Quark s Co...Auslöser Die zu häufige Einnahme von Kopfschmerztabletten Mann/Frau Gleichmäßig...
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Quarks & Co Kopfschmerzen – muss das sein?
Es pocht, sticht oder dröhnt im Kopf– Mehr als 30 Millionen Menschen werden regelmäßig von Kopfschmerzen gequält.
Den meis ten könnte geholfen werden, doch häufig sind selbst Mediziner bei der Diagnose überfordert. Nicht wenige Betroffene
behandeln sich notgedrungen selbst und erleben trotz Tabletten kaum noch einen schmerzfreien Tag. Quarks & Co stellt die ver-
schiedenen Kopfschmerzarten vor und begleitet vier Menschen auf ihrem Weg in ein schmerzärmeres Leben.
Die verschiedenen Formen des Schmerzes 4Quarks & Co stellt die 3 wichtigsten Kopfschmerzarten vor: Migräne, Spannungs- und
Clusterkopfschmerz. Bei der Unterscheidung der mehr als 250 verschiedenen Arten von Kopfschmerzen müssen Fachleute heraus-
finden, ob der Schmerz selbst die Erkrankung ist oder ob die Kopfschmerzen eine andere Ursache haben wie etwa eine Erkrankung
der Zähne, der Nase oder der Halswirbelsäule.
Wie ein Überfall: Migräne4Rund zehn Prozent aller Frauen und sieben Prozent aller Männer haben regelmäßig Migräne. Quarks & Co
besucht eine Familie, in der vier Generationen unter Migräne leiden und zeigt, dass es zwar eine genetische Veranlagung gibt, dass
aber jeder mit der Krankheit etwas anders umgehen und mit ihr fertig werden kann.
Kopfschmerzen bei Kindern4Jedem 5. Kind im Alter von 11 bis 17 Jahren schmerzt in Deutschland regelmäßig der Kopf. Zu hohe
Belastung in der Schule, Angst vor Versagen oder der Streit in der Familie können bei Kindern zu Kopfschmerzen führen. Damit der
Schmerz nicht chronisch wird, sind hier besondere Strategien ohne Medikamente gefragt. Quarks & Co begleitet ein 10-jähriges
Mädchen, das mit Hilfe einer Stoffschildkröte gelernt hat ihren Kopfschmerz in den Griff zu bekommen.
Wenn die Tablette den Schmerz auslöst4Der Griff zur Pille ist einfach und oft die letzte Rettung. Doch wer seine Kopfschmerzen
ständig mit Tabletten bekämpft, kann alles noch schlimmer machen: Ein bis zwei Millionen Menschen leiden in Deutschland unter
Kopfschmerzen, die von den Schmerztabletten selbst erst ausgelöst werden. Quarks & Co besucht eine junge Frau, die sich durch
den Entzug vom Dauerkopfschmerz und der Tablettenabhängigkeit befreien konnte. Außerdem informiert Quarks & Co, ab wann es
gefährlich werden kann von Kopfschmerztabletten abhängig zu werden.
Autoren: Hilmar Liebsch, Gabriele Rose, Mike Schaefer, Angela Sommer
Redaktion: Claudia Heiss
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Quarks&CoQuarks&Co
Kopfschmerz ist nicht gleich KopfschmerzWarum die richtige Diagnose so wichtig ist
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Bei einigen der 251 Arten von Kopfschmerz kommt das erste Mal wie zufällig daher. Keine
Verletzung, keine andere Krankheit erklärt den Schmerz. Diese Kopfschmerzen werden als primär
bezeichnet, weil es keine andere Ursache für den Schmerz gibt. Der Kopfschmerz selber ist die
Krankheit. Die Migräne, der Clusterkopfschmerz und der Kopfschmerz vom Spannungstyp sind
solche primären Formen.
Bei den sogenannten sekundären Kopfschmerzen steckt eine Krankheit dahinter, durch die die
Kopfschmerzen ausgelöst werden. Darunter fallen der durch Medikamente induzierte Kopfschmerz
(MIK) und andere Kopfschmerzen, die zum Beispiel bei grippalen Infekten, Gefäßstörungen oder
Kopf-, Wirbel- und Halsverletzungen auftreten.
Jede Kopfschmerzart fühlt sich anders an, schmerzt an bestimmten Stellen und dauert unterschied -
lich lange an.
Migräne
Dauer 4 Stunden bis 2 Tage, meist 12 bis 18 Stunden
Beginn 4Aura allmählig, eigentlicher Schmerz plötzlich, heftig
Ort Einseitig, kann die Seite wechseln und beidseitig werden
Art Pulsierend, mäßig bis schwer
Begleit-Symptome Meist Übelkeit und Erbrechen, Geruchs-, Lärm- und Lichtempfindlichkeit,
bei Migräne mit Aura: Seh- und Sprachstörungen
Auslöser Stress, Periode, Alkohol, Erschöpfung, Überbelastung (auch der Muskeln),
Flackerlicht (Computer)
Mann/Frau V.a. Frauen betroffen
4Aura
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In der Auraphase haben einige Patienten Gesichtsfeldausfälle. Dabei sehen sie verschwommen oder wie durch Schlieren. Außerdem spüren sie ein
Kribbeln in den Fingern und Zehen, sind extrem licht- und geräuschempfindlich oder haben Gleichgewichtsstörungen. Auch neurologische
Störungen der Sprache sind nicht selten. Da einige Symptome an die bei Schlaganfall erinnern, machen sich viele Betroffene Sorgen. Doch das
Gehirn wird durch eine Aura nicht geschädigt. Eine Aura dauert etwa eine halbe bis eine Stunde und fast alle berichten, dass es sich anfühlt, als
würden die Symptome „wandern“.
Kopfschmerz vom Spannungstyp
Dauer 30 Minuten bis 7 Tage
Beginn Allmählich
Ort Beidseitig, Schraubstock- oder Helmgefühl
Art Dumpf, als ob der Kopf zusammengedrückt wird
Begleit-Symptome Meist keine
Auslöser Stress, Überbelastung und Anspannung der Muskeln im Kopf
und Nackenbereich
Mann/Frau Gleichmäßig verteilt
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Medikamenten induzierter Kopfschmerz (MIK)
Dauer Ohne Pause
Beginn Allmählich
Ort Über den ganzen Kopf verteilt
Art Dumpf, drückend
Begleit-Symptome Meist keine
Auslöser Die zu häufige Einnahme von Kopfschmerztabletten
Mann/Frau Gleichmäßig verteilt
Clusterkopfschmerz
Dauer 30 Minuten bis 3 Stunden
Beginn Plötzlich max. Intensität nach 1 bis 3 Minuten
Ort Einseitig, meist hinter dem Auge
Art Sehr stark, stechend wie mit Messer
Begleit-Symptome Schmerzseite: Tränenfluss, verstopfte Nase, Augenrötung
Auslöser Während der Anfalls-Serien kann Alkohol die Attacken auslösen
(keine psychologischen Gründe)
Mann/Frau V.a. Männer betroffen
(Quelle: http://www.netdoktor.de/Krankheiten/Kopfschmerzen/Wissen/Kopfschmerzformen-im-Vergleich-9424.html)
Nur wenn die Kopfschmerzart richtig diagnostiziert wird, lässt sie sich optimal behandeln. Bleibt
die Diagnose unklar kann eine Kernspinuntersuchung manchmal Klarheit bringen. Vor allem wenn
der Betroffene Angst vor einem Tumor hat, kann diese Untersuchung fast immer beruhigen. Denn
ein Tumor ist nur sehr, sehr selten der Auslöser für Kopfschmerzen.
Autorin: Angela Sommer
Teufel im KopfClusterschmerzen sind die schlimmsten Kopfschmerzen
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Etwa fünf bis zehn von 10.000 Menschen erleben regelmäßig die Hölle: Ihre Kopfschmerzen
können so stark sein, dass sie aus Verzweiflung mit ihrem Kopf gegen die Wand schlagen oder
sie sich mit einem Messer die Haut ritzen, nur damit sie den noch schlimmeren Schmerz im Kopf
ertragen können.
Unter Clusterkopfschmerz leiden vor allem Männer. Oft beginnt das Leid zwischen dem 30. und
40. Lebensjahr. Die Attacken sind fast immer einseitig. Es fühlt sich an, als wenn ein Messer hinter
das Auge gestochen wird, das dann tränt. Die Attacken dauern eine halbe bis mehrere Stunden
lang. Wie bei der Migräne gibt es bei einigen Patienten auslösende Faktoren, sogenannte Trigger.
Das ist sehr oft Alkohol. Aber auch 4Histamin, bestimmte Gerüche und Nahrungsmittel oder
sogar Mittagsschlaf werden als mögliche Auslöser vermutet.
4Histamin
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Histamin ist ein Gewebshormon und Nervenbotenstoff. Es spielt eine wichtige Rolle bei der Entstehung allergischer Reaktionen und bei der
Steuerung des Schlaf-wach-Rhythmus. Außerdem ist es Teil des Abwehrsystems und reguliert die Magensäureproduktion.
Histamin ist auch Bestandteil vieler Lebensmittel wie Rotwein, Käse, geräuchertem Fleisch, Fischkonserven, Sauerkraut, Bier oder Hefe.
Was kann man dagegen tun?
Obwohl Clusterkopfschmerz von Fachleuten gut diagnostiziert werden kann, durchlaufen viele
Betrof fene oft eine jahrelange Odyssee durch verschiedenste Arztpraxen, bis sie die richtige Dia gno -
se erhalten. Vielleicht liegt es daran, dass Clusterkopfschmerz eine relativ seltene Kopf schmerz -
erkran kung ist? Dabei ist die richtige Diagnose entscheidend, um den Patienten überhaupt wirksam
helfen zu können. Normale Kopfschmerzmittel wirken bei Clusterkopfschmerz nämlich kaum.
Ist die Diagnose endlich klar, können im akuten Fall Migränemittel (4Triptane) oder Sauerstoff hel-
fen. Vorbeugend hat sich unter anderem das Herzmedikament 4Verapamil bewährt. Die klassischen
Schmerzmittel, die man ohne Rezept kaufen kann, helfen nicht. So schlucken viele Patienten jahre-
lang hilflos Tabletten, bis die rettende Diagnose kommt. In einigen Fällen hilft keine Medizin. Für
diese Menschen gibt es in wenigen Unikliniken die Möglichkeit, sich operieren zu lassen. Die drei
Methoden, die bis heute entwickelt wurden, sind jedoch noch sehr experimentell.
4Triptane
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Triptane sind Arzneistoffe, die gegen Migräneattacken wirken. Auch einigen Clusterpatienten helfen sie. Triptane stimulieren gezielt spezielle
Serotoninrezeptoren. Serotonin ist ein Botenstoff im Gehirn. Steigt seine Wirkung, werden die durch die Migräne geweiteten Blutgefäße verengt und
weniger schmerzauslösende Neuropeptide (Nerveneiweiße) ausgeschüttet. Außerdem wird die Schmerzwahrnehmung gehemmt. Es gibt heute sehr
viele Triptane, die ähnlich, aber nicht gleich wirken. Deshalb muss jeder Migränepatient gemeinsam mit seinem Arzt herausfinden, welches für ihn
am besten ist.
Unter Clusterkopfschmerz leiden vor
allem Männer
Eine Fehlschaltung der inneren Uhr
scheint beim Clusterkopfschmerz eine
Rolle zu spielen
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4Verapamil
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Verapamil ist ein Calcium-Antagonist. Calcium-Antagonisten sind eine Gruppe von Arzneistoffen, die gegen Bluthochdruck und einige
Herzerkrankungen eingesetzt werden. Die Substanzen blockieren den Calciumeinstrom in die Muskelzellen. Das führt dazu, dass sich Gefäß -
muskeln weniger zusammenziehen und so die Gefäße selber geweitet werden.
Ursachen unklar
Die genaue Ursache, warum es zu den Attacken kommt, ist noch nicht bekannt. Aber es gibt
Beobachtungen, dass wie bei der Migräne 4neurogene Entzündungsreaktionen am Gesichtsnerv
eine Rolle spielen. Außerdem hat man Clusterpatienten während einer Attacke mit einem
4Positronen-Emissions-Tomographen (PET) ins Gehirn geschaut. Dabei konnte man zum einen
sehen, dass für Schmerz typische Regionen aktiv waren – was nicht verwundert. Interessanter -
weise ist aber außerdem ein Hirnareal aktiv, in dem unsere innere Uhr liegt. Dieser Bereich im
4Hypothalamus steuert unter anderem unseren Schlaf-wach-Rhythmus. Eine Fehlschaltung der
inneren Uhr scheint beim Clusterkopfschmerz also eine Rolle zu spielen. Das passt zu den Beob ach -
tungen, dass Clusterattacken oft zur selben Tageszeit beginnen und episodisch auftreten. So
haben viele Clusterpatienten im Sommer und Winter wochenlange schmerzfreie Phasen, im
Frühling und Herbst jedoch kehrt der Schmerz zurück. Das macht das Martyrium noch schlimmer,
da sie nie sicher sein können, wann die Qual wieder beginnt.
4neurogene Entzündung
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Eine neurogene Entzündung ist eine Entzündung, die entsteht, ohne dass ein Erreger anwesend sein muss.
4Positronen-Emissions-Tomographie (PET)
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Die PET ist ein „bildgebendes Verfahren“, das Schnittbilder vom lebenden Organismus erzeugt. Dabei wird dem Patienten eine schwach radioak-
tiv markierte Substanz gespritzt, deren Verteilung im Körper sichtbar gemacht wird. Damit können biochemische Funktionen wie verstärkter
Blutfluss abgebildet werden.
4Hypothalamus
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Der Hypothalamus ist ein relativ kleiner Bereich des Gehirns mitten im Kopf.
Es steuert wichtige Teile unseres Nervensystems: Atmung, Verdauung, Schlaf-wach-Rhythmus, Blutdruck und Sexualität.
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Clusterkopfschmerz – ein Fallbeispiel
Odyssee durch die Arztpraxen
Bei Joachim Kohl dauerte es acht Jahre bis zur Diagnose seines Clusterkopfschmerzes. Zu Beginn
der Erkrankung traten die Schmerzattacken noch nicht so häufig auf. Joachim Kohls Hausarzt ver-
schrieb zunächst normale Schmerztabletten. Doch statt einer Besserung häuften sich die
Attacken und wurden stärker. Auch mehrere Besuche bei Neurologen und Untersuchungen zum
Beispiel in einem 4Kernspin-Tomographen brachten keine Diagnose. Immerhin konnte dadurch
aber wenigstens ein Tumor als Ursache der Kopfschmerzen ausgeschlossen werden. Nach vier
Jahren intensiver Schmerzen suchte Joachim Kohl einen Hals-Nasen-Ohren-Arzt auf. Der fand eine
Nebenhöhlenentzündung und behandelte sie auch. Aber die Kopfschmerzen gingen davon nicht
zurück. Die anhaltenden Schmerzattacken und der chronische Schlafmangel wirkten auf Joachim
Kohl über die Jahre sehr zermürbend. Zudem musste er wegen seiner plötzlichen und unkalku-
lierbaren Schmerzanfälle Hobbys wie Motorradfahren und das Tanzen aufgeben, die er zusammen
mit seiner Frau betrieben hatte. Gemeinsame Besuche bei Bekannten mussten sie immer öfter
absagen, Verständnis bekamen sie dafür wenig. Auch Joachim Kohls Familie litt darunter, dass er
„vom Schmerz quasi aufgefressen wurde“. Zeitweise dachte Joachim Kohl sogar an Selbstmord.
4Kernspin-Tomographie
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Die Kernspin-Untersuchung oder Kernspintomographie wird wissenschaftlich korrekt als Magnet resonanztomographie (MRT) bezeichnet. Mit der
MRT können Querschnittsbilder vom Inneren des Körpers hergestellt werden. Dabei kommt der Patient in ein starkes, gleichmäßiges Magnetfeld –
die berühmte Röhre, in die man geschoben wird. Das Verfahren basiert auf der Schwingung von Wasserstoffatomen im Körper. Es bildet die
Weichteile ab, nicht aber Knochen wie etwa ein Röntgenbild. Kernspin-Untersuchungen kommen daher in der Hirnforschung regelmäßig zum
Einsatz.
Professionelle Schmerztherapie hilft
Clusterkopfschmerz ist zwar nicht heilbar, kann aber in den meisten Fällen medikamentös behan-
delt werden. Das erfuhr Joachim Kohl aber erst, als er von weiteren Neurologen die Diagnose
Clusterkopfschmerz gestellt bekam. Für Joachim Kohl war die Diagnose allein schon eine enor-
me Erleichterung: „Zu wissen, die Krankheit bringt einen nicht um, sie kann behandelt werden,
sie hat einen Namen.“ Die fachgerechte Behandlung sorgte bei ihm für die ersehnte Schmerz -
linderung und verminderte zunächst auch die Zahl der auftretenden Attacken.
Clusterkopfschmerz-Patient Joachim
Kohl: Acht Jahre ohne Diagnose
Medikamente bei Clusterkopfschmerz:
Nur nach Anweisung von Fachärzten!
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Schmerzklinik und psychologische Hilfe
Da die optimale Dosierung der Medikamente bei Joachim Kohl aber nicht einfach war und er auch
deutliche Erschöpfungssymptome zeigte, ließ er sich für 14 Tage stationär in die Schmerzklinik
Kiel überweisen. Dort sind Experten auf die Behandlung von Clusterkopfschmerzen spezialisiert.
Joachim Kohl erhielt dort auch eine umfassende psychologische Betreuung, da er gegen seine
krankheitsbedingte Isolation angehen möchte, mit seiner Frau wieder mehr unternehmen und
Freundschaften pflegen will. Und er erlernte Entspannungstechniken, die ihm helfen sollen, sich
im Alltag mehr Pausen zu gönnen. Seit dem Besuch der Klinik sieht Joachim Kohl wieder mit
Optimismus in die Zukunft. Er und seine Frau suchen im übrigen Kontakt zu anderen Cluster -
kopfschmerz Betroffenen im Raum Köln und Engelskirchen. Interessenten wenden sich an:
4Redaktion.quarks(at)wdr.de
Autoren: Angela Sommer, Mike Schaefer
Harmlos, aber schmerzhaftKopfschmerzen vom Spannungstyp
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Er ist der mit Abstand häufigste Kopfschmerz. Die meisten beschreiben den Kopfschmerz vom
Spannungs typ, als wenn einem ein zu enger Helm aufgesetzt oder ein festes Band um den Kopf
gelegt wird. Der Schmerz beginnt schleichend und bleibt oft mehrere Tage lang.
Anders als bei der Migräne oder gar dem Clusterkopfschmerz können die meisten Geplagten aber
weiter ihrem alltäglichen Leben und ihrer Arbeit nachgehen. Nur 15 bis 30 Prozent der Betrof -
fenen erleben den Schmerz stark bis heftig.
Ursache unbekannt
Über die Ursachen gehen die Meinungen auseinander. Wahrscheinlich spielen Muskelverspan nun -
gen eine Rolle, aber auch biochemische Fehlfunktionen oder Veränderungen der Gefäße sowie
psycho sozialer Stress, Angst oder Depression werden als mögliche Ursachen genannt.
Warum genau die Schmerzzentren im Gehirn aktiviert werden und so der Kopf mit „Schmerz“
rea giert, weiß man ebenfalls noch nicht. Möglich, dass eine erniedrigte Schmerzschwelle und
Schmerz wahrnehmung eine Rolle spielt.
Medikamente in Maßen
Meist lässt sich der Schmerz mit freiverkäuflichen Medikamenten zuverlässig unterdrücken. Das
größte Problem ist die Gefahr, dass der Schmerz bleibt und chronisch wird. Denn dann droht im
nächsten Schritt eine andere gefährlichere Art von Schmerz: der durch Medikamente ausgelöste
Kopfschmerz. Wahrscheinlich sind bei jedem zweiten Patienten mit chronischem Spannungskopf -
schmerz die Kopfschmerzmedikamente selber der Auslöser für die Schmerzen.
Autorin: Angela Sommer
Als wenn einem eine Schraubzwinge
den Kopf zusammendrückt: der
Kopfschmerz vom Spannungstyp
Migräne hat viele Gesichter Schwindel, Sehstörungen, Übelkeit und Schmerz
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Der Kopfschmerz ist nur ein Teil der Krankheit „Migräne“. Meist beginnt eine Attacke mit
Vorboten, in der sogenannten 4Prodromalphase. Danach folgt bei etwa jedem fünften bis zehn-
ten Migränepatienten eine 4Aura. Erst dann kommt der Schmerz. Er ist meist einseitig und wird
als stechend, pulsierend, gewitterartig, mittelschwer bis schwer beschrieben und dauert eine
Stunde bis drei Tage. Vielen Betroffenen ist während dieser Zeit auch noch sehr übel. Danach
klingen die Schmerzen allmählich ab und man fühlt sich schlapp und müde.
4Prodromalphase
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Diese erste Phase einer Migräneattacke kündigt den Anfall an. Die Betroffenen sind oft schon zwei Tage bevor die Schmerzen beginnen gereizt,
müde, überaktiv, haben Durchfall oder Verstopfung, sind licht- und geräuschempfindlich.
4Aura
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In der Auraphase haben Einige, bevor der Schmerz beginnt, Gesichtsfeldausfälle, dabei sehen sie verschwommen oder wie durch Schlieren, Kribbeln
in den Fingern und Zehen, sind extrem licht- und geräuschempfindlich oder haben Gleichgewichtsstörungen. Auch neurologische Störungen der
Sprache sind nicht selten. Da einige Symptome an die bei Schlaganfall erinnern, machen sich viele Betroffene Sorgen. Doch das Gehirn wird durch
eine Aura nicht geschädigt. Eine Aura dauert etwa eine halbe bis eine Stunde und fast alle berichten, dass es sich anfühlt, als würden die Symptome
„wandern“.
Was geschieht im Kopf bei einer Migräne?
Die genauen Ursachen der Migräne sind noch nicht bekannt. Anscheinend gibt es bei einigen
Menschen eine Art „Migräne-Generator“ im Hirnstamm. Dieser führt dazu, dass der 4Hirnstamm
bestimmte Reize nicht mehr richtig filtern kann und Nerven, vor allem der Gesichtsnerv (Trige -
minusnerv), überempfindlich reagieren. Die Nerven setzen dann Botenstoffe – unter anderem
Serotonin – und andere erregende Eiweißstoffe frei. In der Folge weiten sich die Gefäße und wer-
den durchlässig. Es entsteht eine 4neurogene Entzündung, die Schmerzzentren aktiviert.
Der gereizte Hirnstamm ist auch der Grund dafür, dass vielen Migränepatienten übel und schwin-
delig wird.
4Hirnstamm
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Der Hirnstamm ist der untere längliche Teil des Gehirns, an dessen Ende die Wirbelsäule beginnt.
Zum Hirnstamm gehören das Mittelhirn und das verlängerte Rückenmark. Über das Mittelhirn werden u.a. sensible Reize aus dem Körper weiter-
geleitet, um in Bewegung, Motorik, umgesetzt zu werden.
(Quelle http://www.gesundheit.de/anatomie-lexikon/nervensystem/hirnstamm.shtml)
4neurogene Entzündung
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Eine neurogene Entzündung geht von Nervenzellen aus und ist eine Entzündung, die entsteht, ohne dass ein Erreger anwesend sein muss.
Eine Migräne-Attacke beginnt im
Hirn stamm und führt zu einer Entzün -
dungs reaktion von Nerven im Gehirn
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Gibt es den typischen Migränepatienten?
Jein. Sicher ist, dass die Anfälligkeit für Migräne zum Teil vererbt wird. Und viele Betroffene
ähneln einander in ihrer Wesensart. Sie sind oft perfektionistisch und es fällt ihnen schwerer als
anderen, nein zu sagen. Ihr Gehirn steht ständig unter Hochspannung und auslösende Faktoren,
sogenannte Trigger, können dann eine Kaskade in Gang setzen, die mit einer Migräneattacke
endet. Als Trigger kommen Lärm, Stress, Hunger, Unregelmäßigkeiten im Schlaf-wach-Rhythmus
oder auch Hormonschwankungen in Frage. Letztere führen zu der hormonell ausgelösten Migräne
bei Frauen kurz vor der Periode.
Migräne – ein Fallbeispiel
Eine ganze Familie leidet an Migräne
Die fünfjährige Lina und der achtjährige Jonas sind zwei aufgeweckte Kinder. Sie kennen die
Migräne bisher nur von den Kopfschmerzattacken ihres Vaters Björn Sandrowski. Dann geben sie
sich Mühe, besonders leise zu sein oder kuscheln mit ihm. Doch auch Lina und Jonas könnten
eines Tages von der Migräne heimgesucht werden. Denn dass Migräne vererbt wird, legt der Blick
auf den Stammbaum ihrer Familie nahe.
Ururgroßmutter Auguste
Ururgroßmutter Auguste Kreutzfeld ist die Erste in der Familie, die unter den Kopfschmerzattacken
leidet. Ihre Tochter Hildegard bekommt es hautnah mit. Doch Anfang des 20. Jahrhunderts kennt
kaum jemand den Begriff Migräne. Der damals kleinen Hildegard und ihren vier Geschwistern
bleibt nichts anderes übrig, als sich unter den Tisch zu verkriechen und zu warten, bis die
Kopfschmerzen der Mutter Auguste vorbei sind. Hildegards drei Brüder bleiben von der Migräne
verschont. Sie selbst jedoch und ihre Schwester Lieselotte haben die Kopfschmerzen anschei-
nend von der Mutter geerbt.Ururgroßmutter Auguste Kreutzfeld war
die Erste in der Familie, die unter den
Migräneattacken litt
Der Stammbaum der Familie
Sandrowski:
Die Familienmitglieder in den
runden Bildrahmen leiden an Migräne
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Urgroßmutter Hildegard
Die Migräneattacken quälen Hildegard in der Kindheit nur selten. Dafür erwischt es sie als junge
Frau. Ihr bleibt dann bloß die Flucht ins Bett. Beim Arzt bekommt sie damals zwar ein starkes
Schmerzmittel verschrieben. Allerdings waren für Hildegard dessen Nebenwirkungen schlimmer
als die Migräneattacke selbst.
Großmutter Heike
Hildegard heiratet 1945 Paul Koblitz. Er hat keine Migräne. Gemeinsam haben sie vier Töchter.
Eine von ihnen ist Heike. Ebenso wie zwei ihrer Schwestern hat sie Migräne. Die erste Attacke
erwischt Heike in der Schule. Sie ist verwirrt, denn die Migräne beginnt mit Sehstörungen, ein-
zelne Buchstaben verschwinden aus dem Text vor ihren Augen und sie bekommt Angst, zu
erblinden. Dann erst kommen die Kopfschmerzen und sie flüchtet nach Hause, wo sie sich über-
gibt und erschöpft ins Bett fällt. Niemand nimmt damals ihre Attacke ernst, schließlich sind die
Schmerzen nach dem erholsamen Schlaf wieder weg und kehren auch nicht wieder. Erst als sie
selber Kinder hat, kommt die Migräne zurück. Heike Sandrowski schiebt das auf den zunehmen-
den Stress, den sie als junge Mutter hat, denn sie ist berufstätig.
Seit knapp fünfzehn Jahren ist Heike Sandrowski praktisch migränefrei. Im Alter von 44 Jahren
ging sie zur Akupunktur. Diese Behandlung hat ihrer Ansicht nach das Ende der Migräneattacken
herbeigeführt.
Vater Björn
Björn Sandroski ist der älteste Sohn von Heike und Udo Sandrowski. Udo Sandrowski hat eben-
so wie seine Frau Migräne. Gemeinsam haben sie vier Söhne. Alle vier Brüder bekommen die
Migräne. Aber Björn trifft es am schlimmsten. Die Attacken verlaufen wie bei seiner Mutter. Mit
14 erwischt es ihn das erste mal. Zu Hause weiß man schnell Bescheid, was los ist. Doch dem
pubertierenden jungen Mann ist die Migräne peinlich und er erfindet bei Attacken immer wieder
neue Ausreden. Erst als er älter ist, fällt es ihm leichter, sich Freunden anzuvertrauen und trifft
dort auf großes Verständnis. Mittlerweile ist er selber Vater und hat gelernt, mit seinen Attacken
umzugehen und sie weitgehend zu vermeiden. Ein weitgehend regelmäßiger Lebenswandel mit
ausreichend Schlaf, gesunder Ernährung, viel Trinken und auch Sport sind sein Rezept. Dazu
gehört auch, sich diesem Lebenswandel nicht vollkommen unterzuordnen.
Heike Sandrowski dachte bei
einem Migrä neanfall zuerst, sie
würde erblinden
Björn Sandrowski schämte sich als
Jugendlicher wegen seiner Migräne
Urgroßmutter Hildegard erinnert sich
noch gut an die Migräneattacken ihrer
Mutter und auch an die eigenen
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Lina und Jonas
Bis jetzt haben Björns Kinder, Lina und Jonas, keine Migräne. Ihr Familienstammbaum legt zwar
nahe, dass Migräne erblich sei, doch bewiesen ist das nicht. Möglicherweise könnte die Ver -
änderung eines bestimmten Gens die Krankheit mit auslösen, wie Forscher der Schmerzklinik Kiel
anhand des Sandrowski-Stammbaums herausgefunden haben. Doch es bestehe auch die
Möglich keit, dass erlerntes Verhalten oder gemeinsam erlebte Umwelteinflüsse für die Häufung
der Migränefälle in der Familie mit verantwortlich sind. Die jüngste Generation muss also nicht
zwingend an Migräne erkranken. Falls es sie doch erwischt, dann weiß man zumindest in ihrer
Familie Bescheid, was zu tun ist.
Autoren: Angela Sommer, Hilmar Liebsch
Möglich, dass Lina und Jonas die
Migräne ihrer Vorfahren geerbt haben
Wenn Medizin süchtig machtKopfschmerz durch Kopfschmerztabletten
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Die wenigsten können sich das vorstellen. Aber es gibt eine Art von Kopfschmerz, die entsteht
nicht obwohl, sondern weil man Kopfschmerztabletten einnimmt. Der sogenannte durch
Medikamente induzierte Kopfschmerz (MIK) hat eine sehr hohe Dunkelziffer. Fast jeder zweite
Patient mit chronischen Kopfschmerzen sei betroffen, meinen einige Experten. Der Schmerz ent-
steht schleichend. Vor allem Menschen, die regelmäßig Migräne oder Spannungskopfschmerzen
haben, sind gefährdet. Denn sie brauchen immer mal wieder Schmerzmittel. Nehmen sie diese
aber zu oft ein, an mehr als 15 Tagen im Monat, dann kann sich der Körper, oder genauer gesagt
das Gehirn, an diese Gabe gewöhnen. Und beim nächsten Mal verlangt es die „Belohnung“, also
das Schmerzmittel, schon früher. Doch nicht jeder kann einen solchen durch Medikamente her-
vorgerufenen Kopfschmerz bekommen. Man muss eine Veranlagung haben, die man aber im
Voraus nicht erkennen kann. Außerdem können nur Kopfschmerzpatienten abhängig werden. Wenn
man wegen Rückenschmerzen dieselben Wirkstoffe einnimmt, besteht die Gefahr des durch
Medikamente induzierten Kopfschmerzes nicht.
Dumpf, drückend und immer da
Betroffene beschreiben, dass der ganze Kopf drückt und dröhnt. Sie fühlen sich wie in einer
dumpfen Watteschicht. Anders als bei Migräne beginnt der Schmerz nicht plötzlich, sondern
schleichend. Im Endstadium haben die Patienten fast den ganzen Tag über Kopfschmerzen, denn
die Tabletten wirken nur noch ganz kurz oder gar nicht mehr. Als Therapie kommt nur der kalte
Entzug in Frage, also der sofortige totale Verzicht auf die Tabletten. Der sollte stationär oder
ambulant durchgeführt und auf alle Fälle von Fachärzten begleitet werden. Damit es gar nicht
erst so weit kommt, sagen Experten, dass Kopfschmerzmittel nicht länger als an drei Tagen
hintereinander eingenommen werden sollen. Braucht man die Medizin weiter, sollte man auf alle
Fälle zum Arzt gehen.
Um einen medikamenteninduzierten Kopfschmerz zu verhindern, sollten Kopfschmerzpatienten
höchstens an zehn Tagen im Monat und an höchstens drei Tagen hintereinander Kopfschmerz-
und/oder Migränemedikamente einnehmen.
Der medikamenteninduzierte Kopfschmerz – ein Fallbeispiel
Alle sollen mich gern haben
Dass Mareike süchtig war, hat ihr niemand angemerkt. Denn sie wirkt immer sehr kontrolliert und
gibt sich Mühe, es allen recht zu machen. „Also wenn es welche gibt, die mich nicht mögen,
versuche ich sie zu überzeugen, dass sie mich mögen, dass ich doch ein ganz netter Mensch bin.
Und ich hänge mich rein. Ich denke schon, dass ich ehrgeizig bin, aber eher geht es mir um die
Anerkennung.“ Damit ist sie ein recht typischer „Fall“. Denn eine Abhängigkeit von Kopf -
schmerztabletten entsteht häufig bei Menschen, die sich keine Schwäche anmerken lassen wol-
len. Sie schlucken, oft ohne zu hinterfragen, Medikamente, damit sie den Tag über funktionieren.
Wer abhängig ist von Kopfschmerz -
tabletten, braucht diese zu jeder
Tages zeit
Mehr als ein halbes Jahr lang hatte sie
pausenlos Kopfschmerzen
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Der Schmerz verändert sich
Mareike ist heute 28 Jahre alt und hat seit etwa drei Jahren Migräne. Unter der leidet ihre
Schwester auch und deshalb hat sich Mareike am Anfang kaum Gedanken gemacht. Sie hat bei
jeder Attacke Schmerzmittel genommen, bevorzugt Mischpräparate mit Acetylsalicylsäure (kurz
ASS; ein frei verkäufliches Schmerzmittel), Paracetamol (ein frei verkäufliches Schmerzmittel) und
Koffein. Am Anfang nahm sie nur eine halbe am Tag. Mit der Zeit brauchte sie mehr und auch die
Art des Schmerzes veränderte sich. „Es war so ein Druck auf dem Kopf, der schleichend mehr
wurde. Der ganz leicht anfing. Und es war keine Übelkeit dabei und keine Lichtempfindlichkeit,
sondern einfach ein reiner Kopfschmerz“. Als dann die Schmerzen nicht mehr weggingen, wand-
te sie sich an ihren Hausarzt. Der konnte aber keine Ursache feststellen. Da Mareike anfing, sich
Sorgen zu machen, ließ der Arzt eine 4Computertomographie machen: Zum Glück ohne Befund.
4Computertomographie
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Bei der Computertomographie (CT) werden viele Röntgenaufnahmen aus unterschiedlichen Richtungen angefertigt. Ein Computer rechnet sie zu
einer dreidimensionalen Darstellung des Körperinneren, in diesem Fall des Gehirns, zusammen. Die CT ermöglicht eine schnelle Diagnose, hat aber
auch einen Nachteil: eine hohe Strahlenbelastung.
Die Sucht
Doch der Schmerz blieb und die Tabletten und der Schmerz bestimmten immer mehr Mareikes
Leben. „Ich bin immer weniger rausgegangen, habe mich total zurückgezogen auch gegenüber
meinen Freunden. Hatte abends keine Lust mehr irgendetwas zu machen, im Haushalt habe ich
nichts mehr gemacht und habe mein komplettes Leben eingestellt. Nach der Arbeit auf die Couch
oder sogar gleich ins Bett. Das war’s.“ Mareike nahm die Tabletten heimlich, so dass lange Zeit
weder ihr Freund noch ihre Familie bemerkten, dass sie immer häufiger Tabletten einnahm.
Erst nach vielen Monaten bemerkte ihr Freund, wie schlimm es um Mareike stand. „Irgendwann
hat man es ihr immer angesehen, dass es ihr schlecht ging, weil sie auch sehr bleich wurde und
sehr ruhig und nichts mehr sagte. Irgendwann habe ich sie dann angesprochen und da hat sie
mir erzählt, dass sie doch eigentlich jeden Tag diese Tabletten nimmt und dass sie jeden Tag
Kopfschmerzen hat. Und das war zunächst mal ein Schock für mich, weil damit hatte ich nicht
gerechnet. Und dann habe ich sie gedrängt, etwas zu unternehmen.“
Der Entzug
Mareike wandte sich an das Kopfschmerzzentrum in Essen. Dort berichtete sie Dr. Astrid Gendolla,
wie sehr sie der Schmerz und die Tabletten erdrücken. Für die Spezialistin standen die Diagnose
und damit die Therapie schnell fest: Bei einem durch Medikamente ausgelösten Kopfschmerz hilft
nur ein kalter Entzug, also der sofortige totale Verzicht auf die Tabletten. Mareike machte diesen
Entzug ambulant. Tagsüber war sie in der Klinik, lernte viel über Kopfschmerzen, Migräne und wie
man sie vermeidet. Und abends ging sie nach Hause. Die ersten Tage waren hart. Sehr starke
Kopf- und Gliederschmerzen plagten sie. Doch nach etwa zehn Tagen war das Schlimmste über-
standen.
Abhängige Patienten brechen häufig
alle sozialen Kontakte ab
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Erst ich, dann die anderen
Heute fühlt sich Mareike befreit. Sie hat zwar immer noch hin und wieder Migräne, doch zwischen
den Attacken ist ihr Kopf fast immer schmerzfrei. Dr. Astrid Gendolla hat ihr ein Medikament ver-
schrieben, das sie etwas ausgeglichener macht und beruhigt. Damit nimmt auch die Anzahl der
Migräneattacken ab. Und wenn doch mal ein Anfall kommt, nimmt Mareike spezielle Migräne -
wirkstoffe ein – und die in kontrollierter Menge.
Mareike hat ihre Einstellung zum Leben verändert. Heute bemüht sie sich nicht mehr angestrengt
um Anerkennung, sondern denkt auch an ihr Wohl. Sie hat so Druck aus ihrem Leben genom-
men. Und mit Muskelentspannung nach Jacobsen gelingt es ihr, regelmäßig zur Ruhe zu kommen.
Autorin: Angela Sommer
Anti-Kopfschmerz-Training für Kinder Auch die Kleinsten leiden schon unter dem Schmerz
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Die neueste Studie des Robert-Koch-Instituts zur Gesundheit der Kinder und Jugendlichen
(4KiGGS) belegt: Gut ein Viertel der Kinder und Jugendlichen in Deutschland haben chronische
Schmerzen – am häufigsten leiden sie unter Kopfschmerzen. Allein 2007 wurden 2.344 Kinder im
Alter von 10 bis 15 Jahren im Krankenhaus wegen Migräne behandelt. Bei vielen Kindern kann der
Kopfschmerz aber noch keinem der Typen zugeordnet werden, da die spezifischen Symptome
nicht so ausgeprägt sind wie bei Erwachsenen. Wenn nichts dagegen getan wird, werden die
meisten der kleinen Kranken den Kopfschmerz ihr Leben lang behalten: Denn 60 Prozent derje-
nigen, die als Erwachsene chronische Kopfschmerzen haben, litten schon als Kinder darunter.
Und Studien belegen: Die Tendenz, dass Kinder unter Kopfschmerzen leiden steigt. Psychologen
haben nun 4Anti-Kopfschmerz-Trainingsprogramme entwickelt, die den Kindern helfen, die Schmer -
zen zu bekämpfen – ohne Medikamente.
4KiGGS
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Der Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS) ist eine Studie des Robert-Koch-Instituts zum Gesundheitszustand der Kinder und
Jugendlichen bis 17 Jahre. Zum ersten Mal wurden dort umfassende Daten über den Gesundheitszustand der Kinder und Jugendlichen in ganz
Deutschland vergleichbar erhoben. Von 2003 bis 2006 durchliefen insgesamt 17.641 Jungen und Mädchen das Studienprogramm, das medizinische
Untersuchungen und Tests, ein ärztliches Eltern-Interview, eine Probennahme von Blut und Urin sowie eine schriftliche Befragung der Eltern von
Kindern bis elf Jahre und Befragungen von Jugendlichen ab elf Jahren umfasste.
4Anti-Kopfschmerz-Trainingsprogramme
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Viele Krankenhäuser oder Universitätsinstitute bieten inzwischen ein spezielles Anti-Kopfschmerz-Training für Kinder an. Kinder, die seit minde-
stens einem halben Jahr an Kopfschmerzen leiden, können an den Kopfschmerzkursen teilnehmen. Die Kosten dafür übernehmen meist die
Krankenkassen. Sollten Sie auf der Suche nach einem Kopfschmerzprogramm in Ihrer Nähe sein, fragen Sie am besten Ihre Krankenkasse, welche
entsprechende Einrichtung ihr bekannt ist.
Auslöser erkennen heißt Schmerzen verhindern
Am Psychologischen Institut der Universität Tübingen wird seit drei Jahren ein Migräne- und
Kopfschmerztraining für Kinder (MigKi) angeboten. Dabei zeigen die Tübinger Psychologen den
Kinder Strategien, um ihren Schmerz zu bewältigen und ihn gar nicht erst entstehen zu lassen.
Denn oft sind neben stressigen Tagesabläufen versteckte Emotionen wie Wut, Angst oder auch
Freude Auslöser der Schmerzattacke. Wenn die Kinder ihre Empfindungen übergehen, können
Kopfschmerzen entstehen. Lernen die Jungen und Mädchen aber, ihre eigenen Auslöser zu erken-
nen, können sie die Schmerzen verhindern.
Eine Schildkröte als Vorbild
In der Therapie erkennen die Kinder, was für sie gut ist und was nicht. Dabei hilft ihnen eine
Stoffschildkröte namens Migki. Die Tierart ist gezielt gewählt, denn sie hat hilfreiche Eigen -
schaften: Eine Schildkröte lässt sich nicht aus der Ruhe bringen und macht auch mal Pausen. Sie
kann sich deutlich abgrenzen und sich in sich zurückziehen. Das müssen die Kinder erst lernen,
Psychologen wollen im Spiel erfahren,
durch welche Situationen die
Kopfschmerzen ausgelöst werden
Die Kinder malen Gefühle oder
belastende Situationen, um sie
besser zu verstehen
weiß Projektleiterin Dr. Angelika Schlarb: „Die betroffenen Kinder wollen häufig Dinge sehr genau
machen. Sie haben häufig sehr hohe Leistungsanforderungen an sich selbst und erwarten von
sich die besten Ergebnisse. Fünf mal gerade sein zu lassen, das ist nicht der Wahlspruch dieser
Familien, Kinder und Jugendlichen – sondern eher: so gut, wie du kannst und noch ein bisschen
mehr.“
Strategien gegen den Schmerz
Um ihre kleinen Patienten vor den Schmerzen zu schützen, nutzen die Tübinger Psychologen
zudem die Fähigkeit der Kinder sich in Trance zu versetzen und verwenden Bilder wie: „In dei-
nem Kopf ist ein Schmerztor, das musst du zumachen.“ Dr. Angelika Schlarb setzt seit gut zehn
Jahren auf die 4Hypnotherapie: „Das, was im Körper passiert, wird versucht in der Hypno -
therapie durch ein Bild umzusetzen. Und in diesem Bild sollen Prozesse, die körperlich ablau-
fen, verändert werden.“ In der Trance gelangen die Kinder zu eben jenem „Tor“, durch das der
Schmerz kommt und das die Kinder bei Bedarf schließen können. Die Jungen und Mädchen ler-
nen bei den ersten Anzeichen von Kopfschmerzen auch zu Hause in Trance zu gehen und ihr
Schmerztor im Kopf zu schließen – mit dem Erfolg, dass der Schmerz nicht stärker wird oder
aufhört.
4Hypnotherapie
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Das Wort setzt sich aus den Wörtern „Hypnose“ und „Therapie“ zusammen. Es handelt sich dabei um eine Richtung der Psychotherapie. Dabei
werden Trance und Suggestionen therapeutisch genutzt. Daneben beinhaltet Hypnotherapie auch das Selbsthypnosetraining beziehungsweise das
Erlernen von Entspannungsübungen. Der Zustand einer Trance lässt sich mit Tagträumen oder Meditation vergleichen.
Autorin: Gabriele Rose
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Die Stoffschildkröte Migki hilft den
Kindern, sich selbst zu helfen
In der Trance lernen die Kinder nicht
nur zu entspannen, sondern auch ihr
Tor zum Schmerz zu schließen
Kopfschmerzen bei Kindern Wie Eltern ihren Kindern helfen können
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Wenn Kinder unter Kopfschmerzen leiden, wollen Eltern ihrem Kind helfen. Aber der Griff zu
Medikamenten ist nicht immer das Beste. Denn: Viele Schmerzmittel sind für Kinder nicht geeig-
net. Zudem besteht die Gefahr, dass unkontrolliert zu viele Medikamente gegeben werden.
„Kinder sollten eher andere Strategien lernen, sich vor Kopfschmerzen zu schützen,“ rät
Dr. Angelika Schlarb, Diplompsychologin am Psychologischen Institut der Universität Tübingen.
Damit Schmerzen gar nicht erst entstehen
Für Kopfschmerzen bei Kindern kann es mehrere Ursachen geben. Chronische Kopfschmerzen kön-
nen die Folge von Sehfehlern oder Zahnproblemen sein. Aber es gibt auch Ursachen, die am all-
täglichen Lebenswandel liegen. Wer die Auslöser kennt und sie meidet, kann Schmerzen vor-
beugen. Und dabei können auch Eltern ihren Kindern helfen.
Regelmäßig Mahlzeiten anbieten: Zu lange Pausen zwischen den Mahlzeiten können den Blut -
zucker spiegel senken und dadurch Kopfschmerzen auslösen.
Regelmäßig Wasser trinken: Zu wenig Flüssigkeit kann die Sauerstoffversorgung der Zellen
beeinträch tigen und das kann zu Kopfschmerzen führen. Auch Kinder sollten mindestens zwei
Liter Wasser am Tag trinken.
Regelmäßige Einschlafzeiten einhalten: Schlafmangel oder zu viel Schlaf können Kopfschmerzen
auslösen. Am besten sollten Kinder immer zur gleichen Zeit ins Bett gehen und wieder aufste-
hen. Auch am Wochenende und in den Ferien.
Mehr Pausen einplanen: Ein Nonstop-Angebot an Spielmöglichkeiten und Informationen kann
Kinder unbemerkt überfordern. Auch der Ausflug zum Freizeitpark mit anschließenden Besuch bei
Freun den kann Kindern Stress verursachen. Kinder sollten öfter mal Pausen machen, Zeit für
Tagträume haben.
Anforderungen nicht zu hoch setzen, „Fünfe mal gerade sein lassen“: Hohe Leistungs anfor de -
rungen in der Schule, Freizeit oder Familie können bei Kindern zu Angst und Wut führen. Beides
sind Gefühle, die Kopfschmerzen auslösen können. Oft haben Kopfschmerzkinder schlechtere
Noten in der Schule. Durch ihre Krankheit verpassen sie zudem den Unterricht. Ein Teufels kreis,
denn: Sacken die Leistungen der Kinder ab, geraten sie noch mehr unter Leistungsdruck – was
wiederum mehr Kopfschmerzen auslösen kann.
Wenn der Kinderkopf schmerzt
Wenn das Kind mehrmals wöchentlich oder sogar täglich Kopfschmerzen hat, sollte ein Arzt auf-
gesucht werden. Während einer akuten Attacke können Eltern aber helfen, den Schmerz zu lin-
dern.
Ruhe: Kinder sollten bei Kopfschmerzen vor weiteren äußeren Reizen bewahrt werden. Den mei-
sten Kindern hilft Schlaf. Eltern sollten dabei für gut gelüftete Räume sorgen.
Diplom-Psychologin Dr. Schlarb
trainiert an der Universität Tübingen
Kinder ihren Kopfschmerz zu besiegen
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Ätherische Öle: Eltern können die schmerzenden Stellen am Kopf mit Pfefferminz- oder
Eukalyptusöl einreiben. Das Öl regt die Kälteempfindung in der Haut an. Durch eine Weiterleitung
des Kältereizes im Körper werden letztendlich Schmerzsignale blockiert. Folge: Der Kopfschmerz
wird weniger stark empfunden. Die Eltern sollten dabei darauf achten, dass kein Öl in die Augen
gelangt. Das könnte sonst zu Augenreizungen führen.
Kälte: Vielen Kindern hilft auch ein Kühlbeutel oder feuchter Lappen, der auf Stirn oder Schläfen
gelegt wird. Wie schon beim ätherischen Öl blockiert die Kälte die Weiterleitung des Kopf -
schmerzsignals.
Autorin: Gabriele Rose
Beratung: Dr. Angelika Schlarb
Was passiert bei Kopfschmerzen im Gehirn? Mit bildgebenden Verfahren dem Kopfschmerz auf der Spur
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Was passiert im Gehirn während einer Kopfschmerzattacke? Schmerzspezialist Dr. Arne May
forscht seit gut zwei Jahrzehnten zu diesem Thema. Erst mit modernen bildgebenden Verfahren
wie der 4Positronen-Emissions-Tomographie oder der 4Kernspin-Tomographie (MRT) ist es
über haupt möglich, das Gehirn während einer Kopfschmerzattacke zu beobachten.
4Positronen-Emissions-Tomographie (PET)
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Die PET ist ein „bildgebendes Verfahren“, das Schnittbilder vom lebenden Organismus erzeugt. Dabei wird dem Patienten eine schwach radioak-
tiv markierte Substanz gespritzt, deren Verteilung im Körper sichtbar gemacht wird. Damit können biochemische Funktionen wie verstärkter
Blutfluss abgebildet werden.
4Kernspin-Tomographie
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Die Kernspin-Untersuchung oder Kernspintomographie wird wissenschaftlich korrekt als Magnetresonanztomographie (MRT) bezeichnet. Mit der
MRT können Querschnittsbilder vom Inneren des Körpers hergestellt werden. Dabei kommt der Patient in ein starkes, gleichmäßiges Magnetfeld –
die berühmte Röhre, in die man geschoben wird. Das Verfahren basiert auf der Schwingung von Wasserstoffatomen im Körper. Es bildet die
Weichteile ab, nicht aber Knochen wie etwa ein Röntgenbild. Kernspin-Untersuchungen kommen daher in der Hirnforschung regelmäßig zum
Einsatz.
Migräne, eine Krankheit des Gehirns
Bis vor gut 20 Jahren hielten die meisten gesunden Menschen starke Kopfschmerzen wie Migräne
für eine eingebildete Krankheit, die betroffenen Patienten für Drückeberger. Eine Studie von
Forschern des Universitätsklinikums Essen soll 1995 eindeutig klären, ob Migräne eine Krankheit
oder tatsächlich Einbildung ist. 60 Personen nehmen an der Studie teil – knapp die Hälfte davon
sind Migränepatienten. Neun von ihnen werden während einer akuten Schmerz-Attacke mit einer
Positronen-Emissions-Tomographie untersucht.
Ergebnis Nummer eins: Schmerzen werden bei Gesunden und bei Migränepatienten in vielen
Arealen im Gehirn verarbeitet. Es ist ein ganzes Netzwerk von Hirnstrukturen beteiligt.
Aber bei Migränepatienten ist während der Attacke im Gegensatz zu den anderen Patienten
zusätzlich noch ein Bereich im Hirnstamm aktiv. Ergebnis Nummer zwei der Untersuchung.
Im Hirnstamm sitzt der Motor der Migräne
Die Wissenschaftler in Essen wollen es genau wissen: Ist der Hirnstamm nur während einer
Migräneattacke aktiv oder immer wenn der Kopf schmerzt? Sie fügen sieben gesunden Personen
Schmerz zu, indem sie Capsaicin – den Stoff der Chilis scharf macht – unter die Kopfhaut sprit-
zen. Dann blicken die Forscher den Versuchspersonen ins Gehirn: Die Schmerzen am Kopf wer-
den in allen bereits bekannten Arealen des Schmerznetzwerkes verarbeitet – aber nicht im
Hirnstamm: Die Forscher haben damit im Hirnstamm den Motor der Migräne gefunden. Dr. Arne
May, der an allen Studien beteilt war, erinnert sich: „Somit konnten wir beweisen, dass Migräne
eine vom Gehirn selbstgemachte Erkrankung ist und nicht etwas Psychologisches“.
Dr. Arne May erforscht mit bildgeben-
den Verfahren den Kopfschmerz
Bei der Verarbeitung von Schmerzen
ist ein ganzes Netzwerk von Arealen
im Gehirn beteiligt
Rechte: WDR/Arne May
Bei Migräne ist zusätzlich noch der
Hirnstamm aktiv: Das ist der Motor der
Migräne
Rechte: WDR/Arne May
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Der Motor des Clusterkopfschmerz ist gefunden
Während Dr. May 1999 in London am Queens Square, dem Nationalen Institut für Neurologie, tätig
ist, arbeitet er an einer Studie zu Cluster-Kopfschmerzen mit: Bei neun Patienten, die an Cluster-
Kopfschmerz leiden, lösen die Forscher mit Nitroglycerin-Spray Schmerz-Attacken aus. Auch hier
finden die Forscher wieder das Schmerznetzwerk aktiv. Aber sie entdecken noch mehr: Im
Vergleich zu den Migräne-Patienten ist diesmal nicht der Hirnstamm aktiv, sondern beim Cluster-
Patienten vor allem ein Bereich im Zwischenhirn – der Hypothalamus. Diese „Schaltzentrale“ des
Zwischenhirns ist der Sitz für die Steuerung des Schlaf-wach-Rhythmus. Für eine solche Störung
der inneren Uhr sprechen auch die tageszeitlichen Verteilungsmuster der Clusterkopfschmerzen.
Migränepatienten haben weniger graue Substanz
Die Studien haben gezeigt, dass das Gehirn eines Cluster- oder Migräne-Patienten anders funk-
tioniert als das eines gesunden Menschen. Aber hat das Gehirn eines Kopfschmerzpatienten auch
andere Strukturen?
Am Universitätsklinikum Regensburg gehen Dr. May und Kollegen dieser Frage nach. Über 60
Menschen nehmen an der Studie teil – 35 davon leiden unter langjähriger Migräne. Mit Hilfe einer
Kernspin-Tomographie (MRT) wird die Struktur der Gehirne sichtbar: Ergebnis: Bei den chroni-
schen Migräne-Patienten stellen die Forscher weniger graue Substanz, also eine geringere Masse
an Nervenzellen in Teilen des Schmerznetzes im Gehirn fest.
4Graue Substanz
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Als graue Substanz bezeichnet man im Gehirn die Areale des Zentralnervensystems, die vorwiegend aus Nervenzellkörpern bestehen. Unter weißer
Substanz versteht man dagegen die Nervenfasern der Nervenzellen.
Mehr graue Substanz durch Schmerz
Ist die veränderte Gehirnstruktur bei Migränepatienten die Ursache der Erkrankung oder die
Folge? Um das herauszufinden, macht Dr. Arne May am Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf
mit Kollegen eine Studie mit gesunden Personen: 14 Versuchsteilnehmern wird an acht hinter-
einanderfolgenden Tagen jeweils für 20 Minuten mit einem Wärmegerät Schmerz zugefügt. Über
einen längeren Zeitraum werden ihre Gehirne mit einer Kernspin-Tomographie (MRT) aufgezeich-
net. Ergebnis: Die Versuchsteilnehmer entwickeln an den Stellen im Gehirn, die den Schmerz ver-
arbeiten, mehr graue Substanz. Für Dr. Arne völlig logisch, denn: „Das entspricht wunderbar allen
Studien, die wir kennen, zur Veränderung des Gehirns durch Lernen. Was immer man lernt, das
Areal, das dafür zuständig ist, nimmt zu – beim Schmerz ist es genauso.“ Schmerz wird in die-
sem Zusammenhang gleichgesetzt mit einer neuen Erfahrung, die das Gehirn verarbeiten muss.
Warum aber nimmt die graue Substanz dann bei chronisch Migränekranken ab? Und wie verän-
dert sich die Struktur? Werden Zellen kleiner oder sterben sie ganz ab? Fragen, die es noch zuklä-
ren gilt und Dr. Arne May zu weiteren Studien drängen.
Autorin: Gabriele Rose
Bei chronischen Migränepatienten
nimmt die graue Substanz ab
Rechte: WDR/Arne May
Mit einer MRT können Forscher sehen,
wie das Gehirn beim Empfinden von
Schmerz reagiert
Jedem das seineWelche Medikamente wem helfen
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Sie haben Kopfschmerzen? Dann nehmen sie doch einfach …
Nein, anders als es Arzneimittelfirmen in ihrer Werbung gerne behaupten, ist die Frage nach der
rich tigen Medizin gegen Kopfschmerzen nicht so einfach zu beantworten. Was dem einen hilft,
kann für den nächsten falsch sein. So macht Acetylsalicylsäure (kurz ASS, frei verkäufliches Medi -
kament) bei vielen Menschen den Kopf zuverlässig wieder frei, wenn sie Spannungs kopf -
schmerzen haben oder eine leichte Migräne. Bei anderen schlägt diese Medizin vor allem auf den
Magen: Das Sodbrennen ist dann schlimmer als der Kopfschmerz, der – wenn man Pech hat –
sogar bleibt.
Etwa 200 Millionen Packungen Schmerztabletten werden jedes Jahr in Deutschland gekauft und
ein Großteil davon auch geschluckt. Da ist es erstaunlich, wie wenige kontrollierte klinische
Studien es gibt, die sich gezielt mit der Wirksamkeit der herkömmlichen Kopfschmerzwirkstoffe
beschäftigen. So gibt es über den Klassiker Acetylsalicylsäure (ASS) nur wenige wissenschaftlich
fundierte Untersuchungen. Ärzte und Apotheker empfehlen das Medikament also fast ausschließ -
lich, weil die Substanz seit über 100 Jahren bekannt und ihre Wirkung überliefert ist.
Indianer oder Weichei
Wann sollte man überhaupt etwas einnehmen? Ist der Griff zur Tablette bereits beim ersten
Zwicken hinter der Schläfe angesagt oder sollte man warten, bis einem so der Kopf so dröhnt,
dass man kaum noch die Augen aufbekommt?
Die Antwort liegt irgendwo in der Mitte. Denn dem „Indianer“, der den Schmerz ignoriert, droht
eine sogenannte Chronifizierung des Schmerzes. Das bedeutet, dass das Gehirn ein Gedächtnis
für den Schmerz entwickelt. Die Schmerzschwelle sinkt und beim nächsten Mal tut es bereits viel
eher weh.
Nicht weniger gefährlich ist es, wenn man häufiger als an zehn Tagen im Monat und mehr als
drei Tage hintereinander Schmerztabletten schluckt. Es kann sein, dass dann ein ganz neuer
Schmerz entsteht: der durch Medikamente verursachte Kopfschmerz. Da drückt und dröhnt der
Kopf nicht trotz, sondern wegen der Tabletten. Und diese Art von Kopfschmerz ist ebenfalls
chronisch.
Wenn Sie unsicher sind, ob und wie viel Tabletten angemessen sind: Fragen Sie lieber einen
Facharzt.
Das Angebot
Viele wissen, was ihnen bei Kater, Spannungskopfschmerz oder Migräne hilft. Sie kennen „ihre“
Medizin. Infrage kommen Wirkstoffe wie Acetylsalicylsäure (ASS), Paracetamol, Phenazon,
Naproxen, Ibuprofen oder Kombinationspräparate aus diesen Wirkstoffen. Und es spricht wenig
dagegen, dass man im seltenen Ernstfall mal eine Tablette mit diesen Wirkstoffen nimmt, sofern
man die Nebenwirkungen beachtet. Über die sollte man sich immer, auch wenn es lästig
erscheint, in der Apotheke oder auf dem Beipackzettel informieren.
Bei einem Schmerzmittel muss
man Wirksamkeit und Verträglichkeit
abwägen
Aufgelöst wirken Schmerzmittel
schneller
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Was ohne Rezept hilft
Folgende nicht verschreibungspflichtigen Wirkstoffe empfehlen Experten.
Bei Kopfschmerzen vom Spannungstyp:
ASS (500-1000mg), Ibuprofen (400mg) und Kombinationen aus ASS + Paracetamol + Koffein sind
Mittel der ersten Wahl.
Paracetamol ist in so einem Fall Mittel der zweiten Wahl.
Bei Migräne:
ASS (500-1000mg), Ibuprofen (200-400mg), Paracetamol (1000mg), Kombinationen aus ASS +
Paracetamol + Koffein und das einzige nicht verschreibungspflichtige Triptan namens Naratriptan
(allerdings teuer und für viele Migränepatienten zu schwach wirksam) werden empfohlen.
Entscheidungshilfe:
ASS und Ibuprofen schaden dem Magen und erhöhen die Blutungsneigung (Achtung nach
Zahnbehandlungen) und Paracetamol belastet die Leber.
Wenn man das Schmerzmittel nur für einen kurzen Zeitraum einnimmt (bis zu sieben Tage) sind
Paracetamol und Ibuprofen insgesamt verträglicher als ASS.
Eine neuere Studie hat ergeben, dass die lange wegen der möglichen Abhängigkeit in Verruf
geratenen Kombinationen mit ASS + Paracetamol + Koffein besser wirken als die einzelnen Wirk -
stoffe. Bei seltenem Gebrauch, sind sie somit ebenfalls zu empfehlen.
Natürliche Mittel:
Auch Pfefferminzöl, großzügig auf die Schläfen aufgetragen, kann helfen.
Nur auf Rezept
Neben diesen Schmerzmitteln, die bei leichten bis mittelschweren Kopfschmerzen oft gute
Dienste tun, gibt es noch zahlreiche andere Substanzen, die spezieller wirken.
4Triptane und 4CGRP-Antagonisten (Stand Februar 2009: noch nicht zugelassen) wurden zum
Beispiel speziell gegen Migräne entwickelt. Außerdem ist das Ziel einer Migränetherapie, dass die
Schmerzen nicht nur weniger werden, sondern dass auch die Anzahl der Attacken abnimmt. Je
weniger Anfälle, umso weniger Schmerzmittel braucht man. Für die Vorbeugung von Anfällen ste-
hen neben Blutdrucksenkern einige Antidepressiva und Antiepileptika zur Verfügung. Die Auswahl
ist recht groß und gehört in jedem Fall in die Hände eines Kopfschmerzexperten.
4Triptane
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Triptane sind Arzneistoffe, die gegen Migräneattacken wirken. Auch einigen Clusterpatienten helfen sie. Triptane stimulieren gezielt spezielle
Serotoninrezeptoren. Serotonin ist ein Botenstoff im Gehirn. Steigt seine Wirkung, werden die durch die Migräne geweiteten Blutgefäße verengt und
weniger schmerzauslösende Neuropeptide (Nerveneiweiße) ausgeschüttet. Außerdem wird die Schmerzwahrnehmung gehemmt. Es gibt heute sehr
viele Triptane, die ähnlich, aber nicht gleich wirken. Deshalb muss jeder Migränepatient gemeinsam mit seinem Arzt herausfinden, welches für ihn
am besten ist.
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4CGRP-Antagonisten
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Bei einer Migräne setzen Nerven einen Botenstoff frei, der „neuropeptide calcitonin gene-related peptide“ (CGRP) heißt. Er fördert die Entzündung,
die den Migräneschmerz auslöst. CGRP-Antagonisten sollen die Entzündung und damit die Schmerzen und die Dauer der Attacke vermindern. Ob
diese Wirkstoffe besser sind als Triptane, wird sich zeigen. Noch ist kein CGRP-Antagonist auf dem Markt. Im Laufe dieses Jahres könnte der erste
zugelassen werden.
Generell gilt in der Migräne-Therapie: Es sollte möglichst schnell das richtige Medikament aus-
reichend hoch dosiert eingenommen werden. Die anderen Kopfschmerzarten, wie z.B. den
Cluster kopfschmerz, sollte man nicht auf eigene Faust therapieren.
Geht’s auch ohne Tabletten?
Sicherlich ist der Griff zur Tablette in den meisten Fällen das Einfachste. Doch wenn man regel-
mäßig von Kopfschmerzen geplagt wird, sollte man sich nach Alternativen umschauen. Denn alle
Medikamente haben Nebenwirkungen, die vor allem nach längerer Einnahme unangenehm wer-
den. Die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft empfiehlt Entspannungsverfahren wie
4progressive Muskelrelaxation, 4Biofeedback und Verhaltenstherapie. Denn sowohl für die
Migräne als auch für Kopfschmerzen vom Spannungstyp gilt: Ändert man sein Leben, dann ändert
sich auch der Kopfschmerz. Auch Ausdauersport wie Radfahren oder Schwimmen hilft. Bei all die-
sen Alternativen gilt: Sie wirken auch deshalb so gut, weil man das Gefühl bekommt, selber
etwas gegen den Schmerz unternehmen zu können. Man ist dem Dröhnen im Kopf nicht hilflos
ausgeliefert.
4Progressive Muskelrelaxation (PMR)
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Bei dieser Entspannungsform nach Edmund Jacobson (amerikanischer Arzt und Physiologe) werden gezielt Muskeln angespannt und wieder ent-
spannt. Während man sich auf diesen Wechsel konzentriert, erholt sich der Körper, die Muskeln entspannen und man lernt, seinen Körper besser
wahrzunehmen.
4Biofeedback
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Beim Biofeedback übermitteln Sensoren die Aktivitäten der Muskeln oder Nerven an einen Computer. Der gibt dem Patienten optische oder aku-
stische Rückmeldungen über das, was in seinem Körper geschieht. Bei Migräne zum Beispiel werden die Muskelsensoren an den Schläfen befestigt.
Im ersten Schritt zeigt der Bildschirm die Ausweitung der Gefäße. Im zweiten Schritt kann der Patient versuchen, seine Muskeln so zu aktivieren,
dass sich das Gefäß verengt. Wenn er das erfolgreich geschafft hat, sieht er das Ergebnis auf dem Monitor. Mit Biofeedback-Verfahren können
Kopfschmerzen vom Spannungstyp sowie Migräneattacken gemildert werden. Dieses Verfahren basiert auf den Entwicklungen des amerikanischen
Arztes Edmund Jacobson.
Umstritten beziehungsweise gar nicht anerkannt sind folgende Methoden:
Akupunktur, Diäten, Chiropraktik, Hysterektomie, Osteopathie, Homöopathie, Amalgamfüllungen
austauschen, Quaddeln oder Zähne ziehen.
Egal welche Art von Kopfschmerz Sie haben, egal wie oft sie auftreten: Wenn Sie unsicher sind,
gehen Sie zum Arzt.
Autorin: Angela Sommer
Damit der Kater ein Kätzchen bleibtTipps für den Tag danach
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Sonnenbrille über den grau geränderten Augen und ein Glas mit sprudelnder Schmerztablette in
der zittrigen Hand: Das ist das Bild, das viele Menschen nach einer durchzechten Nacht abgeben.
Seit der Mensch den Alkohol erfunden beziehungsweise für sich gefunden hat, gibt es den Kater.
Und seit wir ihn kennen, verfluchen wir ihn. Obwohl er uns seit eh und je den Tag danach ver-
miest, wissen wir noch recht wenig darüber, was genau das Elend eigentlich auslöst.
Woher der Kater kommt
Eine interessante Beobachtung ist, dass der Kater im Grunde erst dann kommt, wenn der Alkohol
unsere Blutbahn schon fast verlassen hat. Das spricht für eine These, die besagt, dass das soge-
nannte Acetaldehyd eine Rolle spielt – es entsteht, wenn der Alkohol im Körper abgebaut wird.
Wenn seine Konzentration im Blut ansteigt, schmerzt der Kopf, rast der Puls und es wird einem
schlecht. Auch das Acetaldehyd selbst muss abgebaut werden. Bei mehr als der Hälfte der Ost-
Asiaten funktioniert das nicht. Ihnen fehlt das Enzym 4Acetaldehyddehydrogenase, das dafür
not wendig ist. Deshalb verzichten viele Asiaten lieber ganz auf Alkohol. Denn wenn bereits ein
einziges Bier dazu führt, dass sich das toxische Acetaldehyd ansammelt und dann den Schädel
zum Brummen bringt, bleibt der Genuss auf der Strecke.
4Acetaldehyddehydrogenase
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Das ist ein Enzym, das im menschlichen Körper zum Abbau von Alkohol benötigt wird. Es baut das giftige Acetaldehyd, was bereits vorher das
Ethanol abgebaut hat, zu Acetat ab.
Zu wenig Flüssigkeit
Aber auch der Flüssigkeitsverlust soll eine Rolle spielen. Wer Alkohol trinkt, scheidet mehr
Flüssig keit aus. Alle kennen das: Wenn das erste Bier einmal durch ist, dann muss man immer
häufiger. Der Grund. Alkohol hemmt Vasopressin. Dieses Hormon verhindert normalerweise, dass
wir zu viel Flüssigkeit über die Nieren abgeben. Und wenn der Körper zu wenig Flüssigkeit hat,
bedient er sich aus seinem Blut. Das wird dicker und dann kommen Kopfschmerzen.
Mit dem Wasser verlieren wir auch Mineralstoffe. Denn die sind im Urin gelöst.
Der durch Alkohol gereizte Darm verschlimmert die Lage zusätzlich. Es kommt zu Durchfällen, die
wiederum mit Flüssigkeitsverlust einhergehen.
Achtung Fuselstoffe
Allgemein bekannt ist, dass der Kater umso schlimmer wird, umso schlechter der genossene
Alkohol war. Oft sind in billigen Mischgetränken oder unsauber Destilliertem hohe Mengen an
Methanol und Fuselstoffen. Diese werden erst abgebaut, wenn der Ethanol längst vom Körper
verarbeitet ist.
An feucht fröhlichen Abenden trinkt
man oft zu viel und durcheinander
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Tipps gegen den Katzenjammer
Stimmt
Wasser, Schorle oder Brühe trinken
Das ist der wichtigste Tipp überhaupt. Denn der Körper verliert im Rausch sehr viel Flüssigkeit.
Schorle und Brühe ergänzen außerdem die verloren gegangenen Mineralstoffe.
Schmerzmittel
Ibuprofen, Acetylsalicylsäure oder Paracetamol lindern das Kater-Symptom Kopfschmerz. Gegen
die anderen – Übelkeit, Schwindel und Müdigkeit – können sie natürlich nichts ausrichten.
Vorsicht bei ASS wegen seiner reizenden Wirkung auf den Magen und Vorsicht bei Paraceatmol,
denn dass wird dort abgebaut, wo auch der Alkohol verstoffwechselt wird: in der Leber.
Rollmops, saure Gurken oder Sauerkraut.
Diese sauren Katerempfehlungen machen aus zwei Gründen Sinn. Zum einen hat der Körper durch
das Zuviel an Alkohol Mineralien verloren, und die werden hiermit ersetzt. Zum anderen bekommt
man Durst, wenn man Saures isst. Und wenn man den dann stillt, wird der leere „Wasser -
speicher“ wieder aufgefüllt.
Zitrone und Kaffee
Dieser Tipp ist nur bedingt zu empfehlen. Zwar regt Koffein den Kreislauf an und die saure Zitrone
ergänzt das. Vitamin C verstärkt die Wirkung einer möglicherweise dazu eingenommenen ASS.
Aber ACHTUNG: Diese Mischung ist Gift für einen sowieso schon angegriffenen Magen!
Vorbeugend fettreich Essen
Das stimmt zum Teil. Zwar landet am Ende doch jedes Molekül Alkohol im Blut, doch wird der
Alkohol durch die deftige Grundlage etwas langsamer aufgenommen. Das heißt, das Abbau -
produkt Acetaldehyd, das zum Kopfschmerz führt, überflutet den Körper nicht auf einmal.
Falsch
Drink danach
Wer morgens mit brummendem Schädel aufwacht und dann da weiter macht, wo er abends auf-
gehört hat, erreicht zwei Dinge. Zwar weiten sich die Blutgefäße kurzfristig und das wird als
angenehm empfunden. Doch danach kommt der Kater wieder – und dann nur noch schlimmer.
Denn der Alkohol wird ja wieder zum Acetaldehyd…und so weiter.
Bier auf Wein, das lass sein
…und ähnliche Tipps. Denn nicht die Reihenfolge ist entscheidend, sondern die Menge.
Nur eine Sorte Alkohol trinken
Alkohol ist Alkohol. Zwar wird der Kater durch „schlechte“ Getränke, die viele sogenannte
Fuselöle enthalten, noch schlimmer, doch schützt der Barolo Jahrgang 1971 nicht vor der dicken
Birne.
Ein Rollmops kann den Katzenjammer
etwas lindern
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Alkohol „ausschwitzen“
Die Leber ist für den Alkoholabbau zuständig. Und dafür braucht sie für 0,1 Promille circa eine
Stunde. Die paar Ethanolmoleküle, die mit ausgeschwitzt werden, bringen da wenig.
Vorbeugen statt behandeln?
Fazit einer der wenigen seriösen Studien über verschiedene Methoden, einen Kater zu verhin-
dern: Das einzige, was nachweislich hilft, ist der Verzicht auf Alkohol.
Außerdem kann man den Flüssigkeitsverlust auffangen, indem man zwischen den Alkoholika
immer mal wieder ein Wasser einschiebt. Obwohl die meisten das wissen, vergessen sie es im
Laufe des Abends. Denn da wirkt zunächst einmal Ethanol: Wir verlieren erst die Vernunft und
dann die Sinne.
Autorin: Angela Sommer
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Lesetipps
Erfolgreich gegen Kopfschmerz und Migräne
Autor: Hartmut Göbel
Verlagsangaben: Springer Verlag, Berlin 2004
ISBN: 3-540-40777-4
Sonstiges: 448 Seiten
Preis: 19,95 Euro
Der Neurologe Hartmut Göbel ist Chefarzt der Schmerzklinik Kiel. Dieses Buch hat er speziell
für Patienten geschrieben. Umfassend informiert er über die verschiedenen Kopfschmerzarten
und was man über deren Ursache weiß – und was Ärzte und Patienten gegen den Schmerz
tun können.
Kopfschmerzkinder.
Migräne und Spannungskopfschmerz verstehen und psychotherapeutisch behandeln.
Autor: Seemann, Hanne
Verlagsangaben: Klett Cotta, Stuttgart 2002
ISBN: 3608897046
Sonstiges: 241 Seiten
Preis: 21,50 Euro
Das Buch richtet sich sowohl an Kinder- und Jugendtherapeuten als auch an Erzieher und
Eltern betroffener Kinder. Neben dem Therapiemanual für Sitzungen eines Trainingsprogramms
mit Beschreibung konkreter Stundenabläufe bietet das Buch Hintergrundinformationen zum
besseren Verständnis von Kopfschmerz bei Kindern.
Kopfschmerztherapie mit Kindern und Jugendlichen – ein Trainingsprogramm.
Autor: Denecke, Heide / Kröner-Herwig, Birgit
Verlagsangaben: Hogrefe, 2000
ISBN: 978-3-8017-1313-3
Sonstiges: 154 Seiten
Preis: 29,95 Euro
Ein Praxis-Handbuch für Kinder- und Jugendtherapeuten.
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Internationale Einteilungen zum Kopfschmerz
http://ihs-classification.org/de/
Hier stehen die Internationalen Einteilungen zum Kopfschmerz (IHS).
Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft
http://www.dmkg.de/
Die Homepage der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft mit nützlichen
Informationen rund um das Thema Kopfschmerz.
Kopfschmerzzentren in Deutschland
http://www.forum-schmerz.de/adressen-links/kopfschmerzkliniken/ambulanzen.html
Hier finden Sie eine Liste der Kopfschmerzzentren in Deutschland.
Austausch von Clusterkopfschmerz-Betroffenen
http://www.ck-wissen.de/forum/main.php
Clusterkopfschmerz-Betroffene können sich in diesem Forum mit Leidensgenossen in
Verbindung setzen.
Operationsmethoden für Clusterpatienten
http://www.uniklinik-freiburg.de/schmerzzentrum/live/index.html
An der Universitätsklinik Freiburg werden Operationsmethoden für Clusterpatienten entwickelt.
Clusterkopfschmerz-Selbsthilfegruppen
http://www.clusterkopf.de/
Zusammenschluss von Selbsthilfegruppen und Betroffenen zum Thema Clusterkopfschmerz.
Sehr gute informative Seite, mit Berichten von Betroffenen und vielen Links zu Ärzten, Kliniken
und anderen Selbsthilfegruppen.
Schmerzklinik Kiel
http://www.schmerzklinik.de
Die Schmerzklinik Kiel hat sich insbesondere auf die stationäre Behandlung von Kopfschmerzen
(neben anderen Schmerzarten) spezialisiert. Dabei liegt der Schwerpunkt ausdrücklich auf
einem „ganzheitlichen“ Therapieangebot, das neben der medizinischen auch die psychologi-
sche Betreuung, Entspannungstraining, Beratung zur Alltagsbewältigung u.ä. einschließt.
Informationen zum Spannungskopfschmerz
http://www.schmerz.uni-duesseldorf.de/doc/Spannungs-KS.pdf
Hier können Sie alles über die Symptome, unterschiedlichen Arten und Behandlungen des
Spannungskopfschmerzes nachlesen.
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Linktipps
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Migräne und ihre Therapiemöglichkeiten
http://www.kliniken-koeln.de/krankenhaeuser/KrankenhausMerheim/Neurologie/
kopfschmerz-migraene.html
Umfassende, gut verständliche Aufzählung der Migräneformen mit den Therapiemöglichkeiten.
Informationen der Deutschen Migräne und Kopfschmerzgesellschaft e.V.
http://www.dmkg.de/
Die Deutsche Migräne und Kopfschmerzgesellschaft e.V. bietet aktuelle Informationen über
Standardtherapien und wissenschaftliche Entwicklungen.
Ursachen der Migräne
http://www.migraene-schule.de/html/ursachen.html
Eine sehr umfassende Darstellung der möglichen Ursachen der Migräne. Verfasser ist
Prof. Hartmut Göbel von der Schmerzklinik in Kiel.
Informationen zum medikamenteninduzierten Kopfschmerz
http://www.neuro24.de/ks1.htm
Umfassende Informationen rund um den medikamenteninduzierten Kopfschmerz.
Therapie-Empfehlungen
http://www.dmkg.de/archiv/archiv_p/pres24.html
Neue Therapie-Empfehlungen bei Dauerkopfschmerzen durch Schmerz- und Migränemittel der
Deutschen Migräne und Kopfschmerzgesellschaft.
Weitere Informationen zum medikamenteninduzierten Kopfschmerz
http://www.zm-online.de/m5a.htm?/zm/22_08/pages2/mediz1.htm
Artikel der „Zahnärztliche Mitteilungen“ mit weiteren Informationen.
KIGGS – die Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland.
http://www.kiggs.de
Der Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS) ist eine Studie des Robert-Koch-Instituts
zum Gesundheitszustand der Kinder und Jugendlichen im Alter von 0 bis 17 Jahren.
Homepage der Milton-Erickson-Gesellschaft für Hypnose MEG
http://www.meg-hypnose.de
Es gibt ausgebildete Kinder-Hypnotherapeuten. Die Fachgesellschaft hat auf ihrer Internetseite
die ausgebildeten Therapeuten für Kinder- und Jugendliche aufgelistet.
Deutsche Gesellschaft für Hypnose DGH
http://www.dgh-hypnose.de
Die Fachgesellschaft bietet eine Liste von Therapeuten, die mit Hypnose arbeiten. Zudem fin-
den sich auf der Seite Antworten zu Fragen über Hypnose.
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Empfehlungen der Deutsche Migräne und Kopfschmerzgesellschaft e.V.
http://www.dmkg.de/therapie/them.html
Die Deutsche Migräne und Kopfschmerzgesellschaft e.V. gibt hier ihre von Experten gestützten
Empfehlungen.
Quarks & Co
http://www.wdr.de/tv/quarks/sendungsbeitraege/2008/0129/002_medikamente.jsp
In der Sendung „Wie wirksam sind unsere Medikamente“ geht es in diesem Artikel um die
Geschichte des Schmerzmittels Acetylsalicylsäure – kurz ASS.
Katerstudie
http://www.pubmedcentral.nih.gov/articlerender.fcgi?artid=1322250
Seriöse Studie über verschiedene Methoden, einen Kater zu verhindern (engl.).
Weitere Katertipps
http://www.wdr.de/tv/quarks/sendungsbeitraege/2004/0210/006_alkohol.jsp
Mehr zum Kater von Quarks & Co aus dem Jahr 2004 – ebenfalls zu Karneval.
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Impressum:
Herausgegeben
vom Westdeutschen Rundfunk Köln
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Quarks & Co
Claudia Heiss
Redaktion:
Claudia Heiss
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