Quadruplex Nucleic Acids. Herausgegeben von Stephen Neidle und Shankar Balasubramanian.

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Diese Beispiele kɆnnen leicht ɒber den bɒndigen, aber vollstȨndigen Index ge- funden werden. Obwohl ich davon ab- raten wɒrde, eine Vorlesung ɒber EPR- Spektroskopie allein auf der Grundlage dieses einen Buches zu konzipieren, bieten sich viele der einfach gehaltenen Abbildungen durchaus fɒr die Illustra- tion von Vorlesungen an. Nicht viele Bɒcher kann ich mit so gutem Gewissen weiterempfehlen. Ich selbst mɆchte Riegers Werk in meinem Bɒcherschrank nicht mehr missen. Gunnar Jeschke Lehrstuhl fɒr Physikalische Chemie UniversitȨt Konstanz Quadruplex Nucleic Acids Herausgegeben von Stephen Neidle und Shankar Bala- subramanian. Royal Society of Chemis- try, Cambridge 2007. 302 S., geb., 79.95 £.—ISBN 978-0-85404-374-8 Es ist kein neues PhȨnomen, dass gua- ninreiche NucleinsȨuresequenzen un- gewɆhnliche Strukturen bilden. In den G-Quadruplexen auch G-Tetraden oder G 4 -DNA genannt – interagieren vier Guaninreste desselben Strangs oder unterschiedlicher StrȨnge ɒber ihre Watson-Crick- und Hoogsteen-Seite und bilden so ein planares G-Quartett. Die entstehenden mono-, di- oder tetra- molekularen Strukturen werden zusȨtz- lich durch die Bindung einwertiger Kationen (meist K + ) im Zentrum der Tetrade stabilisiert. Im biologischen Milieu kennt man Quadruplexstruktu- ren seit einiger Zeit als Bestandteil der Telomere. Die sich vielfach wiederho- lende Sequenz d(TTAGGG) an den Enden der Chromosomen aller Verte- braten kann Quadruplexe bilden, deren Existenz sich durch NMR- und kristal- lographische Studien zumindest in vitro nachweisen lȨsst. Trotzdem blieb die biologische Bedeutung dieser Struktu- ren lange Zeit im Dunkeln, und Nucle- insȨurechemiker z.B. kannten Quadru- plexe hauptsȨchlich als stɆrendes PhȨ- nomen bei der Reinigung von guanin- reichen Oligonucleotiden. Die Forschung der vergangenen Jahre hat jedoch einiges an Erkenntnis- sen zur mɆglichen biologischen Rolle von G-Quadruplexen zusammengetra- gen, einhergehend mit immer besseren Methoden zur Charakterisierung der strukturellen DiversitȨt von Quadru- plexarchitekturen. Neben Proteinen, die Quadruplexe erkennen und mit ihnen wechselwirken, sind inzwischen auch eine Reihe kleiner organischer Mole- kɒle bekannt, die an Quadruplexstruk- turen binden und auf diese Weise sta- bilisierend wirken. Durch diese Art von Stabilisierung der einzelstrȨngigen Enden der Telomere in Quadruplexen lȨsst sich die AktivitȨt der Telomerase, eines Enzyms, das fɒr die VerlȨngerung der Telomere nach jeder Zellteilung zustȨndig ist und damit eine wichtige Rolle bei der Tumorentwicklung und Proliferation spielt, inhibieren. Darɒber hinaus wurden inzwischen Sequenzen mit Potenzial zur Quadruplexbildung in weiten Bereichen des menschlichen Genoms identifiziert. Als Strukturele- mente in den Promotorregionen von Genen kɆnnten sie beispielsweise als Transkriptionsregulatoren fungieren. Das vorliegende Buch von Stephen Neidle und Shankar Balasubramanian trȨgt der aktuellen Entwicklung in diesem Forschungsgebiet Rechnung. In zehn Kapiteln wird der Leser mit den Eigenschaften, Strukturen und biologi- schen Funktionen von Quadruplexen bekannt gemacht. Dabei sind die Inhalte didaktisch sinnvoll sortiert. Kapitel 1 gibt eine allgemeine Einfɒhrung in die strukturellen Eigenschaften von Nuc- leinsȨuren, leitet dann zum zentralen Thema des Buchs, den Quadruplexen, ɒber und beschreibt experimentelle Methoden zu deren Charakterisierung. Die folgenden Kapitel 2 und 3 be- leuchten die strukturellen Eigenschaf- ten von Quadruplexen mehr im Detail; man lernt etwas ɒber ihre Dynamik und Faltungskinetik und bekommt einen Einblick in die große Vielfalt von Qua- druplexarchitekturen. Kapitel 4 und 5 fahren fort mit dem Einfluss von Kat- ionen und anderen Liganden auf Qua- druplexstruktur und -dynamik. Die Ka- pitel 6 bis 9 widmen sich der biologi- schen Bedeutung der G-Tetraden. Hier geht es vor allem um die Rolle der Telomerquadruplexe, den Einsatz von synthetischen Liganden zur Inhibierung der TelomeraseaktivitȨt und darauf ba- sierende mɆgliche therapeutische Stra- tegien zur KrebsbekȨmpfung (Kapitel 6). Die bioinformatische Suche nach Quadruplexen im menschlichen Genom hat eine erstaunliche Anzahl von Se- quenzbereichen mit Potenzial zur Qua- druplexbildung hervorgebracht. Einige dieser Sequenzen wurden in Promotor-, Enhancer- und Silencer-Regionen von Genen identifiziert und lassen somit einen regulativen Einfluss auf die Gen- expression vermuten (Kapitel 7). Dar- ɒber hinaus kennt man weitere quadru- plexbildende Sequenzbereiche im Genom mit mɆglichen physiologischen Funktionen (Kapitel 8) und mit putati- vem Einfluss auf die GenomstabilitȨt (Kapitel 9). Das abschließende Kapitel 10 be- trachtet Quadruplexe als Strukturbau- steine in der supramolekularen Chemie und in ihrer Funktion als Biosensorele- mente. Besonders in diesem Kapitel wird deutlich, dass nicht nur DNA, sondern auch RNA und zahlreiche Nu- cleinsȨureanaloga wie beispielsweise LNA Quadruplexe bilden kɆnnen, be- dingt durch die FȨhigkeit von Guanin- resten zur Selbstassoziation. Insgesamt zeichnet das Buch ein fa- cettenreiches Bild einer vertrauten Struktur, die in ihrer biologischen Be- deutung jedoch erst noch verstanden werden mɆchte. So beleuchten die Bei- trȨge im ersten Teil umfassend und prȨzise strukturelle Details aller Arten von Quadruplexen. Mit einigen erklȨ- renden Abbildungen mehr wȨre der Inhalt von Kapitel 2 allerdings einfacher zu erschließen. Der zweite Teil stellt die vorliegenden Daten und Befunde zur biologischen Relevanz von Quadru- plexstrukturen zusammen, ihre Inter- pretation bleibt jedoch in weiten Teilen spekulativ. Dennoch liest sich gerade dieser Teil sehr spannend, wirft er doch aufregende Fragen zur Organisation unseres Genoms und zur Regulation grundlegender zellulȨrer Prozesse auf. Der Leser, ob gestandener Wissen- schaftler oder fortgeschrittener Student, Bücher 2956 www.angewandte.de # 2008 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Angew. Chem. 2008, 120, 2955 – 2957

Transcript of Quadruplex Nucleic Acids. Herausgegeben von Stephen Neidle und Shankar Balasubramanian.

Diese Beispiele knnen leicht �ber denb�ndigen, aber vollst�ndigen Index ge-funden werden. Obwohl ich davon ab-raten w�rde, eine Vorlesung �ber EPR-Spektroskopie allein auf der Grundlagedieses einen Buches zu konzipieren,bieten sich viele der einfach gehaltenenAbbildungen durchaus f�r die Illustra-tion von Vorlesungen an.

Nicht viele B�cher kann ich mit sogutem Gewissen weiterempfehlen. Ichselbst mchte Riegers Werk in meinemB�cherschrank nicht mehr missen.

Gunnar JeschkeLehrstuhl fr Physikalische ChemieUniversit�t Konstanz

Quadruplex Nucleic Acids

Herausgegebenvon Stephen Neidleund Shankar Bala-subramanian. RoyalSociety of Chemis-try, Cambridge2007. 302 S., geb.,79.95 £.—ISBN978-0-85404-374-8

Es ist kein neues Ph�nomen, dass gua-ninreiche Nucleins�uresequenzen un-gewhnliche Strukturen bilden. In denG-Quadruplexen – auch G-Tetradenoder G4-DNA genannt – interagierenvier Guaninreste desselben Strangs oderunterschiedlicher Str�nge �ber ihreWatson-Crick- und Hoogsteen-Seiteund bilden so ein planares G-Quartett.Die entstehenden mono-, di- oder tetra-molekularen Strukturen werden zus�tz-lich durch die Bindung einwertigerKationen (meist K+) im Zentrum derTetrade stabilisiert. Im biologischenMilieu kennt man Quadruplexstruktu-ren seit einiger Zeit als Bestandteil derTelomere. Die sich vielfach wiederho-lende Sequenz d(TTAGGG) an denEnden der Chromosomen aller Verte-braten kann Quadruplexe bilden, derenExistenz sich durch NMR- und kristal-lographische Studien zumindest in vitro

nachweisen l�sst. Trotzdem blieb diebiologische Bedeutung dieser Struktu-ren lange Zeit im Dunkeln, und Nucle-ins�urechemiker z.B. kannten Quadru-plexe haupts�chlich als strendes Ph�-nomen bei der Reinigung von guanin-reichen Oligonucleotiden.

Die Forschung der vergangenenJahre hat jedoch einiges an Erkenntnis-sen zur mglichen biologischen Rollevon G-Quadruplexen zusammengetra-gen, einhergehend mit immer besserenMethoden zur Charakterisierung derstrukturellen Diversit�t von Quadru-plexarchitekturen. Neben Proteinen, dieQuadruplexe erkennen und mit ihnenwechselwirken, sind inzwischen aucheine Reihe kleiner organischer Mole-k�le bekannt, die an Quadruplexstruk-turen binden und auf diese Weise sta-bilisierend wirken. Durch diese Art vonStabilisierung der einzelstr�ngigenEnden der Telomere in Quadruplexenl�sst sich die Aktivit�t der Telomerase,eines Enzyms, das f�r die Verl�ngerungder Telomere nach jeder Zellteilungzust�ndig ist und damit eine wichtigeRolle bei der Tumorentwicklung undProliferation spielt, inhibieren. Dar�berhinaus wurden inzwischen Sequenzenmit Potenzial zur Quadruplexbildung inweiten Bereichen des menschlichenGenoms identifiziert. Als Strukturele-mente in den Promotorregionen vonGenen knnten sie beispielsweise alsTranskriptionsregulatoren fungieren.

Das vorliegende Buch von StephenNeidle und Shankar Balasubramaniantr�gt der aktuellen Entwicklung indiesem Forschungsgebiet Rechnung. Inzehn Kapiteln wird der Leser mit denEigenschaften, Strukturen und biologi-schen Funktionen von Quadruplexenbekannt gemacht. Dabei sind die Inhaltedidaktisch sinnvoll sortiert. Kapitel 1gibt eine allgemeine Einf�hrung in diestrukturellen Eigenschaften von Nuc-leins�uren, leitet dann zum zentralenThema des Buchs, den Quadruplexen,�ber und beschreibt experimentelleMethoden zu deren Charakterisierung.Die folgenden Kapitel 2 und 3 be-leuchten die strukturellen Eigenschaf-ten von Quadruplexen mehr im Detail;man lernt etwas �ber ihre Dynamik undFaltungskinetik und bekommt einenEinblick in die große Vielfalt von Qua-druplexarchitekturen. Kapitel 4 und 5fahren fort mit dem Einfluss von Kat-

ionen und anderen Liganden auf Qua-druplexstruktur und -dynamik. Die Ka-pitel 6 bis 9 widmen sich der biologi-schen Bedeutung der G-Tetraden. Hiergeht es vor allem um die Rolle derTelomerquadruplexe, den Einsatz vonsynthetischen Liganden zur Inhibierungder Telomeraseaktivit�t und darauf ba-sierende mgliche therapeutische Stra-tegien zur Krebsbek�mpfung (Kapitel6). Die bioinformatische Suche nachQuadruplexen im menschlichen Genomhat eine erstaunliche Anzahl von Se-quenzbereichen mit Potenzial zur Qua-druplexbildung hervorgebracht. Einigedieser Sequenzen wurden in Promotor-,Enhancer- und Silencer-Regionen vonGenen identifiziert und lassen somiteinen regulativen Einfluss auf die Gen-expression vermuten (Kapitel 7). Dar-�ber hinaus kennt man weitere quadru-plexbildende Sequenzbereiche imGenom mit mglichen physiologischenFunktionen (Kapitel 8) und mit putati-vem Einfluss auf die Genomstabilit�t(Kapitel 9).

Das abschließende Kapitel 10 be-trachtet Quadruplexe als Strukturbau-steine in der supramolekularen Chemieund in ihrer Funktion als Biosensorele-mente. Besonders in diesem Kapitelwird deutlich, dass nicht nur DNA,sondern auch RNA und zahlreiche Nu-cleins�ureanaloga wie beispielsweiseLNA Quadruplexe bilden knnen, be-dingt durch die F�higkeit von Guanin-resten zur Selbstassoziation.

Insgesamt zeichnet das Buch ein fa-cettenreiches Bild einer vertrautenStruktur, die in ihrer biologischen Be-deutung jedoch erst noch verstandenwerden mchte. So beleuchten die Bei-tr�ge im ersten Teil umfassend undpr�zise strukturelle Details aller Artenvon Quadruplexen. Mit einigen erkl�-renden Abbildungen mehr w�re derInhalt von Kapitel 2 allerdings einfacherzu erschließen. Der zweite Teil stellt dievorliegenden Daten und Befunde zurbiologischen Relevanz von Quadru-plexstrukturen zusammen, ihre Inter-pretation bleibt jedoch in weiten Teilenspekulativ. Dennoch liest sich geradedieser Teil sehr spannend, wirft er dochaufregende Fragen zur Organisationunseres Genoms und zur Regulationgrundlegender zellul�rer Prozesse auf.Der Leser, ob gestandener Wissen-schaftler oder fortgeschrittener Student,

B�cher

2956 www.angewandte.de 0 2008 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Angew. Chem. 2008, 120, 2955 – 2957

wird hier nicht nur Faktenwissen finden,sondern das Buch auch als eine Quellevon Ideen und Motivation erfahren.

Quadruplex Nucleic Acids machtLust auf Quadruplexe, nicht nur bez�g-lich ihrer biologischen Funktion, son-dern auch bez�glich ihres Potenzials als„Baustein“ f�r supramolekulare En-

sembles und Nanoarchitekturen, alsFunktionselement in Biosensoren oderals Modell f�r das Studium von Ph�no-menen der Selbstassoziation. Diesd�rften biologisch und chemisch inter-essierte Leser gleichermaßen zu sch�t-zen wissen.

Sabine M llerErnst Moritz Arndt-Universit�t GreifswaldInstitut fr Biochemie

DOI: 10.1002/ange.200785568

AngewandteChemie

2957Angew. Chem. 2008, 120, 2955 – 2957 0 2008 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.angewandte.de