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INHALT 9 Architektur und Bestand 15 Architektur und Zeit 18 Baulicher Bestand und Identität 21 Alt und Neu 24 Der Wert des baulichen Bestands 29 Planungsablauf 29 Besonderheiten im Planungsprozess 29 Notsicherungsmaßnahmen 31 Vorbereitende Untersuchungen 31 Planungstiefe 33 Casa de las Conchas, Salamanca, Spanien 34 Die Beteiligten 34 Der Bauherr 35 Der Architekt 35 Die Baugenehmigungsbehörde 37 Übersicht: Das Genehmigungsverfahren 41 Stadtmuseum Naumburg, Deutschland 42 Die Ausführenden 42 E ntscheidungsfindung und K ommunikation 45 Grundlagenermittlung 47 B estandserfassung 47 Grunddaten 48 Literatur und Archiv 50 Dokumentation des Vorgefundenen Zustands 54 Bestandspläne 59 Übersicht: Cenauigkeitsstufen in der Bauaufnahme 66 Bauuntersuchung 67 Wohnhäuser, Havelberg, Deutschland 68 Bauforschung 71 Nidaros-Dom, Trondheim, Norwegen 74 Schloss Heubach, Deutschland 75 Wohnhaus Balbarini, Pisa, Italien 78 Berhardskapelle, Owen, Deutschland 79 Wohnhaus Schminke, Löbau, Deutschland

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IN H A L T

9 Architektur und Bestand

15 Architektur und Zeit18 Baulicher Bestand und Identität

21 Alt und Neu

24 Der Wert des baulichen Bestands

29 Planungsablauf29 B e s o n d e r h e i t e n i m P l a n u n g s p r o z e s s

29 Notsicherungsmaßnahmen

31 Vorbereitende Untersuchungen

31 Planungstiefe

33 Casa de las Conchas, Salamanca, Spanien

3 4 D i e B e t e i l i g t e n

34 Der Bauherr

35 Der Architekt

35 Die Baugenehmigungsbehörde37 Übersicht: Das Genehmigungsverfahren

41 Stadtmuseum Naumburg, Deutschland

42 Die Ausführenden

4 2 E n t s c h e i d u n g s f i n d u n g u n d K o m m u n i k a t i o n

45 Grundlagenermittlung4 7 B e s t a n d s e r f a s s u n g

47 Grunddaten

48 Literatur und Archiv50 Dokumentation des Vorgefundenen Zustands

54 Bestandspläne59 Übersicht: Cenauigkeitsstufen in der Bauaufnahme

6 6 B a u u n t e r s u c h u n g

67 Wohnhäuser, Havelberg, Deutschland

68 Bauforschung71 Nidaros-Dom, Trondheim, Norwegen74 Schloss Heubach, Deutschland75 Wohnhaus Balbarini, Pisa, Italien78 Berhardskapelle, Owen, Deutschland79 Wohnhaus Schminke, Löbau, Deutschland

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83 Tragwerksanalyse

86 Bautechnische und bauphysikalische Untersuchungen 91 S t ä r k e n - S c h w ä c h e n - A n a l y s e

95 E n t w u r f

95 E n t w e r f e n m i t d e r G e s c h i c h t e

101 D i s p o s i t i o n

102 Bewusste Nutzungsplanung

103 Stadtarchiv in der Kirche S. Agostin, Valladolid, Spanien

104 Überlegte Eingriffe

105 Veranstaltungsraum „Tabourettli“ in dem alten Spalenhof, Basel, Schweiz

107 Gezielte Entlastungsbauten

lo g Bankgebäude in gründerzeitlicher Bebauung, Budapest, Ungarn

1 1 1 P l a n u n g s s t r a t e g i e n

111 Instandhalten112 Wohnhaus, Venedig, Italien

113 Wohnhaus, Bamberg, Deutschland

115 Modernisieren

I i6 Stadtpalast als Museum, Venedig, Italien

119 Weiterbauen

121 Wohnung im Industriebau, Madrid, Spanien

122 Ausbau eines Industriegebäudes, Göttelborn, Deutschland

125 Hotel in der Klosterkirche, Maastricht, Niederlande

128 Landesmuseum Schloss Tirol, Bozen, Italien

130 Einfamilienhäuser, Utrecht, Niederlande

131 Geschäftshaus, Zürich, Schweiz

134 Ersetzen

137 G e s t a l t u n g

138 Anpassung

139 Schwimmhalle, Spexhall Manor, Großbritannien

140 Auswärtiges Amt in der ehem. Reichsbank, Berlin, Deutschland

141 Vereinheitlichung

144 Fragmentierung

149 Rathausumbau und -erweiterung, Utrecht, Niederlande

150 Nuevos Ministerios, Madrid, Spanien

151 Fügung

154 The British Museum, Queen Elizabeth II Great Court, London, Großbritannien

156 Dokumentationszentrum ehem. Reichsparteitagsgelände, Nürnberg, Deutschland

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1 5 9 Ausführungsplanung1 59 V o r a u s s e t z u n g e n

159 Aufbauen statt Abbrechen160 Bauteilorientierte Planung

162 Bibliothek, Eichstätt, Deutschland

163 Planung mit formtreuem Aufmaß 165 G r u n d s ä t z e

165 Reparieren statt Erneuern

167 Additive Maßnahmen169 Stadtmuseum Naumburg, Deutschland

174 Wiederverwendung Vorgefundener Materialien

175 L ö s u n g e n : z w e i B e i s p i e l e

175 Energetische Ertüchtigung der Fenster

176 Wohnhaus, Buchschlag, Deutschland

178 Dachwerksinstandsetzung

183 Realisierung183 B a u s t e l l e n e i n r i c h t u n g

185 Werlcstattprinzip

186 Bauteilschutz

187 Schloss Heubach, Stadtbibliothek und Miedermuseum, Deutschland

189 B a u l e i t u n g

191 Bemusterung und Probeeinbau

193 Aufmaß und Abrechnung194 B a u z e i t u n d - g e l d

194 Baukosten und Kostenkontrolle

196 Bauzeitenplan

197 Honorar

199 Nachhaltigkeit200 Facility Management

202 Monitoring und Pflege

204 Werterhalt

207 Literaturverzeichnis 213 Architektenregister

215 Sachregister

219 Bildnachweis

221 Über die Autoren

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Architektur im Bestand, der anspruchsvolle und richtungweisende Entwurf in einer Vorgefundenen baulichen Situation, hat eine lange Tradition.

Große Architektur ist im mer auch im und aus dem Bestand heraus entwi­

ckelt worden, als Weiterentwicklung von Vorgefundenen Ansätzen. Unter

den großen Entwerfern der Architekturgeschichte sind viele, die sich durch

die Arbeit mit dem Bestand durchaus nicht in ihrer Kreativität eingeengt

fühlten, sondern gerade hier ihre entwerferische Kraft verwirklichten. Karl Friedrich Schinkel hebt bei jedem seiner Umbauvorschläge die Sparsamkeit seiner Lösung hervor. Er zeigt für jeden Umbauentwurf einen Bestandsplan

und gibt damit dem Betrachter die Möglichkeit, selbst über die Veränderung zu urteilen. Einige seiner Umbauprojekte gehören zu seinen inte­

ressantesten und architektonisch anspruchsvollsten Schöpfungen. Im

Schlösschen des Alexander von Humboldt in Tegel bei Berlin lässt er auf

Wunsch der Bauherren den Altbau sichtbar, bewahrt so seine Würde und

steigert durch die Ummantelung des bestehenden Turmes und dessen

Wiederholung an den vier Ecken des Hauses seine Wirkung. Wie Schinkel

dort ein zusätzliches Geschoss einführt, ohne das vorhandene Haus zu erdrücken, und wie er schließlich im Inneren ein ebenso ungewöhnliches

wie geniales Nutzungs- und Erschließungssystem umsetzt, das ist bis heute

ein Lehrstück für jeden, der mit komplizierten Entwurfsbedingungen zu tun

Baulicher Bestand und Identität

Unser Lebensumfeld wird maßgeblich durch Architektur geprägt. Von der

Kulturlandschaft bis zum Quartier in der Stadt bestimmen die historischen Bauten das Aussehen und den Charakter unserer Umwelt. Die europäi­

schen und außereuropäischen Städte werden vor allem durch ihren Bau­

bestand definiert. Nur er sorgt dafür, dass auch über lange Zeiträume ein

Ort wiedererkennbar bleibt. Die Architektur bestimmt den genius loci, der die Identität eines Ortes ausmacht. Dieser Begriff umfasst sowohl die Kon­

tinuitäten als auch die gegenwärtigen Charakteristika und die Möglich­

keiten eines baulichen Umfeldes. Die Pflege dieses identitätsstiftenden genius loci gehört zu den vorrangigen Aufgaben der Stadtplanung.

Bauwerke bleiben in der Regel länger bestehen als ein Menschenleben.

Viele überdauern mehrere Generationen, für manche, wie etwa die ägypti­

schen Pyramiden, scheinen gar die Gesetze der Vergänglichkeit weitgehend

außer Kraft gesetzt. Diese Persistenz prädestiniert den Baubestand zum

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Träger und Orientierungspunkt für die

Erinnerung des Einzelnen wie der Gemein­

schaft. Jenseits der herausragenden Einzel­

monumente definieren sich Regionen und

Städte über die Vielzahl jener Bauwerke, die

architektonisch oder künstlerisch von höchst unterschiedlichem Wert sein können, an die

sich aber im Laufe der Zeit Bedeutungen

angelagert haben und die in gewisser Weise

Teil der allgemeinen Erinnerung geworden

sind. Wie wichtig diese Orientierungsmög­

lichkeit durch architektonische Kontinui­

täten ist, wird überall dort besonders deutlich

sichtbar, wo sich städtische Strukturen in

rascher Folge verändern.Wo der Veränderungsdruck hoch ist, bei­

spielsweise in den Zentren der modernen

Großstädte, erzeugt das schnelle Werden und Vergehen von Architektur eine nervöse

Verunsicherung, welche durch ein verstärktes

Interesse an den geschichtlichen Abläufen

gleichsam kompensiert wird. In Städten

wie Tokio, London oder Paris können sich

deshalb das Bild und der Film als dauer­haftere Erinnerungsträger erweisen, als die

Architektur.

Nach plötzlichen großen Verlusten an histo­

rischer Bausubstanz, wie sie durch Kriege

und Katastrophen verursacht werden,

besteht ein besonders großes Bedürfnis nach Selbstvergewisserung durch

Architektur. Der Bruch des Kontinuums führt zu einer intensivierten Auseinandersetzung mit dem verbliebenen baulichen Erbe. In Chicago gab

der große Brand von 1871 nicht nur Anlass zur Neuerfindung der Stadt,

sondern gleichermaßen auch zur Definition einer spezifischen lokalen

Architektursprache. In Warschau entschied man sich nach den Zerstörungen

im Zweiten Weltkrieg für einen an den Vorkriegszustand erinnernden

Wiederaufbau der Innenstadt auf den historischen Grundstücksgrenzen.

Die massiven Zerstörungen des zweiten Weltkrieges

haben die Stadt Warschau beinahe ausgelöscht.

Der W iederaufbau der Altstadt von Warschau rekonstruiert das Verlorene, ohne es im

Detail zu kopieren.

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Arbeit leicht zu machen. Für das Gesamt­

ergebnis ist der leichte Weg aber fast immer

der schlechtere. Abgesehen von Argumenten

der Nachhaltigkeit ist die Wiederverwendung

alter Baumaterialien oft nicht nur die gestal­terisch überzeugendere, sondern auch die

für den Bauherrn wirtschaftlichere Lösung.

Wo das geborgene Material für die Gesamt­

maßnahme nicht ausreicht, bietet heute ein

ausgedehnter, bisweilen etwas alternativ

organisierter Handel mit historischen Bau­

stoffen fast alle nachgefragten Materialien

an. Vom Ziegel jeden Formats über Boden­

bretter bis zu Beschlägen findet man mit

überschaubarem Engagement fast alles.

L ö s u n g e n : Z w e i B e i s p i e l e

Unsere Publikation kann und will kein Handbuch für die Instandsetzung

von alten Häusern sein. Die nachfolgenden Beispiele sollen gleichwohl an

Einzelkomplexen das Ineinandergreifen von Schadenserhebung, Repara­

turkonzept und baulicher Umsetzung zeigen. Die dabei angewandten

Grundsätze sind auf andere, hier nicht behandelte Fragen übertragbar.

Energetische Ertüchtigung der FensterDie vollständige Erneuerung der „alten und zugigen“ Holzfenster gegen hochgedämmte Kunststofffenster ist heute fast immer eine der ersten

Maßnahmen zur Modernisierung und energetischen Nachqualifizierung

von alten Gebäuden. Die systematische Schadenserhebung zeigt dann aber fast immer, dass die technischen Defizite an den Bestandsfenstem insge­

samt vergleichsweise gering sind. Die handwerkliche Reparatur ist fast

immer billiger als die Erneuerung - wenn da nicht auch noch die unbe­

strittenen Funktionsmängel des Einfachfensters wären: mangelnde Wind­dichtigkeit, hoher Wärmeverlust, geringer Schallschutz. Alle diese Defizite

lassen sich aber, ebenfalls mit überschaubarem Aufwand und technisch ein­

wandfrei, durch additive Maßnahmen bei Erhaltung des historischen

Fensterbestands beseitigen. Der Ausbau des Einfachfensters zum Kasten­

fenster, das zum Beispiel den gründerzeitlichen Hausbestand in Berlin bis

175

Bauteilgenaue Schadensaufnahm e fü r ein Holzfenster.

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Nach der Instandsetzung und Modernisierung; aus dem dunklen Balkon wurden durch einen Auf­bau zwei Badezimmer.

Alte Bauteile nachqualiflzieren: die innen verstärkte Haustür mit M ehtfachschlieflung und Alarmanlage.

Die alte Tür wird fü r die Verwendung am neuen Platz angepasst, in diesem Fall verbreitert.

Alte Bauteile gehören nicht auf die Deponie:

Identität durch Wiederverwendung

Wohnhaus, 1997

D-Buchschlag

Bauherr: privat

Architekt: Johannes Cramer

Das klassische Landhaus aus dem Jahr 1912 sollte unter

weitgehender Wahrung seiner historischen Identität den

modernen Anforderungen angepasst und als Familien­

wohnhaus hergerichtet werden. Die fehlenden Bade­

zimmer wurden durch einen Aufbau auf dem stark ver-

schatteten Balkon der Nordseite untergebracht. Die Holz­

konstruktion orientiert sich in der Formgebung an den

umstehenden grauen Buchenstämmen. Schadhafte Bau­

teile wurden konsequent repariert und durch Verstärkung nachqualifiziert, nicht ersetzt. Fenster ebenso wie Türen,

die nach Abbruch der entsprechenden Wände dort nicht mehr

benötigt wurden, konnten an anderer Stelle wieder eingebaut

werden. Die Dachdeckung wurde nach der Dachdämmung

wiederverwendet und durch altes Material ergänzt.

Bauteile wandern: Darstellung der Wiederverwendung historischer Bauteile als Teil der Genehmigungsplanung.