von 106km auf etwa 10km in sich zusammenfällt, nimmt

    gemäß der Erhaltung von magnetischem Fluss das magnetische Feld um eine Größenordnung von

    1010 zu [3].

    Die Bestimmung der Magnetfeldstärke erweist sich bei Vereinfachung zu einem magnetischen

    Dipol als relativ einfach. Ausgehend von der Rotationsenergie 𝐸 =1

    2𝐼Ω2 ergibt sich für die erste

    Zeitableitung

    −𝑑𝐸

    𝑑𝑡= −

    𝑑

    𝑑𝑡(

    1

    2𝐼Ω2) = −𝐼ΩΩ̇ = 4𝜋2𝐼

    �̇�

    𝑇3 [1].

    Für magnetische Dipolstrahlung ist eine allgemeine Formel mit der Zeitableitung der

    Rotationsenergie bekannt:

    −𝑑𝐸

    𝑑𝑡=

    2

    3𝑅6𝐵2Ω4 sin2 𝛼 =

    2

    3𝑅6𝐵2 (

    2𝜋

    𝑇)

    4sin2 𝛼 [3],

    α ist der Winkel zwischen Rotations- und Magnetfeldachse.

    Gleichsetzen und Umstellen ergibt

    𝐵 = √3𝐼

    8𝜋2𝑅6 sin2 𝛼𝑇�̇� [3],

    das heißt mit Abschätzen des Trägheitsmoments und Messen von Periode sowie Zunahme der

    selbigen lässt sich eine Größenabschätzung des Magnetfelds vornehmen.

    Für 𝑇~1

    30𝑠, �̇�~4 ∗ 10−13

    𝑠

    𝑠, 𝑅~10𝑘𝑚 und sin 𝛼 = 1 erhält man 𝐵~3 ∗ 1012Gauß [3]. Es schließt sich

    also der Kreis mit dem anfänglichen groben Wert von 1012 Gauß. Eine weitere Bestätigung, dass

    Pulsare NSe sind.

    Die Stärke des Magnetfelds kann mit einiger Exaktheit bestimmt werden. Über die tatsächliche Form

    ist dagegen weniger bekannt. Trotz alledem sind einige Aussagen diesbezüglich möglich.

    Grundsätzlich kommen zwei voneinander unabhängige Ausprägungen vor, das toroidale (Abb. 2.5)

    und das poloidale Feld (Abb. 2.4).

  • 10

    Abb. 2.6: NSe mit verzerrten Magnetfeldern. Links ist jeweils die Stärke der toroidalen Komponente farblich dargestellt, rechts die der poloidalen Komponente. Der Grad der Verdrillung ist rechts höher als links [9]

    In der Realität überlagern sich die beiden Felder zu einem verdrilltem Feld (Abb. 2.6). Der

    toroidale Anteil am Gesamtmagnetfeld unterliegt dabei dem poloidalen; er trägt zu etwa 25% bei.

    Abhängig von der Gestalt des Feldes treten Verformungen der Sternoberfläche auf, die im

    Zusammenspiel mit den extrem hohen Feldstärken zur Emission von Gravitationswellen führen [9].

    Wie zuvor erwähnt werden geladene Teilchen entlang der Magnetfeldlinien beschleunigt. Sie

    entfernen sich folglich immer mehr vom Pulsar, bis sie schließlich mit Lichtgeschwindigkeit um ihn

    rotieren. Die geschieht in einem Abstand von 𝑟𝑐 =𝑐

    Ω zur Rotationsachse, dem corotation radius. Er

    definiert den light cylinder in Abb. 2.7, innerhalb dessen Feldlinien geschlossen sind. Die daran

    Abb. 2.5: rein toroidales Feld eines NS mit Masse 𝑴 = 𝟏, 𝟔𝟖𝑴𝒔𝒐𝒍 [9]

    Abb. 2.4: rein poloidales Feld eines NS mit Masse 𝑴 = 𝟏, 𝟔𝟖𝑴𝒔𝒐𝒍. Auf der rechten Seite ist die

    Magnetfeldstärke dargestellt, links die Stärke des dadurch induzierten Stroms [9]

  • 11

    gebundenen Teilchen rotieren mit der gleichen Winkelgeschwindigkeit wie der NS und werden

    wieder zu ihm zurückgeführt.

    𝜃𝑝

    Abb. 2.7: Skizze der Magnetosphäre eines Pulsars mit light cylinder. Zur Vereinfachung sind hier Rotations- und Magnetfeldachse identisch [2]

    Feldlinien, die über den light cylinder hinausgehen sind offen. Teilchen, die von den

    magnetischen Polen aus an ihnen entlang fliegen, werden in die Unendlichkeit des weiten Raums

    abgestrahlt. Der Bereich der Sternoberfläche, aus dem offene Feldlinien entspringen ist die

    Polarkappe. Sie wird durch den Winkel 𝜃𝑝 = √𝑅 𝑟𝑐⁄ = √Ω𝑅 𝑐⁄ bestimmt [2].

  • 12

    2.6. Bilder

    Abb. 2.9: Künstlerische Darstellung eines Pulsars mit einem weißen Zwerg als Begleitstern. Erstellt von der NASA [10]

    Abb. 2.8: Der Krebs Pulsar im gleichnamigen Nebel. Aufgenommen mit dem Einstein X-ray observatory satellite. Links ist ein Impuls zu sehen, rechts befindet sich der Pulsar zwischen zwei Strahlungspulsen [15]

  • 13

    Abb. 2.10: Der Krebs-Nebel. Zusammengesetzes Bild aus Röntgen- (blau) und optischen (rot) Aufnahmen [11]

    Abb. 2.11: großes Bild: zeichnerische Darstellung eines Millisekundenpulsars mit einem roten Riesen als Begleitstern. Es stellt das erste beobachtete System dieser Art dar; normalerweise akkreditiert der Pulsar so viel Masse seines Begleiters, dass dieser als weißer Zwerg zurückbleibt. Erklärungsansätze sind zum einen ein System am Anfang seiner Entwicklung, d.h. der NS konnte bisher nur wenig Masse akkreditieren, oder aber er hat den ursprünglichen weißen Zwerg abgestoßen und den roten Riesen eingefangen. Kleines Bild: Orientierung anhand einer Aufnahme des Hubble-space Teleskops [12]

  • 14

    3. Magnetare

    3.1. Was sind Magnetare?

    Im März 1979 detektierten die Messapparate diverser Sonden im Sonnensystem einen Impuls

    sehr intensiver Gammastrahlung. Für zwei Zehntelsekunden wurden Werte dieser Wellenlänge

    festgestellt, die bis zu 100-mal so hoch waren wie alles zuvor Gemessene. Daran schloss sich ein mit

    einer 8s-Periode oszillierendes, schwächeres Signal etwas energieärmerer Gammastrahlung, sog. soft

    gamma rays, an. Weitere Strahlungsausbrüche derselben Quelle folgten in den nächsten vier Jahren.

    Die hohe Intensität verleitete Wissenschaftler zu der Annahme, dass sich das verantwortliche

    Objekt in der näheren Umgebung in der Milchstraße befindet. Durch Triangulation anhand der im

    gesamten Sonnensystem verteilten Teleskope konnte man den Entstehungsort jedoch auf einen

    Supernovaüberrest in der Großen Magellanschen Wolke, etwa 170.000ly entfernt, zurückführen. Das

    bedeutete im Umkehrschluss, dass die bei dem allerersten Ausbruch emittierte Energie wesentlich

    höher war als bisher geschätzt. Solche Energiemengen konnten nicht von durchschnittlichen Sternen

    aufgebracht werden, es kamen also nur Schwarze Löcher oder Neutronensterne in Frage. Erstere sind

    allerdings nicht fähig, regelmäßige Impulse elektromagnetischer Strahlung auszusenden; Es muss sich

    demzufolge um NSe handeln. Aber das registrierte Strahlungsprofil unterschied sich grundlegend von

    dem der bisher bekannten NSe, insbesondere der Pulsare. Auch war die kontinuierlich abgegebene

    Strahlung energiereicher als durch gängige Modelle prognostiziert. Es galt, die Frage zu klären, wo

    diese Energie herkommt. Rotation schied aus, da die Periode mit acht Sekunden viel zu lang war.

    Bleibt noch ein Magnetfeld wie es nie zuvor nachgewiesen wurde. Es ist bei üblichen Pulsaren schon

    extrem groß, die neue Sternklasse sollte also einen Namen erhalten, der dessen würdig ist:

    Magnetare. Sie weisen Flussdichten von bis zu 1015 Gauß auf [8]. Außerdem rotieren sie mit einer

    Periode von 𝑇~1 − 12 𝑠, die etwa um �̇� ≳ 10−12 𝑠 𝑠⁄ zunehmen [13].

    3.2. Entstehung des Magnetfelds von Magnetaren

    Derart starke Felder bedürfen eines besonderen Entstehungsprozesses. Ein entscheidender Faktor

    ist die Konvektion im Stern. Ionisiertes Gas als guter elektrischer Leiter kann Magnetfeldlinien

    mitziehen, wenn es sich bewegt. Daher wird das Magnetfeld ständig umsortiert und teilweise

    verstärkt [8]. In welchem Maße es dazu kommt hängt von der Rossby-Zahl 𝑅𝑜 = 𝑇 𝜏𝑘𝑜𝑛⁄ ab. Die

    Konvektions-Zirkulationszahl 𝜏𝑘𝑜𝑛 steigt mit dem Grad der Umwälzung des Sternmaterials.

    Wenn 𝑅𝑜 ≲ 1, so überwiegt die schraubenförmigen Bewegung gegenüber der durch Rotation

    erzeugten Streuung, und ein Dynamoprozess setzt ein. Er steigert die Magnetfeldstärke. Damit er

    einsetzen kann muss die Periode des neugeborenen NSs hinreichend klein sein, abhängig von den

    Vorgängen im Inneren in der Größenordnung einer Millisekunde [14].

  • 15

    3.3. Besondere Magnetare: Anomalous X-Ray Pulsars und Soft Gamma

    Repeaters

    Der erste beobachtete Magnetar wies sich durch sein seltsames Strahlungsprofil wiederholender

    niederenergetischer Gammastrahlen aus. Bei einem einzigen Strahlungsausbruch emittierte er eine

    Energie, die die Sonne in 10.000 Jahren aussendet. Auf eine derart gewaltige Eruption folgt ein

    periodisches Signal und einige Monate bis Jahre darauf ein erneuter deutlicher Ausschlag, allerdings

    nicht so gewaltig wie beim ersten Mal. Man nannte solche Objekte daher soft gamma repeaters

    (SGR) [8].

    Sie sind eng verwandt mit den anomalous X-ray pulsars (AXP), die sehr ähnliche Eigenschaften

    aufweisen. Einziger wesentlicher Unterschied ist die Wellenlänge; AXPs strahlen wie der Name sagt

    im Röntgenbereich. Die anfängliche alternative Theorie, AXPs wären gewöhnliche von

    Materiescheiben umgebene NSe, wurde verworfen. Dann würde mehr infrarote und sichtbare

    Strahlung abgegeben als beobachtet [8]. Insgesamt besteht in diesem doch recht mysteriösen

    Bereich der Astronomie noch sehr viel Forschungsbedarf.

  • 16

    Literaturverzeichnis

    [1] W. Gebhardt, „Black Holes, Neutron Stars and other Exotica,“ 2011.

    [2] M. S. Longair, „High Energy Astrophysics,“ Cambridge, Cambridge Univ. Press, 2011, pp. 422-

    429.

    [3] N. K. Glendenning, „Compact Stars,“ New York, Springer, 1997, pp. 183-206.

    [4] Nobel Media AB, 2014. [Online]. Available:

    http://www.nobelprize.org/nobel_prizes/physics/laureates/1993/illpres/magnetic.gif. [Zugriff

    am 28 Dezember 2015].

    [5] D. R. Lorimer, „Binary and Millisecond Pulsars,“ Living Rev. Relativity, Bd. 11, Nr. 8, 4

    November 2008.

    [6] J. Li, A. Esamdin, R. N. Manchester, M. F. Qian und H. B. Niu, „Radiation properties of extreme

    nulling pulsar J1502-5653,“ 28 Juni 2012. [Online]. Available:

    http://arxiv.org/abs/1206.6156v1. [Zugriff am 13 Dezember 2016].

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    1. Einleitung2. Pulsare2.1. Was sind Pulsare?2.2. Entstehung von Pulsaren2.3. Periodendauern und was sie uns verraten2.4. Unregelmäßigkeiten in den Perioden: Nulling, Riesenpulse und Glitches2.5. Das Magnetfeld – Ursachen und Auswirkungen2.6. Bilder

    3. Magnetare3.1. Was sind Magnetare?3.2. Entstehung des Magnetfelds von Magnetaren3.3. Besondere Magnetare: Anomalous X-Ray Pulsars und Soft Gamma Repeaters

    Literaturverzeichnis