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Inhalt Einhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 1 Gesundheit im Brennpunkt................................ 12 1.1 Was ist Gesundheitsförderung? Wem nützt Gesundheitsförderung? Wess en Aufgabe ist Gesundheitsförderung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 2 Geschichtliche Entwicklung und kulturelle Wurzeln der Begriffe "Gesundheit " und "Krankheit " ....................... 15 II Individuum und Gesundheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 3 Subjektive und wissenschaftliche Vorstellungen von Gesundheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 3.1 Gesundheit - ein mehrdimensionaler Begriff .............. 23 3.2 Subjektive Gesundheitsvorstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 3.2.1 Der Gesundheitsbegriff aus soziologischer und psychologischer Sicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 3.3 Einflussfaktoren auf Gesundheit und Krankheit. . . . . . . . . . 30 3.3.1 Persönlichkeitsmerkmale und Gesundheit . . . . . . . . 30 3.3.2 Gesellschaftliche Einflüsse auf die Gesundheit... 33 3.3.3 Arbeitsbedingungen und Gesundheit ... .. ... .. ..... 35 3.3.4 Private Lebensformen: Einfluss von Fami lien- stand, Familienkonstellation und Geschlechterrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 III Prävention und Gesundheitsförderung.............................. 39 4 Prävention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 4.1 Formen von Präventionsmaßnahmen ....................... 40 4.1.1 Die Unterscheidung nach dem Zeitpunkt... . ...... . 40 4.1.2 Die Unterscheidung nach dem Ziel ........... . ....... 41 4.1.3 Die Unterscheidung nach der Methode .... . .... . .. 43 4.2 Kritik am Konzept der Prävention............................ 46 5 Gesundheitsförderung ..... . . . .. .. ..... . .......... .. .... . .. . ........... 47 5.1 Ansatz und Methoden der Gesundheitsförderung .. . .... 48 5.2 Gesundheitserziehung versus Gesundheitsförderung ... . 51 IV Gesundheitsförderung in Gesellschaſt und Politik . . . . . . . . . . . . . . 55 6 Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ................ . ..... ... 58 6.1 Die Geschichte der WHO....................................... 58 6.2 Meilensteine der WHO.......................................... 59 6.2.1 Die Konferenz von Alma Ata (Kasachstan) . . . . . . . . 60 6.2.2 Die Konferenz von Ottawa (Kanada) . ............... 61 6.2.3 Die Konferenz von Adelaide (Australien) . . . . . . . . . . 62 6.2.4 Die Konferenz von Jakarta (lndonesien) ........... 63 6.3 Projekte der WHO................................................ 64 6.3.1 WHO-Projekt "Gesunde Städte". ... . .... . ...... . . . ... 64

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Inhalt

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1

1 Gesundheit im Brennpunkt................................ 1 2 1 . 1 Was ist Gesundheitsförderung? Wem nützt

Gesundheitsförderung? Wessen Aufgabe ist Gesundheitsförderung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 2

2 Geschichtliche Entwicklung und kulturelle Wurzeln der Begriffe "Gesundheit" und "Krankheit" ....................... 1 5

II Individuum und Gesundheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

3 Subjektive und wissenschaftliche Vorstellungen von Gesundheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 3 . 1 Gesundheit - ein mehrdimensionaler Begriff .............. 23 3 .2 Subjektive Gesundheitsvorstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

3 .2 . 1 Der Gesundheitsbegriff aus soziologischer und psychologischer Sicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

3 .3 Einflussfaktoren auf Gesundheit und Krankheit . . . . . . . . . . 30 3 .3 . 1 Persönlichkeitsmerkmale und Gesundheit . . . . . . . . 30 3 .3 .2 Gesellschaftliche Einflüsse auf die Gesundheit ... 33 3 .3 . 3 Arbeitsbedingungen und Gesundheit ... ..... ....... 35 3 .3 .4 Private Lebensformen: Einfluss von Familien-

stand, Familienkonstellation und Geschlechterrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

III Prävention und Gesundheitsförderung.............................. 39

4 Prävention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 4 . 1 Formen von Präventionsmaßnahmen....................... 40

4. 1 . 1 Die Unterscheidung nach dem Zeitpunkt. .. ....... .40 4 . 1 .2 Die Unterscheidung nach dem Ziel.. ......... ........ 4 1 4 . 1 . 3 Die Unterscheidung nach der Methode .... ..... ... 4 3

4 . 2 Kritik a m Konzept der Prävention............................ 4 6 5 Gesundheitsförderung ..... .. ... ....... ........... ...... ... ............ 4 7

5 . 1 Ansatz und Methoden der Gesundheitsförderung .. ..... 48 5 .2 Gesundheitserziehung versus Gesundheitsförderung ... . 51

IV Gesundheitsförderung in Gesellschaft und Politik . . . . . . . . . . . . . . 55

6 Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ................ ...... ... 58 6 . 1 Die Geschichte der WHO....................................... 58 6 .2 Meilensteine der WHO.......................................... 59

6 .2 . 1 Die Konferenz von Alma Ata (Kasachstan) . . . . . . . . 60 6 .2 .2 Die Konferenz von Ottawa (Kanada) ................ 61 6 .2 .3 Die Konferenz von Adelaide (Australien) . . . . . . . . . . 62 6 .2 .4 Die Konferenz von Jakarta (lndonesien) ........... 63

6.3 Projekte der WHO................................................ 64 6.3 . 1 WHO-Projekt "Gesunde Städte". ... ..... ....... .. .... 64

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Gesundheitsförderung I Inha ltsverzeichnis

V Theoretischer Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70

7 Wissenschaftliche Theorien über die Entstehung von Gesundheit und Krankheit............................................ 7 1 7 . 1 Lerntheorien .... ..... ........... .... .. ....... ....... : .............. 72

7 . 1 . 1 Klassische Konditionierung ........................... 73 7 . 1 . 2 Operante Konditionierung ...... ...... ..... ... .... .... 74 7 . 1 . 3 Lernen am Modell - die sozial-kognitive

Lerntheorie von Albert Bandura .............. ........ 75 7 .2 Persönlichkeitstheorien .. ..... ..... ... .... .. .. ... ... .... .. .. ... . 79

7 .2 . 1 Die Theorie der verletzlichen und unverletzlichen Persönlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

7 .2 .2 Die Theorie der psychischen Gesundheit: eine integrative Persönlichkeitstheorie ....... ..... 80

7 .3 Stress- und Bewältigungstheorien . ... .. .... ........ ... ........ 83 7 .3 . 1 Reizzentrierte Stressmodelle ......... .......... . ... .... 84 7 .3 .2 Das reaktionszentrierte Stressmodell -

das Stresskonzept von Hans Selye . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 7 .3 .3 Transaktionale Stressmodelle -

das Stressmodell nach Richard Lazarus . . . . . . . . . . . . . 85 7 .3 .4 Das Modell des Belastungs- und

Überforderungsprozesses nach Leonard Pearlin . . 86 7 . 3 . 5 Das salutogenetische Konzept ................ ....... . 8 7 7 .3 .6 Psychosomatische und soziasomatische Modelle. 87

7 .4 Theorien zu Interaktions- und Sozialstruktur. . . . . . . . . . . . . . 88 7 .4 . 1 Strukturfunktionalistische Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 7.4.2 Systemtheoretische Modelle ... ..... ... ..... .. ...... .. 89 7 .4 .3 Interaktionstheoretische Modelle .......... .. ....... 90 7 .4 .4 Public-Health-Theorien ... ..... .......... .. ............. 92

8 Zusammenfassung der wichtigsten theoretischen Hauptströmungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 8 . 1 Gesundheit als Bewältigung von Anforderungen ... ... ... 94 8 .2 Gesundheit a ls Stadium des Gleichgewichts ............ ... 95 8.3 Relative Gesundheit . .... ........................................ . 96 8.4 Gesundheit als Reaktion auf gesellschaftliche

Gegebenheiten ..... .. .................... ..... ... .. ... ...... .... .. 9 7 9 Modelle von Gesundheit und Krankheit . .. .. ....... .... ... .. ...... 99

9 . 1 Krankheitsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 9 .2 Belastungs- und Bewältigungsmodelle ... ................... 100 9 .3 Das Devianzmodell ........................... .. .. .. ............ . 100 9 .4 Das sozialisationstheoretische Modell nach

Klaus Hurrelmann .. ... ...... ..... ........................ ... .. .. . 102 9 .5 Das Mandala-Modell nach Trevor Hancock ........ .. ... ... 104 9 .6 Der Setting-Ansatz .. ... ... ........ ...... .... .... ... .. ....... .. ... 105 9 . 7 Das Konzept der Salutogenese nach Aaron Antonovsky .. 106

9 . 7 . 1 Die Bedeutung der Salutogenese für das Praxisfeld Pflege .. . .. .................... ... . ... .... ...... 109

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G esundheitsförderung I I nhaltsverzeichn is

VI Gesundheitsförderung in der Gesundheits- und Krankenpflege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1 5

10 Gesundheitsförderung als neues Teilgebiet der Krankenpflege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1 6 10 . 1 Der Begriff Gesundheit i n den Pflegetheorien . . . . . . . . . . . . . 1 1 7

1 1 Die Beratung als Instrument der Gesundheitsförderung . . . . . . . 1 2 1 1 1 . 1 Alltagsberatung - professionelle Beratung - Therapie . . . 1 23

1 1 . 1 . 1 Alltagsberatung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 23 1 1 . 1 .2 Beratung und Erziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 24 1 1 . 1 . 3 Konstellationen von Beratung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 24 1 1 . 1 .4 Beratung - eine Form der Therapie? . . . . . . . . . . . . . . . . 1 25

1 1 .2 Beratung in der Gesundheits- und Krankenpflege . . . . . . . . 126 1 1 .3 Theorien der Verhaltensänderung und ihre

Umsetzung in die Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 28 1 1 . 3 . 1 Das Gesundheitsaktionsmodell

(Health-Action-Model, HAM) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 1 1 .3 .2 Das Modell der stufenweisen Veränderung . . . . . . . . 1 30

1 1 .4 Selbstmotivation der Betroffenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 1 1.5 Strategien zur Vermehrung der Einsicht in die

eigene Person . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 1 1 .5 . 1 Reihung und Kategorisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 1 1 .5 .2 Polarisierte Gesichtspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 1 1 .5 . 3 "Werterweiterung" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 1 1 . 5 .4 Rollenspiele und andere Spiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136

1 1 .6 Strategien zur Entscheidungsfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 3 7 1 1 . 7 Strategien zur Erzielung von Verhaltensänderungen . . . . 140

1 1 . 7 . 1 Selbstkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 40 1 1 . 7 .2 Verhaltensänderung: Einsatz und Gewinn . . . . . . . . 142 1 1 . 7 . 3 Zielsetzung und Feststellung des Fortschritts . . . . . 142 1 1 . 7 .4 Strategien zur Problembewältigung . . . . . . . . . . . . . . . . . 143

1 1 .8 Die wirkungsvolle Verwendung von Strategien . . . . . . . . . . . 145 1 1 . 8 . 1 Rechtsvertretung und die partnerschaftliehe

Zusammenarbeit mit "Laien" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 1 1 .8 .2 Wie die gesundheitsbewusste Wahl

erleichtert wird . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 46 1 1 .8 .3 Verbindung mit dem Klienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 1 1 .8 .4 Die feinfühlige Verwendung der Methoden . . . . . . . 146 1 1 .8 .5 Praktische Punkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 4 7

1 2 Gesundheitsförderung i m Pflegeprozess -der Gesundheitsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 12 .1 Pflegeprozess versus Gesundheitsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 49 12 .2 Der Gesundheitsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150

12 .2 . 1 Die Schritte des Gesundheitsprozesses . . . . . . . . . . . . . 1 5 1 Anhang:

Kurzbiografien bedeutender Theoretiker . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . 1 6 1 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 66 Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 69

I G'""'''"''"'"""' 7

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Einführung I Geschichtl iche Entwicklung

Zwei wichtige G rundsätze

der christl ichen Nächsten­

l iebe und Barmherzigkeit

sind misericordia = Mitleid

und caritas = Liebe.

Matthäus 25, 35 f. : " Denn

ich war hungrig und i h r

habt m i r zu essen

gegeben, ich war du rstig,

und ihr habt mir zu tri nken

gereicht ( . . . )" .

An Epidemien von I nfek­

tionskrankheiten s ind z. B .

bekannt: Virusgrippe ab

dem 6. Jh . unter Ka iser

]ustin ian; Pest, 1347-1351; Lepra, Syph i l l i s und Chole­

ra i n London 1665 bzw.

Marsei l l e 1 720-1 750. Dies

s ind nur e in ige wenige

Beispie le von unzäh l igen .

DJ Ontologie = Lehre

vom Sein

DJ Nosologie = Wissen­

schaft von der Klassifizie­

rung der Krankheiten

DJ Wissenschaftlich­kelt = die Orientierung

an methodisch-systemati­

scher Erkenntnisarbeit

Theophrastus Bombastus

von Hohenheim, genannt

Paracelsus, 1493-1541

0 Das bedeutet, dass Gesundheit und Krankheit im Mittelalter neu bewertet wurden. Vom antiken Verständnis, das sinnlich­sittliche Vollkommenheit mit körperlicher Gesundheit gleich­setzte, ist man abgegangen (vgl. Angermühle 2002, S. 2).

Unter dem asketischen Gesichtspunkt des frühen Christentums wur­de Leiden zur Tugend, und Krankheiten wurden mit Stolz erlitten. Ge­sundheit bedeutete nicht mehr nur das Freisein von Schmerz, sondern auch die - durchaus positiv zu sehende - Fähigkeit, Leiden zu ertra­gen. Das christliche Mittelalter war aber auch Ausgangspunkt für die Entwicklung der Hospitale. Damit versuchte man, einem Bibelwort (Matthäus 25 , 3 5 ff.) zu folgen, wonach Barmherzigkeit eine erstre­benswerte Tugend ist.

Die jeweils aktuelle Sicht von Krankheit wurde auch häufig von jenen Krankheiten geprägt, die in einem bestimmten Kulturkreis und in einer bestimmten Epoche auftraten. Im Europa des Mittelalters und der frühen Neuzeit, der Renaissance, gab es Epidemien von Infektionskrankheiten, in deren Verlauf unzählige Tote zu beklagen waren.

Unter Paracelsus wurden Krankheiten - wie so oft in der Geschichte der Medizin - wiederum neu bewertet und interpretiert. Paracelsus entwi­ckelte ein ganzheitliches Verständnis von Gesundheit und Krankheit, von Patient, Arzt und Therapie: Seine Medizin ruhte auf den vier Säulen Philosophie, Astronomie, Chemie und auf der Tugend des Arztes.

Im 16. und 1 7. Jahrhundert verstärkte sich, an die Ideen des Paracelsus anschließend, die rontologisch� Sichtweise. Krankheiten wurden als etwas Reales angesehen, ihnen wurde ein eigenständiges Dasein zuge­billigt.

Von Thomas Sydenham (1624-1689) wurde die[NOsüfogielbegründet. Dies war ein wichtiger Schritt in Richtung [Wissenschaftlichkei�. Wäh­rend man jedoch Krankheiten zu klassifizieren begann, galten die Ursa­chen für Epidemien immer noch als okkulte und unerklärliche Phäno­mene. In der Folge, im 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts, wurden Krankheiten auf der Basis klinischer Symptome klassifiziert (Familie, Gattung, Spezies). Prägende Persönlichkeiten waren hier Carl von Lin­ne in Schweden, William Cullen in Edinburgh sowie Philippe Pinel und Johann Lukas Schönlein in Frankreich (vgl. Hudemann-Simon 2000, S. 1 ) . Aus diesem Klassifikationsmodell wurde schließlich ein ein­faches und systematisches Vorgehen abgeleitet: Anband von aufgeliste­ten Symptomen wurde eine Diagnose gestellt, woraufhin eine ebenfalls gelistete Medizin zu verschreiben war. In letzter Konsequenz bedeutete dies, dass eine intensive und unvoreingenommene Beschäftigung mit

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Einführung I Geschichtl iche Entwicklung

der Krankheit und dem kranken Menschen unterbleiben konnte (vgl. Muths 2002, S. 5) .

Die Nosologie war auch Wegbereiter der klinischen Anatomie mit ih­rem bedeutendsten Vertreter, dem Niederländer Hermann Boerhaave ( 1 668-1 738) . Er gilt als Erster, der in Europa den klinischen Unterricht am Krankenbett einführte.

In Österreich blieb es einem Schüler Boerhaaves, Gerhard van Swieten ( 1 700-1 7 72), vorbehalten, das Medizinstudium zu reorganisieren (vgl. Hudemann-Simon 2000, S. 5 1 ) . Er tat dies nach einer Verordnung der Kaiserin Maria Theresia aus dem Jahr 1 749. Van Swieten führte Vorle­sungen in Botanik, Chemie, Chirurgie sowie die Durchführung eines kli­nischen Unterrichts ein.

Im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts wurden die ersten Krankenkas­sen gegründet (Wien und Mannheim, jeweils 1 7 7 1) und somit erstmals Formen eines Beitragssystems entwickelt. Wer regelmäßig einen gewis­sen Beitrag leistete, bekam ein Entgelt ausbezahlt, wenn er bettlägerig oder arbeitsunfähig war. Hier gab es bereits gedankliche Ansätze zur Fra­ge der Finanzierung des Gesundheitswesens - einer Frage, die die Ge­sundheitspolitik, die Gesellschaftspolitik, die Sozial- und die Finanzpo­litik betrifft (vgl. Hudemann-Simon 2000, S. 1 83) . All dies fand unter joseph II. ( 1 741-1 790) statt, dessen Reformen auf die Schaffung eines "Wohlfahrtsstaates" ausgerichtet waren (Bau von Spitälern, Blinden­und Invalidenhäusern, Anstalten für psychisch Kranke).

Eine bahnbrechende Neuerung beim Diagnostizieren und hinsichtlich der Objektivität der Diagnosen war die Verwendung des Stethoskops ( 1 8 1 9 entwickelt von Rene Laennec, 1 78 1-1 826) . Damit waren neben der subjektiven Symptombeschreibung des Patienten objektive Beurtei­lungsgrundlagen gegeben. Die in die neu entstandenen Krankenhäuser eingelieferten Patienten - v. a. Arme aus den Industriestädten - waren "Studienobjekte", die es ermöglichten, die neue Objektivität zu verfei­nern, Statistiksysteme zu entwickeln und systematische Vergleiche an­zustellen.

0 Durch die Entwicklung der Naturwissenschaften, d. h. durch die systematische und methodische Beschäftigung mit den verschiedensten Phänomenen, wurde die Medizin im 19. Jahr­hundert zu einer Wissenschaft im eigentlichen Sinne.

Nun zeigte sich in der Medizin und der Chirurgie auch die Notwendig­keit einer wissenschaftlichen Ausbildung mit gleichwertigen akademi­schen Graden (vgl. Hudemann-Simon 2000, S. 226) .

Kaiserin Maria Theresia,

1117-1780

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Theoretischer H intergrund I Wissenschaftl iche Theorien

Zusammenhänge zwischen Risikofaktoren und Krankheiten

Risikofaktoren Übergewicht

Zigarettenrauchen

Bewegungsmangel

Alkoholm issbrauch

B luthochdruck

Körperl iche Feh lha ltung

Schadstoffe i n der Umwelt

(Strah len, Asbest, Teer etc.)

Häufiger Zuckerkonsum

Bal laststoffmangel

Fetthaltige Nahrung

Krankheiten

Stoffwechselkrankheiten

Herz-Kreis lauf-Erkra n kungen

Chron ische Bronch itis

Lungenkrebs

Erkrankungen des Stütz- und Ha lteapparates

Herz-Kreis lauf-Erkrankungen

Stoffwechselerkrankungen

Magen-Darm-Krankheiten

Leberzi rrhose

Schlaganfa l l

Herzinsuffizienz

Herzinfarkt

Nierengefäßerkran kungen

Erkra n kungen des Stütz- und Ha lteapparates

Al lergische Reaktionen

Krebs

Zah nkaries

Magen-Darm-Kran kheiten

Stoffwechselkra n kheiten

Herz-Kreis lauf-Erkrankungen

Krebs

Das Risikofaktorenmodell verbindet zwar medizinische Gegebenheiten (also Krankheiten) und sozialwissenschaftliche Faktoren, stellt aber nur Zusammenhänge, keine Ursachen fest. Es lässt nur Schlüsse darüber zu, wie wahrscheinlich ein bestimmter Zusammenhang ist, sagt aber nichts über die Ursachen aus. Daher kann man aus den gewonnenen Erkennt­nissen nur bedingt gesundheitspolitische Konsequenzen ziehen.

Tabelle 4:

Zusammenhänge zwischen

Risikofaktoren und Krank·

heiten

Nach Hurrelmann Klaus: Gesundheitssoziologie. Weinheim: juventa 2000, S. 78

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Abbildung 8:

Gesundheit als Bewältigung

von inneren und äußeren

Anforderungen

Nach Hurrefmann Klaus: Gesundheitssoziofogie. Weinheim: juventa 2000, S. 88

8 Zusammenfassung der wichtigsten theoretischen Hauptströmungen

Im folgenden Kapitel werden wir die theoretischen Hauptströmungen nochmals zusammenfassen, wobei wir die einzelnen Definitionen des Begriffs " Gesundheit" ins Zentrum stellen wollen. Für eine wissen­schaftliche Bearbeitung des Themas sind diese Begriffsdefinitionen von Gesundheit und Krankheit von großer Bedeutung.

8. 1 Gesundheit a ls Bewältigung von Anforderungen

" Gesundheit ist die gelungene, Krankheit die nicht gelungene Bewältigung von inneren und äußeren Anforderungen. tc

(Hurrefmann 2000, S. 8 7)

Vielen wissenschaftlichen Theorien zufolge (einige von ihnen wurden in den vorangegangenen Kapiteln besprochen) entsteht Gesundheit da­durch, dass der Mensch mit inneren und äußeren Anforderungen "fer­tig wird" . Zu den inneren Anforderungen zählen etwa das Erbgut, das Immunsystem, die Persönlichkeit eines Menschen sowie seine Belast­barkeit. Mit diesen inneren Voraussetzungen ausgestattet, kann und muss er den äußeren Bedingungen begegnen: der Ökologie, den Wohn­verhältnissen, Bildung, sozialer Einbindung u. v. m.

körperl iche Konstitution

Immunsystem

Nervensystem

Hormonsystem

Persön l ichkeitsstruktur

Tem perament

Belastbarkeit

sozioökonomische Lage

ökologisches Umfeld

Wohnbed ingungen

Hygien ische Verhältn isse

B i ldungsangebote

Arbeitsbed ingungen

private Lebensform

soziale E inb indung