Purucker, Gottfried de - Wind des Geistes.pdf

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Gottfried de Purucker Wind des Geistes Vollständige deutsche Übersetzung von „Wind of the Spirit“ Gottfried de Purucker Wind des Geistes Vollständige deutsche Übersetzung von „Wind of the Spirit“

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  • Gottfried de Purucker

    WinddesGeistes

    Vollstndige deutsche bersetzungvon Wind of the SpiritW

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    Gottfried de Purucker

    Gottfried de Purucker

    WinddesGeistes

    Vollstndige deutsche bersetzungvon Wind of the Spirit

  • Gottfried de Purucker

    WinddesGeistes

    Vollstndige deutsche bersetzungvon Wind of the Spirit

    Originalausgabe: Theosophical University Press, Pasadena, Kalifornienbersetzung: Theosophischer Verlag GmbH, Deutschland

  • Originalausgabe:Theosophical University Press 1984

    POST OFFICE BOX C, PASADENA, KALIFORNIEN 91109-7107, USA

    Erstausgabe 1944Zweite, berarbeitete Ausgabe, Copyright 1984

    Alle Rechte vorbehalten

    bersetzung:Theosophischer Verlag GmbH, 1995

    Theosophischer Verlag GmbHVerlag der Theosophischen Gesellschaft Pasadena

    ISBN 3-930623-15-3

    Hergestellt in Deutschland

  • Inhaltsverzeichnis

    Vorwort .........................................................................................................xi

    Der Wind des Geistes ...................................................................................3

    Das Erbe des Menschen ist der Mensch selbst .............................................8

    Wo sind die Weisen und Seher? .................................................................13

    Verlagern wir unser Bewutseinszentrum ..................................................18

    Altruismus ....................................................................................................27

    Gestalten Sie Ihr Schicksal ..........................................................................30

    Nach dem Tode bist Du Du selbst ..........................................................31

    Das Geheimnis der menschlichen Konflikte ...............................................37

    Die gttliche Entsprechung .........................................................................43

    Zivilisation wird aus Gedanken erbaut .......................................................44

    Das Gebot des Pythagoras ...........................................................................48

    Universalitt und die Esoterische Tradition................................................49

    Wo die Meister arbeiten ..............................................................................52

    Gebet und Streben........................................................................................54

  • Der einzige Ausweg .....................................................................................58

    Wo zwei oder drei versammelt sind ............................................................65

    Der direkte Weg zur Weisheit ....................................................................66

    Was ist das Alter? ........................................................................................69

    Errette Dich selbst .......................................................................................75

    Der Prfstein der Wahrheit ........................................................................76

    An jene, die trauern .....................................................................................77

    Die Hingabe des Selbst ...............................................................................80

    Warum nicht ber sich selbst lachen? ........................................................81

    Der Schutzengel ..........................................................................................84

    Strke durch bung ....................................................................................87

    Die Ursachen fr das Leid in der Welt und seine Heilung .......................88

    berwachen Sie Ihre Denkprozesse ...........................................................92

    Initiation und Leiden ...................................................................................93

    Das Herz wird gewogen ..............................................................................95

    Die Beseelung des Menschen ....................................................................102

    Die berwindung des Zweifels .................................................................105

    Die Essenz von H. P. Blavatskys Botschaft ...............................................106

    Der Yoga der Theosophie .........................................................................109

    vi Wind des Geistes

  • Schnheit und Wissenschaft .....................................................................113

    Das verstndnisvolle Herz .........................................................................114

    Karma: angenehm und unangenehm ........................................................117

    Junge Menschen und Theosophie ............................................................120

    Wenn man Fehler macht ...........................................................................123

    Die verlorene Sache des Materialismus .....................................................124

    Die jungfruliche Geburt ...........................................................................129

    Lat das Christuskind leben.......................................................................134

    Die exoterische und die esoterische H. P. B...............................................136

    Die Vision Buddhas des Herrn ..................................................................149

    Verhaltensregeln.........................................................................................151

    Gesunder Menschenverstand zu Hause.....................................................153

    Eine ausgeglichene und visionre Haltung................................................158

    Vergebung und karmische Handlung ........................................................160

    Die Welt mit Ideen erobern.......................................................................162

    Karmische Wirkungen und Bardo .............................................................165

    Der Lohn des Selbstvergessens ..................................................................168

    Die Rache ist mein ..................................................................................170

    Das menschliche Bewutsein .....................................................................174

    Inhaltsverzeichnis vii

  • Theosophen und das Gebet .......................................................................178

    Strke und Ausgewogenheit im Okkultismus ............................................181

    Furcht, die groe Zerstrerin ....................................................................184

    Verlust der Seele und Unaufrichtigkeit .....................................................186

    Die Beziehung des Endlichen zum Unendlichen......................................190

    Mibrauch des freien Willens ....................................................................197

    Fhre uns nicht in Versuchung ..............................................................199

    Hilfe von den Gttern................................................................................201

    ber die Vorbestimmung ..........................................................................202

    Was ist Wahrheit? ......................................................................................208

    Wir haben keine Dogmen..........................................................................211

    Vorstze fassen ...........................................................................................212

    Hilfe von den Lehrern................................................................................213

    Ermutigung auf dem Pfad ..........................................................................214

    Die Natur in stillem Gebet ........................................................................217

    Zwei Auffassungen von der Realitt ..........................................................219

    Die Orakel der Alten ..................................................................................222

    Pflicht und moralisches Gleichgewicht......................................................223

    Ein Leben ein Gesetz ..............................................................................226

    viii Wind des Geistes

  • Die Theosophie Chinas..............................................................................231

    Die Verantwortung der Wissenschaftler ...................................................233

    Engel und Dmon ......................................................................................234

    ber das Heilen..........................................................................................240

    Der Mensch in einem gerechten und geordneten Universum..................244

    Wo kann die Wahrheit gefunden werden? ...............................................248

    Mit Sanftheit und Gte gewinnen .............................................................250

    Der Berg des Verstehens ...........................................................................251

    Drei Aspekte Karmas..................................................................................254

    Wie Ostern ein christliches Fest wurde.....................................................256

    Zeit, Dauer und das ewige Jetzt .................................................................259

    Der Weg der Natur nach dem Tod ..........................................................263

    Wein als mystisches Symbol ......................................................................267

    Die vier Yugas.............................................................................................269

    Wie kann man Reinkarnation beweisen?...................................................272

    Das unbesiegbare Feuer des Geistes ..........................................................276

    Wissen bringt Verantwortung ...................................................................277

    Der Widersacher ........................................................................................279

    Der Weihnachtsbaum ................................................................................284

    Inhaltsverzeichnis ix

  • Die lebenden Buddhas in Tibet .................................................................285

    Gedanken ber Karma ...............................................................................287

    Die alte Lehre vom stellvertretenden Shneopfer ....................................290

    Die Goldene oder die Platonische Kette ..................................................293

    Versunkene Kontinente und unser Atlantisches Erbe...............................295

    Drei Stufen zur Erkenntnis der Wahrheit ................................................301

    Aham Asmi Parabrahma. ............................................................................305

    Glossar ........................................................................................................309

    Chronologie................................................................................................315

    Index............................................................................................................319

    x Wind des Geistes

  • Vorwort

    DER WIND DES GEISTES, der ber die Erde weht, strmisch, kalt undbissig, wie es uns empfindsamen Menschen scheint, ist nichtsdesto-weniger der Wind des Geistes dies war das Leitthema einer Ansprache,die Gottfried de Purucker im Jahre 1940 hielt. Die berschrift des ein-leitenden Kapitels sowie der Titel des vorliegenden Buches beziehen sichdarauf. Der Verfasser ermuntert uns, die Welt der ueren Erschei-nungsformen zu durchschauen und hinter den Zeiterscheinungen dasEwige zu sehen, denn in der gegenwrtigen Unruhe verkrpert sichKraft, spirituelle Kraft.

    Seit diese Worte vor einem halben Jahrhundert gesprochen wurden,wehten die Winde des Schicksals heftig, gelegentlich mit steifer Brise.Kaum eine Nation oder Rasse, kein Mensch, nicht einmal Mutter Erdeselbst mit ihren vielfltigen Lebensbereichen blieben von karmischenVernderungen verschont. Doch aus dem Leid und der Zerrissenheitrckt eine neue Weltsicht, eine neue und grere Vision von der Rolleder Menschheit im kosmischen Drama in den Mittelpunkt unseres Inter-esses. Trotz verbreiteter, subtiler, gelegentlich auch plumper Selbstsuchtwchst die Ausbung des Altruismus als geistiger Gegenimpuls undgewinnt an Bedeutung.

    Im Verlauf seiner Ttigkeit als Leiter der Theosophischen Gesell-schaft (1929-1942) hielt Dr. de Purucker whrend vieler Jahre in Europaund in den Vereinigten Staaten eine Reihe von Vortrgen, welche dievielfltigen Aspekte der Theosophie zum Inhalt hatten. Sie bilden dieGrundlage seiner umfangreichen Bcher. Das Buch Der Wind des Geistesunterscheidet sich davon. Aus der scheinbar zuflligen Zusammen-stellung von Bemerkungen, die er ffentlich oder in privatenZusammenknften machte, aus Briefauszgen oder einzelnen Hinweisen,die er Schlern gab, geht erneut hervor, wie ungeheuer praktisch dieTheosophie ist. Natrlich enthalten diese Hinweise viel Belehrung wie

  • knnte es auch anders sein; so profund war seine Kenntnis des spirituel-len und literarischen Erbes der Welt. Der Wert des Buches liegt jedochin der Fhigkeit de Puruckers, auf die menschliche Not eine klare unddirekte Antwort zu geben. Obwohl sich der Autor den menschlichenSchwchen gegenber immer mitleidsvoll zeigt, fordert er uns dennochbestndig auf, unseren inneren Seelenadel zu manifestieren. So war esverstndlich, da sich Der Wind des Geistes, im Jahre 1944 erstmaligpubliziert, zwei Jahre nach dem Tod des Autors, der sofortigen Wert-schtzung erfreute.

    In der vorliegenden Ausgabe wurden die im Erstdruck enthaltenen,etwas formal erscheinenden acht Vortrge weggelassen, da die behandel-ten Themen vom Autor vielfach auch an anderen Stellen errtert wurden.Abgesehen davon wurden nur kleine berarbeitungen der Textevorgenommen, um die Lebendigkeit des gesprochenen Wortes hervor-zuheben. Als Hilfe fr den Leser wurde ein Index und ein Glossar derphilosophischen Ausdrcke angefgt. Beide wurden von Ingrid VanMater erstellt.

    Das Buch schliet mit der Rede, die Dr. de Purucker eine Woche vorseinem Tod hielt: Aham Asmi Parabrahma, d.h. Ich bin Parabrahma,das Grenzenlose. Dies war das Alpha und Omega seines Lehrauftrages.Er erinnerte uns immer wieder daran, da im Herzen jedes Menschen, inder Tat in jedem Atom im Kosmos, eine lebende Gottheit wohnt. Denktdarber nach, was es bedeuten wrde, wenn jeder Mensch auf Erden vonder Wirklichkeit dieser kosmischen Wahrheit vollkommen berzeugtwre! Niemals mehr wrde sich eine Hand des Menschen gegen einenMitmenschen erheben. Immer wre es die ausgestreckte Hand der Hilfe-leistung und der Bruderschaft. Da ich mein Bruder bin sind wir inunserem Innersten eins.

    GRACE F. KNOCHE

    21. Juni 1984Pasadena, California

    xii Wind des Geistes

  • WinddesGeistes

  • Der Wind des Geistes

    EINE SACHE LERNTE ICH bereits als Kind. Ich lernte sie gut, und siewurde seitdem eine meiner besten Freunde: es ist die Einsicht, da ich ausallem etwas lernen kann, und da jeder Tag in meinem Leben verlorenist, den ich verstreichen lasse, ohne mich zu bemhen, meinen Weis-heitsschatz zu vermehren und mein inneres Leben zu erweitern und zuvertiefen, wie klein der Ertrag auch sein mag. Zu viele von uns schlafen;wir schlafen und trumen. Wir trumen Trume, und allzuoft sind dieseTrume schlechte Trume, weil sie aus unserem niederen persnlichen,leicht selbstzufriedenen Ego emporwallen. Andere von uns jedoch tru-men Visionen unvergleichlicher Schnheit und ich meine nicht nur sol-che von physischer Schnheit, sondern von Schnheit jeglicher Art: vonspiritueller Schnheit, intellektueller Schnheit, ja selbst von Schnheitder uns umgebenden wunderbaren Natur. Und jede neue Vision einessolchen Wunders erweckt uns gleichermaen. Oh, wie wir schlafen undvergessen haben, was wir sind und welcher Reichtum um uns ist, der unsgehrt, wenn wir nur wollen! Denn dem steht nichts im Wege auer demeigenen Ich. Niemand ist so blind wie jene, die sich weigern zu sehen;niemand ist so taub wie jene, die sich weigern zu hren. Andererseits istniemand so weise wie derjenige, welcher jeder neuen Erfahrung imwunderbaren Abenteuer des Lebens mit dem Gefhl begegnet: hinterdieser Erfahrung steht ein Engel fr mich bereit. Ich mu ihn entdecken,ich mu lernen, was der engelhafte Bote mir zu sagen versucht. JedeErfahrung ist so.

    Das Groartigste, was Theosophie fr uns vollbringt, ist meinerMeinung nach, da sie die Schleier von unseren Augen nimmt und unsereOhren ffnet, so da wir beim Sehen etwas mehr sehen und beim Hrenetwas mehr hren; bis wir schlielich anfangen zu hren, was die Stilleuns sagt die Stimme der Stille, die fr uns die bedeutendste, reich-haltigste und weisheitstrchtigste Stimme ist. Theosophie wre nur eineFarce, nur ein Flitterwerk, wenn sie uns nicht aus uns selbst erwecken unduns zu mehr machen wrde, als wir waren. Das ist ihr einziges Ziel; unddas ist der wahre Grund, warum wir sie studieren: um immer erleuchte-ter, ein wenig grer und ein bichen empfnglicher zu werden.

  • Gerade hier erkennen wir den Unterschied zwischen Tier undMensch. Das Tier sieht und wei nichts, begreift nichts. Der Menschsieht und versteht ein wenig, und der Meister sieht und hrt, und dieBotschaft wird ihm in ihrer ganzen Tragweite bewut. Und die Gottheit,der Schpfer dessen, was wir sehen und hren, mu, wie alle Gtter, ihrLicht aus noch erhabeneren Welten, Ebenen und Sphren des univer-salen Lebens empfangen.

    Wenn wir uns vor Augen halten, was gegenwrtig in der Weltpassiert, mssen wir erkennen, da es sich um kein zuflliges Ereignis, umkeine planlose oder willkrliche Begebenheit, nicht um blinde Schicksals-schlge handelt, sondern um die Entwicklung der kommenden Ereignisse.Wir mssen erkennen, da hinter diesen Ereignissen eine Macht, eine spi-rituelle Macht, eine spirituelle Kraft steht. Sie wird alles zu einem bereitsvorbestimmten und erhabenen Ende ausarbeiten. Denn trotz der Agonieund Niedergeschlagenheit, die wir in unserer Blindheit fhlen, ist es derWind des Geistes, der ber die Erde fegt, neuordnend, neuschaffend undneugestaltend. Die aufkommenden ngste und Sorgen haben ihrenUrsprung allein in uns selbst. Blind, wie wir sind, wollen wir nicht in denmajesttischen Proze der Natur eintreten, um ihr zu helfen, sondern wirwidersetzen uns ihr; und weil wir uns ihr widersetzen, leiden wir.

    Man mag argumentieren: Ach, wir wissen nicht, wie wir in ber-einstimmung mit den Naturgesetzen handeln knnen! Aber dieseBehauptung ist nicht wahr. Sie ist eine Lge, denn den Menschen wurdeseit undenklicher Zeit gelehrt, da Recht Recht ist, GerechtigkeitGerechtigkeit und Unrecht Unrecht. Knnen wir zwischen dem Rechtund dem Unrecht whlen? Gerade hier beginnt die Schwierigkeit. Nicht,da sie an sich vorhanden wre, aber wir erzeugen sie. Es ist falsch,Gewaltttigkeit und Gewalt anzuwenden das erste Gebot lautet: Dusollst nicht tten. Wer dieses Gesetz verletzt, bringt sich selbst in Oppo-sition zu den Ablufen der Natur. Sogar in alltglichen Dingen erkenntdas der menschliche Genius; und das zeigt sich heute schon in unserenSystemen der Rechtswissenschaft wahrlich ein Fortschritt. Denn frjemanden, der sich fr ein ihm zugefgtes Unrecht rchen mchte,erscheint es nicht lnger logisch, seinen Feind ausfindig zu machen undihn in ein tdliches Duell zu verwickeln. Wir machen Fortschritte, dennes gab einmal eine Zeit, in der man sich weigerte anzuerkennen, da es soetwas wie menschliche Ehre gibt und Menschen einem schndlichen

    4 Wind des Geistes

  • Scherbengericht aussetzte. Unsere Ideen haben sich erweitert. Wrdeheutzutage irgend jemand auf der Welt die Behauptung wagen, daGewalt der einzige Weg zur Beilegung von Konflikten ist, wenn dasUnrecht zu triumphieren scheint?

    Der Weg, Streitigkeiten beizulegen, besteht darin, Vernunft waltenzu lassen und sich zu weigern, etwas anderes, weniger Bedeutsames alsdiese anzuwenden. Denn wer zum Schwert greift, wird, wie der AvatraJesus sagte, durch das Schwert umkommen. Vielleicht nicht unmittelbar,aber im Verlauf der Zeit. Streitigkeiten werden gerechterweise auf derGrundlage von Vernunft und Recht beigelegt, niemals mit harter Handund Gewalt.

    Wir fragen, weshalb wir leiden. Wir mchten wissen, warum geradewir in diese Dinge verwickelt wurden. In Unkenntnis unseres HherenSelbst und mangels eines unerschtterlichen Vertrauens in die ewigenGesetze des kosmischen Lebens ergreifen und bernehmen wir selber diePflichten des Rchers. Welcher Mensch wei genug, um einen anderenMenschen zum Schafott verurteilen zu knnen? Diese Prinzipien sind soweit anerkannt, da keine zivilisierte Nation heutzutage diese Strafeempfiehlt. Sie alle wollen Gerechtigkeit, sie alle wollen ihren Verstandgebrauchen. Warum wenden sie ihn dann nicht an? Und, falls sie ihnbentzen, warum bleiben sie nicht dabei? Man mu sich mit den Tatsa-chen auseinandersetzen, wenn man die Ursachen des Leidens und derSeelenangst, des Schreckens und der entsetzlichen Entbehrungen, denenwir ausgesetzt sind, kennenlernen will. Es ist weder ein auer- noch eininnerkosmischer Gott, der uns, seinen blinden Kindern, diese schreckli-chen Dinge auferlegt hat. Wir selbst sind es.

    Ich predige keine Lehre des unlogischen Pazifismus in dem Sinn, daman sich allem widerstandslos unterwerfen mu, denn die Gesellschaftmu sich selbst schtzen. Aber sie sollte sich mit Mitteln schtzen, diesich als nationale und internationale Gesetze bereits bewhrt haben unddie zu halten sich die grten und vor allem die zivilisiertesten Nationenauf Erden bereits vor Jahren ehrlich und getreulich verpflichtet haben.Wenn jedoch der Bewhrungsfall eintritt, dann heit es: Oh nein, das isteine Sache der nationalen Ehre. Wir werden es selbst in die Handnehmen! Erst wenn die schweren Schicksalsschlge herniederprasseln,Glck und Ehre dahin geschwunden sind und Not und Elend durchunsere Straen schleichen, dann schreien wir zum Himmel und fragen:

    Wind des Geistes 5

  • Was habe ich getan, da dies alles auf mich hereinstrzt? Gbe es keineMittel fr Sicherheit und die Durchsetzung des Rechts, dann lge der Fallanders. Aber es gibt Mittel, anerkannte und akzeptierte Mittel, die dieStaatsmnner unserer Welt in Paktvertrgen feierlich beschlossen haben.

    Der Wind des Geistes, der ber die Erde weht, strmisch, kalt undscharf, wie es uns empfindsamen Menschen scheint, ist nichtsdesto-weniger der Wind des Geistes, und er wird die Nebel und Illusionenzerstreuen. Die Menschen werden endlich wieder Frieden finden, himm-lischen Frieden und Wohlstand und Selbstachtung.

    Whrend unsere Herzen sthnen und wir wren unmenschlich,wenn unsere Herzen nicht ber die Vorkommnisse, die unsere mensch-lichen Brder berall erdulden mssen, aufschreien wrden ist es trotz-dem gut, sich daran zu erinnern, da hinter dem Leid ein Lernprozesteht, und da nach den gegenwrtigen Ereignissen ein neuer Morgenheraufdmmert. Lat uns alle, nicht nur als Theosophen, unseren Teildazu beitragen und mithelfen, dem neuen Tag zur Geburt zu verhelfen,damit wir erkennen, wie falsch es ist, Gewalt anzuwenden. Nur dannkann der Sieg der Gerechtigkeit und der Vernunft durchgesetzt werden,und echtes Mitgefhl wird unter uns und um uns sein. Wenn nicht, wirduns etwas noch viel Schlimmeres ereilen als das, was wir gerade durch-zustehen haben. Und diesem Schlimmeren werden immer nochschlimmere Ereignisse folgen, bis zu den Ruinen unserer Zivilisation,und bis unsere zivilisierte Welt in Flammen und Blut verschwunden seinwird.

    Jene unter uns, die empfnglich genug sind, die Handschrift an derWand zu lesen, sollten besser erwachen.

    MENE MENE TEKEL UPHARSIN!Gewogen, gewogen, zu leicht befunden die Perser!

    Die Tragdie der Welt besteht darin, da die Menschen ihr Vertrauenin eine immerwhrende spirituelle Kraft in unserer Welt verloren habenund die Vernunft uns verlassen hat. Unser gesamtes Universum ist ledig-lich eine Erscheinung, eine uere Schale, ein physischer Krper, in demsich die gewaltigen Krfte, die sich auf der anderen Seite des Schleiers derNatur befinden, manifestieren. Kein Mensch, kein Halbgott und keinGott kann sich diesen Krften widersetzen oder entgegenstellen, ohne

    6 Wind des Geistes

  • dafr zu ben. Die Welt wird durch Gesetz regiert, und frher oderspter werden die Gtter von ihren azurnen Sitzen herabsteigen. Wirwerden es erleben, da sie als Boten von Glck und Frieden zu unskommen und nicht mit flammenden Schwertern, um die Vernichtung derUnschuldigen zu rchen.

    Sie mgen mir antworten: Sie predigen, nachdem es bereits passiertist! Aber das ist nicht wahr, denn Schlimmeres wird kommen, ehe wiruns versehen. Diese Zusammenhnge wurden der Menschheit seitundenklichen Zeiten erlutert. Der Mann, der sagte: Gott und ichbilden eine Majoritt gegen die ganze Welt, war kein glhender Egoist wenn wir die Bedeutung richtig verstehen.

    Ich fhle mich gedrngt, vom Wind des Geistes zu sprechen, derber die Erde weht. Er wird alle falschen Lichter lschen. Die wahrenund heiligen Lichter werden jedoch heller leuchten und fortdauern.Doch richtet nicht! Es wird nicht alles an einem Tag vollbracht. Viel-leicht dauert es fnfzig Jahre, bis wir endlich etwas von der innerenBedeutung dessen begreifen, was jetzt auf uns zukommt: des Guten undSchlechten, des Hohen und des Niedrigen, der Gefhle in all ihrenHhen und Tiefen. Doch das, was ich den Wind des Geistes nannte, istim himmlischen Sinne vorausschauend. Er ist der Geist der Erde, wennman so will, und er funktioniert uerst przise. All das, was gro undselbstlos ist, wird leben. Was jedoch falsch und voller Selbstsucht ist, wirdder Wind nicht nur zum Einsturz bringen, sondern mglicherweise gnz-lich vernichten. Legen Sie Ihr ganzes Vertrauen in die gttliche Kraft, diehinter der Natur wirkt! Leben Sie in bereinstimmung mit ihr, dannwird die Natur Sie als ihren Mitarbeiter betrachten, Sie als ihren Meisterbetrachten und sich vor Ihnen verbeugen. Wer Ohren hat zu hren, derhre!

    Wind des Geistes 7

  • Das Erbe des Menschenist der Mensch selbst

    DAS ERBE DES MENSCHEN ist der Mensch selbst. Jeder Mensch ist seineigener Baumeister und auch sein potentieller Vernichter. Jeder Menschist sein eigener Erneuerer und Erretter, und jeder Mensch zerstrt dasWerk, das er vielleicht seit onen in der Vergangenheit selbst geschaffenhat. Diese Feststellung mag geheimnisvoll und schwer verstndlichklingen, wie ein dunkler Ausspruch. Und doch frage ich mich, wie irgendjemand eine so selbstverstndliche Wahrheit bezweifeln knnte. Ist esnicht ganz klar, da ein Mensch genau das ist, was er ist; und da das, waser ist, die Summe seiner frheren Leben ist, das Resultat seiner Gedan-ken und seiner Gefhle, das Ergebnis seines frheren Wollens, Denkensund Fhlens. Wir machen uns selbst, wir formen unseren eigenenCharakter.

    Dies ist eine der Binsenwahrheiten menschlicher Erfahrung. DenkenSie aber darber nach, was es bedeutet, wenn dies voll erfat wird. Wirgestalten unser Dasein von Tag zu Tag, von Jahr zu Jahr, von Leben zuLeben, entweder harmonisch oder sehr hlich. Fr letzteres kann nie-mand anderem die Schuld zugeschoben und fr ersteres kann niemandanderer gepriesen werden, auer der Betreffende selbst. berlegen Sie,wie gerecht dies ist! Wir haben keinen, niemanden auer uns selbst zutadeln, wenn wir uns migestaltet und hlich und voll Sorge und Peingeschaffen haben; und niemand auer uns selbst ist zu preisen, wennunser Dasein durch unsere eigenen Anstrengungen geordnet und bewun-dernswert harmonisch wird. Der Mensch kann seinen Charakter durchsein Denken ndern, wodurch sich seine Seele ndert, wodurch sich seinSchicksal ndert und wodurch sich alles ndert, was er gegenwrtig istund in Zukunft sein wird. Weshalb beschuldigen wir die schuldlosenGtter fr unsere eigenen Fehler, uns nach Mustern geschaffen zu haben,die wir selbst prgten? Es ist die alte Geschichte vom Sndenbock einWort der Umgangssprache, aber wie bezeichnend! , der gefunden wer-den mu, um die Schuld einem anderen zuschieben zu knnen. Das istder sicherste Weg, abwrts- statt aufwrtszugehen; denn die Erkenntnisder Wahrheit und der Gerechtigkeit und das Erkennen der Verantwor-

  • tung eines Menschen fr sich selbst, sind die ersten Schritte auf demaufwrtsfhrenden Pfad; und welche groe Hoffnung liegt hierin!Denken Sie an die Fehler, die wir in der Vergangenheit machten; an dasUnrecht, das wir anderen und uns selbst zufgten. Nur die Hlfte derGeschichte ist erzhlt, wenn wir sagen, da wir uns selbst gemacht habenund da wir selbst fr uns verantwortlich sind; die andere Hlfte derGeschichte besteht in dem, was wir anderen zufgten: wie wir geholfenhaben, da sie ihr Leben schn gestalteten oder ihr Leben auf hlicheWeise migestalteten.

    Diese Erkenntnis der Verantwortung des Menschen nicht nur sich,sondern auch anderen gegenber, ist der verlorene Grundton der moder-nen Zivilisation, die von der Idee geblendet zu sein scheint, da sich dieDinge selbst regeln werden und da alles, was die Menschen tun mssen,darin besteht, so viel wie mglich aus der sie umgebenden Atmosphreherauszuholen. Ich halte das fr eine hllische Lehre, aus der nur Elendgeerntet werden kann. Lassen Sie einen Menschen sich darber klar-werden, da er ein Mensch ist, und da er, was er st, ernten wird, undda er, was er erntet, selbst gest hat, und dann beobachten Sie, wie dasAntlitz der Welt verndert werden wird. Jeder Mensch wird dann nichtnur uerst sorgfltig darauf achten, wie seine eigenen Handlungen, dieder Spiegel seiner Gedanken und Gefhle sind, als erstes auf ihn selbstwirken, sondern, was vielleicht noch wichtiger ist, wie sie auf andereeinwirken. Ich halte das Fehlen dieses Gefhls der individuellen Verant-wortung und der Verantwortung der Allgemeinheit in der heutigen Weltfr die Ursache der vielen, vielen Greuel, die immer schlimmer werden,statt besser. Es frdert den Glauben, da Gewalt ein Unrecht in Ordnungbringen kann. Das kann sie niemals. Gewaltttigkeit wurde nie durchweitere Gewalt unwirksam gemacht. Nie wurde ein Problem auf dieseArt gelst. Gewalt verstt gegen die Gesetze des Seins, gegen dieGesetze der Dinge, wie sie sind. Denken Sie es zu Ende, und Sie werdenes selbst erkennen.

    Was ist des Menschen Erbe? Ich sage es nochmals: es ist der Menschselbst. Ich bin ich, weil ich mich in anderen Leben schuf. Wie schme ichmich gelegentlich ber mich selbst, da ich mich nicht weiser und besserund vorzglicher und in jeder Hinsicht edler gemacht habe. Und wiesegne ich die leisen Eingebungen der Gttlichkeit in meinem Herzen,da ich sagen kann, ich bin nicht schlechter als ich bin! Sie sehen, dies ist

    Das Erbe des Menschen ist der Mensch selbst 9

  • die erste Verwirklichung meiner Verantwortlichkeit gegenber allen und dieses alle schliet mich mit ein. Hierin liegt ein wunderbarerGedanke: Wenn ein Mensch recht handelt, ohne Rcksicht darauf, was esihm selbst abverlangt, dann strkt er sich selbst und alle anderen. Es istein Werk wunderbarer Magie. Und ist es nicht einleuchtend, da sich einMensch selbst schwcht, wenn er Bses tut? Als erstes wird sein Willegeschwcht, dann werden seine Gedanken beschmutzt und dann lt dieStrke seiner wahren inneren Gefhle nach. Wenn dieser Mensch denabwrtsfhrenden Pfad lange genug verfolgt, verursacht schon der bloeKontakt mit ihm eine Beschmutzung des eigenen Selbst. So wie es heit,da ein verfaulter Apfel einen ganzen Korb voll gesunder Frchte ver-derben wird, so beeinflut ein schlechter Charakter in widriger undschlechter Weise nicht nur sich selbst, sondern auch alle die Unglck-lichen, die ihm nahe sein mgen.

    Wir knnen uns davor sehr leicht schtzen, weil es nur wenige Dingegibt, die so offenbar sind wie das Bse. Es besitzt nichts, was ihm Haltgibt, auer der Illusion. Lassen Sie es allein und es wird sich wie einNebel auflsen. Strken Sie es nicht dadurch, da Sie von Ihrer eigenenEnergie noch mehr Bses in die Illusion einstrmen lassen. Wenn esnichts hat, was ihm Halt gibt, keine Quelle vitaler Aktivitt in sich selbst,so zerfllt es, bricht es in Stcke. Wie andersartig ist das Gute; es ist heil-bringend, strkend und reinigend. So einfache und so tiefe Wahrheiten!Ich halte die einfachsten Dinge fr die schnsten und tiefgrndigsten. Soist die Lehre vom Erbe eines Menschen, das er selbst ist, einfach dieLehre einer anderen Chance fr den Menschen, der sein Leben selbstverdorben hat. Kein anderer Mensch kann Sie verderben, wenn Sie nichtselbst an der Verderbnis mitwirken. Kein anderer kann Sie bse machen,wenn Sie sich nicht beeinflussen lassen oder an der Tat beteiligen.Tadeln Sie nicht den anderen fr Ihren Fall. Sie selbst sind es, der fllt,und Sie werden niemals fallen, wrden niemals gefallen sein, wenn Sienicht das bevorzugt htten, was den Fall zustande brachte. Solch einfacheWahrheiten, und doch enthalten sie einen Kodex gttlichen Verhaltensfr uns Menschen auf dieser Erde. Ein Kind vermag diese Dinge zuverstehen, weil sie so klar, so einleuchtend sind.

    Die Lehre von einer neuen Gelegenheit! Denken Sie an einenMenschen an irgendeinen von uns , der sein Leben verpfuscht hat undsich darber wundert, warum ble Umstnde, Unheil, Unglck, Elend

    10 Wind des Geistes

  • und andere schreckliche Dinge ber ihn kommen, bis er manchmal in derSeelenqual des Selbstvorwurfes aufschreit: Herr, befreie mich aus dieserHlle. Dies ist der alte schwache Appell an eine Instanz, von der keineHilfe kommt, denn die Hilfe liegt im Inneren: das Gttliche liegt in IhrerBrust, die Quelle aller Strke und Gre; je mehr Sie an sie appellieren,desto mehr bringen Sie sie in Ttigkeit, desto mehr strken Sie Ihreigenes Selbst, nehmen Sie an Wahrheit und Weisheit zu und erhebensich ber alle Ebenen der Schwche, des Kummers und der Pein, diedurch die schlechten Handlungen und Gedanken entstanden sind.

    Sie haben sich selbst so gemacht und in Ihrem nchsten Lebenwerden Sie genau das sein, was Sie gerade jetzt aus sich machen. Sie wer-den Ihr eigenes Erbe sein. Sie schreiben jetzt sozusagen Ihren letztenWillen und Ihr Testament fr sich selbst. Wenn ein Mensch sich dieserwunderbaren Tatsache bewut wird, dann tadelt er nicht lnger andereund sitzt nicht lnger zu Gericht ber seine Brder. Er sagt nicht lnger:Ich bin heiliger als Du eine Haltung, die ein sicheres Kennzeichen frein schwaches und armseliges geistiges Leben ist.

    Es gibt ein wunderbares franzsisches Sprichwort, das wie folgtlautet: Tout comprendre, cest tout pardonner; Alles verstehen, heit allesverzeihen. Alle verborgenen Ursachen, die Resultate, das vergangeneSchicksal, die gegenwrtige Strke, die Versuchung, die Tugend, was esauch sein mge, zu verstehen all dies zu verstehen, heit, gttlichesWissen haben, und das heit vergeben. Es ist ein wundervolles Sprich-wort. Es mu ich wage es zu behaupten zuerst von einem Menschengeuert worden sein, der von einer Erleuchtung berhrt wurde. Ichwei aus eigener Erfahrung, da ich mir sage, wenn ich verletzt wordenbin oder mich gekrnkt und ungerecht behandelt fhle, selbst wenn dasmir zugefgte Unrecht anscheinend offensichtlich ist: Wenn ich imHerzen meines Bruders, der mir Unrecht zufgte, lesen und in die weitentlegene Vergangenheit zurckblttern und sehen knnte, was ich ihmmglicherweise an Unrecht zugefgt habe, dann wrde ich vielleichterkennen, da er sich jetzt des Unrechts, das er mir zufgte, genauso-wenig bewut ist, wie ich damals das Unrecht nicht sah, das ich ihm antat.Ich kann den Schatz an Tugend, Glck und Frieden in dieser Welt nichtdadurch vermehren, indem ich mit dem Mastab des Kampfes messe undnoch mehr Wut und Ha in eine von Ha besessene Welt hineinbringe.Aber ich kann meinen Teil dazu beitragen, indem ich mein Selbst strke,

    Das Erbe des Menschen ist der Mensch selbst 11

  • meinen Teil dazu beitragen, indem ich das tue, was ich selbst gelehrthabe: nmlich das ausben, was ich predige und dafr etwas Licht aus demHheren in mir empfange, von dem Gott in mir. Friede und Glck sowiedas Gefhl verstrkter Selbstachtung und mehr Mitgefhl entstehendaraus.

    Wissen Sie, manchmal denke ich, da Mitgefhl oder Mitleid diehchsten himmlischen Besucher im Tempel des menschlichen Herzenssind. Die alten Weisen sagten wiederholt, da niemand, auer denGttern, den Menschen wirklich exakte Gerechtigkeit widerfahren lasse,oder was sie fr Gerechtigkeit halten und sich als ihr Recht einreden. DieGtter hren alles, sehen alles, fhlen alles, verstehen alles und sind vonMitleid erfllt. berlegen Sie einmal, welche Chance irgendeiner vonuns Menschen wohl haben wrde, der Verdammung zu entrinnen, wenner ohne Milderung durch Mitleid und Weisheit auf der feinsten Waageder karmischen Gerechtigkeit gewogen wrde? Nimmt irgendeiner vonIhnen an, da seine Tugend und seine heilige Strke so fleckenlos sind,da sich die Schale nicht zu seinen Ungunsten neigen wrde? Wenn ja,dann sind Sie sehr, sehr glcklich oder sehr, sehr blind! Ich denke, wennSie eine solche fleckenlose Reinheit vergangenen Karmas htten, dannwren Sie nicht als Mensch hier auf dieser Erde, um sich selbst Ihreigenes Erbe zu erarbeiten.

    Es ist wahr, da die gesamte Menschheit dabei ist, knftig zu Gtternzu werden, und es gibt keinen erdenklichen Grund, warum wir nichtgenau in diesem Augenblick beginnen sollten, der Gttlichkeit entgegen-zuwachsen. Sie gewinnen alles, Sie erlangen alles, Sie verlieren nichts.Aus einem von vergangenem Karma getriebenen Sklaven werden Sie mitder Zeit zum Ordner Ihres eigenen Schicksals, denn Sie sind Ihr eigenesErbe. Was fr eine trstliche Lehre! Wieviel Licht schenkt sie uns!

    12 Wind des Geistes

  • Wo sind die Weisen und Seher?

    DIE GROSSEN WEISEN UND SEHER, die Meister der Weisheit und desMitleids gehren keiner Rasse und insbesondere keinem Glaubens-bekenntnis an. Sie sind Kinder des Geistes, erwachte Menschen, derengewohntes Denken die Wahrheit selbst ist. Daher sind ihre Sympathienuniversal. Sie kennen keine Schranken der Rasse, der Kaste, des Glaubensoder der Hautfarbe. Sie sind Wahrheitssucher, Wahrheitslehrer. DieTheosophische Gesellschaft wurde von ihnen gegrndet, um die Wahr-heit zu verbreiten, die kosmische Weisheit, die kosmische Philosophie,die bereits bestand, ehe die Fundamente der mchtigen Berge gelegtwurden, ja, ehe die Shne des Morgens anfingen zu singen und ihrehimmlischen Hymnen anstimmten. Denn Wahrheit ist ohne Alter. Siewurde nie geboren, sie ist nie nicht gewesen. Sie ist zeitlos, weil sieuniversal ist. Ihr Appell richtet sich an das Herz und den Geist allerMenschen. Es kommt nicht im geringsten darauf an, aus welchem Teilder Welt eine schne Wahrheit gewonnen wird. Wann daher auchimmer ein Mensch die siebensaitige Lyra des Apollo sein Herz oderseine sieben Prinzipien so gestimmt hat, da sie wie eine olsharfe singtund klingt, wenn die himmlischen Winde sie berhren, dann ist er indieser Zeit und so lange er auf dieser Bewutseinsebene bleibt, einer derWeisen und Seher, ob seine Mitmenschen ihn erkennen oder nicht. Unddas betrifft Sie und mich und alle Menschen, zumindest jeden, dermglicherweise so viel erreicht hat.

    Und achten Sie auf das Versprechen in dieser Feststellung: Geradeweil wir Kinder der Unendlichkeit sind, nicht nur Shne der Gtter,sondern die wirklichen Abkmmlinge der himmlischen Rume, liegt dasin uns, was mit ihnen im Einklang ist; das daher zeitlos ist, das daherunendlich ist, das daher ewig ist.

    Wie wahr ist die alte Feststellung im Neuen Testament, die Sie michso oft zitieren hren, weil die Christen dieser Tage sie so sehr aus denAugen verloren haben! Ich verbinde zwei dieser Feststellungen: Wissetihr nicht, da ihr Gtter seid und da der Geist des Ewigen in euch lebt?

    Wo sind die Weisen und Seher? Nun, wo sie immer gewesen sind.Die Frage mag zunchst tricht erscheinen. Ich nehme aber an, sie

  • entspringt dem Wunsch den Menschen zu erklren, warum die Meisterdie Menschheit nicht an die Hand nehmen und sie dazu verpflichten oderzwingen, anstndig zu sein. Aber was wrde das Gutes bewirken? Wieknnte man die Menschen durch Zwang berzeugen, da dieses, jenesoder irgend etwas anderes wahr ist? Ist es nicht offensichtlich, da dieMenschen nur das glauben, was ihre eigenen Herzen sie lehren? Und dasie nichts von dem annehmen ganz gleich, was sie hren oder gelehrtbekommen mgen was keinen Widerhall im menschlichen Herzen undeine sofortige Antwort im menschlichen Intellekt entstehen lt, sondernda sie dagegen Schlimmeres als eine Mauer aus Stahl in sich errichten?

    Wahrheit ist ewig. Wahrheit ist immer bei uns, und die Verehrer derWahrheit sind immer bei uns, waren immer bei uns und werden immerbei uns sein. Wir in unserer Torheit, Unwissenheit und Blindheit sind es,die sich weigern, sie zu empfangen. ffnen Sie Ihr Herz und Ihren Geist,und das Licht wird hereinstrmen. Es gibt das Versprechen aller Weisen,die die Menschheit je hervorbrachte. Die Lehrer sind stets bereit, wennder Schler bereit ist. Wenn wir heute keinen Beweis fr die Meister inder Welt erkennen, so liegt es teilweise daran, da wir zu dumm sind,teilweise daran, da wir die Gottesweisheit in der Welt vergessen habenund teilweise daran, da wir nicht hren wollen.

    Ja, die Wahrheit wurde von den titanischen Intelligenzen dermenschlichen Rasse festgelegt; und wessen Fehler ist es, wenn dieMenschen sie nicht annehmen? Nicht der Fehler der Lehrer. Warum sollich den tauben Himmel anrufen? Wo bist Du, o Gott?, wenn ich Streit,Elend, Verbrechen und Schrecken vorziehe? Von allen Martern desStumpfsinns sehen wir hier einen Beweis mehr fr den menschlichenVersuch, seine eigene Torheit und Unwissenheit selbst zu rechtfertigen.Man knnte ebensogut fragen: Wo sind die Gesetze der Natur? Was istaus ihnen geworden? Warum nehmen sie die menschliche Rasse nicht andie Hand? Ein schner Gedanke! Selbst gewhnliche menschlicheEltern wissen es besser. Normalerweise wird ein Vater oder eine Mutternicht versuchen, mit Gewalt in die Entwicklung eines Kindes einzu-greifen. So etwas hat nie funktioniert und wird nie funktionieren. Mankann einen Leoparden nicht dazu bringen, seine Flecken zu ndern.Keine noch so groe Aushungerung, Kasteiung oder sogenannte strafen-de Rache wird je etwas anderes aus ihm machen als einen Leoparden sondern nur seine eigene Evolution.

    14 Wind des Geistes

  • Verlangen Sie nach Wahrheit? Sie knnen sie haben, wann immerSie wollen. Die Welt ist voll davon. Die groen Lehren der Zeitalter sindvoll von ihr. Was hindert uns daran, sie zu sehen? Gibt es einen Men-schen, der so blind ist wie einer, der nicht sehen will? Gibt es jemanden,der so stocktaub ist wie einer, der nicht hren will? Das sind einige dereinfachen Wahrheiten, die jedem Kind bekannt sind. Wir ziehen jedochScheinheiligkeit, Heuchelei und Selbstgerechtigkeit der Wiedergut-machung der Untaten vor, die wir an anderen verbt haben und rufendann die unsterblichen Gtter um Hilfe an, wenn wir selbst unter unsererTorheit zu leiden beginnen. Ja, wir whlen die Heuchelei. Wie viele vonuns knnen vor dem heiligen Tribunal im eigenen Herzen sagen: Ichbin kein Heuchler. Ich bin rein. Ich danke Gott, da ich nicht bin wieandere Menschen! Seien Sie ehrlich, ist Ihnen das nie in Herz und Sinngekommen? Und sehen Sie nicht, da das die erste Fessel ist, die Sie sichals Pilger selbst um ihre Glieder gelegt haben? Selbstrechtfertigung undSelbstgerechtigkeit? Sehen Sie nicht, da Sie die eigenen Augen durchsolches Handeln blind machen?

    Wie wahr ist es, da die Wahrheit nicht populr ist; da die Wahrheitnicht willkommen ist, da die Menschen sie nicht mgen. Warum? Weilsie Vernderung bedeutet. Sie bedeutet eine Evolution des Fhlens undDenkens. Sie bedeutet eine Revolution der moralischen Instinkte, umwieder lebendig und krftig zu werden. Der erste Schritt, um mit dengroen Lehrern bekannt zu werden, um individuelles Wissen von ihnenaus erster Hand zu erhalten, besteht darin, ihnen, soweit wir wollen undknnen, gleich zu werden. Es gibt keinen anderen Weg. Das Herz muum jeden Preis der Wahrheit geweiht werden. Sind Sie stark genug?Wenn Sie es sind, dann sind Sie bereit fr Chelaschaft, fr Schlerschaft;und Sie werden ein Schler sein, ehe dieses Leben fr Sie zu Ende seinwird, ja vielleicht, ehe der morgige Abend den Untergang Ihres Tages-gestirns sieht.

    Die Meister, die groen Weisen und Seher, sind stets fr Sie bereit.Es gibt auf dem Weg zu ihnen keine Schranken, auer Ihrem eigenenSelbst, absolut keine; wenn Sie die Chelaschaft nicht in diesem, im nch-sten oder im darauffolgenden Leben erreichen, so tadeln Sie niemandenauer sich selbst. Wie knnen Sie ein Schler oder Chela werden, bevorSie bereit sind, ehe Sie es geworden sind? Wie knnen Sie das Lichtsehen, ehe Sie Augen haben, es zu sehen? Wie knnen Sie Schnheit

    Wo sind die Weisen und Seher? 15

  • wrdigen oder von Schnheit angerhrt werden, ehe Schnheit in IhrerSeele geboren ist, so da die Schnheit in Ihnen die uere Schnheitwahrnehmen kann? Wie vermgen Sie einen groen Menschen zu erken-nen, ehe Sie nicht wenigstens eine Gre in sich selbst geboren haben,um sich zu befhigen, Gre zu erkennen? Wenn Sie armselig, klein undgering sind, wie knnen Sie dann das Gegenteil davon erkennen?

    Es ist wie bei den Menschen, die unwissend durch die Welt gehen,blind und taub fr die gttliche Schnheit in ihren eigenen Mit-menschen. Einer der leichtesten Wege, Schnheit zu finden, Wahrheitzu finden und schneller in sofortige magnetische Sympathie mit denMitmenschen zu kommen, ist, selbst mitfhlend und sehend zu werden.Wenn ein Mensch in seiner Seele keine Sympathie hat, wie kann er danndie Sympathie in den Seelen anderer fhlen? Wenn er keine Schnheit inseinem Herzen trgt, wie kann er irgendwo Schnheit sehen oder, wieder englische Dichter Shakespeare sagte:

    Der Mensch, der nicht Musik im Herzen trgt,den Einklang ser Laute nicht bewegt,ist fhig zu Verrat, zu List und Raub.

    Sie werden niemals das Meister-Selbst sehen, ehe Sie nicht in sichselbst meistergleich geworden sind. Weil Sie ihn nicht erkennen wrden.Es wre unmglich. Sie haben die innere Vision, die inneren Fhigkeitendazu nicht entwickelt; dennoch sind diese Fhigkeiten vorhanden.

    Diese Weisen und Seher existieren heute. Sie nehmen Schler an,um es mit gewhnlichen Worten zu sagen. Ja, mehr noch, sie streifenforschend und suchend durch die Welt, nicht so sehr wie Diogenes nacheinem ehrlichen Menschen, sondern berall nach gutem Material, nachempfindsamen menschlichen Seelen Ausschau haltend; sie suchen, woimmer sie einen auch noch so schwachen Schimmer buddhischenGlanzes in einem Menschenherzen sehen knnen; und wenn sie ihnsehen, wird ihre Aufmerksamkeit sofort angezogen. Sie fhlen denAnsto sofort in ihrem eigenen Herzen. Sie nhern sich, sie helfen, sieinspirieren, sie tun alles, um die zitternde Flamme der Vision und desFhlens zu nhren. Sie nhren sie und pflegen sie, bis die Flammeschlielich stark brennt und der Mensch wiedergeboren ist, nicht mehrim Fleisch, sondern im Geist wiedergeboren, durch die Inspiration voninnen und durch den Lehrer von auen.

    16 Wind des Geistes

  • ber und jenseits und hinter diesen Weisen und Sehern steht dereneigenes groes Oberhaupt. Welch wunderbare Gestalt himmlischerWeisheit und Schnheit, ganz dem Geiste geweiht und der Welt undallem, was darin ist, ohne Rcksicht auf Rasse, Nation, Glaubens-bekenntnis, Kaste, Hautfarbe oder Geschlecht! Dieses Wesen ist einGott. Theosophen sprechen von ihm in Ehrerbietung und Ehrfurcht alsdem Stillen Wchter. Er ist der Hchste der Meister. Er ist einer von uns,unser eigener hervorragender Fhrer, Lehrer, Freund, Bruder und,soweit wir Menschen in Betracht kommen, die Quelle aller Erleuchtung,Weisheit, Schnheit und Liebe. So da wir in den tieferen Bereichen dertheosophischen Lehren mit groer Ehrfurcht, aber auch in aller Wahr-heit sagen knnen, da hinter unserer ganzen Arbeit, wie unvollkommenwir Menschen diese auch leisten mgen, als Ursprung und als Inspirationdiese groe Gottheit steht.

    Welch eine Hoffnung! Welches Wunder, auf das wir schauenknnen! Ich glaube, da es heute Millionen, Hunderte von Millionen vonMnnern und Frauen in dieser Welt gibt, die in Demut und erfllt vonuniversaler Liebe danach hungern, sich weiter zu entwickeln und frimmer voranzuschreiten. Oh, da sie sich alle zu einer Gemeinschaftunpersnlicher Arbeiter zusammenschlieen knnten! Welche Machtwren sie dann in der Welt! Nicht lnger wrde der Verstand des Men-schen durch Probleme verwirrt werden, die aus seiner Selbstsucht ent-standen sind. Nicht lnger wrde die Menschheit durch Armut, Elendund die meisten Snden, die jetzt existieren, und durch den furchtbarenentsetzlichen Jammer in Mitleidenschaft gezogen. Ich denke manchmal,da die rhrendste, die herzzerreiendste Geschichte in der Welt unterunseren Mitmenschen jene ungehrte Geschichte ist, die sich in derstummen Qual der Stille ereignet. Oh, wie die Menschen so unntigleiden!

    Ich kenne keinen erhabeneren Titel als jenen, den ich unserengroen Lehrern gebe: Freunde der Menschheit und aller lebendenWesen!

    Wo sind die Weisen und Seher? 17

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    WORAN KRANKT DIE WELT? Lassen sich ihre Leiden durch eine vern-derte Politik oder durch die nderung von Regierungsformen heilen, dieim Laufe der Zeit selber einem Wechsel unterliegen? Oder lassen sich dieLeiden der Welt durch eine Vernderung des Denkens und Herzens-lebens kurieren, was ganz sicher wirksame Resultate hervorbringenwrde, deren Notwendigkeit heute jeder normale Mensch fhlt wennauch nur, um die sich zu einer von allen mehr oder weniger als bedroh-lich empfundenen Krise ansammelnden psychischen Energien inungefhrliche Kanle abzuleiten? Wie steht es aber mit der Politik?Wenn wir uns auf sie verlassen mten, wrde die verzweifelte Lage derheutigen Welt, so glaube ich, gnzlich hoffnungslos sein. Aber glck-licherweise gibt es einen Ausweg.

    Ich war immer der Ansicht, da der Theosoph als Einzelner der ihmzusagenden Politik zustimmen kann. Ebenso meine ich aber auch, da dieethischen Dinge, individuell und gemeinschaftlich, einen unvergleichlichpraktischeren und interessanteren Bereich des menschlichen Lebens aus-machen. Politische Theorien wechseln und ndern sich von Jahrhundertzu Jahrhundert, wenn nicht noch fter. Was im einen Zeitalter als dierichtige Art fr die Fhrung der Welt angesehen wird, wird fr gewhn-lich in der darauffolgenden Epoche verworfen. Die Menschen streitenmeist wie besessen um politische berzeugungen; in den grundstzlichenWahrheiten der Moral oder der Ethik stimmen jedoch alle berein. Diegroartigen Lehren der Philosophie und die aus der Religion gewonneneInspiration im Unterschied zur Religion selbst sind aufgrund ihrerWichtigkeit fr das menschliche Denken und die Vorstellungskraft vonauerordentlicher Bedeutung. In der Regel wenden sich die Menschennur dann der Politik zu, wenn sie ihr Vertrauen in religise Belangeverloren haben oder wenn sie die Philosophie als ein trockenes Systemleerer Spekulation ohne praktischen Wert kennengelernt haben. Siehoffen in der Politik etwas zu finden, was ihnen als interessante,manchmal leider auch eintrgliche Beschftigung erscheint, und alsVentil fr verborgene Energien dient.

  • Was die manchmal diskutierte Frage bezglich des persnlichenBesitzes von Geld und Eigentum betrifft, so glaube ich als Schler undAnhnger des alten, berlieferten Pfades der Jngerschaft, da keindauerhaftes, anhaltendes und echtes Glck jemals im Besitz materiellerDinge gefunden werden kann. Mit anderen Worten, ich bekenne michzur alten, im Neuen Testament nachzulesenden Feststellung, und ichakzeptiere sie, die auf einen Nenner gebracht etwa lautet: Du kannst dasReich der Gtter nicht betreten, es sei denn, Du verlt Vater und Mut-ter, Weib, Kind und Besitztum und folgst mir nach. Augenscheinlichkann dieses strenge Gebot nur auf jemanden angewendet werden, der mitjener erhabenen Bruderschaft edelherziger Menschen eins werdenmchte, die ihr ganzes Leben der Besserung der gesamten menschlichenRasse gewidmet haben, denn wenn ein Schler noch Familienbindungenhat oder Besitz sein eigen nennt, ist er daran gebunden, und seineEnergien und Interessen werden dadurch mehr oder weniger zerstreutund verbraucht.

    Dies bedeutet in keiner Weise, da ein Mensch das Recht hat, auchnur seine kleinste Pflicht zu vernachlssigen, wenn er sie einmalbernommen hat; noch sollte er Vater, Mutter, Ehefrau, Kind oder selbstseinen Besitz verlassen, es sei denn, er hat fr die von ihm Abhngigenangemessene, gerechte und grozgige Vorsorge im besten Sinne desWortes getroffen sowie die sorgfltige Verwaltung des Besitzes sicher-gestellt, von dem jeder anstndige Mensch erkennen mu, da ihm dieZufriedenheit der anderen damit anvertraut ist. Bedenken Sie, da dasknftige Schicksal eines Menschen davon abhngt, woran sein Herz jetztam strksten hngt. Wie kann sich jemand, dessen Herz allein daranhngt, fr sich und die mit ihm verbundenen Menschen persnlichenBesitz zu erwerben, von den Fesseln persnlicher Bindungen befreien,den Banden, die ihn fest an das weltliche Leben fesseln? Natrlich nichtmit Hilfe der Politik; sondern mit Ethik und Religion sowie Philosophieund echter Wissenschaft, denn richtig verstanden bedeuten sie: Liebediese Dinge nicht, hnge dein Herz nicht an sie, so da dein Herzdadurch gefesselt, gebunden und in Ketten gelegt wird. Gebrauche sienur in einer solchen Weise, wie Du alle anderen guten Dinge der Erdegebrauchst; aber benutze sie als ihr Meister, nicht als ihr Sklave.

    Um nicht miverstanden zu werden, mchte ich hier ein fr allemalsagen, da ich fr die Handlungsweise eines Menschen absolut keine

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  • Nachsicht und keine Sympathie aufbringen kann, der die von ihmAbhngigen verlt, weil er seinen eigenen Fortschritt im Sinne hat,selbst wenn es ein spiritueller wre. Niemand kann einen grerenPflichtenkreis erfllen, wenn er vorstzlich und rcksichtslos seinekleineren Pflichten vernachlssigt und ignoriert. Wer zu allen Zeiten undan jedem Platz auch seine weltlichen Pflichten erfllt, ist auf dem rechtenPfad. Sollte es sich ereignen und das ist einer der seltenen, aueror-dentlich seltenen Flle , da jemand den Ruf hrt, er mge dem Pfad derChelaschaft, der Jngerschaft folgen, dann kann der richtige Anfang dazunicht darin bestehen, durch Nichterfllung bereits eingegangenerVerpflichtungen die Rolle eines Feiglings zu spielen. In jedem Fall kanner nur dann frei werden, wenn er diese Pflichten zuerst restlos erfllt hat,und zwar auf ehrliche, aufrichtige und gtige Weise, im gegenseitigenEinverstndnis mit jenen, die von ihm abhngig sind, und erst nachdemer fr sie gesorgt hat; oder er findet, wenn er bereits entsprechende Vor-sorge getroffen hat, eine gegenseitige bereinkunft, da er nach einergewissen bergangszeit dem Gebot seiner Seele frei folgen darf. Auf kei-nen Fall verhlt sich ein Theosoph wie ein unsozialer Mensch. Er erflltseine sozialen Verpflichtungen genausogut wie jeder andere. Er bekenntsich zur Ehe. Er versucht, ein guter Brger, ein guter Ehemann undVater, ein guter Sohn und Bruder zu sein und seine Pflicht gegenberdem Staat, in dem er lebt, zu erfllen. Dies gilt fr alle ohne Ausnahme.

    Ein Theosoph, der an die Bruderschaft und den Frieden glaubt undsie lehrt, was die Verbesserung und Veredlung aller Arten der mensch-lichen Beziehungen einschliet, ist de facto auch von der Notwendigkeitvon Gesetz und Ordnung berzeugt und bekennt sich zur bestehendenObrigkeit; und als guter Brger erkennt er seine Pflichten seinem Landgegenber an und gehorcht den Gesetzen, unter denen er lebt. Ererkennt, da er wegen seines Glaubens an die Bruderschaft als eineuniversale Tatsache in der Natur als erster selbst damit beginnen mu, inseinen Handlungen und in seiner Lebensfhrung ein lebendes Vorbildfr Ordnung, guten Willen und willfhrige Unterordnung unter dieGesetze des Landes, in dem er lebt, zu geben; dabei sucht er auf jedegesetzliche und geeignete Weise eine Verbesserung der Sozialstruktur zuerwirken und unvollkommene oder schlechte Gesetze zu verbessern; under handelt als einzelner seinen Mitmenschen gegenber so gut er nurkann.

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  • Mit diesen kurzen, sehr aphoristischen Bemerkungen will ich sagen,da wir als ernsthafte Menschen immer danach streben sollten, die reinpersnlichen und selbstschtigen Bande zu schwchen, die denbeschwingten Flug unserer Seelen in hhere Regionen hemmen. Geradediese selbstschtigen Wnsche und Bande sind es, die durch die Kon-flikte und Schwierigkeiten mit uns selbst und mit anderen, die ebensoselbstschtig denken und hnlich handeln, den grten Teil desmenschlichen Elends und des moralischen Niedergangs in der Weltverursachen.

    Es ist nicht das Geld an sich, das die Wurzel allen bels ist; es ist dasselbstschtige Verlangen danach. Geld kann in den Hnden eines edlen,weisen und guten Menschen durchaus ein sehr ntzliches Instrumentsein, um der Menschheit zu helfen. Das bel und der sich darausergebende falsche Umgang kommt daher, da wir es zum Nachteil jener,die uns nicht so nahe stehen, in selbstschtiger Liebe entweder fr unsallein oder zumindest nur fr unsere nchsten Angehrigen verwenden.Darum lehrte Jesus, der Avatra, gleich den groen Weisen und Sehernaller Zeitalter: Hngt euer Herz nicht an irdische Dinge. Versenkt euchvielmehr in die unergrndlichen Tiefen des Geistes in eurem Innern.Dort werdet ihr vollkommene Freiheit, unermelichen Frieden undunaussprechliche Glckseligkeit finden.

    Weise ist jener Mensch, der in der Welt lebt und die Dinge dieserWelt bentzt nie mit einer rein weltlichen Gesinnung, sondern mitWeisheit, Gte und mit der gebhrenden Rcksicht auf die Rechte ande-rer, vor allem aber mit einem Herzen, dem nichts an diesen weltlichenDingen liegt und das dafr keine Zuneigung sprt. Das ist der Chelapfad,das ist der Schlerpfad zumindest dessen Anfang. Dies ist die Begrn-dung fr meine Antwort auf die mir mehr als einmal gestellte Frage: G.de P., falls Ihnen jemand zehn Millionen Dollar geben wrde, wrden Siediese annehmen? Und wenn ja, was wrden Sie mit diesem Geld anfan-gen? Meine spontane Antwort war: Ich wrde das Geld mit Freudenannehmen und es samt und sonders fr ntzliche Zwecke bestimmen, diedem Wohle der Menschheit dienen. Ich selbst will keinen einzigenPenny. Ich bin zu persnlicher Armut verpflichtet. Aber ich bin keinIdiot. Ich wei um die Macht eines guten Mittels, und Geld und Besitzknnen und sollten Instrumente fr etwas Gutes sein. Es sind nicht dieseDinge an sich, die Schaden verursachen. Es ist vielmehr unsere selbst-

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  • schtige Reaktion auf ihren Einflu, der nicht nur fr uns, sondern auchfr andere verderblich ist.

    Obgleich sich die Theosophische Gesellschaft als Krperschaft striktder politischen Ttigkeit enthlt, kann sich jedes Mitglied dennoch zuden ihm genehmen politischen Richtungen bekennen und sie unterstt-zen. Meiner berzeugung nach nhert sich die Welt dem Zeitpunkt, wosie sich darber klar werden mu, da die einzige Methode, mittels derersich die Menschen selbst retten knnen, um einen altmodischenAusdruck zu gebrauchen, und dies gilt auch fr die Methode, wie dieWelt gerettet werden kann, eben die ist, etwas zu sein und nicht die, zupredigen ob dies nun politische, philosophische oder religise Predig-ten sind. Die Politik, wie wir sie heute verstehen, wird wie ein Trugbildverschwinden, wie eine meiner Ansicht nach abscheuliche Tuschung,wenn sich die Menschen erst einmal darber klar werden, welcheReichtmer im menschlichen Herzen liegen, welche groen, verbor-genen Mysterien: Liebe und Bruderschaft, Mitleid und Friede, dieAchtung des Menschen vor dem Menschsein sowie die Fhigkeit, zuwachsen und den Verstand und die moralischen Empfindungen zuerweitern. Dort allein liegt die Quelle seines Verlangens, seinem Gefhlfr Recht und Gerechtigkeit allem und jedem gegenber freien Lauf zulassen und fr sie einzustehen. Dies sind die groen Dinge, die in derWelt sichtbar werden sollten, fr das Wohl aller. Ich bin berzeugt, daeines Tages ein groer Mensch mit einer spirituellen und intellektuellenIdee oder einer ganzen Reihe solcher Ideen erscheinen wird, mit Gedan-ken, die der gegenwrtig schlingernden Zivilisation einen zuverlssigenWeg zu Sicherheit, menschlicher Eintracht und Frieden zeigen knnen.Das bedeutet keinen Zusammenbruch, wie einige flschlicherweiseannehmen, sondern einen neuen gedanklichen und ideellen berbau,begrndet auf einem edelmtigen, leistungsstarken sozialen Fundament.Letzten Endes sind es doch die Ideen, welche die Welt regieren. Weil dieMenschen flschlicherweise annehmen und dem Denkfehler erliegen,da Geld, Besitz und Politik an sich etwas Wertvolles sind, und daPolitik als solche einen inneren Wert hat, halten diese schwachen Instru-mente oder Produkte menschlichen Strebens die Menschheit fest imGriff und breiten ihre Schwingen ber den Herzen der Menschen aus.

    Menschen machen Politik, Menschen machen Geld, es sindMenschen, die Dinge, Besitztmer und Zivilisationen zustandebringen.

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  • Ideen regieren die Welt, und auch sie haben ihren Ursprung imMenschen. Es ist notwendig, unsere Ideen zu ndern und Ideen zufolgen, denen edle Gedanken zugrunde liegen, Ideen, die auf universalerBruderschaft grnden, Ideen von innerer, moralischer Schnheit undspiritueller wie intellektueller Gre; Ideen, die nach und nach nicht nureinen brderlichen Zusammenschlu der Vlker dieser Erde bewirken,sondern den Zusammenschlu all der kleineren sozialen Gruppen, dieeine Nation ausmachen. Dann, wenn diese Ideen unser Bewutseindurchdringen, werden wir es nicht mehr ntig haben, uns um kleinlichePolitik und um die Rechtmigkeit oder Unrechtmigkeit von Privat-besitz oder hnlichem zu kmmern. Die menschliche Welt wird dann soleicht und leise wie ein gut konstruierter Mechanismus funktionieren undauf unserem gesamten Globus werden Glck und Frieden einkehren.

    Das ist nicht das Luftschlo und die vage Vision eines idealistischenTrumers. Es ist eine Realitt, die sich verwirklichen lt, wenn wireinfach damit beginnen, unser Denken und unsere Gefhlswelt neu zuorientieren und neue Standards fr menschliches Verhalten zu schaffen.In solch einer neuen Welt wird man die Menschen nicht allein danachbeurteilen, was sie tun oder welcher Arbeit sie nachgehen, sonderndanach, was sie denken, denn Gedanken brderlichen und menschlichenWohlwollens werden in aufbauende Ttigkeit umgesetzt. Man wird dieMenschen nicht danach beurteilen, was sie besitzen oder ihr eigennennen. Die Besitzverhltnisse werden nicht als Mastab dafr gelten, objemand rechtschaffen und anstndig oder angesehen ist.

    Wir mssen unseren moralischen Schwerpunkt auf das Feld derEthik verlegen, wo er richtigerweise und der Wahrheit entsprechendhingehrt, und nicht auf Besitzerwerb, wie das aufgrund unglcklicherhistorischer Umstnde whrend der letzten Jahrtausende flschlicher-weise geschehen ist. Es ist wesentlich leichter, unsere Wertvorstellungenin einen ihrer Natur angemessenen und legitimen Bereich zu verschie-ben, als fr weitere Jahrhunderte damit fortzufahren, sich in furchtbareinternationale oder vernichtende Auseinandersetzungen zu verwickeln,erfllt zu sein von boshaften Feindseligkeiten und nicht enden wollendenHaausbrchen, die das soziale und politische Leben aus dem Gleich-gewicht bringen und folglich bedrckendes Elend fr uns alle herauf-beschwren. Es gibt kein einziges logisches oder vernnftiges Argument,das man gegen die Notwendigkeit einer Verlagerung unseres Bewut-

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  • seins vorbringen knnte, auer Ignoranz, Vorurteil und hoffnungslosemenschliche Dummheit. Dies alles entspringt einer Trgheit, die letztenEndes darauf zurckgeht, da unser moralisches Empfinden noch schlftund wir bestndig davon ausgehen, da es nicht in unseren eigenenKrften steht, unser Schicksal zum Besseren zu wenden.

    Wenn sich die Menschen dieser Erde nicht zu einer neuen Lebens-auffassung durchringen und nicht damit beginnen, eine nderung ihrermentalen und psychischen Gewohnheiten zu vollziehen und dieEreignisse weiterhin durch die verzerrenden Linsen der heute gltigenWertbegriffe betrachten, dann knnte es sich sehr schnell bewahrheiten,da unsere bereits schwer angeschlagene Zivilisation Gefahr luft, in einsolches Chaos der Konfusion, der Verzweiflung und des menschlichenElends zu strzen, wie es die Annalen der bis heute bekannten Geschich-te noch nicht verzeichnet haben. Die in Nationen zusammengeschlosse-nen Vlker der Erde mssen lernen, einander mit Achtung, einem feinenGespr fr Wrde und mit der Fhigkeit des gegenseitigen Dienens zubegegnen, anstatt weiterhin Verhaltensweisen zu praktizieren, die sichauf die wackeligen Fundamente des Opportunismus, der Zweckdienlich-keit und der Bequemlichkeit sttzen, die in der Vergangenheit so oft dieinternationalen Beziehungen beherrscht und berschattet haben unddadurch zu dem Eindruck fhrten, da der moralische Standard zwischenden Nationen mglicherweise noch weit unter dem des Mannes auf derStrae liegt. Die Lage der Dinge ist indessen keineswegs hoffnungslos,denn das Heilmittel ist einfach, praktisch und praktikabel. Was wir tunmssen ist einfach den Schwerpunkt unseres Bewutseins von der Politikund vom Profit auf die Bereiche der Moral und der gegenseitigen Hilfs-bereitschaft zu verlagern. Selbst ein Geschftsmann mit durchschnitt-licher Intelligenz hat heutzutage begriffen, da ein erfolgreiches Unter-nehmen auf Ehrlichkeit und Service aufgebaut sein mu. Sonst ist einFehlschlag unausweichlich. Es gibt wahrhaftig keine glaubhafte Begrn-dung dafr, da die Nationen nach Methoden handeln sollten, die derDurchschnittsmensch fr sich selbst als beschmend betrachten wrde.Das ganze Geheimnis liegt darin, den Standpunkt und die Blickrichtungzu ndern. Die augenscheinlichen Schwierigkeiten wrden dann als daserkannt, was sie sind, als Tuschungen. Man sollte sie bereitwillig beisei-te schieben und gegen die Normen vertauschen, die einen sicheren Wegzu Fortschritt, Glck und Frieden garantieren.

    24 Wind des Geistes

  • Wenn ich vom Verlust des Gefhls fr ethische Werte in den letztenJahrhunderten spreche, weil sich unser Bewutseinsschwerpunkt bei derWahrnehmung unserer nationalen und individuellen Interessen alleinum Besitztum drehte, dann mchte ich nachdrcklich nicht den Eindruckerwecken, als wre ein Theosoph irgendwie blind dafr, sich dessenunbewut oder wrde es gleichgltig hinnehmen, wenn in manchenFllen Menschen in der Welt groes und herzzerreiendes Elend durch-machen mssen, weil es an geeigneten Mitteln oder an Untersttzungmangelt. Ganz im Gegenteil. Wir zeigen vielmehr solche Zustnde auf,um die Macht zu illustrieren, die materielle Besitztmer auf dasmenschliche Herz und den menschlichen Verstand ausben; denn dasungesunde Jagen des Menschen nach Wohlstand und das Verlangen nachpersnlicher Bereicherung, selbst auf Kosten seiner Mitmenschen, hatihn fr die erste aller menschlichen Pflichten blind gemacht: brderlicheRcksicht zu nehmen, Achtung zu empfinden und, wo es ntig ist, einemMitmenschen, dessen Karma oder Schicksal weniger glcklich ist alsdas seinige, Hilfe angedeihen zu lassen.

    Es ist ermutigend zu bemerken, da in letzter Zeit in den verschiede-nen Lndern der Welt, sowohl bei den Staaten als auch bei den einzelnenMenschen, die allgemeine Tendenz dahin zielt, mit allen Mitteln zuversuchen, die Not der Bedrftigen zu lindern. Daneben wchst dasVerstndnis, da die wirklichen Werte nicht im Besitz liegen, sondernjene sind, die sich in menschlicher Wohlttigkeit und in Ausbung deruniversalen Bruderschaft uern, die jede gut organisierte und dauerhafteGesellschaftsstruktur auszeichnet.

    Einige der edelsten Menschen, die jemals gelebt haben, erduldetenalle Qualen der persnlichen Demtigung und wurden durch grteArmut benachteiligt, whrend Unwrdige bzw. Unfhige, wie dieGeschichte oft zeigt, ber groe Reichtmer verfgen. Die Welt bewegtsich schnell auf einen Zeitpunkt zu vorausgesetzt, der Lauf der Weltwird nicht durch eine Katastrophe gestoppt oder aufgehalten , an demman viel besser als heute erkennen wird, da jeder Mensch ein angebore-nes Recht auf Leben, Freiheit und einem Streben nach Glck hat, umdie Worte der Amerikanischen Verfassung zu gebrauchen, und da es frein aufgeklrtes Staatswesen eine der edelsten Pflichten ist, nicht nur fralle gleiche Vorbedingungen zu schaffen, sondern jenen aktiv Beistand zuleisten, die aus dem einen oder anderen Grund, oft sogar zu ihrem

    Verlagern wir unser Bewutseinszentrum 25

  • Vorteil, keine Reichtmer um sich sammeln konnten. Solche Dinge, wiedie Notwendigkeit der Altersversorgung, kostenlose Ausbildung undArbeitsbeschaffung fr jeden Arbeitswilligen, sind heute mit Rechtallgemeine Diskussionsthemen.

    Und obwohl ich das und viel mehr zugestehe, und nachdem ich fest-gestellt habe, da die oben erwhnte Richtung sich zum Guten ent-wickelt, ergreife ich die Gelegenheit darauf hinzuweisen, da in der Ver-gangenheit die Wurzel allen bels in der Welt darin lag, da unsermenschlicher Sinn fr dauerhafte Werte falsch ausgerichtet war mehrauf den Besitz als auf das, was dem Menschen innewohnt. Die natrlicheund unvermeidliche Folge davon hat ihren Hhepunkt in der gegen-wrtigen, weltweiten Unruhe, dem Konflikt und den endlosen Streiterei-en gefunden, in Diskussionen bis zum Erbrechen ber Rechte undMistnde; aber es findet sich selten ein Gesprch ber die Pflicht, dieein Mensch seinem Mitmenschen schuldig ist. Der Tag wird kommen, andem sich der Schwerpunkt unseres moralischen Bewutseins vommateriellen Besitz als dem Dreh- und Angelpunkt unserer Zivilisationabwendet und in den Menschen hinein verlagert, dem Zentrum allerbedeutendsten und ursprnglichen Werte, und dann werden 99 Prozentder Ausbrche von Agitation, der Wirrnisse und der Flle von Gewalt-anwendung verschwinden; alle menschlichen Beziehungen werden aufinternationaler, nationaler, sozialer und politischer Ebene automatisch inOrdnung kommen und dem Allgemeinwohl dienen. UniversaleBruderschaft nicht nur eine unbestimmte Sentimentalitt, sondern dieErkenntnis der auf den Gesetzen der Natur beruhenden menschlichenSolidaritt ist daher der Schlssel zur Errichtung jeder echten Zivilisa-tion. Ohne sie kann keine Zivilisation bestehen.

    26 Wind des Geistes

  • Altruismus

    WENN DER MENSCH ETWAS ber Altruismus hrt oder liest, neigt er zuder Vorstellung, er sei etwas uns Fremdes. Er sei dem menschlichenLeben als etwas hchst Erstrebenswertes aufgedrngt worden, sei aberletzten Endes vllig undurchfhrbar das heit, Altruismus gehre nichtzu den natrlichen menschlichen Eigenschaften. Mit anderen Worten:Alle sind von der Idee des isolierten Eigennutzes gefangen. Ist aber dieseAnnahme nicht vllig unbegrndet in der Natur? Wo immer wir auchhinsehen, was immer wir auch betrachten oder studieren: wir finden, dadas Einzelwesen, das fr sich allein arbeitet, hilflos ist. In allen groenReichen des Universums versucht die Natur die gemeinsame Anstren-gung aller hervorzubringen, die Zusammenarbeit von Lebensgemein-schaften, die wir deshalb auch berall finden knnen, und alles, wasdiesem Gesetz des Universums Einheit im Handeln zuwider- oderentgegenluft, erzeugt Disharmonie, Streit und das, was wir in unserenKrpern als Krankheit bezeichnen. Gesundheit ist jener Zustand deskrperlichen Organismus, bei dem alle Teile auf ein gemeinsames Zielhinarbeiten, was wir als Freundschaft oder bereinstimmung bezeichnenknnen.

    Betrachten Sie die Steine: Sind sie keine Gemeinschaften, sind siekeine Verbindungen von Individuen, die ein Ding bilden, machen odererzeugen? Kein einziges Atom irgendeines chemischen Elementes, ausdem ein Stein gebildet ist, ist der Stein selbst. Wie ist es bei der lieblichenBlume? Wie ist es bei den Krpern, in denen wir leben? Wie ist es beimeinzelnen Menschen? Knnte er die groen Werke allein bewerkstelli-gen, fr deren Vollendung viele ihre Genialitt aufboten? Was istZivilisation denn anderes, als die vereinten Anstrengungen vonMenschen, um groe und edle Wirkungen fr das menschliche Lebenhervorzubringen die Annehmlichkeiten zu steigern, Gefahren zubannen, die genialen Werke fortgeschrittener Menschen zu verwirk-lichen, die zu unserem eigenen Komfort und Nutzen beitragen. NennenSie mir ein einziges Beispiel, wo reines Eigeninteresse irgend etwas her-vorgebracht hat. Wenn wir die Natur mit all ihren Reichen hinzuziehen,

  • finden wir nichts anderes vor als gemeinschaftliche Zusammenarbeit,durch eine Vielzahl von Einzelwesen zustandegebracht, die fr eingemeinsames Ziel kooperieren. Und was ist das anderes als Altruismus?Altruismus ist das Wort, mit dem wir diese Tatsache bezeichnen, wennwir ihre ethische Bedeutsamkeit sehen, und diese Bedeutsamkeit unter-scheidet sich in keiner Weise, weder im Groen noch im Kleinen, vondem, was wir in der physischen Welt sehen. Altruismus bedeutet dasWirken des Einzelnen fr das Ganze das ist das Grundgesetz der Naturin all ihren groartigen Strukturen , und das Ganze ist der Schutz, derSchild und das Ttigkeitsfeld des Einzelnen. Denken Sie an die tiefemoralische Lektion, an die Schlufolgerung, die aus dieser grtenWahrheit nicht Geheimnis, sondern Wahrheit des Universums zuziehen ist. Es vollzieht sich in unserer Umgebung so allgemein, da wirnormalerweise mit blinden Augen darber hinweggehen, ohne es zusehen. Nennen Sie mir etwas, das nur fr einen einzigen Augenblick ein-sam und allein existieren kann.

    Zwei oder mehrere Atome, die sich verbinden, bilden ein Molekl;zwei oder mehrere Molekle bilden eine grere Einheit; und die unzh-ligen Mengen solcher Einheiten sind es, die das Universum bilden. Jedeeinzelne Wesenheit, die dem unedlen Pfad des isolierten Eigennutzes zufolgen versucht, setzt ihren winzigen Willen gegen die Kraft ein, die dieSterne in ihrer Bahn hlt, die unseren Krpern Gesundheit verleiht, diedie Zivilisationen hervorbringt und alle Wunder um uns herum bewirkt.

    In diesem Zusammenhang gibt es einen Punkt in der Lehre, dessenEinfhrung in die heutige Welt sehr wichtig ist, und zwar die Hoffnung.Sie kennen die alte, griechische Geschichte von einer gewissen, sehrneugierigen und wibegierigen Person, die eine Schachtel ffnete, ausder alle bel der Welt herausflogen und nur die Hoffnung blieb darinzurck. Ich denke, diese Geschichte enthlt sehr viel Wahrheit, die frdie Lebensprobleme von praktischer Bedeutung ist. Solange ein MenschHoffnung hat, verzweifelt er nicht. Sei er schwach oder stark, es spieltkeine Rolle, solange er Hoffnung hat, solange er etwas hat, dem er ent-gegensehen kann; wenn sein innerer Geist, das spirituelle Wesen in ihm,ihn etwas von der Hoffnung lehrt, dann wird er nicht nur niemalsverzweifeln, sondern er wird auch ein Erbauer, ein Konstrukteur sein,einer, der mit dem Universum zusammenarbeitet, weil er sich vorwrtsbewegen wird. Und das ist Altruismus.

    28 Wind des Geistes

  • Wir sind alle Kinder des Universums, seiner physischen, seinerspirituellen und seiner gttlichen Seite. Da dies so ist, befindet sich in jedermenschlichen Brust nicht nur eine unerschpfliche Quelle der Inspiration,sondern auch des Wachstums, der Hoffnung, der Weisheit und der Liebe,so da die heutige Welt, obwohl sie anscheinend in einer verzweifeltenVerfassung, in einem gefhrlichen Zustand ist, immer noch gengendFrauen und Mnner hat, um die evolutionre Welle des Fortschritts berdie gegenwrtigen Unruhen und Auseinandersetzungen hinberzutragen;denn der grte Teil der Menschen ist im wesentlichen mit seinen natr-lichen Instinkten, besonders mit den hheren, auf dem richtigen Weg.

    Daher sehe ich die heutige Weltlage berhaupt nicht als besondershoffnungslos. Ich glaube deshalb nicht nur, da Grund zur Hoffnungvorhanden ist, sondern da der unsterbliche Funke der Spiritualitt, derWeisheit und der selbstlosen Liebe, der immer im menschlichen Herzenlebendig ist, die Menschheit nicht nur durch ihre gegenwrtige Reihe vonHindernissen und Schwierigkeiten hindurchfhren, sondern auch inhellere Zeiten bringen wird; heller, weil sie weiser und freundlicher seinwerden. Nicht die Krisen, wenn die Dinge zusammenbrechen oderanscheinend zusammenstrzen, nicht das schreckliche Krachen desDonners oder der Strahl des Blitzes regieren die groen Funktionen desmenschlichen und kosmischen Lebens, sondern es sind jene langsamen,fr uns Menschen immer ruhigen, unaufhrlichen, stillen Vorgnge, diewirken: die wirken, wenn wir wachen, und die wirken, wenn wir schlafen,die zu jeder Zeit wirksam sind. Selbst in der Menschheit all ihrenTorheiten trotzend fhren sie diesen Aufbau in der Zukunft fort.

    Hierin liegt der Grund unserer Hoffnung; und ich glaube, da sichalle guten und aufrichtigen Menschen zur Verteidigung dieser ursprng-lichen, einfachen Wahrheiten zusammentun sollten, die jedes mensch-liche Herz verstehen kann, ob Kind oder Erwachsener. Ich glaube, es istallmhlich Zeit, da die Mnner und Frauen beginnen, die helle Seite derDinge zu sehen, Hoffnung um uns herum zu sehen, sich selbst und ihrekleinlichen Sorgen zu vergessen und im Unendlichen und Ewigen zuleben. Es ist leicht, unendlich leichter, als uns dauernd selbst durch rgerund Sorgen krankzumachen. In jedem von uns ist etwas Gttliches, andas wir uns halten knnen und das uns weiterhelfen wird!

    Sagen Sie mir nicht, da Altruismus fr uns etwas Fremdes undExotisches sei, ungewhnlich, unpraktisch und daher undurchfhrbar;

    Altruismus 29

  • denn er ist das einzige, was bestndig lebt, das einzige, was fr immerfortdauert. Wenn jedes einzelne Element oder Teilchen in einemmenschlichen Krper anfngt, sich selbstndig zu machen, ist Krankheitdie Folge. Wenn irgendein einzelnes Element oder Teilchen in einembeliebigen Lebensverbund, der die Welt um uns aufzubauen mithilft,anfngt, sich selbstndig zu machen was wir Eigennutz nennen dannsehen wir Degeneration und Verfall.

    Schlufolgerung und Frage: Welchem von beiden sollen wir folgen dem Weg der kosmischen Intelligenz, die uns innere und uereGesundheit, inneren und ueren Frieden, innerliche und uerlicheKraft und innere und uere Einheit bringt? Oder der Lehre eines wert-losen und isolierten Eigennutzes, der vor allem anderen zuerst fr sichselbst sorgt?

    Ist es nicht hchste Zeit, da wir der Welt einige der einfachen inne-ren Lehren der Gottesweisheit der alten Weisen vermitteln? Knnen Siemir etwas Erhabeneres zeigen, etwas, das fr den menschlichen Intellektund fr die Mahnungen des menschlichen Gewissens anziehender ist, alsAltruismus, der uns in eine innige Verbindung mit dem Pulsschlag deskosmischen Herzens bringt eine Idee, die, wenn wir sie dem Bewut-sein der Menschen einprgen knnen, die ganze Arbeit der groen Mei-ster der Weisheit, die sie seit undenklichen Zeiten fr die Menschheitverrichtet haben, mehr als rechtfertigen wird? Ethik steht ber allem!

    Gestalten Sie Ihr Schicksal!

    SIE HABEN DIE UNENDLICHKEIT VOR SICH, die Ewigkeit. Sehen Sie ihr ins Auge!So lehrt die Gottesweisheit eine Lehre der Hoffnung, erfllt mit demVersprechen der Zukunft. Kein Mensch mu jemals sagen, es ist zu spt jeneschrecklichen Worte: zu spt. Kein Mensch braucht das je zu sagen. JederAugenblick der Zeit ist eine neue Gelegenheit. Wie der Mensch sich in derVergangenheit zu dem gemacht hat, was er jetzt ist, so kann er sein Schicksal frdie Zukunft gestalten und sich zu dem machen, was er seiner Vision nach in derZukunft werden mchte. Welch groartige Lehre! Der Mensch ist nur eineWiedergabe, eine zyklisch evolutionre Wiedergabe seiner selbst aus derVergangenheit in der Gegenwart, auf dem Weg in die Zukunft. Dort liegt IhrSchicksal.

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  • Nach dem Tode bist Du Du selbst

    ICH HOFFE, da die Zeit kommt, wo wir mehr Gewicht als bisher auf dieLehren legen werden, die sich mit den Vorgngen nach dem Todebefassen. Der Durchschnittsmensch ist heute anscheinend wenigerunmoralisch als vielmehr amoralisch, das heit, er scheint grtenteilsden Sinn fr moralische Verantwortung verloren zu haben. Wenn dieMenschen erkennen knnten, was mit ihnen nach dem Tode geschehenwird, wrde in ihnen ein gewisser Sinn fr das notwendige Benehmenoder Verhalten geweckt.

    Wir wollen versuchen, die alte Weisheitslehre fr die Menschheitwiederherzustellen: So wie Du lebst, wirst Du nach dem Tode sein. Es isteine einfache Lehre, und sie ist so logisch, sie wendet sich an uns. Einigemgen anfnglich darber verstimmt sein, sie mag ihnen nicht gefallen;aber es liegt eine Idee darin, die wegen ihrer Logik, wegen ihrer Gerech-tigkeit schlielich im Bewutsein Wurzeln schlagen wird.

    Wer Kma-Loka und Devachan verstehen will, der studiere sichselbst jetzt , und er wird wissen, was er bekommen wird. Genau das. Siewerden die Fortsetzungen dessen sein, was Sie jetzt sind. Was wird einemMenschen zustoen, der sich dem Laster hingibt? Er erntet die Folgenseiner Missetaten. Er lernt daraus die Lektionen, die dem Leidenentspringen. Wenn ein Mensch sein Gemt mit rohen Gedanken undbsen Trumen anfllt, dann wird er dadurch fr lange Zeit durchLeiden lernen, denn die Wirkungen und Folgen fr seinen Geist undCharakter ergeben sich unmittelbar. Er leidet, er empfindet Qualen, erzahlt die Strafe, er hat sein inneres System vergiftet, und er wird erstFrieden finden, wenn sich das Gift selbst herausgearbeitet hat, wenn ersich neugestaltet, das heit, neugeformt hat. Dann wird er wieder Friedenhaben, dann wird er wieder in Ruhe schlafen knnen.

    Studieren Sie sich selbst in Ihrem tglichen Bewutseinszustand; undstudieren Sie auch die Art Ihrer Trume. Warum stehen beide in Zusam-menhang? Weil Ihre Trume aus Ihrem eigenen Denken stammen unddaher ein Teil Ihres eigenen Bewutseins sind. Ein Mensch hat in seinenwachen Stunden bse Trume, ble Gedanken; wenn er schlft, hat er

  • Alptrume. Er lernt daraus whrend des Schlafens, aber er wird im Schlafsicher keine himmlischen Trume haben, denn er hat sein Denken mitgrlichen, haerfllten, niedrigen und erniedrigenden Gedanken er-fllt. Er hat keine himmlischen Substanzen gebildet.

    Das ist die Antwort: Kma-Loka ist einfach ein Bewutseinszustand,in den das Bewutsein des Menschen nach dem Tode eintritt, weil erwhrend seines Lebens bestrebt war, diese Art von Bewutsein zu bilden.Kma-Loka wirkt sich selbst aus, und dann erhebt er sich oder sinkt er insein entsprechendes Schicksal: in ein schwaches Devachan, oder in ber-haupt kein Devachan, seinem Wesen entsprechend. Mit anderen Wor-ten: Wenn er sich den Charakter X geschaffen hat, wird er nach demTode den Charakter X haben, welcher Art er auch sei. Er wird nicht denCharakter Y oder Z oder A oder B haben. Umgekehrt wird ein Mensch,der sich whrend seines Lebens stets im Zaume hielt, der Selbstkontrollebte und hochherzig lebte, genau das gleiche Gesetz erfahren: Seinnachtodlicher Zustand in Kma-Loka wird unbewut sein, oder nahezuunbewut, weil er in seinem Innern keine Neigungen fr Kma-Lokaentwickelt hat. Wahrscheinlich wird er ein glckseliges Devachanerleben.

    Angenommen, ein Mensch hat berhaupt keinen ausgeprgtenCharakter, er ist weder besonders gut noch besonders schlecht. WelcherArt wird sein Zustand nach dem Tode sein? Er wird ein farbloses Kma-Loka haben, nichts besonders Schlechtes; und er wird ein farblosesDevachan haben, nichts besonders Schnes oder Segensreiches. Es wirdalles wie eine Art verschwommener, ungreifbarer Traum sein. Es wirdbelanglos sein, und folglich wird alles belanglos sein, nachdem er gestor-ben ist.

    Oder nehmen Sie den Fall eines jungen Menschen auf schlechtenWegen, der sich sagen wir in mittlerem Alter ndert und den Restseines Lebens tugendhafte Taten vollbringt und an seiner Vervollkomm-nung arbeitet. Wie wird sein Schicksal in den zuknftigen Welten sein?Wie ich Ihnen zuvor sagte, sind Kma-Loka und Devachan einfach eineFortsetzung dessen, was der Mensch ist, wenn er stirbt. So hat folglich einschlechter, junger Mensch, der sich zu einem guten, alten Menschenwandelt, praktisch berhaupt kein Kma-Loka widriger Art. Er wird biszum letzten Heller fr jede schlechte Tat, die er in der Jugend beging, zuzahlen haben aber in seinem knftigen Leben. Seine schlechten Taten

    32 Wind des Geistes

  • sind dort Gedanken-Samen. Doch da er sich im mittleren Alter besserteund ein reines, sauberes Leben als anstndiger Mensch fhrte, wird seinKma-Loka sehr mild sein, weil es einfach eine Fortsetzung dessen seinwird, was er bei seinem Tode war, und das Devachan wird entsprechendausfallen.

    Man kann auch schon vor Eintritt des Todes im Kma-Loka und imDevachan sein; ja, man kann sich whrend der Verkrperung sogar imAvchi-Zustand befinden. Aus dieser Tatsache sollten wir eine sehr wich-tige Folgerung ziehen: Wenn wir als verkrperte Mnner und FrauenKma-Loka erleben knnen, werden wir es auch nach dem Tod durch-laufen; und nach genau dem gleichen Gesetz werden wir, wenn wirwhrend unserer Verkrperung geistige Bestrebungen, Trume spiritu-eller Art oder spirituellen Geprges und Charakters haben, das Devachannach dem Tode durchleben. Um es zu wiederholen: Kma-Loka ist eineWeiterfhrung oder Fortsetzung dessen, was Sie whrend Ihres Lebensgewesen sind, und zwar bis es sich ausgewirkt hat. Wenn Sie Ihr Denken,Ihren Geist und Ihr Herz an Dinge hngen, die Ihnen Schmerz bringen,die Ihnen Leiden schaffen, weil Sie selbstschtig sind und halsstarrig ausStolz und Egoismus, dann werden Sie nach dem Tode mit Sicherheit dengleichen Bewutseinstendenzen folgen. Es kann nicht anders sein. Siesind einfach Sie selbst. Daher sind Devachan und Kma-Loka dieWeiterfhrungen oder Fortsetzungen der jeweils entsprechendengleichen Bewutseinszustnde, die Sie auf der Erde durchlaufen haben mit diesem einen Unterschied: da Sie, mit dem Verlassen des Krpers,der zugleich eine Blende und ein Schutzschild ist, hnlich einem Gedan-ken sind hnlich einem bloen Gedanken. Und wenn Ihr Denkenwhrend des Lebens bei schrecklichen Dingen verweilte oder wenn Siewhrend Ihrer Verkrperung Ihrem Denken gestattet haben, in dieseRichtungen zu gehen, dann wird der Makel nicht von Ihnen abgewaschenwerden, nur weil Sie den Krper abgelegt haben. Ihr Denken, das Sieselbst sind, wird fortdauern, und Sie werden durch Kma-Lokahindurchgehen und jene Phase des Denkens erschpfen mssen. Es wirdabsterben mssen, so wie ein Feuer abbrennen mu.

    Gleichermaen, in der Tat genauso, werden Sie, wenn Sie im Lebenschne Gedanken, groartige Gedanken, erhabene Gedanken gehegthaben, nach dem Ablegen Ihres Krpers gewi das gleiche im Devachanerleben, nur tausendfach strker, weil der Krper nicht mehr behindert.

    Nach dem Tode bist Du Du selbst 33

  • Wenn Sie also wissen wollen, was Ihr Schicksal nach dem Tode bringenwird, so studieren Sie sich jetzt selbst und lassen Sie sich warnen. Es gibteine sehr wichtige und zutreffende Lehre, die wir aus dieser Tatsacheziehen knnen, gerade aus dieser Tatsache. Sie knnen jetzt IhrenZustand nach dem Tode so gestalten, wie Sie ihn haben wollen, ehe es zuspt ist. Nichts im Universum kann verhindern, da Ihnen die Glck-seligkeit des Devachan zuteil wird, oder vielmehr, da Sie sie sich selbstschaffen. Daraus folgt: nehmen Sie sich selbst in die Hand.

    Das ist die Lehre von Kma-Loka. Das ist die Lehre von Devachan.Es ist sehr einfach. Alle die verwickelten, abstrakten Fragen ergeben sichmeines Erachtens weitgehend aus der Unfhigkeit, die Prinzipien derLehren zu verstehen. Wenn Sie sich zur Ruhe legen, dann trumen Sieoder sind unbewut. Wenn Sie sterben, trumen Sie oder sind unbewut.Sie haben, wenn Sie in der Nacht schlafen, schlechte oder gute Trume,oder sind unbewut. Wenn Sie sterben, werden Sie schlechte oderschne Trume haben, oder werden unbewut sein alles hngt von demeinzelnen Menschen ab und von dem Leben, das er fhrte. Daher sindKma-Loka und Devachan und, in der Tat, Avchi nicht Dinge, die Ihnenpltzlich begegnen werden, wenn Sie sterben; vielmehr wird Ihr Bewut-sein, weil es whrend Ihrer Verkrperung von bestimmter Art war aufdie eine oder andere Art fortdauern, nachdem Sie gestorben sind.

    Hier erkennt man die Bedeutung der Ethik, und warum alle groenWeisen und Seher zu jeder Zeit versucht haben, die Menschen zulehren, ihre Gedanken zu vergeistigen, ihre Gedanken zu veredeln, einLeben aus dem Herzen zu fhren, und die Dinge abzulegen, die bseund schlecht sind. Das Devachan wartet nicht auf Sie; Kma-Lokawartet nicht auf Sie ich meine im Sinne von absoluten, im Momentvllig von Ihnen getrennten Zustnden. Wenn Sie sie im Leben erfuh-ren, werden Sie sie nach dem Tode erfahren. Der Mensch, der keinehavollen, widerwilligen, abscheulichen oder giftigen Gedankengegenber einem anderen hegte, mit anderen Worten: dessen Herz undGeist nie Niststtten des Bsen waren, wird weder im Leben noch nachdem Tode ein Avchi durchlaufen und auch kein unglckliches Kma-Loka im Leben oder nach dem Tode. Ihm wird ein wundervollesDevachan zuteilwerden, und er wird erfrischt, gekrftigt, gestrkt underneuert zurckkehren, um ein neues Leben mit allen gnstigen Vor-aussetzungen zu beginnen.

    34 Wind des Geistes

  • Nach dem Tode sind Sie weiterhin genau das, was Sie sind, wenn Siesterben. Das ist alles. Darin liegt das Geheimnis von Kma-Loka undDev