PUNKT Generationen

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Danke für alles/nichts Erben und Erblasten der früheren Generation sind ungleich verteilt. Die Kühne-Stiſtung Klaus-Michael Kühne über die Pläne, die er mit seinem Vermögen hat. Der brasilianische Traum Vom Orangenverkäufer zum erfolrei- chen Unternehmer und Bürgermeister. 9 771661 806003 41

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Die Generationensolidarität gerät immer stärker ins Wanken. Denn die Kosten für das ausbleibende Wirtschaftswachstum und die ökologischen Sünden der Vergangenheit tragen primär kommende Generationen. Doch es gibt auch Gutes zu berichten: In Brasilien wächst eine neue Mittelschicht heran, 3D-Printer versprechen neue Möglichkeiten der Produktion und unsere Rentner sind jünger, als wir denken.

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Page 1: PUNKT Generationen

Danke für alles/nichtsErben und Erblasten der früheren Generation sind ungleich verteilt.

Die Kühne-Stiftung Klaus-Michael Kühne über die Pläne, die er mit seinem Vermögen hat.

Der brasilianische TraumVom Orangenverkäufer zum erfolrei-chen Unternehmer und Bürgermeister.

9771661

806003

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EDITORIALNo 41 / Dezember 2012Ausgabe «Generationen»

cover no 41fotografie &

Postproduktion

Fabian Widmer

wenn heute von Generationensolidarität die Rede ist, scheint es meist auf einen Konflikt zwischen Jung und Alt hinauszulaufen. Die öffentliche Debatte – gibt es sie überhaupt? – ist geprägt von der These eines Krieges

zwischen den Generationen nach dem Motto: «Ältere plündern Junge aus.» Untermauert wird dies mit «He-rausforderungen», etwa hohe Schuldenbergen oder ökologischen Altlasten. Die Jungen müssen die Suppe wohl oder übel auslöffeln und sagen «Danke für Alles und Nichts!» (S. 16). Es muss kommenden Generationen aber nicht zwingend auf ewig schlechter ergehen. Sie wachsen auf im Bewusstsein knapper werdender Ressourcen und besitzen andere gesellschaftliche Rollen- und Wertvor-stellungen. Vielleicht nutzen sie diese Chancen und profitieren von einer Tatsache, die bisher als Nachteil betrachtet wurde: Sie sind, im Gegensatz zu den Baby-boomern, nicht so viele. Genau unter diesen Babyboomern finden sich viele Unternehmer. Immer mehr von ihnen kommen ins Pensionsalter, doch ihre Nachfolge haben längst nicht alle gelöst. Kein Wunder, rufen viele: «Nachfolge gesucht» (S. 32). Diesen Prozess hat der Vollblutun-ternehmer Klaus-Michael Kühne längst abgeschlos-sen. Der vife, 75-jährige Multimilliardär hat sich aus dem operativen Bereich des Logistikunternehmens Kühne+Nagel zurückgezogen und konzentriert sich ganz auf seine philanthropischen Tätigkeiten. Wenn man erfolgreich ist, findet Kühne, sollte man seinen Reichtum schon zu Lebzeiten mit der Öffentlichkeit teilen – «Ein Mann und sein Vermögen» (S.36). Seine Stiftung investiert jährlich mehrere Millionen in Bil-dung, Kultur und Medizin. Bereiche, in denen der Staat vielleicht zu wenig unternimmt. Wir finden: Wenn man Gutes tut, darf man ruhig auch darüber reden.

3PUNKTmagazin Generationen

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inhalt i No 41 / Dezember 2012Ausgabe «Generationen»

Wirtschaft

10 Kurz & Bündig Wirtschaft

16 danke für alles/nichtsDie Herausforderungen, vor die uns das Han-deln früherer Generationen stellt, sind nicht von schlechten Eltern. Die Frage ist: Wie sollen die Lasten verteilt werden?

24 Brasilien erfindet sich neuDer Wandel des Messias Moreira Elizado vom Orangenverkäufer zum Unternehmer steht bei-spielhaft für den Aufstieg einer ganzen Nation.

28 Grün ist nicht gleich grünZwischen einer PET-Flasche und einem Fuss-ballshirt liegen gar nicht so viele Schritte. Doch der PET-Markt verfügt über Eigenschaften, die ihn oft unberechenbar machen.

31 Kolumne «Querdenker»

32 Nachfolge gesuchtDie Unternehmer der Babyboomer-Generation kommen langsam ins Pensionsalter. Die Nach-folge haben aber längst nicht alle geregelt.

35 «L'Entrepreneur»Carlo Magnano, Vital Punkt

36 ein mann und sein vermögen

Klaus-Michael Kühne hat als Chef und Gross-aktionär des Logistikers Kühne+Nagel ein riesi-ges Vermögen aufgebaut. Seiner Stiftung fällt die Aufgabe zu, es wieder zu verteilen.

42 WegwerfwindelWegwerfwindeln erleichtern Eltern das Leben und generieren grosse Umsätze. Doch die Pro-bleme der Entsorung sind vielerorts ungelöst. Nicht nur in den aufstrebenden Ländern.

44 «Jahrgang 1997/98»Fotostrecke von Christine Bärlocher über die heutigen Teenager.

Klaus-Michael Kühne: «Geschäft-licher Erfolg bringt gesellschaftli-che Verantwortung mit sich.» .

Frühere Generationen haben uns so manche ökonomische und ökologische Altlast vererbt. Dafür gibt es den «Prix Ego».

Unter anderem

03 Editorial08 Infografik 81 Abonnement82 Vorschau82 Impressum

Noch vor kurzem waren 3D-Drucker nicht viel mehr als eine Spielerei für Technikfreaks. Jetzt wird es ernst.

PET-Recycling ist ein blühendes Geschäft. Und ein komplexes: Altes PET kann teurer sein als neues.

4 inhaltsverzeichnis

16

28

10

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Anlage und Vorsorge.

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Page 6: PUNKT Generationen

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inhaltsverzeichnis

inhalt iiNo 41 / Dezember 2012Ausgabe «Generationen»

Invest

52 demografie im wandelDas Bevölkerungswachstum hat sich verschoben und findet heute vornehmlich in den aufstre-benden Länder statt. Die neuen demografischen Verhältnisse haben auch Auswirkungen auf die globalen Finanzmärkte.

57 Kolumne «Mirjam Staub-Bisang»

58 Kurz & Bündig Invest

61 Alternativanlage Haus Investieren in reale Werte

62 Von Rohstoffmärkten und «bösen» Spekulanten

Prof. Dr. Ingo Pies warnt vor einer Überregulie-rung des Rohstoffsektors und den Folgen, die diese haben könnte.

Lebensart

64 junge alteUnser Autor machte sich auf die Suche nach den älteren Generationen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten hat er feststellen müssen, dass er selber gar nicht so viel jünger ist.

70 Das zeitlose GeschenkDas Vererben einer Uhr ist viel mehr als nur das Übertragen von Eigentum. Uhren sind Familien-geschichte am Handgelenk.

72 Kurz & Bündig Lebensart

75 Kolumne «René Allemann»

76 Produkte, die man haben muss

Inserenten

Wenn von der Demografie der Schwellenländer die Sprache ist, darf nicht vergessen werden, dass es über 150 von ihnen gibt.

Die Pensionskassen befinden sich im Ungleichgewicht. Wie kann die Situation entschärft werden?

Das Hotel Arosa Kulm ist ein Klassi-ker. PUNKT verlost eine Übernach-tung für zwei Personen.

Als Statussymbol stehen sie bei Männern unangefochten an erster Stelle. Als Erbstücke haben sie es trotz Tradition schwerer: Uhren.

02 Patek Philippe05 Swisscanto06 Kenya Tourism15 Bellevue AM22 Parkhotel Bellevue23 Marmite

39 Club 25+51 Finanz & Wirtschaft59 Börse Scoach83 Fondsmesse84 Credit Suisse

7PUNKTmagazin Generationen

61

Page 8: PUNKT Generationen

MIO.

Für ein Unternehmen, das im Jahres-rhythmus seine Produktkategorien erneuert und dabei immer wieder neue Standards setzt, gibt Apple erstaunlich wenig für Forschung und Entwicklung aus.

AUSGABEN FÜR F&E IM VERHÄLTNIS ZUM GESAMTUMSATZ (Ø 2006 – 2011)

*Nokia verliert immer mehr Marktanteile. Wirklich gut läu� nur noch das Geschä� mit günstigen Geräten in Schwellenländern.

Durchschni�liche Zeit, die ein User pro Monat auf der jeweiligen sozialen Pla�form verbringt.

Der Umsatz, den Apple im ersten Quartal 2012 mit iPhones machte, war grösser als der Gesamtumsatz einiger bedeutender US-Unternehmen.

Apple ist zurzeit das wertvollste Unternehmen der Welt, hauptverant-wortlich dafür ist der grosse Erfolg des iPhones.

Mehr als die Häl�e der Schweizer Web-User nutzen das Internet mi�lerweile auch über Smartphones oder Tablets.

Umsatz:

Gewinn:

Weltweite Marktanteile im Tabletmarkt für das 2. Quartal 2012.

Mit Anwendungen für Blackber�s erzielen App-Entwickler durchschni�lich die höchsten Umsätze.

%68

4

MRD.

35$MRD.

$MRD.

$

MIO.CHF

MRD.

$

MRD.

$

4,5 8,8

42

iPhone-Geschäft

Forschung & Entwicklung (F&E)

5 %

AMAZON

3 %

ASUS

FACEBOOK

14 % ANDERE

Tablet-Boom

APPLE (iPAD)10 %

SAMSUNG

Apple vs. Samsung

Soziale Netzwerke 2012

Q2 | 2012 Q2 | 2012

Mobile Internetnutzung CH 2012

Handyverkäufe weltweit 2011

Generation Small Screen Devices

Ø App-Umsatz pro Monat 2011

Im Schweizer Online-Handel wurden 2010 total 8,7 Mrd. CHF umgesetzt. Die umsatzstärksten Kunden sind die Über-55-Jährigen.

%21… des Umsatzes von LeShop (Migros) wird über mobile Geräte generiert.

%50… der SBB-Tickets werden über mobile Geräte verkau�.

1,4… werden jede Woche bei Ricardo über mobile Geräte umgesetzt.

< 25 J. 25 – 34 J. 35 – 54 J. > 55 J.

1862.–

1153.–1078.–

629.–

Umsatz Online-Handel CH

Online-Handel über mobile Geräte

2010

0

500

1000

1500

2000

CHF

2010

29 %

2011 / 1. Q.

36 %

2011 / 2. Q.

42 %

2012 / 1. Q.

46 %

2012 / 2. Q.

APPLE iPHONE

22,7MRD. $

17,4MRD. $ 11,1

MRD. $9,6

MRD. $

MICRO-SOFT

MARKTWERT APPLE

COCA-COLA

WALTDISNEY

55 %

1 29

554

PINTEREST

NOKIA*

SAMSUNG

APPLE

LG

ZTE

RIM

HTC

HUAWEI

MOTOROLA

SONY ERIC.

-8,4%

+11,7%

+91,6%

-24,3%

+91,6%

+3,8%

+75,3%

+70,7%

+4,4%

-22,1%

MICROSOFT

NOKIA

GOOGLE

SONY ERIC.

SAMSUNG

RIM

SONY

AMAZON

HTC

HP

APPLE

DELL

ACER

13,8%

12,9%

12,8%

12,2%

8,3%

6,7%

6,1%

5,5%

5,1%

2,9%

2,8%

1,1%

0,1%

423

314

89

86

57

52

43

41

40

33

VERÄNDERUNGZU 2010

ANZAHL IN MIO.

MARKE

Std. Min.

6 45Std. Min.

1 29TWITTER Std. Min.

21LINKEDIN Min.

3Min.GOOGLE +

BLACKBERRY

3693 $3853 $

2735 $

1234 $

iOS (APPLE) ANDROID WINDOWS P.

generation c «alwaYs on»

Der Smartphone-Boom stellt frühere Wachstumsraten weit in den Schatten. Das Resultat ist eine komplett neue Kon-sum- und Informationslandschaft.

Babyboomer, Generation X, Y oder Z – jede Ära hat ihre eigene Jugend. Für die ak-tuelle Generation Y – geboren nach 1980 – war die Digitalisierung prägend. Statt dem Buchstaben «Y» wäre ein «C» darum treffen-der: «C» für Connected, Content und Com-munity. Die Generation C ist «always on». Mit ihrer Affinität zur digitalen Welt ist sie einer der Treiber des digitalen Wandels. Mittlerweile sind Smartphones in al-len Altersschichten angekommen: In der Schweiz besitzen vier von fünf Jugend-lichen ab zwölf Jahren ein solches – fast doppelt so viele wie noch 2010. Total sur-fen beinahe vier Millionen Schweizer mit Smartphones und Tablets (Small Screen De-vices) im Netz, Tendenz steigend. Ein ähn-lich starkes Wachstum ist auch global fest-zustellen. Der weltgrösste Telekomausrüster Ericsson schätzt, dass sich die Zahl der welt-weit genutzten Smartphones bis Ende 2018 auf 3,3 Milliarden verdreifachen wird. Das verrückte ist die unglaubliche Geschwindigkeit: Smartphones und Tablet-Computer sind zwar erst seit wenigen Jah-ren auf dem Markt, doch sie haben unsere Nutzergewohnheiten innert Kürze so stark verändert wie keine Gerätegeneration vor ihr. Mit der Verbreitung von mobilen Breit-bandverbindungen erhöht sich auch das Datenvolumen stetig. Parallel dazu purzeln die Verbindungspreise laufend. Smartpho-nes werden aber nicht nur für Informati-on und Kommunikation benützt, sondern immer häufiger für Konsum. An diese Ent-wicklungen werden sich zahlreiche Ge-schäftsmodelle erst noch anpassen müssen. Die grösste Gefahr ist wohl, dass sich Nutzer nur noch auf die «Smartness» ihrer Geräte verlassen und nicht auf ihre eigene.

Quellen BundesamtfürStatistik,VisionMobile,Netmetix,

SMAMA,IDC

DarstellungPUNKTmagazin

8 Wirtschaft

«Generationen» in Zahlen

Page 9: PUNKT Generationen

MIO.

Für ein Unternehmen, das im Jahres-rhythmus seine Produktkategorien erneuert und dabei immer wieder neue Standards setzt, gibt Apple erstaunlich wenig für Forschung und Entwicklung aus.

AUSGABEN FÜR F&E IM VERHÄLTNIS ZUM GESAMTUMSATZ (Ø 2006 – 2011)

*Nokia verliert immer mehr Marktanteile. Wirklich gut läu� nur noch das Geschä� mit günstigen Geräten in Schwellenländern.

Durchschni�liche Zeit, die ein User pro Monat auf der jeweiligen sozialen Pla�form verbringt.

Der Umsatz, den Apple im ersten Quartal 2012 mit iPhones machte, war grösser als der Gesamtumsatz einiger bedeutender US-Unternehmen.

Apple ist zurzeit das wertvollste Unternehmen der Welt, hauptverant-wortlich dafür ist der grosse Erfolg des iPhones.

Mehr als die Häl�e der Schweizer Web-User nutzen das Internet mi�lerweile auch über Smartphones oder Tablets.

Umsatz:

Gewinn:

Weltweite Marktanteile im Tabletmarkt für das 2. Quartal 2012.

Mit Anwendungen für Blackber�s erzielen App-Entwickler durchschni�lich die höchsten Umsätze.

%68

4

MRD.

35$MRD.

$MRD.

$

MIO.CHF

MRD.

$

MRD.

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4,5 8,8

42

iPhone-Geschäft

Forschung & Entwicklung (F&E)

5 %

AMAZON

3 %

ASUS

FACEBOOK

14 % ANDERE

Tablet-Boom

APPLE (iPAD)10 %

SAMSUNG

Apple vs. Samsung

Soziale Netzwerke 2012

Q2 | 2012 Q2 | 2012

Mobile Internetnutzung CH 2012

Handyverkäufe weltweit 2011

Generation Small Screen Devices

Ø App-Umsatz pro Monat 2011

Im Schweizer Online-Handel wurden 2010 total 8,7 Mrd. CHF umgesetzt. Die umsatzstärksten Kunden sind die Über-55-Jährigen.

%21… des Umsatzes von LeShop (Migros) wird über mobile Geräte generiert.

%50… der SBB-Tickets werden über mobile Geräte verkau�.

1,4… werden jede Woche bei Ricardo über mobile Geräte umgesetzt.

< 25 J. 25 – 34 J. 35 – 54 J. > 55 J.

1862.–

1153.–1078.–

629.–

Umsatz Online-Handel CH

Online-Handel über mobile Geräte

2010

0

500

1000

1500

2000

CHF

2010

29 %

2011 / 1. Q.

36 %

2011 / 2. Q.

42 %

2012 / 1. Q.

46 %

2012 / 2. Q.

APPLE iPHONE

22,7MRD. $

17,4MRD. $ 11,1

MRD. $9,6

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MICRO-SOFT

MARKTWERT APPLE

COCA-COLA

WALTDISNEY

55 %

1 29

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PINTEREST

NOKIA*

SAMSUNG

APPLE

LG

ZTE

RIM

HTC

HUAWEI

MOTOROLA

SONY ERIC.

-8,4%

+11,7%

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-24,3%

+91,6%

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+75,3%

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+4,4%

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MICROSOFT

NOKIA

GOOGLE

SONY ERIC.

SAMSUNG

RIM

SONY

AMAZON

HTC

HP

APPLE

DELL

ACER

13,8%

12,9%

12,8%

12,2%

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423

314

89

86

57

52

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40

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VERÄNDERUNGZU 2010

ANZAHL IN MIO.

MARKE

Std. Min.

6 45Std. Min.

1 29TWITTER Std. Min.

21LINKEDIN Min.

3Min.GOOGLE +

BLACKBERRY

3693 $3853 $

2735 $

1234 $

iOS (APPLE) ANDROID WINDOWS P.

9WirtschaftPUNKTmagazin Generationen

Page 10: PUNKT Generationen

Vorboten einer Industriellen Revolution? Sind 3D-Drucker also wirklich das nächste grosse Ding? Sind sie, wie es eine Expertenkommission des Weissen Hauses formulierte, der «mögliche Megatrend der Zukunft»? Werden sie tatsächlich zum Auslöser der nächsten «In-dustriellen Revolution», wie es der US-Ökonom Jeremy Rifkin prophezeit? Sicher ist: Je grösser ihre techni-schen Möglichkeiten werden, desto grösser wird ihr Einfluss auf die globalen Wertschöpfungsketten. 3D-Printer könnten Spielregeln von ganzen Industrie -zweigen neu definieren. Genährt wurden die Hoffnungen durch den gro-ssen Entwicklungsschub der vergangenen zwei Jahre. Zuvor waren 3D-Drucker nicht viel mehr als eine Spie-lerei für Technikfreaks, mit der man Murmelbahnen aus Plastik oder Ähnliches produzieren konnte. Heute können 3D-Drucker über hundert verschiedene Werk-stoffe verarbeiten. Darunter Metalle wie Stahl, Alumi-nium, Titan oder Silber sowie diverse Kunststoffe, Glas oder Keramik. Da vermehrt verschiedenartige Stoffe in einem Druckprozess verbunden werden können, erge-ben sich laufend neue praktische Umsetzungsmöglich-keiten, auch in Massenmärkten. Starkes Wachstum verzeichnet die Branche für «generative Fertigungsverfahren und 3D-Printer» schon seit Jahrzehnten, wie der Wohlers-Report 2012 festhält. Mit durchschnittlich 26,4 Prozent sei sie seit 1988 jährlich gewachsen, 2015 wird ein Marktvolumen von 3,7 Milliarden Dollar erwartet, 2019 sollen es be-reits 6,5 Milliarden sein. Nebst Druckern für den pri-vaten Gebrauch, die für 1000 bis 2000 Franken zu ha-ben sind und laufend besser werden, sind es vor allem Industriedrucker, die für Aufwind sorgen.

Schützen von Eigentumsrechten Die Digitalisie-rung des dreidimensionalen Raums birgt auch Gefah-ren. Wenn zur Produktion nicht mehr ganze Fabrik-

anlagen nötig sind, sondern lediglich ein 3D-Printer und die Datei mit den Druck-anweisungen, wird Kopierschutz zur Ma-kulatur. Digitales Rechtemanagement (DRM) spielt beim dreidimensionalen Drucken eine zentrale Rolle. Technische Möglichkeiten, um gegen Raubkopien vor-zugehen, gibt es durchaus: So können die Druckdateien mit Limitierungen verse-hen werden, die nur eine bestimmte An-zahl Ausdrucke erlauben.

Wie genau die Welt mit 3D-Druckern aussehen wird, bleibt abzuwarten. Doch je ausgereifter die Tech-nologie wird, desto grösser wird ihr Einfluss auf die Wirtschaft. Wo sie eingesetzt werden, könnte sich die Gewichtung von Produktionsfaktoren fundamental verschieben. Lohn- und Lagerkosten können drastisch verkleinert werden und somit kann die Erstellung der Produkte wieder näher an ihrem vorgesehenen Einsatz-ort erfolgen. Bereits macht der Begriff Deglobalisierung die Runde. Das mag etwas gar voreilig sein, doch von 3D-Druckern wird man mit Sicherheit weiterhin hören – und vor allem sehen.

revolution in der 3.dimensionTextDAviD fEhR

Bis vor kurzem waren 3D-Drucker nicht viel mehr als eine Spielerei für Technik-freaks. Heute wird ihnen das Potenzial attestiert, ganze Branchen fundamental umzukrempeln.

Plötzlich wurde aus der Spielerei Ernst. Heu-tige 3D-Drucker können eben tatsächlich, was sie schon länger versprechen: dreidimensional drucken. Zahnkronen beispielsweise, deren Herstellung wahre Handwerkskunst ist und darum oft in Billiglohnlän-der ausgelagert wurde oder Unsummen verursachte, können 3D-Drucker kostengünstig über Nacht produ-zieren. Auch das mühsame Erstellen von Modellen für Architekturprojektekönnte mit diesen Druckern der Vergangenheit angehören. Der Flugzeugbauer Boeing stellt seine Modelle für das sogenannte Rapid Prototyping, die schnelle Proto-typenentwicklung, schon heute mit die-sen Druckern her. Ganze Flugzeugteile wurden bereits mit 3D-Printern erstellt. Gross sind die Hoffnungen vor allem in lagerintensiven Branchen wie beispiels-weise der Auto mobilindustrie. Die riesi-gen Lagerhallen für all die Ersatzteile der verschiedenen Modelle könnten in Zu-kunft der Vergangenheit angehören. 3D-Printer drucken das gewünschte Teil auf Abruf innert weniger Stunden. Und vor allem dort, wo es gebraucht wird. Die Weltraumorganisation Nasa denkt laut da-rüber nach, einen 3D-Drucker in der internationalen Raumstation ISS zu installieren. Ersatzteile müssten dann nicht mehr mit Raketen transportiert werden, sie würden im All gedruckt. Es geht noch weiter, Stichwort Bioprinting. 3D-Drucker können aus Silikon Ersatzorgane für Men-schen konstruieren. Die erste Transplantation wurde in den USA bereits vor einem Jahr durchgeführt. Der Patient lebt noch immer.

10 Wirtschaft

Wirtschaft

Page 11: PUNKT Generationen

juventute vs. senectuteDie Jugendorgansiation Pro Juventute hat harte Zeiten hinter sich und stand gar vor dem Bankrott. Anders sieht es aus bei der Stiftung Pro Senectute, die alte Menschen unterstütz: Finanzielle Sorgen kennt sie nicht.

Die staatlich unterstützen Stiftungen Pro Senectute und Pro Juventute richten ihre

Angebote zwar an verschiedene Generationen, doch kennen tut man sie in allen Al-

tersklassen. Die Aufgabenteilung wird bereits mit den jeweiligen Namen angedeu-

tet: Pro Senectute kümmert sich um ältere Semester, Pro Juventute greift den Jungen

unter die Arme. Gross sind die Unterschiede zwischen den Organisationen bezüglich

den Finanzen: Die 1917 unter der Schirmherrschaft der Schweizerischen Gemeinnüt-

zigen Gesellschaft gegründete Stiftung Pro Senectute konnte ihr Anlagevermögen im

vergangenen Jahrzehnt mehr als verdreifachen. Die Aktiven stiegen insgesamt von

etwa 150 Millionen auf gut 273 Millionen Franken. Die grosse Veränderung rührt her

von der neuen Rechnungslegungsnorm. Dabei wurden alle Aktiven inklusive der Im-

mobilien neu und höher bewertet. Gemäss der Jahresrechnung 2011 von Pro Senectu-

te stammen zehn Prozent ihrer Einnahmen aus Spenden, Legaten und Sammlungen.

Liegenschaften werden höchst selten überschrieben. Das Bundesamt für Sozialversi-

cherungen unterstützte die Organisation 2011 zusätzlich mit 15,7 Millionen Franken.

Diese Bundesbeiträge werden nicht angelegt, sondern kommen direkt den Bedürfti-

gen zugute. Weniger gut erging es der Jugendorganisation Pro Juventute, die 1912 –

ebenfalls auf Inititative der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft – gegrün-

det wurde mit dem Ziel, Tuberkulose bei Kindern und Jugendlichen zu bekämpfen.

Noch vor zwei Jahren kämpfte die Stiftung, die unter anderem per Telefon suizidge-

fährdete Jugendliche berät, gegen ihren eigenen Tod. Dank massiven Umstrukturie-

rungen und einer Imagekampagne («Ich bin Pro Juventute») mit Unterstützung von

zahlreichen Prominenten konnten die Spenden innerhalb eines Jahres von 4 auf 6,5

Millionen Franken gesteigert und die Organisation gerettet werden. Vom Bund erhält

die Stiftung jährlich 1,5 Millionen Franken, ein Fünftel des Gesamtbudgets. Pro Juven-

tute gibt sich grosse Mühe, damit man in der Öffentlichkeit nicht nur als Briefmar-

kenverkäuferin wahrgenommen wird und weist auf die eigenen Angebote hin. Dass

diese notwendig sind, zeigen unter anderem die rund 400 Anrufe, die das oben er-

wähnte Nottelefon täglich von Jugendlichen erhält. Im Durchschnitt ist einer davon

suizidgefährdet. sj

11WirtschaftPUNKTmagazin Generationen

Page 12: PUNKT Generationen

kleider aus zweiter handAls es die Attribute cool und uncool bei Kinderkleidern noch nicht gab, bezogen Kinder einen guten Teil ihrer Kleider von den älteren Geschwistern oder von Kinderkleiderbörsen. Und heute?

Die Argumente, um sich in der lokalen Kleiderbörse mit neuen, alten Klei-

dern einzudecken, lagen auf der Hand: Man sparte sich das Gedränge

im Warenhaus – und vor allem Geld. Schliesslich wachsen Kinder derart

schnell, dass sie die einzelnen Kleider immer nur ein paar Monate tragen

können, bevor sie aus ihnen herauswachsen. Dem ist zwar auch heute

noch so, und doch hat sich die Situation der Kinderkleiderbörsen verän-

dert: Der finanzielle Vorteil ist weg. Grosse Ketten wie H&M, Zara, KIK und

Lidl produzieren Kinderkleider, die lediglich ein paar Franken kosten. «Bei

solchen Preisen ist für manche Familien der Gang zur Börse sinnlos. Her-

kunft und Produktionsweg der Billigkleider werden leider oft nicht hin-

terfragt», sagt Sabine Kölliker, die selber Mutter von zwei Töchtern ist

und unter kindex.ch ein Online-Verzeichnis für Kinderkleiderbörsen in der

Deutschschweiz führt. Aktuell sind 334 ständige Börsen, 330 Eventbör-

sen und 25 Onlinebörsen gelistet. Eine nicht repräsentative Nachfrage in

mehreren Börsen zeigt, dass die Nachfrage durchaus immer noch vorhan-

den ist. Auch heutige Eltern sind offenbar der Meinung, dass es gebrauch-

te Kleider ebenfalls tun. Für Kinderkleiderbörsen ist die Lage trotzdem

nicht rosig. «Für ständige Börsen ist es nur schon wegen der Ladenmie-

te schwierig, die Existenz aufrechtzuerhalten», sagt Kölliker. So sind viele

Börsen keine normalen Unternehmen, sondern einem Eltern- oder Quar-

tierverein angeschlossen. Ohne freiwilliges Engagement und Unterstüt-

zung geht nichts. Vergrössert habe sich in den vergangenen Jahren das

Markenbewusstsein, sagt Kölliker. Auch bei Kinderkleidern werde immer

häufiger auf teure Markenartikel zurückgegriffen. Diesen Trend hat man

bei den Börsen jedoch bereits erkannt, einige bieten «Deluxesecondhand

mit Marken wie Hilfiger, Petit Bateau und Ralph Lauren», andere fokussie-

ren ihr Angebot auf Vintage-Produkte von «bekannten Marken oder mit

historischem Hintergrund.» Und so sehen sich Kinderkleiderbörsen zwar

laufend neuen Herausforderungen gegenübergestellt, aber dass sie aus-

sterben, muss vorerst nicht befürchtet werden. DF

once upon a time Das Nokia 1100 ist das meistverkaufte Mobiltelefon aller Zeiten. Das rustikale Modell zeugt von einer Zeit, als der finni-sche Hersteller das Mass aller Dinge war.

Nokia, einst klarer Marktführer in Sachen Mo-

biltelefonie, hat den Smartphone-Boom zu Be-

ginn verschlafen und kämpft heute ums Über-

leben. Der finnische Konzern zählt zu den

grossen Verlierern der letzten fünf Jahre. Sicht-

bar ist der krasse Abstieg in der Entwicklung

des Umsatzes vor Steuern (von 8,3 auf Minus

1,6 Milliarden Euro) und des Aktienkurses (von

fast 28 auf 2,2 Euro). Kein Vergleich zu den Nul-

lerjahren, als der Konzern die Welt mit Handys

regelrecht eindeckte. Sinnbildlich für die ver-

gangenen Erfolge steht das 2003 erschienene

Nokia 1100, mit 250 Millionen verkauften Exem-

plaren das meistverkaufte Handy aller Zeiten.

Verglichen mit den Möglichkeiten von heutigen

Smartphones war das Nokia 1100 ein Steinzeit-

produkt. Aber genau darum war das Handy, das

selbst nach damaligen technologischen Mass-

stäben veraltet war, so erfolgreich. Die Inge-

nieure verzichteten auf jeglichen technischen

Schnickschnack und passten das Gerät einzig

an die Bedürfnisse der Bevölkerung in aufstre-

benden Ländern an: rutschfester Griff, staubsi-

cheres und stabiles Gehäuse und ex trem lange

Akkuleistung. Vor allem aber – gemäss Fachleu-

ten vielleicht das wichtigste Verkaufsargument

– liess sich das Nokia 1100 als Taschenlampe

nutzen. Der Erfolg war, nicht nur auf dem afri-

kanischen Kontinent, gigantisch: 2007 gingen

pro Woche weltweit eine Million 1100-er über

den Ladentisch. Längst vergangene Zeiten, seit

2011 schreibt Nokia Riesenverluste. Die (letzte)

Hoffnung sind die Lumia-Smartphones, die seit

Oktober 2011 vertrieben werden – und in Ver-

gleichstests mit dem iPhone regelmässig ob-

siegen. Ob das reichen wird, um wieder in die

schwarzen Zahlen zu kommen, oder ob man

Nokia-Modelle in einigen Jahren in Museen be-

trachten muss, wird sich weisen. Auf ewig wird

man die Verluste nicht verkraften können. DF

12 Wirtschaft

Page 13: PUNKT Generationen

oma ist bares geld wertOhne Grosseltern, die sie tatkräftig unterstützen, würde vielen Eltern der finanzielle Schnauf ausgehen.

Das traditionelle Bild der Grossmutter ist über-

holt. Sie sitzt nicht mehr nur zu Hause auf dem

Sofa und strickt Socken. Heutige Omas sind vi-

tal und nehmen aktiv teil am Leben der Ge-

sellschaft. Doch eines ist geblieben: Sie küm-

mern sich um ihre Enkelkinder. Ohne Hilfe der

Grossmutter könnten viele berufstätige Eltern

ihren Alltag nicht mehr bewältigen. Wie gross

die Unterstützung in Form von Fremdbetreu-

ung tatsächlich ist, hat eine Studie des Schwei-

zerischen Nationalfonds errechnet. Sie kam

auf sagenhafte hundert Millionen Stunden pro

Jahr, fast vier Fünftel davon leisten Grossmüt-

ter. Das entspricht dem jährlichen Arbeitspen-

sum der ganzen Migros-Belegschaft, immer-

hin 86 000 Mitarbeiter. In Geld umgerechnet

entspricht die Arbeitsleistung gut zwei Milli-

arden Franken, die in keiner volkswirtschaft-

lichen Rechnung Einzug halten. Nun fordern

die Grossmütter mehr Anerkennung, schliess-

lich leisten sie einen wesentlichen Beitrag zum

gesellschaftlichen Zusammenhalt. Zu diesem

Zweck wurde das Projekt «Grossmütterrevolu-

tion» gegründet. Die Power-Omas fordern, dass

die unbezahlte (Care-)Arbeit dieselbe Wert-

schätzung erfährt wie Lohnarbeit. Nicht ver-

gessen darf man dabei die Opas: Gemäss Erhe-

bungen des Bundesamts für Statistik betreuen

mittlerweile immerhin zwölf Prozent der Män-

ner zwischen 65 und 74 Jahren ihre Enkel. Ten-

denz zunehmend. RB

rush hourHeutige junge Erwachsene müssen in kurzer Zeit erledigen, wofür die Jungen vor einigen Dekaden mehr Zeit hatten.

Während es junge Erwachsene in den Siebziger-

und Achtzigerjahren noch wesentlich ruhiger

angehen lassen konnten, leben sie heute oft

auf der Überholspur. Ob in Amerika oder Euro-

pa, zwischen dreissig und vierzig muss alles

gleichzeitig geschehen: die Karriereleiter em-

porsteigen, den richtigen Partner finden, Fami-

lie gründen und vielleicht sogar ein Eigenheim

erwerben. Der Berliner Soziologe Hans Bertram

hat dieser Lebensphase den Begriff «Rushhour

des Lebens» zugeordnet. Bertram nennt die Be-

troffenen die «überforderte Generation». Ganz

anders verlief das Leben der in den Dreissiger-

und Vierzigerjahren Geborenen. Sie heirateten

in jungen Jahren, etwas später kam das erste

Kind. Heute gebären Frauen in der Schweiz im-

mer später, das Durchschnittsalter liegt aktu-

ell bei 32 Jahren – Tendenz weiterhin steigend.

Die Gründe für diese Entwicklung sieht der

Berliner Professor unter anderem im Arbeits-

markt. Früher verlangte die Wirtschaft vor al-

lem Fachleute, die bereits in jungen Jahren ein

hohes Gehalt bekamen. Heute sind hochquali-

fizierte Spezialisten und Akademiker gefragt.

Da sie lange studieren, sind sie bei Karriere-

beginn knapp bei Kasse – das obere Ende der

Lohnskala erreichen sie erst viele Jahre spä-

ter. Kaum ein verantwortungsvoller Mensch

setzt Kinder auf die Welt, wenn auf dem Konto

Ebbe herrscht. Dazu kommt, dass ein Auslands-

semester oder eine Weltreise einfacher umzu-

setzen ist. Da kann man sich fragen, ob eine

«Rente mit 25» sinnvoll wäre. So hätten die 25-

bis 40-Jährigen die Mittel dann zur Verfügung,

wenn sie tatsächlich für die Familie gebraucht

werden – und nicht erst im Alter. Doch wer soll

das bezahlen? Realistischer wäre, die Unter-

nehmen und das Bildungssystem so aufzustel-

len, dass sich junge Mütter und Väter ohne den

Verlust der Karrierechancen zeitweilig aus dem

Berufsalltag zurückziehen können. RB

die zukunfts-macherProsumer sind selbstbewusst, informiert und tauschen ihre Meinungen aus.

Ob man nun sein Gepäck auf dem

Flughafen selber eincheckt oder

die Farbwahl der Turnschuhe im

Internet eingenhändig trifft: Selber

machen lautet das Gebot der Stun-

de. Konsumenten werden immer

mehr zu «Prosumern» – Produzent

und Konsument in einem. Prosu-

mer sind kritisch und hinterfragen

Informationen, Angebote und Mei-

nungen stärker als herkömmliche

Konsumenten. Um sie zu überzeu-

gen, braucht es viel Geduld und

neue Ideen. Da sie überproporti-

onalen Einfluss auf die Kaufent-

scheidungen anderer Konsumente

ausüben, sind Prosumer zukunfts-

weisend. Für Unternehmen besteht

die dringliche Aufgabe darin, noch

besser mit den Meinungsführern

zu interagieren. Immerhin führt

die Empfehlung durch andere Kon-

sumenten die Rangliste der ver-

trauenswürdigsten Kommunika-

tionsformen an. Firmen, die diese

Entwicklungen unterschätzen und

es verpassen, sich den veränderten

Wünschen der Konsumenten anzu-

passen, werden das Nachsehen ha-

ben. Früher oder später. RB

Alvin Toffler führte 1980 in seinem Buch «The Third Wave»

den Begriff «Prosumer» ein. Er bezeichnet damit Personen,

die gleichzeitig Konsumenten (Consumer) und Produzenten

(Producer) sind.

13WirtschaftPUNKTmagazin Generationen

Page 14: PUNKT Generationen

das moderne patenkontoTextDAviD fEhR BildBoRiS GASSMANN

Das Konzept, einem Patenkind ab Geburt jährlich einen Betrag auf ein Sparkonto überweisen, macht mit heutigen (also praktisch ohne) Zinsen wenig Sinn. Das macht nichts, es gibt Alternativen.

Zinseszinsen sind eine tolle Sache: Dank ihnen werden aus jährlich hundert einbezahlten Franken bis zur Volljährigkeit des Kindes mehr als 3000 Fran-ken. Dieser Betrag ergab sich zumindest, als in den Achtzigerjahren auf solche Konten einbezahlt wurde. Heute beträgt der Zins nicht mehr 5, sondern 1,25 Pro-zent – so etwa beim Geschenksparkonto der Raiffei-senbank – und aus den 3000 werden etwas über 2500 Franken. Wird die Inflation – sagen wir zwei Prozent jährlich – berücksichtigt, ist die reale Kaufkraft des Geschenks bei Volljährigkeit des Kindes kleiner als die eingezahlte Summe. Noch schlechter sieht's aus, wenn der Sparzins unter ein Prozent sinken und die Inflation über zwei Prozent steigen sollte. Das Zinsdilemma kann umgangen werden durch Spiel auf Zeit. Man wartet, bis das Kind volljäh-rig ist und überweist den dann angemessenen Betrag. Sicher, sorglos – aber auch langweilig und unpersön-lich. Spannender ist ein «Produktzeitzeugenanlage-depot»: Man kauft jährlich einen Gegenstand, dem zugetraut wird, dass er über die Jahre eine hohe Wert-steigerung erfährt. Tritt diese nicht ein, ist die Kollek-tion immerhin, hoffentlich, ein spannendes Stück Zeitgeschichte. Doch beweist der Schenkende ei-nen Riecher für Trends und dafür, wie abnormal viel Geld Menschen unter bestimmten Umständen für Produkte bezahlen, wird der kleine Racker zum rei-chen Teenager. Beispiele aus der Vergangenheit ge-fällig? Der Basketballschuh «Air Jordan 1», den Ni-ke 1984 zu Ehren von Michael Jordan produzierte, bringt heute 10 000 Dollar ein. Einzelne Atari- oder Nintendo- Videospiele aus den Achtzigerjahren sind aktuell zwischen ein paar hundert und mehreren

tausend Franken wert. Auch Objekte von jungen Künst-lern bieten sich an. Wenn auch nichts aus der erhofften Wertsteigerung wird, so bleibt die Kunst für die Ewig-keit. Das Konzept ist jedoch kein Selbstläufer und hat seine Tücken: Zahlungsbereitschaften können sich än-dern. Schmerzlich erfahren mussten das Sammler be-stimmter Swatch-Kollektionen, die auf dem Höhepunkt des Hypes in den frühen Neunzigerjahren ihre Modelle nicht verkauft haben. Wer 2012 ein erfolgreiches Produktzeitzeugen-anlagedepot eröffnen will, sollte sich an die Populär-kultur halten. Und über die Grenzen hinausschauen: Die Schweiz ist schlicht nicht verrückt genug für eine angemessen grosse Auswahl an Objekten. Aber interna-tional gibt es sie, auch 2012. Zum Beispiel «Air Yeezy 2», die von Nike in Zusammenarbeit mit Sänger, Produzent und vor allem Unternehmer Kanye West entwickelten Sneakers, die am 9. Juni für 245 Dollar in den Verkauf gelangten. Ein knappes halbes Jahr später sind sie auf Ebay, je nach Modell, für 3000 bis 5000 Dollar zu haben. Menschen sind verrückt – und das wird ziemlich sicher auch so bleiben. Man suche sich den Bereich, wo man das irrationale Marktverhalten am ehesten nach-vollziehen und somit vorhersagen kann, mache Platz im Schrank und los geht die kreative Renditesuche.

14 Wirtschaft

Page 15: PUNKT Generationen

Nichts gegen Sozialromantik. Aber seien wir nüchtern.Wer trägt in einem Unter-nehmen denn wirklich Verantwortung? Mit Sicherheit der gute alte Patron, derdenFamilienschatz seinesUnternehmensüberGenerationenerhält undvermehrt.Gewiss, einemEntrepreneur,der so langfristig denkt, entgehtmanch schneller Ge-winn. Aber er opfert sein Unternehmen nicht für ein Quartalsergebnis. An diesendurch solide Werte getragenen, langfristigen Zielen nimmt der BB EntrepreneurEurope Fonds Mass. Unsere Anlagespezialisten haben die heimlichen Stars unterden eigentümergeführten Unternehmen in einem Fonds zusammengebracht.Investieren Sie jetzt in Ihr langfristiges Anlegerglück.

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Page 16: PUNKT Generationen
Page 17: PUNKT Generationen

Text DAviD fEhR | Bild BoRiS GASSMANN

17WirtschaftPUNKTmagazin Generationen

Page 18: PUNKT Generationen

es ist nicht so, dass die aktuelle Wirtschaftskrise die erste wäre. Aber sie ist anders als frühere. Jene hatten meist eine konkrete Ursache – Seuchen, Kriege, Ölkrisen, Naturkatastrophen, Blasen –, die man eruieren und mit geeigne-ten Massnahmen bekämpfen konnte. Doch jetzt hat das System keine Krise, es ist die Krise.

Und die «geeigneten Massnahmen», um die negativen Auswirkungen unter Kontrolle zu bekommen, müssen erst noch gefunden werden. Das Problem, das Rettungs-schirme und immer mehr druckfrisches Geld nur tem-porär verschleiern können, liegt tiefer: Der reibungs-lose Fortlauf des Wirtschaftssystems ist auf anhaltendes Wachstum ausgelegt – doch dieses gibt es in unseren Regionen nicht mehr. Das zeigt auch die Entwicklung des risikolosen Zinssatzes, also der Rendite, die ein Anleger an den Finanzmärkten erzie-len kann – eben ohne ein Risiko einzuge-hen. Idiotensicher sozusagen. Der risiko-lose Zinssatz ist ein theoretischer Wert der Finanzmarkttheorie. Als Richtwerte gelten die Referenzzinssätze Libor und Euribor oder sichere Staatsanleihen. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhun-derts, der wirtschaftlichen Blütezeit, lag er meist irgendwo zwischen zwei und fünf Prozent. Das war in etwa auch die Rate, mit der die Wirtschaft gewachsen ist. Heute be-trägt die jährliche Verzinsung einer zehn-jährigen Schweizer Staatsanleihe gerade mal ein halbes Prozent. Bei Laufzeiten von unter zwei Jahren ist sie so-gar negativ: Statt für den gewährten Kredit einen Zins zu erhalten, bezahlt der Anleger den Staat, damit er auf das Geld aufpasst. «Das Geld für sich arbeiten la ssen», wie es früher hiess – das waren diese zwei bis fünf Pro-zent. Oder mehr, falls man bereit war, etwas Risiko ein-zugehen. Doch nun arbeitet Geld nicht mehr und damit gehören auch die sicheren Vermögenserträge der Ver-gangenheit an. Das hat weitreichende Folgen.

Da die Staaten zudem überschuldet sind und ihre Ausgaben senken sollten, befinden sie sich in einem Dilemma: Wenn sie sparen, können sie zwar Schulden abbauen, würgen aber die Konjunktur ab und schwä-chen somit das Wirtschaftswachstum. Wenn sie die Konjunktur mit weiteren Schulden künstlich ankur-beln, erzeugen sie auf dem Papier zwar Wachstum, erhöhen aber die künftige Schulden- und Zinslast.

Generation Y vs. Babyboomer Die Herausforderun-gen, vor die uns das Handeln früherer Generationen stellt, sind – um es freundlich auszudrücken – nicht von

schlechten Eltern: Wir müssen Staatshaushalte sanieren, ohne dafür auf Wirtschaftswachstum zu-rückgreifen zu können. Dabei helfen sollen Fi-nanz- und Währungssys-teme, die selber viel Ver-trauen verspielt haben, mit ein Grund für die Kri-sen sind und somit selber grossen Renovationsbe-darf aufweisen. Wir über-nehmen ein ineffizientes Gesundheitssystem, de-ssen Kosten aufgrund der Überalterung der Gesell-schaft explodieren. Mo-

nat für Monat bezahlen wir zudem in eine Altersvorsor-ge ein, bei der nicht geklärt ist, wie sie unsere eigenen Renten finanzieren kann. Bei den Reformen werden alle Altersgruppen Abstriche machen müssen, doch am stärksten trifft es vermutlich die Jungen. Denn ob nun die Renten gekürzt, die Abgaben erhöht, der Umwand-lungssatz gesenkt oder das Rentenalter erhöht wird: Sie sind von jeder einzelnen Massnahme betroffen. Noch nie war die Generation, die gerade in Rente ging, reicher als die Babyboomer, die zwischen 2010

Noch nie war die Ge-

neration, die gerade in

Rente ging, reich er als die

Babyboomer. Gleich zeitig

sind die Aussich ten für

die jüngeren Generatio-

nen die sch lech test en seit

langem.

Generationensolidarit ist

eng verbunden mit der Ener-

giefrage. Doch das Erbe frü-

herer Generationen wiegt

schwer: Die vollkostenrech-

nung der Atomenergie ist un-

bekannt, die Ressourcen nei-

gen sich dem Ende zu und

die Energiewende wurde auf

die lange Bank geschoben.

18 Wirtschaft

Wirtschaft

Page 19: PUNKT Generationen

Offene Rechnungen Die Vollkostenrech-nung ist noch lange nicht gemacht, da ein Grossteil erst beim Rückbau der Anlagen und der Lagerung der atomaren Abfälle anfallen wird. Dafür gibt es zwar Fonds, die durch die Erträge der Kraftwerkbetreiber laufend ge-füttert werden, doch sie beruhen auf Schät-zungen. Ob diese Beträge tatsächlich reichen werden, ist ungewiss. Erste Erfahrungen aus anderen Ländern lassen daran Zweifel auf-kommen. So wurden die anfänglich geschätz-ten Kosten bei Rückbauten in Frankreich, der Tschechischen Republik und Deutschland massiv überschritten, teilweise um ein Vielfa-ches. Auch in der Schweiz müssen die budge-tierten Beträge laufend nach oben korrigiert werden. Alleine zwischen 2006 und 2011 wur-den sie für den Rückbau um 10, für die Stillle-gung um 17 Prozent erhöht. Vor allem letztere sind eine grosse Unbekannte, denn die Politik ist bei der Endlagerfrage nicht wesentlich wei-ter als 1987, als der Bundesrat die weiteren Be-triebsbewilligungen vom Nachweis der siche-ren Entsorgung der Abfälle abhängig machte. Mittlerweile hat sich unsere Exekutive da-mit zufriedengegeben, dass die für die End-lagerung zuständige Nagra (Nationale Gesell-schaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle) den theo retischen Nachweis erbringen konn-te. Das bedeutet, es gibt in der Schweiz Orte, an denen aufgrund der geologischen Voraus-setzungen ein sicheres Endlager gebaut wer-den könnte. Dass ein solches aber je von ei-ner Schweizer Stimmgemeinde angenommen wird, kann man sich nicht so recht vorstellen. Und je länger die Suche andauert, desto hö-her werden die Vollkosten des Atomstroms. Irgendwann werden diese Rechnungen be-glichen werden müssen. Aber eben nicht von denen, die vom günstigen Strom profitiert ha-

ben, sondern von denen, die dann die Hauptsteuerlast tragen. Und zu einem Zeitpunkt, da Energie womög-lich um einiges teurer sein wird als heute. Atomener-gie missachtet das Verursacherprinzip, wenn auch mit einer Verzögerung von Jahrzehnten. Generationensoli-darität und Energieproduktion beissen sich scheinbar generell, denn die notwendigen Ressourcen werden in den nächsten Jahrzehnten ausgehen. Und obwohl sich das seit langem abzeichnet, wurde die unausweichliche Energiewende auf die lange Bank geschoben. Kein Wachstum, hohe implizite wie explizite Staatsschulden, ökologische Altlasten und schwindende Ressourcen sind eine unheilvolle Kombination. Tragbar wären diese Kostenüberwälzungen nur gewesen, wenn das Wirtschaftswachstum ewig angedauert hätte. Die-ses gibt es aber nur noch in den aufstrebenden Ländern wie China, Indien oder Brasilien. Europa und die USA dagegen werden weitere Einbussen in Kauf nehmen müssen. Diese Entwicklungen sind zwar bitter, aber in einem gewissen Sinn fair. Der Westen hat – gerade

und 2029 das Rentenalter erreichen. Gleichzeitig sind die Aussichten für die nachfolgenden Generationen, die in den Anfangsphasen oder in der Mitte ihres Be-rufslebens stehen – beispielsweise die Generation Y – die schlechtesten seit langem. Dass die fetten Jahre vorbei sind, darüber ist man sich weitgehend einig. Dass sie in dieser Form nicht wiederkommen werden, ebenso. Der Aderlass des Wes-tens hat erst begonnen und die Schweiz wird sich die-sen Entwicklungen nicht entziehen können. Die Frage, die sich stellt: Wie sollen die Lasten verteilt werden, die diese veränderten Umstände mit sich bringen? Was dazu kommt: Das vergangene Wachstum ist zu einem nicht unwesentlichen Teil auf Rechnung künftiger Generationen erfolgt. Denn wie etwa die öko-logische Kostenrechnung der letzten Jahrzehnte tat-sächlich aussieht, wird sich erst im Lauf der Zeit zeigen. Beispielhaft dafür steht die Nutzung der Atomenergie, die als eine der günstigsten Formen der Energiepro-duktion gilt. Aber stimmt das für alle Generationen?

ben, sondern von denen, die dann die Hauptsteuerlast und 2029 das Rentenalter erreichen. Gleichzeitig sind

19WirtschaftPUNKTmagazin Generationen

:

Page 20: PUNKT Generationen
Page 21: PUNKT Generationen

in Zeiten, als der Kuchen stark gewachsen ist – über-durchschnittlich profitieren können. Dies gilt insbe-sondere für die Schweiz.

Über Geld spricht man nicht Wenn künftig mit we-nig bis keinem Wachstum gerechnet werden muss und die Einkommen somit stagnieren oder sinken, steigt die Wichtigkeit des bestehenden Reichtums. Im Durch-schnitt verfügen Schweizer über die grössten Privatver-mögen weltweit, über 150 000 Franken pro Person sol-len sie nach Abzug der Schulden betragen. Doch das ist wie gesagt ein Durchschnittswert. Die Verteilung ist be-kanntermassen eine der ungleichsten weltweit: Über 300 000 Haushalte verwalten Millionenbeträge, mehr als 250 Haushalte gelten mit einem Vermögen von über hundert Millionen sogar als superreich. Die 300 reichs-ten Schweizer verwalten gemäss der «Bilanz» gar ein Vermögen von 512 Milliarden Franken, wobei es gegen-über 2011 nochmals um 31 Milliarden gestiegen ist. Die starke Vermögenskonzentration wird auch ersichtlich bei einem Blick in die Erbstudie, die im Jahr 2000 im Rahmen des «Nationalen Forschungsprogramms 52» durchgeführt wurde. 28,5 Milliarden Franken wurden in diesem Jahr vererbt – immerhin 2,6 Prozent des Rein-vermögens und 8,1 Prozent des Volkseinkommens. Die-ser Betrag war sogar dreissig Prozent höher als die Sum-me, die die Haushalte im selben Jahr angespart haben. Im Durchschnitt vermachten die Erblasser fast eine halbe Million Franken, die mittlere Erbsumme be-trug etwa 180 000 Franken. Davon erhielt die Hälfte der Bevölkerung nichts bis 50 000 Franken – zusammen mussten sie sich mit 2 Prozent der totalen Erbsumme begnügen. Auf jene fünf Prozent, die am meisten erben, entfielen 60 Prozent. Dazu kommt, dass Erben und Erb-lasser aufgrund steigender Lebenserwartung immer äl-ter werden. Erhielten die Unter-55-Jährigen 1980 mehr als zwei Drittel der Erbsumme, soll es 2020 nur noch ein Drittel sein. Der Anteil der Über-75-Jährigen dage-gen soll von 8 auf 19 Prozent steigen. Die übernächste Generation, die Enkel, ging praktisch leer aus: Lediglich 3 Prozent der Erbsumme kam ihr direkt zugute. Solidarität ist Familiensache Der bedeutungs-schwangere Titel der Erbschaftsstudie lautet «Erben in der Schweiz – eine Familiensache mit volkswirtschaft-lichen Folgen». Dass Solidarität tatsächlich in erster Linie Familiensache ist, zeigen auch die vorab veröf-fentlichen Ergebnisse des Sozialberichts 2012. Dort ist ebenfalls von Generationensolidarität die Rede: Kinder pflegen Eltern, Enkel erklären Grosseltern das Internet, Grosseltern hüten Enkel, gewähren den Kindern Darle-hen und vererben Vermögen. Aber eben immer nur in-nerhalb der Familie. Ansonsten leben die verschiede-nen Generationen aneinander vorbei. Ist es vielleicht genau diese innerfamiliäre Solidarität, die eine gene-relle Generationensolidarität erschwert? Verringert die Fixierung auf das eigene finanzielle Familienglück die Verzichtsbereitschaft zugunsten der Allgemeinheit? Das Resultat dieser extremen Vermögenskonzen-tration stellt junge Generationen vor unterschiedliche

Startbedingungen. Kinder aus wohlhabenden Familien sind von den aktuellen Unsicherheiten weniger betrof-fen. Selbst wenn sie vorerst noch nichts erben sollten, erhalten sie in der Regel gute Ausbildungen und verfü-gen über privilegierte Netzwerke, die wirtschaftlichen Erfolg erleichtern. Sollte dieser doch ausbleiben, bleibt meist das finanzielle Netz der Familie. Die gesicherte Altersvorsorge hat zudem zur Folge, dass sie ihr Ein-kommen für Konsum verwenden können. Für alle an-deren Jungen aber gilt: Sie müssen bei ausbleibendem Wirtschaftswachstum und steigenden Abgaben schau-en, wie sie mit ihrem Erwerbseinkommen auskommen. An Sparen und den Aufbau einer privaten Altersvorsor-ge ist unter diesen Umständen nicht zu denken. Erblasten und Erben sind ungleich verteilt: Die ökologischen Folgekosten werden auf alle Schultern verteilt, der Nutzen, der daraus gezogen wurde, bleibt in Form der Vermögen unter einigen wenigen.

Das Pferd vom Schwanz aufzäumen Die Ausgangsla-ge ist nicht allzu kompliziert: Es muss davon ausgegan-gen werden, dass sich die Einkommen der unteren und mittleren Schichten nicht merklich erhöhen werden. Gleichzeitig entwickelt sich die Demo grafie ungüns-tig und die Ausgaben für Staats- und Gesundheitswesen steigen weiter an. Irgendwie müssen diese Ausgaben fi-nanziert werden. Dass der Mittelstand nicht noch stär-ker belastet werden kann, darüber ist man sich einig. Da-nach endet die Eintracht: Bürgerliche und rechte Kreise fordern Einsparungen beim Sozialstaat. Doch sind die-se angesichts der wirtschaftlich trüben Aussichten rea-listisch? Oder wäre allenfalls eine Neugewichtung der relativen Steuerlasten von Einkommen, Vermögen und Erbschaften ins Auge zu fassen? Zurzeit werden Ein-kommen eher hoch, Vermögen niedrig und Erbschaften – zumindest an Kinder, die über die Hälfte der Erbsum-me erhalten – gar nicht oder sehr tief besteuert. Dem-entsprechend gering sind die resultierenden Steuer-erträge. Im Jahr 2006 beispielsweise betrugen sie nur gerade 841 Millionen Franken – oder 0,76 Prozent des Steueraufkommens der Kantone und Gemeinden. In Kombination mit den wirtschaftlichen Ent-wicklungen ist das insofern unglücklich, da das Er-werbseinkommen, auf dem eben genau die grösste Steu-erlast liegt, bei den meisten die einzige Einnahmequelle darstellt: Um Vermögen anzusparen reicht es nicht, zu erben gibt es häufig nichts. Somit kommt ihnen deren tiefe Besteuerung nicht zugute. Bei Vermögenden ist es umgekehrt: Die Einkommenssteuer spielt eine gerin-gere Rolle, da der Betrag ja nur einmal als solches ver-steuert werden muss. Danach fallen lediglich die tie-fen Vermögens- und Erbschaftssteuern an. Wenn man sich einig ist, dass die Vermögenskonzentration ein un-gesundes Mass angenommen hat und dass zudem Kos-ten auf spätere Generationen überwälzt wurden, sind Erbschaftssteuern nicht die absurdeste Massnahme. Sie zäumen das Pferd vom Schwanz auf nach dem Motto: Wenn die extreme Vermögensakkumulation zu Lebzei-ten nicht verhindert werden kann, wird die entstande-ne Ungleichheit halt nachträglich korrigiert.

Die verschiedenen Generati-

onen leben – ausserhalb der

familie – aneinander vorbei,

lautet das fazit des «Sozial-

berichts 2012». Eine initiati-

ve, um die Generationenso-

lidarität wieder zu erhöhen,

hat die Schweizerische Ge-

meinnützige Gesellschaft

anlässlich ihres 200-jährigen

Bestehens im Jahr 2010 lan-

ciert; die internetplattform

intergeneration.ch. Dort

werden Projekte vorgestellt,

die den Austausch über zen-

trale fragen des Zusammen-

lebens verschiedener Gene-

rationen fördern.

21WirtschaftPUNKTmagazin Generationen

44

:

Page 22: PUNKT Generationen

In der Schweiz stiessen Erbschafts- und Schen-kungssteuern bislang auf wenig Gehör. Sie auf kanto-naler Ebene einzuführen oder – wo sie existieren – zu erhöhen, wäre angesichts des Steuerwettbewerbs finan-zieller Selbstmord. Einzig eine nationale Lösung käme in Frage. Eine entsprechende Initiative, die – bei einem Frei betrag von zwei Millionen Franken – einen Steuer-satz von zwanzig Prozent vorsieht, befindet sich im Un-terschriftenstadium. Gemäss der Erbstudie haben aber 85 Prozent der Bevölkerung gar kein Problem damit, dass Erbschaften praktisch nicht versteuert werden. Ob sich diese Meinung angesichts der veränderten ökono-mischen Umstände verändert hat und die Initiative an der Urne eine Chance hat, wird sich weisen. Damit Generationensolidarität künftig besser ge-währleistet werden kann, muss vor allem der Umgang mit Ressourcen und der Umwelt verbessert werden, darüber ist man sich weitgehend einig. Sich jetzt ein-schränken, damit auch künftig noch genug vorhanden ist. Das widerspricht jedoch dem menschlichen Charak-ter, der auf die eigenen Vorteile bedacht ist. Wenn Politi-ker tatsächlich zu drastischen Einschränkungen aufru-fen würden, wäre ihre Abwahl so gut wie sicher. Da sie aber primär wiedergewählt werden wollen, müssen sie den Wählern ihr Programm schmackhaft machen. Ein Dilemma, das nur das Stimmvolk beseitigen könnte. Schleier des Nichtwissens Einen Motivationsschub, um künftig etwas mehr zu verzichten, bietet ein Kon-zept aus der Gerechtigkeitstheorie; der Schleier des Nichtwissens. In diesem fiktiven Zustand entscheiden Bürger über die künftige Gesellschaftsordnung, ohne zu wissen, auf welcher Stufe dieser Ordnung sie sich be-finden werden. Weder Hautfarbe, Rasse, sozialer Status,

materieller Besitz, Fähigkeiten noch Schicht sind be-kannt. Die von John Rawls 1971 publizierte Theorie lässt sich auf ökonomische Fragstellungen adaptieren. Würde ein niedrig besteuerter Milliardär Kür-zungen bei Sozialleistungen gutheissen, wenn er nicht wüsste, ob er allenfalls selber auf sie angewiesen wäre? Würden sich Zürcher Goldküstenhaushalte gegen Steu-ererhöhungen zugunsten der Bildung wehren, wenn sie keine privaten Mittel hätten, um allfällige Versäumni-sse der Volksschule zu kompensieren? Für wie gerecht-fertigt hielte ein Investmentbanker sechsstellige Boni, wenn er damit rechnen müsste, ein Working Poor zu sein? Wie würden Menschen die Gewichtung von Ein-kommens-, Vermögens- und Erbsteuer gestalten, wenn sie ihre finanzielle Lage nicht kennen würden? Rawls hat in seinem Modell explizit Geogra-fie und eben auch die Generationenfrage einbezogen: Wäre ein Schweizer Landwirt vom Protektionismus ebenso begeistert, wenn er davon nicht profitieren wür-de, sondern ein Drittweltland-Bauer, dessen Produkte dadurch nicht kompetitiv sind? Würde ein Glencore-Manager die Profite, die sein Unternehmen mit einer Kupfermine im Kongo erzielt, auch so toll finden, wenn er damit rechnen müsste, 2013 als siebtes Kind eines kongolesischen Fabrikarbeiters geboren zu werden?

Das Positive zuletzt Dass man in der Vergangenheit nicht gross Rücksicht auf die Interessen künftiger Ge-nerationen genommen hat, kann nicht mehr geändert werden. Da die Voraussetzungen und Umstände kom-plett anders waren, sind Schuldzuweisungen fehl am Platz und nicht zielführend. Die Entwicklungen waren schleichend und in ihrem Ausmass nicht abzusehen. Und mit Sicherheit hätten die heutigen Jungen unter denselben Umständen nicht anders gehandelt – es ist lediglich eine Frage des Geburtsjahres. Was die Jungen aber fordern könnten, wäre eine gerechtere Verteilung der Lasten und der Vermögen. Das Positive zum Schluss: Die kommenden Gene-rationen sind die ersten mit reellen Chancen, langfris-tig für Generationensolidarität zu sorgen. Im Gegensatz zu früher werden wir nicht nur vor den Folgen des öko-logischen Raubbaus gewarnt, sie sind für alle sicht- und spürbar. Und dass das fortwährende Überwälzen von ak-tuellen Kosten auf künftige Generationen kein Rezept für die Ewigkeit ist, wissen wir nicht nur aus Theorie-büchern, sondern von der täglichen Zeitungslektüre. «Vorteile», die frühere Generationen nicht hatten.

22 Wirtschaft

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24 Wirtschaft

Page 25: PUNKT Generationen

brasilienerfindetsich neuTextMARCUS NoEllEBildBlooMBERG

Der Aufstieg von Messias Moreira Elizardo vom Orangenverkäufer zum Unternehmer und Bürger-meister seiner Heimatgemeinde steht beispielhaft für den Aufstieg einer ganzen Nation. Der US-Traum lebt – mitten in Brasilien.

«Mein Land hat sich in den vergangenen Jahren sehr schnell entwickelt. Wer genügend Mut und Willensstärke besitzt, kann es wie ich von ganz unten nach oben schaffen.» Die Worte von Messias Moreira Elizardo sind nicht jene eines Politikers, der seinen Wäh-lern das Paradies versprechen will. Es sind Worte aus tiefstem Her-zen und voller Überzeugung, dass Brasilien für jeden die Chance bereithält, mehr aus seinem Leben zu machen, als ihm bei Geburt vorgegeben zu sein scheint. Das Lächeln auf seinem sonnengegerbten Gesicht ist anste-ckend. Er sprudelt nur so von der für Europäer so faszinierenden brasilianischen Leichtigkeit des Seins. Und meint es das Leben noch so schlecht mit dir, morgen ist ein neuer Tag – und vielleicht wird alles gut. «Tudo bem», alles gut – eine brasilianische Begrüssungs-floskel, die viel über das Land und seine Einwohner aussagt. Doch Messias kennt auch die Schattenseiten: die Armut des Landes, die scheinbare Ausweglosigkeit. «Ich danke Gott für mein Leben. Ich möchte keine Minute meines Lebens, auch wenn sie noch so schwer war, missen oder ändern», sagt er. Seine Stimme ist zwischenzeitlich ruhiger geworden. Er hebt seinen Kopf und da ist sie wieder – diese brasilianische Leichtigkeit. Das Lächeln, dieses vor Lebensfreude sprühende Funkeln in seinen Augen.

Vorhof der Hölle Vor wenigen Wochen wurde der 38-Jährige zum Bürgermeister seiner Heimatgemeinde Lagoa Alegre im Bundes-staat Piauí gewählt – die Region im Nordosten Brasiliens gilt als das Armenhaus der aufstrebenden Wirtschaftsnation. Der süsslich-bei-ssende Geruch der Zuckerrohrplantagen ist allgegenwärtig, wer sich nicht auf den Hauptverbindungsstrassen des Bundesstaats befin-det, ist zwingend auf ein mehr oder weniger geländegängiges Vehi-kel angewiesen. Kilometerlange rote Sand- und Schotterpisten ver-binden die kleineren Dörfer und Städte im Landesinneren. Teresina, die Hauptstadt Piauís, wird von Brasilianern auch scherzhaft Vorhof der Hölle genannt – im Sommer überschreiten die Temperaturen

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regelmässig die 45-Grad-Grenze. Auch während der Regenzeit fällt das Thermome-ter nur selten unter 30 Grad. Von der Schnell-lebigkeit und Modernität der Megametropo-len Rio de Janeiro oder Sao Paulo ist in Piauí nur wenig zu spüren. In Lagoa Alegre, wo er heute Bürger-meister ist, wurde Messias geboren. Damals war das Dorf nicht mehr als eine Ansamm-lung einiger weniger Häuser – heute zählt die Gemeinde gut 9000 Einwohner. «Wir hatten ein kleines Stück Land, auf dem wir das Not-wendigste angebaut haben, um davon zu le-ben», erzählt Messias.

Heute führt er sein eigenes Bauunter-nehmen mit ungefähr dreissig Beschäftig-ten und profitiert vom seit 2001 anhaltenden Boom des Landes. Eine Untersuchung des Ins tituts für angewandte Wirtschaftsstudien (Instituto de Pesquisa Econômica Aplicada, IPEA) belegt, dass die Wirtschaftskraft des Landes seit der Jahrtausendwende um 40,7 Prozent zugelegt hat, das Bruttoinlandpro-dukt (BIP) um 27 Prozent. Zeitgleich wuchs das Einkommen der ärmsten zehn Prozent – auch dank der Einführung einer Mindest-lohnpolitik des ehemaligen brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva – um 91,2 Prozent. Die Gehälter der reichsten zehn Prozent stiegen im gleichen Zeitraum ledig-lich um gut 16 Prozent. Marcelo Neri, Präsi-

dent der IPEA bezeichnet das erste Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts hinsichtlich der Be-kämpfung von Armut und sozialer Disparität als sehr erfolgreich. Der Wohlstand eines Lan-des lasse sich nicht ausschliesslich am BIP-Wachstum festmachen, sondern an dem, was davon bei der Bevölkerung ankomme.

Ein Brasilien ohne Elend Brasilien schafft das, was Staaten in Wachstumsphasen selten gelingt: Der Aufstieg kommt vielen zu Gute. Das Sekretariat für strategische Angelegen-heit (Secreataria des Assuntos Estratégicos, SAE) hat berechnet, dass die Mittelschicht Brasiliens – nach offiziellen Zahlen fast 104 Millionen Menschen – über eine Kauf-kraft von insgesamt einer Billion Reais (gut 500 Milliarden Franken) verfügt. Wäre diese Mittelschicht ein eigenes Land, es würde zu den 18 kaufkräftigsten der Welt gehören. Die Regierung um Präsidentin Dilma Rousseff kämpft gegen die Armut im Land und hat dazu verschiedene Hilfsprogramme für die ärmsten der Armen aufgegleist. Sie heissen Bolsa Familia oder Brasil Carinhoso (zärtli-ches Brasilien) und verfolgen alle dasselbe Ziel: «Plano Brasil sem Miséria» – Brasilien ohne Elend. Die staatlichen Hilfsleistungen sollen vor allem Familien unterstützen, sich mit dem Minimum zu versorgen. Sie garan-tieren Familien mit Kindern bis zu sechs Jahren ein Mindesteinkom-men von 70 Reais (35 Franken) pro Jahr. Die Regierung rühmt sich, auf diese Weise bereits 2,8 Millionen Kinder aus extremer Armut befreit zu haben. Messias, der junge Bürger-meister von Lagoa Alegre, wird nachdenklich, wenn er solche Bot-schaften hört. «Mein Land steht vor grossen Herausforderungen. Wir müssen die Armut noch stär-ker bekämpfen und für mehr so-ziale Gleichheit sorgen. Ich werde als Bürgermeister alles dafür ge-ben, meine Region voranzubringen, mehr Arbeitsplätze zu schaffen, mehr Häuser zu bauen und vor al-lem auch bessere Löhne zu garan-tieren.» Auch wenn nun der Politiker aus ihm spricht – was er sagt, ist glaubhaft. Er hat am eigenen Leib erfahren, was es heisst, arm zu sein. In der Hoffnung auf ein besseres Leben packten seine Eltern ihre Habseligkeiten und zogen in das Nachbarstädtchen José de Frei-tas – ein Neuanfang, der Messias die harte Wirklichkeit des brasilianischen Alltags leh-ren sollte. «Im Alter von acht Jahren musste ich auf dem Markt Orangen und Dindin

Bundesstaat Piauí

Hauptstadt Teresina

Fläche 251529km2

Einwohner 3140213

Dichte 12,48Einwohner/km2

BIP(2010) R$22600000

DiE BRAsiliAnisCHE miTTElsCHiCHT NamhafteVertre-

terderUngleichheitsforschunghegenkeineZweifeldar-

an,dasssichdieKonzentrationdesReichtumsverringert

unddieChancendessozialenAufstiegsinBrasilienseit

derJahrtausendwendegestiegensind.Siekritisierenzu-

gleichjedochdiestaatlichvorgegebeneDefinitionderMit-

telschicht(EinPro-Kopf-Einkommenzwischen291und1019

Reais).NachAnsichtvonEduardoFagnanivomInstitutfür

ÖkonomiederStaatsuniversitätvonCampinashängeein

GrossteilderneuenMittelschichtnochzusehrvonUnter-

stützungendesStaatesab.DieEigenvorsorgeabseitsder

staatlichenHilfenimGesundheits-undRentensystemso-

wiedieAufwendungenfürPrivatschulenseiennachwie

vorrudimentär.ZudemfehleinBrasilienderbreiteZugang

zurhöherenBildungseinrichtungen.JesséSouza,Professor

fürSoziologieanderUniversitätvonJuizdeFora,willerst

garnichtvonderMittelklassesprechen.Ersprichtvonder

«neuenbrasilianischenArbeiterklasse».

RIO

PIAUI

BRASILIEN

PIAUI

LAGOA ALEGRE

RIO

PIAUI

BRASILIEN

PIAUI

LAGOA ALEGRE

13 DE MARÇO DE 1823

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(brasilianisches Wassereis am Stiel) verkau-fen, um meiner Familie zu helfen, damit wir genug Geld zum Essen hatten.» Tagein, tag-aus. Schule wurde mehr und mehr zu einem Luxus, den er sich nicht leisten konnte. Entweder lernen oder essen, das wa-ren seine Alternativen. Als Messias zwölf Jahre alt war, drückte er letztmals die Schul-bank. «Ich musste meiner Familie mehr hel-fen.» Er schmiss die Schule und begann, als Schreiner zu arbeiten. Noch ein Kind, dem die Lebensumstände die Kindheit raubten, musste er von nun in der Welt der Erwach-senen überleben. Ein Zurück gab es nicht. «Ich wollte aus diesen Verhältnissen raus, meinen Kindern eines Tages eine Kindheit schenken, die nicht geprägt ist von Armut und Überlebenskampf.» Seinen Eltern gibt er keine Schuld. Es waren die Umstände der damaligen Zeit.

Investitionen in die Infrastruktur Heute sind die Zeichen der Zeit anders, sie stehen auf Wachstum und steigendem Wohlstand. Auch wenn jüngst der Internationale Wäh-rungsfonds die Wachstumsprognose für Brasilien auf 1,5 Prozent gesenkt hat, da das Land durch seine übermässige Ausrichtung auf den Energie- und Rohstoff sektor stark vom globalen Konjunkturtief betroffen sei.

In Brasilien ist man trotzdem optimistisch, vor allem die Fussball-WM 2014 und die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro sorgen für Euphorie und Zuversicht. Meh-rere hundert Milliarden Reais fliessen in den Ausbau des Verkehrsnetzes – zu Lande, in der Luft und auch auf See. So hat die Re-gierung die Ausschreibung von 50 000 Ki-lometer Strassen und 12 000 Kilometer Eisenbahntrassen mit einem Investitions-

volumen von knapp 73 Milliarden Franken in Aussicht gestellt. Das bis dato eher schwach-brüstige Kommunikationsnetz wird ebenso auf Vordermann gebracht, um dem mobilen Datenboom gewachsen zu sein, wenn zig Mil-lionen Touristen die Sportgrossereignisse be-suchen. Und Milliarden über Milliarden flie-ssen in den dringend notwendigen Ausbau des Stromnetzes. Wer im Nordosten des Landes lebt, hat auch heute noch immer genügend Kerzen zur

Hand, um mal eine Nacht ohne Strom auszu-kommen. So wie Ende Oktober, als der gröss-te Stromausfall seit zehn Jahren den Nord-osten über Stunden lahm legte. 53 Millionen Menschen in total neun Bundesstaaten waren vom Blackout betroffen. Alles in allem dürf-ten sich die staatlichen Investitionen in den kommenden Jahren auf einen dreistelligen Milliardenbetrag summieren – und so das Wirtschaftswachstum ankurbeln. Für das Jahr

2013 erwarten die Bundespolitiker wieder ein erstarktes Wachstum von 4,5 Prozent.

Kinder des Wohlstands Messias blickt zuversichtlich in die Zukunft. Er ist es ge-wohnt, diese selber zu gestalten. Mit 26 ent-schloss er sich dazu, den grossen Schritt zu wagen. Er nahm seinen Mut und all das Geld, das er bekommen konnte, zusammen und machte sich mit einer kleinen Baufir-ma selbständig. Arbeitstage von 17 Stunden waren keine Seltenheit. Doch Messias wollte den Erfolg und war bereit, dafür zu schuften und sich abzurackern. Dass er nur bis zur 5. Klasse die Schule besucht hat, war dabei kein Nachteil. Was er für das Führen eines Unternehmens wissen musste, hatte er sich über die Jahre selbst beigebracht. Heute ist er in der ganzen Region als ausgezeichneter Baumeister bekannt und kann sich vor Auf-trägen kaum retten. «Um erfolgreich zu sein, braucht es vor allem eine gute Erziehung und einen grossen Lernwillen», sagt er. Doch genau an diesen Tugenden fehlt es in seinem Land immer häufiger, wie eine Studie der IPEA besagt. Nach dieser ist der Anteil der jün-geren Brasilianer, die weder arbeiten noch studieren, in den letzten Jahren in die Höhe geschossen. Bei Frauen beläuft er sich auf mittlerweile 19 Prozent, bei Männern sind es 9 Prozent. Die Forscher führen diesen Umstand auf den gestiegenen Wohlstand zurück. Dieser ermögliche es Jüngeren aus reicheren Familien, weder zu arbeiten noch zu studieren. Für Messias, den Bauunternehmer und frisch gewählten Bürgermeister, ist das ein Unding. «Ich verstehe diese Jungen nicht. Sie haben alle Chancen und nutzen sie nicht.»

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grün ist nicht gleich grünTextSiMoN JACoBY BildBoRiS GASSMANN &fABiAN WiDMER

Aus alt mach neu. Zwischen einer PET-Flasche und einem Fussballshirt liegen nur wenige Stationen. Mit PET lässt sich gutes Geld verdienen. Doch der Markt hat seine Besonderheiten, die ihn alles andere als berechenbar machen.

Jeder kennt sie: die PET-Flasche. Die Vorteile liegen auf der Hand. Die Plastikflasche ist leicht, unzerbrechlich, recycelbar und in der Herstellung preiswerter als Glas. Deswegen ist es nicht wei-ter erstaunlich, dass dieser praktische Behälter in über 150 Ländern kaum aus dem Alltag wegzudenken ist. Jährlich werden weltweit ge-gen 500 Milliarden Stück produziert und in Umlauf gebracht. Fast die Hälfte davon stammt aus Westeuropa und den USA. Durch die rasche Verbreitung hat PET eine enorme Bedeutung in der Verpa-ckungsindustrie erlangt und ist mittlerweile zu einem teuren Roh-stoff geworden. Aus diesem Grund besteht für rezykliertes PET eine grosse Nachfrage. Beim Recycling bestehen grosse Unterschiede. In der Schweiz landen gemäss dem Bundesamt für Umwelt rund acht-zig Prozent der ausgegebenen Flaschen in einem der 30 000 Sam-melcontainer und werden recycelt. Die Quote sei sogar noch etwas höher, wie Jean-Claude Würmli von PET-Recycling Schweiz gegen-über dem «Tages-Anzeiger» sagte. Denn vom gesamten PET-Rück-lauf würden zwei Prozent illegal von den Händlern abgezweigt und direkt ins Ausland gebracht, wo eine Tonne altes PET bis zu 500 Fran-ken einbringe, so der stellvertretende Geschäftsführer. In der EU lag der Durchschnitt der PET-Sammelquoten im Jahr 2010 bei knapp fünfzig Prozent. In weiten Teilen Asiens, Lateinamerikas und Afrikas dagegen werden PET-Flaschen nicht vom übrigen Abfall getrennt – sie landen irgendwo in der freien Natur.

Europäische Unterschiede Für die gesammelten Flaschen geht die Reise weiter in eine der Recycling-Anlagen, wo die Flaschen maschi-nell getrennt werden nach farbig und durchsichtig. Nur letztere – in Europa liegt ihr Anteil bei 22 Prozent, in der Schweiz bei 60 Prozent – können wieder zu PET recycelt werden. Farbigen Flaschen dagegen ist kein weiteres Leben vergönnt – aus unternehmerischen Gründen. Da sie meist in Corporate-Identity-Farben gehalten sind, ist ein Ver-mischen unerwünscht. So sind die PET-Flaschen der Wassermarken Valser und Rhäzünser beispielsweise zwar beide grün, aber es ist eben nicht derselbe Farbton. Die Einzelmengen sind jedoch zu klein, als dass sich ein Trennen hier lohnen würde. Sind die Flaschen den Farben nach sortiert, landen sie in einer Mühle, wo sie zu sogenannten Flakes oder Granulat verkleinert

Conscious materialien aus

rezykliertem PET werden in

der Textilindustrie schon

länger verarbeitet. Auch gro-

sse Konzerne wie h&M sind

dabei, aus altem PET neue

Kleider zu fertigen.

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Regionen. Doch bei steigendem Wohl-stand wird das Distributionsnetzwerk der Getränke hersteller in den Entwicklungs-ländern besser werden. Somit steigen die Chancen für PET, sich durchzusetzen. Noch gänzlich ungenutzt ist in diesen Regionen das Potenzial der Wiederaufberei-tung. Heute werden die leeren Flaschen zu-meist achtlos entsorgt, als seien sie wertlos. In erster Linie geht es dort darum, Natur-flecken und insbesondere Sandstrände von PET zu befreien. Eine Sisyphusarbeit, denn kaum ist ein Abschnitt sauber, schwemmt das Meer die nächste Ladung an.

Nachwachsende PET-Flaschen? Letz-ten Endes kann das Entsorgungsproblem nur gelöst werden, wenn bei Endverbrau-chern ein entsprechendes Bewusstsein ent-steht. Oder, indem wirtschaftliche Anreize wie ein Flaschenpfand gesetzt werden. Auf der anderen Seite der Wertschöpfungskette, in der Produktion, tüfteln die grossen Kon-zerne wie Coca-Cola, Danone und Pepsi be-reits fleissig an neuen, umweltschonenden Modellen. Danone beispielsweise setzt auf Plastikflaschen aus teilweise nachwachsen-den Rohstoffen, Pepsi entwickelt eine Fla-sche, die in der Produktion ohne Erdöl aus-kommt und komplett aus erneuerbaren Ressourcen besteht. Das Endprodukt von Pepsi unterscheidet sich chemisch nicht von einer mit Erdöl produzierten Flasche. Darum kann sie in den normalen Recyc-ling-Kreislauf eingespeist werden. Doch alleine die Verwendung von pflanzlichen Rohstoffen macht die Verpackung nicht au-tomatisch umweltfreundlicher, da zu ihrer Produktion grosse Mengen Wasser, Ener-gie, Dünger und Land benötigt werden. Ob sich die «Bioplastics» durchsetzen werden, hängt stark davon ab, ob die Bestrebungen in Richtung ökologischer Flaschen nur ein Marketinginstrument bleiben, oder ob die Flaschen tatsächlich umweltfreundlich pro-duziert werden können. Spannend wird es, wenn der globale PET-Markt dereinst gesättigt und der Re-cycling-Kreislauf optimiert sein sollte. Im Idealfall bestehen dann alle durchsichtigen Flaschen zu hundert Prozent aus schon mal gebrauchtem Material und ein Grossteil der Textilien wird aus den farbigen Verpa-ckungen produziert. In diesem Fall müssten nur noch wenige neue PET-Flaschen her-gestellt werden und die energieintensive Baumwollproduktion könnte drastisch zu-rückgefahren werden. Dieser fast perfekte PET-Kreislauf wird jedoch noch eine Weile Zukunftsmusik bleiben.

werden. Die folgende Heisswäsche reinigt die Behältnisse makroskopisch und befreit sie von Etiketten und anderen groben Schmutz-partikeln. Meist werden die Flakes in diesem Zustand an die verarbeitende Industrie weiter-verkauft. In der Schweiz sind es 95 Prozent des so bearbeiteten PETs, das im Inland weiterver-arbeitet wird – ein weltweit einzigartiger Wert. Für den Rest gilt: Das Granulat wird an den Höchstbietenden verkauft. Oft gelangt das PET via Rotterdam nach China. Obwohl die Europä-ische Union vor drei Jahren das Recycling for-cierte und die Exporte nach Asien daher rück-läufig sind, bewegen sich chinesische Händler nach wie vor sehr aggressiv auf den PET-Recyc-lingmärkten – und bezahlen fast beliebig hohe Preise. Mitunter kommt es vor, dass europäische Händler ihren chinesischen Partnern «Güsel» unterjubeln wollen, wie Würmli von PET-Recy-cling Schweiz es nennt. Zum Schluss jedoch sitzt China am längeren Hebel. So im Frühjahr 2012, als die Regierung den Handel wegen mangel-hafter Qualität stoppte. Die Folge waren sinken-de Preise und eine steigende Qualität. Im Jahr 2006 gelangten auf diesem Weg vier Millionen Tonnen PET in Form von Flakes nach China, das entspricht über 100 Milliarden Flaschen. Aus diesen entstehen verschieden dicke Textilfasern, die meist zur Herstellung von Kleidern verwendet werden.

Chinesische Unternehmen setzen aus zwei Gründen auf PET-Textilien: Zum einen ist es schlicht lukrativer, PET zu Kleidern statt zu Flaschen zu verarbeiten. Das gilt umso mehr, je höher die Preise für gebrauchtes PET stei-gen, weil das Endprodukt teurer verkauft wer-den kann. Zum anderen kann der Markt mit Kunststoff besser antizipiert werden als die Alternative Baumwolle. Deren Ernte ist we-gen Unwettern und anderen umweltbeding-ten Faktoren weniger genau kalkulierbar.

Acht Flaschen für ein Shirt Die Attrakti-vität des Geschäfts mit PET lässt sich gut in der Kleidungsbrache erkennen: Der Sportar-tikelhersteller Nike benötigt für die Produk-tion eines Fussballtrikots Granulat von etwa acht recycelten 1,5 Liter PET-Flaschen. Da de-ren Preis nur ein paar wenige Rappen beträgt, die T-Shirts aber für bis zu hundert Franken verkauft werden, entstehen riesige Margen. Selbst für «faire» Produkte sind nur geringe PET-Mengen nötig. Bei «fairtextil», der nach-haltigen Produktlinie des Schweizer Textil-herstellers Switcher sind es für eine Fleece-jacke 25 Flaschen. Der Handel mit gebrauchtem PET, auch r-PET genannt, lohnt sich finanziell trotzdem nicht immer. Der Markt kann bisweilen ko-mische Züge annehmen. Das ist vor allem dann der Fall, wenn der Preis der für die zur PET-Produktion benötigten Rohstoffe sinkt.

Altes PET wird dann teurer gehandelt als neu-es. Der Markt wird auch in Zukunft interes-sant bleiben. Denn die Marktsättigung, auf welche die grossen Volumina und ausgefeil-ten Handels- und Produktionswege mit r-PET hindeuten, gilt gemäss Würmli nur für die In-dustrieländer. Da sich die Situation in Latein-amerika, Asien und Osteuropa anders verhält, steigen die Preise weiter an. Noch werden in diesen Regionen deutlich weniger PET-Fla-schen verkauft als in hoch entwickelten

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das «Zwänzgernötli» zur Finanzierung des Kinderspitals in Kambodscha ge-hört genauso zur Adventszeit wie der jährlich wiederkehrende Wunsch je-des Europäers, einmal im Leben mit

der ganzen Familie am frühen Abend auf der Eisbahn vor dem Rockefeller Center das Weihnachtserlebnis in klirrender Eiseskälte unter dem klaren Sternenhimmel gebührend zu huldigen. Weihnachten ist bekanntlich die Zeit der Besinnung und der Gänsestopfleber, denn wir alle wissen, was wir tun. Pro Jahr werden inmitten der angeb-lich zivilisiertesten Nation der Welt ein Dut-zend ausländische Staatsangehörige hinge-richtet. Darunter auch Touristen, wenn es sein muss. Die Hälfte wurde mit Giftspritzen am Times Square vor der Leuchtwerbung von Coca-Cola, ein Viertel der zum Teil minder-jährigen Ausländer durch den Strang im Kel-ler der Metropolitan und der Rest in der als Gaskammer getarnten mobilen Jagdhütte im Central Park ermordet. Die Methoden der ge-sellschaftlichen Schädlingsbekämpfung ken-nen seit Generationen keine Grenzen. Ohne die USA im gleichen Atemzug mit China oder Somalia zu nennen oder den sa-distischen Genpool des Menschen anhand von Folterarten der Roten Khmer schonungs-los offenzulegen, sticht besonders der Bun-desstaat Texas als gesellschaftspolitisch moti-vierter Serienkiller hervor. Dort wurden von Staatswegen seit Mitte der Siebzigerjahre 482 Morde verübt. Bundesweit waren es knapp 1300, die mit Hilfe von Injektionen ohne Bei-packzettel, heissen Stühlen, Vergasen, Erhän-gen und Erschiessen herbeigeführt wurden.

Nimmt man die Änderung von Tötungsme-thoden als Spiegelbild einer sich weiterent-wickelnden Gesellschaft, so könnte man die Meinung vertreten, die USA seien zwischen-zeitlich zum Weltmeister des Humanismus aufgestiegen. Rückblick. In der Antike war das Ein-flössen geschmolzenen Metalls eine durch-aus beliebte Art, um ein Menschenleben zu beenden. Ist es das daher rührende schlech-te Gewissen, das uns in der Silvesternacht je-weils in Form des Bleigiessens heimsucht? Im frühen Mittelalter stand hingegen das Aus-weiden hoch in der Gunst des Schlächters. Heute gilt die Zubereitung der Weihnachts-gans als alljährlich wiederkehrende Über-sprunghandlung einer angeblich domes-tizierten Menschenwelt, die ihr schlechtes Gewissen über Generationen hinweg erfolg-los zu verdrängen versucht hat. Nicht um-sonst steht in jedem Sadomaso-Laden eine Würgschraube, auch Garrotte genannt. Ist das auch der Grund, warum das Buch «Shades of Grey» seit einer gefühlten Ewigkeit auf Platz 1 der Bestsellerliste steht? Wie der Hinrichtungstod im Einzelfall auch immer herbeigeführt wurde, die Frage nach der Anschlussverwendung stellt sich un-weigerlich. Liebe Schleckerfrauen: In dieser menschenverachtenden FDP-Welt des Herrn Rösler hätte es euch eindeutig härter treffen können. Ich denke da zum Beispiel an Stei-nigung. Die Domestizierung von Menschen und Wildgänsen ergibt sich durch die Ausle-se schrecklicher Exemplare. In diesem Sinne: «God Bless America!» Und wir Europäer Beat Richner. Danke, Beatocello.

Gänsehaut

Der Querdenker hat sich die etwas andere informationsvermittlung auf seine fahne geschrieben. Diese ist

stets gehisst, auch dann, wenn der Wind eisig bläst.

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kolumne

der querdenker

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nachfolge gesuchtTextfloRiAN SChAffNER BildBoRiS GASSMANN

Die Patrons der Babyboomer-Generation kommen langsam aber sicher ins Pensionsalter. Nach einem arbeitsamen Leben sind sie bereit, ihr Unternehmen an die nächste Generation zu übergeben. Doch die Jungen haben meist andere Pläne.

Der Tod von Swatch-Gründer und Uhrenpapst Nicolas Hayek im Juni 2010 kam überraschend. Die Aktionäre reagierten scho-ckiert, am nach folgenden Börsentag brach der Börsenwert des Uh-renherstellers mit Sitz in Biel um mehr als 5,5 Prozent ein. Auch für Swatch selber kam der Tod des Patrons «völlig unerwartet». Sein Vater sei sich zwar bewusst gewesen, dass er nicht ewig weiterleben werde, so Sohn Nick Hayek. Doch es hätte auch gut noch zehn oder zwanzig Jahre mit ihm weitergehen können. Nicolas Hayek war nicht nur die prägende Figur der Schwei-zer Uhrenindustrie, sondern während Jahrzehnten vor allem das Ge-sicht des Familienkonzerns Swatch. Aus der operativen Führung hat-te er sich zwar bereits vor Jahren zurückgezogen, doch er blieb bis zu seinem Tod Verwaltungsratspräsident. Hayek war ein Unternehmer, den Akademiker als eine Mischung aus Monarchen und Botschaf-ter bezeichnen würden. Zu den Botschaftern zählen Leute wie der Microsoft-Gründer Bill Gates: Sie verlassen operativ ihre Firma zu einem bestimmen Zeitpunkt freiwillig, bleiben aber als Berater im Hintergrund aktiv – ein gestaffelter Rückzug. Apple-Gründer Steve Jobs dagegen war ein Monarch: Sie führen ihr Reich absolutistisch und stehen bis zu ihrem letzten Lebenstag jeden Morgen auf der Matte. Kommt es zum plötzlichen Tod des Monarchen, enden die Parallelen zu den Royals: Während der König von seinem legitimen Nachfolger, dem Prinzen, ersetzt wird, folgt auf den Unternehmer-Monarchen nicht zwingend sein Sprössling.

Babyboomer mit Nachwuchsproblem Wobei «nicht zwingend» eine Untertreibung ist: Unternehmen wie Swatch, das unter der Kon-trolle der Hayeks blieb, sind Ausnahmen. Zu diesen gehören auch die Privatbank Lombard Odier (7. Generation) oder Fonjallaz Vins, das sich bereits seit 13 Generationen in Familienhand befindet. Bei «normalen» Familienunternehmen – die weder von Nicolas Hayek geführt wurden noch Milliardenumsätze durch die Erfolgsrechnung schleusen – bleibt nur eine Minderheit über mehrere Generationen in der Gründerfamilie. In den USA schafft nicht einmal ein Drittel der Family Businesses den Sprung in die zweite Generation; bis zur dritten Generation bleiben nur gerade zehn Prozent unter familien-interner Führung. Die Zahlen in der Schweiz sind ähnlich: Nicht

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einmal vier von zehn Schweizer KMU kal-kulieren derzeit noch mit familieninternen Nachfolgern – noch vor sieben Jahren lag die Quote bei 58 Prozent. Rechnet man diese Zah-len hoch, wird nach fünf Generationen gera-de mal ein Prozent der Schweizer Familien-unternehmen noch immer einen eigenen Spross an der Führungsspitze haben.

Einer, der das Problem der Nachfol-ge aus erster Hand kennt, ist Frank Halter. 2004 sollte die Halter Bonbons AG (das sind die mit den Wassermelonenbonbons) an die nächste Generation weitergegeben werden. Da sich aus den eigenen Reihen niemand für die Nachfolge aufdrängte, wurde die welt-weit bekannte Bonbonfabrik an ein anderes Süsswarenunternehmen verkauft. Frank Hal-ter indes zog es zu den Akademikern. Heu-te ist er Lehrbeauftragter am Center for Fa-mily Business der Universität St. Gallen und beschäftigt sich wissenschaftlich mit den Nachfolgeregelungen von Schweizer Famili-enunternehmen. Halter sammelt Daten, ana-lysiert Trends und hält Vorträge und Work-shops bei Unternehmern, die den Entscheid der Nachfolge noch vor sich haben.

150 000 Stellen zur Disposition Über man-gelnde Arbeit wird sich der Doktor der Wirt-schaftswissenschaften in den kommenden Jahren kaum beklagen können: Die Zahl der Unternehmen auf Nachfolgersuche wächst stetig weiter. «Bei einem Fünftel aller KMU muss in den kommenden fünf Jahren ein neuer Boss ans Ruder», so Halter. Das ent-spricht rund 60 000 Firmen, und von de-nen sind längst nicht alles Einmannbetriebe. Würden diese Unternehmen ersatzlos ver-schwinden, stünden rund 150 000 Arbeitsstel-len auf dem Spiel – deutlich mehr als die aktu-elle Zahl der Arbeitslosen im Land. Umgeben

Freunde nicht Schlange stehen, wird es eng. Junge, qualifizierte Kandidaten mit dickem Portemonnaie sind eine Seltenheit.

Wie weiter? Hier tut sich eine Lücke auf, die über die kommenden Jahre grösser wer-den wird. «Die bisher ungeklärte Frage ist, wer sie füllen wird», sagt Halter. Kandida-ten gibt es mehrere: Zum Beispiel interne Manager, die den Besitzer auszahlen. Doch sie stehen häufig selber ebenfalls kurz vor der Pensionierung. Oder externe Manager, die genug haben von den grossen Firmen und lieber ein kleines Unternehmen über-nehmen würden. Doch von diesen gibt es nicht allzu viele. Private-Equity-Funds wä-ren ebenfalls eine Möglichkeit, doch die wollen keine Mikrounternehmen, sondern grössere Fische wie Phonak oder Stadler. Ei-ne weitere Option sind Unternehmerverei-nigungen wie Investnet AG oder ABTell, die ein kleines Portefeuille an regionalen Fir-men führen und verwalten. Aber auch sie stossen bald einmal an Grenzen. In der Pra-xis passiert es darum öfters, dass der Patron seine Pensionierung einfach ein paar Jah-re hinausschiebt. Oder einen Schlussstrich zieht und das Geschäft liquidiert. Nicht je-der Coiffeursalon und jedes Treuhandbü-ro müssen überleben. Vielleicht nähert sich die Schweiz aber auch bald dem steigenden Teil der u-Kurve, und die junge Generation entdeckt die Familienunternehmen neu. Immerhin sind die Überlebenschancen ei-nes bestehenden Betriebs rund zehnmal so hoch wie jene eines neu gegründeten.

Bei Swatch ging die Übergabe von Hayeks Funktionen rasch über die Bühne. Der Patron hatte die Weichen schon vor sei-nem Tod gestellt. Als Tochter Nayla Hayek fünf Tage später vor der Trauergemeinde stand und Abschied von Ihrem Vater nahm, hatte sie das Verwaltungsratspräsidium der Swatch Group bereits übernommen. Trotz des überraschenden Ablebens wurde 2010 ein Rekordjahr für Swatch. 2011 wurde noch besser. Auch ohne seinen Gründer ge-deiht das Familienunternehmen prächtig. Es scheint, der Geist, den der Visionär und Rebell Hayek verkörperte, lebt weiter.

von einer Währungskrise und von Banken, die das Geld lieber horten statt es in Form von Geschäftskrediten zu vergeben, wird die Käu-fersuche nicht einfacher. Es gibt aber auch Hoffnung: Die Quote war in den letzten Jahren ähnlich hoch, und doch scheinen sich genügend Nachfolger ge-meldet zu haben. Die Situation ist prekär, aber nicht so misslich, dass sie es auf die Traktan-denliste einer Bundesratssitzung oder in die nationalen Schlagzeilen geschafft hätte.

Das unerwünschte Vermächtnis Warum ist Nachfolgeregelung ein derart schwieriges Thema? An Ignoranz oder Fahrlässigkeit sei-tens der Unternehmer liege es nicht, betont Halter. «Viele Unternehmer nehmen die Su-che nach einem Nachfolger rechtzeitig in Angriff», sagt er, «doch es wird immer schwie-riger, einen Nachfolger zu finden.» Die jünge-ren Generationen sind heute weniger bereit, das Vermächtnis ihrer Eltern anzunehmen. Der Wirtschaftsberater Ernst&Young hat die Karriereabsichten der nächsten Generation von Familienunternehmen in einzelnen Län-dern untersucht und festgestellt, dass sich der familieninterne Nachfolgewunsch u-förmig zur Wirtschaftsentwicklung des Landes ver-hält. Das bedeutet: In ärmeren Ländern sind junge Generationen eher bereit, das Fami-lienunternehmen weiterzuführen. Mit stei-gendem Bruttoinlandprodukt verschwindet diese Bereitschaft zunehmend. Steigender Wohlstand führt zu besserer Bildung und so-mit zu mehr Möglichkeiten in der Berufs-wahl. Weshalb Vaters Schreinerei überneh-men, wenn doch Softwareentwicklung viel spannender ist? Nach einem Bauingenieur-studium in Mamas Lebensmittelladen ein-steigen? Weshalb überhaupt selbstständig tä-tig sein, wo doch das Leben eines Angestellten viel stressfreier und dazu in der Regel auch noch besser bezahlt ist? Erst bei Ländern mit sehr hoher wirtschaftlicher Leistung steigt die Kurve wieder etwas an, darum u-förmig. Nicht besser wird die Situation durch demografische Trends: Wir leben länger und bekommen weniger Kinder. Die Grup-pe der unter 20-Jährigen ist seit 150 Jahren ungefähr konstant. Der Anteil der 20- bis 64-Jährigen aber hat sich verdreifacht, der-jenige der Über-65-Jährigen sogar versieben-facht. Nun erwacht bei der Generation der Babyboomer langsam die Vorfreude auf die bevorstehende Pensionierung. Das betrifft auch Unternehmer, die nach einem Arbeits-leben voller Überstunden und Stress ohne Kinder dastehen. Die Zeit dazu hat schlicht gefehlt. Wenn in der näheren Verwandtschaft ebenfalls niemand interessiert ist und auch

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PUNKTMAGAZIN War die Gründung eine Bieridee oder von langer Hand geplant?CARLO MAGNANA_ Bei mir war der Drang zur Selbständigkeit schon immer gross. Nach ein paar Jahren im Detailhandel und Weiter-bildungen wusste ich, was mir Spass machen würde und hatte entsprechende Ideen. Als dann in der Nähe des Zürcher Paradeplatzes zufällig ein geeignetes Ladenlokal frei wurde, wagte ich den Schritt. Ich war damals 24 Jahre alt.

Ihre Vision? Es gibt Visionen, die man um-setzen kann und solche, die Luftschlössern glei-chen. Ich verfolge keine Vision, sondern Ziele. Die möchte ich aber nicht verraten. Am Ende gilt jedoch immer: Egal, was ich als Unterneh-mer mache, es muss wirtschaftlich sinnvoll und tragbar sein.

Wie viele Seiten umfasst Ihr Businessplan? Spielt er im Alltag eine Rolle? Beim Start hatte ich gar keinen Businessplan. Mittlerweile, auch bedingt durch die Grösse des Betriebs, gibt es einen. Darin sind auch alle Strukturen klar definiert, das ist schon wichtig.

War es einfach, an Kapital zu kommen? Für mich war die Finanzierung kein Problem, da ich etwas angespart hatte. Entscheidend war meine Einstellung: Zu Beginn habe ich alles

allein durchgeboxt. Das erste Ladenlokal richtete ich mit Secondhand-Möbeln ein. Auch die Wände habe ich selber gestrichen.

Was war rückblickend die grösste Herausfor-derung? Eine fortwährende Herausforderung ist es, zu den Mitarbeiten ein Vertrauensverhält-nis aufzubauen. Aber ganz allgemein ist der Auf-bau einer Firma mit harter Detailarbeit verbun-den. Das gilt umso mehr für Betriebe, bei denen ich branchenfremd war.

Wie gehen Sie mit Herausforderungen um? Ganz unterschiedlich. Wichtig ist eine offene und vor allem ehrliche Kommunikation. Sie ist der Schlüssel zum Erfolg.

Was war der grösste Misserfolg? Was ist schon ein Misserfolg? Ich werte eine Filialschliessung – und diese hatten wir bei Vital Punkt – nicht als Misserfolg. Es gab wirtschaftliche Gründe, die da-zu führten. Nach solchen Entscheidungen gehen dafür wieder neue Türen auf. Dieses Verständnis ist wichtig.

Das Ärgerlichste, das Sie bisher erlebt haben? Ich habe kein besonderes Erlebnis im Kopf. Grundsätzlich ärgert es mich, wenn Verspre-chen nicht eingehalten werden. Und wenn dies der Fall ist, kann schon auch mal mein sizilianisches

Blut zu Kochen beginnen. Dann bin ich nicht mehr der liebe und nette Carlo.

Was würden Sie tun, wenn Ihr Unterneh-men morgen Pleite ginge? Das Leben geht auch in einem solchen Moment weiter. Mir würde es definitiv nicht langweilig werden, bei all den Ideen, die ich im Kopf habe.

Wie lautet Ihre Devise als Unternehmer? Ehrlichkeit. Und damit meine ich nicht nur ehr-liches Geschäften – das ist sowieso eine Selbst-verständlichkeit –, sondern auch einen ehrli-chen Meinungsaustausch. Ich spreche Probleme direkt an. Das passt nicht immer allen, aber er-leichtert einiges. Auch mir soll man direkt ins Gesicht sagen, wenn etwas nicht passt.

Wie viele Stunden arbeiten Sie pro Woche? Das kann ich nicht sagen. Wenn viel läuft, dann arbeite ich viel. Wenn es etwas weniger läuft, geniesse ich ein bisschen mehr Freizeit.

Und zum Schluss: Wer sind Sie eigentlich? (lacht) Das frage ich mich auch jeden Tag. Ich bin einfach nur ein Mensch, der Freude am Le-ben hat, der gerne kreativ ist. Als Privatperson ist mir Geld nicht so wichtig, denn Geld allein macht nicht glücklich. Abwechslung zum Alltag finde ich beim Singen und Leistungssport.

magnanocarlovital punkt

2004detailhandel

Carlo Magnano wagte mit Vital Punkt den Schritt in die Selbständigkeit bereits in jungen Carlo Magnano wagte mit Vital Punkt den Schritt in die Selbständigkeit bereits in jungen Jahren. Mittlerweile werden die Gesundheits-, Bio- und Vitalprodukte auch in Lokalen in Jahren. Mittlerweile werden die Gesundheits-, Bio- und Vitalprodukte auch in Lokalen in Zürich, Basel, St. Gallen, Olten und Baden verkauft. Daneben ist Magnano im Immobilien-Zürich, Basel, St. Gallen, Olten und Baden verkauft. Daneben ist Magnano im Immobilien-geschäft tätig. 2008 übernahm er zudem die traditionsreiche Tirggel-Bäckerei Biscuits-geschäft tätig. 2008 übernahm er zudem die traditionsreiche Tirggel-Bäckerei Biscuits-Suter in Schönenberg. Insgesamt beschäftigt Carlo Magnana über hundert Mitarbeiter.Suter in Schönenberg. Insgesamt beschäftigt Carlo Magnana über hundert Mitarbeiter.

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«Gesch äftlich er Erfolg bringt immer auch

eine Verantwor-tung gegenüber

der Gesellsch aft mit sich .»

36 Wirtschaft

Page 37: PUNKT Generationen

ein mann und seinvermögenNachgefragtRiNo BoRiNiBilderMARKUS fRiETSCh

Als Grossaktionär und Chef des Logistikkonzerns Kühne+Nagel brachte es Klaus-Michael Kühne zu finanziellem Reichtum. Seit seinem operativen Rück-tritt ist er damit beschäftigt, sein Vermögen späteren Generationen zukommen zu lassen.

Für Andrew Carnegie, Stahl-Tycoon und zu seiner Zeit reichs-ter Mensch der Welt, war klar, dass ihm das viele Geld nach seinem Tod nichts mehr bringen würde. «Wer reich stirbt, stirbt in Schan-de», war er überzeugt und gründete in den USA und in Europa zahl-reiche Stiftungen, die sich für bessere Bildung, Frieden oder die Wi-ssenschaft einsetzen. Philanthropie ist in den USA gang und gäbe. Bill Gates, Warren Buffet oder George Soros machen es vor. Mit der grössten Stiftungsdichte und dem höchsten Kapital pro Einwohner gehört die Schweiz zu einem der attraktivsten Stif-tungsstandorte Europas. Immer häufiger wollen die Philanthro-pen ihr Geld aber nicht einfach vererben, sondern bereits zu Lebzei-ten Ergebnisse sehen. Einer von ihnen ist der gebürtige Hamburger Klaus-Michael Kühne. Der Enkel von Firmenmitbegründer August Kühne wurde 1966 Vorstandsvorsitzender von Kühne+Nagel und baute den Konzern zu einem internationalen Logistikriesen um. Für Kühne persönlich bedeutete der Aufstieg finanziellen Reichtum in ungeahnten Dimensionen. Auf 9,8 Milliarden Dollar schätzt das Wirtschaftsmagazin «Forbes» sein Vermögen. Durch seine Stiftun-gen lässt Kühne das Geld guten Zwecken zukommen.

PUNKTMAGAZIN Herr Kühne, Sie gehören zu den 100 reichsten Menschen der Welt. Was bedeutet für Sie Geld?KLAUS-MICHAEL KÜHNE_ Ohne Geld geht nichts. Als Geschäftsmann muss man schlicht und einfach Geld verdienen. Ein Unternehmer denkt langfristig, er muss eine gesunde finanzielle Grundlage für den Betrieb schaffen. Dazu braucht es Kapital, das sich immer weiter vermehrt, schliess-lich muss man Reserven bilden. Um zurück auf Ihre Frage zu kommen: Für mich ist es wichtig, das Geld im Unternehmen zu haben.

Was bedeutet Ihnen Geld privat? Ich bin von Natur aus ein sparsamer Mensch. Was die geschäftlichen Dinge betrifft, achte ich auf Kostenkontrolle und -disziplin. Im privaten Bereich gönne ich mir zwar einige Annehmlich-keiten, übertreibe es aber nicht.

Klaus-michael Kühnewurdeam

2.Juni1937inHamburggeboren.

NachAbiturundBanklehretrater

mit26JahrenalsKomplementär

undTeilhaberindieFirmaseines

Vatersein.ImZugederGründung

derKühne+NagelSpeditions-AG

zweiJahrespäterwurdeerderen

Vorstandsvorsitzender.Nachdem

sichseinVaterAlfredMittederSieb-

zigerjahrevonseinenleitenden

Funktionenzurückgezogenhatte,

wurdeKlaus-MichaelKühneCEO

derGruppeundDelegierterdesVer-

waltungsrates.1976hatdieFamilie

KühnedieKühne-StiftunginsLeben

gerufen,Trägerdergemeinnützigen

InstitutionistKlaus-MichaelKüh-

ne.ZweckderStiftungistdieFör-

derungderAus-undWeiterbildung

sowiederForschungundWissen-

schaftaufdenGebietenderVer-

kehrswirtschaftundLogistik.Dar-

überhinauswerdenmedizinische

Wissenschaften,humanitäre,ka-

ritativeundkulturelleVorhaben

unterstützt.

37WirtschaftPUNKTmagazin Generationen

:

Klaus-Michael Kühne

Page 38: PUNKT Generationen

Warum sollten erfolgreiche Unternehmer der Gemeinschaft etwas zurückgeben? Ich bin der festen Überzeugung, dass geschäftlicher Erfolg immer auch eine Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft mit sich bringt. In meinem Fall habe ich dies durch meine Stiftung sehr ausge-prägt umgesetzt.

Sie unterstützen viele Projekte in Ham-burg, der Stadt, die durch den Wegzug von Kühne+Nagel im Jahr 1969 auch Steueraus-fälle zu verzeichnen hatte. Handeln Sie aus schlechtem Gewissen? Nein, überhaupt nicht. Das Hauptmotiv für den Wegzug damals waren nicht steuerliche Aspekte, sondern die politische Situation. Mein Vater war sehr pessimistisch be-züglich der Entwicklung Deutschlands. Und er hat in vielen Beziehungen Recht bekommen.

Was sprach für einen Umzug in die Schweiz? Von hier aus konnten wir uns frei entfalten und die internationale Expansion vorantreiben. Wir setzten schon vor zwanzig Jahren auf die Globali-sierung, als die Entwicklungen noch nicht so klar erkennbar waren.

Stichwort Globalisierung. Tut sie uns gut? Die Globalisierung ist für die Wirtschaft von gro-sser Bedeutung, aber auch kulturell. Die Berüh-rungsängste zwischen den einzelnen Ländern und Völkern bauen sich dank einfacherer Kommuni-kation immer mehr ab. Die Globalisierung tut sehr viel Gutes für eine integrierte Gesellschaft, in

Vom Vollblutunternehmer an der unterneh-merischen Front zum Stiftungspräsidenten. Ist Ihnen nicht langweilig? In meinem Unter-nehmen habe ich mich jahrzehntelang stark enga-giert, das ist richtig. 2008 habe ich die operative Leitung des Konzerns abgegeben und im letzten Jahr auch das Amt der Verwaltungsratspräsiden-ten zur Verfügung gestellt. Ab einem bestimmten Alter sollte man die Verantwortung der jüngeren Generation übergeben. Umso mehr Zeit habe ich nun für die Stiftung. Das ist ebenso herausfor-dernd, spannend und bereitet viel Freude.

Bringen Sie Ihre unternehmerischen Erfah-rungen in ihre Stiftung mit ein? Natürlich! Ich bin sehr ergebnisorientiert, das Vermögen darf auf keinen Fall irgendwo versickern oder dorthin gelangen, wo es am Ende keinen Nutzen bringt. Es muss der Allgemeinheit dienen. Dazu haben wir Strukturen geschaffen, die denjenigen des Unter-nehmens ähnlich sind.

Welche Programme fördern Sie konkret? Aus- und Weiterbildung, Forschung und Wissen-schaft im Bereich der Logistik stehen an erster Stelle, gefolgt von Medizin, Kultur und Humani-tärem. In der Summe ist das sehr anspruchsvoll und muss richtig umgesetzt werden.

Womit kämpfen Sie in der Stiftung? Einige Projekte laufen mir manchmal zu langsam an, ich wünschte mir hin und wieder mehr Tempo. Ein Beispiel ist eines unserer Medizinprojekte, wo die ersten zwei Jahre sehr schwierig waren. Wir hatten ein Team von vier Wissenschaftern, die ein grosses Budget verwalten. Da musste ich mich zuerst da-ran gewöhnen, dass sie manchmal andere Schwer-punkte verfolgen als es mir vorschwebt.

Wo lagen die Differenzen? Sie waren mehr auf Aussenwirkung ausgerichtet, während für mich Leistung zählt. Ich will ernsthafte wissenschaftli-che Arbeit sehen, die Aussenwirkung ist mir nicht so wichtig.

Wie lief es bei Ihrer Universität, der Kühne Logistic University? Ähnlich. Auch da ging es zuerst in eine andere Richtung, als ich mir dies vorgestellt hatte. Da musste sich die Stiftung ver-stärkt einschalten und mit der Universitätslei-tung auseinandersetzen. Am Ende hat sich alles eingependelt. In solchen Situationen sieht man die Unterschiede zu einem Unternehmen, wo man einfach mal kommandieren kann.

Da prallen zwei Kulturen aufeinander: Unternehmertum und Wissenschaft. Das Verständnis zwischen Unternehmern und Akademikern ist nicht naturgegeben. Das ist eine Sache der Gewöhnung und des Verständnisses.

der das Trennende geringer und das Gemeinsame grösser wird.

Also ist Deglobalisierung für Sie kein The-ma? Nein, ist es nicht. So, wie ich an die EU und an ein einheitliches Europa glaube, so glaube ich an den Welthandel, den lebhaften Warenaus-tausch und an die Wachstumschancen von Schwel-lenländern. Selbst Afrika ist am Kommen.

Als Sie mit ihren Eltern die Kühne-Stiftung ins Leben gerufen haben, waren Sie knapp vierzig Jahre alt. Was war das Motiv? Da ich keine persönlichen Erben habe, haben wir damals beschlossen, das Vermögen auf eine Stiftung zu überschreiben. So konnten wir unseren Wohlstand zusammenhalten. Das Vermögen war in erster Li-nie das Unternehmen. Für mich ist entscheidend – das war schon bei meinem Vater so – dass das Unternehmen kontinuierlich weitergeführt wird.

Wie kann die Stiftung die Kontinuität des Milliardenkonzerns sicherstellen? Ich habe ausreichend Vorkehrungen getroffen, damit die von mir geführte Stiftung ihre Tätigkeiten in mei-nem Sinn ausübt. Dazwischen habe ich meine ei-gene Holding geschalten, die auf die Geschicke des Unternehmens Einfluss ausüben kann, vor allem bezüglich der kommerziellen Ausrichtung und der Unabhängigkeit. Die Holding ist der Mehrheits-aktionär von Kühne+Nagel.

Immer mehr Privatpersonen verfolgen wohltätige Zwecke. Wie wichtig ist Philanth-ropie für die Welt? Ich glaube, sie wird immer wichtiger und hat sich in den letzten Jahren stark verbreitet. Wenn man erfolgreich ist, sollte man dies mit der Öffentlichkeit teilen. Stiftungen sind dazu ein sinnvolles Instrument, da man nicht als Einzelperson auftritt. Jeder erfolgreiche Unterneh-mer sollte diesen Weg gehen.

Der Bevölkerung fehlt oft das Bewusstsein, dass der Staat nicht alle Aufgaben überneh-men kann. Schafft das Motto «Tue Gutes und rede darüber» Abhilfe? Ja, das ist richtig. Ganz generell wird der Beitrag, der von den vermögen-den Menschen und den Unternehmen geleistet wird, von der allgemeinen Bevölkerung nicht ge-nügend zur Kenntnis genommen. In Wirtschafts-kreisen ist dies durchaus bekannt, aber es erreicht eben nicht den Mann auf der Strasse.

Sie persönlich sprechen auch nur selten da-rüber. Ich selbst habe nie den Ehrgeiz gehabt, meine Stiftung medial gross herauszubringen. Wohltätigkeit sollte nicht wie ein Markenartikel vermarktet werden. Das Engagement darf be-kannt sein und man sollte sich auch nicht verste-cken: Aber man sollte sich nicht damit rühmen.

38 Wirtschaft

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Page 39: PUNKT Generationen
Page 40: PUNKT Generationen

Tina TurnerTina Turner oder

Montserrat caballé?

hamburger Aalsuppehamburger Aalsuppe oder

Bündner Gerstensuppe?

AkademikerAkademiker oder Praktiker?

Peer SteinbrückPeer Steinbrück oder

angela Merkel?

schiff oder flugzeugflugzeug?

email oder SMSSMS?

HÜsT & HoTT

Page 41: PUNKT Generationen

Gibt es ein bestimmtes Projekt, das Ihnen speziell viel Freude bereitet? Es ist nicht ein einzelnes Projekt, sondern es sind die Synergien zwischen den Projekten, die mir am meisten Freu-de bereiten.

Zum Beispiel? So begannen wir vor zwanzig Jahren, Logistik-Lehrstühle zu fördern. Zuerst in St. Gallen, danach sind wir zur ETH nach Zürich gewechselt. Auch in Deutschland haben wir Lehr-stuhlförderungen umgesetzt. Besondere Freude habe ich, wenn sich diese Lehrstühle gegenseitig befruchten und gemeinsame Forschungsprogram-me entwickeln, wobei die Kühne Logistics Univer-sity (KLU) in Hamburg die Flagschifffunktion übernehmen soll.

Das Lehrprogramm an Universitäten ist oft sehr theoretisch. Passt das zum Unterneh-mer Kühne? Die KLU bringt der gesamten Lo-gistikbranche sehr viel. Aber Sie haben schon recht: Man muss aufpassen, dass die wissenschaft-liche Ausrichtung nicht zu theoretisch sind, son-dern sich an der Praxis orientiert. Das ist für mich sehr wichtig.

Auch in der Kultur setzen Sie auf Synergien. Eines Ihrer Kulturprojekte, die Oper «Fürst Igor», war eine Koproduktion der Opernhäu-ser Zürich und Hamburg. Es war die gleiche Oper, die gleichen Kostüme, die gleichen Kuli ssen und dieselbe Regie. Die Oper war sehr erfolgreich, sowohl im Zürcher Opernhaus wie auch an der Hamburgischen Staatsoper. Synergieeffekte er-höhen die Effizienz, warum sollte man sie nicht auch in der Kultur zu nut-zen versuchen?

Stammen diese Ideen von Ihnen selber oder klopfen Bittsteller an ihre Haustüre? Weitge-hend sind es meine Ideen. Meine Überlegungen ge-hen dahin, wie man über die punktuelle Förderung hinaus grössere Projekte realisieren kann – mit mehreren Beteiligten und insbesondere mit meh-reren Nutzniessern. Bei der erwähnten Oper habe ich mit Alexandre Pereira (ehemaliger Intendant des Zürcher Opernhauses, die Red.) immer wieder solche Überlegungen an-gestellt.

Woher bezieht die Stiftung ihre finanziellen Mittel? Sie hat ihre Quellen im Wesentlichen in der Beteiligung am Unternehmen Kühne+Nagel.

Die jährlichen Dividenden machen den grössten Teil des Stiftungsbudgets aus.

Im Jahr 2011 betrug die Fördersumme 14,3 Millionen Franken. Wie viel Geld ist aus der Stiftung rausgeflossen? Ich habe diese Zahl noch nie ausgerechnet. In den Anfangszeiten wa-ren die Budgets bescheiden. In den letzten zehn Jahren sind sicherlich rund 100 Millionen Fran-ken in unsere Programme geflossen.

Ihr Erbe wird dereinst an die Stiftung ge-hen. Haben Sie keine Angst vor Missbrauch? Man weiss natürlich nie, was in der Zukunft ge-schehen wird. Aber ich habe genügend Vorkeh-rungen getroffen, zum Beispiel die klar formu-lierte Stiftungsordnung. Dazu gehört auch ein schlagkräftiges und sinnvoll zusammengesetztes Gremium. Diese Stiftungsräte müssen unabhän-gig sein und dürfen keine eigenen Interessen ver-folgen. Wie das in fünfzig Jahren aussehen wird, kann ich nicht vorbestimmen. Doch zu Lebzeiten und als alleiniger Träger der Kühne-Stiftung ver-suche ich, deren Geist zu prägen.

Die erste Generation baut auf, die zweite hält das Vermögen, die Dritte verliert es, hört man oft. Sie führten Kühne+Nagel in der be-rüchtigten dritten Generation. Was haben Sie besser gemacht? (lacht) Ja gut, das ist eine Mentalitätsfrage. Es ist in der Tat so, dass die Ver-mögen oftmals verwirtschaftet werden, weil die nachfolgende Generation nicht unbedingt Inter-esse am Unternehmen hat, sondern mehr am eige-nen Wohlbefinden. Ich hatte immer ein grosses In-

teresse an der Firma und habe früh Verantwortung übernommen. Es hat mich gepackt.

Unter Ihnen wurde das Unternehmen zu einem milliardenschweren Weltkonzern. Mein Va-ter hat die Grundlage für das Wachstum gelegt und ich habe es weitergeführt, wobei ich auch Glück hatte. Letztlich konnte ich in wirtschaftlich attrakti-ven Zeiten operieren und stets auf gute Mitarbeiter zurückgreifen.

Sie mussten auch schon Teile der Firma ver-kaufen, die Sie dann wieder zurückerober-ten. Sind Sie ein Kämpfer? Ein Kämpfer bin ich in der Tat. Es war 1981, als ich mit dem Rücken zur Wand stand. Ich musste Anteile der Firma verkaufen und es bestand die Gefahr, dass ich die

Mehrheit verlieren würde. Zum Glück fand ich ei-nen Partner, der auf einer 50/50-Basis mitmachte.

Sie hatten also weiterhin das Sagen? Ich musste nie die Verantwortung abgeben, war wei-terhin im «Driver’s Seat» und konnte die Firma erfolgreich weiterentwickeln. Als dieser Partner elf Jahre später selber in Schwierigkeiten geriet und sich verabschiedete, kaufte ich einen Teil der An-teile zurück.

Wie passt Ihr Engagement beim Bundesliga-verein Hamburger SV zu Ihren wohltätigen Aktivitäten? (unterbricht) Ja, aber das ist nicht in der Stiftung, das ist mein Privatvermögen. Das sollte man aber nicht zu Ernst nehmen, es ist mehr ein Hobby von mir.

Die letzten Jahre waren beim HSV eine regel-rechte Achterbahn. Ich staune, dass ein Herr Kühne da solange mitgespielt hat. Zuerst habe ich den HSV im falschen Augenblick unter-stützt, das hat wirklich nichts gebracht. Da sind zwar etliche Spieler gekauft worden, an denen ich sogar beteiligt war – aber ohne grossen Erfolg für den Verein. Im Gegenteil: Wir waren damals in der Tabelle ziemlich weit hinten.

Auch am Kauf des Topspielers Rafael van der Vaart waren Sie beteiligt, aber nicht nur monetär, oder? Ja, das ist richtig. Ich habe den Verein sozusagen zu seinem Glück gezwungen. Die Vereinsleitung war nicht bereit, hartnäckig genug zu verhandeln und schliesslich liefen die Gespräche dann mehr oder weniger über mich. Das waren sieben spannende Wochen. Am Ende, aber wirklich erst dann, war auch die Zusammen-arbeit mit dem Verein gut. Aber Fussball ist ein Glücksspiel. Erfolg kann man nicht auf dem Reiss-brett planen.

«Als alleiniger Träger der

Kühne-Stiftung versuch e

ich , ihren Geist zu prägen.

Was in der Zukunft ge-

sch ehen wird, weiss ich

nich t. Doch ich habe Vor-

kehrungen getroffen.»

41WirtschaftPUNKTmagazin Generationen

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Page 42: PUNKT Generationen

wegwerfwindel TextDAviD fEhRBildBoRiS GASSMANN & fABiAN WiDMER

Der Markt für Wegwerfwindeln ist lukrativ. Das gilt umso mehr, seit in den aufstrebenden Ländern Jahr für Jahr zweistellige Wachstumsraten erzielt werden. Doch genau dort werden die praktischen Produkte zu einem immer grösseren Problem.

Verbrauchsgut beschreibt die Wegwerfwindel perfekt: Auspa-cken, Baby einwickeln, Baby entwickeln, Windel entsorgen. Das Gan-ze an die 3000 bis 5000 Mal, je nachdem wie talentiert sich der Nach-wuchs auf dem Töpfchen erweist. Wegwerfwindeln sind praktisch, hygienisch und zeitsparend – Argumente, die einen Grossteil der El-tern überzeugt: In industrialisierten Ländern wie der Schweiz liegt der Anteil von Wegwerfwindeln bei etwa neunzig Prozent. Nach ihrer Markteinführung im Jahr 1961 wurden sie vor al-lem über Innovationen beworben. Heutige Windeln sind nicht zu vergleichen mit den früher verwendeten Produkten. Gefordert sind hohes Fassungsvermögen, gute Saugkraft, viel Bewegungsfreiheit, elastische Seitenbündchen, extra saugfähige Zonen und Schutz vor Rücknässung. Diese Ansprüche erfüllen auch Billigwindeln: In ei-nem Test des Kassensturzes schnitten sie ebenso mit «gut» ab wie dreimal teurere Produkte. Preislich hat sich der Markt in den letzten beiden Jahren etwas entspannt, sagt Preisüberwacher Stefan Meier-hans, der die hohen Preise noch 2010 anprangerte. «Seit da sind sie, unter anderem wechselkursbedingt, erfreulicherweise stark gesun-ken», sagt er heute. Der andere Grund: Die Gunst der Eltern ist um-kämpft, täglich führen Händler Windel-Rabattangebote durch. Wer heutzutage Windeln für den vollen Preis kauft, ist selber schuld.

So verkauft man Windeln Klarer Marktführer ist Pampers. Die Edelmarke des amerikanischen Konsumgüterkonzerns Procter & Gamble (P&G) verfügt über einen Marktanteil von etwa 35 Pro-zent, in gewissen Regionen ist er sogar markant höher. Pampers tut viel für seinen Erfolg: So hat man «Pampers Village» gegründet, ei-nen Babyclub, über den Eltern Coupons und andere Vorteile erhal-ten. Beworben werden die Produkte vor allem mit der Aktion «1 Pa-ckung = 1 lebensrettende Impfdosis», die Tetanus den Kampf ansagt. Pro Packung Pampers wird eine Impfdosis gespendet. Dank der Ak-tion, die seit 2006 gemeinsam mit Unicef durchgeführt wird, konn-ten bereits über 100 Millionen Menschen geimpft werden, bis 2015 soll die Krankheit besiegt sein. Bis Mitte 2012 kamen so etwa 40 Mil-lionen Dollar zusammen. Für Eltern, die ihr Kind mit Pampers wi-ckeln, beläuft sich die Gesamtspende in den zwei bis drei Jahren auf etwa zehn Franken. Das zweckgebundene Marketing zieht: Pam-pers wächst stärker als der Branchendurchschnitt und konnte sei-nen Umsatz seit Beginn der Aktion ausser 2009 jedes Jahr um eine Milliarde Dollar erhöhen. Im vergangenen Jahr knackte er als erste Marke im Portfolio von P&G die Marke von zehn Milliarden Dollar.

42 Wirtschaft

Wirtschaft

Page 43: PUNKT Generationen

Für die Hersteller sind in erster Linie je-doch nicht die gesättigten Märkte spannend, sondern die hohen Wachstumsraten in den aufstrebenden Ländern. Wegwerfwindeln sind ein Zeichen von Wohlstand: Je stärker das Ein-kommen steigt, desto mehr Eltern benutzen sie. So wurden in China im Jahr 2000 gerade mal 200 Millionen Dollar umgesetzt, heute sind es fast drei Milliarden Dollar. Und das ist erst der Anfang: Noch benutzen neunzig Prozent der chinesischen Eltern keine Windeln, sondern Schlitzhosen. Auch in Indien, der zweiten Mil-liardennation, wächst der Markt jährlich zwei-stellig. Als lukrative Wachstumsmärkte gelten auch die Türkei, Polen und die Slowakei sowie alle weiteren Länder mit einer schnell wachsen-den Mittelschicht.

Ressourcenintensive Produktion Was El-tern weltweit ein entspannteres Leben er-möglicht, stellt in seiner Summe eine immer grössere Belastung für die Umwelt dar. Weg-werfwindeln sind in der Produktion ziemlich aufwendig, wie ein Blick auf den Nachhaltig-keitsreport von P&G zeigt. Gemäss diesem verursacht die Sparte «Baby Care & Family Care» – sie beinhaltet zusätzlich Feucht- und Papiertücher sowie Toilettenpapier – 55 Pro-zent des Energiekonsums, 67 Prozent der di-rekten Treibhausgase, 51 Prozent der totalen Treib hausgase und 55 Prozent des Wasser-konsums des Konzerns. Dabei macht die Sparte gerade mal 20 Prozent der verschiff-ten Menge und 19 Prozent des Umsatzes aus. P&G will nicht verraten, welcher Anteil in-nerhalb der Sparte den Windeln zugeschrie-ben werden muss und wie gross der Anteil der anderen Produkte ist. Doch bei Betrach-tung der Komplexität der Inhaltsstoffe und der Produktion wird offensichtlich, dass die Windelproduktion re ssourcenintensiv ist. Positiv sind die in der Regel kurzen Transportwege der Branche. Aufgrund der grossen Mengen ist die lokale Produktion meist günstiger als ein langer Transport. Ebenfalls muss den Herstellern attestiert wer-den, dass sie Ressourcenverbrauch und Treib-hausgasemissionen über die letzten Jahre massiv senken konnte. Die Produkte sind sehr viel leichter und werden heute vermehrt mit erneuerbaren Energien produziert, der Verschleiss wird ebenfalls laufend reduziert. Bis hier könnte man sagen: Wegwerfwindeln sind zwar ziemlich ressourcenintensiv, aber das leisten wir uns. Das wahre Problem beginnt jedoch, nachdem die Windeln benutzt wurden. Eine Verbrennung mit dem normalen Hauskeh-richt ist nur möglich, wenn leistungsfähige Anlagen existieren. Solche funktionierenden

Entsorgungsketten wie in der Schweiz sind global aber die Ausnahme. In aufstreben-den Ländern, wo geeignete Infrastrukturen gänzlich fehlen, landen die gebrauchten Windeln auf Mülldeponien. Da sie bio-logisch nicht abbaubar sind, wachsen die Müllberge immer weiter. Ein Problem, das uns über Jahrhunderte beschäftigen wird, schätzen Experten. Gemäss der «arte»-Do-kumentation «Wickeln, Windeln, Wegwer-fen» lagern sogar einzelne EU-Staaten bis zu neunzig Prozent der Wegwerfwindeln auf diese Weise. In England wurden deshalb erste Initiativen gestartet, die Eltern mit fi-nanziellen Anreizen zur Benutzung von Stoffwindeln überzeugen sollen. Ist das eine mögliche Lösung oder gäbe es andere Mög-lichkeiten, die Müllberge zu verkleinern?

Lösungen gegen die Abfallberge Die einfachste Lösung wäre, natürlich, ganz auf Windeln zu verzichten, so wie es Menschen während Jahrtausenden gehandhabt haben und ein Grossteil noch heute macht. Bei «windelfrei» entfallen Produktionsaufwand und Abfall komplett. Befürworter argumen-tieren zudem mit dem positiven «Zwang», die Bedürfnisse des Kindes wahrzunehmen, der zu einer tieferen Bindung zwischen Mutter und Kind führe. Realistisch ist eine derartige Umkehr in entwickelten Gesell-schaften natürlich nicht. Ob ein Wechsel auf Stoffwindeln tat-sächlich Abhilfe schaffen würde, ist um-stritten. Eine Studie aus England attestier-te den beiden Wickelarten eine ähnliche Ökobilanz: Den geringeren Abfallmengen der Stoffwindel steht ein höherer Wasser-verbrauch bei der Reinigung gegenüber. Die Studie wurde jedoch dahingehend kritisiert, dass man bei der Stoffwindel denkbar un-günstige Ausgangswerte gewählt habe. Ei-nen Vorteil haben Stoffwindeln aber auf jeden Fall: Sie produzieren weniger Abfall – und global ist dies das dringlichste Problem. Doch an der niedrigen Beliebtheit der Stoff-windeln ändern auch Services wenig, welche die gebrauchten Windeln zuhause abholen, waschen und wieder ausliefern. Es gäbe eine dritte Möglichkeit: öko-logisch verträglichere Windeln, bis hin zur kompletten biologischen Abbaubarkeit. Dies beisst sich jedoch mit den Anforderun-gen an die Produkte, die nur dank dem Ein-satz der künstlichen Zellstoffe überhaupt gewährleistet werden können. Und genau diese sind nicht biologisch abbaubar. Es ist das klassische Trade-Off-Dilemma unserer Zeit: Bequemlichkeit oder ökologische Ver-träglichkeit. Beides wird schwierig.

43WirtschaftPUNKTmagazin Generationen

Page 44: PUNKT Generationen

christine bärlocher zeigt

jahrgangDie Jugend sei verdorben, hört man seit Generationen.Für die aktuelle gilt das sicher nicht: Sie zeigt sich weltoffener, sozial kompetenter und zielorientierter als so manche Generation vor ihr. So auch die Teenager, die die Fotografin Christine Bärlocher portraitierte.

Sie sind 13 bis 15 Jahre jung. Trainie-ren in Fussball-, Volleyball- und Handball-klubs. Bereiten sich auf ihre nächste Kung-Fu-Prüfung vor. Spielen Geige, Klavier oder haben leitende Funktionen in der Pfadi in-ne. Und natürlich hören sie gerne Musik, gehen ins Kino, shoppen oder «chillen» mit ihren Freunden rum. Sie sind eben Teen-ager. Wer aber glaubt, das seien die einzigen Intere ssen der heutigen Jugend liegt weit daneben. Das aktuelle Weltgeschehen ist bei ih-nen ebenso Thema wie die individuellen Berufsziele, auf die akribisch hingearbei-tet wird. Die Shell-Sudie Deutschland und auch das Jugendbarometer Schweiz 2010 der Credit Suisse zeigen eine umsichtige, ziel orientierte und der Zukunft eher posi-tiv eingestellte Jugend. Ebenfalls Anlass zu Freude bereiten ihre Wertorientierungen. Soziale Aspekte wie Freundschaften, Fami-lienglück und eigenverantwortliches Han-deln beziehungsweise Leben stehen an ers-ter Stelle und legten im Vergleich zur Studie 2002 nochmals markant zu. Die Fotografin Christine Bärlocher portraitierte im Auftrag des Elternmagazins «Fritz+Fränzi» Teenager im Alter zwischen 12 und 15 Jahren in ihrem intimsten Um-feld, in ihren Kinderzimmern. Für PUNKT-magazin führte sie zusätzlich persönliche Gespräche mit den Jugendlichen. Für ihre Serien mit Jugendlichen erhielt sie bereits mehrere Anerkennungen, unter anderem den Swiss Press Photo Preis 07.

www.chbaerlocher.ch | www.fritz-und-fraenzi.ch

9798

44 Wirtschaft

«Generationen» im Bild

Page 45: PUNKT Generationen

Joyce | 15 Jahre, 4. Gymi (resp. 2. Kurzgymi); Was ist Dein Berufsziel? «Schwierig, da gibt es viele verschiedene. Primarlehrerin. Oder Sprachen studieren, Französisch oder

Spanisch. Mein nächstes Ziel ist die Matura.» Was machst Du in 20 Jahren? Wer bist Du in 20 Jahren? «Ich möchte eine Familie haben, 2-3 Kinder, und als Lehrerin tätig

sein. Vorerst in der Schweiz. Und später, wenn die Kinder grösser sind, kann ich mir auch vorstellen, im Ausland zu leben.» Was läuft momentan am meisten schief auf un-

serer Welt? «Der Umgang mit der Umwelt ist ein Problem. Es gibt zum Beispiel zu viele Verpackungen. Wie in arabischen Ländern die Frauen behandelt werden. Gleichbe-

rechtigung. Das Thema ist hier ja auch nicht unaktuell. Aber in anderen Ländern ist es noch wichtiger.» Was verstehst Du unter dem Wort Wirtschaft? (lacht... hm... Pau-

se...) «Ökonomische Beziehungen, zwischen verschiedenen Ländern, mit dem Geld ... Irgend so etwas.»

AlmA | 13 Jahre, 2. Sekundarschule; Was ist Dein Berufsziel? «Sozialpädagoge!» Was

machst Du in 20 Jahren? Wer bist Du in 20 Jahren? «Oh ... weiss nicht ... Die Schule für so-

ziale Arbeit (SOZ) machen, ich möchte an die Fachhochschule, Heimleiterin sein. Nach

der SOZ will ich für ein Jahr oder für ein halbes Jahr nach Amerika, wahrscheinlich Cali-

fornia, auch zum Englisch lernen.» Was bereitet Dir persönlich zur zeit am meisten sor-

ge? «Dass ich keine Lehrstelle finde oder dass ich die Berufsmittelschule nicht schaffe –

da muss man eine Aufnahmeprüfung machen.» Was läuft momentan am meisten schief

auf unserer Welt? «Dass nicht jeder seinen Traumjob ausüben kann, und dass man dann

deshalb keine Lust hat zur Arbeit zu gehen, da wo man ist.» Was verstehst Du unter dem

Wort Wirtschaft? «Hm, ja, schwierig ... Hat etwas mit Geld zu tun. Also auf der ganzen

Welt werden Sachen verkauft, zum Beispiel Kleider. Ich kann es nicht so genau sagen.»

Page 46: PUNKT Generationen

AdriAno | 14 Jahre, 2. Sekundarschule; Was ist Dein Berufsziel? «Mein Ziel ist, Lehrer zu werden. Entweder Primarschul-

lehrer oder Sportlehrer. Wenn ich Sportlehrer werde, dann in der Sek.» Was machst Du in 20 Jahren? Wer bist Du in 20

Jahren? «Ich hoffe, ich werde da Lehrer sein. Mit zwei Kindern und einer schönen Frau in einem schönen Haus, in Höngg

oder am Zürichsee. Mit einem schönen Auto, und genug Geld verdienen.» Was läuft momentan am meisten schief auf

unserer Welt? «Vieles hat sich krass verändert. Das sieht man, wenn man ältere Filme schaut, <Back to The Future> oder

<A-Team>. Da sieht man zum Beispiel das iPhone1, das würde heute niemand mehr brauchen. Es gibt immer neue Sachen,

und die sind auch nicht umweltschonend. Es geht zu schnell, man sollte länger warten.» Wie wichtig ist dir Geld? «Hm.

Ist schon recht wichtig. Es ist nicht alles, aber ohne geht auch nichts. Geld braucht es zum Überleben.» Was verstehst Du

unter dem Wort Wirtschaft? «Als erstes fällt mir die Wirtschaftskrise ein. Der Euro zerfällt. Griechenland ist pleite. SMI

und Dow Jones gehen immer 0.01% rauf oder runter. Ich weiss nicht genau, was das bedeutet, aber ich höre das immer in

der Tagesschau. Spanien, Portugal und Italien geht es schlecht. Die Schweiz ist eines der wenigen Länder, das sich schüt-

zen kann. Wirtschaft – das sind die Banken, UBS und ZKB.»

46 Wirtschaft

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Page 48: PUNKT Generationen
Page 49: PUNKT Generationen

lisA | 14 Jahre, 3. Sekundarschule; Was ist Dein Berufsziel?

«Mein Ziel ist das Gymi, dann will ich etwas Gestalterisches ma-

chen. Ich will ins Liceo Artistico und mache im März die Prü-

fung.» Was machst Du in 20 Jahren? Wer bist Du in 20 Jahren?

«Ich möchte gerne im Ausland leben, in Amerika. In New York,

Künstlerin sein. Von 2-6 Jahren war ich in den USA, in der Nä-

he von New York, ich erinnere mich gut daran.» Was bereitet

Dir persönlich zur zeit am meisten sorge? «Weiss nicht.» Was

läuft momentan am meisten schief auf unserer Welt? «Die Ar-

mut. Ich war in den Herbstferien mit meinen Eltern gerade für

2 Wochen in Indien. Da sah ich deformierte Leute, Menschen,

die ans Autofenster klopften. Kinder, die meine Wasserfla-

sche wollten, ich habe sie immer gegeben. Das hat mich beein-

druckt.» Was verstehst Du unter dem Wort Wirtschaft? «Kei-

ne Ahnung!» (lacht)

AlexAnder | 14 Jahre, 9. Schuljahr in der Rudolf Steiner Schule; Was ist Dein Berufsziel? «Ich

glaube ... vielleicht ... Anwalt.» Was bereitet Dir persönlich zur zeit am meisten sorge? «Weiss

nicht. Dass der Ausstieg aus der Atomkraft nicht möglich sein wird, weil es zu wenig ökologi-

sche Alternativen gibt. Die Endlager sind problematisch.» Was läuft momentan am meisten

schief auf unserer Welt? «Sicher die Wirtschaftskrise. Zum Beispiel Griechenland, die Verschul-

dung von Ländern. Krieg. Libyen steht jetzt glaub ich auch wieder kurz vor einem Krieg.» Was

verstehst Du unter dem Wort Wirtschaft? «Der einfache Wirtschaftskreislauf. Wie Kapital von

Ländern und Firmen sich aufbaut. Waren- und Geldhandel.»

49WirtschaftPUNKTmagazin Generationen

Page 50: PUNKT Generationen

oliviA | 14 Jahre, 3. Bezirksschule; Was ist Dein Berufsziel? «Ich will an die Kantonsschule, die Matura machen, dann studieren, Medizin, Psychologie, etwas in dieser Richtung. Kürzlich habe ich in einer

Anwaltskanzlei geschnuppert. Da habe ich gemerkt, dass es nicht das ist, was ich will, das ist ad acta. Mit Schnuppern will ich merken, was mich interessiert.» Was machst Du in 20 Jahren? Wer bist Du in

20 Jahren? «Ich möchte etwas in Richtung Greenpeace machen. Sicher nicht in der Schweiz leben. Immer am Reisen sein, vielleicht auch in einem anderen Land sesshaft sein. Als Ärztin helfen.» auf was

freust Du dich in absehbarer zeit am meisten? «Auf die Zeit des Schüleraustauschs. Im Frühling 2012 kann ich für 4 Wochen nach England in eine Schule und in eine Familie. Ich möchte die Kantonsschu-

le eventuell auf Englisch machen und mit der internationalen Matura abschliessen (International Baccalaureate Diploma – die Red.). In England will ich schauen, ob mir das zusagt mit der Sprache. Im 2.

Jahr der Kantonsschule will ich dann in ein Austauschjahr. Ozeanien, Australien oder Neuseeland, interessieren mich, aber auch Afrika oder Südamerika. Über die Kantonsschule Wettingen gibt es Schu-

len in Afrika mit Hilfsprojekten.» Was läuft momentan am meisten schief auf unserer Welt? «Wie mit vielen Menschen und Tieren umgegangen wird, mit der Natur. Habe gerade den Bienenfilm gese-

hen, den fand ich sehr eindrücklich (More than Honey, Markus Imhof – Anm. der Redaktion). Die Klimaveränderung. Dass es immer noch Menschenhandel und Sklavenhandel gibt. Die grossen Unterschie-

de zwischen arm und reich.» Was verstehst Du unter dem Wort Wirtschaft? «Bringe ich in Verbindung mit Wirtschaftskrise. Alles, was mit Geld zu tun hat. Viel Internationales, mit Banken, wo gehandelt

wird. Die Möglichkeit, viel Geld zu verdienen.»

50 Wirtschaft

Page 51: PUNKT Generationen

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Page 52: PUNKT Generationen
Page 53: PUNKT Generationen

DEMO-GRAFIE IM WANDEL

Wachsende Geburtenraten in den Schwellenländern stehen einer alternden Bevölkerung in den Industriestaaten gegenüber. Die demografische Wende bringt weitreichende Veränderungen von Angebot und Nachfrage mit sich. Diesen Entwicklungen können sich auch die Finanzmärkte nicht entziehen.Text: Barbara Kalhammer

Bild: Fabian Widmer

Invest

53investPUNKTmagazin Generationen

Page 54: PUNKT Generationen

der Zähler auf der Website der Stiftung Welt-bevölkerung klettert im Zehntel-Sekunden-takt nach oben und nähert sich unaufhalt-sam der Marke von 7,1 Milliarden. Erst vor gerade mal einem Jahr feierte die Welt-gemeinschaft die Geburt des Erdenbür-gers Nummer 7 000 000 000. Das enorme

Bevölkerungswachstum setzt sich nicht nur stetig fort, es zieht weitreichende und vielschichtige Folgen nach sich. Innerhalb eines einzigen Jahrhunderts hat sich die Weltbevölkerung von 1,65 Milliarden auf 7 Milli-arden vervierfacht. Der weitere Verlauf der Entwicklung ist schwer abzuschätzen, die UNO erwartet, dass 2082 mehr als 10 Milliarden Menschen auf unserem Pla-neten leben werden. Seit einigen Jahren jedoch geht die Wachstumsrate der Bevöl-kerungsentwicklung zurück. Nach Anga-ben der UNO fiel sie seit dem Höchststand von 2,1 Prozent im Jahr 1968 auf 1,15 Pro-zent in 2009. Verändert hat sich auch die Bevölkerungsdynamik der verschiedenen Länder. Während die Zahl der Menschen in Afrika und Asien weiter wächst, geht sie in Europa langfristig zurück. Grund dafür sind die unterschiedlichen Geburtenraten. So bringt eine Frau in Afrika im Schnitt 4,4 Kinder zur Welt. In Europa beträgt die durchschnittliche Geburtenrate lediglich 1,6 Kinder. Der Grund liegt auf der Hand: Je höher der Lebensstandard und das Bildungsniveau, desto tiefer die durchschnittliche Geburtenrate.

Machtablösung der Wirtschaftsnationen Die Dy-namik der Gesamtbevölkerungsentwicklung rührt je-doch nicht nur von den Fertilitätsraten. «Die gröss-te demografische Herausforderung ist die Alterung. In Europa wird die sinkende Zahl der Geburten von einer steigenden Lebenserwartung begleitet», erklärt

Michaela Grimm, Volkswirtin von Allianz Global In-vestors. Seit 1950 hat sich die weltweite durchschnitt-liche Lebenserwartung bei der Geburt um 4,6 Monate pro Jahr erhöht. Möglich gemacht hat dies der medizi-nische Fortschritt und bessere hygienische Rahmenbe-dingungen. Diese Prozesse dürften sich künftig weiter fortsetzen, 2050 wird die durchschnittliche Lebenser-wartung bei 75 Jahren liegen. Natürlich gibt es auch hier grosse Unterschiede zwischen den verschiedenen Nationen und Regionen. In Japan dürfte die Lebenserwartung dann bei 87 Jah-ren liegen, während sie in Nigeria nur 64 Jahre betra-

gen wird. Insgesamt soll sich die Zahl der Über-65-Jährigen bis 2050 auf 1,5 Milliarden verdrei-fachen. Als Folgen die-ser Entwicklungen nennt Grimm zum einen die sinkende Zahl der Er-werbstätigen und zum anderen die schwierige-re Finanzierung der So-zialsysteme, da die junge Bevölkerung abnimmt. Darüber hinaus streben die Länder mit starkem Bevölkerungswachstum nach mehr Einfluss. «Es wird Verschiebungen im

Marktgefüge hin zu Asien und Afrika geben», bemerkt die Volkswirtin. China wird nach Prognosen der Or-ganisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) die USA bereits 2016 als gröss-te Wirtschaftsmacht der Welt ablösen. Der Anteil der asia tischen Tigerstaaten am weltweiten Bruttoinlands-produkt soll bis ins Jahr 2060 von 24 auf 46 Prozent steigen. Der Anteil der 34 OECD-Länder an der indus-triellen Produktion dagegen werde von 65 auf 43 Pro-zent zurückgehen.

Der Anteil der asiati-

sch en Tigerst aaten an

der Indust rieproduktion

soll bis 2060 von 24 auf

46 Prozent st eigen. Die

OECD-Länder dagegen

müssen sich mit 43 st att

65 Prozent begnügen.

Die Geburtenraten in afrika-

nischen ländern sind noch

immer sehr hoch. in Nigeria

lag sie 2010 bei 5,1 Kindern

pro frau. Das hat demogra-

fische folgen: Der Anteil der

Über-60-Jährigen wird selbst

2050 bei niedrigen 7 Prozent

liegen. Zum vergleich: in der

Schweiz wird ihr Anteil dann

37 Prozent betragen.

54 invest

Invest

Page 55: PUNKT Generationen

DEMOGRAFIEDEMOGRAFIEDEMOGRAFIEDEMOGRAFIEDEMOGRAFIE

Nigeria

TschadTschadTschadTschadTschadTschadTschadTschadTschadTschad

Äthiopien

IndienIndienIndienIndienIndienIndienIndienIndienIndien

Ägypten

IndonesienIndonesienIndonesienIndonesienIndonesienIndonesienIndonesienIndonesienIndonesienIndonesienIndonesienIndonesienIndonesien

Singapur

BrasilienBrasilienBrasilienBrasilienBrasilienBrasilienBrasilienBrasilienBrasilienBrasilienBrasilien

China

USAUSAUSAUSAUSAUSAUSA

Frankreich

DeutschlandDeutschlandDeutschlandDeutschlandDeutschlandDeutschlandDeutschlandDeutschlandDeutschlandDeutschlandDeutschlandDeutschlandDeutschlandDeutschland

Schweiz

RusslandRusslandRusslandRusslandRusslandRusslandRusslandRusslandRusslandRusslandRussland

Japan

20122010 2050

Geburtenrate

27 Mio. 7%7%7%7%7%7%7%7%7%7%7%7%11 Mio. 5%5%5%5%5%5%5%5%5%5%5%6,06,06,06,06,06,06,06,06,06,06,06,06,0

390 Mio.

= Total Bevölkerung Prognose

7%170 Mio. 5%5,1

145 Mio. 12%91 Mio. 5%5,1

1692 Mio. 19%19%19%19%19%19%19%19%19%19%19%19%19%19%19%1205 Mio. 8%8%8%8%8%8%8%8%8%8%8%8%2,62,62,62,62,62,62,62,62,62,62,62,62,6

124 Mio. 20%84 Mio. 8%2,8

294 Mio. 25%25%25%25%25%25%25%25%25%25%25%25%25%25%249 Mio. 9%9%9%9%9%9%9%9%9%9%9%9%2,12,12,12,12,12,12,12,12,12,12,12,1

6 Mio. 38%5 Mio. 15%1,3

223 Mio. 29%29%29%29%29%29%29%29%29%29%29%29%29%29%29%199 Mio. 11%11%11%11%11%11%11%11%11%11%11%11%11%11%1,81,81,81,81,81,81,81,81,81,81,81,8

1296 Mio. 34%1343 Mio. 13%1,8

403 Mio. 27%27%27%27%27%27%27%27%27%27%27%27%27%27%314 Mio. 19%19%19%19%19%19%19%19%19%19%19%19%19%19%19%2,12,12,12,12,12,12,12,12,12,12,12,1

72 Mio. 30%66 Mio. 24%1,9

75 Mio. 37%37%37%37%37%37%37%37%37%37%37%37%37%37%37%81 Mio. 27%27%27%27%27%27%27%27%27%27%27%27%27%27%1,31,31,31,31,31,31,31,31,31,31,31,3

8 Mio. 37%8 Mio. 23%1,5

126 Mio. 31%31%31%31%31%31%31%31%31%31%31%31%31%31%143 Mio. 19%19%19%19%19%19%19%19%19%19%19%19%19%19%19%1,41,41,41,41,41,41,41,41,41,41,41,4

109 Mio. 41%127 Mio. 32%1,3

Anteil der Über-60-Jährigen an der Bevölkerung

Quelle: CIA World Factbook, UN, Deutsche Stiftung WeltbevölkerungQuelle: CIA World Factbook, UN, Deutsche Stiftung Weltbevölkerung

diese positiven wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nur dann Wachstum generieren, wenn sie von den Län-dern genutzt werden können. Afrika beispielsweise hät-te durchaus eine hohe demografische Dividende, nur kann sie selten umgesetzt werden. In den Industriestaaten tragen die Über-65-Jähri-gen im Normalfall nicht mehr zur Wirtschaftsleistung der Volkswirtschaft bei, was wiederum das wirtschaftli-che Wachstumspotenzial beschneidet. Beispiele für die-sen demografischen Wandel sind Russland und Japan, während hingegen Indien gute Entwicklungschancen hat. Gemäss Angaben des Internationalen Währungs-fonds ist die demografische Dividende einer der Grün-de, warum die Entwicklungsländer in absehbarer Zeit rund dreimal so schnell wachsen dürften wie die Indus-trienationen.

Zusammenbruch der Vermögenswerte Nicht ohne Folgen bleiben die demografischen Veränderungen für

die Kapitalmärkte. Die Veränderung der Al-tersstruktur beispielsweise dürfte sich auf das Sparverhalten auswirken. Um fürs Alter vor-zusorgen, fliessen Gelder in die Finanzmärk-te. Im Alter werden die Ersparnisse dann für die Finanzierung des Ruhestands ausgege-ben. Aufgrund der sinkenden Zahl der Jungen kann der Rückgang nicht voll kompensiert werden. Es gibt also mehr Verkäufer als Käu-fer auf dem Markt. Laut Dennis Nacken, Ana-lyst bei Allianz Global Investors, verändert sich aber nicht nur das Sparverhalten, son-dern auch die Risikoneigung. Im Alter bau-en Anleger Risiken ab und es erfolgt eine Um-schichtung in wertstabilere Assets. Experten betiteln dieses Szenario als «Asset Meltdown» – ein starker Verfall von Vermögenswerten. Zudem werden die Renditen der Kapitalan-lagen als Folge des geringeren Risikos sinken. Die Preise an den Finanzmärkten werden jedoch nicht ausschliesslich von die-sen Entwicklungen beeinflusst. Zudem wird in diesen Szenarien von einer geschlossenen Volkswirtschaft ausgegangen und die Glo-balisierungsentwicklung ausgeklammert. Studien kommen zum Schluss, dass die Al-terung zwar Auswirkungen auf die Kapital-rendite hat, aber nicht zu einem kompletten Asset Meltdown führt. Auch Dennis Nacken hält das Szenario eines demografischen Zu-sammenbruchs an den Kapitalmärkten für übertrieben. Auch Rentner müssten durch ihre längere Lebensdauer weiterhin sparen. «Das grösste Risiko ist, dass am Ende des Gel-des noch zuviel vom Leben da ist», erklärt er. Der Analyst erwartet, dass die Veränderungen schleichend geschehen werden. Wie stark die Auswirkungen auf die Renditen sind, lässt sich nur schwer beziffern. Nach einer Publi-kation des Max-Planck-Institutes für Sozial-recht und Sozialpolitik zum Thema Asset

Demografische Dividenden Auch in China, wo die Geburtenrate seit den Sechzigerjahren sinkt, ist die Al-terung ein grosses Thema. Da sich die Lebenserwar-tung seit 1950 verdoppelt hat, steigt die Alterslastquote, die das Verhältnis von Über-65-Jährigen zu den 15- bis 65-Jährigen beschreibt. In diesem Aspekt unterscheidet sich China von vielen anderen Schwellenländern. In vielen aufstrebenden Nationen müssen die Erwerbstä-tigen die Alten und Abhängigen noch nicht in grossem Masse unterstützen – und können ihr Einkommen in-vestieren, sparen oder für Konsumgüter ausgeben. Dieser Faktor wird als demografische Dividende be-zeichnet. «Zusammengefasst beschreibt sie, wie vie-le Personen abhängig sind von der erwerbsfähigen Be-völkerung», erklärt Grimm. Ist der Anteil gering, ist die demografische Dividende hoch – und umgekehrt. Ein hoher Bevölkerungsanteil im erwerbsfähigen Al-ter wirkt sich direkt auf das Pro-Kopf-Wachstum eines Landes aus. Grimm gibt allerdings zu bedenken, dass

55investPUNKTmagazin Generationen

:

Page 56: PUNKT Generationen

Meltdown werden die Renditen bei einer Diversifika-tion im EU-Raum rein demografiebedingt bis 2035 um rund einen Prozentpunkt fallen. Demografie führe zu einer Art Zweiteilung, die Anleger berücksichtigen sollten, erklärt Nacken. Die schrumpfende Bevölkerung der Industriestaaten steht der wachsenden Bevölkerung der Schwellenländer ge-genüber. Durch diese Gewichtsverlagerung wird auch das strukturelle Wachstum in den Emerging Markets höher sein. «Das Gravitationszentrum des 21. Jahrhun-derts wird in Asien liegen», sagt Nacken. Dabei müsse jedoch berücksichtigt werden, dass es 150 verschiedene Schwellenländer gibt – jedes mit seiner eigenen Struk-tur und Demografie. Einen Belastungsfaktor sieht er darin, dass in China die Spitze des Bevölkerungswachs-tums 2025 erreicht sein werde.

Vielfältige Auswirkungen In den asiatischen Län-dern wächst eine konsumfreudige Mittelschicht he-ran. Nach Schätzungen der Weltbank werden die auf-strebenden Nationen bis zum Jahr 2030 prozentual die Mehrheit der globalen Mittelschicht stellen. Je höher die Löhne sind, desto mehr nicht lebensnotwendige Güter können erworben werden. So entfallen beispiels-weise über zehn Prozent der Ausgaben in den Indus-triestaaten auf Erholung und Kultur. In Indien sind es bislang nur zwei Prozent – gute Aussichten für Lu-xus- und Nicht-Basiskonsumgüter. Als Profiteure nennt Charles Somers, Fondsmanager des Schroders ISF Glo-bal Demographic Opportunities, den französischen Mischkonzern Safran sowie Estée Lauder. Mit dem hö-heren Wohlstand wird aber der Konsum auch rohstoff-intensiver.

Demografische Veränderungen haben ebenfalls Einfluss auf die Gesundheitsausgaben, wobei sie in der Regel steigen. Zum einen durch die zunehmende Zahl älterer Menschen, zum anderen durch die wachsenden

Einkommen und die damit verbundenen höherwerti-gen Leistungen. Nach Zahlen von OECD Health Data lag der Pro-Kopf-Verbrauch bei Gesundheitsleistungen in den USA im Jahr 2009 bei rund 8000 Dollar. In China waren es nur gerade 265 Dollar. Als Gewinner sieht Na-cken hier vor allem die Biotechnologiebranche. Schro-ders präferiert im Gesundheitsbereich den Hersteller von Brillengläsern Essilor und den Generikahersteller Teva. Ebenso profitieren dürfte die Infrastrukturbran-che. Nebst Versorgung und Bauindustrie favorisiert der Allianz-Analyst den Dienstleistungssektor mit Pflege-bereich, Bildung sowie der Altersvorsorge. Auch für die Finanzdienstleister können sich die Entwicklungen positiv auswirken. So wird die Zahl der Sparer in den aufstrebenden Nationen zunehmen. Ebenfalls stärker nachgefragt werden Lebensversicherungen und Anla-gemöglichkeiten.

Demografie ist kein separates Anlagethema An-leger sollten somit bei einem Investment stets die de-mografischen Veränderungen im Hinterkopf behalten. Um diese Trends generell zu spielen, bieten sich Fonds an, beispielsweise Schroders ISF Global Demographic Opportunities, DWS Zukunftsressourcen oder Allianz-dit-Global-Demographic-Trends. Nacken warnt aller-dings vor zu starken Engagements: Sie sollten nur als Beimischung dienen. «Demografie darf nicht als allein-stehendes Anlagethema betrachtet werden. Wichtig ist auch das Miteinbeziehen von fundamentalen Fakto-ren», gibt Nacken zu Bedenken. Da die Prozesse langsam verlaufen und sich die Veränderungen nicht von heute auf morgen zeigen, müssen Anleger über einen langen Atem verfügen. Doch Zeit haben wir genug, immerhin liegt die durch-schnittliche Lebenserwartung der Schweizer Männer bei 80 Jahren und die der Frauen bei knapp 85 Jahren. Tendenz steigend.

von der neuen Kaufkraft

der wachsenden Mittel-

schicht Asiens profitiert

unter anderem der Kos-

metikkonzern Estée lau-

der. Dank starkem Wachs-

tum in China nähert sich

der Umsatz der 10-Milliar-

den-Marke. Auch für den

Mischkonzern safran s.A.

sind die Aussichten gut:

Gemäss Prognosen wird

sich der flugpassagier-

verkehr in China in den

nächsten zwanzig Jahren

verdoppeln.

56 invest

44

Page 57: PUNKT Generationen

Lichterlöschen?

rohstoffe sind der Schlüsselfaktor für die Produktion von Gütern – und sie werden zunehmend knapper. In we-niger als zwei Generationen werden die meisten der bekannten Industrie-

metallreserven erschöpft sein. Kupfer bei-spielsweise soll uns bereits in rund 25 Jah-ren ausgehen. In manchen Weltregionen wird sauberes Trinkwasser schon für die nächste Generation zum knappen Gut, und bereits heute haben gemäss UNO-Schätzun-gen rund 17 Prozent der Weltbevölkerung kei-nen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Be-völkerungswachstum, steigender Wohlstand, Urbanisierung und Industrialisierung von Schwellenländern lassen die Rohstoffnach-frage nach oben schnellen. Ressourcenabbau und die Verbrennung fossiler Brennstoffe verursachen grosse, teils bleibende, Umwelt-schäden. Was bedeutet das für unsere Kinder und Kindeskinder? Wenn wir wollen, dass die nachfolgenden Generationen nicht unsere Schulden schultern müssen, gibt es nur eine Lösung: sparen, sparen, sparen. Es gilt: Weni-ger ist mehr. Alle möglichen Szenarien haben ihre Risiken und Chancen. Um erstere einzudäm-men und letztere zu nutzen, gilt es, mit Roh-stoffen sparsamer umzugehen. Ressourcen-effizienz heisst die Zauberformel. Knapper werdende Reserven gekoppelt mit steigen-der Umweltverschmutzung und drohendem Klimawandel verstärken den Druck zur Ent-wicklung umwelt- und ressourceneffizienter Produkte und Anwendungen. Bahnbrechen-de Technologien ersetzen die bestehenden

irreversibel bis zur Obsoleszenz. So werden zum Beispiel Fluoreszenz- und Leuchtdio-den (LED)-Lampen herkömmliche Glühbir-nen ersetzen. Mit wa ssersparenden Be- und Entwässerungstechnologien, Leitungs- und Messsystemen kann der Wasserverbrauch in Grossstädten um bis zu 30 bis 50 Prozent re-duziert werden. Regierungen rund um den Erdball ha-ben dieses Potenzial erkannt. Alleine schon die von China, Südkorea und den USA aufgeleg-ten Konjunkturprogramme sehen Ausgaben von fast 200 Milliarden Dollar zur Unterstüt-zung einer kontinuierlichen Entwicklung von Umwelttechnologien vor. Umwelt und Gesell-schaft gewinnen – und auch Investoren. Füh-rende Unternehmen in den Sektoren Energie-, Wasser-, Abfall- oder Materialeffizienz profitie-ren von überdurchschnittlichem Marktwachs-tum. So erwarten Analysten für Unternehmen in diesen Sektoren ein durchschnittliches Um-satzwachstum von 8 Prozent jährlich oder ins-gesamt knapp 35 Prozent bis zum Jahr 2015. Disruptive Technologien werden von Start-ups und kleineren Firmen, vor allem aber von gro-ssen Industrieunternehmen entwickelt und zur Marktreife gebracht. Siemens beispielsweise er-wirtschaftet mit Technologien und Dienstleis-tungen in ihrem Umweltportfolio rund 30 Mil-liarden Euro. Bis 2014 soll der Bereichsumsatz auf 40 Milliarden Euro gesteigert werden. Ressourceneffizienz ist ohne Zweifel ein Megatrend, mit dem mittel- und langfris-tig überdurchschnittliche risikoadjustierte Renditen erzielt werden können – zum Vor-teil von Investoren, Umwelt und Gesellschaft. Auch für Anleger wird aus weniger mehr.

Dr. Mirjam Staub-Bisang ist Gründungspartnerin sowie verwaltungsratsdelegierte der independent Capital

Management AG. Die Rechtsanwältin und Buchautorin hält zudem einen MBA-Abschluss der iNSEAD.

mirjam staub-bisang

57investPUNKTmagazin Generationen

kolumne

Page 58: PUNKT Generationen

BERUFLICHE VORSORGE (BVG)BERUFLICHE VORSORGE BERUFLICHE VORSORGE BERUFLICHE VORSORGE BERUFLICHE VORSORGE (BVG)(BVG)(BVG)(BVG)

Ungleichgewicht

VERGLEICH SEIT EINFÜHRUNG

1985 2012

Die Lebenserwartung eines 65-Jährigen ist um

4,1 Jahre gestiegen.

Die Renditen risikoarmer Staatsanleihen (10 Jahre)

der Eidgenossenschaft notieren nahezu bei Null.

Quelle: BfS, SNB

Der Umwandlungssatz ist lediglich von 7,2% auf 6,8% gesunken. +28%

-88%

-6%

werfinanziert hier wen?TextRiNo BoRiNi

Einer rückläufigen Geburtenrate steht eine zunehmende Lebenserwartung gegenüber, doch das Rentenalter wurde nie an diese Entwicklung angepasst. Das ist aber nicht das einzige Problem.

Die Alterung der Bevölkerung und die tiefen Renditen am Kapitalmarkt stellen die Vorsorgeein-richtungen vor grosse Herausforderungen. Die der-zeitige Hauptsorge der Pensionskassenverantwortli-chen liegt im vorherrschenden Tiefzinsumfeld. Die benötigten Kapitalerträge sprudeln nicht mehr wie in den Achtziger- und Neunzigerjahren. Beim Start des BVG-Obligatoriums 1972 lag das Zinsniveau in der Schweiz um rund 4 Prozent höher. Immer mehr Pensionskassen stehen unter Druck. Und waren es zu Beginn noch gut 6000 Berufs-vorsorgeeinrichtungen, ist ihre Zahl auf etwa 2200 zurückgegangen. Othmar Simeon, Pensionskassen-experte von Swisscanto, erwartet weitere Schliessun-gen. «Bald werden wir in der Schweiz bei 1500 Kass-en sein.» Der Think Tank Avenir Suisse ist sogar der Ansicht, 300 Kassen seien genug. Dies entspräche der Anzahl Bankinstitute in der Schweiz. Weniger Kassen bringen zweifelsohne signifikante Skaleneffekte, bei-spielsweise in der Vermögens- und Kassenverwaltung. Heute vereinen die 2000 kleinsten Pensionskassen le-diglich 15 Prozent der kumulierten Bilanzsummen. Die Auswirkungen der höheren Lebenserwar-tung sieht der Experte weniger drastisch. «Die immer älter werdende Gesellschaft ist sicher ein Problem, aber mit 1 bis 2 Prozent mehr Zins, könnte man der Langlebigkeit entgegenwirken.» Die oftmals ungüns-tigen Verhältnisse zwischen arbeitender Bevölkerung und Rentnern führe jedoch zu einer schleichenden Umverteilung, sozusagen einer versteckten Generati-onensolidarität: Die Aktiven zahlen für die Rentner. «Das spricht absolut gegen das Prinzip der Pensions-kasse, das ist systemwidrig», so der Swisscanto-Experte

weiter. Eine Lösung sieht er im Umwandlungssatz, der angibt, zu welchem Satz das in den Pensionskassen ge-sparte Alterguthaben in eine Rente gewandelt wird. Die-ser müsse gesenkt werden. Bei Inkraftsetzung des BVG betrug er 7,2 Prozent, heute sind es 6,4 Prozent. Wenn man sich die Realität in der Gesellschaft und an den Finanzmärkten vor Augen hält, ist diese Senkung zu we-nig drastisch. Ob das Pensionskassensystem in der heu-tigen Form für die Zukunft taugt, ist unter Experten um-stritten. Möglich wäre auch: früher einbezahlen, mehr einbezahlen oder länger arbeiten. Die Alternative ist simpel: Künftige Rentenbezieher erhalten tiefere Pen-sionsgelder. Eines ist sicher: Eine Anpassung und Vereinfa-chung des BVG ist dringend notwendig. Schon heute sind laut Bundesamt für Statistik rund 15 Prozent der ar-beitenden Männer über 65 Jahre alt. Und die Zahl wird weiter nach oben klettern. Die «jungen Alten» sind er-fahren, oftmals gut betucht und verfügen über viel Er-fahrungsschatz. Dieses Potential sollte der Wirtschaft und Gesellschaft nicht vorenthalten werden. Dass das jetzige System nicht optimal ist, merken auch die Jun-gen. So fordert die Jugendsession vom Bundesrat eine Prüfung des Rentenalters. Sie hat schlicht keinen Bock auf eine Umverteilung von Jung nach Alt.

58 invest

Invest

Page 59: PUNKT Generationen

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familY businessFamilienunternehmen zeichnen sich aus durch Effizienz, Kontinuität und Beständigkeit. Dank diesen Eigenschaften können sie sich auch in schwierigem Fahrwasser behaupten.

Das momentane Umfeld macht es vielen Unternehmen schwer. Für

Familienunternehmen gilt das nur bedingt. So konnten sie im vergan-

genen Jahr durchwegs mit ihrem Vergleichsindex mithalten – oder ihn

sogar übertrumpfen. So legte der BB Entrepreneur Europe Fonds bis En-

de November 17 Prozent zu, während der Stoxx 600 nur 14 Prozent nach

oben kletterte. Die bessere Entwicklung von eigentümergeführten Un-

ternehmen wurde in der Vergangenheit durch zahlreiche Studien be-

legt. Die Gründe sind in ihren besonderen Eigenschaften zu suchen. Ihr

längerer Zeithorizont erlaubt es ihnen, eine längerfristige Innovations-

planung zu betreiben. Dies kommt ihnen später in Form von Wettbe-

werbsvorteilen zugute. Die nachhaltige Planung zeigt sich auch in der

Führung: Während Manager oft nur für kurze Zeit in einem Unterneh-

men verbleiben, tun es Patrons teilweise über Jahrzehnte. Damit ge-

hen oftmals kürzere Entscheidungswege einher, was mehr Flexibilität

ermöglicht. Flexibilität, die gerade in Krisenzeiten von unschätzbarem

Wert ist. Nicht zuletzt verhindert die Tatsache, dass Geschäftsführer

und Eigentümer zur selben Familie gehören, das Entstehen von grossen

Interessenskonflikten. Auch in den Bilanzen zeigen sich Unterschie-

de: Sie sind solider als in anderen Unternehmen. Viele Entrepreneurs

weisen eine hohe Eigenkapitalquote auf, was ihnen in schweren Zei-

ten Flexibilität und antizyklisches Verhalten ermöglicht. Das langfris-

tige Festhalten an Strategien kommt den Anlegern zugute. Doch auch

bei Familienunternehmen ist nicht alles rosig. Wenn es nämlich doch

zu Konflikten kommt, sind die Blutsbande eher hinderlich für eine prag-

matische Lösungsfindung – Rosenkrieg im Unternehmen sozusagen.

Die andere grosse Gefahr: Es fehlt an Nachfolgern. Besonders bei Fir-

men mit einer grossen Unternehmerpersönlichkeit an der Spitze kann

das zum Problem werden. Wie soll man einen Patron ersetzen, der das

Unternehmen während Jahrzehnten praktisch im Alleingang geführt

hat? Damit sie mit dem Rückzug ihres Eigentümers nicht ebenfalls un-

tergehen, müssen Familienunternehmen die Nachfolgeplanung seriös

angehen. Und vor allem rechtzeitig. Denn bis ein geeigneter Nachfolger

gefunden wird, dauert es oft Jahre. Wird dieser Prozess verschlafen,

droht Ungemach. Doch bei Firmen, die die Weichen rechzeitig gestellt

haben, spricht nichts dagegen, dass sie nicht eigentümer geführte Un-

ternehmen auch in Zukunft überzeugen werden. BK

FAmilienUnTerneHmen scHlAGen sicH GUT

REGION FONDS/INDEX PERF YTD PERF 1Y PERF 3Y

Schweiz BB Entrepreneur Switzerland 12.60% 18.11% 15.68%

SPI 14.47% 23.17% 13.01%

Europa BB Entrepreneur Europe 17.31% 23.12% 15.62%

Stoxx 600 14.04% 24.22% 21.35%

Asien BB Entrepreneur Asia 21.78% 21.83% –

MSCI AC Asia ex Japan 14.53% 15.59% –

Quelle: Cash/indexanbieter, Stand: 21.11.12

PUNKTmagazin Generationen

Page 60: PUNKT Generationen

die nächste generationDas Wirtschaftswachstum findet nicht mehr im Westen statt. Kleine, bis dato unbedeutende Volkswirtschaften sind auf der Überholspur. Das eröffnet neue Anlagemöglichkeiten.

Schwellenländer sind mittlerweile für die Hälfte des weltweiten Brutto-

inlandprodukts verantwortlich. Da ihre Binnennachfrage weiterhin

wächst und ihre Fundamentaldaten solide sind, werden die Emerging

Markets für die Weltkonjunktur immer wichtiger. Ein Ende dieses

Trends ist nicht absehbar. Parallel zu dieser Entwicklung nimmt die

Bedeutung vieler Industrienationen ab. Glaubt man den Schätzun-

gen des Internationalen Währungsfonds (IMF), so wachsen die jungen

Volkswirtschaften bis ins Jahr 2016 im Jahresdurchschnitt um 6 Prozent.

Bei Industrienationen soll das Plus lediglich 2,2 Prozent betragen. Engage-

ments in Schwellenländer werden oft mit höheren Risiken in Verbindung

gebracht. Das stimmt jedoch nur zum Teil. Zwar durchlaufen aufstreben-

de Volkswirtschaften von Natur aus einen Strukturwandel, der die Markt-

volatilität erhöhen kann. Aber dank der geringen Verschuldung von Staat,

Unternehmen und privaten Haushalten, hohen Sparquoten, guten Leis-

tungsbilanzen und enormen Devisenreserven gelten sie – im Gegensatz

zu den hochverschuldeten Industrienationen – heutzutage als sicherer

Hafen. Noch höhere Wachstumsraten verzeichnet nur die nächste «Natio-

nengeneration», die Frontier Markets. Dazu gehören Länder wie Kasach-

stan, Katar, die Mongolei oder Nigeria. Wie stark sie in letzter Zeit erblü-

hen wird offensichtlich bei Betrachtung der zehn Volkswirtschaften mit

den grössten Wachstumsraten über die vergangenen zehn Jahre. Dort fin-

den sich – nebst China – neun Frontier Markets. Diese Volkswirtschaften

sind hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Merkmale sehr heterogen, verfü-

gen aber über eine grosse Gemeinsamkeit: Ihre Kapitalmärkte sind nicht

voll entwickelt, sondern klein und nicht sehr liquide. Damit sind aber auch

die Investitionsrisiken bedeutend höher. Doch wie immer ermöglicht das

Eingehen von mehr Risiko höhere Renditechancen. Für Anleger, die von

der nächsten Generation der Wachstumsnationen profitieren wollen, gilt:

Die Investitionen müssen sehr breit diversifiziert werden und sollten nur

einen kleinen Teil des Vermögens ausmachen. RB

aufgepasst!Vermehrt werden Anleger angelockt von aussichtsreichen Zukunftstrends. Häufig werden die Versprechen nicht gehalten.

Mit Wortkreationen wie «Mongolei – Yes we

Khan», «Seltene Erden – Rohstoff der Zukunft»

oder «Vietnam – Ergreifen Sie Ihre Chancen»

werden Anleger von Produktemittenten auf

exotische und zukunftsweisende Trends auf-

merksam gemacht. Abseits der traditionellen

Märkte würden ungeahnte Investmentmög-

lichkeiten mit hohen Renditen warten. Nicht

selten ist das tatsächlich der Fall. Öfters je-

doch handelt es sich um kurzfristige Spekula-

tionen. So kletterte beispielsweise der Viet-

nam-ETF der Deutschen Bank 2009 um mehr

als vierzig Prozent nach oben. Wer das Pro-

dukt heute noch hält, verzeichnete bereits

wieder knapp vierzig Prozent Verlust. Ein ähn-

liches Bild zeigt sich auch bei den Seltenen Er-

den. Das Zertifikat der Royal Bank of Scotland

gewann 2009 mehr als 30 Prozent. Danach hiel-

ten sich die Gewinne aber in Grenzen. Und seit

Anfang 2011 verlor das Produkt sogar rund 35

Prozent. Die Liste solcher Trends, die angeb-

lich die Welt verändern sollen, liesse sich na-

hezu endlos fortsetzen. Oftmals spielen Roh-

stoffe als Treiber der Wirtschaft eines Landes

beziehungsweise des Themas eine entschei-

dende Rolle. Für Anleger ist es entscheidend,

solche Trends und Strömungen richtig und vor

allem frühzeitig zu erkennen. Dass sie nicht

ewig halten, liegt in ihrer Natur. Um ihr Ende

und allfällige Blasen frühzeitig zu erkennen,

müssen die Investitionen permanent auf ih-

ren weiteren Chancenverlauf geprüft werden.

Trendinvesting ist ein schnelllebiges Geschäft

und demzufolge nur empfehlenswert für Anle-

ger mit einem guten Gespür für Timing. BK

die mÄrKTe von morGen?

LAND BIP 2011 WACHSTUM BIP WACHSTUM BIP BÖRSENENTWICKLUNG

(MRD. USD) 2011 IN% SEIT 2001 IN % 3 JAHRE (MRD. USD) 2011 IN% SEIT 2001 IN % 3 JAHRE

Argentinien 446.0 8.9 66.0 -21.14

Botswana 17.6 5.1 192.4 -8.54

Ghana 39.2 14.4 638.2 11.14

Jordanien 28.8 2.6 221.2 -11.74

Kazakhstan 186.2 7.5 740.6 -9.17

Kenya 33.6 4.5 158.8 8.27

Libanon 42.2 3.0 139.0 -15.56

Nigeria 235.9 6.7 391.5 12.39

Oman 71.8 5.5 259.8 -5.71

Pakistan 211.1 2.4 191.9 5.73

Sri Lanka 59.2 8.3 275.7 11.85

Ukraine 165.3 5.2 334.8 -27.98

Ver. Arab. Emirate 360.3 4.9 248.7 -5.94

Vietnam 124.0 5.9 279.2 -11.88

Welt 69 994.7 2.7 117.8 4.08

Quelle: Weltbank/MSCi

60 invest

Page 61: PUNKT Generationen

Energiekosten senken, Steuern optimieren, allenfalls sogar Förder-gelder einstreichen – Investitionen in Häuser haben vielerlei Nutzen.

In der Schweiz wurden rund drei Vier-tel der Gebäude vor 1980 erstellt. Dass diese Bauten ein Vielfaches an Energie benötigen als moderne Häuser, liegt auf der Hand. Es spricht nichts dagegen, diese alten Liegen-schaften auf die Zukunft vorzubereiten. Inves-titionen in bestehende Immobilien sichern langfristig stabile Erträge und erhöhen ihren Wert. Das gilt auch für den Fall, dass die Infla-tion in den nächsten Jahren steigen sollte. Der Zeitpunkt ist günstig, nicht zuletzt, da die Renditegenerierung an den Finanz-märkten äusserst schwierig geworden ist. Wichtig ist jedoch ein überlegtes Vorgehen, einfach wild drauflos zu renovieren, bringt wenig. Der kluge Hausbesitzer investiert in Energieeffizienz sowie erneuerbare Energi-en und schlägt damit mehrere Fliegen mit ei-ner Klappe: Er senkt den Energieverbrauch und seine Abhängigkeit von den künftigen Strompreisen. Zuletzt erhöht er durch die Investitionen den Marktwert seiner Liegen-schaft. Damit sie langfristig den vollen Nut-zen erbringen, sollten die Massnahmen auf-einander abgestimmt sein. Es ist wichtig, das volle Energiesparpotenzial auszuschöpfen, beispielsweise bei Fenstern. Sind sie schlecht isoliert, verbraucht ein Hauseigentümer jähr-lich bis zu zwölf zusätzliche Liter Öl pro Qua-dratmeter Energiebezugsfläche. Das geht

langfristig ins Geld. Und genau dieses lang-fristige Denken müssen Immobilienbesitzer an den Tag legen. Ein weiteres Argument für Sanierungs-arbeiten: Wer bei seinem Eigenheim die CO2-Bilanz verbessert, erhält Fördermittel. Anfang 2010 starteten Bund und Kantone ein Gebäu-deprogramm, das die energetische Sanierung von Liegenschaften und den Einsatz erneu-erbarer Energien fördert. Damit versuchen Bund und Kantone, dem Erneuerungszyklus Schub zu geben und den CO2-Ausstoss zu re-duzieren. Die Fördermittel werden aber erst nach einer fachmännischen Beurteilung der Umsetzung ausbezahlt. Eine weitere Bedin-gung für den Erhalt der Gelder stellt das Bau-jahr dar: Gesuche können nur gestellt werden für Liegenschaften, die vor dem Jahr 2000 er-richtet wurden. Neben den energetischen Vor-teilen gilt es nicht zuletzt die steuerliche As-pekte genauer unter die Lupe zu nehmen. Bei den direkten Bundessteuern und in einzel-nen Kantonen können energiesparende und dem Umweltschutz dienende Investitionen in bestehende Gebäude als Liegenschaftsunter-halt vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden. Je nach Umfang der Unterhaltsarbei-ten bietet es sich an, sie auf mehrere Steuer-perioden zu verteilen. Wichtig ist, dass man sich vor Beginn der Arbeiten erkundigt, wel-che Fördermassnahmen in der jeweiligen Ge-meinde wie unterstützt werden. Last but not least: Werden die Umbau-ten konsequent umgesetzt, bedeutet das ho-he Investitionen in die hiesige Bauwirtschaft. Eine rundum gute Sache und auf lange Sicht eine echte Rendite.

dein hausmehr kosteneffizienz dank sanierungen

AnZAHl GesUcHe

2010:29307

2011:21866

1.Sem.2012:7773

AnZAHl

BeWilliGUnGen

2010:26164

2011:21364

1.Sem.2012:6138

FÖrdersUmme

Aller GesUcHe

2010:245Mio

2011:235Mio.

1.Sem.2012:112Mio.

AUsBeZAHlTe

FÖrderGelder

2010:23Mio.

2011:135Mio.

1.Sem.2012:90Mio.

(DaBauherrenfürdieSanie-

rungzweiJahreZeithaben,

erfolgtdieAuszahlungver-

zögert.)

Page 62: PUNKT Generationen

rohstoffeund «böse»spekulantenNachgefragtBARBARA KAlhAMMER BildfABiAN WiDMER

Spekulanten gelten als Hauptverantwortliche für die starken Anstiege der globalen Rohstoffpreise. Zivilgesellschaftliche Organisationen fordern Spe-kulationsverbote. Vor drohender Überregulierung warnt Ingo Pies, Professor für Wirtschaftsethik.

PUNKTMAGAZIN Nahrungsmittelspekulationen sind das Thema der Stunde. Wie kam es dazu?INGO PIES_ Wir haben in den Jahren 2008 und 2011 starke Preisanstiege bei Agrarrohstoffen erlebt. Diese hatten Hungerrevolten rund um den Glo-bus zur Folge. In den Entwicklungsländern geraten viele von Armut be-troffene Menschen in existentielle Schwierigkeiten, wenn die Rohstoffpreise plötzlich nach oben schiessen. Schliesslich wenden sie weit über fünfzig Pro-zent ihres Budgets für Nahrungsmittel auf. In Europa machen sich solche Preissprünge weniger bemerkbar, da die Nahrungsmittelpreise bei uns nicht nur die Rohstoffkosten widerspiegeln, sondern viele andere Faktoren wie etwa die hohen Personalkosten aus der Verarbeitung. Zudem haben wir ein Netz sozialer Sicherung, das in armen Ländern oft fehlt.

Wer ist für die hohen Preise verantwortlich? Bei vielen zivilgesell-schaftlichen Organisationen gibt es die Vermutung, dass die stark ange-stiegenen Finanzspekulationen der treibende Faktor sind. Auch zahlreiche Medien haben sich diese Auffassung zu eigen gemacht. Die Wissenschaft sieht das allerdings anders.

Essen wir den ärmeren Menschen die Nahrung weg? Es gibt eine in-ternationale Konkurrenz um knappe Nahrungsmittel. Die wird unter an-derem dadurch verschärft, dass in wirtschaftlich erfolgreichen Schwellen-ländern der Fleischkonsum zunimmt. Dieser veränderte Lebensstil hat eine enorme Hebelwirkung auf die Nahrungsmittelnachfrage, insbesondere bei Getreide. Die Tiere müssen ja gefüttert werden.

Müssen wir unseren Nahrungsmittelkonsum senken, damit für die anderen genug bleibt? Nein, niemand muss weniger essen. Wir müssen lediglich die weltweite Nahrungsmittelproduktion so stark erhöhen, dass das Angebot mit der steigenden Nachfrage Schritt halten kann.

Wie sieht die Nahrungsmittelsituation der kommenden Generati-on aus? Für sie wird das Thema Hunger sehr wichtig. Und zwar unter dem

«Die Kritik an Spekulan-

ten tauch t st ereotyp dann

auf, wenn es zu extremen

Preisentwick lungen

kommt. Die Hist orie

diesbezüglich ist lang.»

62 invest

Invest

Page 63: PUNKT Generationen

nicht knappen Nahrungsmitteln um. Tritt die Knappheit durch Ernteausfälle dann tatsäch-lich ein, steht immer noch genug vom jeweiligen Rohstoff zur Verfügung.

Was haben die Ausnahmeregelungen der WTO, in Notsituationen Exportverbote zu erlassen, bewirkt? Mit den Ausnahmerege-lungen sollten der eigenen Bevölkerung die vor Ort hergestellten Nahrungsmittel gesichert wer-den. Die Erfahrungen, die wir mit diesen Rege-lungen gemacht haben, sind meiner Meinung nach katastrophal schlecht. In den Krisenjah-ren haben wichtige agrarexportierende Staaten Verbote erlassen. Damit haben sie massiv dazu beigetragen, das Problem zu verschärfen. Als In-dien den Export von Reis und Russland den Ex-port von Weizen eingestellt haben, sorgte das für Panik im Markt. Als Reaktion haben andere Staaten daraufhin versucht, für die eigene Be-völkerung Lager aufzubauen. Das trug dazu bei, dass die Preissteigerungen noch angetrieben wurden. Ein sinnvolles Management der globa-len Nahrungsmittelsicherheit sieht anders aus.

Wie könnte die Situation verbessert wer-den? Wie erwähnt sollten die Finanzmärk-te hinsichtlich Transparenz reguliert werden. Gedanken sollten wir uns auch zur Biosprit-Förderung machen. Sie wurde in einer Zeit ausgedehnt, in der die globale Nahrungsmit-telsituation sehr angespannt war. Ich nenne das «ökologischen Eurozentrismus». In Zukunft soll-ten solche Massnahmen auf die globale Ernäh-rungslage abgestimmt werden. Vor allem aber müssen wir das Angebot steigern. Das erfordert mehr Forschung und Know-how-Transfer.

Prof. Dr. Ingo Pies ist Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftsethik an der Martin-Luther-Universität in Halle-Wittenberg.

Die Forderungen gehen aber noch einen Schritt weiter. Positionslimits und der Markt-ausschluss von bestimmten Akteuren, genauer gesagt den nichtkommerziellen Händlern, ins-besondere Indexfonds. Auch von Banken wird ge-fordert, dass sie sich ganz zurückziehen. Diese Forderungen sehe ich sehr skeptisch, sie würden eine Überregulierung bedeuten. In der Folge wür-den die Terminmärkte nicht besser funktionie-ren, sondern schlechter. Das wäre ein moralisches Eigentor: Wenn langfristig auf eine weltweit stei-gende Agrarproduktion abgezielt wird, müssen wir für eine grössere Erwartungssicherheit sorgen. Überregulierung wäre kontraproduktiv.

Was konkret wäre das Problem eines überre-gulierten Rohstoffmarktes? Die Bauern könn-ten ihre Produktion nur eingeschränkt absichern. Nämlich in dem Masse, wie kommerzielle Händ-ler untereinander verschiedene Preisvorstellun-gen haben und sich wechselseitig versichern. Aber der Clou am Terminmarkt mit nichtkommerziel-len Händlern ist die starke Erhöhung der Markt-liquidität, wodurch die Absicherungsbedürfnisse der Agrarproduzenten erfüllt werden können. Würde man diese Teilnehmer verdrängen, würden viele Bauern auf ihren Preisrisiken sitzen bleiben.

In der Vergangenheit gab es bereits solche Verbote. Was waren die Folgen? Sie haben Recht, in Deutschland haben wir Erfahrungen mit einem solchen Verbot gemacht, als es gegen Ende des 19. Jahrhunderts zu starken Preissteige-rungen kam. Die Öffentlichkeit hatte die Schuldi-gen schnell ausgemacht: die «bösen» Spekulanten. 1897 wurde der Terminhandel von Weizen verbo-ten. Innert Kürze geriet die Volatilität ausser Kon-trolle. Aufgrund der desaströsen Folgen wurde das Verbot drei Jahre später wieder aufgehoben.

Gibt es weitere Beispiele? Die Kritik an Speku-lanten taucht stereotyp immer dann auf, wenn es zu extremen Preisentwicklungen kommt. Da dies im Lauf der letzten 150 Jahre öfters der Fall war, ist die Historie lang. Ein Bespiel ist der Termin-markt für Zwiebeln, der in den USA seit 1958 ver-boten ist. Da haben wir tagtäglich Anschauungs-material und können sehen: Die Volatilität für Agrarprodukte ohne Terminmarkt ist enorm hoch.

Auch in Extremsituationen wie Dürren spie-len die Terminmärkte eine wichtige Rolle. Eine erfolgreiche Spekulation dient üblicherweise dazu, die Knappheit optimal auf die verschiede-nen Zeiträume zu verteilen. Bei drohender Dürre besteht die wichtige Funktion des Terminmarkts darin, diese negative Botschaft möglichst schnell in Preise umzusetzen, die verhaltensrelevant wer-den. Als Folge steigt der Preis schon heute, und die Menschen gehen sparsamer mit den zurzeit noch

Aspekt der Chancengerechtigkeit. Wir wissen, dass Kinder, die in den ersten Jahren nach der Geburt nicht ausreichend ernährt werden, lebenslange Schäden davon tragen.

Kann man den Einfluss der Spekulanten auf die Preise beziffern? Man kann ihn nicht di-rekt beobachten. Daher wird versucht, ihn mit Modellen zu berechnen, die sämtliche Einflüsse beachten. Dazu zählten in den letzten vier Jahren Turbulenzen in der Weltwirtschaft, hohe Wechsel-kursschwankungen, Zinseffekte, starkes Geldmen-genwachstum und makroökonomische Schocks. Speziell bei Agrarrohstoffen gab es markante Ent-wicklungen wie Dürren in Australien und den USA oder eine Ausweitung der Biosprit-Produktion. Der tatsächliche Einfluss der Spekulation kann nur geschätzt werden. Der wissenschaftliche Er-kenntnisstand hierzu besagt, dass der Einfluss der Spekulanten, vor allem derjenige der Indexspeku-lanten, nicht besorgniserregend gewesen ist. Hier wird ganz deutlich Entwarnung gegeben.

Dennoch haben sich einige Banken aus die-sem Bereich komplett zurückgezogen. Der Beginn eines Trends? Das kann ich nicht aus-schliessen. Man sollte sich aber genauer ansehen, welche Institute sich zurückgezogen haben. In Deutschland waren es Deka-Bank, Landesbank Baden-Württemberg und Commerzbank. Das sind Banken mit einem starken staatlichen Enga-gement. Ihren Ausstieg sehe ich daher nicht not-wendig als Schuldeingeständnis. Vielleicht haben sie nur leichter dem politischen Druck nachge-geben als andere.

Wenn die Banken aussteigen, ist dies auch ein Signal für Privatanleger. Sind in diesem Bereich ebenfalls Änderungen zu erwarten? Die Allianz, ein grosser Player im Rohstoffmarkt, vertritt die Auffassung, ihr Geschäft sei volks-wirtschaftlich sinnvoll und moralisch unbedenk-lich. Engagements im Rohstoffbereich üben in der Tat eine sinnvolle Funktion aus, sie übernehmen die Aufgaben einer Versicherung. So können Risi-ken getragen werden, die andere nicht überneh-men wollen – und dafür wird man bezahlt. Das ist eine, auch in moralischer Hinsicht, nicht zu bean-standende Aktivität.

Trotzdem wird vermehrt eine Beschränkung oder gar ein Verbot gefordert. Ist das für Sie nachvollziehbar? Die Regulierung von Termin-markt- und Derivatgeschäften muss sich verbes-sern, vor allem bezüglich Transparenz. In diesem Bereich hinkt Europa den USA hinterher. Over-the-Counter-Geschäfte beispielsweise sollten über Clearing-Stellen abgewickelt und anschliessend statistisch erfasst werden. Es ist wichtig zu wissen, wer in welchem Umfang Geschäfte tätigt.

63investPUNKTmagazin Generationen

Page 64: PUNKT Generationen
Page 65: PUNKT Generationen

LEBENSART

TextDMiTRiJ GAWRiSCh | BildRiChARD KolKER

Die Alten sind eine säuerlich

riechende Masse, die sicher

in Pflegeheimen verwahrt ist.

Falsch, sagt unser Autor,

der sich in seinem Umfeld auf

die Suche nach jungen

und junggebliebenen Senioren

gemacht hat. Dabei findet

er heraus, dass er selbst gar

nicht so viel jünger ist.

65leBensartPUNKTmagazin Generationen

Page 66: PUNKT Generationen

ich möchte nicht prahlen, aber ich hatte mir für diese Ausgabe eine wirklich grossartige Geschich-te ausgedacht! Ich wollte mich in ein grosses The-aterhaus einschleichen und sechs Wochen lang hart schwitzenden Schauspielern dabei zuschau-en, wie sie sich für die Bühne in gierige Hedge-Fund-Manager und schleimige Investmentbanker

verwandeln. Endlich aufgeklärt und ideologisch auf der richtigen Seite wollte ich die nächsten sechs Wochen unter echten Hedge-Fund-Managern und Investment-bankern verbringen, um – aus Respekt gegenüber der Fairness – ihrem neoliberalen Gesinnungs-irrtum die Chance zu geben, sich zu schä-men. Aus meinen Erlebnissen und Beob-achtungen in beiden Welten hätte ich dann am Schreibtisch einen bunten Textbrei ge-mischt, ihn mit edlen Zitaten gewürzt – und der nächste Journalistenpreis wäre Tatsa-che geworden. Dass bei drei Monaten Re-cherche nicht nur die Spesenrechnung hoch ausfallen würde, ahnte ich. Deshalb hing ich dem euphorisch fabulierten The-menvorschlag einen ganzen Massnahmen-katalog an, um meine Kosten tief zu halten: Reste essen, auf Sofas schlafen, überall hin zu Fuss gehen. Ich schickte die Email ab und rieb mir vorfreudig die Hände. Am nächsten Tag kam keine Ant-wort. Am darauf folgenden auch nicht. Dann kam das Wochenende, und ich hatte anderes im Kopf. Und kurz bevor ich am Dienstag mal scheu nach-fragen wollte, ob mein Themenvorschlag nicht zufällig im Spamordner gelandet sei, kam endlich die Antwort. «Also grundsätzlich gefällt uns deine Idee», schrieb die Redaktion aus Zürich zurück, «aber wir müssen da erst noch was abklären.» Aha, also ist die Spesenrech-nung noch immer zu hoch. «Für diese Ausgabe haben wir aber das perfekte Thema für dich. Schreib doch was über die Generation der Rentner.» Das ideale Thema für einen Dreissigjährigen.

Wo knüpfe ich an? «Wir wissen noch nicht genau, in welche Richtung die Geschichte gehen soll», hiess es weiter. Aber ich soll es wissen? Ich, der eigentlich damit gerechnet hat, die eine oder andere junge Theaterdar-stellerin nach Probenschluss näher kennenzulernen oder mich von den Bankern in jene Bars mitschleppen zu lassen, wo eine Flasche Champagner mehr kostet als die Monatsmiete meiner Wohnung. Die Geschichte würde unter der Rubrik «Lebensart» laufen. Das heisst: möglichst wenig Zahlen und möglichst wenig Produkte. Marktanalysen sind ganz verboten. «Die Geschichte

soll lebensnah und stim-mig sein. Und das Aller-wichtigste ist: Dass sie beim Lesen Spass macht. Das kriegst du hin», zeig-te sich Zürich überzeugt und wünschte mir, wohl nur pro forma, viel Glück. Diesen Optimismus teilte ich nicht. Aber auch auf-geben wollte ich nicht. Wie immer, wenn ich ei-ne neue Geschichte be-ginne, zog ich ein weisses A4-Blatt aus dem Drucker und notierte in der Mitte mit rotem Marker: Senio-ren. Dann pinnte ich es in

die Mitte der Themenwand, an die Stelle, wo vorher das Blatt mit dem anderen Thema gehangen hatte: Theater vs. Hedge Fund. Dieses knüllte ich zusammen und warf es in den Papierkorb. Bye bye, junge Schauspielerinnen. In den Tagen darauf belauerte ich die Themen-wand wie der hungrige Fuchs einen eingerollten Igel. Wo wollte ich anknüpfen? Warum waren die Alten, die-se säuerlich riechende Masse, die ich sicher in Alters-heimen verwahrt glaubte, das perfekte Thema für mich? Oder hatte ich ein falsches Bild? Bot sich mir mit die-ser Geschichte allenfalls gar die Gelegenheit, meine

«Für diese Ausgabe

haben wir das perfekte

Thema für dich . Sch reib

doch etwas über die Ge-

neration der Rentner.»

Das ideale Thema für

einen Dreissigjährigen.

Mit dem plakativen Motto

«Alte Säcke und alte Schach-

teln gesucht» rekrutiert die

organisation «Rent a Rent-

ner» arbeitswillige Senioren.

Über die internetseite kön-

nen die Angebote nach Art

und Postleitzahl eingesehen

werden.

66 leBensart

Lebensart

Page 67: PUNKT Generationen

Vorurteile zu erkennen und zu korrigieren? Ich be-schloss, mich in meinem Umfeld auf die Suche zu ma-chen, und schrieb eine Liste mit Senioren, die mir nahe stehen. Angeführt wird sie, wenig erstaunlich, von mei-nen beiden verbliebenen Grosseltern.

Skypen mit Grossvater Mein Grossvater mütterli-cherseits heisst Alexander. Statt Sascha, wie das in der Ukraine üblich ist, wird er von seinen Freunden Alik genannt. Im Sommer lebt Alik auf seiner Datscha, ei-nem alten Bauernhaus unweit von Kiew, das er sich kurz vor der Pensionierung Anfang der Neunzigerjah-re gekauft hatte. Zum Haus gehört eine Landparzelle, die mit 1500 Quadratmetern etwa so gross ist wie ein Eishockeyfeld. Die Hälfte davon hat er mit Obstbäu-men bepflanzt, auf der anderen Hälfte zieht er Kräuter und Ge-müse auf: Petersilie, Dill, Lauch, Kartoffeln, Karotten, Zucchini, Zwiebeln, Knoblauch, Gurken, Peperoni, Chili und Tomaten. Seit diesem Sommer trocknet er die Tomaten nach einem alten italienischen Verfahren, auf das er im Internet gestossen ist. Ja, richtig gelesen, im In-ternet. Alik ist heute 81 Jahre alt. Vor fünf Jahren, also mit 76, hat er sich seinen ersten Computer gekauft. Erstens hatte er gehört, dass es auf dem Computer Spie-le gäbe, die ihn, so hoffte er, über die langen und langweiligen Wintertage bringen würden, die er seit dem Tod meiner Gross-mutter alleine in seiner kleinen Kiewer Wohnung verbringt. Und zweitens wollte er verdammt nochmal endlich verstehen, was hinter «Imäil», «Skaip» und «Wi-ckipedia» steckt, über die immer wieder gesprochen wurde. Alik stellte den neu erwor-benen Computer an und ent-deckte, dass sich der kleine Pfeil auf dem Bildschirm bewegte, wenn er mit der Maus herumfuhr. Fasziniert bewegte er sie hin und her, fuhr von der einen Bild-schirmecke zur anderen, zwang dem Pfeil einige Wal-zerschritte auf – und gähnte schliesslich. Das also soll ein Computer sein? Eine Stimme aber – nachgewiese-nermassen gehörte sie meiner Schwester – flüsterte ihm zu, dass so ein Computer mehr könne als den Mauswal-zer. Also zog Alik seinen dicken Wintermantel an, setz-te die Pelzmütze auf und eilte zur nächsten Buchhand-lung mit einer Computerabteilung. Dort wurde ihm zum Einstieg die Lektüre von «Computer für Dum-mies» empfohlen. Er liess sich das Buch einpacken und machte sich wieder auf den Weg nach Hause. Wenn ich heute eine neue Version von Skype in-stalliere, darf ich nicht vergessen, das Häkchen vor

«Skype beim Start des Computers automatisch star-ten» herauszunehmen. Neulich habe ich es vergessen, und dann ist folgendes passiert: Hungrig und ausge-laugt von einem anstrengenden Tag fahre ich abends mein Notebook hoch, um mal kurz zu sehen, ob mir jemand geschrieben hat. Bis auf eine kurze Nachricht aus Zürich, wie weit ich mit meinem Beitrag über Seni-oren sei, ist das Postfach leer. Ich setze zur vertrösten-den Antwort an, aber schon klingelt mein Skype. Gross-vater ist dran, in HD und gefüllt mit Geschichten, die er mir, meinem knurrenden Bauch zum Trotz, möglichst ausführlich erzählt. Nachdem er sich nämlich durch «Computer für Dummies» gearbeitet hatte, war er wieder in die Buch-handlung gegangen und hatte sich die Fortsetzung ge-

holt: «Internet für Dummies». Danach hat er sich eine High-speed-Leitung in die Wohnung legen lassen und eine hochauf-lösende Webcam gekauft. Mitt-lerweile liest mein Grossvater, zuvor ein leidenschaftlicher Sammler von schönen Büchern, nur noch E-Books. Die von ihm so geliebten französischen Fil-me und seine Musik lädt er sich aus dem Internet herunter, seit einigen Monaten besitzt er so-gar ein Profil auf Facebook. Mei-ner Schwester und mir gefällt das. Unseren Eltern nicht: Im Gegensatz zu meinem Grossva-ter sind sie nicht bei Facebook ange meldet.

Taschengeld von der Gross-mutter Meine Grossmutter vä-terlicherseits, Maria, die zweite auf meiner Liste von Senioren aus meinem persönlichen Um-feld, ist ebenfalls nicht auf Face-book. Für Computerspielereien hat sie keine Zeit. Sie muss ar-beiten. Wobei: Sie muss nicht, sie

will. Maria ist eine kleine, 79 Jahre alte Frau, die beim Gehen kleine Schritte macht. Da diese im strengen Takt aufeinanderfolgen wie bei einem Tausendfüssler, be-wegt sie sich schneller als die meisten anderen. Und das muss sie auch, wenn sie all das schaffen will, was sie sich vorgenommen hat. Ihr Tag beginnt um vier Uhr in der Früh. Dann öffnet sie den Hühnerstahl, stellt das Futter bereit und macht sich auf den Weg zur Arbeit. Früher hatte sie auf Oberstufe Mathematik unterrichtet. Heute rüstet sie in einem Kinderheim Gemüse. Sie müsste es nicht tun, auf das Geld ist sie nicht angewiesen. Aber sie will arbeiten, was soll sie sonst den ganzen Tag tun? Um sieben Uhr morgens ist sie bereits wieder zu Hause. Schnell nimmt sie einige Bissen zu sich, trinkt einen Schluck saure Milch – und eilt weiter zum Acker. Auf dem Gelände

ImmermehrOmasundOpasliken.Die

ZahlderneuangemeldetenProfileauf

FACEBooKderJahrgänge1952undälter

hatsichbisAugust2012imVergleich

zumVorjahrum18Prozenterhöht–das

grössteWachstumallerAltergruppen.

FürdieSilver-SurfersindsozialeNetz-

werkeeinidealesInstrument,umNeuig-

keitenausdemLebenihreKinderund

EnkelinErfahrungzubringen.

18%18%18%18%18%18%18%18%18%18%18%18%18%18%18%18%18%18%18%

67leBensartPUNKTmagazin Generationen

:

Page 68: PUNKT Generationen

der pleitegegangenen ehemaligen Kolchose hat sie zwei Landparzellen von je 1000 Quadratmeter gepach-tet. Wie Alik züchtet auch sie in Handarbeit Kartoffeln, ein paar Tomaten und Gurken. Ihre Spezialität allerdings sind Kürbisse. Grosse Kürbisse. In heissen und dennoch feuchten Sommern bringen manche von ihnen bis zu fünfzig Kilogramm auf die Waage. Vor Dieben braucht sich Maria nicht zu fürchten. Solange sie nicht motorisiert sind, bringen sie keines der Prachtexemplare weg. Entsprechend bleibt die Ernte in der Familie. Einen halben Tag lang wer-den sie mit mehreren Autos vom Acker zu Marias Haus transportiert. Weil die meisten von ihnen dem PKW-Kofferraum längst entwachsen sind, werden sie wie Ehrengäste auf dem Beifahrersitz nach Hause chauf-fiert. Manch ein Kürbis wird so-gar aufs Dach gebunden, weil er nicht durch die Autotür passt. Was meine kleine Gross-mutter mit all den riesigen Kür-bissen macht? Je einen dürfen die fleissigen Erntehelfer mit nach Hause nehmen – sofern sie ihn so weit tragen können. Die restlichen verarbeitet Ma-ria eigenhändig zu Marmelade und Gelee und verkauft sie zu-sammen mit Kürbiskernen, die sie im Ofen röstet, auf dem ört-lichen Markt. Das Geld, das sie dadurch verdient, verschenkt sie an die Verwandten. Auch ich kriege von ihr immer «Taschen-geld», wenn ich sie in der Ukra-ine besuche. «Gib es aus», sagt sie und streckt mir einen Bün-del Geldscheine hin, die in der Schweiz wenig, in der Ukraine aber viel wert sind. «Wenn du es ausgegeben hast, komm einfach wieder vorbei.»

Maja hat keine Zeit Natürlich kenne ich auch Senioren in der Schweiz. Zum Beispiel Maja, die in der Stadt Bern lebt. Kennengelernt habe ich sie durch meinen Vater, der zusammen mit Majas inzwischen verstorbenem Mann Archive der Landesbibliothek nach verschollenen Brie-fen eines einst wichtigen, mittlerweile aber vergessenen Diplomaten durchforstete. Während ich meine Gross-mutter Maria jederzeit besuchen kann, muss ich mit Maja einen Termin vereinbaren – am besten drei oder vier Wochen im Voraus. Denn Maja ist trotz ihrer 71 Jah-re eine vielbeschäftigte Frau. Als Bernburgerin sitzt sie in mehreren Kommis-sionen, an deren Tagungen sie regelmässig teilnimmt. Daneben ist sie aktives Mitglied eines Rotary-Clubs, der sich mindestens einmal wöchentlich zu Vorträ-gen und Diskussionen trifft. Montags und donnerstags lernt sie in einem Kurs Spanisch, fünf Mal die Woche

joggt sie, morgens und abends geht sie mit ihrer Bull-dogge namens Jack Gassi. Nicht selten fällt der abend-liche Spaziergang kurz aus, denn sobald Jack seine Ge-schäfte verrichtet hat, muss Maja zurück und in ihre Abendgarderobe schlüpfen: An den Empfängen im Bot-schaftsviertel herrscht strikter Dresscode. Auch regel-mässige Termine mit dem Privatkundenberater stehen in ihrer Agenda. Denn Maja hat eine Aufgabe: Sie ver-waltet den Nachlass ihres verstorbenen Mannes. Dazu gehören seine Aufzeichnungen und historischen Do-kumente ebenso wie das Vermögen, das er während sei-ner Zeit als Privatbankier beim Schweizerischen Bank-verein, der heutigen UBS, angesammelt hat. Und dieses ist seit dem Ausbruch der Finanzkrise 2008 kontinuier-lich geschrumpft.

Nein, Angst vor Altersarmut hat Maja nicht. Aber es tue ihr weh, sagt sie, wenn das, was sie und ihr Mann sich erarbeitet hätten, ein-fach verschwindet. Um sich nicht einzig auf das Wort des Anlagebe-raters zu verlassen, liest Maja täg-lich mehrere Zeitungen. Neben der «Neuen Zürcher Zeitung» fin-den die «Frankfurter Allgemei-ne», «Finanz und Wirtschaft», die britische «Financial Times» und künftig auch «PUNKT» den Weg in ihren Briefkasten. Wenn ich eine Frage zum Weltwirtschafts-geschehen habe und Google kei-ne eindeutige Antwort findet, ru-fe ich Maja an. Meistens weiss sie die Antwort. Wenn nicht, lädt sie mich, drei oder vier Wochen spä-ter, zum Essen ein. Nur habe ich in der Zwischenzeit meine Frage dann längst vergessen.

Generation rastlos Alik, Ma-ria und Maja wohnen allein. Das trifft auf die überwiegende Mehrzahl der Senioren zu: Von den 1,308 Millionen Menschen

in der Schweiz über 65 verbringen bloss 6 Prozent ih-ren Lebensabend in einem Alters- oder Pflegeheim. Und die drei beweisen auch, dass Senioren bis ins hohe Alter aktiv bleiben können. Hyperaktiv. Gestresst. Rast-lose Tätigkeit wirkt auf sie wie eine Droge, die Abhän-gigkeit lässt es nicht zu, dass sie einen Gang herunter schalten. Hat Alik nicht versprochen, weniger Tomaten anzupflanzen, als schlimme Kreuzschmerzen sein Ge-sicht verzerrten? Stattdessen pflanzt er jedes Jahr mehr an. Möchte Maja nicht öfters zu Hause sein und die Ro-senstöcke in ihrem Garten selbst pflegen? Voriges Jahr hat sie einen Gärtner angestellt, weil die Rosen verwil-derten. Und meine Grossmutter Maria, hat sie im Win-ter nicht panische Angst vor Glatteis? Was würde nur aus ihr, klagt sie, wenn sie stürzte, sich ein Bein oder ei-nen Arm bräche und nicht mehr arbeiten könnte?

derBewohnerderZürcherAltersheime

sindgemässeinerUntersuchungdes

ZentrumsfürGerontologiederUniZü-

richinihremWunschheim.83Prozentga-

benan,dassderEintrittinsAlTERsHEim

zumrichtigenZeitpunkterfolgte.Durch-

schnittlichsinddieBewohner87Jahrealt

undwohnenseitetwasmehralsvierJah-

renimAltersheim.Allesinallemseiensie

mitihrerLagezufrieden,sodieStudie.

89%89%89%89%89%89%89%89%89%89%89%89%89%89%89%89%89%89%89%

68 leBensart

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Page 69: PUNKT Generationen

Wer sind die Babyboomer? Zum Glück scheinen die Babyboomer das aber nicht vorzuhaben. Mehr als alle Generationen vor ihnen wollen sie im Alter noch etwas erleben und sind bereit, dafür auch Geld in die Hand zu nehmen. Gern bezeichnen sie sich deshalb als die Ge-neration Unruhestand. Was auf den ersten Blick wenig verwundert: Ordentlich in Rente gegangen sind die ers-ten Babyboomer erst im Jahr 2011. Bis alle von ihnen im Ruhestand sind, wird es – unter der Bedingung, dass das Rentenalter bei 65 Jahren bleibt – noch bis zum Jahr 2029 dauern. Auf das Hüten ihrer Enkel haben viele, wie die Umfrage des Portals 50plus.ch zeigt, keine Lust. Bei einer Geburtenziffer von aktuell nur noch 1,52 Kindern pro Frau im Alter zwischen 15 und 49 Jahren haben sie auch wenig Gelegenheit dazu. Zum Vergleich: Nach An-gaben des statistischen Bundes amtes bekam eine Frau 1964, am Ende des Babybooms, im Schnitt noch 2,67 Kinder. Wer sind sie, die vielbeschworenen Babyboomer?

Vor lauter Statistiken und so-ziologischer Berichte über die-se Generation habe ich die per-sönliche Ebene vernachlässigt und prompt die wichtigste Frage übersehen. Wenn ich über Ba-byboomer spreche, dann meine ich damit ja niemand anderen als unsere Eltern, meine, und mit einiger Wahrscheinlichkeit auch Ihre. Unsere berufstätigen, unternehmungslustigen, geistig wendigen und körperlich meist gesunden Eltern sollen auf ein-mal selber zu den Senioren zäh-len und bald Rentner sein? Sie sollen auf cholesterinarme Er-nährung achten, ihre Smart-phones gegen klobige Senio-renhandys mit riesigen Tasten eintauschen und in Erwägung ziehen, in den Kanton Schwyz zu ziehen, weil dort keine Erb-schaftssteuern anfallen? Wann sind unsere Eltern zu Senioren geworden? Und wenn unsere Eltern bereits zu den Senioren zählen, was sind dann wir?

Was Alik, Maria und Maja sonst noch verbindet, ist, dass sie zur Generation gehören, die vor oder wäh-rend des Zweiten Weltkriegs geboren wurde. Wer aber sind die neuen Rentner, von denen in letzter Zeit im-mer häufiger die Rede ist? Auf meiner Themenwand, die vor Post-it-Zetteln inzwischen nur so strotzt, ist noch etwas Platz übrig. Die neuen Rentner zeitlich ein-zugrenzen, fällt nicht besonders schwer: Sie müssen nach dem Krieg geboren worden sein. Wie jeder profes-sionelle Journalist greife ich erst einmal auf zuverlässi-ge Quellen zurück, um mich kundig zu machen. Baby-boomer, heisst es bei Wikipedia, sei die Generation der geburtsstarken Jahrgänge zwischen 1946 und 1964. Be-endet wurde der Boom durch die Verbreitung der An-tibabypille, die 1960 erstmals zugelassen wurde. Aus sexualmoralischen Gründen durfte sie bis in die Siebzi-gerjahre übrigens nur an verheiratete Frauen verschrie-ben werden. Volle Kindergärten, überfüllte Klassenzimmer, aus den Nähten platzende Hör-säle – seit Kindesbeinen mach-ten die Babyboomer die Erfah-rung, dass sie nicht alleine sind auf der Welt. Diese Urerfahrung der Masse, so glauben Soziolo-gen, hat zu einem starken Kon-kurrenztrieb geführt, von dem diese Generation bis heute ge-prägt ist: Nur wer um Aufmerk-samkeit buhlt, wird in der gro-ssen Schwemme Gleichaltriger wahrgenommen. Dennoch gel-ten die Babyboomer als eine glückliche Generation, der gro-sse Tragödien erspart geblie-ben sind. Auch bedeutende po-litische Kämpfe mussten sie als Nachfolger der 68-er nicht aus-fechten, so dass die Babyboomer in Ruhe ihrer Arbeit nachge-hen konnten: Sie sind die ver-mögendste Generation, die die Schweiz jemals hervorgebracht hat. Würden sie mit fortschrei-tendem Alter sparsamer leben und ihren Konsum reduzieren, stünde die Wirtschaft vor einem ernstzunehmenden Problem.

derGrossväterhütengemässderdeut-

schenStudie«Lebenswelten60+»regel-

mässigihreEnKElKinDER,20Prozent

sogarmehrmalsdieWoche.Siehüten

ihreEnkelsomithäufigeralsdieGross-

mütter,vondenen54Prozentgelegent-

lichaufsieaufpassen,einFünfteltutes

mehrmalsdieWoche.Opashütenihre

EnkelhäufigeralsOmas–beidenheuti-

genRenternistallesmöglich.

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69leBensartPUNKTmagazin Generationen

Page 70: PUNKT Generationen

das zeitlose geschenkTextWilMA BöGEl BildfABiAN WiDMER

Der Begriff «zeitlos» hat im Zusammenhang mit einer vererbten Uhr eine eigene Bedeutung. Wenn der Vater dem Filius seinen Zeitmesser vermacht, wird nicht nur ein Teil der Familie weitergegeben, sondern Platz für ein neues Kapitel geschaffen.

Wie kommt es, dass Uhren bei Männern in einer eigenen Liga spielen? «Die Uhr als Erbstück ist ein mit vielen Emotionen aufgela-dener Nachlass», erklärt Eric Ritter, Geschäftsführer der Patek Phil-ippe-Boutique in Zürich. «Auf der anderen Seite ist es aber in der Re-gel auch das einzige Schmuckstück, das ein Mann zu vererben hat.» Während Frauen gerne eine Auswahl an Kleinodien passend zur je-weiligen Garderobe besitzen, fokussiert sich Mann auf das ganz Be-sondere an seinem Armgelenk. «Männer schätzen die Verbindung aus Mechanik und Ästhetik», erläutert Ritter. «War er früher noch mit der reinen Zeitangabe zufrieden, sollte die moderne Uhr auf je-den Fall ein Datum besitzen und wenn möglich über weitere faszi-nierende Komplikationen verfügen.» Letztere sind es, die final das Gesamtkunstwerk eines Zeitmessers ausmachen. In der Fachspra-che der Uhrmacher steht der Begriff Komplikation nicht für Ärger, sondern für die diversen Zusatzfunktionen und Komponenten der wertvollen Stücke. So verwundert es nicht, dass manche Stücke – bei-spielsweise das Sky Moon Tourbillon, Ref. 5002 von Patek Philippe – aus nicht weniger als 686 Einzelstücken besteht. Laut Eigenaussage die «komplizierteste Armbanduhr, welche der 1851 gegründete Uh-renhersteller je gefertigt hat.»

Uhren im Wandel der Zeit Bis 1930 wurden Chronographen in der Tasche getragen und waren – wenn es die finanziellen Möglich-keiten erlaubten – aus Gold gefertigt. Weniger Betuchte entschieden sich für Varianten aus Stahl oder Silber. Üblich war zudem, dass der Uhrenboden durch ein Monogramm geziert wurde. Variabel war in-des die Gravur im Inneren des Deckels. «Chronographen wurden zu besonderen Momenten gekauft oder verschenkt», sagt Eric Ritter. «Daher bestand eine Gravur meistens aus einem Datum und einer kurzen Beschreibung, die auch für die nachfolgende Generation ei-ne Bedeutung hatte.» Taschenuhren sind im Vergleich zu Armband-uhren somit sicher das emotionalere Erbstück und werden, wenn auch nicht mehr getragen, zumindest im Safe oder an einem ande-ren sicheren Ort aufbewahrt. Als sich die Armbanduhr aufgrund des einfacheren Handlings vermehrt durchsetzte, verzichtete man auf die persönliche Inschrift – und ein Teil des beschriebenen emotio-nalen Aspekts ging verloren.

70 leBensart

Page 71: PUNKT Generationen

Die Berufsgruppe, die sich nicht nur mit den modernen Uhrwerken, sondern auch regelmässig mit antiken Objekten und damit einhergehend mit dem historischen Hinter-grund dieser Fertigungskunst beschäftigt, sind die Uhrmacher. Behutsam zerlegen sie die ihnen überlassenen Stücke und sorgen mit Perfektion für die Instandsetzung nicht mehr funktionierender Stücke. Gleichzei-tig begeben sie sich auf eine Reise zurück in die Zeit, da die Untersuchung einer Uhr stets auch Einblick in den (zeitlichen) Kontext gibt, in dem sie geschaffen wurde.

Mangelnder Sinn für Geschichte Bei den Instandsetzungsarbeiten wird unterschieden zwischen Reparaturen und Restaurierungen. Reparaturen sind punktuelle Arbeiten, deren Ziel das in Gang bringen nicht mehr funk-tionierender Teile oder deren Austausch ist. Restaurierungen dagegen sind den eher älte-ren Uhren vorbehalten und haben das Ziel, den Glanz der alten Tage wiederherzustellen. Dies lohnt sich in der Regel aber nur für anti-ke und wertvolle Uhren, da die Arbeiten lang-wierig und kostspielig sind. In eine solche Ge-neralüberholung wird daher meist nur von Kunden investiert, die eine tiefe Bindung zu ihrer Uhr haben – es werden weniger. Eric Ritter stellt immer öfter fest, dass die erbende Generation den Bezug zu dem ih-nen überlassenen Stück verloren hat. «Heute kommen immer öfter Kunden, die eine Uhr geerbt haben, diese aber verkaufen wollen. Es fehlt die Geschichte, die eine Aufbewahrung rechtfertigt», berichtet er. «Nicht selten ist ih-nen zudem das Design zu schlicht oder die Uhr als solches einfach zu klein.» Waren in den Anfangsjahren Durchmesser zwischen 33 und 35 Millimetern Standard, ist heute ein Mass zwischen 37 und 40 Millimetern nor-mal. Der Grund dafür ist simpel: Im Verlauf des letzten Jahrhunderts sind die Menschen nicht nur in der Körpergrösse gewachsen, auch die Handgelenke wurden grösser. Es kämen aber auch immer wieder Vä-ter, die ganz bewusst nach einer Uhr suchen, die sich als Erbstück eignet. Diesen rät Ritter, zusammen mit dem künftigen Erben vorbei-zukommen. «Das ist natürlich nicht in allen Fällen möglich oder erwünscht, aber auf je-den Fall kann der zukünftige Besitzer so be-reits beim Kauf seine Wünsche äussern. Und zum Schluss soll die Uhr ja dem Kunden gefal-len, nicht mir.» In Bezug auf Material und De-sign ist für Ritter klar: Gold oder auch Rotgold wird eher von der älteren Generation getra-gen. Modern, zeitlos und vor allem schweize-risch adäquat ist dagegen Platin oder Weiss-gold. Auch beim Armband hat er Vorlieben:

Leder. «Ich selber tausche meines regelmä-ssig aus und sorge so für Abwechslung am Handgelenk.»

Unsere Uhr Bei Stil und Design steht klar die Grösse im Vordergrund. Die moderne Uhr hat mindestens einen Durchmesser von 38 Millimetern und verfügt über ver-schiedene Komplikationen. Bei der Optik sind sportlich-elegante Designs die Favo-riten, können sie doch mit Jeans oder auch zum Anzug getragen werden. Die Kosten für ein derartiges Stück liegen bei Patek Philip-pe zwischen 20 000 und 40 000 Franken. Es muss nicht immer die Uhr selber sein, die als Erbschaft kostbar ist. Manch-mal reicht sogar das Design des Zeitmes-sers an sich, um den Erben zu begeistern. So hinterliess der 1901 in Zürich gebore-ne Hans Hilfiker der SBB die Urheber- und Markenrechte an der berühmten Schweizer Bahnhofsuhr. Nachdem der Konzern Apple das schlichte, dreifarbige Design ohne Ver-tragsgrundlage mit dem Systemupdate allen Nutzern zur Verfügung stellte, einigten sich das amerikanische Unternehmen und die SBB nun auf eine Lizenzgebühr von knapp 20 Millionen Franken. Und das ist nur ein kleiner Teil der Geschichte einer Uhr, die für jeden von uns – und damit generations-übergreifend – eine Bedeutung hat.

71leBensartPUNKTmagazin Generationen

Page 72: PUNKT Generationen

das leben ist kein bildschirmTextSERAiNA KoBlER

Smartphones sind heute ein integraler Bestandteil unseres Lebens. Von Eltern werden die Alleskönner häufig benutzt, um den eigenen Nachwuchs ruhigzustel-len. Das hat Folgen.

Wusch, wusch. Die Finger des Dreikäsehochs gleiten flink über den Touchscreen. Sein Blick ist kon-zentriert auf den Bildschirm gerichtet, die Welt um ihn herum scheint nicht mehr zu existieren. Noch vor wenigen Minuten schrie dasselbe Kind Zeter und Mordio. Gedränge im Bus, ein langer Tag in der Krip-pe und dann knurrt auch noch der Magen. Unter den Blicken der anderen Fahrgäste hat die verzweifelte Mutter nachgegeben und ihrem Sohn das Smartpho-ne in seine kleinen Hände gedrückt, die schon for-dernd danach ausgestreckt waren. Vor einigen Jahren haben schlaue Program-mierer mit den Apps für Kinder einen lukrativen Geschäftszweig entdeckt. Heute gibt es eine riesige Auswahl an Tierstimmen-, Wimmelbuch- oder Mach-bei-den-Tieren-das-Licht-aus-Apps. Die einen beto-nen den Lerneffekt, der entstehen soll, andere locken mit bekannten Figuren wie Pingu oder Peter Pan. Die virtuelle Welt bringt aber auch eigene Stars her-vor wie etwa die sprechende Katze «Talking Tom Cat». Ein animiertes Büsi das einem mit piepsiger Stim-me nachspricht und dem man Milch in ein Glas ein-schenken kann, das es sogleich grunzend leertrinkt. Streichelt man mit dem Finger über den Bildschirm, beginnt Tom zu schnurren.

Die digitalen Babysitter Was früher Walkman, Gameboy und Fernseher waren, sind heute die Smart-phones. Und wie bei ihren Vorgängern wird auch über sie heftig debattiert. Warum überlassen Eltern ihren Nachwuchs dem digitalen Babysitter? Erstens sind Kinder versessen darauf! Das Geschrei am Ende des Spiels ist übrigens schon von Anfang an besiegelte Sa-

che. Erschwerend kommt hinzu, dass die Din-ger immer und überall dabei sind. Zweitens müssten Erwachsene dann auch den eigenen Konsum in Frage stellen. Wie wollen sie ihren Kindern etwas verbieten, was sie selber den ganzen Tag lang machen? Drittens leben wir in einer digitalen Zeit, da darf man – so den-ken wohl viele Eltern – die Kinder nicht den Anschluss verlieren lassen. Dabei sollte eigentlich klar sein, dass die dritte Begründung nicht gelten dürfte. Denn jeder Tag, den Kleinkinder ohne iPad, iPhone und Apps verbringen, ist ein gewon-nener Tag. Wie sollen sie lernen, mit eigenen Ideen aus der Langweile zu entfliehen, wenn sie ständig unterhalten werden? Kinder müs-sen mit realen Menschen kommunizieren. Sie sollen ihre Niederlagen beweinen und ih-re Siege bejubeln. Nie mehr im Leben lernen Menschen in so kurzer Zeit derart viel wie im Kleinkindalter. Gerade im ersten Lebensjahr, das als sensomotorische Entwicklungsphase bezeichnet wird, ist es eminent wichtig, die Umwelt über sinnliche Erfahrungen zu erle-ben. Etwa, indem Dinge abgetastet oder in den

72 leBensart

Lebensart

Page 73: PUNKT Generationen

diener? butler? manager!Wenn man den Begriff Butler hört, denken viele man an steife Pinguine wie Freddie Frinton, der Butler James von Miss Sophie aus «Dinner for One». Die Realität zeigt ein anderes Bild.

Das antiquierte Bild des Butlers, der lediglich Gäste empfängt und Vor-

speisen serviert, ist passé. Der Butler von Heute ist Manager, Dolmetscher,

Chauffeur, Eventkoordinator und Hausverwalter in einem. In ihren dezen-

ten, klassischen Anzügen sind sie heute kaum mehr als Butler erkennbar.

Nicht verändert haben sich die Eigenschaften, über die ein Butler, heute wie

früher, verfügen muss: absolute Verschwiegenheit, Loyalität, Seriosität und

Dienstbarkeit. Allesamt auf höchstem Niveau. Der Beruf eines Butlers ist an-

spruchsvoll, sagt Hanspeter Vochezer, der Butlerdienstleistungen anbietet.

«Der heutige Butler hält erfolgreichen Unternehmern den Rücken frei, orga-

nisiert private Dinners und Cocktail-Empfänge oder leitet den Haushalt ei-

ner Familie.» Vochezer weiss, wovon er spricht. Der Jungunternehmer sam-

melte seine Erfahrungen in leitenden Funktionen der gehobenen Hotellerie

und war Butler beim mittlerweile verstorbenen Gunter Sachs. Auf die Fra-

ge, was genau der Unterschied zwischen einem Butler und einem Diener ist,

antwortet Vochezer zögerlich: «Diener ist ein negativ behaftetes Wort. Aber

natürlich verkauft auch ein Butler seine Dienstbarkeit, analog wie auch ein

Arzt oder ein Bankberater seine Dienstleistungen verkauft.» Der Butler des

21. Jahrhunderts ist kein Untertan mit lausiger Entschädigung, im Gegen-

teil: Er übernimmt die Funktionen eines Managers – und wird gut dafür ent-

löhnt. Über Vochezers aktuelle Kunden ist – das gebietet die Verschwie-

genheit – nichts in Erfahrung zu bringen. Er verrät nur, dass sie aus allen

möglichen Bereichen kommen. Häufig werde er von Unternehmen, Famili-

en oder Managern gebucht, welche die Dienste für eine bestimmte Zeitpe-

riode – sei es ein Tag oder ein Monat – beanspruchen. «Meine Kunden sind

individuelle und erfolgreiche Persönlichkeiten. Sie wollen sich nicht um al-

le Details ihres Lebens selber kümmern. Oft fehlt ihnen schlicht die Zeit da-

zu.» Die Zeiten, als das Geld zum Fenster hinausgeworfen wurde, sind vor-

bei. Das gilt auch für die Menschen, die Vochezers Dienstleistungen in

Anspruch nehmen. «Die Kunden von heute achten auf die Kosten und su-

chen die Flexibilität. Das war früher sicherlich weniger ausgeprägt.» Trotz

aller Modernität: Die Bereitschaft zu dienen, ist und bleibt zwingende Vor-

aussetzung. Wer sich dafür zu schade ist, taugt auch nicht zum Butler. RB

Mund gesteckt werden. Deshalb sollte man Kinder möglichst viel sehen, hören, riechen und schmecken lassen. Am besten alles mit-einander. Erfahrungen, die in diesem Alter nicht gemacht werden, können nicht mehr nachgeholt werden.

Das Worst-Case-Szenario Stellen wir uns vor, es gäbe keine Smartphones. Nehmen wir nochmals die eingangs beschriebene Si-tuation im Bus: Der Junge weint, er ist müde und hungrig. Die Mutter könnte ihn entwe-der einfach schreien lassen. Auch eine län-gere Busfahrt ist irgendwann zu Ende. Und will man seinem Kind Grenzen aufzeigen, muss man solch unangenehme Situationen ganz einfach aushalten können. Die Mut-ter könnte den Knaben aber auch auf den Schoss nehmen und mit ihm zusammen die vorbeifahrenden Autos zählen. Das Worst-Case-Szenario für die Ge-neration iKids wäre dann: Der Junge schaut durchs Fenster auf die Strasse und drückt die Finger an die Scheibe, um – wusch, wusch – auf das nächste Auto umzublättern.

73leBensartPUNKTmagazin Generationen

Page 74: PUNKT Generationen

geht doch!Nach fünf Jahren Finsternis scheint der Fernseher wieder heller. Die SoN ist zurück.

Die Sendung ohne Namen, abge-

kürzt SoN, das ist die famose TV-Pro-

duktion, die der Konkurrenz schon

vor zehn Jahren aufgezeigt hat, wie

Fernsehen auch sein kann: span-

nend, lustig, informativ, vor allem

aber assoziativ, anspruchsvoll und

schneller, als ein normales Hirn den-

ken kann, was wohl der Grund da-

für ist, dass ein normales Hirn auch

gar nicht reicht, um das Übermass

an Informationen, das der Zuschau-

er in der SoN erhält, zu verarbeiten,

und vielleicht auch gar nicht rei-

chen soll, denn genau in dem tota-

len Überangebot von Information

liegt das Erfolgsrezept der Sendung,

bei der man sich schon freut, wenn

man eine einzige Information rich-

tig verarbeitet hat, noch bevor die

nächste kommt, oft sogar parallel

als Text-Einblendung, was das Zu-

schauerhirn dann in der Regel voll-

ends verwirrt, was ja aber vermut-

lich genau das Ziel der Macher ist,

die mit der SoN einen wahren Ge-

niestreich gelandet haben, damals

wie heute, wobei letzterer tempora-

le Aspekt den Grund für die Freude

darstellt. Denn die Sendung ohne

Namen ist zurück, jeweils Dienstag

Abend auf ORF1. Anschauen! DF

der gefährliche störenfriedLudwig Snell, radikal-liberaler Politiker, Staatsrechtler, Pädagoge und Publizist, kennt heute kaum jemand mehr. Dabei wäre die Schweiz heute ohne den gebürtigen Deutschen eine andere.

Die ersten vierzig Jahre im Leben des Ludwig Snell waren wohl eine Art Vor-

bereitung auf das, was noch folgen sollte. 1785 in Idstein im ehemaligen

Herzogtum Nassau geboren, studierte er Theologie an der Universität Gie-

ssen und wirkte anschliessend als Pfarrvikar und Hauslehrer. Seine Beru-

fung an die Universität Dorpat kam nicht zustande, da der Brief versehent-

lich an seinen Bruder Wilhelm ging, der die Stelle prompt antrat. In den

Folgejahren wurden Ludwig und sein Bruder Wilhelm regelrecht gepiesackt

von der preussischen Regierung. Vermutlich, weil ein Familienfreund ein

Attentat auf den Regierungspräsidenten des Herzogtums Nassau verüb-

te. 1821 schliesslich floh Wilhelm nach Basel, Ludwig tat es seinem Bruder

sechs Jahre später gleich. Nach seiner Habilitation an der dortigen Universi-

tät arbeitete er als Privatdozent und begann, Schriften zu staatsrechtlichen

Themen zu veröffentlichen. Schweizweit bekannt wurde der Vorreiter in

Sachen Pressefreiheit durch das 1830 verfasste «Memorial von Küsnacht»,

das die Grundlage für eine liberale Verfassung im Kanton Zürich legte. 1832

setzte er, der mittlerweile für die Republikaner im Grossen Rat sass, mit Mit-

streitern zudem den Grundstein für das moderne Bildungswesen mit Volks-

schule, Kantonsschule und Universität. Dass sich in Küsnacht heute das ein-

zige Gymnasium des rechten Seeufers befindet, ist eine Folge davon. Später

setzte Snell seinen liberalen Kampf auf nationaler Ebene fort. In St. Gallen

schrieb er das «Handbuch des schweizerischen Staatsrechts», die bis da-

hin bedeutendste Schrift über die kantonale und eidgenössische Staats-

ordnung. Dank seinem grossen Engagement gilt Snell als führende Persön-

lichkeit der Regenerationszeit der Schweiz, die nach der konservativen

Restauration (1815 bis 1830) einsetzte und die Gründung des modernen Bun-

desstaates 1848 überhaupt erst ermöglichte. Gegen Ende seines Lebens ver-

liess Ludwig Snell das Glück wieder. 1854 verstarb es mittellos in Küsnacht,

wo ein Weg am Küsnachter Horn an die grossen Leistungen des ehemals

«gefährlichsten Störenfrieds der Schweiz» erinnert. DF

74 leBensart

Page 75: PUNKT Generationen

Vorbilder

kürzlich fragte mich ein Freund beim Frühstück, warum ich beim Ver-zehr eines Joghurts ein Gesicht ma-chen würde, als wäre es ein höchst anspruchsvoller, intellektueller Akt.

Spontan fiel mir nichts ein. Es könnte mitun-ter damit zu tun haben, dass ich mich beim Joghurtessen selten im Spiegel betrachte. Erst ein paar Tage und Gedankengänge später kam mir plötzlich mein Vater in den Sinn. Als Kind sass ich ihm manchmal gegenüber und traute mich nicht, ihn etwas zu fragen, weil er beim Joghurtessen immer so aussah, als sei er mit der Sinnfindung des Lebens beschäf-tigt. Ich musste lachen. Wie oft begegnen wir auf unserem Weg dem Vergleich mit unseren Eltern. Mal ist uns der Vergleich unlieb und wir wehren uns vehement dagegen, mal über-mannt er uns und bringt uns zum Schmun-zeln. Vor allem dann, wenn es um die kleinen Eigenschaften geht, von denen man gar nicht merkt, wie sie sich über die Jahre an die eige-nen Fersen geheftet haben, um einen dann schliesslich doch einzuholen. Es gibt Dinge, die vererben sich sogar über Generationen weiter, seien das nun schiefe Nasen, eine naturwissenschaftli-che Begabung, Haarausfall oder, im Idealfall: Werte. Betrachtet man den Idealfall im Zu-sammenhang mit Branding, ist Folgendes zu beobachten: Familienunternehmen haben punkto Marken einen klaren Vorteil, weil die Werte ihrer Marke eine «vermenschlichte» Form annehmen. Will heissen: Es braucht we-niger Theorie und weniger Programme, um den Mitarbeitern den Kern einer Marke nä-her zu bringen. Sie erleben ihn im täglichen

Umgang mit der Familie. Die Marke sind die Menschen hinter der Marke selbst. Viel-leicht ein Patron mit Ecken und Kanten, oder de ssen Kinder, die dieselben Werte wie ihre Marke verkörpern und sie tagtäglich vorle-ben. Das schafft bei Mitarbeitenden Empa-thie und macht die Marke erlebbar, denn sie ist konkret, echt und lebendig. Anders als in nicht familiengeführten Betrieben, wo der CEO – heute mehr denn je – alle drei bis vier Jahre wechselt und sein eigenes Image häufig in keiner Weise zum Markenbild passt. Wie aber kann man eine Kultur, die ei-ne Marke prägt, über Generationen hinweg weitergeben? Entweder die Jungen versuchen unbewusst, ihren erfolgreichen Eltern nach-zueifern und verlieren so manchmal jegliche Authentizität: Bei Vivienne Westwood war die Provokation der Kern ihres Schaffens. Und ihr Sohn proklamierte die Provokation gleich im Markennamen zum Programm: «Agent Provocateur». Ob er damit je in die Stapfen seiner übergrossen Mutter hätte treten kön-nen? Oder aber die junge Generation will ge-nau das Gegenteil von dem, was die vorher-gehende wollte. Liegt nicht genau das in der natürlichen Entwicklung des Menschen? Sich gegen das zu wehren, was einem in die Wiege gelegt wurde? Erfolgsbeispiele, die das Gegen-teil beweisen, gibt es genug: Sprüngli, Schubi-ger, Swatch. Doch einfach scheint es nicht. Im Branding ist es eben wie im richti-gen Leben: Werte weitergeben funktioniert nur, wenn diese wirklich gelebt werden. Dazu braucht es starke Persönlichkeiten und ein «werte-verwandtes» Team – bei Eltern ebenso wie in der Unternehmensführung.

René Allemann ist Gründer und CEo des Beratungsunternehmens Branders, das sich auf Markenberatung

spezialisiert hat. Er ist zudem herausgeber des online-Magazins thebrander.com.

René Allemann

75leBensartPUNKTmagazin Generationen

kolumne

Page 76: PUNKT Generationen

Als der Jaguar E-Type 1961 auf dem Genfer Autosalon zum ersten Mal öffent-lich zu sehen war, waren sich die Experten einig: Ein grosser Wurf in der Automobilge-schichte. Doch 1974 schloss sich das Kapi-tel. Das letzte Exemplar wurde gebaut. Nach knapp 40 Jahren gibt es nun endlich einen Nachfolger. Mit dem neuen F-TYPE kehrt Ja-guar zum Kern und Ursprung seiner Marke-nidentität zurück. Ein zweisitziger Roadster, der den Fahrer in den Mittelpunkt des Ge-schehens rückt. Dank einer komplett aus Aluminium gefertigten Karosserie wiegt das mit einem hochwertigen Stoffverdeck aus-gestattete Modell in der Basisversion nur 1597 Kilogramm; die Leichtbauarchitek-tur sorgt zusammen mit Heckantrieb und einer ausgeglichenen Gewichtsver-teilung für überragenden Fahrspass. Ein ausfahrbarer Heckspoiler und versenkte Türgriffe bestimmen ein von nur weni-gen Linien geprägtes und puristisches wie verführerisches Design. Ein neues Schmuck-stück am Autohimmel, das regelmässig po-liert werden muss.

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Page 77: PUNKT Generationen

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77leBensartPUNKTmagazin Generationen

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Page 78: PUNKT Generationen

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Page 79: PUNKT Generationen

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Als Domenic Feuerstein, Autor zahl-reicher Naturbücher, einst durch die Ar-venwälder seiner Unterengadiner Hei-mat streifte, konnte er nicht ahnen, dass seine Gedanken fast hundert Jahre später zur Gründung einer Kosmetiklinie füh-ren würden. Zu verdanken ist dies seiner Enkelin, der Designerin Madlaina Feuer-stein, die sein Wissen um heimische Heil-pflanzen in die samtweiche Pflegelinie ein-fliessen lässt. Entwickelt und produziert werden die Produkte in einem Schweizer Labor. Bei Feuerstein verschmelzt Ahnen-wissen über Schweizer Bergkräuter mit wi-ssenschaftlichen Erkenntnissen über kos-metische Wirkstoffe. Es sind die Kontraste, die faszinieren. Zusätzlich werden duftende Accessoires für Heim und Seele angeboten sowie individuelle Duftkreationen für Ho-tels und Unternehmen kreiert. Wer nach einem heimischen Produkt sucht, das wir-kungsvolle Pflege, schlichtes Design und betörende Düfte kombiniert, wird bei Feu-erstein Essentials Switzerland fündig.

Chf 220.– | feuerstein-essentials.ch

aus einer anderen zeit

79leBensartPUNKTmagazin Generationen

«Quotidian»

Page 80: PUNKT Generationen

Die Produkte von D.R. Harris erleichtern Männern seit Generationen die Körperpflege. Den Ursprung bildete die Geschäftsgründung durch den Apotheker Daniel Rote-ley Harris in der St. James Street, im Herzen des so genann-ten Gentleman’s Clubland in London. Das war im Jahr 1790. Heute ist die Marke weltbekannt und steht für Qualität und unverwechselbare Produkte. Das gilt auch für die Lavender Three Hand Soaps, eine der weltweit mildesten Seifen. Dank ihrer cremigen Eigenschaften ist sie auch für empfindlichste Haut geeignet.

Chf 42.– | männershop.ch

königliche tradition

FETT WEiCHE! Mit der Waage von ihealth kann

das Gewicht im Auge behalten werden. Die zuge-

hörige App für iPod, iPhone oder iPad,liefert die

nötige visuelle Unterstützung.

Ab Chf 70.– | ihealthlabs.com

HERRliCH Meilenstei-

ne der herrenunterbe-

kleidung treffen auf

Automobile Geschich-

ten. Beim Autowäsche-

Kalender werden alte

Autos, harte Typen

und alberne Unterwä-

sche neuartig und mit

viel humor in Szene

gesetzt.

Chf 37.– | autowaesche-

kalender.de.

KRÄUTERmiX Der Alp-

felenhof im Baselland

wird seit 1834 bewirt-

schaftet, mittlerweile

in der siebten Genera-

tion. Seit dreissig Jah-

ren werden die Kräuter,

Blüten und Gewürze

unter anderem zu Tee

verarbeitet.

Chf 39.50 | swisstea.ch

PUTZHilFE Der intelligente Wischroboter

Evo Plus reinigt nicht nur trocken, auch Wi-

schen im feuchtmodus ist ebenso möglich.

Dank niedriger höhe gelangt er unter viele

Möbel. hindernisse umfährt er selbständig.

Ab Chf 349.– | galaxus.ch

QUEllWAssER FÜR ZUHAUsE vortexPower

Source ermöglicht es Wasser aus dem hahn,

die Urkraft und Struktur wieder aufzubauen:

leitungswasser wird quasi wieder zu Quell-

wasser. Das mit dem red-dot-design-award

ausgezeichnete Wassersystem ist ein echtes

waschechtes Schweizer Produkt.

Ab Chf 496.– | vortexpower.ch

80 leBensart

«Apart»

Page 81: PUNKT Generationen

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Zeit hat man jeden Tag aufs Neue,

und doch ist sie die woh knappste

Ressource überhaupt.

Ausgabe n°37

Die Wirtschaft kann auf Emotio-

nen nicht verzichten. Sie sind der

Motor unseres handelns.

Ausgabe n°38

heimat ist ein Nicht-ort, sagt Bern-

hard Schlink. PUNKT hat sich trotz-

dem an das Thema herangewagt.

Ausgabe n°39

Glaube an sich selber und Glaube

an eine höhere Macht: Beide be-

stimmen den lauf der ökonomie.

Ausgabe n°40

Etwas mehr Pragmatik könnte

beim Umgang mit den folgen des

Rausches nicht schaden.

haben Sie eine Ausgabe verpasst? Schreiben Sie uns eine Email mit ihren Kontaktdaten an [email protected]@punktmagazin.ch

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81leBensartPUNKTmagazin Generationen

Page 82: PUNKT Generationen

IMPRESSUMVORSCHAUNo 01 / Februar 2013Ausgabe «Stadt/Land»ab 28. Februar 2013

verlagfinancialmedia AG, Pfingstweidstrasse 6, Ch-8005 Zürich,

[email protected], financialmedia.ch

Verleger Rino Borini, Patrick M. Widmer

Auflage 12 500 Exemplare, 40 000 leser/Ausgabe (lpA)

issn-nr. 1661-8068

Erscheinung 2013 N˚01 28. februar, N˚02 25. April, N˚03 13. Juni, N˚04 04.

September, N˚05 23. oktober, N˚06 04. Dezember

Haftungsausschluss Die Wiedergabe von Artikeln und Bildern, auch aus-

zugsweise, nur mit Genehmigung des verlags. für unverlangte Zusendungen

wird jede haftung abgelehnt. Die im Magazin veröffentlichten Angaben die-

nen der information und sind keine Aufforderung zum Kauf und/oder verkauf

von (Anlage-)Produkten.

redaktionChefredaktion Rino Borini; [email protected]

Redaktoren Mark Baer (MB), Wilma Boegel (WB), Rino Borini (RB), David fehr

(Df), Dmitrij Gawrisch (DG), Simon Jacoby (SJ), Michaël Jarjour (MJ), Barbara

Kalhammer (BK), Seraina Kobler (SK), Kristin Kranenberg (KK), Markus Noelle

(MN), florian Schaffner (fS), Claudia Thöny (CT), Nina vutk (Nv), Stine Wetzel

(SW), Adrian Witschi (AW)

Redaktion PUNKTmagazin, c/o financialmedia AG, Pfingstweidstrasse 6,

Ch-8005 Zürich, [email protected], punktmagazin.ch

kreation & umsetzungArt Direction, Konzept,Bildredaktion Boris Gassmann;

[email protected]

layout, grafik, Postproduktion Boris Gassmann;

[email protected], fabian Widmer; [email protected]

Fotografie Christine Bärlocher; chbaerlocher.ch,

Markus frietsch; markusfrietsch.com, Patrizia human; patrizia human.ch

Druck pmc, print media corporation, Ch-8618 oetwil am See, pmcoetwil.ch

verkaufAnzeigenleitung Monika Schneider; [email protected],

Telefon: +41 (0)44 277 75 30

marketingleitung Patrick M. Widmer; [email protected],

Telefon: +41 (0)44 277 75 30

iMPressUM

Städte haben in den vergangenen Jahrzehnten stark an Bedeu-tung gewonnen. Der Traum vom effizienten und ökologischen Zusammenwohnen kann in die Praxis jedoch häufig nicht umgesetzt werden. Platz- und Lärmprobleme, fehlende Verkehrskonzepte, teurer Wohnraum, Kostenexplosionen – an Herausforderungen wird es in Zukunft sicher nicht mangeln. Mitdenken ist erlaubt.

Quo vadis, dorf? Das Dorfleben war auch schon dörflicher: Lokale Gewerbetreibende haben zunehmend Mühe, sich zu behaupten und den Dorfkernen mangelt es häufig an Leben. Es gilt, den Prozess umzukehren.

grossstadtdschungelDie Wohnsituation in den Städten sorgt immer wieder für Unmut: Überteuerte Mieten, willkürliche Verteilung des subventionierten Wohnraums und Gentrifizierung sind nur ein Auszug aus der Liste.

posten in der postBriefe und Pakete werden immer weniger verschickt. Da die Post aber wachsen muss, entwickelt sie sich zum Gemischtwarenladen.

und mehr …

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Page 83: PUNKT Generationen

PROFESSIONALINVESTORS’ DAYMittwoch, 6. Februar 201310–18 UhrKongresshausZürich

PROgRAmm Detailliertes Programm und Anmeldung: www.fondsmesse.chROuNDTAbLESMittwoch, 6. Februar 201310.30—11.30 Kammermusiksaal ENERgIEWENDE

13.30—14.30 Kleine TonhalleEuRO – WANN KOmmT DIE WENDE?

Prof. Dr. Kurt Schiltknechta.o. Professor an der wirtschafts-wissenschaftlichen Fakultät der universität Basel

Prof. Dr. Jürgen Starkehemaliges Mitglied des Direktoriums der europäischen Zentralbank eZB

Dr. Theo Waigelehemaliger deutscher Finanzminister

Moderation: Peter HartmeierPublizist, ehemaliger Kommunikationschef uBs schweiz und ehemaliger chefredaktor Tagesanzeiger

Dr. Urs A. Weidmannunternehmer & ceo silent-Power ag

Dr. Patrick Hofer-NoserLeiter renewable energy systems, Meyer Burger

Dr. Urs Meisterenergiespezialist & Projektleiter avenir suisse

Moderation: Res Strehlechefredaktor Tages-anzeiger

Prof. Dr. Lino GuzzellaProfessor für Thermotronik an der eTh Zürich

Veranstalter Messepartner Medienpartner

Co-SponsorenBanque Cantonale Vaudoise | Banque Privée Edmond de Rothschild S.A. | Credit Suisse AG | IPConcept | Nordea | Swisscanto Asset Management AG Threadneedle International Investments GmbH

Hauptsponsoren

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Page 84: PUNKT Generationen

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