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Quellennachweise, Anmerkungen, Exkurse Einleitung 1 Zeitangaben nach dem chronologischen Register, Lit.-Verz. 90, Bd. 10, S. 52* und S.17*. 2 Lit.-Verz. 90, Bd. 9, S. 656 f. 3 Lit.-Verz. 88, S. 117 f. Die Kalendergeschichten Brechts werden ohne Aus- nahme nach der Erstausgabe (Berlin 1949) zitiert, da die Werkausgabe, Lit.- Verz. 90, die Zusammenstellung der Geschichten nicht kennt. Damit mußte auch Brechts ursprüngliche Zeichensetzung beibehalten werden, so daß die Kommata am Versende entgegen Brechts späterem Usus wieder zu stehen kommen (vgl. Lit.-V erz. 90, Bd. 10, S. 30*, Elisabeth Hauptmann: »Hinge- wiesen sei hier auf eine Druckanweisung Brechts bei Gedichten: Er bestand auf Großschreibung der Zeilenanfänge und auf dem Weglassen des Kommas am Ende einer Verszeile.«). Ebenfalls werden spätere Änderungen Brechts, die geringfügig sind, nicht berücksichtigt, um den historischen Ort der Kalen- dergeschichten zu erhalten. Folgende Geschichten und Gedichte hat Brecht in die Sammlung aufgenommen: Der Augsburger Kreidekreis I Ballade von der Judenhure Marie Sanders I Die zwei Söhne I Gleichnis des Buddha vom brennenden Haus I Das Experiment I Ulm 1592 I Der Mantel des Ketzers I Kinderkreuzzug 1939 I Cäsar und sein Legionär I Die Teppichweber von Ku- jan-Bulak ehren Lenin I Der Soldat von La Ciotat I Fragen eines lesenden Arbeiters I Der verwundete Sokrates I Mein Bruder war ein Flieger I Die un- würdige Greisin I Legende von der Entstehung des Buches Taoteking auf dem Weg des Laotse in die Emigration I Geschichten vom Herrn Keuner. Rezensionen dieser Ausgabe gibt es von Henryk Keisch: Alte und neue Anekdotenliteratur. In: Neue Deutsche Literatur 1955, H. 2, S. 142-144, und Lorenz Waligora: »Kalendergeschichten«. In: Die Buchbesprechung 18, 1952, No. 516. Vgl. auch Hans Mayer: Weiskopf der Mittler. Anmerkung zu drei Büchern. In: Neue deutsche Literatur 1957, H. 9, S. 82-90, der die Weiskopfseben Anekdoten in Parallele zu Brechts Kalendergeschichten setzt. 4 So Hans Mayer, Lit.-Verz. 178, S. 90, um nur ein Beispiel zu nennen; Mayer nennt die Haltung der »Fragen« Anprangern »verklärender Geschichts- schreibung«. 5 Lerg-Kill, Lit.-V erz. 174, S. 73. 6 Ebd.: »Die didaktische Haltung, die diesem Gedicht zugrunde liegt, ist ästhe- tisch sublimiert.« Das klingt nach Lob, aber nach einem Lob, über das sich Brecht wohl kaum gefreut hätte. Lerg-Kill kann ihre Abneigung gegen >>Par- teiparole<< kaum verbergen; sie vergißt freilich, auch diese kann »ästhetisch« sein, allerdings nicht »sublimiert«. 7 Müller, Lit.-Verz. 182, S. 103. 8 Lit.-Verz. 174, S. 73. 9 Schlenstedt, Lit.-Verz. 188, S. 160; vgl. 159 ff. 10 Vgl. dazu das Motto der >>Svendborger Gedichte«, Lit.-Verz. 90, Bd. 9, S. 631, und die Gedichte aus den deutschen »Satiren«: »Notwendigkeit der

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Quellennachweise, Anmerkungen, Exkurse

Einleitung

1 Zeitangaben nach dem chronologischen Register, Lit.-Verz. 90, Bd. 10, S. 52* und S.17*.

2 Lit.-Verz. 90, Bd. 9, S. 656 f. 3 Lit.-Verz. 88, S. 117 f. Die Kalendergeschichten Brechts werden ohne Aus­

nahme nach der Erstausgabe (Berlin 1949) zitiert, da die Werkausgabe, Lit.­Verz. 90, die Zusammenstellung der Geschichten nicht kennt. Damit mußte auch Brechts ursprüngliche Zeichensetzung beibehalten werden, so daß die Kommata am Versende entgegen Brechts späterem Usus wieder zu stehen kommen (vgl. Lit.-V erz. 90, Bd. 10, S. 30*, Elisabeth Hauptmann: »Hinge­wiesen sei hier auf eine Druckanweisung Brechts bei Gedichten: Er bestand auf Großschreibung der Zeilenanfänge und auf dem Weglassen des Kommas am Ende einer Verszeile.«). Ebenfalls werden spätere Änderungen Brechts, die geringfügig sind, nicht berücksichtigt, um den historischen Ort der Kalen­dergeschichten zu erhalten. Folgende Geschichten und Gedichte hat Brecht in die Sammlung aufgenommen: Der Augsburger Kreidekreis I Ballade von der Judenhure Marie Sanders I Die zwei Söhne I Gleichnis des Buddha vom brennenden Haus I Das Experiment I Ulm 1592 I Der Mantel des Ketzers I Kinderkreuzzug 1939 I Cäsar und sein Legionär I Die Teppichweber von Ku­jan-Bulak ehren Lenin I Der Soldat von La Ciotat I Fragen eines lesenden Arbeiters I Der verwundete Sokrates I Mein Bruder war ein Flieger I Die un­würdige Greisin I Legende von der Entstehung des Buches Taoteking auf dem Weg des Laotse in die Emigration I Geschichten vom Herrn Keuner. Rezensionen dieser Ausgabe gibt es von Henryk Keisch: Alte und neue Anekdotenliteratur. In: Neue Deutsche Literatur 1955, H. 2, S. 142-144, und Lorenz Waligora: »Kalendergeschichten«. In: Die Buchbesprechung 18, 1952, No. 516. Vgl. auch Hans Mayer: Weiskopf der Mittler. Anmerkung zu drei Büchern. In: Neue deutsche Literatur 1957, H. 9, S. 82-90, der die Weiskopfseben Anekdoten in Parallele zu Brechts Kalendergeschichten setzt.

4 So Hans Mayer, Lit.-Verz. 178, S. 90, um nur ein Beispiel zu nennen; Mayer nennt die Haltung der »Fragen« Anprangern »verklärender Geschichts­schreibung«.

5 Lerg-Kill, Lit.-V erz. 174, S. 73. 6 Ebd.: »Die didaktische Haltung, die diesem Gedicht zugrunde liegt, ist ästhe­

tisch sublimiert.« Das klingt nach Lob, aber nach einem Lob, über das sich Brecht wohl kaum gefreut hätte. Lerg-Kill kann ihre Abneigung gegen >>Par­teiparole<< kaum verbergen; sie vergißt freilich, auch diese kann »ästhetisch« sein, allerdings nicht »sublimiert«.

7 Müller, Lit.-Verz. 182, S. 103. 8 Lit.-Verz. 174, S. 73. 9 Schlenstedt, Lit.-Verz. 188, S. 160; vgl. 159 ff.

10 Vgl. dazu das Motto der >>Svendborger Gedichte«, Lit.-Verz. 90, Bd. 9, S. 631, und die Gedichte aus den deutschen »Satiren«: »Notwendigkeit der

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Propaganda« (ebd. S. 698 ff.), »Schwierigkeit des Regierens« (ebd. S. 697 f.), »Wörter, die der Führer nicht hören kann« (ebd. S. 710 f.) u. a.

11 Karl Marx und Friedrich Engels: Die heilige Familie und andere Frühschrif­ten.- Berlin 1953, S. 211.

12 Lit.-Verz. 90, Bd. 12, S. 527 (»Me-ti«). 13 Nietzsche, Lit.-Verz. 125, S. 112. Nietzsche unterscheidet dort »monumenta­

lische<<, »antiquarische« und >>kritische« Art der Historie; von monumenta­lischer Historie sagt er: »In dieser verklärtesten Form ist der Ruhm doch etwas mehr als der köstlichste Bissen unserer Eigenliebe, wie ihn Schopen­hauer genannt hat, es ist der Glaube an die Zusammengehörigkeit und Kon­tinuität des Großen aller Zeiten, es ist ein Protest gegen den Wechsel der Ge­schlechter und der Vergänglichkeit.«

14 Marx, Lit.-Verz. 124, S. 372. 15 Ebd. S. 348; vgl. S. 371: >>aparter Sinn<<, 16 Brecht, Lit.-Verz. 90, Bd. 14, S. 1167-1379; dieses Romanfragment fällt

ebenfalls in die Zeit der Entstehung der Kalendergeschichten und ist inso­fern als Parallele heranziehbar.

17 In Thomas Manns >>Buddenbrooks<< finden sich bereits ähnliche Gedanken­gänge. Als Konsul Johann Buddenbrook Erkundigungen über die Geschäfts­lage seines präsumptiven Schwiegersohnes, Herrn Grünlich, einzieht, hört er nur Positives. Grünlich war den Banken seine Schulden wert, hofften sie doch auf einen reichen Schwiegervater, der sie begleichen konnte. Erst als sich Grünlichs Bankrott nicht mehr verheimlichen läßt, werden die wirklichen Gründe Grünlichs für die Heirat mit Tony offenbar. Bankier Kesselmeyer deckt dem Konsul die Machenschaften Grünlichs auf, Buddenbrook jedoch weist die Anschuldigungen, Grünlich habe doppelt Buch geführt, zurück mit den Worten: »>Herr, ich verachte Ihre Worte<, brachte er mit geringer Si­cherheit hervor. >Ich verachte Ihre wahnsinnigen Verleumdungen um so mehr, als sie auch mich treffen [ ... ] mich, der ich meine Tochter nicht leicht­fertigerweise ins Unglück gebracht habe. Ich habe sichere Erkundigungen über meinen Schwiegersohn eingezogen [ ... ] das übrige war Gottes Wille!< Er wandte sich, er wollte nichts mehr hören, er öffnete die Tür. Aber Herr Kesselmeyer schrie ihm nach: ,Aha? Erkundigungen? Bei wem? Bei Bock? Bei Goudsticker? Bei Pertersen?< Bei >Maßmann & Timm<? Die waren ja alle engagiert! Die waren ja alle ganz ungeheuer engagiert! Die waren ja alle ungemein froh, daß sie durch die Heirat sichergestellt wurden [ ... ]< Der Konsul schlug die Tür hinter sich zu.« Es gehört wenig ökonomische Einsicht dazu, die »kapitalistische Vernunft« in solchen Gedankengängen zu erken­nen, und ebensowenig marxistisches Credo, den Mangel solch einfacher, aber nicht unwichtiger Zusammenhänge in der geschichtlichen Literatur zu bemer­ken. Der »Spätgekommene« jedenfalls wußte um solche Partikularitäten. Zi­tat nach: T'M': Buddenbrooks. Verfall einer Familie. - Frankfurt a. M. und Harnburg 1967 (= T'M': Werke. Taschenbuchausgabe in zwölf Bänden) (= Moderne Klassiker 101), S. 172.

18 Lit.-Verz. 90, Bd.14, S.1174. 19 Ebd. S. 1205. 20 So lautet ein noch geflügeltes Wort Hegels; s. dessen >>Die Vernunft in der

Geschichte«. 21 Curtius, Lit.-V erz. 112, dessen Kapitel »Schauspielmetaphern« (S. 148 bis

154) ich verpflichtet bin, schreibt: »Für Luther ist die ganze profane Ge­schichte ein >Puppenspiel GotteS<« (S. 150).

22 Steiner, Lit.-Verz. 196, S. 35. 23 Lit.-Verz. 125, S. 109.

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24 Vgl. Nietzsche ebd. S. 115, wo er monumentalische Historie mit Astrologie in Zusammenhang bringt: »Wie viel des Verschiedenen muß, wenn sie jene kräftigende Wirkung tun soll, dabei übersehen, wie gewaltsam muß die In­dividualität des Vergangneu in eine allgemeine Form hineingezwängt und an allen scharfen Ecken und Linien zugunsten der Obereinstimmung zer­brochen werden! Im Grunde ja könnte das, was einmal möglich war, sich nur dann zum zweiten Male als möglich einstellen, wenn die Pythagoreer recht hätten zu glauben, daß bei gleichen Konstellationen der himmlischen Körper auch auf Erden das gleiche, und zwar bis aufs einzelne und kleine, sich wiederholen müsse: so daß immer wieder, wenn die Sterne eine gewisse Stellung zueinander haben, ein Stoiker sich mit einem Epikureer verbinden und Cäsar ermorden und immer wieder bei einem anderen Stande Kolum­bus Amerika entdecken wird.« Nietzsches Verbindung ist kein mutwilliger Einfall, sondern er läßt sich historisch begründen: im Zusammenhang von Geschichte und Astrologie, auf den ich im Kapitel »Practica<< näher eingehen werde.

25 Brief: Jena, den 28. Febr. 93. Zit. nach: Schillers Werke. 4 Bde. Bd. 4 Schrif­ten. - Frankfurt a. M. 1966, S. 118.

26 Vgl. das Motto zu den >>Svendborger Gedichten«, Lit.-Verz. 90, Bd. 9, S. 631, in welchem Brecht auf die von ihm unterstellte Notwendigkeit der Einflußnahme auf die deutsche Bevölkerung hinweist.

27 Schlenstedt, Lit.-Verz. 188, S. 209 (und Anm. 3); die »Fragen« fallen nach Schlenstedt aus dem Zusammenhang heraus, weil sie ein »entwickeltes Pro­gramm einer neuen Geschichtsbetrachtung« gäben, der »Große Oktober« falle heraus, weil er als »Hymne« den Abschluß der Chroniken bilde. Diese Angaben sind vage, und von »entwickeltem« Programm, im Sinne von posi­tiven Anweisungen, kann keine Rede sein; was aber das Nicht-Epische be­trifft, treffen Schlenstedts Beobachtungen durchaus zu.

28 Ebd. S. 158, wo Schlenstedt von einer »Methode« spricht, »durch Fragen zu neuen Erkenntnissen zu kommen«, und das Gedicht biete keine Lösungen an. Dies widerspricht dem, was sie S. 209 und Anm. 3 sagt.

29 Ebd. S. 158: die »Fragen« haben nach Schlenstedt »die Funktion des Prologs zu dem Zyklus«.

30 Vgl. auch mein Kapitel über Brechts Kalender-Gedichte: »Praktikable Theo­rien«.

31 Vgl. die Inhaltsaufstellung in Anm. 3 der Einleitung meiner Arbeit. 32 Den wichtigsten Aufsatz zum Volkstümlichen schrieb Brecht 1938: »Volks­

tümlichkeit und Realismus«, innerhalb der sog. Expressionismusdebatte, die Mittenzwei ausführlich und kritisch besprochen hat, Lit.-Verz. 181. Brecht, Lit.-Verz. 90, Bd. 19, 322-331; ZitatS. 324.

33 Ebd. S. 324. 34 Ebd. S. 323. 35 Vgl. Schillers Rezension »Über Bürgers Gedichte«. 36 Brecht, Lit.-Verz. 90, Bd. 19, S. 323. 37 Vgl. Wolfgang Emmerich: Zur Kritik der Volkstumsideologie. - Frank­

furt a. M. 1971 (= es 502). S. 132 ff. Emmerichs Buch konnte für die Arbeit nicht mehr benutzt werden, da es erst nach Fertigstellung des Manuskripts erschienen ist.

38 Lit.-Verz. 134, S. 134. 39 Vgl. meinen Abriß der Literatur im Kapitel >>Definitionen<< und das Kapitel

»Die Erkenntnis des Bekannten«. 40 Minder, Lit.-Verz. 179 und 100, Bloch, Lit.-Verz. 145 und 99, Benjamin,

Lit.-Verz. 143. Für symptomatisch in der Hebel-Literatur halte ich Benja­mins Worte (S. 383): »>Dies Stücklein ist noch ein Vermächtnis von dem Ad-

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junkt, der jetzt in Dresden ist. Hat er nicht dem Hausfreund einen schönen Pfeifenkopf von Dresden zum Andenken geschickt, und ist ein geflügelter Knabe darauf und ein Mägdlein und machen etwas miteinander. Aber er kommt wieder, der Adjunkt.< Damit schließt >Die Probe.< Wem Hebel nicht aus solchem Satze tief entgegen blickt, der wird ihn auch in anderen nicht finden.« Statt Erklärung bietet Benjamin ein tiefes Verstehen einer verschworenen Hebel-Gemeinde, der jeder ausgeschlossen bleibt, dem die Tiefe nicht spontan aufstößt. Die Gemeinde der Feinsinnigen, die in wohl­wollender Herablassung Hebel gemeinsam tief verstehen, hat wohl Hebel mehr geschadet, als genützt. Was tut denn der, dem Hebel nicht »tief entge­gen blickt<<? Robert Minder, der in der Nachfolge von Adornos »Jargon der Eigentlichkeit« die Heideggerschen Auslassungen über Hebel geißelt, woran ich mich ganz anschließe, beschwört in seinem jüngsten Aufsatz über Hebel (Lit.-V erz. 100, Einleitung) auf mir unverständliche Weise - nach dem Auf­satz über Hebel und Heidegger - »Mutter«- und » Vatergeist« bei Hebel, der ganz auf seine landschaftlichen Gebundenheiten festgelegt wird; heideg­gersch tönt es da: »Muttersprache war für Hebel kein generelles Postulat mit kulturpolitischem Akzent, sondern ganz naiv, ganz individuell die Sprache der Mutter, deren Gestalt sich für ihn nur in dieser besonderen Form her­aufbeschwören ließ<< (S. XI), und weiter heißt es: »Im Hintergrund der Ge­dichte steht liebend und abwehrend, erzürnt und milde der Geist der Mutter« (S. XIII). Wie kommt es, daß Minder und Heidegger sich vereint in einem Band über Hebel finden, Lit.-V erz. 180, wo erster sich doch hätte dagegen sträuben müssen? Ahnlieh wie Minder raunt Ernst Bloch: »Ein früher, alter Ton kommt herüber, bleibt bei uns. Er erzählt, aber wie, Hebel ist leicht, leb­haft, dicht, spannend, bedächtig in einem«, und weiter: »In Zeiten, wo das Volk noch nichts von Kitsch wußte, ihn nicht brauchte« (Lit.-V erz. 99, S. 135). Welche Idylle tut sich da auf. Einfachheit, Schlichtheit, echtes Volks­tum scheinen noch immer die rechten Vokabeln für Hebel.

41 Johann Wolfgang Goethe: Alemanische Gedichte. Für Freunde ländlicher Natur und Sitten, von J. P. Hebel (Rezension). In: Goethes Werke (Ham­burger Ausgabe), Bd. XII: Schriften zur Kunst. Schriften zur Literatur. Ma­ximen und Reflexionen. - Harnburg 1953. S. 261-266. Goethe schreibt dort im Zusammenhang: »Wenn antike oder andere durch plastischen Kunst­geschmack gebildete Dichter das sogenannte Leblose durch idealische Figuren beleben und höhere, göttergleiche Naturen, als Nymphen, Dryaden und Ha­madryaden, an die Stelle der Felsen, Quellen, Bäume setzen, so verwandelt der Verfasser diese Naturgegenstände zu Landleuten und verbauert auf die naivste, anmutigste Weise durchaus das Universum; so daß die Landschaft, in der man denn doch den Landmann immer erblickt, mit ihm in unserer erhöh­ten und erheiterten Phantasie nur Eins auszumachen scheint<< (S. 261 f.). Freilich ist es weniger Goethe selbst als seinen Nachrednern anzulasten, daß sein Wort von der Verbauerung des Universums einen fatalen Klang bekommen hat, was sich schon darin zeigt, daß Goethes Worte durchaus verkürzt - wie ich es im Text übernommen habe, um das Topoihafte deutlich zu machen - zi­tiert werden, eine Zitierweise, die Goethes komplexen Vergleich unterschlägt. So wird der Goethesche Ausspruch auch meist als Apologie des Bäurischen, noch echt Volkstümlichen angeführt. Hebel mache die fürchterliche Realität zum dörflichen Blumengarten, dessen Pflanzen aber nicht veredelte, gezüch­tete Pflänzchen der Trivialliteratur seien (in Blochs Idylle wußte ja das Volk noch nichts vom Kitsch), sondern ehrlich, natürlich, gerade aus der mütter­lichen Scholle des heimatlichen Humus entwachsene Gewächse, die als Zierde des Dorfes und der Heimat »der Welt<< trotzen. Ob Goethes Worte so zu verallgemeinern sind, wie es immer wieder getan wird (Benno Reifenberg:

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Homer aus dem Wiesental; Heidegger: Sprache und Heimat; beides Lit.­Verz. 180), und ob sie so einfach auch auf die Kalendergeschichten Hebels übertragbar sind, das ist durchaus die Frage.

42 Brecht, Lit.-Verz. 90, Bd. 19, S. 325. 43 Vgl. Hermann Wein, Lit.-Verz. 135, S. 162-183 »Geschichtshörige Macht­

theorien und philosophischer Enthusiasmus<<: >>Die geschichts-philosophische und sozial-philosophische Problematik und vielleicht Aporie betrifft Macht und Ohnmacht des Menschen vor der Geschichte, in der Geschichte, über die Geschichte. Geschichte ist Menschenwerk. Aber Menschliches ist auch Ge­schichtswerk. Diese Aporie zeigt zirkuläre Struktur-<< (S. 167).

44 Wittgenstein, Lit.-Verz. 136, S. 53 (§ 76) und S. 55 (§ 79); vgl. auch S. 67 (§ 117), wo Wittgenstein die Bedeutung einen >>Dunstkreis, den das Wort mitbringt und in jederlei Verwendung hinübernimmt<<, nennt.

45 Ebd. S. 158 (§ 426). 46 Ebd. S. 17 (§ 7). 47 Charles S. Peirce: Schriften I. Zur Entstehung des Pragmatismus. Mit einer

Einführung hg. von Karl-Otto Apel. - Frankfurt a. M. 1967 (= Theorie 1), S. 339 (>>Wie unsere Ideen zu klären sind<<). Peirce rückt von ontologischen Urteilen (das >>ist<< so und so) ab und verknüpft die Urteile mit ihren prak­tischen Wirkungen im Umgang mit den Dingen: >>Es gibt absolut keinen Un­terschied zwischen einem harten und einem weichen Ding, solange sie nicht auf die Probe gestellt worden sind.<< Das trifft sich genau mit Hebels Rat, die bloße Maxime auch zu >>probiren<<.

48 Kalender 1808, Lit.-Verz. 53, BI. C 3 v. 49 Brecht, Lit.-Verz. 90, Bd. 19, S. 333. 50 Herders Universallexikon. - Freiburg i. B. 1954. 5. Aufl. Stichwort >>Ka­

lendergeschichte<<. 51 Schwimmer, Lit.-Verz. 212; Schwimmer nennt sein Buch zwar >>Bertolt

Brecht: Kalendergeschichten<<, aber eine Ausgabe der Kalendergeschichten scheint er nie in der Hand gehabt zu haben, wie aus seiner Zitierweise her­vorgeht.

52 Wittmann, Lit.-Verz. 204, S. XII. 53 Vgl. Lit.-Verz. 72 und P. S. Pargeter: The treatment of village life in the

first four collections of Berthold Auerbach's Schwarzwälder Dorfgeschich­ten. - Birmingham 1947.

54 Gotthelts Kalenderbeiträge sind im 23. und 24. Band seiner Sämtlichen Werke gesammelt: Jeremias Gotthelt (Albert Bitzius): Sämtliche Werke in 24 Bänden. In Verb. mit der Familie Bitzius hg. von Rudolf Runziger und Hans Bloesch. - Erlenbach/Zürich 1921-1932. Bd. 23: Kalendergeschichten, Teil 1, 1931 (darin: Neuer Berner Kalender für die Jahre 1840-1843); Bd. 24: Kalendergeschichten, Teil 2, 1932 (darin: Neuer Berner Kalender für die Jahre 1844 und 1845). Obereinstimmend in der Literatur werden nur die »Kuriositäten<< innerhalb Gotthelts Kalender-Beiträgen gewürdigt. Kar! Fehr (Jeremias Gottheit [Albert Bitzius]. - Stuttgart 1967 = Sammlung Metz­ler 60) schreibt: >>Die kurze Erzählform lag dem bernischen Epiker weniger als die breit angelegte Erzählung und der Roman. Bedeutsamer als der Bei­trag zum Schatz der deutschen Kalendergeschichten sind die chronikalisch geordneten >Kuriositäten<, die der Kalenderredaktor gleichsam als politischen Lagebericht jedem Kalenderjahrgang mit auf den Weg gab« (S. 48). Die >>Kuriositäten« sind am ehesten mit Hebels >>Weltbegebenheiten« und den Nachrichten im >>Neujahrsgruß« vergleichbar, wenn es nicht so stünde (auch hier ist sich die Literatur einig), daß es Gottheit nur sehr am Rande um Ge­schichtliches ging. Walter Muschg (Gotthelf. Die Geheimnisse des Erzählers. -München 1931. Unveränderter Nachdruck München 1967) schreibt dazu: >>Gotthelf hat in aller Geschichte die Sage gesehen, hat selbst nur Sage wei-

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tergegeben. Er ist einer der letzten erregten Verkündiger in der Kette der Geschichtserzähler. Seine Darstellung sucht die magische Region, oft erst an den Höhepunkten, oft schon im ersten Atemzug. Reine Rekonstruktion, Lo­kalfarbe und Aktionen um ihrer selbst willen gibt er nirgends« (S. 269); ähn­lich schreibt Hans Itten (Jeremias Gotthelf als Kalenderschreiber. - Zürich 1959 = Phi!. Diss. Bern 1957), der auch Matthias Claudius unter die Kalen­derschreiber des Volkes einreiht, obwohl Claudius' >>Wandsbecker Bote« kein >>Volks<<-Kalender, sondern ein literarischer Kalender gewesen ist, somit für die vorliegende Untersuchung ausfällt, über das Geschichtliche: >>Es geht Gotthelf beileibe nicht darum, einen Oberblick der wichtigsten politischen Ereignisse in Europa und der Welt zu vermitteln, wie dies Hebel etwa in sei­nen >Weltbegebenheiten< versucht<< (S. 41). Werner Günther (Jeremias Gott­helf. Ffarrer, Volkserzieher und Dichter. Mit einem Geleitwort von Walter Muschg. - Gießen und Basel 1954) nennt die >>Kuriositäten<< >>Satirisch<< im >>Grundton<< (S. 87 f.), denn sie gäben keinen Bericht des Jahres und seiner Ereignisse, sondern setzten sie voraus, um mit ihnen Satire zu betreiben. Ober den Kalender Gotthelfs sagt Itten (ebd.) zusammenfassend: >>Seinem Gehalt nach stellt der Kalender eine Ideensammlung von unerschöpflicher Breite dar. Oft finden sich in konzentrierter Form Ideen vor, die zum Thema eines großen Romans ausgestaltet werden könnten. Ein Beispiel bieten etwa die beiden >Benz-Geschichten<, die leicht zum Ausgangspunkt eines zum >Uli< diametral stehenden Romans hätten werden können<< (S. 24). Fehr (ebd.) spricht von >>hausbackenem und treuherzigem Kalenderstil<<, der nur teil­weise Gotthelfs >>von großen Visionen bestimmten dichterischen Aussage<< entsprochen habe. Rudolf Hunziger (Gotthelf und der >>Neue Berner-Kalen­der<<, in: Sämtliche Werke, Bd. 24, S. 357-362) stellt den Kalender >>in die vorderste Reihe der belehrend-unterhaltenden und mit künstlerischen Ambi­tionen auftretenden Volkskalender<< (S. 361). Gotthelfs Kalender bedürften einer eigenen Untersuchung (lttens Arbeit halte ich nicht für ausreichend ge­nug), für die ich mich an diesem Ort nicht zuständig sehe, weil sich die Ar­beit auf Hebel und Brecht beschränken soll. Minder, Lit.-Verz. 180, S. 69, denkt bei Gotthelf vor allem an dessen >>Bau­ernspiegel<< (1836) und damit an die Dorfgeschichte, >>ZU deren Vätern<< er auch Hebel zählt. Die Dorfgeschichten sind jedoch nicht mein Thema, und ich meine, Hebel dürfte sich nur schwer auf diese festlegen lassen. Solche Fest­stellungen verstellen auf die Kalendergeschichten nur den Blick. Für die Dorf­geschichte sei verwiesen auf Rudolf Zellweger: Les Debuts du roman rusti­que en Suisse, en Allemagne et en France. 1836-1856. - Paris 1941 (= Phi!. Diss. Paris 1941).

55 Gotthelf an Carl Bitzius, Lützelfluh, 30. Herbstmonat 1840. In: Jeremias Gotthelf: Sämtliche Werke (s. Anm. 54), 5. Erg.-Bd., bearb. v. K. Guggus­berg und W. Junker. Briefe. 2. Teil. - Erlenbach-Zürich 1949. S. 83.

56 Brecht, Lit.-Verz. 90, Bd. 15, S. 347 >>Neue Technik der Schauspielkunst«: >>Die Technik des Irritiertseins gegenüber landläufigen >selbstverständlichen<, niemals angezweifelten Vorgängen ist von der Wissenschaft sorgfältig aufge­baut worden, und es besteht kein Grund, warum die Kunst diese so unend­lich nützliche Haltung nicht übernehmen sollte. Es ist eine Haltung, die sich für die Wissenschaft aus dem Wachstum der menschlichen Produktivkraft ergab, und sie ergibt sich für die Kunst aus eben demselben Grund.<<

57 Bausinger, Lit.-V erz. 142, S. 9 ff. 58 Wein, Lit.-Verz.134, S. 158.

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274 Zu S. 22-27

I. Tradition und Geschichte

1 Kohlbecker, Lit.-Verz. 170. 2 Werner, Lit.-Verz. 201, Pontesegger, Lit.-Verz. 184, vgl. auch Göpfert,

Nachwort, Lit.-Verz. 93. 3 Heidegger, Lit.-Verz. 163, Lypp, Lit.-Verz. 177, vgl. auch die entsprechen­

den Kapitel bei Altwegg, Lit.-Verz. 140, Kully, Lit.-Verz. 172, und Zentner, Lit.-Verz. 209.

4 Hauke, Lit.-Verz. 162. 5 Brocke, Lit.-Verz. 150, Klein, Lit.-Verz. 168. 6 Wittmann, Lit.-Verz. 204. Wittmanns Untersuchungen bestehen aus 53 Ein­

zelinterpretationen der Hebelsehen Kalendergeschichten, die thematisch ge­ordnet sind. Die Einleitung versucht zwar einige übergreifende Gesichts­punkte zu sammeln, weiß aber mit dem Phänomen der Kalendergeschichten wenig anzufangen. Wittmann schreibt S. XIX: >>Der vorliegende Interpre­tationsband folgt keinem systematischen Aufbau, sondern setzt sich aus Ein­zelinterpretationen zusammen; es ist uns bewußt, daß aufgrund dieser additi­ven Anordnung gewisse Wiederholungen nicht zu vermeiden sind.<<

7 Wittmann, Lit.-Verz. 204, Einleitung S. XIV. Wittmann kommt es darauf an, das Dichterische an Hebels Geschichten herauszuarbeiten und sich so von der »Schlichtheit<< der Erzählungen abzuwenden. Gegen den Vorwurf der »Provinzialität<< Hebels sich wendend, die Hebel immer wieder angelastet worden sei, zuletzt vom Biographen Zentner, Lit.-Verz. 209, sieht Wittmann in den Kalendergeschichten »ein Phänomen, das den gesamten deutschen Sprachraum betrifft; noch mehr: der Erzähler Hebel hinterläßt ein Werk, das in seinen Spitzenleistungen ins Universelle weist wie jede große Kunst« (S. VIII, Anm. 19).

8 Kohlbecker, Lit.-Verz. 170, S. 4. 9 Ebd. 5.17.

10 Ebd. S. 19. 11 Ebd. S. 22. 12 Riehl, Lit.-Verz. 187. 13 Ebd. S. 38. 14 Ebd. S. 38 f. 15 Kohlbecker, Lit.-Verz. 170, S. 23. 16 Ebd. S. 25. 17 Ebd. S. 26. 18 Vgl. die beiden folgenden Abschnitte über Grimmelshausen. 19 Kohlbecker, Lit.-Verz. 170, S. 27. 20 Ebd. S. 28. 21 Alle Zitate ebd. S. 29. 22 Ebd. S. 30. 23 Ebd. S. 32. 24 Ebd. S. 36. 25 Ebd. 26 Ebd. 27 Ebd. S. 40. 28 Ebd. 29 Seidler, Lit.-Verz. 195, S. 518. 30 Wuckel, Lit.-Verz. 208, S. 448. Was Wuckel über die Kalendergeschichte

sagt, ist ganz Hermann Pongs, Lit.-Verz. 183, verpflichtet. Der Begriff »Volk« hat bei Wuckel urtümelnde und nationalistische Züge, ganz im Ge­gensatz zu dem Autor, dessen Geschichte er bespricht. Der alte Volksbegriff scheint in der DDR auf fruchtbaren Boden gefallen zu sein.

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Zu S. 27-30 275

31 Pongs, Lit.-Verz. 183, spricht S. 19 f. von >>Propaganda gegen den Kapita-lismus<< in Brechts Erzählung »Der Augsburger Kreidekreis<<.

32 ]olles, Lit.-Verz. 166. 33 Pongs, Lit.-V erz. 183, S. 5. 34 Beide Zitate ebd. S. 7. 35 Ebd. S. 8. Pongs bezeichnet die Anekdote mit dem elliptischen Satz: »Ge­

schlossene Form, die charakteristisches Volksgeschehen umgreift.<< 36 Ebd. S. 10. Pongs fährt anschließend fort: »Wo ist hier eine geistige Urform

gegeben? Wir finden sie in der >Kalendergeschichte<, wie sie seit dem 17. Jahrhundert dem Wetterkalender für die Bauern beigegeben wird, als Geschichten zur Erbauung und Unterhaltung an den langen Winterabenden. Geschichten für Menschen, die im biblischen Sinn noch von echter Einfalt sind, in die Erdgesetze so fest und unabdingbar wie in die Ehrfurcht vor Gott gegründet, in dessen Gnade alle Wechsel der Witterung gestellt sind.« Hätte sich Pongs um Tatsachen bemüht, wären ihm diese Sätze erspart ge­blieben. Es gab seit dem 17. Jahrhundert weder den Wetterkalender, von dem Pongs spricht, noch das einfältige Volk, für das er geschrieben worden wäre. Pongs' Aufsatz ist ein Beispiel dafür, auf welch ungesichertem Boden die Literatur über die angeblich volkstümlichen Kalendergeschichten steht.

37 Ebd. S. 11. 38 Ebd. S. 10. 39 Ebd. 40 Ebd. S. 6. 41 Pongs' herbe Kritik an ]olles, ebd. S. 5 f., macht dessen Buch, Lit.-Verz. 166,

unklarer, als es ist. Pongs' Vorwurf, daß ]olles »im Vorläufigen<< (S. 6) bleibe, weil er die »Polarität<< geschlossener und offener Formen als »tiefere Ordnung<< (S. 5) nicht gesehen habe, trifft ]olles nicht; denn er schreibt in seinem Ausblick (S. 263): »Ein Vergleich der Einfachen Formen untereinan­der im tieferen Sinn müßte also unsere nächste Aufgabe bilden.<< Ob der tie­fere Sinn in Pongs' Polarität liegt, die er ]olles unterstellt (S. 5), bezweifle ich. ]olles spricht nicht von Polarität, sondern lediglich von geschlossenen und offenen Formen (!) und nicht von »polaren Schöpfungskräften«, von »männlichem und weiblichem Schöpfungsprinzip<< (S. 5), wie Pongs die Po­larität verstanden wissen will. Diese biologisierende »tiefere Ordnung<< hat mit ]olles nichts mehr zu tun; sie ist eine Untiefe.

42 ]olles, Lit.-Verz. 166, S. 200-217 über das »Memorabile«, S. 211 über das »Konkrete<<.

43 Ebd. S. 212. 44 Ebd. S. 209. 45 Ebd. S. 45. 46 Werner, Lit.-Verz. 201, so heißt es bei ihr im Titel. 47 Ebd. S.3. 48 Ebd. S. 129. 49 Ebd. S. 121. 50 Ebd. S. 3. 51 Ebd. S. 119. 52 Ebd. 53 Ebd. 54 Ebd. S. 35. 55 Bausinger, Lit.-Verz. 142. Bausinger bezeichnet in seinem ersten Kapitel

»Zur Problemgeschichte« (S. 9-64) die »Volkspoesie<< als »Erfindung<< (S. 9) des späten 18. Jahrhunderts. Auf dieses lesenswerte Kapitel sei hier ein für allemal verwiesen. Ich bin ihm voll verpflichtet.

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56 Bausinger behandelt die Kalendergeschichte im dritten Kapitel »Erzählfor­men<<, ebd. S. 142 ff.

57 Ebd. Abschnitt 5. »Beispiel und Anekdote<< des dritten Kapitels, S. 199 bis 212.

58 Ebd. S. 208. 59 Ebd. 60 Ebd. S. 207. 61 Ebd. S. 208. 62 Ebd. 63 Ebd. S. 210. 64 Mit Bausinger werden die angeblich so volkstümlichen Gestalten Hebels wie

der Zundelfrieder, der rote Dieter u. a. sachlicher Würdigung zugänglich. 65 Thomas Mann hat in seinem Roman >>Der Erwählte<< (Oldenburg 1967,

23.-25. T. = Stockholmet Gesamtausgabe der Werke von Thomas Mann) die Hervorhebung der Hauptakteure und die damit verbundene Herabwür­digung der Nebenakteure parodiert; diese Parodie entlarvt keineswegs nur die in der Dichtung übliche Haltung, sich nur an den >>großen<< Charakteren zu orientieren. Thomas Mann beschreibt eine Schlacht: >>Steine flogen und Eisenbälle, von Mangen weit hinausgeschleudert. Griechisch Feuer fiel vor ihnen zur Sperre auf das Meer. Erst als sie viele Zeichen der Bescheidenheit und friedfreundlicher Gesinnung gegeben, stellte man die Verteidigung ein und ließ sie zur Lände. Ihr Boot war feurig angekohlt, und zweie der Mann­schaft hatten von Würfen blutige Köpfe. Doch sie waren ja nur Nebenper­sonen<< (S. 119). An anderer Stelle heißt es: »Nicht wenige städtische Strei­ter waren leider ausgesperrt; die wurden wohl erschlagen. Aber sie waren ja nur Nebenpersonen, und Roger, der Spitzbart, war gefangen<< (S. 146). Zu­nächst ist freilich Thomas Manns Parodie auf seine Vorlage, Hartmanns »Gregorius<<, gemünzt, die, wie es in höfischer Dichtung üblich ist, alles Kampfgeschehen auf die sich gegenüberstehenden Haupthelden konzentriert und alles, was um sie herumgeschieht, nicht wahrnimmt, sie trifft aber in zweiter Linie noch mehr, nämlich die Historiographie, die nach ausführlicher Erwähnung der Protagonisten zur Tagesordnung übergeht. Nebenfigur ist keineswegs nur eine aus dem theatrum mundi erborgte Metapher, sondern sehr real.

66 Es sei hier noch einmal betont, daß Bausingers Studie trotz ihrer Unergiebig­keit für mich ein außerordentlich erfrischendes und kritisches Buch innerhalb der doch reichlich trüben Landschaft der Volkskunde darstellt. Da Bausinger bei den »Formen<< der » Volkspoesie<< aber bleibt, vermag ich ihm nicht zu folgen.

67 Wittmann, Lit.-Verz. 204, EinleitungS. XII und f. 68 Wittmanns Untertitel lautet >>Interpretationen zu 53 Kalendergeschichten<<.

In seiner Einleitung nennt Wittmann seine Aufgabe: >>An einer größeren Zahl von Kalendergeschichten Hebels sollen die sprachlich-dichterischen Be­dingungen und Gesetze jenes kreativen Prozesses erhellt werden, der die schmucklose Volkserzählung zum erlesenen Schmuckstück deutscher Er­zählkunst läutert, gesammelt in einem eigens dafür hergerichteten >Schatz­kästlein«< (S. XIV). Das Buch halte ich für wesentlich besser als diesen Satz, der Hebels Miniaturkunst mit falschen Mitteln zu retten versucht. Witt­manns Einleitung erscheint mir als Ganzes mißlungen: sie reproduziert noch einmal alle Vorurteile der Literatur, welche die nachfolgenden Untersuchun­gen Wittmanns weit hinter sich lassen.

69 Hauke, Lit.-Verz. 162, über die Kalendergeschichte S. 64 ff. 70 Ebd. S. 66. 71 Ebd.

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Zu S. 32-38 277

72 Kalender auf das Jahr 1802. Die Jungfrau von Orleans. Eine romantische Tragödie von Schiller. - Berlin. Bei Johann Friedeich Unger. Andererseits ist es vielleicht kein Zufall, daß Schiller seine >>Geschichte des Dreyßigjähri­gen Kriegs« zuerst in den Jahrgängen 1791-1793 des >>Historischen Calen­ders für Damen<< (Leipzig, bei G. F. Göschen) veröffentlicht hat. Historio­graphie scheint im Kalender gut aufgehoben zu sein. Vgl. auch meinen Ab­schnitt >>Practica<<.

73 Hauke, Lit.-V erz. 162, S. 66. 74 Ebd. S. 70. Elisabeth Hauke ist nicht aufgefallen, daß sie einerseits von >>rich­

tiger Kalendergeschichte<< (S. 64, vgl. S. 65) spricht, andererseits aber eine selbständige Gattung leugnet (S. 66). Die vorzeitige Identifizierung der Ka­lendergeschichten mit Heimatlich-Bäurischem verhindert notwendige Konse­quenzen aus ihrer Feststellung, daß so Verschiedenes nicht leicht übers Knie einer einheitlichen Definition zu brechen sei.

75 Anzengruber, Lit.-V erz. 87, Vorwort. 76 Ebd. S. VI. 77 Ebd. S. IV. 78 Ebd. S. II f. 79 Ebd. S. VI, vgl. S. V. 80 Ebd. S. IV. 81 Ebd. S. VI. 82 Ebd. S. VII. 83 Mackensen, Lit.-Verz. 122, S. 46. Mackensens Urteile, was den Kalender be­

trifft, vermögen den Tatsachen nicht standzuhalten. Die lediglich postulierte Volkstümlichkeit des Kalenders bleibt auch für ihn Paradigma.

84 So behauptet Elisabeth Hauke, Lit.-Verz.162, S. 6, innerhalb ihres >>Ab­risses<< der Kalenderliteratur, daß »der gemeine Mann« nun mal >>nach dra­stischen Nervenerschütterungsmitteln<< verlange, und die Kalenderschreiber hätten die Forderung gefälligst zu erfüllen. Dieses Argument kommt immer dann, wenn den Autoren keine bessere Erklärung mehr einfällt; auch wenn die Forderung des »kleinen Mannes<< an den Autor inzwischen Topos ist, wird sie dennoch nicht richtiger. Vgl. den Topos bei Pontesegger, Lit.-Verz. 184, S. 7, Werner, Lit.-Verz. 201, S. 13, Rappold, Lit.-Verz. 186, S. 9.

85 Lange, Lit.-Verz. 173, S. 214. 86 Grimmelshausen, Lit.-V erz. 29, Materie IV, S. 207. 87 Ebd. 88 Ebd. 89 Ebd., Vorrede, S. 3. 90 Ziegesar, Lit.-Verz. 210; vgl. Lit.-Verz. 30 und 31. 91 Ziegesar, S. 70. 92 Domagalla, Lit.-Verz. 152. 93 StreUer, Lit.-Verz. 197. 94 Melitta Gerhard: Der deutsche Entwicklungsroman bis zu Goethes >> Wilhelm

Meister<<. - Halle 1926. Deutsche Vierteljahresschrift, Buchreihe Bd. 9. Vgl. dazu Alewyn, Lit.-Verz.138, S. 395.

95 Lit.-Verz. 138. 96 Domagalla, Lit.-Verz. 152, S. 3. 97 Ebd. S. 2. 98 Ebd. 99 Alewyn, Lit.-Verz. 138, S. 396.

100 Alewyn, Lit.-Verz. 139, S. 22. 101 Ebd. S. 25. 102 Domagalla, Lit.-Verz. 152, S. 24. 103 Ebd.

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104 Gegen diese Realismus-Sicht des Simplicissimus wendet sich Aiewyn, Lit.­Verz. 139, S. 28 ff. Ich gehe im Zusammenhang mit StreUers Buch noch nä­her auf die sog. Realistik des Picaroromans ein (S. 42 f. der vorliegenden Arbeit).

105 Diese Mittel sind Sonntagsbuchstabe und goldene Zahl, mit deren Hilfe der kalendarische Ablauf der Jahre zu berechnen war.

106 Ewigwährende Kalender waren vor Grimmeishausen durchaus üblich, und zwar mit eben diesem Titel. Zmner verzeichnet in seiner Bibliographie, Lit.­Verz. 8, nicht weniger als 16 Ewigwährende Kalender zwischen 1587 und 1630. Coierus, s. Lit.-V erz. 21, wird dreimal genannt (Nr. 3434, 4081 und 4391). Die deutschen Benennungen schwanken zwischen >>ewigwährend<< und »immerwährend«. Die Schreibung >>ewigwehrend«, wie sie Grimmeishausen -abgesehen vom Titelblatt - verwendet für seinen >>Ewig-währenden Calen­der«, läßt sich häufiger nachweisen, so daß Koschiigs Vermutung, Lit.­Verz. 171, daß Grimmeishausen den Titel von Coierus, Lit.-Verz. 21, habe, sich in dieser Eindeutigkeit nicht bestätigen läßt. Ich zitiere noch einige Bei­spiele nach Zinner: Nr. 3274: Kaspar Schmucker: Kalendarium ecclesiasti­cum et horoscopum perpetuum. Ein Ewigwehrender Calender. - Amberg, M. Mülmarckart 1587 Fol. (auch 1588); Nr. 4014: Johann Popper: Ewig­wehrender Calender [ ... ] wie auch der Sonnen vnd des Monds wahren Lauff. - Koburg 1604; Nr. 4779: Christian Pyriaeus, Pfarrer: Immer weh­rendt Calender (für 1619-1650 berechnet); Paul P(inzing d. J.: Calenda­rium perpetuum, d. i. Immerwährender Calender. - Nürnberg, S. Halb­mayer 1623 Fol. Hel/mann, Lit.-Verz. 118, sieht die ersten jährlichen Kalender in der Mitte des 16. Jahrhunderts auftauchen (S. 41); Zinner, Lit.-V erz. 8, nennt das Jahr 1544 (S. 18). Zinner trennt dabei Kalender in Buchform und Wandka­lender. Für ein Jahr berechnete Kalender waren nach Zinner auch vor 1544 verbreitet, aber nur auf Tafeln; sie waren lokal berechnet und verschwanden >>bald nach 1509« (S. 13; vgl. S. 12). Aus diesen Wandkalendern entstanden die dann immer mehr üblich werdenden Jahreskalender in Buchform (Zin­ner: >>wohl seit 1544«, S. 18), die die für mehrere Jahre oder für >>ewig« be­rechneten Kalender ablösten. Zinner schreibt weiter (S. 18): >>Die Kalender in Buchform erschienen von 1570 an vielfach vereint mit der Vorhersage des­selben Jahres unter dem Titel >Schreibkalender für das Jahr ... mit ange­hengter Prognostik<, wobei die Vorhersage, auch Practica oder Prognosticon genannt, meistens auch gesondert zu kaufen war. Daneben erschienen von Zeit zu Zeit und besonders nach der Kalenderreform sog. Ewige Kalender (Calendarium perpetuum) als Einblattdrucke oder in Buchform; sie enthiel­ten die Monatstage mit den zugehörigen Heiligennamen und die festen Feier­tage.« Ergänzend ist anzumerken, daß schon vor 1500 Kalender nachzuwei­sen sind, die Kalendarium und Practica vereinen, allerdings handelt es sich dabei um Einblattdrucke (Wandkalender); Heitz, Lit.-Verz. 3, nennt zwi­schen 1486 und 1493 vier dieser Kalender, nämlich Nr. 47, 62, 66, 78. Wei­terhin ist zu ergänzen, daß die sog. Ewigen Kalender nach der Kalenderre­form wieder auftauchen als Fortsetzung der Kirchen-, Fest- und Heiligen­kalender. Vgl. die folgende Anmerkung.

107 Die Cisiojani sind ewigwährende Kalender (Heiligenkalender), die die ein­zelnen Heiligennamen in der Form hexametrischer Merkverse zusammenstel­len. Die Anfangsbuchstaben der nicht beweglichen Feste bzw. die der Tages­heiligen werden dabei so angeordnet, daß sie in chronologische Reihenfolge zu stehen kommen und die Zahl ihrer Silben (einschließlich der sinnfüllenden Wörter) die Zahl der Monatstage ergeben. Seinen Namen erhielt der Cisio­janus durch den Beginn des ersten Merkverses im Januar:

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Zu S. 38-42

Clsio Janus Epi sibi vendicat OC FE!i MAR AN. PRISca FAB AG VINcen TIM PAU!us nobile Iumen.

279

Die Silben erklären sich folgendermaßen: Cisio bezeichnet den 1. Jan., die Beschneidung Christi; Janus steht als Bezeichnung für Januar; E bezeichnet Epiphanias (6. Jan.); OC ist Abkürzung für Octava, den 8. Tag nach Epi­phanias (13. Jan.); FEL steht für Felix (14. Jan.), MAR für Marcellus (16. Jan.) und AN für Antonius (17. Jan.); PRIS ist gleich Prisca (18. Jan.); FAB Fabian (20. Jan.), AG Agnetis (21. Jan.), VIN Vincentius (22. Jan.), TIM Timotheus (24. Jan.) und die Silbe PAU steht für Pauli Bekehrung (25. Jan.); die sechs folgenden Silben stehen für die Tage vom 26.-31. Januar. Die beweglichen Feste wurden mit Hilfe der Jahreskennzeichen, goldene Zahl, Sonntagsbuchstaben und Indiktion, berechnet. Vgl. Uhl, Lit.-Verz. 7, S. 16 f., Zinner, Lit.-Verz. 8, S. 25 f. und Grimmelshausen, Lit.-Verz. 29, Materie IV, S. 39.

108 Grimmelshausen: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch und Continua­tio des abentheurlichen Simplicissimi. Hg. von Rolf Tarot. - Tübingen 1967 (= Grimmeishausen Gesammelte Werke in Einzelausgaben). S. 365.

109 Koschlig, Lit.-Verz. 171, S. 52 ff. 110 In Immermanns >>Münchhausen« spielt ein solches Runenschwert eine nicht

geringe Rolle. Im Kapitel >>Überhof<< erkauft sich der Hofschulze die Weihe seines Schwertes, das er Kar! dem Großen zuschreibt, durch einen antiquari­schen Topf, den er einem besessenen Sammler gegen die Echtheitsurkunde seines Schwerts vermacht. Die Beteuerung des Hofschulzen lautet: >>Und ich sage und behaupte, daß es das echte und aufrichtige Schwert Caroli Magni ist, womit er hier auf dem Oberhofe den Freistuhl gesetzet und eingerichtet hat. Und das Schwert wirket und vollbringet noch heutzutage sein Amt, ob­gleich davon nicht weiter geredet werden darf.<< (Kar! Leberecht Immer­mann: Münchhausen. Eine Geschichte in Arabesken. - Leipzig und München o. J., wohl 1967, = Romane der Weltliteratur. S. 182 u. ff.) Uhl, Lit.-V erz. 7, S. 12, nennt ein weiteres Schwert Karls, das Bettina von Arnim in einem Brief an Goethe (vom 15. 5. 1810) erwähnt. Das Runenschwert Oliviers hat mit Grimmeishausens >>Ewig-währenden Calender<< nichts zu tun.

111 Domagalla, Lit.-Verz. 152, S. 29. 112 Grimmelshausen, Simplicissimus, s. Anm. 108, S. 434. 113 Grimmeis hausen, Lit.-V erz. 29, Umschlagblatt, auf dem oberen Bogen des

Schlangenleibes. 114 Domagalla, Lit.-Verz.152, S.29 u. S.34. 115 Ebd. S. 28, vgl. S. 33. 116 Ebd. S. 2. 117 Ebd. S. 33. 118 Ebd. 119 Ebd. S. 34. 120 StreUer, Lit.-Verz. 197, S. 157-164. 121 Ebd. S. 157. 122 Ebd. 123 Ebd. S. 158. 124 Ebd. S. 161. 125 Verweyen, Lit.-Verz. 199. Verweyen hat diesen Fragen ein ganzes Buch ge­

widmet und die »Kalendergeschichten<< Grimmeishausens als Apophthegmen klassifiziert. Von spezifisch Kaiendarischem der Apophthegmen bei Grim­meishausen steht bei Verweyen nichts. Er spricht lediglich von >>individueller« Behandlung (S. 171) der strengen Gattungsform durch Grimmelshausen. >>Die streng konservierten und tradierten Apophthegmata wurden ihrem inzwischen herrenlos gewordenen Dasein entrissen und dem fiktiven Sprecher Simplicis-

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280 Zu S. 42-43

simus zugewiesen. Dieser Vorgang hatte, bei durchgehaltener Witzgebärde, Änderungen im Bereich des Erzählgegenstandes, der Erzählweise und der Er­zählintention zur Folge. Aus der gelehrten >Klug und Hoffrede< und dem ab­gezogenen Gedankenspiel wurde eine >geläufigere<, volkstümlichere, körper­haft anschaulichere >Scherzrede<. Entsprechend wandelt sich der Akt der in­tellektuellen Auflösung des Sinnspiels zu einem Vorgang des reinen Anschau­ens des gestaltlieh vergegenwärtigten >Witzes<. Insofern konnten die >Stück< des >Ewigwährenden< eine Verwandlung des literarisch überlieferten andeu­ten, die schon ganz im Sinne einer romanhaften Steigerung verläuft<< (S. 171). Auch Verweyen bleibt dabei, daß sich der Roman aus diesen >>Kürzestge­schichten<< zusammensetzt, indem er das Apophthegma als >>epische Keimzelle im Werk Grimmelshausens<< (Überschrift des abschließenden Kapitels) be­zeichnet. Von spezifischen Kalendergeschichten spricht Verweyen nicht mehr; wenn der Titel bei ihm auftaucht (so S. 170, 172, 185: >>Kalender-Scherz­rede<<, 225), dann ist er als Ortsbezeichnung und nicht als Gattungsbezeich­nung gebraucht. Freilich ist Verweyen einer möglichen Problematik zwischen der immer wieder behaupteten >>Kalendergeschichte<< bei Grimmeishausen und seiner Einordnung der Geschichten in die Tradition der Apophthegmen aus dem Weg gegangen. In seinem Literaturverzeichnis steht weder der Name Ponteseggers, Lit.-Verz. 184, der den >>Ewig-währenden Calender<< Grim­meishausens zuerst als Ganzen untersucht hat, noch die Namen Domagalias und StreUers. Lediglich S. 239 verweist er kurz auf diese und weitere Arbeiten zu diesen Fragen.

126 Weydt, Lit.-Verz. 203, S. 154 ff. (>>Apophthegma und Scherzreden<<); vgl. auch Günther Weydt: Apophthegma Teutsch. über Ursprung und Wesen der Simplicianischen Scherzreden. In: Festschrift für Jost Trier. - Köln und Graz 1964. S. 364-85.

127 Verweyen, Lit.-Verz. 199, S. 170, 172, 225; vgl. dazu Anm. 125; Weydt, Lit.-Verz. 203, S. 84, vgl. 154-166 ebd.

128 StreUer, Lit.-V erz. 197, S. 163. 129 Ziegesar, Lit.-Verz. 210, S. 76. Ich zitiere im Zusammenhang: >>Wir haben

bei der Beschreibung des Kalenders (gemeint ist der Wundergeschichtenka­lender von 1675, Lit.-V erz. 31, Zusatz J. K.) hervorgehoben, daß es sich nicht mehr um Schwänke wie in den ersten Jahrbüchern, sondern um Be­richte von Zeitgeschehnissen handelt. Wenn man nun hieraus auf einen Wech­sel des Autors schließen möchte, so kann man wiederum einwenden, daß die Kriegsereignisse namentlich bei einem Land, das in Mitleidenschaft gezogen wurde, so im Vordergrund stehen, daß es fast verwundern müßte, wenn sie nicht auch in der schriftstellerischen Tätigkeit Grimmelshausens, als eines Be­wohners des von den Kriegsgreueln heimgesuchten Gebietes, ihren Nieder­schlag gefunden hätten. Auch in anderen Schriften von ihm, namentlich im >stolzen Melcher< hat ihn der holländisch-französische Krieg, den er an sei­nem Lebensabend erlebte, beschäftigt. Für die Kalendererzählungen (Unter­streichung J. K.) muß er unmittelbar aus Flugblättern und Zeitungen, die vom Kriegsschauplatz kamen, geschöpft haben, wie ich bereits oben erwähnt habe.<< Sonst spricht Hertha von Ziegesar von >>Simplicianischen Apophtheg­men und Schwänken<< (S. 76), nicht aber von Kalendergeschichten. Ziegesars >>Nachweis<< hat StreUer erfunden.

130 StreUer, Lit.-V erz. 197, S. 161. 131 Ebd. S. 162 f. 132 Ebd. S. 163. 133 Alewyn, Lit.-Verz. 139, S. 28 ff., Zitate S. 30. Im Zusammenhang heißt es:

>>Man hat die Versicherungen des Picaroromans, die unverfälschte Wirklich­keit zu bieten, stets als bare Münze genommen, dabei aber die ebenso häufige

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Zu S. 43-46 281

Versicherung überhört, daß >wirklich< nur das ist, was das Negativ der Norm ist - das pessimistische Urerlebnis des Barock. Man hat daher einen dogma­tischen Wirklichkeitsbegriff als einen empirischen verstanden. Der Picaroro­man ist jedoch so wenig wie der Heroische Roman eine unvoreingenommene Wiedergabe der Erfahrungswelt, sondern bietet wie jener eine einseitige Aus­wahl in extremer Steigerung, nur mit entgegengesetztem Vorzeichen<< (S. 30).

134 StreUer, Lit.-V erz. 197, Anm. 8 zu Seite 163. 135 Lugowski, Lit.-Verz. 176, S. 163. 136 Verweyen, Lit.-Verz. 199, S. 183. 137 Ebd. S. 172. 138 Ebd. S. 184 f. 139 Grimmeishausen, Lit.-Verz. 29, Vorrede, S. 3. 140 Ebd. Materie III, S. 92-104: » Warhaffter Bericht I von Erfinder dieses Ca­

lenders I sambt etlichen lustigen Erzehlungen I die er von Simplicissimo der diesen Calender geschrieben gesamblet I und hiemit dem curiosen Leser wi­der mittheilet.« Zum Bescheidenheitstopos vgl. Curtius, Lit.-Verz. 112, s. 93 ff.

141 Grimmeishausen, Lit.-Verz. 29, Materie III, S. 104. 142 Pontesegger, Lit.-Verz. 184; Weydt, Lit.-Verz. 203; Werner, Lit.-Verz. 201;

Koschiig, Lit.-Verz. 171; Haberkamm, Lit.-Verz. 29. 143 Lit.-Verz. 29. 144 Pontesegger, Lit.-V erz. 184, spricht von >>Unordnung<< (S. 109); Haberkamm

nennt die Anordnung >>verwirrend<< (S. 16); ähnlich Kohibecker, Lit.­Verz. 170, S. 8 und ff.

145 Grimmeishausen, Lit.-V erz. 29, Vorrede, S. 3. Grimmeishausen geht Mate­rie VI, S. 141, erneut auf die Anordnung ein: >>Aber mein Vorsatz mit fleiß verwirret drein zugehen I und dich dardurch zu reitzen daß du alles lesen: und also auch allen diesen Dingen desto besser nachdencken I und in dein Ge­dächtnuß fassen sollest I wird mich vor entschuldigt halten; (nämlich im Ka­lender Ordnung zu halten und Register zu den Materien anzufertigen, wo­von Grimmeishausen kurz zuvor spricht, Zusatz J. K.) zwar gilt mirs end­lich auch gleich I ob du sawr oder suß drein siehest I wann dirs so nicht ge­fält I so magstu es außeinander klauben I und jeden Theil besander legen I damit du es I wann du es vieleicht einmahl gelesen und wider vergessen hät­test I geschwind wann du es begehret I wider bey der Hand habest; Jch vor mein theil gehe lieber in einen Garthen spatzieren darinnen allerhand Blu­men undereinander stehen I da mir bald diß bald jenes liebliche oder selt­zame Gewächs zusehen wird I als durch underschiedliche Aecker deren jeder new mit einerley Samen angeblümbt ist.<< Die Koketterie, die Grimmeishau­sen mit seiner Anordnung treibt, deutet kaum auf verbindlichen Ernst. Viel­leicht spiegelt sich in solchen Worten noch die (ironisierte) Verwunderung des in der Branche noch nicht ganz Bewanderten über alles das, was in Kalen­dern verzeichnet zu werden pflegt. Die Gartenmetapher (>> Jrrgarten«) findet sich bereits in der gemeinsamen Überschrift zu Materie II und III, S. 4 des >>Ewig-währenden Calenders«; auch da muß die Metapher herhalten, die in den Rubriken versammelte Unordnung, die eben nur eine scheinbare, durch die Tradition bedingte Unordnung ist, zu bezeichnen. Im barocken Garten pflegt nur der in ihm Spazierende die durchaus strenge Anlage des Gartens zu missen und die Vielfalt der Gewächse zu genießen; von der erhöhten Frei­treppe freilich aus gesehen, entwirrt sich die vermeintliche Verwirrung.

146 Pontesegger, Lit.-Verz. 184, S. 109. 147 Ebd. S. 107. 148 Haberkamm, Lit.-Verz. 29, S. 16. 149 Ebd. S. 15.

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150 S. meine Anm. 145. Die dort zitierte Stelle verstärkt den Verdacht, daß Grimmeishausen hier »Trägheit<< und nicht gemäße Bewältigung des Stoffes topisch vorspiegelt. V gl. zur Exordialtopik Curtius, Lit.-V erz. 112, S. 95 bis 99.

151 Lit.-Verz. 36; vgl. Lit.-Verz. 30, 31, 32, 33, 34, 41 u. a. 152 Pontesegger, Lit.-Verz. 184, S. 20. 153 Ich habe lediglich vier dieser Calendarien ausmachen können: Saur, Lit.­

Verz. 23, Eber, Lit.-Verz.19, Goldtwurm, Lit.-Verz. 17 und einen tschechi­schen Kalender von Danyel Adam z Weleslawjna: Kaiendar Hystorycky. -0. 0. 1590 (Göttingen: Staats- und Universitäts-Bibliothek). Die Eigenart der >>Historischen Kalender<< ist zu sehen auf dem Hintergrund der Zeit um eine angemessene Chronologie der Weltgeschichte. Dabei fällt auf, daß auch in protestantischen Kreisen bis ins 17. Jahrhundert hinein die alten, aus dem Mittelalter stammenden Chronologien, die nach Bedas Vor­bild (Beda Vernerabilis: Chronicon sive de sex hujus saeculi aetatibus. Ca­put LXVI. De temporum ratione. In: Migne, Patr. lat. 90, Sp. 519 ff.) einen Zeitraum von ca. 4000 Jahren vom Beginn der Welt bis zu Christi Geburt errechnet haben (demgegenüber die Eusebius-Hieronymus Zählung nach der Septuaginta ca. 5700 für den gleichen Zeitraum), noch immer verbindlich sind. Erst die gegen Ende des 17. Jahrhunderts immer mehr um sich greifende Reiselust leitete eine allgemeine Relativierung der bis dahin relativ unver­brüchlich geltenden Chronologie ein. Nachrichten von den Ägyptern und vor allem den Chinesen ließen die überlieferte Zeitrechnung durcheinander ge­raten. Hörte man doch auf einmal von Völkern, die ihre Chronologie in Di­mensionen errechneten, die dem christlichen Abendland abenteuerlich erschei­nen mußten. Hatte man bisher aufgrund diffiziler Berechnungen nach den in der Bibel genannten Daten einen gesicherten Zeitraum von ca. 4000 Jahren vom Beginn der Welt bis zu Christi Geburt zu besitzen geglaubt, so lernte man nun Völker kennen, die den Beginn ihrer Kultur Zehntausende von Jah­ren zurückliegen sahen. (S. dazu: Paul Hazard: Die Krise des europäischen Geistes. La Crise de Ia Conscience Europeene 1680-1715. Mit einer Ein­führung von Carlo Schmid. - Harnburg 1939. 5. Auf!. o. ]. S. 67-74.) Die >>Historischen Kalender<< und die Jahreskalender des 16. und 17. Jahrhun­derts sind noch unbeeinflußt von solcher Relativierung, die nach Hazard (ebd.) erst im 18. Jahrhundert allgemeines Bewußtsein geworden ist. In den >>Volkskalendern<< ist die mittelalterliche Chronologie bis heute zu finden: alle in meinem Literatur-Verzeichnis angegebenen Volkskalender haben die ständige Rubrik der sog. >>Ordentlichen Zeitrechnung<<, in der man sich erkun­digen kann, wieviel Zeit seit dem Beginn der Welt bis zum jeweiligen Er­scheinungsjahr des Kalenders verstrichen ist. So vermeldet noch der 1967 er­schienene »Lahrer Hinkende Bote<<, (Lit.-V erz. 85) daß »Nach der Erschaf­fung der Welt<< immerhin erst 5727 Jahre vergangen sind. Leonard Krentzheim, ein protestantischer Chronologe des 16. Jahrhunderts, mag als Beispiel für die >>Ordentliche Zeitrechnung<< stehen: CHRONOLO­GIA. Das ist I Gründliche vnd Fleissige JahrRechnung I Sampt verzeichnung der fürnemsten Geschichten I Verenderungen vnd Zufell I so sich beyde in Kirchen vnd WeltRegimenten zugetragen haben I zu jeder Zeit I Von anfang der Welt I biß auff vnsere I Beyde aus heiliger Göttlicher Schrifft I vnd an­dem glaubwirdigen bewerten Historien I so wol aus dem Calculo Astrono­mico genommen I vnd trewlich zusammen gezogen. - Görlitz I Durch Am­brosium Fritsch. 1577. (Göttingen: Staats- und Universitäts-Bibliothek.) Au­torität für die Chronologia bildet die Bibel, wobei die wichtigsten Anhalts­punkte die Zeitangaben darstellen, die im Zusammenhang mit den Erzvä­tern, der Sündflut, Abrahams Auftreten und Leben, dem Auszug der Kinder

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Israel, der Reihe der Könige, der Dynastien etc. eruierbar sind. Sie ergeben zusammengefaßt nach Krentzheim vom Beginn der Welt bis zum Kreuzestod Christi 4004 Jahre (wenn man seine Zahlenangaben zusammenzählt aller­dings nur 4003). Krentzheim gibt für seine Arbeit folgende Gründe an: Him­mel und Erde haben ihren Anfang in der Schöpfung Gottes; die Chronologie sei Mahnung, daß der Mensch sich dieses Beginns bewußt sei und bedenke, daß alles, was einen Anfang habe, auch wieder ein Ende nehmen werde. Oder anders gesagt: daß Gott Schöpfer aller Dinge ist, läßt sich »wissen­schaftlich<< beweisen, indem die Geschichte der Welt und der Menschen durch die Chronologie von ihrem Beginn bis zur verhießenen Erfüllung durch Chri­stus und bis zu ihrem Ende lückenlos nachgewiesen wird. Krentzheim legt das Ende der Welt nach dem Spruch des Hauses Elias, auf den ich in diesem Exkurs weiter unten und im Zusammenhang mit H'!bels >>Sonderbarer Wirtszeche<< (S. 86 f. der vorliegenden Arbeit) noch eingehe, auf das Jahr 6000 nach Erschaffung der Welt fest. Daher war das Interesse groß, in wel­che Zeit dieses Ereignis nach der gewohnten Zählung ab Christi Geburt fal­len würde; dazu bedurfte es der Chronologie. Weiterhin ist nach Krentzheim die Chronologie in der Lage, genau zu beweisen, »welches die eheste vnd warhafftigste Lehre sey I dadurch sich Gott zu jeder zeit geoffenbaret hat« (BI. t v); denn sie beweise, daß es an der Überlegenheit der Bibel gegenüber anderen »Historien« keinen Zweifel gibt: »Dergleichen alte vnd gewisse Jahrrechnung findet man sonst in keiner Historien I wie sie mögen namen haben« (BI. tii v), also daß das Alte Testament als ältestes Menschheitsdoku­ment verbürgt sei. Diese Gewißheit bezieht sich aber nicht nur auf die Testa­mente (und ihr typologisches Verhältnis), sondern sie bezieht auch durch die Offenbarung Gottes das Leben der Heiligen und Märtyrer mit ein, also die Geschichte. Dies bildet den tieferen Grund für die Heiligen- und Festkalen­der, die alle - wie Krentzheims monumentales Unternehmen - die lücken­lose Geschichte der Offenbarung Gottes in der Welt nachweisen. Zusammenfassend versteht Krentzheim die » Jahrrechnung« als ein >>stetes Zeugniß« »der göttlichen weißheit I vorsehung vnd gegenwart im Mensch­lichen Geschlecht« (BI. tiii v). Gott ist gegenwärtiger Lenker und Ordner der Geschichte, die Menschengeschichte ist Geschichte der Offenbarung. Daher soll die Chronologie den Menschen zeigen, daß ihnen nur endliche Zeit auf Erden gegeben ist, die nach der »Buchführung« Gottes abläuft. Bürge hierfür ist der 139. Psalm, den Krentzheim folgendermaßen zitiert: »Alle meine tage waren auff dein Buch geschrieben I die noch werden solten I vnd derselben noch kei­ner da war« (BI. tiii v). Dieses vorgegebene Buch wird durch die Chronologie nachgeschrieben und in seiner Richtigkeit bestätigt. Darüber hinaus leitet die Chronologie zu richtiger Bibellektüre an; diese Überzeugung hat sich in den sog. Bibelkalendern niedergeschlagen, die eine tägliche Anleitung zu rechter Bibellektüre bieten (vgl. Lit.-Verz. 20 und 44). Krentzheim schreibt: >>Weiter dienet die ordentliche Jahrrechnung beyde auß der heiligen Bibel I vnd andern glaubwirdigen Historien gezogen I auch dar­zu I das man die heilige Schrifft mit besserem verstandt I vnd meherem nutz lesen I vnd andern erkleren I auch gar viel schwere vnd verwirte disputatio­nes vnd Fragen I gar leichtlieh I allein durch gewissen vnd klaren bericht auß den historiis vnd Jahrrechnung genomen I entscheiden kann«. (BI. tiiii r). So könne die Chronologie helfen, Gegnern des Christentums, z. B. Kaiser Julia­nus apostata, ihren Irrtum nachzuweisen. Wenn ]ulian behauptet habe, die christliche Religion sei neu und deshalb verwerflich, so hätten dagegen Euse­bius, Justinus Cyrillus und andere - natürlich mit Hilfe »Fleissiger Jahr­Rechnung« - beweisen können, daß des Moses Lehre lange vor den Heiden verkündet worden sei, also nicht nach, sondern vor allen anderen dagewesen,

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also primär, ursprünglicher, älter, und das heißt wahrer, sei. Theologen müß­ten aus diesen Gründen mit der Chronologie bestens vertraut sein; denn es sei ein >> Theologus ohne verstandt der Historien vnd Zeitrechnung, eben wie eine Stadt ohne Zeiger oder Schlagvhr<< (BI. tiiii v). Die Chronologie bietet also Universalgeschichte als Vergegenwärtigung der göttlichen Offenbarung. Alle Geschichte und jedes historische Ereignis ist Aus­druck der Zeichen, monstra, Gottes, eine Geschichte, die lückenlos bis zum Ende der Welt und der Menschen fortschreitet. Die Geschichte als Heilsgeschichte, als ein auf ein Ziel gerichtetes einsträngi­ges Fortschreiten, als endlicher Zeitraum zwischen Schöpfung und Gericht, erleidet durch den Historischen Kalender einen Bruch. Entgegen der heilsge­schichtlichen Historie, die auf das Ende der Endlichkeit der Menschenge­schichte fortschreitet, kennt der Historische Kalender diese Entwicklung nicht. Zwar übernimmt er aus der Chronologia die Daten, aber er ordnet sie nicht mehr dem heilsgeschichtlichen Aspekt unter, sondern ordnet sie kalen­darisch um; er steht unter dem Paradigma des sich wiederholenden Jahres und seiner Tage. Die Daten aus der Chronologie werden den jeweiligen Ta­gen des Jahres, an welchen sie sich ereignet haben sollen, zugeschlagen. Im Historischen Kalender tritt der Fort-Schritt der Geschichte zurück zugunsten des sich Jahr für Jahr, Tag für Tag wiederholenden Geschehens, das die End­lichkeit, die Einmaligkeit und die Unwiederholbarkeit der auf ein Ziel ge­richteten Heilsgeschichte ablöst. Damit kommt ein neuer Aspekt in die Ge­schichte: wenn auch die Geschichte noch unter dem Zeichen des sich in ihr offenbarenden Gottes steht, so birgt doch die kalendarische Ordnung einen Fatalismus in sich, der die lineare Entwicklung der Geschichte ablöst und in eine zirkulare umwandelt. Insofern steht der Historische Kalender nicht mehr in der mittelalterlichen Tradition wie Krentzheims »Chronologia<<, sondern er ist Ausdruck des Renaissance-Fatalismus, der die Geschichte in be­stimmten Zyklen mit naturgesetzlicher Regelmäßigkeit ablaufen sieht. In diesen Zusammenhang gehört der eigentümliche Spruch des Hauses Elias, der bereits in Krentzheims >>Chronologia<< die heilsgeschichtliche Ausrichtung des Werks relativiert. Dieser Spruch wurde durch die »Chronica<< des Johannes Carion verbreitet (Chronica durch Magistru Johan Carion I vleissig zusa­men gezogen I meniglich nützlich zu lesen. - Witternberg 1531 bei Georg Rhaw. vgl. dazu und zum Folgenden Aby Warburg, Lit.-Verz. 132). Carion schreibt zu Beginn: >>WEr Historien nützlich lesen wil I so! alle Zeit vom an­fang der weit I jnn ein richtige ordnung fassen I darumb haben etliche die weit geteilet I jnn sieben Etates I vnd rechen die selbigen mancherley I ma­chen damit mehr ein vnordnung denn ein ordnung I Jch will für mich ne­men I den köstlichen spruch des trefflichen Propheten Elia I der hat die weit fein geteilet jnn drey alter I vnd damit angezeigt die höchsten verendrung jnn der weit I auch I wenn Christus hat komen sollen I wie lang auch diese weit weren so! I vnd lautet also. Der spruch des hauses Elia. Sechs tausent jar ist die weit I vnd darnach wird sie zubrechen. Zwey tausent oed. Zwey tausent I das gesetz. Zwey tausent I die zeit Christi. Vnd so die zeit nicht gantz erfüllet wird I wird es fehlen vmb vnser sunde willen I wilche gros sind<< (BI. B v f. = BI. 4 v f.). (Zu Aufnahme und Herkunft des Spruches vgl. W arburg, Lit.-V erz. 132; Warburg geht dort ausführlich auf Melanchthon ein, der den Spruch aufgenommen und verbreitet hat). Carion betont aus­drücklich, daß er mit dem Spruch des Elias eine neue Ordnung in die Ge­schichte bringen will und damit die alte Unordnung der Historien und Chro­nologien ablösen. J. Köstlin (Ein Beitrag zur Eschatologie der Reformatoren. In: Theologische Studien und Kritiken 51, 1878, H. 1, S. 125-135) hat sich, indem er sich auf diesen Spruch beruft, gegen die These gewandt, daß den

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Reformatoren das Interesse "für die letzten Dinge« (Köstlin, S. 125) gefehlt habe. Gerade dadurch, daß Melanchthon Carions »Chronica« übersetzt habe (1560) und Luth~r in seiner »Supputatio annorum mundi« (1. Ausgabe 1541) diesen Spruch aufgenommen habe, beweise das eschatologische Interesse der Reformatoren. Ohne hier auf die Reformatoren näher eingehen zu können, läßt sich anhand des Spruches des Hauses Elias so viel sagen, daß die zykli­sche Periodisierung der Geschichte (3 x 2000 Jahre) durchaus eine andere Ordnungsauffassung zeigt, wie sie bis dahin üblich gewesen ist und Carion durchaus unordentlich erscheint: wenn es auch vorher Periodisierungen gege­ben hat (z. B. nach den Monarchien), so zeichneten sie sich gerade dadurch nicht aus, daß sie einheitliche Zeiträume besessen hätten. Die Dreimaligkeit des 2000jährigen Zeitraumes deutet, auch wenn er letztlich auf ein Ende ge­richtet ist, die Wiederholbarkeit dieses einmal so festgelegten Zeitraumes an. Und diese Wiederholbarkeit kommt mit der kalendarischen Anordnung des Historischen Kalenders überein. Hinzu kommt, daß Ebers Kalender (s. Lit.­Verz. 19) einen astrologischen Anhang haben - Eber gilt als Erfinder des Historischen Kalenders, und er war ein Zeitgenosse und Freund der Refor­matoren -, der beweist, daß diese Kalender sich offenbar mit >>heidnischen« Vorstellungen verbinden ließen. Krentzheim, der in seiner »Chronologia« noch an der überlieferten Zeitrechnung festhält, kann es am Ende des zwei­ten Bandes seines Werks immerhin nicht unterlassen, der Wiederkehrsvor­stellung gemäß, bestimmte Daten der Geschichte als Wiederholungen eines Ur-Datums zu deuten. Eines der kuriosesten Beispiele dieser Vorstellung ist die allerdings erst 100 Jahre später erschienene »Prophezeyung<< des Cyria­cus Lentulus, Lit.-Verz. 35. Lentulus bringt dort alle 83er Jahre in kausale Verbindung, indem er das ihnen geschichtlich Gemeinsame nachzuweisen ver­sucht. Die Historischen Kalender, die mit großem Aufwand veranstaltete gelehrte Unternehmungen darstellen und gründliche Bibelkenntnisse, beste Vertraut­heit mit der Kirchenhistorie, den Legenden und mit der profanen Geschichte, sowie gelehrte übersieht über die astronomischen Ergebnisse der Zeit bezeu­gen, stellen ebenso Zeugnisse der Wiederkehrsvorstellung dar wie die Daten­spielereien oder der Spruch des Elias. Sie ordnen den testamentarischen Er­eignissen Begebenheiten aus der profanen Historie Tag für Tag simultan zu, das heißt: sie lassen keine zielgerichtete Entwicklung der Ereignisse, keine Heilsgeschichte mehr erkennen und erwecken aufgrund der kalendarischen Anordnung den Anschein der Wiederholbarkeit der Geschichte. Diese Relati­vierung der Heilsgeschichte weist auf ein neues Verständnis der Historie vor­aus, wie sie sich ab Mitte des 17. Jahrhunderts in den Jahreskalendern nie­derzuschlagen beginnt.

Weitere Literaturhinweise: Christian Heinrich Sixt: Dr. Paul Eber, der Schü­ler, Freund und Amtsgenosse der Reformatoren. Ein Beitrag zur Geschichte des Reformations-Zeitalters. Mit XLIX Original-Urkunden. - Heidelberg 1843. Brecher: Eber, Paul, in: ADB V, S. 531 f. Robert Stupperich: Eber, Paul, in: NDB IV, S. 225. Reimer: Abraham Saur von Franckenberg, in: ADB XXX, S. 419 f. 0. Albrecht: Eine handschriftliche Notiz Melanchthons aus dem Jahre 1559, in: Theol. Studien u. Kritiken 70, 1897, H. 4, S. 797 bis 800. F. Cohrs: Supputatio annorum mundi. 1541. 1545., in: D. Martin Lu­thers Werke. Kritische Gesamtausgabe (Weimarer Ausgabe), Bd. 53. - Wei­mar 1920, S. 1-184. Klaus Matthäus: Zur Geschichte des Nürnberger Ka­lenderwesens. Die Entwicklung der in Nürnberg gedruckten Jahreskalender in Buchform, in: Archiv für Geschichte des Buchwesens IX, 1969, Sp. 965 bis 1396 (= Phi!. Diss. Erlangen-Nürnberg 1968). Vita von Lieres: Kalender und Almanache, in: Zeitschrift für Bücherfreunde 1926, H. 6, S. 101-112.

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Zur Abhängigkeit Grimmeishausens vom Historischen Kalender läßt sich so viel sagen, daß seine Anordnung die Kenntnis dieser Kalendergattung vor­aussetzt; daß sich direkte Abhängigkeit von einem der Kalender nicht nach­weisen läßt, muß bei Grimmeishausens Vielfalt noch kein Gegenbeweis sein. Paul Eber und Abraham Saur sind im Kalender, Lit.-Verz. 29, Materie VI, S. 75 bzw. 123 genannt.

154 Das Vorbild des Historischen Kalenders dürfte dann auch die doppelte Ka­lendererzählung bei Grimmeishausen bewirkt haben. Haberkamms Urteil, Lit.-Verz. 29, Beiheft, S. 17, über die doppelte Kalenderzählung halte ich jedenfalls in seiner Ausschließlichkeit für fragwürdig. Haberkamm schreibt dort: »Einigermaßen prätentiös, wiewohl überflüssig, und mehr zur Schmei­chelung der in der Dedikation angesprochenen >Gelehrten< unter den Lesern gedacht, läuft hier die lateinische Zeitrechnung zur deutschen mit den alten Monatsnamen parallel.« Eben diese Parallelität zeigt auch Saurs Kalender, Lit.-Verz. 23, der mit Grimmeishausen sogar die alten deutschen Monatsna­men gemeinsam hat.

155 Grimmelshausen, Lit.-Verz. 29, Materie I, hält nicht mehr die Form des Ci­siojanus ein, die außer Goldtwurms Kalender, Lit.-Verz. 17, kein Histori­scher Kalender hat. Grimmeishausen hat sich dagegen bemüht, so viel Hei­ligennamen wie möglich zusammenzutragen, was zu der stolzen Zahl von ca. 6000 Namen geführt hat.

156 Vgl. Christian Heinrich Sixt: Dr. Paul Eber, der Schüler, Freund und Amts­genosse der Reformatoren. Ein Beitrag zur Geschichte des Reformations­Zeitalters. Mit XLIX Original-Urkunden. - Beideiberg 1843.

157 Nach Sixt ebd. 158 Haberkamm, Lit.-Verz. 29, Beiheft, S. 26. 159 Grimmelshausen, Lit.-Verz. 29, Materie III, S. 104. 160 Spatium hatten auch die Historischen Kalender für ihre Benutzer. An Grim­

meishausens »Ewig-währendem Calender<< ist es gerade auffällig, daß er keinen freien Raum für den Benutzer läßt, was in den Kalendern der Zeit durchaus nicht üblich ist. Gerade dadurch erhält sein Hinweis auf das Spa­tium Brisanz. Seine Jahreskalender, die freien Raum für den Benutzer las­sen, beweisen, daß Grimmeishausen dieser Kalenderbrauch bekannt gewesen ist.

161 Verweyen, Lit.-Verz. 199, schreibt S. 157 f.: »Das den Simplicissimus cha­rakterisierende Urteil notiert der fingierte Herausgeber des Kalenders, Chri­stian Brandsteller, der in dem dritten, nicht voll genutzten Spatium des >Ewigwährenden< Scherzreden und Anekdoten nachträgt. Zunächst handelt es sich um die bewußt aufgebaute Fiktion der Kalendererfindung: nicht der Herausgeber der Lebensbeschreibung des >Simplicissimus<, German Schleif­heim von Sulsfort (= Grimmelshausen), sondern ein gewisser >Stattschreiber zu Schnackenhausen< soll es sein, der dank eines Zufalls in den Besitz der Schriften des Simplicissimus gelangt. Dieser >Stadtschreiber daselbst< läßt wiederum Dritte von Simplicissimus sagen, daß er ein ganz apophthegma­tischer Mensch gewesen sei. Damit werden alle im folgenden aufgezeichneten Aussoriiche als von einer historischen, Rang und Namen beanspruchenden Persönlichkeit stammend fingiert - und das hatten wir ja als ein nicht un­bedeutendes Moment an der Gattung präpariert.« Verweyens Ausfiihrungen unterstützen mein Ar~ument, das Grimmeishausen im Anschluß an die Jah­reskalender und die Historischen Kalender die »persönliche« Historie (des Besitzers) der allgemeinen Historie beiordnet und ihr historischen Wert zu­gesteht.

162 Kohlbecker, Lit.-Verz. 170, S. 8 ff. hat den »Ewig-währenden Calender« als »Typus der Kalender des 17. Jahrhunderts« angesehen. Pontesegger, Lit.-

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V erz. 184, S. 32, redet dies nach. Bei Kohlhecker nimmt das Urteil nicht wunder, kannte er doch nur diesen Kalender aus dem 17. Jahrhundert. Pon­tesegger dagegen, der in Grimmeishausens Kalender alle Strömungen der Kalenderliteratur der Zeit mit Recht zusammenschießen sieht, stolpert über seine eigene Logik: sei das Typische doch das >>Eigentliche dieses Werkes«.

163 Zitiert nach: Albrecht Schöne (Hg.): Das Zeitalter des Barock. Texte und ZeuP:nisse. - München 1963 ( = Die deutsche Literatur. Texte und Zeugnisse. Bd. III). S. 906 f.

164 Fischart, Lit.-Verz. 18. Zu Gengenbach und Nas siehe Kar! Goedeke: Parn­philus Gengenbach. - Hannover 1856. Darin: Jo Nas Philogenesis: Prac­tica Practicarum. 1572. S. 429-32; Fischarts und Nasus Monate (Aus­schnitte). S. 415-429. Goedeke zur Practic, S. 627 f.

165 S. Zimmer, Lit.-Verz. 8, Nr. 22. 166 Vom »crudele fatum<< spricht Grimmelshausen, Lit.-Verz. 29, Materie IV,

S. 207; vgl. dazu Burckhardt, Lit.-Verz. 110, S. 481-494. 167 Plato: Timaios 37 c-d (Stephanus-Zählung), nach der Übersetzung von Fried­

rich Schleiermacher und Hieronymus Müller. 168 S. z. B. Kalender von 1808, Lit.-Verz. 53, letztes Umschlagblatt (BI. F 3 v):

>>Aderlaßtafel<<; sie ist an gleicher Stelle - mit geringen Modifikationen -in allen Hebelsehen Kalendern zu finden, s. Lit.-Verz. 54-61.

169 Vgl. dazu Grimmelshausen, Lit.-Verz. 29, Materie V, S. 195 ff; die Zuord­nung der Tierkreiszeichen zu den einzelnen Körperteilen ebd. S. 35 f.

170 »Eingießung des Gestirns<<, vgl. BolZ, Lit.-Verz. 108, S. 54. 171 Albert Camus: Der Belagerungszustand. Schauspiel in drei Teilen. In:

A'r.': Dramen. übertragen von Guido G. Meister. - Harnburg 1959. S.12 f.

172 Weydt, Lit.-Verz. 203, S. 243 ff. 173 Plato: Timaios 39 a; vgl. Anm. 167. 174 So Hellmann, Lit.-Verz. 118, S. 40. 175 Bauer, Lit.-Verz. 104, sagt S. 5, daß das Mittelalter Astronomen (d. h. auch

Astrologen) im »Hauotberuf<< nicht gekannt habe. Erstes Auftreten der »astrologischen Spekulationen und Spielereien<< (S. 2) stellt Bauer erst seit 1300 fest (gilt weitgehend für Deutschland). Ansonsten bleibt die Astrologie Sache der Renaissance. Vgl. dazu auch Bezold, Lit.-Verz. 106, S. 170.

176 1816 ist in Nürnberg eine Vorlesung »Astrologie« von J. W. Pfaff bezeugt. Meine Angabe stützt sich auf Bayer, Lit.-Verz. 105, S. 9 und Anm. 1, und Peuckert, Lit.-Verz.129, S. 7f.

177 Noch 1927 verfaßte Freiherr von Klöckler ein Buch mit dem Titel »Astrolo­gie als Erfahrungswissenschaft<<, Lit.-Verz. 119. Diesen Anspruch rechtfer­tigt Klöckler folgendermaßen: »Nun steht gerade die Frage, ob die Astrolo­gie tatsächlich nur ein Soekulationsprodukt, nicht aber eine Erfahrungsange­legenheit ist, durchaus offen. Bei dem sehr regen praktischen Gebrauch, den frühere Generationen von der Astrologie gemacht haben, ist diese sogar eher auf vermeintliche Erfahrung zurückzuführen, die unter Umständen, aber nicht mit Gewißheit, als auf falschen Voraussetzungen beruhend, angesehen werden könnte. Jedenfalls tritt die astrologische Behauptung überall und in allen Zeiten mit ernstem Anspruch auf gehabte und stets erneut mögliche Er­fahrung auf und diese Tatsache zwingt den obiektiven Forscher, sie auf dem Wege der Erbhrung zu prüfen, abzulehnen oder zu bestätigen<< (S. 3). Und S. 5 schreibt Klöckler: »Eines der wesentlichen Ziele aller naturwissenschaft­lichen Bestätigung liegt in dem Möglichmachen von Voraussagen künftigen Geschehens (Ostwald). Man wird einwenden, daß die naturwissenschaftliche Prognose einen anderen Charakter trage, der durch das Streben nach Be­stimmung einer größtmöglichen Wahrscheinlichkeit gekennzeichnet sei. Wer

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so etwas vorbringt, weiß nicht, daß die astrologische Voraussage, sofern sie überhaupt möglich ist, jedenfalls nichts anderes erstrebt, als die größte Wahr­scheinlichkeit zu ermitteln, daß sie sich also prinzipiell gar nicht von der wis­senschaftlichen Prognose in der Medizin, in der Meteorologie usw. unter­scheidet.<< Klöckler hat recht, aber nur, was die Zeit der Renaissance betrifft. Klöckler hat, wenn er diese Aussagen auch für seine Zeit als gültig ansieht, übersehen, daß eben die empirischen Wissenschaften, denen er die Astrologie an die Seite gesellen will, mit der Sicherheit, die naturwissenschaftlich-empi­rischen Erkenntnissen eigen ist (nur die Götter wissen alles), bewiesen ha­ben, daß die Astrologie Spekulation ist. Die Astrologie ist empirisch wider­legt. Freilich rechnet Klöckler mit einem solchen Hinweis, indem er den Ein­wand vorwegnehmend vom Tisch wischt, der besagt, daß die Astrologie geo­zentrisch arbeite, damit also überholt und widerlegt sei. Klöckler schreibt: >>An und für sich ist die Frage, ob wir geozentrisch oder heliozentrisch rech­nen wollen, von rein technischer Natur, nicht wesenhafter lledeutung, eme Frage nach dem optimalen Nutzen der Methode. Wenn astrologische Zusam­menhänge überhaupt vorhanden sind, müßte eine heliozentrische Astrologie zu den gleichen Ergebnissen wie die geozentrische gelangen<< (S. 24). Das ist richtig. Aber offensichtlich hatte es sich noch nicht zu Klöckler herumgespro­chen, daß die Heliozentrik zu seiner Zeit auch schon längst überholt gewesen war und daß bereits viele seiner Vorgänger das Kopernikanische System an­gewendet haben, weil es sich mit ihm wesentlich einfacher und besser rech­nen ließ als mit einem geozentrischen System, das z. B. die überaus kompli­zierten Schneckenwindungen (Epizyklen) der Planeten produzierte. Klöcklers Ignoranz gegenüber den Ergebnissen der Erfahrungswissenschaften spricht für seine >>Erfahrungswissenschaft<< Bände. Eine besondere Blüte hat sich die Astrologie mit dem Dichter und Freizeit­philosophen Johannes Schlaf gezogen. 1910 greift Schlaf mit dem großen Schwung der Unkenntnis die Diskussion um Geo- oder Heliozentrik wieder auf. Am historischen Datum des 9. Mai 1910 machte sich der Gelehrte mit >>einem guten, für astronomische Zwecke eingerichteten Fernstecher von ca. fünffacher Vergrößerungskraft<< (sie!) auf, die >>Unhaltbarkeit der Koperni­kanischen Auffassung<< zu beweisen. Beobachtend die Stellung des >>roten Flecks<< im südlichen Äquatorstreifen des Jupiter (der sog. »Große rote Fleck<< tauchte 1878 auf und ist inzwischen weiß geworden; seine Ausdehnung be­trägt 40 000 x 15 000 km; er wurde als treibende Kontinentalscholle gedeu­tet, die aufgrund von Wolkenüberdeckungen ihre Farbe ändert), kommt Schlaf wieder einmal zu dem Ergebnis: der Jupiter bewegt sich wie die Schnecke Platos. Mancher Astrologus dürfte Beifall gespendet haben. Was die Sache erwähnenswert macht, ist zweierlei: Schlaf vermochte aufgrund seiner fundierten Beobachtungen immerhin >>fachmännische Kritiker<<, wie er sie herablassend nennt, auf den Plan zu rufen, und er fand, was mir noch be­merkenswerter erscheint, ein Blatt, das seine bewegten Thesen für den Druck wert hielt. Ist es Zufall, daß fachwissenschaftliche Organe Schlafs Auslas­sungen nicht registrierten, geschweige denn druckten, wohingegen das >>Or­gan der neuen Kunstvereinigung der Lessing-Gesellschaft und Lessing-Hoch­schule zu Berlin<<, die Zeitschrift >>Nord und Süd<<, sich nicht für zu schade dafür befand? Literaturhinweise: Johannes Schlaf: Unhaltbarkeit der Ko­pernikanischen Auffassung. Eine astronomische Mitteilung. - In: Nord und Süd 34, Bd. 134, H. 411, 1. Augustheft 1910, S. 173-191. Ders.: Die Schleife des Jupiter. Eine Weiterung. - In: Nord und Süd 34, Bd. 134, H. 413, 1. Septemberheft 1910, S. 337-345. Ders.: Meine fachmännischen Kritiker. -In: Nord und Süd 35, Bd. 135, H. 415, 1. Oktoberheft 1910, S. 442-446. Will-Erich Peuckert bestreitet gegenüber Klöckler die >>Wissenschaftlichkeit«

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der Astrologie: »Beinah alle heutigen Astrologen sind der Meinung, man könne die Astrologie als eine - neben den andern - gültige Wissenschaft an­sehen, und sie versuchen, sie mit wissenschaftlichen Methoden zu beweisen. Doch Weltanschauungen lassen sich mit wissenschaftlichen Methoden nicht beweisen, so wenig, wie man mit einem >Gottesbeweise< Gott beweisen, so wenig, wie man die Güte eines Gedichtes wird beweisen können, so wenig wie man beweist, warum die Bilder Chagalls richtig sind.« (Lit.-Verz. 129, S. 252). Peuckert setzt dabei mit Ernst jünger »eine unwissenschaftliche Struktur« der Astrologie an, bestreitet aber andererseits nicht, daß die Astro­logie einmal einen »wissenschaftlichen Gehalt« (S. 254) besessen habe. Die »religiöse Seite« der Astrologie, wie Peuckert sie sieht, berechtigt angeblich, die Astrologie als »Welt-Anschauung« einzustufen, so daß man sie zum Un­widerlegbaren gesellen kann. Wie aus einer ehemaligen Wissenschaft eine Weltanschauung, die dann als solche noch Gültigkeit besitzt, werden soll, ist mir schleierhaft. Die Astrologie war nie in Peuckerts Sinn »Welt-Anschau­ung«, sondern eine empirische Wissenschaft; sie ist daher nicht unwiderlegbar als Weltanschauung, sondern sie ist endgültig durch die empirischen Natur­wissenschaften widerlegt. Die Astrologie läßt sich nicht beweisen, weil sie widerlegt ist. Vgl. auch Bayer, Lit.-Verz. 105, S. 5, Anm.1: »Die Astronomie im heutigen Sinne ist eine Tochter der Astrologie (nicht umgekehrt!}«, was freilich nichts über die Vorzüge der Mutter sagt. S. auch zu diesen Fragen Zinner, Lit.­Verz. 137, S. 138 ff.

178 So Leo X., Sylvester II., Johann XX. und XXI, Paul III. Vgl. Bayer, Lit.­Verz. 105, S. 6 und Burckhardt, Lit.-Verz. 110, S. 82 f.

179 Klöckler, Lit.-Verz. 119, sagt zum Verhältnis Kirche und Astrologie: »Die Abneigung, sich mit der Prüfung der astrologischen Behauptungen abzuge­ben, wird auch von religiöser und kirchlicher Seite stark genährt. Man ahnt vielleicht nicht, wie sehr die Abkehr auf kirchliche Einflüsse zurückzuführen ist. Auf der einen Seite fürchtet man für die Autorität der Kirche, wenn die Schicksale nicht mehr unmittelbar in Gottes Hand liegen, auf der anderen Seite hegt man Bedenken gegen die Moral, die sich aus fatalistischen Vorstel­lungen heraus entwickeln könnte« (S. 17 f). Wenn Klöckler dies nicht für seine Zeit, sondern für die Renaissance behauptete, wäre dem kaum etwas hinzuzusetzen. So freilich beschert er seiner Wissenschaft doch zu viel Ehre. über einen Gegner der Astrologie in der Renaissance, Pico della Mirandola, das Paradepferd für Astrologiefeindschaft, berichtet Burckhardt, Lit.­Verz. 110, S. 490 f.: »Er weist im Sternenglauben eine Wurzel aller Gott­losigkeit und Unsittlichkeit nach; wenn der Astrologe an irgend etwas glau­ben wolle, so müsse er am ehesten die Planeten als Götter verehren, indem ja von ihnen alles Glück und Unglück hergeleitet werde; auch aller übrige Aberglaube finde hier ein bereitwilliges Organ, indem Geomantie, Chiro­mantie und Zauber jeder Art für die Wahl der Stunde sich zunächst an die Astrologie wendeten. In betreff der Sitten sagte er: eine größere Förderung für das Böse gäbe es gar nicht, als wenn der Himmel als Urheber desselben erscheine, dann müsse auch der Glaube an ewige Seligkeit und Verdammnis völlig verschwinden.« Burckhardts Beschreibung der Meinung Picos gibt einen guten Einblick in die Konsequenzen, die die Astrologie nach sich gezogen hat. Die überaus verständliche Abneigung der Kirche gegenüber der Astrologie hat nicht wenig dazu beigetragen, daß die Astrologie historisch kaum mehr zu würdigen ist. Die Rederei vom üblen Aberglauben der Astro­logie, was die Renaissance-Zeit anbetrifft, der dann überdies auch noch »dem Volk« angelastet wird, hat keine Stütze, es sei denn die der zeitgenössischen Kirchenmeinung. Diese freilich sollte heute nicht mehr allein maßgeblich sein.

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Daß sich die Astrologie relativ lang zu halten vermochte, liegt nicht zuletzt auch an der Gegnerschaft der Reformatoren gegenüber der >>Kopernikani­schen Wende«, eine Gegnerschaft, die mit dazu beitrug, daß das geozentrische Weltbild gültig geblieben ist: alle Kalender des 17. Jahrhunderts, die ich ein­gesehen habe, besitzen die astrologische Practica. Grimmelshausen, Lit.­Verz. 29, Materie IV, S. 149, schreibt: >>Aristarchus setzet die Sonn ahnbe­weglich mitten in die Welt I umbgibt sie mit dem Planeten Mercurio, dar­nach mit, Venere welche er auff den grossen Orbem oder Circulum setzet I damit die Erde vnd die Eiementa umbgeben I darinnen auch der Mond be­schlossen/ und will daß sich die Erde allda herumb bewege; welcher Irrthumb von Copernico einem Moderno Astrologo widerumb vff die Bahn ist gebracht worden; darüber er nach der Meinung Francisci Macholid vielmehr mit Peit­schen als Worten zu refutirn.<< Aus der Gegnerschaft der Reformatoren ge­gen Kopernikus' Entdeckung resultiert nach Hans Blumenberg jener tief­greifende Konflikt zwischen Theologie und Wissenschaft der Neuzeit. Blu­menberg schreibt, Lit.-Verz. 109, Einleitung, S. 15 f.: >>Luther und Melan­chthon etwa gehörten zu den frühesten Gegnern des astronomischen Refor­mers. Und nicht zuletzt ihnen ist zuzuschreiben, daß in Deutschland der Ko­pernikanismus erst 1760 als unangefochten gelten konnte. Daß die Reforma­toren die kopernikanische Wende nicht zu ihrem Zeichen gemacht hatten, daß sie im Festhalten an der tradierten Kosmologie für das von ihnen so erbittert befehdete Bündnis von Christentum und Aristotelismus die stärkste Stütze stehen ließen, ist kaum verständlich. Es blieb ihnen verborgen, daß Koperni­kus die sinnfälligste Demonstration gegen den mittelalterlichen Anspruch auf Kongruenz des Sichtbaren und des Unsichtbaren, der Naturordnung und der Heilsordnung angeboten hatte. Die Reformation legte zwischen Welterkennt­nis und Selbstverständnis des Menschen einen Hiatus; Kopernikus beraubte den Menschen des im Anblick der Natur manifesten Haltes an einer im Grunde immer noch heidnischen Geborgenheit in der Mitte des geschlossenen Kosmos endgültig. Das Selbstbewußtsein des neuzeitlichen Menschen beruht auf der Negation der Möglichkeit, er könne an der Natur als Schöpfung ab­lesen, ob überhaupt eine und welche Rolle ihm in der Realität >Zugedacht< sei. Indem sich die Reformation gegen Kopernikus stellte, versagte sie sich ein Bündnis mit dieser Negation und machte zu ihrem Teil den Konflikt zwi­schen Theologie und Wissenschaft, zwischen dem traditionellen Naturbegriff und der nun sich erzwingenden Immanenzstruktur des Wirklichkeitszusam­menhanges zum Kennzeichen der Neuzeit.<< Vgl. dazu auch Ball, Lit.-Verz. 108, S. 40 ff. und die entsprechenden Anmer­kungen S. 116 ff., und Zinner, Lit.-V erz. 137, S. 96 ff.

180 Blumenberg, Lit.-Verz. 113, Einleitung, S. 16. 181 Es sei mit Nachdruck darauf hingewiesen, daß die Geozentrik der Astrologie

keine Anthropozentrik bedeutet hat; die Harmonie besteht zwischen Kos­mos und Mensch ebenso wie zwischen Kosmos und Fauna, Kosmos und Flora etc. Der Mensch ist nicht alleiniger Mittelpunkt der Welt, auf den alles und jedes zugeordnet und um dessenrwillen die Welt da wäre. Außerdem scheu­ten sich die Astrologen nicht wie die Kirchen, sich die Heliozentrik des Ko­pernikus zu eigen zu machen, weil es sich mit ihr einfacher rechnen ließ.

182 Zitiert nach: Deutsche Volksbücher. Hg. v. Karl Otto Conrady. - Harn­burg 1968 ( = Texte deutscher Literatur 1500-1800. Bd. 24 = Rowohlts Klassiker 510/11). Faust nach der Ausgabe von 1587 bei Spieß S. 59-143. ZitatS. 61.

183 Ebd. S. 88. 184 Ebd. S. 89. 185 Ebd. S. 88.

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186 Ebd. S. 96. 187 Pastor, Lit.-Verz. 128, S. 42 ff. Das Buch ist indiskutabel. 188 Lit.-Verz. 12, BI. Ai v. 189 Hellmann, Lit.-V erz. 118, S. 31-35, S. 59 ff. zur Bauernpraktik; ZitatS. 64.

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190 Knaurs Exemplar des Kalenders ist nur handschriftlich erhalten; Christoph von Helwig druckte Knaurs Manuskript 1701 unter eigenem Namen. S. Uhl, Lit.-Verz. 7, S. 129 ff. Neuere Ausgabe von E. Heimeran, München 1966 u. ö.

191 Hellmann, Lit.-V erz. 118, S. 64. 192 Vgl. meine Anm. 106 innerhalb dieses Abschnitts »Tradition und Geschichte<<. 193 Lit.-Verz. 33. 194 Lit.-Verz. 30. 195 Zedler, Art. »Calender<<, in: Bd. V, 1733, Sp. 223-241; Zitat Sp. 241. 196 Richard Newald: Die deutsche Literatur. Vom Späthumanismus zur Emp­

findsamkeit. 1570-1750. Geschichte der deutschen Literatur von den An­fängen bis zur Gegenwart. Bd. 5. - München 1965. 5., verb. Auflage. S. 304. V gl. zu Schor er den Bericht Hartigs, Lit.-V erz. 114, und Schorers Kalender. Lit.-Verz. 27 und 28. Newald hat vielleicht dabei an eine Äuße­rung Schills im >>Ehrenkranz<< (1644) gedacht, wo es über Schorer heißt: >>Daß man aber die Calender Geschichtbüchlein, Item die Practic ein grosse vorsagung anderer nahtwendiger Dinge nennen solle, hat ausser dir meines wissens noch kein Calendermacher gethan.<< (Zitat nach Hartig, Lit.­Verz. 114, S. 23.) Die Äußerung Schills läßt, insofern hat Newald nicht ganz Unrecht, darauf schließen, daß Schorer am Beginn jener Geschichts-Kalender­Mode gestanden und dafür gesorgt hat, daß der Kalender als historiegraphi­sches Buch ins Bewußtsein der Zeit gedrungen ist. Schorers Kalender gehören von den Jahreskalendern in der Tat zu den ersten, die Chroniken geschrieben haben, freilich aber deshalb nie auf die Practica verzichteten. Christoph Schorer von Memmingen ist noch nicht genügend bibliographisch erfaßt. Seine » Verderber<< sind bekannt, laufen aber noch immer unter seinem Anagramm »Otho Frischer Scr.<< (so im >>Taschengoedeke<<: Leopold Hirsch­berg, [Hg.]: Der Taschengoedeke. Bibliographie deutscher Erstausgaben. 2 Bde. Verb. Ausgabe nach dem von Elisabeth Friedrichs durchges. u. erg. Neudruck, Stuttgart 1961. - München 1970. Bd. 1, S. 140. Der »Goedeke<< selbst verzeichnet Schorer gar nicht). Insofern stellen Hartigs Bericht und Newalds Besprechung noch nicht beachtetes Neuland dar.

197 Eben die von mir besprochenen Historischen Kalender; aber genau genom­men waren bereits die Cisiojani historische Kalender, nämlich dann, wenn sie nicht nur bei der Namensnennung der Heiligen geblieben sind, sondern ihr Leben erzählt haben, wie es sich noch bei Saur, Lit.-Verz. 23, zeigt. Ein frü­hes Beispiel für die Verbindung von Kalender und Historie behandelt K. Schadelbauer: Das Calendarium Wernheri als tirolische Chronik. - Inns­bruck 1932 (= Studien zur Geschichte des Stiftes Wilten 1). Die Herausgeber Warburgs, Lit.-Verz. 132, weisen noch auf eine andere Erscheinung hin, die Kaiendarisches und Historisches verbindet. Sie schreiben zur Genesis des Ti­telblatts vom >>Baseler Hinckenden Both<<: >>Es ist auffällig, daß jene Figur des Bauern mit Stelzbein und Lanze als >hinkender Bote< gerade in den poli­tischen Kalendern vom Ende des XVI. Jahrhunderts (1590) auftritt, die eine Zwischenform zwischen astrologischem Kalender und politischem Nachrich­tendienst bilden. Im Gegensatz zu dem >Postreutter<, der die Ereignisse des jüngstvergangenen Jahres berichtet, erzählt der >Hinckende Both< von denen des vorhergehenden Jahres. Gegenüber den Flugblättern der Reformations­zeit, in denen die wahrsagende Astrologie in den Dienst der Tagespolitik ge­stellt wurde, überwiegt das politische Interesse in diesen Jahresblättern das astrologische; die Prophezeiung ist gleichsam rückwärtsgewandt; die Ver-

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wandtschaft dieser Kalender mit den astrologischen läßt immerhin ein Nach­leben des Saturnbildes als nicht unmöglich erscheinen<< (im Original: kursiv, S. 649, zu Warburg S. 509).

198 Nicolaus Hieronymus Gundling: Vollständige Historie der Gelahrheit, Oder Ausführliche Discourse, Die er, in verschiedenen Collegiis Literariis, so wohl über seine eigene Positiones, als auch und zwar vornemlich, über Tit. Herrn Professoris, D. Christoph. Avgvst Hevmanni [ ... ] Vierter und letzter Theil in sich enthaltende Die Historiam Literadam Seculi XVIII. [ ... ] Also ans Licht gestellet, von C. F. H. - Franckfurth und Leipzig, Bey Wolffgang Ludwig Spring, 1736. S. 4995 f.

199 Angabe nach Prantl: Reimmann, Jacob Friedrich, in: ADB XXVII, S. 717. 200 Lit.-Verz. 42. 201 Lit.-Verz. 40. 202 Ebd. Vorrede. 203 Lit.-Verz. 20 und 44. 204 Walter Benjamin: Zur Kritik der Gewalt und andere Aufsätze. Mit einem

Nachwort versehen von Herbert Marcuse. - Frankfurt a. M. 1965 (= edi­tion suhrkamp 103). Darin: Geschichtsphilosophische Thesen, S. 78-94. Zitat S. 90 f.

205 Ebd. S. 90. 206 Erst durch das allgemein geltende Reglement wird die kalendarische Zeitein­

teilung »objektiv«. 207 Lutz, Lit.-V erz. 121, S. 109. 208 Die historische Verankerung des Kalenders, die sich auch inhaltlich nieder­

schlägt, setzt sich bis heute fort und ist in fast allen Kalendern nachzuweisen. Wo sie fehlt, hat sich ein Volkspoet ans Werk gesetzt, der durchaus meint, das Volk habe keinen historischen Sinn. Abgesehen von den genealogischen Kalendern, die seit dem Ende des 17. Jahrhunderts massenhaft auftreten und durchweg historisch orientiert sind (zur Feier der Herrscherhäuser, damit das Volk ja keinen >>hohen<< Geburtstag, sowie keine »großen<< Taten vergißt), haben auch die » Volkskalender<< ihre Geschichtsschreibung. So Gubitz' »Deut­scher Volkskalender 1848<<, Lit.-Verz. 68, in dem Gubitz die 200jährige Wie­derkehr des Westfälischen Friedens mit einer ausführlichen Würdigung des Friedenswerks feiert. Ein Bruder des Herausgebers ruft die Leser zur Unter­stützung des deutschen Flottenbaus auf. Auch der "Volks-Kalender<< der Trowitzsch, Lit.-V erz. 63, von 1839, der sich mit Erzählungen »im Volkston« schmückt, verzeichnet Lebensbilder (S. 115 ff.), »Charakterzüge<< »unserer<< Großen (S. 117 ff.), berichtet von »Naturhistorischen Merkwürdigkeiten<< (S. 124) und schreibt »Länder- und Völkerkunde<< (S. 125 ff.). Webers »Volks-Kalender<< von 1857, Lit.-Verz. 70, streicht »die reine Erzählung« ganz, weil der Herausgeber »die Überzeugung gewonnen<< hat, »daß sie zu der ganzen Anlage des Kalenders nicht paßt<< (S. VI). Die Anlage nämlich wird bestimmt durch den »Geschichtskalender<<, der die Erzählungen ablöst. Der »Lahrer Hinkende Bote<<, Lit.-Verz. 85, hat bis heute seine ständige Rubrik der »Weltbegebenheiten<< behalten, in der halb Kommentar, halb Be­richt die Ereignisse des Vorjahres in aller Welt gesichtet werden. Reimmichls »Volkskalender<<, Lit.-Verz. 75-79 und 81-84, hat ebenfalls die ständige Rubrik »Rundschau in der Welt<<. Auf das historische Gerüst in Hebels Ka­lendern gehe ich S. 69 ff .der vorliegenden Arbeit ein.

209 Hauffen, Lit.-V erz. 116, S. 31, berichtet von einem fränkischen Pfarrer (Ge­org Cäsius), der in seiner Practica (1561-1601 in Nürnberg erschienen) die Prognostik durch die Historie rechtfertigte. Cäsius habe behauptet, daß die Kalender ohne Astrologie undenkbar seien, weil die Astrologie durch die Ge­schichte bewiesen werden könne, etwa, daß Finsternisse und Kometen un-

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glückliche Ereignisse nach sich zögen. Cäsius' Überzeugung zeigt, daß der Zu­sammenhang zwischen Practica und Historie kein antithetischer, sondern ein sich gegenseitig bedingender ist. Die Alternative, die Newald, vgl. die Anm. 196 dieses Abschnitts, sieht, ist in der Blütezeit der Astrologie gar keine. Vor­aussage und Geschichte vertrugen sich aufs beste miteinander, wenn auch diese zugunsten jener manipuliert zu werden pflegte.

210 Lit.-V erz. 61, BI. Fr; normalisierte Schreibung, im Kalender steht statt »Ka­lendermacher«: »Calenderschreiber«, statt »Kalender«: »Calender«.

II. Geschichte als Geschichten

1 Lit.-Verz. 94. 2 Max Picard nannte seine Ausgabe der Hebelsehen Erzählungen: »Die schön­

sten Geschichten von Johann Peter Hebel« (München o. J.). 3 Lit.-Verz. 54. Ich zitiere grundsätzlich nach den Kalendern Hebels, soweit

sie von ihm selbständig veranstaltet worden sind (Jahrgänge 1808-1815 und Jahrgang 1819, Lit.-V erz. 53-61). Das erscheint mir nicht nur angebracht, sondern auch notwendig, weil zu Hebel keine historisch-kritische Ausgabe vorliegt und alle Ausgaben nicht vollständig sind, was das Kalenderwerk Hebels anbetrifft. Um ein Beispiel zu geben: man findet zwar in den Ausga­ben die gereimten Rätsel des Kalenders von 1808, aber nicht Hebels Hin­weise, die Lösungen der Rätsel in den Geschichten des Kalenders aufzusuchen (vgl. S. 108 der vorliegenden Arbeit und die dortige Anmerkung 92). Auf solche nur scheinbaren Nebensächlichkeiten wird nur der kommen, der zu den Kalendern greift. Wie wenig überhaupt in der Literatur die Kalender beach­tet worden sind, beweist die sich hartnäckig durchhaltende falsche Zitierweise des Titels der Kalender ab 1813. So behauptet noch ausgerechnet Kully in seinem bibliographisch ausgerichteten Buch, Lit.-Verz. 172, S. 50, der Kalen­der heiße ab 1813 »Rheinischer Hausfreund, oder allerley Neues, zu Spaß und Ernst«, wovon keine Rede sein kann. Wilpert und Gühring (Gero von Wilpert und Adolf Gühring: Erstausgaben deutscher Dichtung. Eine Biblio­graphie zur deutschen Literatur. 1600-1960. - Stuttgart 1967) schreiben »Rheinischer Hausfreund oder: Allerley Neues zu Spaß und Ernst« (S. 517), was auch nicht richtiger ist und Kully vielleicht als Vorlage gedient hat. Diese Hinweise sind keine Äußerlichkeiten, weil sie zeigen können, daß einer an­gemessenen Würdigung des Hebelsehen Kalenderwerks offensichtlich die Hebel­Ausgaben im Wege stehen. Meine Zitierweise läßt sich auch insofern recht­fertigen, weil in jeder einigermaßen ordentlich gemachten Hebel-Ausgabe die Zitate leicht nach den Titeln der nicht umfangreichen Geschichten zu finden sind. Kalenderbeiträge, die Hebel außerhalb seiner Kalender veröffentlicht hat, zitiere ich nach der Winkler-Ausgabe, Lit.-Verz. 98, die Kully »für die wissenschaftliche Arbeit« (Lit.-Verz. 172, S. 5) am »Rheinländischen Haus­freund« empfiehlt. Dringend abzuraten ist von beiden Ausgaben Meckels, Lit.-Verz. 97 und 100. Sie sind für wissenschaftliche Zwecke unbrauchbar und Hebel nur abträglich.

4 Lit.-Verz. 53. 5 Der Kalender von 1809 hat einen Umfang von 28 Blatt. Auf der Rückseite

des Titelblatts findet sich die genealogische Aufstellung »Souveraines Groß­herzoglich-Badisches Haus«; ihr gegenüberliegend beginnt das Kalendarium (ab BI. Ar), das sich pro Seite in folgende sechs Spalten (von links nach rechts) aufteilt: 1. >>Wochen-Tage«, 2., 3. »Evangelischer I Katholischer Ja­nuarius« (etc.), d. s. die Heiligenkalender mit der monatlichen Tageszählung, 4. der Mondlauf durch die Tierkreiszeichen, 5. »Stand der Sonne und des Monds« und 6. » Vermuthliche Witterung«, die neben der haus(freund)-ge-

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machten Witterungsprognose die »Witterung nach dem 100jährigen Kalen­der<< und »Wetter- und Bauern-Regeln<< verzeichnet. Jeder Monat erhält eine so aufgeteilte Seite (bis Bl. B 2 v). Auf Bl. C r folgen »Calender der Juden<<, >>Die gewöhnliche Zeitrechnung<<, >>Ordentliche Zeitrechnung auf 1809<<, >>Die eilf Planeten, welche sich um die Sonne bewegen<< und >>Die zwölf himm­lischen Zeichen<<. Bl. C v schließlich verzeichnet die obligatorische >>Astrono­mische Calender-Praktik<<, mit den Jahreszeiten und den Finsternissen, hinzu kommen einige Anmerkungen. Bl. C 2 r beginnt der »Unterhaltende Teil<< des Kalenders, so wie ich ihn im Text beschrieben habe. Dieser Teil reicht bis Bl. F 4 r. Bl. F 4 v verzeichnet die >>Tax-Ordnung für die Großherzog!. Badi­sche Postwagen-Expedition in Carlsruhe<< und die Abfahrtszeiten des Karls­ruher und des Pforzheimer Botens. Von Bl. G r bis G 4 v zieht sich anschlie­ßend das >>Alphabetische Verzeichniß der gewöhnlichen Messen, Vieh- und Krämer-Märkte<<. Eine Umrechnungstabelle >>des neuen und alten französi­schen Geldes mit deutscher Währung<< füllt die Innenseite des Umschlag­blatts, auf dessen Außenseite die »Aderlaßtafel« mit dem Aderlaßmännlein verzeichnet ist. Diese Rubriken halten sich durch alle Hebelsehen Kalender hindurch, deren Inhalt den Jahren entsprechend umgeschrieben ist. Wie starr diese, aus der Kalendertradition stammende Einteilung ist, kann folgendes Kuriosum verdeutlichen: der Drucker hat im Jahrgang 1810, Lit.-V erz. 55, einfach noch einmal den Kalender der Juden von 1809 abgedruckt (Bl. C r), so daß sich Hebel gezwungen sah, den Kalender in der richtigen Anordnung noch einmal abzudrucken (Bl. G 3 r).

6 In die Kalender 1813-1815 und 1819 nimmt Hebel die alte Practica-Ein­teilung wieder auf unter dem Titel >>Von dem Hauptplaneten des Jahrs<<, freilich als Parodie.

7 Brief vom 20. Juli 1817, Karlsruhe. Zit. nach: Johann Peter Hebel: Briefe. 2 Bde. Hg. u. erl. v. Wilhelm Zentner. - Karlsruhe 1957. 2., erw. u. verb. Auf!. Bd. 2.

8 Hebel: Unabgefordertes Gutachten über eine vortheilhaftere Einrichtung des Calenders. In: Funck, Lit.-V erz. 156, S. 49.

9 Lit.-V erz. 97, Vorbemerkung S. 7. 10 Ebd. 11 Lit.-Verz. 96 und 98. 12 Lit.-Verz. 100. Diese Ausgabe, die der Insel-Verlag als >>Volksausgabe<< mit

entsprechend hoher Auflage (Zwanzigtausend) gedacht hatte, scheint ihren Zweck nicht erfüllt zu haben. In Hannover z. B. wurde die Ausgabe bereits ein knappes Jahr nach ihrem Erscheinen >>verramscht<<, ohne daß das Inter­esse an ihr wesentlich gestiegen wäre. Das >>unmittelbar Lebendige<< hat sich allem Anschein nach als so lebendig nicht erwiesen.

13 Die Geschichte Hafers bildet den Schluß des Kalenders von 1811, Lit.­Verz. 56, Bl. F 4 r f., und steht dort selbständig. Im >>Schatzkästlein<<, Lit.­Verz. 94, steht die Geschichte ebenfalls an letzter Stelle, weil Hebel der Ka­lenderordnung der Geschichten weitgehend im >>Schatzkästlein<< gefolgt ist.

14 Vgl. Benjamins Wort über Hebels >>Schatzkästlein<<, Lit.-Verz. 143, S. 380. Er spricht dort vom >>Bildungshochmut, der den Schlüssel dieser Schatulle unter Bauern und Kinder verworfen hat<<, wobei mir allerdings nicht klar geworden ist, welche Wertung Benjamin mit der Vorsilbe >>ver-<< statt >>ge-<< (worfen) vornehmen wollte. Soll das heißen: Perlen vor die Säue? Dann allerdings wäre Benjamins Wort gerade Ausdruck des Hochmuts, den er an anderen geißeln möchte.

15 Vgl. dazu meine S. 75 beginnende Besprechung von Hebels >>Unverhofftem Wiedersehen<<. Wie naheliegend, aber unbeachtet das Historische bei Hebel geblieben ist, zeigt Susi Löffler, die, obwohl sie sich weitgehend am überhi-

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storischen Hebels orientiert, sagt: >>Viel erstaunlicher ist, daß auch die Er­zählungen des >Rheinländischen Hausfreundes<, die ja laufende Kalenderge­schichten sind und somit eigentlich den aktuellen Stoff des Jahres behanaeln sollten, sich ebenfalls ganz auf allgemeine und histonsehe ~totte stutzen, je­denfalls immer auf vergangenes Geschehen.<< (Susi Löffler: johann Peter Hebel. Wesen und Wurzeln seiner dichterischen Welt. - Zurich 1944 = Phi!. Diss. Zürich 1944, S. 154.) Vgl. auch Lit.-V erz. 198. Adolf Muschg habe ich in dieser Frage viel zu verdanken.

16 Lit.-Verz. 56, Bl. F 2 r f. Diese Geschichte ist in der Literatur viel beachtet worden. Die wichtigste Literatur stellt Kully, Lit.-Verz. 172, S. 56 f., zu­sammen; alle dort genannte Literatur hat mit dem Aspekt, den ich unter­suche, nichts gemeinsam. Die bisherige Forschung faßt Wittmann, Lit.­Verz. 204, S. 1-23, zusammen, wenn er auch nicht auf sie verwe1st. Wichtig sind Blochs Hinweise, Lit.-Verz. 99, Nachwort, S. 140 ff.

17 Bloch, Lit.-Verz. 145, S. 196. 18 Bloch, Lit.-V erz. 99, Nachwort, deutet die fünfzig Jahre >>ganz ohne >Ein­

heit der Zeit<<< (S. 140): »der reelle Einschlag von Gegenwart in lange Ver­gangenheit, rückwärts und zugleich voran, dies kaum einholbare ineinan­der beider Zeiten ist auch als erzähltes beispiellos<< (S. 141), bemerkt Bloch vom Ende der Geschichte. Dementsprechend würdigt Bloch die überbrük­kung der fünfzig Jahre nur unter diesem Aspekt des Zeitlosen. Bloch zitiert die Stelle und schließt daran an: >>und so fort, so voran denn, nacheinander, durcheinander, scheinbar ganz im Stil des Kalenderchronisten für Bauern, der Hebel ja auch war<< (S. 142). Warum Bloch seinen Hinweis auf die Ka­lenderchronologie nur nebenbei und gleichsam abwertend vermerkt, bleibt mir unklar. Dieser Hinweis Blochs stellt eine der wichtigsten Anregungen zur vorliegenden Arbeit dar, provoziert er doch sozusagen eine Interpreta­tion von der Kalenderchronologie her, die Bloch für unwiChtig hält.

19 Zur weiteren Zitierweise sei hier folgendes angemerkt: da alle Geschichten Hebels (und auch Brechts) kurz sind, verzichte ich, wenn ich eine Erzählung ausführlicher bespreche, nach einmaligem Stellennachweis auf weitere Stel­lennachweise bei Zitaten.

20 Zitiert nach Pastor, Lit.-Verz. 128, S. 48. 21 Wittmann, Lit.-V erz. 204, S. 11 f. Es ist erstaunlich, daß diese beiden Daten

so lange nicht beachtet worden sind. Wittmann, der sich seiner Sache nicht ganz sicher ist, argumentiert sehr vorsichtig: >>Es ist höchst unwahrscheinlich, daß der Kalendermann hier nur zufällig zwei Extrempunkte des Jahres ein­ander gegenüberstellt: nach volkstümlicher Zählung Winter- und Sommer­sonnenwende, 13. Dezember >Luciä<, 24. Juni >Johannis<.<< Wittmanns Ent­deckung wäre nichts hinzuzusetzen, wenn er das Wort »volkstümlich<< ausge­lassen hätte; die Zählung ist nicht volkstümlich, sondern alt, d. h. vorgrego­rianisch und merkwürdigerweise auch lutherisch, denn die Protestanten mochten sich katholischen Neuerungen, auch wenn sie Verbesserungen waren, durchaus nicht anschließen.

22 Zitiert nach Pastor, Lit.-Verz. 128, S. 435. 23 Bloch, Lit.-Verz. 99, S. 142. 24 Ebd. 25 Kalender 1809, Lit.-Verz. 54, Bl. E 2 r. Schreibweise dort statt >>Kaiser«:

>>Kayser<<. 26 Dieser Ausdruck nach Weinrich, Lit.-Verz. 200, S. 48 und passim; auf Wein­

richs Tempus-Kategorien gehe ich im Zusammenhang mit der Geschichts­schreibung S. 106 ff. noch näher ein.

27 Ebd. S. SO. 28 Ebd. S. 76-79.

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29 Wittmann bezeichnet demgemäß die Erzählung als »Anekdote«, Lit.­Verz. 204, S. 254. Wittmann engt die Geschichte (macht sich hier die frühe Kategorisierung bemerkbar?) auf den Gegensatz »groß«-»klein« ein und ge­steht der Obstfrau durch ihre Haltung »ebenbürtige« Größe zu. Wittmann sieht also, wie ich meine, durch die Kategorisierung der Erzählung als »Anekdote« präjudiziert, den Vorgang umgekehrt: nicht Humanisierung des Großen, sondern Erhebung des Kleinen zum Großen; das Kleine gesellt sich als »Seelenadel« an die Seite des Großen. Napoleon bliebe dann freilich fern, groß und un-menschlich wie immer.

30 Vgl. Weinrich, Lit.-Verz. 200, S. 88. 31 Kalender 1808, Lit.-Verz. 53, BI. D 2 r f. 32 Das »Schatzkästlein« schreibt statt: »Zu gleicher Zeit aber stellte sie sich vor

die Stubenthüre<< durch Komma angeschlossen: »Stellte sich aber unvermerkt vor die Stubentüre«.

33 Den Ausdruck »mundane Astrologie« übernehme ich von Peuck.ert, Lit.­Verz. 129, S. 244 (Kapitel »Mundane Astrologie«, S. 244-251).

34 Eusebius, dessen Chronik nur in der lateinischen Übersetzung erhalten ist (durch Hieronymus), zählt nach der Septuaginta. Während Beda bis zu Christi Geburt (vom Beginn der Welt an gezählt) einen Zeitraum von 3951 Jahren annimmt, ergibt die Zählung nach der Septuaginta einen Zeitraum von 5299 Jahren. Schwankungen in den Angaben sind üblich. Vgl. dazu meinen Exkurs Anm. 153 innerhalb des Abschnitts »Tradition und Ge­schichte«.

35 Lit.-Verz. 29, Materie III, S. 15. Diese Geschichte steht bereits in Valentin Schumanns »Nachtbüchlein« (Nr. 15) und in Heinrich Bebeis »Facetien« (»De magno anno Platonis«), s. Weydt, Lit.-Verz. 203, S. 200 ff.

36 Plato: Timaios 39 d (Stephanus-Zählung). 37 Die Präzession spielt bei der objektiven Zeitbestimmung eine große Rolle:

sie verhindert nämlich, unsere Zeiteinheit, die Sekunde, eindeutig zu be­stimmen, weil die Sternzeit nicht gleichförmig, sondern durch die Präzession veränderlich ist. Mit anderen Worten: es gibt keine präzise astronomische Orientierung für unsere Zeitmessung. Die Zeitdauer einer Sekunde ist eine Setzung und entspricht den astronomischen Daten nur annähernd.

38 Die Ignoranz der Astrologen und Kalendermacher gegenüber der Präzession ist eine der erstaunlichsten Tatsachen in der Astrologie. Selbst Cavendish, Lit.-Verz. 111, eine der jüngsten Äußerungen über die Astrologie, verzeich­net noch die Tierkreiszeichenstellung von vor über 2000 Jahren und erwähnt die Präzession nicht. Die antike Zuordnung der Tierkreiszeichen zu den Mo­naten hat sich unerschütterlich gehalten, wohingegen die »mundane Astrolo­gie«, wie sie Peuckert, Lit.-Verz. 129, S. 244-251, mit Hilfe der Präzession aus der Astrologie als eine Weltanschauung, die angeblich nicht zu widerle­gen sei, zu zaubern verstand, die Präzession nutzt.

39 Peuck.ert ebd., vgl. die vorstehende Anm. 40 Die Zahlenangaben erfolgen nach dem Zedler-Artikel »Annus Magnus«

(Bd. II, Halle und Leipzig 1732, Sp. 426) und Grimmelshausen, Lit.­Verz. 29, Materie IV, S. 13. Im Zedler heißt es über das platonische Jahr: »Die Platonici hingegen halten dieses vor das grosse Jahr, wenn die Sämt­lichen Planeten in einerley Zeichen und Himmels-Gegend zusammen stossen würden, da alsdenn der Welt ihr Untergang gewiß vorstünde; der andern Welt Anfang aber sodann erfolgen würde, wenn die Planeten ihren Lauff von neuen wieder nehmen.« Das Datum, das ich im Zusammenhang mit Bengel angegeben habe, ist in 1745 umzuändern; 1773 erschien die deutsche Übersetzung des Bengelsehen »Cyklus«: Io. Albertus Bengelius: Cyclvs sive de anno magno solis, lvnae, stellarum, consideratio ad incrementvm doctri-

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nae propheticae atqve astronomicae accomodata. Vlmae apud Danielem Bartholomaei et filivm. MDCCXL V. (Deutsche Ausgabe: Johann Albrecht Bengel: Cyclus oder sonderbare Betrachtung über das große Weltjahr, Leip­zig 1773). Bengel schreibt § 9 [S. 9]: »Cyclus est cursus duorum plurium, vel, dicam, omnium, corporum coelestmm, periodos suas simul absolventium.« Zum >>annus magnus<< vgl. § 44 (S. 24).

41 Warburg, Lit.-Verz. 132, befaßt sich damit ausführlich. Vgl. zum Ganzen meinen Exkurs Anm. 153 innerhalb des Abschnitts »Tradition und Ge­schichte«.

42 Johannes Carion: Chronica durch Magistru Johan Garion I vleissig zusamen gezogen I meniglich nützlich zu lesen. - Witternberg 1531 bei Georg Rhaw. Die in meinem Text folgenden Charakterisierungen der jeweils 2000 Jahre währenden Perioden haben folgende Bedeutung: »mane« kann einerseits hei­ßen »unbewohnt« oder andererseits »ohne Gesetz«, »sine lege« im Gegen­satz zur zweiten Periode »Iex« (Carion nimmt die zweite Bedeutung an). »Iex« bezeichnet den Alten Bund und »Messias« die Zeit Christi und der Evangelien.

43 Siehe Anm. 153 »Tradition und Geschichte«. 44 W arburg, Lit.-V erz. 132, bespricht S. 493 ff. ein lateinisches Schreiben Me­

lanchthons an Garion vom 17. August 1531, in welchem sich Melanchthon astrologischen Rat bei Carion, seine jüngst geborene Tochter betreffend, ein­holt; darüber hinaus berichtet er von einem Kometen, der seit über acht Ta­gen zu sehen sei, und von Weissagungen.

45 Krentzheim: Chronologia. - Görlitz 1577. BI. iij r; vgl. BI. tiij r. 46 Siehe S. 49 f. der vorliegenden Arbeit. 47 Es sei hier noch darauf verwiesen, daß Wittmann, Lit.-Verz. 204, S. 46, in

der Geschichte der »Veronika Hakmann«, in Kalender 1814, Lit.-V erz. 59, BI. F 4 v, eine »Kontrastierende Verknüpfung von Weltchronik und Lebens­bericht: Wechsel und Dauer« sieht. Wittmann zieht aus diesen Beobachtun­gen aber keine Konsequenzen, die die Geschichte in die Tradition stellten.

48 Kalender 1808, Lit.-Verz. 53, BI. D r f. 49 Robert Minder schreibt, Lit.-Verz. 100, Einleitung, S.III, die Namen derer,

die über Hebel geschrieben hätten, bewiesen »allein schon die Spannweite seines sprachlichen, dichterischen Genius. Auf kleinem Gebiet, gewiß; doch eine Welt komplett in der Nußschale«. Minder weiß sehr wohl um das Kos­mopolitische Hebels, das er doch selbst konstatiert hat, Lit.-Verz. 179, S. 100. Verniedlicht segelt hier das »Weltläufig-Vagabundische« in nuce.

50 Goethe: Dichtung und Wahrheit. In: Goethes Werke. Bd. IX. - Harnburg 1964. 5. Aufl. (Hamburger Ausgabe). S. 29 und f.

51 Minder, Lit.-V erz. 100, Einleitung, S. XXX." 52 In dem Sinn etwa, daß die Bewohner den Namen der Stadt nachträglich,

nach dem Unglück, rechtfertigten als richtigen Namen, ihn also als sprechend legitimierten. Davon ist in Hebels Erzählung aber keine Rede, so daß Volks­etymologie hier ausfällt. Andererseits setzen die Eingangssätze eine Vor­entscheidung, die sich aus der Tradition der Etymologie rechtfertigen ließe, nämlich die Frage, die in Platos »Kratylos« (383 a-384 c) angesprochen (und beantwortet) ist: ob die Wörter »eine natürliche Richtigkeit« (383 b) haben oder bloß »auf Vertrag und Übereinkunft<< (384 d) gegründet seien. Setzte man hier eine etymologische Deutung des Eingangssatzes an, dann müßte die Konsequenz der Sätze lauten: der Name gehört der Stadt von Natur aus an, er wäre ihre physis, was hieße, daß die Stadt mit dem Un­glück erst ihr »eigentliches«, von der Natur oder Gott gegebenes Wesen er­füllte. Die Geschichtsauffassung, die sich hinter dieser Deutung verbirgt, wäre dann keine andere als die, daß nach einem ursprünglichen, gleichsam

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natürlichen, bereits vor jeder Geschichte liegenden Plan, der alle geschicht­lichen Ereignisse in ihrem Wesen, ihrer physis, bereits präfiguriert hätte, die Geschichte sich be-deutend erfüllte. Leiden ist Leiden (nicht nur Name), auch wenn es sich erst als solches im Jahr 1807 gezeigt hat. Etymologie als Ge­schichtsschreibung. Zieht man diesen Hintergrund zur Deutung noch mit her­an, so zeigt sich vielleicht noch deutlicher, wie sehr Hebel >>die Geschichte<< auf »die Stadt<< abgestimmt hat, um ihre Geschichte von der der Bewohner zu trennen, die doch aber die Geschichte der Stadt darstellen.

53 Wittmann hat diese Beobachtung bereits mit wünschenswerter Deutlichkeit herausgearbeitet, Lit.-Verz. 204, S. 49: »Man zögert unwillkürlich, für dieses Stück erzählender Prosa den Terminus >Geschichte< zu gebrauchen: es ist ohne rechte >Fabel<. Ihm fehlt das persönliche Schicksal des Helden, das >Er­lebnis< oder Abenteuer eines Einzelnen, das dem Erzählvorgang die gewohnte individuelle Kontur verleiht. Hebel gibt, wie der Titel bereits anzeigt, die Beschreibung eines >Unglücks<: aber des >Unglücks< einer ganzen >Stadt<, >einer großen und volkreichen Stadt<. Sehr stark hervorgehoben dieses Motiv der >Stadt< mit ihren >40 000 Menschen< und >11 000 Häusern<, mit ihrer breiten Lebensvielfalt: Held ist nicht eine einzelne Person, sondern eine ganze >Stadt<. Das Fehlen eines individualisierten Helden ist hier wichtiges Struk­turelement der Erzählform<< (S. 48 f.). Weiter gehen jedoch Wittmanns Schlüsse nicht; er fühlt sich lediglich bei solcher Darstellung an »die Rolle der Zeitung<< erinnert, die der Kalender fürs Volk gespielt habe. Diese Iden­tifikation von Zeitung und Kalender, die partout einreden will, das Volk habe nach einem Jahr die Nachrichten des Kalenders wie die Zeitung als Neueste Nachrichten verschlungen, lenkt Wittmann von seiner Fragestellung »journalistische Aktualität oder dichterische Weltdeutung<< (S. 48) ab, wobei die dichterische Weltdeutung den Sieg davon trägt, erweist sich doch der Journalismus bei näherem Hinsehen als zu wenig überzeugend. Dennoch sehe ich in Wittmanns Hinweisen eine Bestätigung meiner Fragestellung, liegt sie doch offensichtlich viel näher, als man angenommen hat.

54 Der Kalender druckt fälschlich » Thurn<<. 55 Minder, Lit.-Verz. 100, Einleitung, S. XXX. 56 Vgl. Minder ebd. 57 Goethe: Dichtung und Wahrheit, s. Anm. 50 des vorliegenden Abschnitts. 58 Nach Weinrich, Lit.-Verz. 200, S. 50 u. ö. 59 S. Anm. 57, Bd. IX der Hamburger Ausgabe, S. 642, Anmerkung von Erich

Trunz zu S. 29 f. des Goetheschen Texts. 60 Minder beruft sich auf Kafka, wenn er schreibt, Lit.-Verz. 100, Einleitung,

S. XXXI: »Hebel ist nicht, schrieb Kafka, wie die Modernen, >Vom wahren Worte abgesperrt<. Wort, Satz, Sinn decken sich bei ihm.<<

61 Der naheliegende Vergleich der Kleistschen Anekdote mit der Hebelsehen Kalendergeschichte ist in der Literatur immer wieder durchgeführt worden, zuletzt von Maria Lypp, Lit.-Verz. 177, ohne daß sich neue Akzente ergeben hätten. Der Grundtenor in allen vorgenommenen Vergleichen ist: Hebel rhapsodisch, harmlos, biedermännisch und treu, erfüllt von herzlicher Wärme, Kleist dramatisch, kalt, zynisch, erbarmungslos. Vgl. dazu auch Wittmann, Lit.-Verz. 204, S. 140-144. Hebel: »Schlechter Lohn<<, in: Kalen­der 1809, Lit.-V erz. 54, BI. C 4 v; Kleist: »Franzosen-Billigkeit<<, in: Hein­rich von Kleist: Werke in einem Band. Hg. v. Helmut Sembdner. - Mün­chen 1966. S. 777.

62 Bei Kleist reagiert der General Hulin auf den Verrat so: »Der General, der sich eben anzog, sagte: Nein, mein Freund; diese Stämme können wir nicht nehmen. - >Warum nicht?< fragte der Bürger. >Es ist königliches Eigen­tum.< - Eben darum, sprach der General, indem er ihn flüchtig ansah. Der

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König von Preußen braucht dergleichen Stämme, um solche Schurken daran hängen zu lassen, wie er. -« Kleist kommt es eben auf diese Pointe an und konsequent schließt mit ihr die Anekdote ab. Die Fallhöhe wird zweimal ge­steigert: »können wir nicht nehmen«, verbunden mit der scheinbar freund­lichen, aber herablassenden Anrede »mein Freund«. Die Formulierung »kön­nen wir« zwingt den Preußen zur Gegenfrage »warum nicht«, und damit ist der Raum für die zweite Steigerung geschaffen: der Dienst, den der Preuße dem Feind liefern will, wird entlarvt als unpatriotischer Verrat, als Schur­kenstück, welches den neuen Verwendungszweck der Stämme rechtfertigt.

63 Weinrieb zur »Tempusmetapher«, Lit.-Verz. 200, S. 108 und ff. Weinrieb schreibt zur Verwendung z. B. eines erzählenden Tempus in besprochener Welt: »Es ist verfremdet in einem fremden Kontext, verpflanzt in eine an­dersartige Situation. Es ist übertragen, kann man auch sagen. Wir fassen es daher als Tempusmetapher auf« (S. 108). Bei Hebel ist es das besprechende Tempus des Präsens, das sich in die erzählte Welt schiebt, sie desillusio­niert, indem sie in einem fremden Kontext diesen Kontext verfremdet. Auch inhaltlich erweist sich der eingeklammerte Satz als bewußte Provokation eines Bruchs innerhalb des Erzählten. Dieser Bruch bewirkt dreierlei: er desillusioniert die Illusion einer geschlossenen erzählten Welt, er weist auf das Erzählte als Erzähltes hin und macht damit auf den sprachlichen Vor­gang aufmerksam, und er kehrt die gewöhnliche Verwendung der Tempora um, indem er die Erwartung unmittelbarer präsentischer Darstellung ent­täuscht und das unmittelbar Angehende in das distanzierende erzählende Präteritum transponiert.

64 Kalender 1809, Lit.-Verz. 54, BI. D v f. »Merkwürdige Gespenster-Geschichte«. 65 Kalender 1810, Lit.-Verz. 55, Bl. C 3 v ff. »Einträglicher Räthselhandek 66 Bloch, Lit.-Verz. 99, Nachwort, S. 150. 67 Kalender 1810, Lit.-Verz. 55, BI. C 3 r f. 68 Kalender 1808, Lit.-Verz. 53, BI. F 3 r. 69 Ebd. Bl. E 3 v. 70 Kalender 1815, Lit.-Verz. 60, BI. F v f. 71 Kalender 1814, Lit.-Verz. 59, BI. D 2 v f. 72 Kalender 1815, Lit.-V erz. 60, BI. D r ff. »Hülfe in der Noth«. 73 Franz K. Stanze/: Typische Formen des Romans. - Göttingen 1965. 2.,

durchges. Aufl. S. 19 (= Kleine Vandenhoeck-Reihe 187). 74 Ebd. S. 20. 75 >>Mancherlei Regen« ist Titel des »Schatzkästleins«; unter ihm sind Beiträge

Hebels aus dem Vorläufer des Hebelsehen Kalenders von 1806 und zwei Beiträge (Notiz über Steinregen und »Der Hutregen«) aus dem Kalender von 1809 versammelt. Ich zitiere hier nach Lit.-Verz. 98, S. 43-49.

76 Saur, Lit.-Verz. 23, S. 10 des Kalendariums(= 3. Jan.). 77 Ebd. S. 11. 78 Ebd. 79 Lit.-Verz. 98, S. 47. 80 Zinner, Lit.-Verz. 137, S. 122 f., berichtet darüber: »Im gleichen 18. Jahr­

hundert lachten die Gelehrten in Paris, als sie den Bericht lasen, den der Ge­meinderat von Juillac über einen Steinfall an die Akademie richtete und da­bei 300 Augenzeugen anführte. Dieser Bericht erschien zu unglaubwürdig. Gewiß hatten die Gelehrten schon von ähnlichen Berichten gehört, sie aber immer für lächerlich angesehen; denn wie sollten Steine aus der Luft auf die Erde fallen? Das war unerhört. Der Physiker P. Bertholon schrieb darüber in einer Zeitschrift: >Wie traurig ist es nicht, einen ganzen Gemeinderat durch einen Bericht in aller Form Volkssagen bescheinigen zu sehen, die nur zu bemitleiden sind. Was soll ich einem solchen Bericht weiter beifügen?

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300 Zu S. 104-106

Alle Bemerkungen ergeben sich einem philosophischen Leser von selbst, wenn er dieses amtliche Zeugnis einer offenbar falschen Tatsache, eines physisch unmöglichen Vorganges liest.< Mehr als 10 Jahre lang hielt sich der Glaube, daß Steine nicht vom Himmel fallen können. Erst J. B. Biot (1774-1862) beseitigte diesen Aberglauben durch seinen Bericht über die bei L' Aigle am 26. April 1803 herabgefallenen Steine und ihren Zusammenhang mit einer beobachteten Feuerkugel.«

81 Lit.-Verz. 98, S. 48 f. 82 Ebd. S. 49. 83 Weinrieb, Lit.-Verz. 200, S. 86. 84 Ebd. S. 84. Es sei hier noch ein Exkurs zu Weinrieb angeschlossen. Weinrieb

trennt in seinem Buch überzeugend die Tempora von der Zeit. Aufgrund sei­ner Entdeckung kritisiert er u. a. Benjamin Lee Wborfs Untersuchungen zur Sprache der Hopi-Indianer, in denen Wborf feststellt, daß die Hopi keine Tempora kennen, weil ihnen das Zeitbewußtsein der SAE-Kultur ( = stand­ard average european: Standard Durchschnitts-Europäisch) fehle (B'L'W': Sprache, Denken, Wirklichkeit. Beiträge zur Metalinguistik und Sprachphilo­sophie. Hg. u. eingel. u. übers. von Peter Krausser.- Harnburg 1963 = rde 174). Weinrieb schreibt dazu: ,, Wir, die wir den Dialog Spenglers (gemeint ist die Wirkung des Spenglersehen Buchs >>Untergang des Abendlandes« in den USA, dessen Teil über die Indianersprache Wborf - ohne vielleicht von ihm zu wissen - widerlegt hat. Zusatz J. K.) mit einem gewissen Abstand beobach­ten, wollen Whorf gerne glauben, daß er in der Hopi-Sprache keine Zeit­formen gefunden hat. Das bestätigt nur unsere Auffassung, daß Tempus und Zeit zwei verschiedene Dinge sind. Aber wir glauben nicht so recht an die großen Zeitsymbole Spenglers und weigern uns jedenfalls entschieden, die Tempora der indogermanischen Sprachen als Ausdruck der Zeit zu rechnen. So trifft Whorfs Kulturkritik an der Zeitverhaftung der ,SAE-Kultur< mehr Spenglers Geschichtsdeutung als die Wirklichkeit der indogermanischen Spra­chen in Europa und der modernen Welt. Denn unsere Tempora haben genau­sowenig mit Zeit zu tun wie die Tempora der Hopi-Indianer und sind ihnen vielleicht viel näher verwandt, als Whorf zu denken gewagt hat<< (S. 308). W einrieh mag in seiner Kritik völlig recht haben, aber er vergißt dabei eines, daß nämlich die von ihm überzeugend durchgeführte Scheidung von Tem­pora und Zeit noch lange nicht die Scheidung des Bewußtseins vom Zusam­menhang von Tempus und Zeit bedeuten muß. Man denke dabei nur an Kants übermächtige reine Anschauungsformen Raum und Zeit, die sich eben auf das Bewußtsein gründen, daß unsere Tempora mit unserem Zeitbewußt­sein zusammenhängen (vgl. Weinrieb zu Kant S. 305, 307). Daß die Tem­pora mit Zeit verbunden worden sind, ist eine historische Tatsache, die auch mit Weinriebs Entdeckung in Kraft bleibt, als historische. Wie stark das Be­wußtsein von Tempora = Zeit noch ist, wie wenig eigentlich Weinricbs Buch, das für die Tempus-Forschung doch revolutionär hätte wirken müssen, ge­wirkt hat, zeigt die Vereinnahmung von Weinriebs Ergebnissen in die recht traditionelle Duden-Grammatik (DUDEN Grammatik der deutschen Gegen­wartssprache. Der große Duden Bd. 4. Bearb. v. Paul Grebe unter Mitwirk. v. Helmut Gipper, Max Mangold, Wolfgang Mentrup u. Christian Wink­ler. - Mannheim 1966, 2., verm. u. verb. Auf!.). Traditionell wird dort das Tempus als »Die Zeit<< (S. 96) eingeführt; die Tempora werden wie eh als Zeitformen abgehandelt. Erst im Kapitel >>Die Gliederung des Tempusbe­reiches im Deutschen<< (S. 103 f.) finden sich Hinweise auf Weinriebs Entdek­kung der besprechenden und erzählenden Tempora, die mit Zeit nichts mehr zu tun haben. Es liest sich als Groteske, wie die Ducleuredaktion W einriehs Forschungen pflichtgemäß notiert, sie aber zugleich in den traditionellen Zeit-

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Zusammenhang integriert, den jene doch zu sprengen angetreten waren. Der Überhang der Tradition weiß selbst Revolutionäres in seinem erstarrten und wohlgesicherten Schoß zu sublimieren und aufzuheben, ein Beweis, wie stark das traditionelle Bewußtsein Tempus mit Zeit identifiziert. Das hat Wein­rieb doch wohl unterschätzt.

85 Kalender 1812, Lit.-Verz. 57, BI. D 4 v ff. 86 Weinrich, Lit.-Verz. 200, S. 76-79. 87 Kalender 1819, Lit.-Verz. 61, BI. D 2 r f. 88 Kalender 1814, Lit.-Verz. 59, BI. D r >>Dankbarkeit<<. 89 Kalender 1808, Lit.-Verz. 53, BI. C 4 v »Mißverstand<<. 90 Kalender 1813, Lit.-Verz. 58, BI. F 3 v f. »Der große Schwimmer<<. 91 Wittmann, Lit.-Verz. 204, S. 31. 92 Kalender 1808, Lit.-Verz. 53, BI. E 5 r, verzeichnet folgende Rubrik: »Auf­

lösung der Räthsel. Das erste Räthsel findet man aufgelöst in der Erzählung: Schlechter Gewinn, in der 3ten und 4ten Zeile. Das zweyte in der Erzählung: Untreue schlägt den eigenen Herrn, auf der zweyten halben Seite in der 18ten Zeile<< (etc.). Die Verwendung der Geschichten als Rätselauflösungen geben den Geschichten einen weiteren undichterischen Aspekt: die Wörter der Erzählungen sind auch außerhalb ihres »immanenten<< Zusammenhangs verfügbar und verweisen damit auf außerdichterische Zusammenhänge, in denen sie stehen und verständlich sind. Das heißt für die Geschichten: sie sind nicht in sich geschlossen, sondern stellen sich in den Zusammenhang des Kalenders und weisen darüber hinaus auf außersprachliche Wirklichkeit.

93 Minder, Lit.-Verz. 179, S. 65. 94 Ebd. S. 69. Minder macht (S. 67 Anm. 3) den »Ich-Ton<< der Erzählung als

Indiz dafür verantwortlich, das heißt also der Brechts, daß es sich bei der »Unwürdigen Greisin<< um die »Mutter des Vaters, Karotine Brecht, geb. Wurzel<< handele, die »zwei Jahre nach ihrem Gatten, wie in der Erzählung, aber mit 80 Jahren, nicht mit 72<< gestorben sei, wobei sich fragt, warum Brecht dann nicht die »reale<< Zahl übernommen hat. Minder stellt in keiner Wei­se in Frage, ob denn solche Identifikation zwischen Realität und Dichtung mög­lich und richtig sei. Er setzt sie bei Brecht als selbstverständlich voraus. über Brecht schreibt Minder folgendes: »Der Jüngling begehrt auf, verwirft die Welt der Väter und des Kriegs, wird um ein Haar wegen Defaitismus rele­giert. Aus dem Komfort des bürgerlichen Heims hat er sich auf eine Man­sarde zurückgezogen, sitzt in Kneipen mit anrüchiger Gesellschaft herum -Gesindel, Ganoven, sagen die Eltern. Zu Beginn seiner Laufbahn schlägt er den gleichen Weg ein wie die Großmutter am Ende ihres Lebens. Wiederge­fundene Einheit! Beide Male führt der Weg zu denen, die unten gehalten werden und die dagegen rebellieren. Das Verhalten der Greisin entfremdet sie der Klasse der Besitzenden und bringt sie den Menschen wieder nahe. Als Gattin und Mutter war sie gesellschaftlichen Zwängen unterworfen gewesen, hatte eine vorgeschriebene Rolle zu spielen gehabt und gespielt. Endlich ist sie nur sie selber und wagt es zu sein. So wenigstens sieht es nachträglich der Enkel<< (S. 68 f.). Minders Parallelen reichen meiner Meinung nach nicht aus, die Geschichte als Realitätsdarstellung zu deuten; denn selbst dann, wenn Brechts Großmutter als Vorbild der Geschichte gedient hat, woran es übri­gens kaum Zweifel geben wird, müssen dichterische und reale Person noch nicht eine sein. Dazu bedarf es anderer Nachweise als bloß des Nachweises eines realen Vorbilds. Eine weitere Interpretation zu dieser Erzählung gibt es von Linnenborn, Lit.-Verz. 175, der die »unwürdige Greisin<< zur »sozia­listischen Revolutionärin<< (S. 103) stilisiert, wofür es in Brechts Geschichte keine Hinweise gibt. Schwimmer, Lit.-Verz. 212, bespricht die Geschichte nicht.

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302 Zu S. 109-121

95 Lit.-Verz. 90, Bd. 19, S. 326, »definiert« Brecht den Begriff »realistisch«: »Realistisch heißt: den gesellschaftlichen Kausalkomplex aufdeckend I die herrschenden Gesichtspunkte als die Gesichtspunkte der Herrschenden ent­larvend I vom Standpunkt der Klasse aus schreibend, welche für die drin­gendsten Schwierigkeiten, in denen die menschliche Gesellschaft steckt, die breitesten Lösungen bereit hält I das Moment der Entwicklung betonend I konkret und das Abstrahieren ermöglichend.«

96 Lit.-Verz. 88, S. 147-155. Weitere Stellennachweise unterbleiben wegen der Kürze der Geschichten und wegen meiner Ziderweise nach der Erstausgabe, die ich Anrn. 3 meiner Einleitung gerechtfertigt habe.

97 Vgl. dazu Anrn. 94 dieses Abschnitts. 98 Minder, Lit.-Verz. 179, schreibt Anrn. 3 zu S. 67 über Allios gleichnamigen

Film: >>Der französische Film, den Rene Allio in freiem Anschluß an den Text gedreht hat, verfälscht ihn schon durch die Verlegung des Schauplatzes nach Marseille. Das Bohrende, Hintersinnige ist dem Charme und subtiler Munterkeit gewichen: die Sonne dringt in alle Winkel.« Wichtiger als diese Verfälschung halte ich das Weglassen der Person des Enkels als Vermittler der Geschichte, was auch filmisch möglich gewesen wäre (etwa als >>bebil­derte<< Dokumentation). Allio hat gegenüber Brechts Geschichte einen harm­losen, verharmlosenden Film gedreht, was aber keineswegs arn sonnigeren Marseille liegt. Allio stilisiert die Großmutter zu einer schruiligen, aber selbstbewußten alten Dame, die ausgerechnet frühmorgens Schaufenster­bummel durch Marseilles Geschäftsstraßen macht. Der vorn Onkel so bissig benannte >>Krüppel« erscheint nun als liebenswürdige, aufgeklärte Dirne, die halt mitmacht, weil es ein paar schöne Tage zu durchleben gilt, und der On­kel ist mehr ein Nichtsnutz als ein an die Geseilschaft angepaßter Mensch, der sich bei seiner Mutter schadlos halten will. So entstand ein Film von einer liebenswürdigen Eigenbrödlerin, die sich gegen das Schmarotzerdasein ihrer Söhne wehrt, sonst aber in der Welt der Supermärkte, Restaurants und Autos den Anschluß an die nun zum Technischen hin entwickelte Geseil­schaft sucht: Anpassung, statt Absetzung und Infragesteilen. Ailes in ailern gutes Illusionstheater, nicht ohne Witz, kurzweilig, aber ohne kritische Di­stanz und nicht auf die Gesellschaft zielend. Allios Film bleibt unverbind­lich, privat, und er hat mit Brechts Geschichte wenig mehr als den Titel ge­meinsam.

99 Eine weitere Steile für den Realitätsbezug der Geschichte ist: >>Und den Pfarrer, der sie besuchen kam, um der alten Frau in ihrer Vereinsamung Ge­sellschaft zu leisten, lud sie, wie ailgernein behauptet wurde, ins Kino ein!« Ein Gerücht also, das mehr über die sagt, die es aufgebracht haben, als über Frau B. Auch hier gibt es also keine Sicherheit; nur die Realität kann den Beweis für das Gerücht geben.

100 Lit.-Verz. 90, Bd. 14, S. 1174. Spicer sagt dort über Cäsars Unternehmun­gen: >>>Dieser Rarus hatte mit der geschäftlichen Seite der Unternehmungen zu tun, und Sie wissen, daß diese Seite unsere Historiker wenig interessiert. Sie wissen keinen Deut, was Kurzverkaufen ist. Das halten sie ailes für ne­bensächlich.«< Die doppelte Darsteilung der Seeräuberanekdote steht ebd. s. 1187-1190.

101 Grimm, Lit.-Verz. 157, S. 24 und f.; vgl. auch Klotz, Lit.-Verz. 169, S. 69, der schon vor Grimm vom >>Mittel der Doppelung« bei Brecht gesprochen hat.

102 Lit.-V erz. 90, Bd. 15, S. 343. 103 Lit.-Verz. 90, Bd. 19, S. 531. 104 Ebd. 105 Ähnliches ist, wenn auch nicht so konsequent wie bei Brecht, bereits bei He-

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bel zu finden. Der Hausfreund »hat« seine Geschichten oft von jemandem, dem Adjunkten, der Schwiegermutter, einem guten Freund. Auch er läßt sich also die »Welt der Erzählung« geben und unterwirft sich dem »Diktat« der Überlieferung. Hebel suggeriert mit diesem Mittel, keine Macht über »seine<< Erzählung zu haben. Freilich ist auch das Spiel mit der Realität in­nerhalb der Fiktion - und so gesehen ist jede Realitätsdarstellung Fiktion -, aber es gibt damit immerhin zwei fiktionale Ebenen, von denen eine die realistischere ist und die geschlossene Fiktion grundsätzlich in Frage stellt.

III. Enttäuschungen

1 Kalender 1819, Lit.-Verz. 61, BI. F 3 v f. 2 Lit.-Verz. 98, S. 9. 3 Ebd. S. 44. 4 Kalender 1808, Lit.-Verz. 53, BI. D v. 5 Kalender 1811, Lit.-Verz. 56, BI. C 4 v f. »Der listige Steyermarker«. 6 Lit.-Verz. 98, S. 66-69, ZitatS. 67. 7 Lit.-Verz. 90, Bd.15, S. 372. Ebd. S. 301 heißt es ähnlich: »Einen Vorgang

oder einen Charakter verfremden heißt zunächst einfach, dem Vorgang oder dem Charakter das Selbstverständliche, Bekannte, Einleuchtende zu nehmen und über ihn Staunen und Neugierde zu erzeugen.«

8 So ebd. S. 364; vgl. Grimm, Lit.-Verz. 160, S. 44. 9 Grimm ebd.

10 Helge Hultberg, Lit.-Verz. 164, hat bereits überzeugend nachgewiesen, daß Brechts Verfremdung das Ziel »Erkenntnis« (S. 136) habe, also mehr Denk­prozeß als Kunstmittel darstellt. Hultberg grenzt dabei die Verfremdung deutlich gegen romantische Reminiszenzen ab, die immer wieder mit Ver­fremdung in Zusammenhang gebracht worden sind, zuletzt von Ewen, Lit.­Verz. 155, der schreibt: »Im seihen Geist hatten die romantischen Dichter sich bemüht, das Gewöhnliche ungewöhnlich zu machen« (S. 189). Hultberg weist dagegen nach, daß es den Romantikern nicht um Erkenntnis, sondern um den »mystischen Schein« (S. 136) gegangen sei. Hultberg, der die »ästhetischen Anschauungen« Brechts in dessen Theorie untersucht hat, kommt zur Konse­quenz, daß die Funktion des Brechtsehen Theaters (Hultberg bleibt beim Theater) »Information« sei: »Diese Information kann teils belehrend, teils unterhaltend wirken, aber sie wird nicht als prinzipiell verschieden von an­derer Information und Unterhaltung charakterisiert. Brecht hat daher das Problem vom Wesen der Kunst im Gegensatz zu anderen symbolischen Aus­drucksweisen nicht gelöst. Er distanziert sich scharf von der Auffassung der Kunst als verwandt mit der Religion - einer Auffassung, der sonst außer­ordentlich viele Ästhetiker gehuldigt haben -, aber damit endet er bei dem entgegengesetzten Extrem, indem er die Kunst eindeutig an die Wissenschaft bindet. Eine besondere künstlerische Ausdrucksweise erkennt Brecht nicht an« (S. 109). Theoretisch ist dem kaum etwas hinzuzufügen; praktisch aber stellt sich Brechts »Kunst« nicht als »Wissenschaft« dar. Diese Trennung von Theo­rie und Praxis hat bereits Grimm, Lit.-Verz. 159, gerügt. Ich komme darauf noch zurück. Dennoch bleibt Hultbergs Hinweis wertvoll, wenn er Brechts Dichtung der >>wissenschaftlichen Haltung« verpflichtet sieht, mit der Konse­quenz, daß Brechts Dichtung Erkenntnisse vermitteln will, daß sie als Ver­fremdungsdichtung Erkenntnisdichtung ist, und demnach, da folge ich Hult­berg, mit dem traditionellen Kunstverständnis nur noch wenig gemeinsam hat, auch wenn sie praktisch keine Wissenschaft ist. Sie zielt aber wie die Wissenschaft auf Reales und nicht wie Kunst traditionell - was Hultberg mit seinem Hinweis auf die religiöse Bindung der Kunst andeutet - auf Ir-

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reales. Damit aber ist das >>Problem vom Wesen der Kunst<< für Brecht keines mehr. Schwieriger wird es freilich, Hultberg zu folgen,' wenn er genauer sagt, was er unter »Wissenschaft<< versteht, und das, was er darunter versteht, mit Brechts Wissenschaftlichkeit identifiziert. Hultberg interpretiert Brechts »Ge­stik« nämlich als »wissenschaftliches Zeichen<<, als »designatum<< (S. 143 und S. 149); er schreibt: »Die wissenschaftlichen Zeichen zeigen auf das designa­tum und haben keine andere Funktion, das Ideal der wissenschaftlichen Sprache muß es sein, Wörter zu benutzen, die überhaupt keine Assoziationen über eine notwendige hinaus haben. Daher sind mathematische Symbole am besten geeignet oder jedenfalls diese oder jene Form von Metasprache<< (S. 149; vgl. S. 199 f.). Dementsprechend sei es Brechts Streben, »monosigns<< (S. 149) herzustellen: »seine Verfremdung hat gerade den Zweck, alle Asso­ziationen der Wörter zu beseitigen und sie eindeutig zu machen, er will, wie er in >Fünf Schwierigkeiten beim Schreiben der Wahrheit< sagt, den Wörtern >ihre faule Mystik< nehmen. Verfremdung ist ein Mittel, eine Metasprache zu schaffen, so daß die Symbole rein >referential< anstatt >evocative< werden<< (S. 149). Damit wird Brecht in den Neo-Positivismus der Eindeutigkeit heim­geholt. Hultberg übersieht, wenn er »theoretisch<< Brechts Verfremdung mit technisiert-eindeutiger Wissenschaftlichkeit identifiziert, das wichtigste Mo­ment der Verfremdung, worauf bereits Grimm, Lit.-V erz. 141, S. 69 (vgl. Grimm, Lit.-V erz. 158), aufmerksam gemacht hat, auf die Dialektik, das Hi­storisieren: »Das Prinzip der Verfremdung sprengt aber zwangsläufig die Ideologie überhaupt. Denn was heißt Verfremden? Es heißt >historisieren<, heißt >Vorgänge und Personen als historisch, also vergänglich darstellen< und damit als veränderbar. Das gilt sowohl für die Vergangenheit wie für die Ge­genwart: auch sie kann als >Zeitgebunden, historisch, vergänglich< dargestellt werden. Die Verfremdung, auf der kritischen, wissenschaftlichen Haltung und Methode der Dialektik beruhend, zeigt Widersprüche auf und veranlaßt damit den Zuschauer zum selbständigen Durchdenken und Eingreifen. Pro­duktiver Zweifel und dialektische Bewegung bilden also ihr philosophisches Grundprinzip.<< Grimm sagt deutlich, was Brecht mit Wissenschaftlichkeit meint: kritisch distanzierende, Widersprüche aufdeckende, dialektisch-histo­risierende Haltung. Es ist nicht wahr, wie Hultberg meint, daß Brecht Ein­Deutigkeiten herstellen, noch, daß er so etwas wie eine »Metasprache<< schaf­fen wollte. Wenn er den Wörtern ihre »faule Mystik<< nimmt, so zerstört er die Assoziationsmechanismen, die die Wörter »evozieren<< und macht sie als Mechanismen durchsichtig. Diese Mechanismen sind es ja gerade, die den Wörtern bewußtlos irgendwelche Zusammenhänge unterschieben, die sie in ihrer Bedeutung »fest«legen, und wenn nicht eindeutig, so doch statisch, un­historisch werden lassen. Gerade das dialektische Denken bedarf des Wider­spruchs, der historischen Mehrdeutigkeit der Wörter in der Praxis, um die eingeübten Assoziationsmechanismen aufzudecken, und nicht der Eindeutig­keit, deren etwa die Naturwissenschaften bedürfen und die sie durch Setzun­gen festlegen. Brecht wendet sich nicht gegen Assoziation (sie beseitigen zu­wollen, wäre sowieso ein nutzloses Unterfangen), sondern gegen ihre bewußt­losen Mechanismen, die zu jedem Wort oder zu jeder Wendung einen oder mehrere fixe Zusammenhänge beschwören - als Bekanntes, als Gewohntes, als Wahres. Eindeutigkeit dagegen hieße Einsinnigkeit, hieße, den Wörtern ihre historischen Zusammenhänge nehmen, wie es die Metasprachen mit ihrem idealtypischen Durchschnittssprecher zu tun pflegen. Brechts Gestik deutet auf etwas anderes, als Hultberg angenommen hat, es deutet nicht auf »Zeichen<<, »designatum<<, sondern auf Zeigen, Demonstrieren, Vormachen, es deutet auf den Zusammenhang von Sprache (Kunst) und außersprachlicher

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Realität, die Gestik zeigt auf die Praxis (so wird es gemacht), sie verbindet Theorie und Praxis, eine Verbindung, die Hultberg für sich nicht in Anspruch nimmt. Brechts Gestik verweist auf die Geschichtlichkeit und die Alltäglich­keit, die Praxis der Umgangssprache, die den Wörtern ihre jeweils historische (praktische) Bedeutung verleihen. Sprache als Zeigendes, als Praktisches, mit dem man umgeht, Sprache, verwoben mit der Geschichtlichkeit der Umgangs­sprache, deren Relevanz Ludwig Wittgenstein, Lit.-Verz. 136, entdeckt hat (vgl. dazu mein Kapitel »Praktikable Definitionen<<), löst sie gerade aus der Eindeutigkeit heraus, indem sie auf den geschichtlichen Zusammenhang des­sen verweist, was gezeigt wird. Hultberg will Brechts Verfremdung für das vereinnahmen, was Herbert Marcuse das >>eindimensionale Universum<< ohne Geschichtlichkeit bezeichnet hat (Lit.-V erz. 123). Eindeutigkeit bringt die Sprache um ihre Geschichtlichkeit in der Fixierung des Bestehenden. Wörter werden Fixa, werden »fest<<gestellt auf »einen<< Sinn: in der Eindimensiona­lität spricht die Sprache, nicht mehr der Mensch. Eindeutigkeit ist undialek­tisch, die Bewegung der Begriffe kennt kein Fixum. Hege[ schreibt dazu, Lit.­Verz. 117, S. 31: »Die Gedanken werden flüssig, indem das reine Denken, diese innere Unmittelbarkeit, sich als Moment erkennt, oder indem die reme Gewißheit seiner selbst von sich abstrahiert; - nicht sich wegläßt, auf die Seite setzt, sondern das Fixe ihres Sichselbstsetzens aufgibt, sowohl das Fixe des reinen Konkreten, welches Ich selbst im Gegensatz gegen unterschiedenen In­halt ist, als das Fixe von Unterschiedenen, die im Elemente des reinen Den­kens gesetzt, an jener Unbedingtheit des Ich Anteil haben. Durch diese Be­wegungen werden die reinen Gedanken Begriffe, und sind erst, was sie in Wahrheit sind, Selbstbewegung, Kreise, das, was ihre Substanz ist, geistige Wesenheiten.<< Reinhold Grimm hat in einer längeren Rezension, Lit.-V erz. 159, Hultbergs Arbeit kritisch gewürdigt. Er bemängelt an ihr vor allem die Trennung von Theorie und Praxis und die einseitige, verabsolutierende Hervorhebung ersterer (S. 90). Grimm stellt mit Recht die Frage, wie denn bei »dialektischem Verfahren<< »Theorie und Praxis fein säuberlich<< zu trennen seien (S. 90). Zweiter wichtiger Kritikpunkt Grimms ist die »Hartnäckigkeit<< (S. 94), mit der Hultberg Brechts Dichtung, das heißt, sein theoretisches Bestreben darum, auf »Nicht-Kunst<< festlege (Hultberg S. 83 u. ö.; Grimm S. 94). Grimm mo­difiziert folgendermaßen: Brechts Feindschaft sei nicht gegen »die Kunst<< ge­richtet, nicht gegen »jede Form von Kunst<< (Grimm S. 106 zit. Hultberg S. 82), sondern gegen eine »ganz bestimmte Art von Kunst und vor allem Kunstauffassung, die er (d. i. Brecht, Zusatz J. K.) - ob zu Recht oder zu Unrecht, braucht uns hier nicht zu kümmern - als >Erbstück einer depravier­ten und parasitär gewordenen Klasse< an den Pranger stellt<< (Grimm S. 106). Dies freilich ist ein Streit um des Kaisers Bart: Hultberg, der nur jene »ganz bestimmte Art von Kunst<< als Kunst bezeichnet und für die »Kunst« Brechts dann eben den Titel nicht mehr gelten läßt (Hultberg S. 155; vgl. S. 177), zieht lediglich eine radikalere Konsequenz als Grimm und verwischt die Un­terschiede zwischen Kunst hier und Kunst (= Nicht-Kunst) da nicht, wie Grimm es tut, wenn er sich auf Hultbergs Sprachregelung nicht einläßt. Wenn man bedenkt, daß in nicht wenigen Brecht-Arbeiten sich »die Kunst<< gegen den »Willen<< des Dogmatikers, des Ideologen »durchsetzt<< und ihre geheilig­ten Zwecke erfüllt (so Grimm: »Brechts Werk enthält auch noch gegen den Willen seines Autors echt tragische Elemente, die bloß dieser selbst durch seine einseitige Beurteilung verkannte.<< Reinhold Grimm: Ideologische Tra­gödie und Tragödie der Ideologie. Versuch über ein Lehrstück von Brecht. In: Interpretationen. Hg. v. Jost Schillemeit, Bd. II Deutsche Dramen von Gryphius bis Brecht. - Frankfurt a. M. und Harnburg 1965 = Fischer Bü-

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cherei 699. S. 309-339. Zitat S. 332), daß sich die Kunst gleichsam ohne Zu­tun des Autors doch erfüllt, ist Hultbergs Sprachregelung, zumal er sie auf die Theorie beschränkt, nicht zu beanstanden. Müller, Lit.-Verz. 182, schreibt über den Zusammenhang von Dichtung und Theorie Brechts: >>Der Beweis ist noch nicht erbracht, daß die Dichtungen der Theorie widersprechen - vor­ausgesetzt, daß man die Theorie vorurteilslos analysiert<< (S. 187), und er fährt fort: »Brechts Überlegungen bezeichnen die Tendenz seiner Werke und erhellen ihre Struktur. Er hat keine autonomen Kunstwerke schaffen wollen, er war auch nicht >unbewußt< oder wider Willen Künstler, seine Erscheinung ist auch nicht >paradox<, sondern sein Wirken zielte konsequent in eine Rich­tung: er hat den Begriff der Kunst verändert. Das Kunstwerk ist sehr viel objektiver, der Wirklichkeit stärker verpflichtet, als wir es bisher gewohnt waren. Dadurch ist nicht unbedingt eine neue Ästhetik begründet, aber Brechts Dichtungen haben ihr eigenes Gesetz, das wir respektieren müssen<< (S. 187). Hultbergs Formulierungen verhindern konsequent das, was sich in der Praxis angeblich gegen den Willen des Autors durchsetzt: die Kunst »an sich<<, Grimms Formulierung: nur eine bestimmte »Art von Kunst<< sei ange­prangert, hinterläßt den undialektischen Verdacht: die Kunst sei etwas Hö­heres, Ungeschichtliches, übergeschichtliches, zu dem es nur Arten, nur Auf­fassungen, Formen gibt, während »die Kunst<< ewig wahr, unwandelbar, im­mer gültig wäre (also »Idee<<, die »Erscheinungen<< zeitigte). »Kunst<< meint eben bei Brecht nicht mehr Kunst im alten Sinn, und, um den neuen Sinn zu beschreiben, ist der Hinweis Erkenntnis, Wissenschaftlichkeit, Realität be­stimmt nicht der schlechteste. Brecht versteht Kunst neu und setzt sich pole­misch gegen den alten Begriff ab, den Grimm letztlich doch hochgehalten wissen möchte. Andererseits ist es erstaunlich, daß Grimm in seiner Rezension nicht Huft­bergs Begriff von »Wissenschaft<< kritisiert. Grimm, der doch auf die Dialek­tik der Verfremdung aufmerksam gemacht hat (und auch die nötigen Konse­quenzen gezogen hat, freilich nicht für Brechts Dichtung), hätte gerade dort ansetzen müssen. Dennoch bleibt Hultbergs Hinweis auf Brechts Kunst als Erkenntnis wertvoll, kann er doch erstens verhindern, Brecht in die traditio­nelle Kunst heimzuholen, und zweitens darauf hinweisen, daß Verfremden in erster Linie Erkenntnis-, Denkprozeß ist, daß sich Verfremden nicht als formales Mittel, wie Grimm es tut, gegen den dogmatischen Gehalt ausspie­len läßt, daß Verfremden, wie auch Grimm selbst gesagt hat, nicht ideolo­gisch, nicht dogmatisch sein kann, verleugnete sich verfremdendes Denken nicht selbst.

Die Trennung zwischen Erkenntnisprozeß und Darstellungsmittel (V-Effekt auf dem Theater) halte ich insofern für wichtig, als Grimms Kritik an Huft­berg in bezug auf die »Komik<< des V-Effekts lediglich dem Darstellungsmit­tel, nicht aber dem Denkprozeß gelten kann. Verfremdung kann und soii ko­mische Wirkungen haben, und Brecht hat das gewußt; aber eine Verbindung in dem Sinne, daß Komik zur »Definition<< der Verfremdung notwendig ge­hörte, besteht zwischen Komik und Verfremdung nicht (Hultberg S. 138, Grimm dagegen S. 98 f.). Freilich sollte man auch hier nicht zwischen Theorie und Praxis trennen; aber auch nicht einseitig von der Praxis her, wobei Grimm den V-Effekt als bloßes »Mittel<< versteht - fragt sich, ob das »prak­tisch<< ist -, versuchen, den Begriff festzulegen, der ihn, den V-Effekt, dann nicht mehr tauglich macht für die umgreifenden Zusammenhänge, in die er gehört. Daß sich Dialektiker nicht mehr des Bierernstes der Tiefenmetaphy­siker und Hinterweltler älterer Tage befleißigen, ist etwas anderes als Ko­mik. Brecht bescheinigte dem Dialektiker Hege[ das »Zeug zu einem der größten Humoristen<< (Lit.-Verz. 90, Bd. 14, S. 1460), und er dachte dabei

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wahrscheinlich an den Beginn von Hegels »Logik<<. Komik auf dem Theater ist freilich etwas anderes als die Philosophie Hegels über den Anfang des An­fangs. Weiterhin leuchtet mir Grimms Beharren auf der Abhängigkeit der »Ver­fremdung<< vom russischen Formalismus aufgrund einer nicht weiter nach­weisbaren zeitlichen Obereinstimmung von Brechts Sowjetunion-Aufenthalt (Frühjahr 1935) und der Neufassung der >>Entfremdung<< als Verfremdung nicht ein. Grimm sagt gegen Hultberg in bezug auf russischen Formalismus und Brechts Verfremdung: »Beide zielen darauf ab, die Automatisation un­seres Fühlens und Denkens, wie sie sich vor allem in der Sprache manifestiert, durch einen zugleich künstlichen und kunstvollen Eingriff aufzuheben<< (S. 101). Ähnlich äußert sich Grimm in seinem jüngst erschienenen Brecht­Buch, Lit.-V erz. 160, S. 43 f., wo er das gleiche »ästhetische Grundproblem<<, das Brecht und Sklovskij verbinden soll, wieder hervorhebt. Solange dafür keine besseren Beweise vorliegen, als sie Grimm anführt, gibt es nicht genü­gend Gründe »ostranenije<< mit Verfremdung zu identifizieren. Der Begriff »Entfremdung<< ist dermaßen belastet, daß es nur schwer einzusehen ist, daß Brecht ihn ausgerechnet von Sklovskij gehört haben soll. Außerdem glaube ich im folgenden genügend Nachweise angeführt zu haben, die eine Verbin­dung der Hegeischen »Entfremdung<< mit der Brechtsehen Verfremdung nahe­legen, auch wenn dies für Brecht nicht der einzige Einfluß gewesen sein dürfte. Mit dem Rekurs auf Hegels Entfremdung jedenfalls läßt sich zeigen, daß es Brecht auch - neben dem theatralischen Mittel - um einen Denk­und Erkenntnisprozeß ging, der die alte Kunst radikal in Frage stellte, der die Kunst einer wissenschaftlichen, auf die Realität bezogenen Haltung öff­nete. Die Auseinandersetzung mit weiteren Thesen zur Verfremdung erspare ich mir, um diese Anmerkung nicht noch mehr anzuschwellen; mit Hultberg, Grimm, Müller meine ich - wenn man von Schumacher, Lit.-Verz. 194, ab­sieht, auf den ich hier noch nachdrücklich verweisen möchte, bes. S. 66-68, 187-195 - die wichtigsten Vertreter referiert und besprochen zu haben. Daß im Zusammenhang mit Brecht immer wieder von Verfremdung gespro­chen und geschrieben wird, wird kaum verwundern. Die Literatur allein auf­zuzählen, füllte Seiten.

11 Grimm, Lit.-Verz. 157, S. 75 f. 12 Helmut Pleßner: Geistiges Sein. über ein Buch Nicolai Hartmanns. In: Zwi­

schen Philosophie und Gesellschaft. - Bern 1953. Schöne, Lit.-Verz. 191, S. 273, sieht den Verfremdungsbegriff ebenfalls im Zusammenhang mit He­gel. Vgl. dazu das in Anm. 10 Gesagte.

13 Georg Lukdcs: Der junge Hege!. über die Beziehungen von Dialektik und Ökonomie. - Neuwied und Berlin 1948. 3. Aufl. 1967 (= G'L' Werke Bd. 8). S. 658.

14 Vgl. Adorno, Lit.-Verz. 103, S. 271 ff. 15 Marx: Die heilige Familie (1844/ 45), Lit.-V erz. 124, S. 317. 16 Hege!, Lit.-Verz. 117, S. 32. 17 Bloch, Lit.-V erz. 107, S. 82; es heißt dort über Verfremdung: »Nicht zuletzt

soll dadurch die heimische Entfremdung gemerkt werden, mit Umweg als kürzestem Weg, mit einer Bereitung durch Entlegenheit, die als Sache nun freilich weit älter ist als ihr Wort.<<

18 Brecht, Lit.-Verz. 90, Bd. 15, S. 360. Diese Stelle haben bereits Grimm, Lit.­Verz. 141, S. 61, und Schumacher, Lit.-Verz. 194, 5.192, herangezogen.

19 Brecht, Lit.-Verz. 90, Bd. 15, S. 264. 20 Hege!: Gymnasial-Rede vom 29. September 1809. In: G. W. F. Hege[: Stu­

dienausgabe in drei Bänden. Ausgewählt, eingeleitet und mit Anmerkungen

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versehen von Kar! Löwith und Manfred Riede!. Bd. 1. - Frankfurt a. M. und Harnburg 1968. S. 35.

21 Grimm schreibt, Lit.-V erz. 157, S. 75, über Brecht: »Es ist deshalb töricht, ihn, wie es immer wieder geschieht, ideologisch bagatellisieren zu wollen<<, weil Brecht »Überzeugter Marxist<< gewesen sei. Seine Beschäftigung mit dem Marxisten rechtfertigt Grimm so: >>Aber es ist seine Größe, daß er dennoch und sogar gegen seinen Willen die Ideologie sprengt.<< Fragt sich nur, >>was<< denn da nun eigentlich sprengt.

22 Nietzsche, Lit.-V erz. 126, S. 256 f. (Aph. 355). Ich gehe nicht so weit, wie es vielleicht naheliegen könnte, direkte Abhängigkeit zu behaupten. Da aber ähnliche Gedanken bei Hege[ und Marx zu finden sind, so läßt sich nur vor­sichtig vermuten, daß in manchem Nietzsche zu Heget und Marx nicht so weit entfernt steht, als man gemeint hat, und daß Brecht möglicherweise alle drei rezipiert hat. In erster Linie geht es mir aber mit dem Hinweis auf Nietzsches >>Fremd-Sehen<< darum zu zeigen, daß Verfremdung und Marxis­mus keineswegs zusammengehören, als sei Verfremdung ohne Marxismus nicht möglich. Verfremdung zeigt sich als ein >>negatives<<, negierendes Den­ken, das sich nicht festlegen läßt, schon gar nicht weltanschaulich.

23 Heget, Lit.-Verz. 117, S. 28; Brecht, Lit.-Verz. 90, Bd. 20, S. 167. 24 Bei Nietzsche, Lit.-V erz. 127, lassen sich weitere, freilich noch nicht genau

untersuchte Stellen finden, die den geschmähten Nihilismus bei Nietzsche als Enttäuschung und diese wiederum als »negative Dialektik<< (Adornos Aus­druck, Lit.-V erz. 103) interpretabel erscheinen lassen. Nietzsche bezeichnet dort (S. 404 f., Aph. 585 B) den Nihilismus als »Untergrabend, sezierend, enttäuschend, schwächend<< und unterscheidet (S. 21 f., Aph. 24) zwei Arten des Nihilismus, den der Schwäche und der Stärke, indem er sie als die Verbin­dung von Theorie und Praxis interpretiert: »Der Ver-Nichtsung durch das Ur­teil sekundiert die Ver-Nichtsung durch die Hand.<< Nihilismus bedeutet dann nicht mehr die Zerstörung von allem und absoluter Unglauben, sondern er meint als Enttäuschung die Ent-Täuschung der Täuschung. Adorno hat bereits auf einen möglichen Zusammenhang seiner »Negativen Dialektik« (Lit.-Verz. 103, S. 370) mit dem Nihilismusbegriff Nietzsches aufmerksam gemacht; er sagt dort über Nietzsches Nihilismus: »Mit einer Ironie, für welche die Ohren mitt­lerweile zu stumpf geworden sind, benutzte er ihn zur Denunziation des Gegen­teils dessen, was das Wort in der Verschwörerpraxis meinte, des Christen­tums als der institutionalisierten Verneinung des Willens zum Leben.<< Nihi­lismus hieße dann in Wirklichkeit bei Nietzsche Negation des »alten Ver­trauens<<, des Gewohnten, des Sicheren. »Nihilisten sind die, welche dem Ni­hilismus ihre immer ausgelaugteren Positivitäten entgegenhalten, durch diese mit aller bestehenden Gemeinheit und schließlich dem zerstörenden Prinzip selber sich verschwören. Der Gedanke hat seine Ehre daran, zu verteidigen, was Nihilismus gescholten wird.<< So deutet Adorno (ebd. S. 372) den Nihi­lismus-Begriff um. Eine Untersuchung über die Dialektik bei Nietzsche steht noch aus. Sie könnte vielleicht zeigen, daß das, was an Zerstörerischem, Nich­tigem bei Nietzsche beschworen wird, in Wirklichkeit die Negation jener »ausgelaugten Positivitäten<<, deren Vertreter nach Adorno eben jenem Zer­störerischen huldigen, das sie den Nihilisten anlasten; und sie könnte vielleicht zeigen, daß Nietzsche da, wo er »positiv« wird, wo er die »Überwindung des Nihilismus<< in einem geschichtlichen »Jenseits<< (des Nihilismus) sucht, dem Faschismus Parolen geliefert hat. Zur Enttäuschung bei Nietzsche vgl. noch Lit.-Verz. 127, die Aphorismen 12, 16 und 37, Lit.-Verz. 126, den Aphorismus 354 und den Aphorismus 569, Lit.-V erz. 127, wo Nietzsche von »Phänomenalismus<< als von Täuschung spricht.

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25 Niet.zsche: Götzendämmerung Aph. 39, S. 86 (= F'N': Sämtliche Werke in zwölf Bänden, Bd. VIII.- Stuttgart 1964).

26 Tagebucheintragung vom 4. März 1941; zit. nach Schumacher, Lit.-V erz. 193, S. 162. Vgl. für das Folgende ebenfalls diesen Aufsatz.

27 Vgl. dazu Brechts Notizen zur Philosophie, die er bis 1941 aufgezeichnet hat: Lit.-Verz. 90, Bd. 20, S.166-178. Dort beschreibt Brecht das Denken als >>ein Verhalten<< und untersucht den Zusammenhang von Sprache, Dia­lektik und Verhalten; als Beispiel zitiere ich nur folgenden Satz: >>Die auf­tretenden oder zu konstruierenden (zusammenfassenden) Sätze müssen da gefaßt werden, wo sie als ein Verhalten wirken, also nicht nur einseitig als Spiegelungen, Ausdrücke, Reflexe.<< (>>Über eingreifende Sätze<<, ebd. S. 173.)

28 Georg Wilhelm Friedrich Hege/: Die Vernunft in der Geschichte. Hg. v. Jo­hannes Hoffmeister. - Harnburg 1955. 5., abermals verb. Aufl. (= G'W'F'H': Sämtliche Werke. Neue kritische Ausgabe. Bd. XVIII A). S. 7.

29 Lit.-Verz. 90, Bd. 12, S. 527 (>>Me-ti /Buch der Wendungen<<). 30 Anspielung auf Brechts Satz: >>Er dachte in andern Köpfen, und auch in sei­

nem Kopf dachten andere. Das ist das richtige Denken<< (Lit.-V erz. 90, Bd. 20, S. 166). Gemeint ist, daß >>die Menschheit einige ihrer Erfahrungen<< (ebd.) aufgespeichert hat, die den Nachgeborenen zur Verfügung stehen. In diesen Zusammenhang gehört die bekannte Keuner-Geschichte über die >>Ori­ginalität<< (Lit.-Verz. 88, S. 168), wo es heißt: >>Der chinesische Philosoph Dschuang Dsi verfaßte noch im Mannesalter ein Buch von hunderttausend Wörtern, das zu neun Zehnteln aus Zitaten bestand. Solche Bücher können bei uns nicht mehr geschrieben werden, da der Geist fehlt. Infolgedessen werden Gedanken nur in eigener Werkstatt hergestellt, indem sich der faul vorkommt, der nicht genug davon fertigbringt. Freilich gibt es dann auch keinen Gedanken, der übernommen werden, und auch keine Formulierung eines Gedankens, die zitiert werden könnte.<<

31 Heidegger, Lit.-Verz. 163, S. 34; der Satz ist dort ganz unterstrichen und steht im Zusammenhang mit der >>Muttersprache<<, die bei Hebel noch so vollendet zum Ausdruck komme, der er >>ent-spreche<<.

32 Hege/, Lit.-V erz. 117, S. 56; die Klammer stammt vom Herausgeber. Hege/ hat sehr deutlich das Humanum der Sprache gesehen, das auf Zusammenar­beit, Zusammenspiel, Verständigung, Intersubjektivität zielt. Bloß Gefühli­ges bleibt subjektiv, abgeschlossen und dringt nicht auf Verständigung mit anderen, es bleibt vereinzelt, unsagbar, das nur auf sich selbst, aber nicht auf andere achtet.

33 Lit.-Verz. 90, Bd. 18, S. 231 schreibt Brecht: >>Wer in unserer Zeit statt Volk Bevölkerung und statt Boden Landbesitz sagt, unterstützt schon viele Lügen nicht. Er nimmt den Wörtern ihre faule Mystik<< (>>Fünf Schwierigkeiten beim Schreiben der Wahrheit<< von 1935). Vgl. dazu >>Me-ti<<, Lit.-V erz. 90, Bd. 12, S. 534 f.

34 Müller, Lit.-Verz. 182, S. 30 ff., bes. S. 38 f. Müller spricht von der »rein technischen Seite<< (S. 39) der Verfremdung gegenüber dem »Historisieren« als der »inhaltlichen<< (S. 38). Müllers Trennung bedeutet einen Rückfall ge­genüber der Forschung Grimms, Lit.-V erz. 141, S. 69 f., und der Schuma­chers, Lit.-V erz. 194, S. 187-195 und S. 247 ff.

35 Lit.-V erz. 90, Bd. 15, S. 347 (»Neue Technik der Schauspielkunst<<). 36 V gl. zur Historisierung geschichtlicher Stoffe Schumacher, Lit.-V erz. 193 und

194, S. 187-195. Bei der Historisierung von Vergangenern kommt außer der Aktualisierung des Geschichtlichen (»Leben des Galilei<<) der Faktor Ge­schichtsschreibung mit ins Spiel, der für die Kalendergeschichten Brechts wichtig ist (und auch im etwa gleichzeitigen Cäsar-Roman genutzt wird): hier werden verfestigte, ahistorische Geschichtsbilder des Vergangeneo ver-

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flüssigt, wird gezeigt, daß Geschichte aus Veränderung, Entwicklung be­steht, und der Akzent zugunsten der sog. kleinen Leute verschoben.

37 Grimm, Lit.-Verz. 157, S. 77; S. 26 schreibt Grimm: »Bis in die Einzelheiten der Sprachgebung, bis in die Wortbildung waltet das Stilprinzip der Ver­fremdung. Die Dichtung Bert BRECHTs ist als Verfremdungsdichtung, seine Sprache als Verfremdungssprache zu definieren.<<

38 Lit.-V erz. 90, Bd. 15, S. 347. Unmittelbar vor dem zitierten Satz schreibt Brecht: >>Die Technik des Irritiertseins gegenüber landläufigen >selbstver­ständlichen<, niemals angezweifelten Vorgängen ist von der Wissenschaft sorgfältig aufgebaut worden, und es besteht kein Grund, warum die Kunst diese so unendlich nützliche Haltung nicht übernehmen sollte.<< (>>Neue Technik der Schauspielkunst<<).

39 Anzengruber, Lit.-Verz. 87, Vorwort, S. VI; es heißt dort, daß der Kalen­derschreiber sich >>Land und Leuten anbequemt<<.

40 In: Die Dolomiten, 7.18. Nov. 1970, Nr. 250, S. 7: >>Fünfzig Jahre Reimmichl-Kalender<<.

41 Werner, Lit.-Verz. 201, S. 108. 42 Ebd. S. 121. 43 Ebd. S. 102; vgl. zu dieser Frage Anm. 84 des Abschnitts >>Tradition und Ge­

schichte<< und die dort angegebenen Stellenverweise. 44 Lit.-Verz. 79, >>Der verkaufte Herrgott. Eine Erzählung vom Reimmichl<<, S. 83

bis 133. Zitat S. 83. 45 Es sei hier nur darauf hingewiesen, wie das Menschenbild dieses wackeren

Streiters für die Kirche aussieht: das Kind des Übeltäters, das >> Jörgele<<, trifft Gottes Zorn, und es stirbt, obwohl der Vater der Schuldige ist; nun gut, daran ist noch nichts auszusetzen, wohl aber, wenn am Ende 9er Geschichte »ein neues, blutjunges Engelchen, das sich > Jörgele< nennen läßt<< (S. 133), im Bett des gereinigten Hauses liegt. Die Kinder sind auswechselbar wie eine Sache, die verlorengegangen ist und durch eine neue ersetzt wird - es bleibt alles beim alten. Die Austauschbarkeit der Menschen ist für Reimmichls Menschenbild gekennzeichnet durch das Zurücktreten des Individuums ge­genüber der Funktion, die es in der vorgeordneten Welt zu erfüllen hat.

46 Der unheilbringende Berg ist eben das >>Kirchdach<<, das als Symbol des Got­tesraums die Erzählung eröffnet (S. 87). In diesem Zusammenhang scheint es nicht überflüssig zu sein, darauf hinzuweisen, daß die Erzählung gut ge­macht ist im traditionellen Sinn. Reimmichl erzählt mit außerordentlich viel Bezugsebenen und Be-Deutungen, die auf den Kunstcharakter der Erzäh­lung verweisen. Jedes Wort ist wohl gewählt und steht im Bezugsrahmen des Ganzen, symbolträchtig von Anfang bis Ende und immer im Blick auf ein geschlossenes Sinngefüge.

47 In einer Art >>Epilog<< mündet die Erzählung in den explizit gegenwärtigen Bezug (als Rahmen zum Beginn) zum Leser ein: >>Zwei Jahre sind seitdem verflossen. Wer jetzt auf den Frauenbichel kommt, dem leuchtet schon der Glanz und Wohlstand von weitem entgegen<< (etc. mit Moral, S. 133). Der Rahmen stellt den Bezug zur unmittelbaren Lesergegenwart wieder her; um diese unmittelbare An-Sprache geht es Reimmichl allein; die Erzählung ist als Exempel austauschbar, übertragbar wie das >> Jörgele<< und trotz seiner Geschlossenheit verbindlich für die Realität des Lesers, weil die Welt der Er­zählung und die Welt des Lesers nach Retmmichl eine sein sollen.

48 Ebd. S. 98. 49 Ganz deutlich wird dies im Gespräch des Frauenbichler mit dem Ffarrer,

der sagt: >>>Jörg, du hast dich in der letzten Zeit deinem Seelsorger und der Kirche stark entfremdet. Man sieht dich nicht einmal sonntags mehr in det Kirche.< ,Ich muß häufig mit den Fremden auf die Berge gehen<, wagte der

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Bauer einzuwenden. >Jörg<, sagte der Pfarrer, >der Sonntag ist heilig! Wer den Sonntag nicht mehr hält, mit dem geht's abwärts auf allen Seiten. Got­tesdienst geht vor dem Fremdendienst!«< (S. 91). In wohlgesetzten Worten identifiziert Reimmichl die Entfremdung mit den Fremden, indem er die mögliche Verfremdung in Entfremdung (pejorativ) umdeutet, um das Fremde von dem Gewohnten, der Heimat abzuhalten. Man sieht, Reim­mich/ versteht sein Geschäft.

50 Ebd. S. 96. 51 Ebd. S. 95 f. 52 S. S. 133 der vorliegenden Arbeit und die dortige Anm. 32. 53 Lit.-Verz. 79, S. 92. 54 Ebd. S. 94. 55 Ebd. S. 95. 56 So schreibt der spätere Herausgeber Camper, Lit.-Verz. 83, S. 27. 57 Lit.-Verz. 79, Paul Rainer: Das Weltbild, S. 149 f. 58 Klein, Lit.-Verz. 168, S. 23. 59 Zit. nach Klein, ebd. S. 60. 60 Lit.-Verz. 65, S. 4. 61 Lit.-Verz. 98, S. 9. 62 Ebd. S. 4 f. 63 Kalender 1812, Lit.-Verz. 57, BI. C 2 v. f. 64 Lit.-Verz. 98, S. 16 (von 1804). 65 Galilei, Lit.-V erz. 113, zit. nach Blumenberg, Einleitung, S. 51. 66 Vgl. hierzu Curtius, Lit.-Verz. 112, S. 323-329 über >>Das Buch der Na-

tur«, hier S. 324. 67 Kalender 1846, Lit.-Verz. 65, S. 4. 68 Kalender 1847, Lit.-Verz. 66, S. 1 f. 69 Kalender 1846, Lit.-Verz. 65, S. 30. Johannes Range war ein unbedeutender

deutsehrrationaler katholischer Sektierer. Vgl. Hermann Wagner (Hg.): Staats- und Gesellschaftslexikon. Bd. 17.- Berlin 1869. S. 369 f.

70 Klein, Lit.-Verz. 168, S. 23. 71 Zit. nach Friedrich Heer: Europa. Mutter der Revolutionen. - Stuttgart

1964. S. 647-655 zu den päpstlichen Enzykliken des 19. Jahrhunderts; die Zitate stehen dort S. 648 f.

72 Jak. 3, 8. 73 Daß Stolz' >>Geschichten« nicht als Dichtung wirken sollten und gewirkt

haben, sondern als Predigten, die unmittelbar die Wirklichkeit der Leser be­einflussen und wiedergeben sollten, beweisen die Konvertitenbilder, die Ju­lius Mayer herausgegeben und kommentiert hat; es handelt sich um Lebens­beschreibungen von durch Stolz zum Katholizismus Bekehrten und die Wie­dergabe von Briefwechseln zwischen Stolz und den Konvertiten: Julius Mayer (Hg.): Alban Stolz. Fügung und Führung. Konvertitenbilder. 1. Teil: Alban Stolz und Julie Meineke. - Freiburg i. B. 1920 (8.-10. Aufl.), 2. Teil: Alban Stolz und Friedrich von Drais, Eduard Steinbrück, Augustirr Arndt, Selma von Seydlitz, Klotilde von Werthern. - Freiburg i. B. 1919 (4.-5. Aufl.). Fräulein Meineke schreibt 1858 an Stolz: >>Ich lese viel und mit großem Interesse (und hoffentlich auch mit Nutzen) Ihren >Kalender für Zeit und Ewigkeit< und habe dadurch die Oberzeugung gewonnen, daß Sie es wahrhaft gut mit denen meinen, für die Sie schreiben, und zu diesen darf auch ich mich zählen« (1. Teil, S. 5 f.).

74 Brocke, Lit.-Verz. 150, S. 5. 75 Kalender 1846, Lit.-Verz. 65, S. 23 und f. 76 Ebd. S. 24. 77 Hegel: Wer denkt abstrakt? In: Hege!: Studienausgabe in drei Bänden. Aus-

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gewählt, eingeleitet und mit Anmerkungen versehen von Kar! Löwith und Manfred Riede/. Bd. 1. - Frankfurt a. M. und Harnburg 1968. S. 77-81. ZitatS. 79.

78 Hegel, Lit.-Verz. 117, S. 82. 79 Lit.-Verz. 88, S. 7(-30), >>Der Augsburger Kreidekreis<< 80 Ebd. S. 33(-37). 81 Marx, Lit.-Verz. 124, S. 353, >>Deutsche Ideologie«. 82 Lit.-Verz. 90, Bd. 9, S. 785. 83 Bei den angeführten Bestimmungen der Anekdote halte ich mich an Bausin·

ger, Lit.-V erz. 142, S. 199-212. 84 Ebd. S. 207. 85 Kalender 1809, Lit.-Verz. 54, BI. C 4 v; die Ausgaben schreiben >>Suwarow<<,

der Kalender schreibt >>Suwarov<<. 86 Lit.-Verz. 142, S. 207. 87 Bausinger (ebd. S. 210) bezeichnet diese Erzählform als »Schwank<<, wobei

er den Obergang zwischen Anekdote und Schwank als fließend ansieht. Als wesentliches Unterscheidungsmerkmal zwischen Anekdote und Schwank be­stimmt er das >>komische Bedürfnis<< des Schwanks, das der Anekdote man­gelt. Bausinger weist mit Recht darauf hin, daß viele Schwankgestalten hi­storische Persönlichkeiten sind und daß manchen Schwänken >>anekdotische Überlieferung<< vorausgegangen ist. Häufig ist wohl das Historische zugun­sren des >>Originalen<< und landschaftlich Gebundenen vergessen worden oder in den Hintergrund getreten.

88 Lit.-Verz. 88, S. 119-145. 89 Plato: Symposion 220 c (Stephanus-Zählung). 90 Man beachte die Häufung des »man<<. Heideggers Analyse des »man<<

(Sein und Zeit: § 27) ließe sich hier durchaus anführen. Da sich daran aber zu viele Fragen knüpfen, verzichte ich darauf. >>man<< steht hier lediglich für »öffentliches Parteiinteresse<<, dem Sokrates sich ausgesetzt sieht.

91 Lit.-V erz. 88, S. 147-155. 92 Nietzsche, Lit.-Verz. 126, S. 239, Aph. 345. Diese »konkrete<< Übersetzung

bisher bloß ideell verstandener Sachverhalte läßt sich also schon bei Nietzsche nachweisen, freilich ohne Brechts sozialistischen Aspekt. Selbstlosigkeit heißt eben streng genommen Selbst-Losigkeit, Mangel an Person. Nur wer sich selbst >>hat<< - Nietzsche sagt »Selbstigkeit<< (nicht >>Selbstischkeit<<) -, der ist überhaupt fähig zu leben, sich Problemen zu stellen etc.

93 Bei dieser Analyse und der folgenden bin ich Hermann Wein verpflichtet. V gl. Lit.-V erz. 134, S. 106 ff.

94 Lit.-Verz. 90, Bd. 4, S. 1353. 95 Hegel, Lit.-Verz. 117, S. 141-150, »Selbständigkeit und Unselbständigkeit

des Selbstbewußtseins; Herrschaft und Knechtschaft<<. 96 Ebd. S. 149. 97 Ebd. S. 147. 98 Lit.-Verz. 90, Bd. 15, S. 302 (>>Über eine nichtaristotelische Dramatik<<). Ich

halte diese Stelle für die wichtigste Äußerung Brechts zur sog. Allgemein­menschlichkeit. Brecht leugnet nicht, daß es Liebe, Neid, Haß etc. bei allen Menschen und zu allen Zeiten gibt; er leugnet aber, daß es diese anthropolo­gischen Eigenschaften bei allen Menschen und zu allen Zeiten auf gleiche Weise gibt. Nur der gleichbleibende Titel suggeriert Gleiches. In Wirklich­keit treten die genannten Phänomene auf verschiedene Weisen und bei ver­schiedenen Menschen auf, mit anderen Worten, auch diese Phänomene sind dem geschichtlichen Wandel unterworfen; so jedenfalls sieht es Brecht.

99 Ebd. 100 Lit.-Verz. 191, S. 285.

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101 Marx, Lit.-Verz. 124, S. 546, >>Kommunistisches Manifest<<. 102 Lit.-Verz. 90, Bd. 20, S. 140. Brecht kritisiert dort »Kants unerkennbares

Ding an sich<<, eine Kritik, die recht oberflächlich bleibt und idealistischer klingt als Kant selbst. Brecht hat offensichtlich die Stelle bei Kant überlesen, wo es heißt: »Was die Dinge an sich sein mögen, weiß ich nicht, und brauche es auch nicht zu wissen, weil mir doch niemals ein Ding anders, als in der Er­scheinung vorkommen kann<< (B 332 f.). Brecht dagegen unterstellt Kant das Ding an sich erkennen zu wollen und setzt dagegen ein unerkennbares Ding an sich. Brechts Satz kann höchstens für die gesellschaftliche, menschenge­machte Welt gelten. Für die »Natur<< gilt er nicht; die modernen Naturwis­senschaften sprechen weder mehr von Dingen an sich, noch nehmen sie an, daß es so etwas wie >>die Natur<< gebe. Ihre Erkenntnisse verändern das, was erkannt wird bzw. werden soll, nicht; sie wollen erkennen, was und wie etwas »ist<<, dies aber nicht im ontologischen Sinn (als gäbe es hinter der Er­scheinung noch ein Ding an sich), sondern im Sinn einer naturwissenschaft­lichen Setzung: »Eine Setzung ist ein Satz, den wir als wahr ansehen, ob­gleich wir nicht wissen, ob er es ist<< (Reichenbach, Lit.-Verz. 130, S. 271). Setzungen ergeben sich aus der Bewährung gemachter Erfahrung, und sie er­möglichen es, die Zukunft aufgrund der Bewährung vorauszusagen. Man will also gar nicht mehr eine vorausgesetzte Realität, »die Realität<<, erken­nen, der sich dann die menschliche Erkenntnis letztlich nur »annähern<< kann, sondern die Wissenschaften sagen, was real »ist<<.

103 Kalender 1819, Lit.-Verz. 61, BI. F 3 v f. (»>st der Mensch ein wunderliches Geschöpf<<); vgl. dazu Wittmann, Lit.-Verz. 204, S. 104 ff. Wittmann sieht die »verwickelte und verdeckte Dialektik von Freiheit und Zwang<< als »Drehpunkt des Erzählvorgangs<< (S. 104) an; der Pariser werde durch die List des Königs erst frei und entscheide sich am Ende für die neuerrungene Freiheit »inwendig<<, das heißt innerlich. Wittmanns Formulierungen vom verwandelten Blick des Mannes auf seine Welt und von der »Rückkehr ins Vertraute<< (S. 105 f.) am Ende deuten auf Verfremdung, die Wittmann aber nicht herausarbeitet. Er sieht die Rückkehr ins Vertraute bloß identisch an mit errungener, erst bewußt gewordener Freiheit, läßt aber das Vertraute unbefragt: es bleibt, wie es war. Daß der veränderte Blick eben auch ein ver­ändertes Bild des Vertrauten und damit etwas Neues, nicht Erkanntes nach sich zieht, sieht Wittmann nicht. »Dialektik<< bleibt so leeres Wort.

104 Im Kalender (ebd.) steht fälschlich »nnd am Ende<<. 105 Georg Hirtsiefer: Ordnung und Recht in der Dichtung Johann Peter He­

bels. - Bonn 1968 ( = Schriften zur Rechtslehre und Politik 53); vgl. dazu Erik Wolf: Vom Wesen des Rechts in deutscher Dichtung. Hölderlin, Stifter, Hebel, Droste. - Frankfurt a. M. 1946. Hirtsiefers Buch, das wichtige Ak­zente in der Hebel-Forschung hätte setzen können, verzichtet aufgrund allzu unkritischer Übernahme des konventionellen Hebelbildes (»runder und ge­schlossener Bauernkosmos<<, S. 4) auf Neues. Hebel wird zum kleinlichen Ordnungshüter stilisiert, der angeblich »ungeschichtliches Volksrecht<< (S. 71) vertrete, so daß Hirtstefer schließlich »rechtliches Handeln<< mit »sittlichem Handeln<< zu identifizieren vermag, welches nichts anderes als die »Befol­gung der gewachsenen, guten Volkssitte<< (S. 64) darstelle.

106 S. S. 146 der vorliegenden Arbeit. 107 Wittmann, Lit.-V erz. 204, S. 106. 108 Ebd. S. 105.

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IV. Sprachformeln und eingreifende Sätze

1 Hoffmann, Lit.-Verz. 101; so »Aller Anfang ist schwer<< (S. 62 ff.), »Alles mit Maaßen<< (S. 73 ff.), »Morgenstunde hat Gold im Munde<< (S. 248 ff.) u.ö.

2 Ebd. S. 1-21. 3 ]olles, Lit.-Verz. 166, S. 159. 4 Ebd. S. 158. 5 Hain, Lit.-Verz. 161, S. 36. 6 Ebd. S. 45 f. 7 ]olles, Lit.-Verz. 166, S. 155. 8 Ich übernehme diese, Mathilde Hains Ergebnisse präzisierende Formulierung

von Bausinger, Lit.-Verz. 142, S. 97. 9 Bausinger, ebd. S. 98.

10 Ebd.; vgl. Johann Michael Sailer: Die Weisheit auf der Gasse, oder Sinn und Geist deutscher Sprichwörter. - Augsburg 1810. Auswahl. Hg. von Dieter Narr.- Wiesbaden 1959 (= Insel Bücherei 685). S. 43.

11 Bausinger, Lit.-Verz. 142, S. 95. 12 Ebd. S. 98. 13 ]olles, Lit.-V erz. 166, S. 164. 14 Ebd. S. 156. 15 Ebd. 16 ]olles' selbstsicherer Ansatz, daß die Empirie »regellose Welt<< sei, daß sie

sich begrifflicher Ordnung entziehe, beweist eine beachtliche Ignoranz gegen­über der Geschichte der Naturwissenschaften und ihrer Erkenntnisse. Die Na­turwissenschaften haben bewiesen, daß das, was wir Empirie nennen, nicht regellos ist, sondern bestimmten (und vielfältigen) Gesetzmäßigkeiten unter­liegt, die nicht etwa von den Menschen der Empirie auferlegt, sondern von ihnen unabhängig sind, Gesetzmäßigkeiten, die überhaupt erst sinnvoll ma­chen, was die Naturwissenschaften betreiben. Zwar behaupten moderne Na­turwissenschaftler nicht mehr wie die klassischen Naturwissenschaften >>abso­lut gesichertes<< Wissen von der Welt zu haben (sie reden nicht mehr von >>der<< Realität, >>der<< Natur, >>der<< empirischen Welt), fest steht jedoch, daß die >>Gesetze<<, die gefunden (entdeckt und nicht erfunden) worden sind, sich bewährt haben und begründbare, relativ sichere Voraussagen ermöglichen, daß also >>die<< Natur uns keinen Streich spielt. Ich erinnere in diesem Zu­sammenhang daran, was ich im Kapitel >>Practica<< über die Astrologie ge­sagt habe, die sich ebenfalls um Voraussagen bemüht hat, sie aber noch nicht genügend zu begründen vermochte. ]olles steht freilich mit seiner Ansicht nicht allein, und er hat moderne Nachfolger. Die aus der Quantenmechanik folgende Unbestimmtheit (Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation), die be­sagt, daß im Mikrokosmos Dualität zwischen Teilchen und Welle besteht, die eine eindeutige Beschreibung nicht möglich macht, weil der Beobachter das Beobachtete stört, hat zur idealistischen, sog. Kopenhagener Deutung der Un­bestimmtheitsrelation geführt, die wieder einmal meinte, einen Beweis dafür zu haben, daß der Mensch der »Baumeister<< der Welt sei, was z. B. Michael Hochgesang (Mythos und Logik im 20. Jahrhundert. Eine Auseinanderset­zung mit der neuen Naturwissenschaft, Literatur, Kunst und Philosophie. -München 1965. = Becksche Schwarze Reihe Bd. 38, S. 21 u. ö.) dazu ver­führt hat zu behaupten, daß unsere moderne »Weltsituation im Grunde my­thisch<< sei, weil es >>kein völlig abgelöstes Beobachtungs-Ich<< gebe, was heißt, daß es keine von den Menschen unabhängige gesetzmäßige Erkenntnisse gebe. Dies bedeutet jedoch eine unzulässige Übertragung mikrokosmischer Unbe­stimmtheit auf den Makrokosmos, wo es solche Unbestimmtheit nicht gibt,

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wobei für den Mikrokosmos ergänzend zu bemerken ist, daß auch dort keine beliebige Unbestimmtheit herrscht, sondern lediglich die zwischen Teilchen und Welle. Ebenfalls ist es nicht zulässig, den »Begriff der Freiheit« in die Naturwissenschaften eindringen zu lassen, wie es z. B. Ernst Robert Curtius in Berufung auf Planck tut (Lit.-Verz. 112, S. 17), denn die Dualität von Welle und Teilchen hat nichts mit der freien Entscheidung zwischen beiden zu tun. Vgl. zu diesen Fragen Reichenbach, Lit.-Verz. 130, S. 301 ff., und Wein, Lit.-Verz. 135, S. 80-93 (»Wahrheit, Wissen, Bewährung<<), Her­mann Wein habe ich in diesen Fragen viel zu verdanken.

17 Bausinger, Lit.-Verz. 142, S. 95; Bausinger unterstreicht »Schaden«. 18 Wittgenstein, Lit.-Verz. 136, S. 17 {§ 7): »Ich werde auch das Ganze: der

Sprache und der Tätigkeiten, mit denen sie verwoben ist, das >Sprachspiel< nennen.«

19 Bausinger, Lit.-Verz. 142, S. 107. 20 Kar! Leberecht Immermann: Münchhausen. Eine Geschichte in Arabesken. -

Leipzig und München o. J. {= Romane der Weltliteratur). S. 205. 21 Joachim Christian Blum: Deutsches Sprichwörterbuch. 2 Bde. - Leipzig 1780

bis 82. Bd. 1, S. 130. 22 Lit.-Verz. 88, S. 7-30. 23 Pongs, Lit.-Verz. 183, S. 18 f. 24 Schwimmer, Lit.-Verz. 212, S. 43; die Bezeichnung >>Novelle« findet sich

ebd. S. 56 f. 25 Ebd. S. 56; noch entschiedener als Schwimmer behauptet Zimmermann, Lit.­

Verz. 211, S. 92, daß Anna >>echtes mütterliches Gefühl« erfülle; >>weiblicher Urinstinkt«, »mütterliche Verantwortung<< (ebd.) sind Zimmermanns weitere Kennzeichnungen für das, was die Geschichte angeblich »ausdrücke«. Zim­mermann faßt zusammen: »So hat Brecht - nicht anders als Hebel - mit dem Richter und der Magd lebensvolle, gemütstiefe und kräftig zupackende Gestalten, wie das Volk sie liebt, in den Mittelpunkt der Geschichte gestellt«, und weiter heißt es: »Der >volkstümliche Prozeß< endet mit einem Urteil nach dem Herzen des Volkes: Das Gute wird belohnt, das Böse bestraft, der Gerechtigkeit wird Genüge getan« (alles S. 93). Da von alledem nichts bei Brecht zu finden ist, bleibt der Verdacht, daß all das, was der Verfasser dem Volk anlastet, letztlich ihm anzulasten sei.

26 Vgl. Schwimmer, Lit.-Verz. 212, S. 57. 27 Ebd. S. 43. 28 Ebd. S. 42. 29 Die Verwandten von Frau Zingli sagen in der Gerichtsverhandlung aus, daß

diese das Kind »einer Magd anvertraut« habe (S. 25). 30 Lit.-Verz. 90, Bd. 5, S. 2023. 31 Ebd. S. 2025. 32 Lit.-Verz. 90, Bd. 2, S. 658. 33 Klotz, Lit.-Verz. 169, S. 50 f.; vgl. dazu vor allem Woods, Lit.-Verz. 206

und 207. Woods weist in ihrem Aufsatz {Lit.-Verz. 206) die allzu unkriti­sche Beurteilung der Verwendung der Sprichwörter bei Brecht zurück, und sie weist an manchen Stellen in Brechts Werk (vor allem Dramen) nach, daß von sicherem >> Volksinstinkt<< nicht die Rede sein kann. Brechts bekanntes Diktum dazu lautet: »Dem Volk aufs Maul schauen ist etwas ganz anderes als dem Volk nach dem Mund reden<< (Lit.-Verz. 90, Bd. 19, S. 335). Es geht Brecht nicht um die unkritische Aufnahme von angeblichen Volkssprüchen und ihrer besinnungslosen Reproduktion, sondern um die Berücksichtigung des umgangssprachlichen Alltags, seine Aufnahme und Verwandlung und Weiterführung in der Dichtung. Die Obernahme alltagssprachlicher Wen­dungen, eine Formulierung, die ich »volkstümlicher Redeweise« vorziehe,

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richtet sich gegen alles allzu »hohe« und >>tiefe« Sprechen in der Dichtung, gegen nicht realistisches Schreiben, wie es Brechts bissige, aber freilich unge­rechte Äußerungen gegenüber Rilke zeigen: »Manche meinen, es handle sich nur darum, einfach zu sprechen, und dann gehen sie nur den Kompliziert­heiten aus dem Weg. Andere sprechen kompliziert und gehen den einfachen großen Grundwahrheiten aus dem Weg. >Das Volk versteht nicht kompli­zierte Ausdrucksweise< - und die Arbeiter, die Marx verstanden haben? >Rilke ist zu kompliziert für die Massen< - und die Arbeiter, die mir sag­ten, er ist zu primitiv?« (Lit.-V erz. 90, Bd. 19, S. 319). Noch deutlicher zei­gen den Sachverhalt Brechts Anmerkungen zur >>gestischen Sprache« im »Me­ti«; dort sagt Me-ti vom Dichter Kin-je (d. i. Brecht): >>Er fand zwei Sprach­weisen vor: Eine stilisierte, welche gespreizt und geschrieben klang und nir­gends im Volk, bei der Erledigung der Geschäfte oder bei anderen Gelegen­heiten gesprochen wurde, und eine überall gesprochene, welche eine bloße Imitation des alltäglichen Redens und nicht stilisiert war. Er wandte eine Sprechweise an, die zugleich stilisiert und natürlich war« (Lit.-V erz. 90, Bd. 12, S. 458). Vgl. dagegen Gisela Debiel: Das Prinzip der Verfremdung in der Sprachgestaltung Bertolt Brechts. - Phi!. Diss. Bonn 1960, S. 122: >>Grundsätzlich läßt sich sagen, daß Brecht Sprüchen und Sprichwörtern des Volksmunds wie den von ihm häufig zitierten altchinesischen Weisheitssprü­chen viel Vertrauen schenkt«; auch Zimmermann, Lit.-Verz. 211, S. 95 f., redet Klotz nach.

34 Am Ende der Geschichte steht, daß die Bauern, die >>nicht auf dem Kopf gefallen waren«, gesehen hätten, wie Dollinger gezwinkert habe, »als er das Kind zusprach<<. Dollinger weiß also, wer die wirkliche Mutter ist, was Anna praktisch in einem Privatgespräch mit Dollinger zugegeben hat, als sie sagt: »Wenn ich ihn nur so lange behalten dürfte, bis er alle Wörter kann. Er weiß erst sieben« (S. 22). Wenn Dollinger tatsächlich dem >>sicheren Volksinstinkt« Glauben schenkte, könnte er wohl kaum gegen sein Wissen handeln, denn danach könnte Anna kaum die >>rechte<< Mutter sein. Und wenn das Sprichwort >>Blut ist dicker als Wasser<< tatsächlich wahr wäre, wie ist es dann wohl möglich, daß die leibliche Mutter ihr Kind, als sie sich selbst in Gefahr weiß, verleugnet. Wie wichtig Brecht der historisch-gesellschaftliche Hintergrund ist, zeigt auch der Hinweis auf die >>anderen Zeiten<<, die herr­schen: Frau Zingli nämlich besinnt sich auf ihr Erbe; nur dafür braucht sie »ihr« Kind.

35 Zur Dialektik der gegenseitigen Anerkennung vgl. Hege[, Lit.-Verz. 117, S. 143; Hegel sagt dort vom Selbstbewußtsein: >>Es ist für es, daß es unmit­telbar anderes Bewußtsein ist und nicht ist; und ebenso, daß dies Andere nur für sich ist, indem es sich als Fürsichseiendes aufhebt, und nur im Fürsichsein des andern für sich ist. Jedes ist dem andern die Mitte, durch welche jedes sich mit sich selbst vermittelt und zusammenschließt, und jedes sich und dem andern unmittelbares für sich seiendes Wesen, welches zugleich nur durch diese Vermittlung so für sich ist. Sie anerkennen sich, als gegenseitig sich an­erkennend.«

36 Kalender 1810, Lit.-Verz. 55, BI. C 3 v ff. »Einträglicher Räthselhandel«. 37 Lit.-V erz. 96 zu >>Einträglicher Rätselhandek 38 Bausinger, Lit.-Verz. 142, S. 123; S. 119-130; vgl. Mathilde Hain: Rätsel. -

Stuttgart 1966 (= Sammlung Metzler 53). 39 Bausinger, Lit.-Verz. 142, S. 127. 40 ]olles, Lit.-Verz. 166, S. 129; vgl. Bausinger, Lit.-Verz. 142, S. 119 f. 41 ]olles, Lit.-Verz. 166, S. 135. 42 Kalender 1809, Lit.-V erz. 54, BI. D 3 r f. >>Ein Wort giebt das andere«;

Hebel unterstreicht alles, was der Knecht sagt.

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Zu S. 222-237

43 Kalender 1809, Lit.-Verz. 54, BI. C 4 r f. 44 Wittmann, Lit.-Verz. 204, S. 167. 45 Minder, Lit.-Verz. 100. Einleitung, S. XXIX.

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46 Vgl. Hebels Geschichten »Mißverstand<< (1808), >>Der Wegweiser<< (1808), >>Der kann Deutsch<< (1809), »Mißverstand« (1819) u. a.; außerdem sei noch darauf hingewiesen, daß Hebel alle Stellen, die vom Nicht-Verstehen han­deln (»Kannitverstan<< und ähnliche), unterstreicht. Eine Kleinigkeit, die die Ausgaben Meckels, Lit.-Verz. 97 und 100, übersehen haben.

47 Ich möchte diesen Hinweis mit Minder konkretisieren, der in der Einleitung zur Insel-Ausgabe (Lit.-Verz. 100, S. XXIII) schreibt: »ZU stark wirkt in Hebel die Ermahnung der gottergebenen Mutter nach, ja vor dem gnädigen Herrn Landvogt das Käpplein zu ziehen<<, was für Minder ein schier unaus­rottbares Erlebnis zu sein scheint.

48 Wittmann, Lit.-Verz. 204, S. XV. 49 Lit.-Verz. 90, Bd. 15, S. 409 f.; ebd. S. 343 steht ergänzend dazu: »Das, was

er nicht macht, muß in dem enthalten und aufgehoben sein, was er macht. So bedeuten alle Sätze und Gesten Entscheidungen, bleibt die Person unter Kontrolle und wird getestet. Der technische Ausdruck für diese Verfahren heißt: Fixieren des Nicht-Sondern.«

50 Dieser Sachverhalt macht eine »Gattung<< Kalendergeschichte unmöglich: die Relativierung des Allgemeinen durch das Besondere stellt »Gattung<<, zu der es Exempla gibt, in Frage.

51 Kalender 1809, Lit.-Verz. 54, BI. C 4 r; man bemerke auch die Bosheit He­bels, die in der erklärenden Apposition zu Berlin im ersten Satz liegt. Hier wird zum Dorf gemacht, was als große Residenzstadt sich gebärdet. Ist das Verbauerung des Universums?

52 Kalender 1808, Lit.-Verz. 53, BI. D 3 r. Wittmann, Lit.-Verz. 204, hat aus dieser Stelle den Titel seines Buches abgezogen, ohne zu bemerken, was He­bels Wort genau genommen besagt; »Spiegel der Welt<< bezieht sich nicht nur auf den Kalender, sondern auch auf die geschichtlichen Ereignisse, die Hebel bespricht. Hier ist tatsächlich so etwas wie ein Programm abzulesen, aber kein volkstümliches.

53 Schwimmer, Lit.-Verz. 212. 54 Lit.-Verz. 90, Bd. 9, S. 631-725. 55 Vgl. meine Einleitung: die »Fragen eines lesenden Arbeiters<< bleiben dafür

das beste Beispiel. 56 Schlenstedt, Lit.-Verz. 188, S. 199 f. 57 Ebd. S. 200. 58 Bertolt Brecht: über Lyrik.- Frankfurt a. M. 1964 (= es 70). S. 74 f. 59 Lit.-Verz. 90, Bd. 9, S. 631. 60 Lit.-Verz. 88, S. 31 f. 61 S. vorstehende Anm. 58, ebd. S. 75. 62 So lautet der Refrain nur in der letzten, der vierten Strophe, die auffordert,

auf die Realität zu horchen. 63 Lit.-Verz. 88, S. 59 f.; vgl. Lit.-Verz. 90, Bd. 9, 645 f. 64 Lit.-Verz. 88, S. 146; vgl. zum »Tötungsraum<< Lit.-Verz. 90, Bd. 12, S. 535

(»Me-ti<<): »Der Hu-ih forderte für die Nation Lebensraum, d. h. Bezirke, welche der Nation zur Ausbeutung zur Verfügung stünden. Me-ti nannte das Tötungsraum<<.

65 Bertolt Brecht: über Lyrik.- Frankfurt a. M. 1964 (= es 70). S. 89. 66 Lit.-V erz. 88, S. 75-82. 67 Lit.-Verz. 90, Bd. 5, S. 2015 (»Der kaukasische Kreidekreis«). 68 Lit.-Verz. 90, Bd. 12, S. 517 f. (»Me-ti<<). 69 Zum »Kinderkreuzzug<< und den Kinderliedern vgl. Schlenstedt, Lit.-

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Verz. 190: »Die Kinderlieder aus den Svendborger Gedichten stellen soziale Haltungen und Ideologisierungen gesellschaftlicher Beziehungen zur Diskus­sion, nicht auf einfach didaktische Weise, sondern so, daß das Kind heraus­gefordert wird, in den dargestellten Tatsachen Widersprüche aufzufinden und selbst Schlüsse zu ziehen« (S. 19). Das reicht bei weitem nicht aus, um die Kinderlieder bei Brecht zu deuten.

70 Lit.-V erz. 90, Bd. 18, S. 231. 71 Ebd., wo Brechts berühmt gewordene Formulierung steht: >>Wer in unserer

Zeit statt Volk Bevölkerung und statt Boden Landbesitz sagt, unterstützt schon viele Lügen nicht. Er nimmt den Wörtern ihre faule Mystik«; vgl. Schöne, Lit.-V erz. 191, passim.

72 S. vorstehende Anm. 65, ebd. S. 73. 73 Lit.-V erz. 90, Bd. 19, S. 397. 74 Lit.-Verz. 90, Bd. 20, S. 140. 75 Ebd. S. 170. 76 Ebd. S. 172. 77 Ebd. S. 172 f. 78 Ludwig Wittgenstein: Tractatus logico-philosophicus. Logisch-philosophische

Abhandlung. - Frankfurt a. M. 1966 ( = es 12). S. 33 (§ 4.0031). 79 Wittgenstein, Lit.-Verz. 136, S. 68 (§ 119). 80 Peter Frederick Strawson: Kritische Notiz zu einigen Begriffen in Wirtgen­

steins Philosophie. In: über Ludwig Wittgenstein. Mit Beiträgen von Nor­man Malcolm, Peter Frederick Strawson, Newton Garver und Stanley Ca­vell.- Frankfurt a. M. 1968 (= es 252). S. 52-105. Hier S. 55.

81 Vgl. Lit.-Verz. 136, S. 51 {§ 71). 82 Ebd. S. 17 (§ 17) und Wein, Lit.-Verz. 135, S. 69 (»Zur logischen Selbst-

überwindung des Logischen Positivismus<<). 83 Ebd. S. 73 (Wein). 84 Ebd. S. 75. 85 Ebd. S. 76. 86 Vgl. Anm. 33 dieses Abschnitts. 87 »Über alltägliches Theater<< in: Lit.-Verz. 90, Bd. 9, S. 766 ff. (>>Gedichte

aus dem >Messingkauf<<<). 88 Lit.-Verz. 88, S. 156-159. 89 Schlenstedt, Lit.-Verz. 188, S. 132. 90 Ebd. S. 128. 91 Ebd. S. 129. 92 Hans Joachim Störig: Kleine Weltgeschichte der Philosophie. - Stuttgart

1950 (Taschenbuchausgabe 1963). S. 85. 93 Paul Frischauer: Es steht geschrieben. Die großen Dokumente. - Zürich 1967.

s. 101 f. 94 Ben;amin, Lit.-Verz. 94, S. 83. Eine Bemerkung im »Me-ti<< (Lit.-Verz. 90,

Bd. 12, S. 525 f.) kann vielleicht noch unterstützen, daß die Deutung Ben;a­mins, die oft nachgeredet worden ist, zu oberflächlich ist, was mit dazu bei­getragen hat, daß gerade dieses Gedicht als das sozusagen »kunstvollste<< Gedicht Brechts in die Literatur eingegangen ist, eines ohne sozialistisches Engagement: »Gefahren vom Fluß der Dinge. Die Anhänger der Entwick­lung haben oft eine zu geringe Meinung vom Bestehenden. Der Gedanke, daß es vergeht, macht es ihnen unwichtig. Sie sehen alle Zeitabschnitte als Phasen an und verkürzen in Gedanken deren Dauer. Darüber, daß sie sich bewegen, vergessen sie, daß sie sind. Sie wissen, daß jetzt der Anstreicher herrscht, aber da sie sagen >er herrscht noch<, scheint sein Herrschen ihnen weniger schlimm, >Schon< mit dem Todeskeim behaftet. Das Vorübergehende scheint ihnen weniger schlimm, da es doch vorübergeht, aber auch Vorüber-

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gehendes kann töten. Und was vergeht schon, ohne daß es zum Vergehen gezwungen wird?<< Deutlicher geht es wohl kaum, und da beide Äußerun­gen Brechts aus der gleichen Zeit stammen, ist es wohl ausgeschlossen zu mei­nen, Brecht sei dieser Umstand beim Gedicht entgangen. Brecht wußte sehr wohl, daß die Lehre vom Fluß der Dinge die Gefahr der Untätigkeit in sich birgt, genauer, daß sie Leben in Untätigkeit ist und Veränderung vom Him­mel erwartet (vgl. dazu Alfred Döblins Roman >>Die drei Sprünge des Wang-lun«). Vgl. auch Max Picard: Bertolt Brecht. Legende von der Ent­stehung des Buches Taoteking auf dem Weg des Laotse in die Emigration. In: Wege zum Gedicht II. Interpretationen von Balladen. Mit einer Einfüh­rung von Walter Müller-Seidel hg. von Rubert Hirschenauer und Albrecht Weber. -München und Zürich 1963. S. 534 ff. Picards Weg zum Gedicht ist ein Irrweg.

95 Benjamin, Lit.-Verz. 94, S. 82. 96 Vgl. vorstehende Anm. 94. 97 Lit.-Verz. 88, S. 110-112. 98 Schlenstedt, Lit.-V erz. 188, S. 97. 99 Ebd.

100 Hege!, Lit.-Verz. 117, S. 20. 101 Ebd. 102 Lit.-Verz. 90, Bd. 20, S. 168. 103 Wittmann, Lit.-Verz. 204, Einleitung. 104 Lit.-Verz. 90, Bd. 19, S. 403. 105 Lit.-V erz. 90, Bd. 9, S. 743 f. 106 Lit.-Verz. 90, Bd. 19, S. 403. 107 Ebd. S. 403 f. 108 Ebd. S. 403. 109 Bertolt Brecht: über Lyrik. - Frankfurt a. M. 1964 ( = es 70). S. 73. 110 Benjamin, Lit.-Verz. 94, S. 41, bezeichnet dort das epische Theater als das

>>Theater des geprügelten Helden«. 111 Friedrich Nietzsche: Menschliches-Allzumenschliches. Stuttgart 1964

(= F'N': Sämtliche Werke in zwölf Bänden. Bd. III). S. 137, Aph. 148.

Epilog

1 Schwimmer, Lit.-Verz. 212, S. 9: >>Wer ist dieser Herr Keuner? Vielleicht ist es nicht zu gewagt und nicht zu abwegig, den Namen Keuner eingedenk der Neigung Brechts zu sprachspielerischer Namensallegorik bei der Benennung vieler seiner Gestalten im Sinne von >Keiner< zu interpretieren, das heißt: Keuner ist im Grunde keine richtige Person - wir erfahren bezeichnender­weise überhaupt nichts über sein Äußeres -, er ist vielmehr nur ein Sprach­rohr für bestimmte Ansichten Brechts, er ist also - verglichen mit den an­deren, so lebenserfüllten Gestalten der Brechtsehen Imagination in Wirklichkeit ,niemand,,« Es ist zu gewagt.

2 Schumacher, Lit.-V erz. 194, S. 99, Anm. 1 ( = S. 405), gibt dafür folgenden Nachweis: >>Walter Benjamin, >Bert Brecht<, in: Deutsches Zentralarchiv Potsdam, Nachlaß Walter Benjamin, Mappe 37, Blatt 408.«

3 Lit.-Verz. 88, S. 113-116. 4 Ferber, Lit.-Verz. 91. 5 DUDEN Grammatik der deutschen Gegenwartssprache. Der große Duden

Bd. 4. Bearb. v. Paul Grebe unter Mitwirkung von Helmut Gipper, Max Mangold, Wolfgang Mentrup und Christian Winkler. - Mannheim 1966.

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2., verm. u. verb. Auf!. S. 258. Gerichtetes und wohlwollendes Interesse drücke ein solches Possessivum aus; der Anspruch des Besserwissens und Dar­überstehens, der damit zugleich sich manifestiert, wird freilich verschwie­gen. Hier liegt eine mehr als preiswerte Nuance.

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Literatur-Verzeichnis

Das folgende Verzeichnis ist der besseren Obersicht wegen durchgezählt; die Zah­len entsprechen den Lit.-V erz.-Nummern der Anmerkungen. Literatur, die ledig­lich für Einzelfragen herangezogen worden ist, ist in den Anmerkungen vollstän­dig bezeichnet und erscheint hier nicht noch einmal. Seltenere Ausgaben sind mit dem Standort des benutzten Exemplars versehen.

I. Kalender und Praktiken

1. Bibliographien und Abrisse zur Kalenderliteratur

1 Max Harrwitz: Zur Geschichte des Kalenders. Antiquariats-Katalog Nr. 37. - Berlin o. J. (um 1930) (Der Katalog nennt fast 900 Titel; manches aus der Zeit der Renaissance und des Barock)

2 V. A. Heck: Almanache, Kalender, Taschenbücher, Anthologien. Auktions­katalog. - Wien o. J. (1905)

3 Paul Heitz (Hg.): Hundert Kalenderinkunabeln. Mit begleitendem Text von Konrad Haebler. - Straßburg 1905 (Reproduktionen von 100 Einblattdrucken aus der Zeit von 1439-1500; der begleitende Text ist kunstgeschichtlich orientiert)

4 Hans Koehring: Bibliographie der Almanache, Kalender und Taschenbücher für die Zeit von ca. 1750-1860.- Harnburg 1929 (Die bisher fast ausschließlich herangezogene Bibliographie; sie ist nicht voll­ständig, wie ihr Titel suggerieren mag)

5 Alfred Pfaff: Aus alten Kalendern. - Stuttgart 1945 (Zufällige Auswahl mit Reproduktionen)

6 Otto Ernst Sutter: Aus badischen Kalendern. Ein Sammelband. - Konstanz 1920 (= Die Gelb-Roten Bücher Bd. 7) (Versuch einer Geschichte des badischen Kalenders mit vielen Proben)

7 Wilhelm Uhl: Unser Kalender in seiner Entwicklung von den ältesten An­fängen bis heute. Ein Kapitel der deutschen Hausaltertümer, als Entwurf dargestellt.- Paderborn 1893

8 Ernst Zinner: Geschichte und Bibliographie der astronomischen Literatur in Deutschland zur Zeit der Renaissance. 2., unveränderte Auflage der Erst­auflage von 1941 mit einem Nachtrag von 622 Nummern. - Stuttgart 1964 (Verzeichnet an Kalendern nur die, die einen astronomischen Teil, die »Prac­tica«, haben; wichtige Einleitung von Zinner)

2. Kalender

Das folgende Verzeichnis ist chronologisch geordnet; es erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit, vielmehr verzeichnet es lediglich die Kalender, auf die sich die Angaben und Urteile der Arbeit stützen. Bei Jahreskalendern fehlt das Er-

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322 Literatur-Verzeichnis 1-20

scheinungsjahr durchweg; es ist als das der im Titel angegebenen Jahreszahl je­weils vorhergehende Jahr anzusehen.

9 Anonymus: Deutsches Calendarium (um 1305). In: Richard von Lilienborn: Deutsches Calendarium aus dem 14. Jahrhundert. In: ZfdA 6, 1848, S. 349 bis 369.

10 Johannes Regiomontanus (Ernst Zinner, Hg.): Der deutsche Kalender des Johannes Regiomontanus, Nürnberg um 1474. Faks.-Dr. mit e. Einl. v. Ernst Zinner. - 0. 0. 1937 (= Veröffentl. d. Ges. f. Typenkunde des 15. Jhs. Reihe B: Seltene Frühdrucke in Nachbildungen 1)

11 Jacob Pflaum: Calender vom Jahr 1476.- Ulm (Göttingen: Niedersächs. Staats- u. Uni.-Bibl.)

12 Anonymus: In disem biechlein wirt gefunden der Pauren Practick vnnd rege! darauff sy das gantz iar ain auffmercken haben vnnd halten. (1508) In: Gu­stav Hellmann (Hg.): Die Bauern-Praktik. Faks.-Dr. mit e. Einl. - Berlin 1896 (= Neudr. v. Schriften u. Karten über Meteorologie u. Erdmagnetis­mus Nr.5)

13 Johann Roszschwantz: Ein new abentürlich Practica Doctor Johannis Rosz­schwantz von Langen Lederbach do man die alten Iaternen pletzt. Vff dis künfftig jar. M. vc. vnd ix. - 0. 0. In: Jacob Baechtold: Quellen zu »Al­ler Praktik Großmutter<<. In: Vierteljahrsschrift f. Lit.gesch. 3, 1890, S. 201 bis 236

14 Hans Lapistores: Practica deutsch meyster Hansen Lapistoris von Collen auff das Jar Tausent funffhundert vnd sibenvndzwentzig.- 0. 0. (Göttingen: Nieders. Staats- u. Uni.-Bibl.)

15 Johannes Lichtenherger (Obers. v. Stephanus Rodt): Die weissagungen Jo­hannis Lichtenhergers deudsch zugeriebt mit vleys. Sampt einer nutzliehen vorrede vnd vnterricht D. Martini Luthers wie man die selbige vnd der gleichen weissagunge vernemen so!. - Wittenberg 1527 (Göttingen: Nieders. Staats- u. Uni.-Bibl.)

16 Eucharius Rösslin: Kalender mit allen astronomischen Haltungen. Von na­türlich Influß der Gestirne, Planeten und Zeychen. - Frankfurt a. M. 1533 (Göttingen: Nieders. Staats- u. Uni.-Bibl.)

17 Caspar Goldtwurm: Calendarium Historicum. Ein newes lustig buechlin I darinn angezeigt werden nicht allein die Monat I Tag vnd Fest des Jars I sonder auch daneben merckliche vnd ahnmütige Historien I so sich vor alten vnd jetzigen zeiten I auff einen jeglichen tag zugetragen haben I Wann vnd wo solche geschehen sein. Einem jeden für ein kurtz füglieh Manual aller seiner geschefft vnnd zu fallender händel nützlich zu gebrauchen. - 0. 0. 1554

18 Johannes Fischart: Aller Practick Großmuoter. EJn dick geprockte Newe vnnd trewe, laurhaffte vnnd jmmerdaurhaffte Procdick . . . MDLXXII (= Neudrucke dt. Litteraturwerke des XVI. u. XVII. Jhs. Abdruck der ersten Bearbeitung 1572. - HalleiS. 1876) (Erschien auch 1573; erweiterte Auf!. 1574, 1593, 1598, 1607, 1623 u. ö.)

19 Paul Eber: CALENDARIUM HISTORICUM, Das ist Ein allgemein Ca­lender I in welchem vff ein jeden tag durchs gantze Jar I eine namhaffte Ge­schichte oder Historien I . . . kürtzlich vermeldet vnd gezeigt wird. - Wit­tenberg 1582 (Deutsche Ausgabe der 1551 erschienenen lateinischen Erstausgabe, besorgt von Ebers Söhnen) (Göttingen: Nieders. Staats- u. Uni.-Bibl.)

20 Davidus Chytraeus: CALENDER, Darin ordentlich I Was auff ein jeden Tag I das gantze jar durch I für Psalmen vnd Capitel aus dem alten vnd newen Testament I ... gelesen werden: außgeteilet vnd verzeichnet ist ...

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Literatur-Verzeichnis 21-33 323

In: D'CH': Der fürnemsten Heubtstück Christlicher Lehr. - Helmstedt 1587. BI. V V ff. (Hannover: Nieders. Landesbibl.)

21 Johannes Colerus: CALENDARIUM PERPETUUM, Et libri Oeconomici: Das ist I Ein stetswerender Calender I darzu sehr nützliche vnd nötige Hauß­bücher. - Wirtenberg 1604 (Göttingen: Nieders. Staats- u. Uni.-Bibl.)

22 Nicolaus Vigelius (d. i. Cunradus Gerhardus Saurius): PROGymnasMATA JVDICIOR VM: Das ist /DEr Bawren Practica I vnd in Gerichts-Händeln vblicher Proceß. - Frankfurt a. M. 1607 (Parodie auf die Bauern-Praktik und zugleich praktisches juristisches Hand­buch (Göttingen: Nieders. Staats- u. Uni.-Bibl.)

23 Abraham Saur: Historischer Calender vnd Tagbuch I ... - Frankfurt a. M. 1613 (Deutsche Ausgabe der 1595 erschienenen lateinischen Erstausgabe, besorgt von Saurs Söhnen) (Göttingen: Nieders. Staats- u. Uni.-Bibl.)

24 Davidus Herlicius: Groß PROGNOSTICON ASTROLOGICUM, Oder: Practica I auff das Jahr ... MDCXXXIIII.- Nürnberg (Hannover: Nieders. Landesbibl.)

25 Martinus Horky: Alter vnd Newer Schreibkalender, Sampt der Planeten Lauff vnd derselben Influentzen I Auffs Jahr ... MDCXXXV. - Nürnberg (Hannover: Nieders. Landesbibl.)

26 Davidus Herlicius: Alt vnd New SchreibCalender I Auff das SchaltJahr I ... MDCXL. - Stettin (Hannover: Nieders. Landesbibl.)

27 Christoph Schorer: Alt vnd Newer SCHREIB-CALENDER I sampt der grossen Practica oder Vorsagung I vnd andern nothwendigen Dingen I auch einem nutzliehen HaußCalender /auffs Jahr ..• MDCXLIX.- Ulm (Stuttgart: Württembergische Landesbibl.)

28 Ders: Alter vnd Newer Absonderlicher Schreib-Caleuder I Darinnen neben der Practic I die Tageslänge I Lauff der Sonnen vnd deß Monds auf alle I der übrigen fünff Planeten aber auff fünff Tage jedes Monats I Anmerckung etlicher Observationen an dem gestirnten Himmel . . . sambt Continuirung der Schwäbischen Chronick I begriffen ist. Auff das Schaltjahr ... MDCLX. - Ulm (Stuttgart: Württembergische Landesbibl.)

29 Johann Jakob Christoffel von Grimmelshausen: Des Abenteurlichen Simpli­cissimi Ewig-währender Calender. - Nürnberg 1670 (muß heißen 1671) (Göttingen: Niedersächs. Staats- u. Uni.-Bibl.) Auch: Klaus Haberkamm (Hg.): Des Abenteurlichen Simplicissimi Ewig­währender Calender. Faks.-Dr. der Erstausgabe Nürnberg 1671 mit einem erklärenden Beiheft. - Konstanz 1967

30 Ders: Glücklicher u. Unglücklicher Selzamer und Notabier gantz neuer Eu­ropäischer Wundergeschichten Calender Vor Hohen und Niedere Burgers und Bauren mitgetheilet. - Nürnberg 1672 (Frankfurt a. M.: Stadt- u. Uni.-Bibl., Sammlung Hirzel)

31 Ders.: Simplicianischer Wunder GeschichtsCalender. - Nürnberg 1675 (Nürnberg: Bibi. d. Germanischen Nationalmuseums)

32 Paul Schneider: Schreib-Caleuder Auffs 1. nach dem Schaltjahre 1677. -Goslar (Hannover: Stadtbibliothek)

33 Haldriacus Gottlieb Algojus: New vnd Alter Schreib-Caleuder I oder Zeit­Tag-vnd Jahr-Buch ... auff das Jahr ... MDCLXXIX.- Augsburg (Meran: Stadtbibliothek)

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324 Literatur-Verzeichnis 34-51

34 Lucretius de Pravedan: Newer Schreib-Kalender I mit der grossen Prac­tica I Auff das Jahr ... MDCLXXXIII. - Innsbruck (Meran: Stadtbibliothek)

35 Cyriacus Lentulus: Prophezeyung I von Christi Geburt an I biß auf diß 1683. Jahr. Was sich jederzeit in dem 83. Jahr in der Welt begeben 0.0. (Göttingen: Niedersächs. Staats- u. Uni.-Bibl.)

36 Anonymus: Deß europäischen Götter-Botens MERCURII Alter und neuer Calender auf das Jahr ••. 1693. - Nürnberg (Hannover: Niedersächs. Landesbibl.)

37 Anonymus (J. M. P.): Alter und neuer mecklenburgischer Calender auff das 1695. Jahr ••. Dann auch eine Beschreibung und kurtzes Chronicon der .•. Ansse-Stadt Rostock. - Rostock (Hannover: Niedersächs. Landesbibl.)

38 Pontius Neubauer: OBER UND UNTERLÄNDISCHER BAUREN HAUßHALT UND GESPRÄCHS-KALENDER Auffs Schaltjahr Christi MDCLXXXXVI. - Zwickau (Göttingen: Niedersächs. Staats- u. Uni.-Bibl.)

39 Michael Kruegner: Neuer und Alter Außerlesener Denckwürdiger Historien­Catender ... Auff das Jahr MDCXCVIII. - Regensburg (Göttingen: Niedersächs. Staats- u. Uni.-Bibl.)

40 Johann Georg Pritius (d. i. Johannes Georgius): Nützlicher Geschichts-Ca­lender. - Leipzig 1698

41 Caspar Michael Wohlmuth: Schreib-Calender für 1699.- Weimar 42 Anonymus: Curieuser Geschichts-Calender der Kayser und Ertzherzogen aus

dem Hause Oesterreich. - Tübingen 1699 (Nur als ein Beispiel angeführt; dieser Kalender gehört in die Reihe weiterer Geschichts-Kalender deutscher und österreichischer Fürstenhöfe) (Göttingen: Niedersächs. Staats- u. Uni.-Bibl.)

43 Alethophilus von Uranien (wahrscheinlich Pseudonym): Alter und Neuer Verrathener Calender-Schreyberey und Eitelkeiten-Catender dieses MDCXCIX. Jahrs. - Nürnberg (Göttingen: Niedersächs. Staats- u. Uni.-Bibl.)

44 Anonymus: Biblischer Calender IDarinnen dem Christlichen Leser eine feine und bequeme Ordnung vorgehalten wird I wie er •.• die heilige Bibel ein­mahl deß Jahrs durchlesen kan.- Hanau 1700

45 Anonymus: Verbesserter Haußhaltungs-Calender I auf das Jahr MDCCII. -0.0.

46 Anonymus: Neuer Bauren-Calender I Auff das Jahr MDCCXXVI. - Solo­thurn

47 Christoph Sauer: Der Hoch-Deutsch Amerikanische Calender Auf das JAHR •.. 1739.- Germanton I Philadelphia

48 Johann Gottfried Schumann: CALENDARIUM PERPETUUM I Ewiger Calender Oder Gespräch zwischen der Sophia und dem Oeconomo I von der Immerwährenden Zeit-Rechnung.- Leipzig 1739

49 Johann Matthäus Morawisky: Alt- und Neuer Crackauer-Schreib-Calender, Auf das Jahr ••• MDCCL V. - Wien

50 Johannes Paulus Strack: Neuer Astronom- und Astrologischer Schreib-Ca­lender I Mit der großen Practica I Auf das Jahr ••• MDCCLXII. - Inns­bruck

51 Rahel Sophie Teller (u. a.): Des Herrn und der Madame Nicolai in Berlin fünf und zwanzigiährigen Ehe und Haus-Calender ans Licht gestellt am 11. December 1785.- Berlin

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Literatur-Verzeichnis 52-82 325

52 Anonymus: Historisch-geographischer Kalender auf das Jahr Christi 1804. -0.0.

53 Johann Peter Hebel: Der Rheinländische Hausfreund oder Neuer Calender auf das Schaltjahr 1808, mit lehrreichen Nachrichten und lustigen Erzäh­lungen. - Carlsruhe (im Verlag des Großherzog!. Lyceums)

54 Ders.: Ders. auf das Jahr 1809. - earlsruhe 55 Ders.: Ders. auf das Jahr 1810.- Carlsruhe 56 Ders.: Ders. auf das Jahr 1811. - Karlsruhe 57 Ders.: Ders. auf das Schalt-Jahr 1812.- Karlsruhe 58 Ders.: Der Rheinländische Hausfreund oder Neuer Kalender auf das Jahr

1813, mit lehrreichen Nachrichten und lustigen Erzählungen. - Lahr und Fforzheim (Verlag des Großherzog!. Lyceums zu Karlsruhe)

59 Ders.: Ders. auf das Jahr 1814. - Lahr und Pforzheim 60 Ders.: Ders. auf das Jahr 1815. - Lahr und Fforzheim 61 Ders.: Ders. auf das Jahr 1819. - Lahr und Fforzheim

(Karlsruhe: Badische Landesbibliothek) 62 Anonymus: Allgemeiner National-Kalender für Tirol und Vorarlberg auf

das gemeine Jahr 1821. - lnnsbruck 63 Anonymus: Allgemeiner Volks-Kalender auf das Gemein-Jahr 1839. -

Frankfurt a. d. 0. 64 Alban Stolz: Mixtur gegen die Todesangst. Für das gemeine Volk und ne­

benher für geistliche und weltliche Herrenleute. - Freiburg i. B. 1919 (= 31. Auf!. des Kalenders für Zeit und Ewigkeit von 1843)

65 Ders.: Kalender für Zeit und Ewigkeit. Ein Zuspruch unter zwei Augen; dem Christenvolk zur Erbauung, dem aufgeklärten Pöbel zum Aergerniß. 1846. Vierter Jahrgang. Gieb uns heute unser tägliches Brod, und sonst nichts. - Freiburg i. B.

66 Ders.: Ders. 1847. Fünfter Jahrgang. Essig und Oe!. - Freiburg i. B. 67 Albert Werfer: Kalender für Zeit und Ewigkeit. Sechster Jahrgang. 1848.

Mit Beiträgen v. J. B. v. Fischer, Alban Stolz u. a. - Freiburg i. B. 68 F. W. Gubitz: Deutscher Volks-Kalender 1848.- Berlin 69 M. Zugschwerdt: Kalender für Zeit und Ewigkeit. 1849. Siebenter Jahr­

gang. - Freiburg i. B. 70 J. J. Weber: Webers Volks-Kalender für das Jahr 1857.- Leipzig 71 Alban Stolz: Kalender für Zeit und Ewigkeit. Ein Zuspruch unter zwei Au­

gen; dem Christenvolk zur Erbauung, dem aufgeklärten Pöbel zum Aerger­niß. 1858. Sechster Jahrgang. Der unendliche Gruß. Der ganzen Reihe sech­zehnter Jahrgang.- Freiburg i. B.

72 Berthold Auerbach: Deutscher Volks-Kalender auf das Jahr 1859. - Stutt­gart und Augsburg

73 Anonymus: Großer Volks-Kalender des Lahrer Hinkenden Boten für das Jahr 1899. - Lahr

74 Anonymi: Missions-Kalender für das Jahr 1917. Hg. von der Kongregation der Benediktiner-Missionäre von St. Ottilien.- 0. 0.

75 Reimmichl (d. i. Julius Rieger): Reimmichls Volkskalender für das Jahr 1927. - Innsbruck

76 Reimmichl: Reimmichl-Kalender für das Jahr 1934. - Innsbruck 77 Ders.: Reimmichls Volkskalender für das Jahr 1936.- Innsbruck 78 Ders.: Ders. für das Jahr 1950. - Bozen 79 Ders.: Ders. für das Jahr 1954. - Bozen 80 Peter Niederkofler: St. Kassian-Kalender für das Gemeinjahr 1954.

(250. Jahrgang). - Brixen 81 Michael Camper: Reimmichls Volkskalender für das Jahr 1957.- Bozen 82 Ders.: Ders. für das Jahr 1961.- Bozen

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326 Literatur-Verzeichnis 83-97

83 Ders.: Ders. für das Jahr 1962.- Bozen 84 Ders.: Ders. für das Jahr 1963. - Bozen 85 Anonymus: Des Lahrer Hinkenden Boten neuer historischer Kalender für

den Bürger und Landmann auf das Jahr 1967. (167. Jahrgang)- Lahr 86 Adolf Marahrens: Hannoverscher Volkskalender. 1970. - Hannover

3. Ausgaben

87 Ludwig Anzengruber: Launiger Zuspruch und Ernste Red'. Kalender-Ge­schichten. - Lahr 1882 (Darin: L'A': Kalender-Geschichten, eine kleine Plauderei als Vorwort. S. I-IX)

88 Bertolt Brecht: Kalendergeschichten. - Berlin 1949 89 Ders.: Kalendergeschichten.- Halle/S. 1948

(Beide Ausgaben sind bis auf einen Setzfehler der Ausgabe von 1949 iden­tisch; die mit der Jahreszahl 1948 versehene Ausgabe des Mitteldeutschen Verlages ist eine Lizenz-Ausgabe der als Erstausgabe geltenden Berliner Ausgabe bei den Gehr. Weiß von 1949; zitiert wird demnach nach der Ber­liner Ausgabe)

90 Ders.: Gesammelte Werke in 20 Bänden. werksausgabe edition suhrkamp. Hg. vom Suhrkamp Verlag in Zusammenarbeit mit Elisabeth Hauptmann. -Frankfurt a. M. 1967 (nach Band-Nummern zitiert)

91 Christian Ferber: Eine Kalendergeschichte. In: Neunzehn deutsche Erzäh­lungen.- München o. J. (= Bücher der Neunzehn Bd. 100). S. 129-146 (Zuerst erschienen: Ch'F': Eine Kalendergeschichte. - Harnburg 1963)

92 Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen: Ewig währender Kalender nebst Stücken aus dem jährlichen Wunder-Geschichts-Kalender. Mit vielen Bildern geziert. Zum ersten Mal wieder in Druck geben durch Engelbert Hegauer (d. i. Wilhe!m Engelbert Oeftering). - München 1925 (= H'J'Ch' von G': Die Simplicianischen Bücher Bd. 3) (Nachwort von Oeftering S. 538-557; wertvolles Register zu den Kalen­dern)

93 Ders.: Kalendergeschichten. Ausgewählt von Herbert G. Göpfert. - Mün­chen 1937 (= Die kleine Bücherei Nr. 205) (Nachwort von Göpfert S. 73-76)

94 Johann Peter Hebel: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. - Tübin­gen 1811

95 Ders.: Sämtliche Werke in acht Bänden.- Karlsruhe 1832-1834 Bd. 3: Erzählungen des rheinländischen Hausfreundes. 1832 (Bringt bereits nicht mehr die Anordnung des »Schatzkästleins<< und druckt nur die >>schöne Literatur<< ab) Bd. 8: Vermischte Schriften. 1834 (Hier erscheinen die restlichen Kalenderbeiträge u. a.; 24 Rubriken)

96 Ders.: Werke. Zwei Bände. Hg. v. Otto Behaghel. - Stuttgart 1883-1884 (= Kürschners Dt. National-Litteratur Bd. 142/1 und 142/2) Bd. 2: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. 1884 (Sammelt alle Geschichten des Kalenders und verzeichnet ihre Quellen und Vorlagen, soweit eruierbar) (In Bd. 1: Einleitung Behaghels S. *1-'f35 und Bibliographie zu Hebel s. ·=·38-*43)

97 Ders.: Gesammelte Werke. 2 Bände. Hg. u. eingel. v. Eberhard Meckel. -Berlin 1958 (In Bd. 1: Vorbemerkung zur Edition S. S-9 und Einleitung >> Johann Peter Hebel- Ein Lebensbild<< von Eberhard Meckel S. 11-40)

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Literatur-Verzeichnis 98-114 327

98 Ders.: Poetische Werke. Nach den Ausgaben letzter Hand und der Gesamt­ausgabe von 1834 unter Hinzuziehung der früheren Fassungen, mit den Illu­strationen von Stauher und Schmolze zum Schatzkästlein (1846) und denen von Ludwig Richter zu den Alemannischen Gedichten (1859). Das Nachwort verfaßte Theodor Salfinger. - München 1964

99 Ders.: Kalendergeschichten. Auswahl und Nachwort von Ernst Bloch. -Frankfurt a. M. 1965 (= Sammlung Insel 7) (NachwortS. 133-150)

100 Ders.: Werke. 2 Bände. Hg. v. Eberhard Meckel. Eingel. v. Robert Min­der. - Frankfurt a. M. 1968 (Einleitung »Hebel, der erasmische Geist oder Nützliche Anleitung zu seiner Lektüre« S. II-XLIV)

101 Franz Hotfmann: Kalender-Geschichten. - Breslau 1852

Hingewiesen sei nur an dieser Stelle noch auf folgende Titel: Max Frisch: Kalendergeschichte. In: M'F': Tagebuch 1946-1949. - Güters­loh o. J. S. 120-134 Erwin Strittmatter: Schulzenhofer Kramkalender. Geschichten oder so was. -Gütersloh 1969

ll. Literatur zur Astrologie, zu den Naturwissenschaften, zur Philosophie und »Volkskunde«

102 Anonymus: Der wohlerfahrene Kalendermann, nebst einer neuen populären Astronomie, oder Anleitung zum Verstehen und Verfertigen eines Kalen­ders. - Ulm 1848

103 Theodor W. Adorno: Negative Dialektik. - Frankfurt a. M. 1966 104 Georg-Karl Bauer: Sternkunde und Sterndeutung der Deutschen im 9. bis

14. Jahrhundert. - Berlin 1937. Neudruck Nendeln 1967 105 Karl Theodor Bayer: Die Grundprobleme der Astrologie. - Leipzig 1927 106 Friedrich von Bezold: Astrologische Geschichtskonstruktion im Mittelalter.

In: F' von B': Aus Mittelalter und Renaissance. Kulturgeschichtliche Stu­dien. - München und Berlin 1918. S. 165-195 (Vorher in: Dt. Zeitschr. f. Geschichtswiss. 8, 1892, S. 38 ff.)

107 Ernst Bloch: Entfremdung, Verfremdung. In: E'B': Verfremdungen I. -Frankfurt a. M. 1963 ( = BS 85). S. 81-90

108 Franz Ball: Sternglaube und Sterndeutung. Die Geschichte und das Wesen der Astrologie. Unter Mitw. v. Carl Bezold dargestellt. 4., nach d. Verfasser Tod v. Wilhelm Gundei hg. Auf!. - Leipzig und Berlin 1931. 5. Auf!. mit e. bibliographischen Anhang v. Hans Georg Gundel. - Darmstadt 1966

109 Giordano Bruno: Das AschermittwochsmahL übers. v. Ferdinand Fellmann. Einl. v. Hans Blumenberg.- Frankfurt a. M. 1969 (= Sammlung Insel 43) (Einleitung: »Das Universum des Ketzers« S. 9-51)

110 Jacob Burckhardt: Die Kultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Durchges. v. Walter Goetz.- Stuttgart 1966 (= Kröners Taschenausgabe 53)

111 Richard Cavendish: Die schwarze Magie. - Frankfurt a. M. 1969 (The Black Arts, London 1967, dt.)

112 Ernst Robert Curtius: Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter. -Bern und München 1965. 5. Auf!.

113 Galileo Galilei: Sidereus Nuntius. Nachricht von den neuen Sternen. Hg. u. eingel. v. Hans Blumenberg.- Frankfurt a. M. 1965 (= Sammlung Insel1)

114 Otto Hartig: Christoph Schorer von Memmingen und sein »Sprachverder­ber<< (1643). - München 1922 (= Sitzungsber. d. Bayr. Akad. d. Wiss. Phil. Kl. 1921, 2)

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328 Literatur-Verzeichnis 115-134

115 Daniel Hartnaccius: Astronomischer Himmels-Spiegel. - Frankfurt a. M. und Leipzig 1682 (Göttingen: Niedersächs. Staats- u. Uni.-Bibl.)

116 Adolf Hauffen: Fischart Studien IV. Aller Praktik Großmutter. In: Euph. 5, 1898,S.25-47 u. S.226-256

117 Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Phänomenologie des Geistes. Nach d. Text der Originalausgabe hg. v. Johannes Hoffmeister. Harnburg 1952. 6. Auf!. ( = Phi!. Bibi. 114)

118 Gustav Hellmann: Meteorologische Volksbücher. Ein Beitrag zur Geschichte der Meteorologie und zur Kulturgeschichte. - Berlin 1895. 2., verm. u. verb. Auf!. (= Samml. populärer Sehr. der Uraniages. Berlin Nr. 8)

119 Herbert Freiherr von Klöckler: Astrologie als Erfahrungswissenschaft. -Berlin 1927

120 Hedi Lehmann: Volksbrauch im Jahreslauf.- München 1964 121 Dieter Lutz: Volksbrauch und Sprache. Benennung von Phänomenen in

Winter- und Frühlingsbräuchen Südwestdeutschlands. - Stuttgart 1966 (= Veröffentl. d. Staat!. Amts f. Denkmalspflege Stuttgart C. 4)

122 Lutz Mackensen: Die deutschen Volksbücher. - Leipzig 1927 (= Forschun­gen zur dt. Geistesgeschichte 2) (Kalender: S. 46-52)

123 Herbert Marcuse: Der eindimensionale Mensch. Studien zur Ideologie der fortgeschrittenen Industriegesellschaft. - Neuwied und Berlin 1967. 2. Auf!. (= Soziologische Texte 40) (One-Dimensional Men. Studies in the Ideology of Advanced Iudustrial Society, BostoniMass. 1964, dt.)

124 Kar! Marx: Die Frühschriften. Hg. v. Siegfried Landshut. - Stuttgart 1964 (= Kröners Taschenausgabe 209)

125 Friedrich Nietzsche: Unzeitgemäße Betrachtungen. Stuttgart 1964 (= F'N': Sämtliche Werke in zwölf Bänden. Bd. III)

126 Ders.: Die fröhliche Wissenschaft.- Stuttgart 1965 (=Bd. V) 127 Ders.: Der Wille zur Macht. Versuch einer Umwertung aller Werte. Ausg.

u. geord. v. Peter Gast unter Mitw. v. Elisabeth Förster-Nietzsche. - Stutt­gart 1964 ( = Bd. IX)

128 Eilert Pastor: Deutsche Volksweisheit in Wetterregeln und Bauernsprüchen. -Berlin 1934

129 Will-Erich Peuckert: Astrologie. Geschichte der Geheimwissenschaften Bd. 1. - Stuttgart 1960

130 Hans Reichenbach: Der Aufstieg der wissenschaftlichen Philosophie. -Braunschweig 1968. 2. Auf!. (= Wissenschaftstheorie, Wissenschaft und Phi­losophie) (The Rise of Scientific Philosophy, Berkeley and Los Angeles 1951, dt.)

131 Abclias Trew: Diseurs Von Grund vnd Verbesserung der Astrologie vnd was durch Anleytung derselben auß dem Gestirn I Conjunctionibusl Finsternus­sen I vnd andern Constellationibus I Sowol von Natürlichen I als WeltHän­deln I ohne Aberglauben könne geurtheilt vnd prognosticirt werden. -Nürnberg 1643 (Göttingen: Niedersächs. Staats- u. Uni.-Bibl.)

132 Aby Warburg: Heidnisch-antike Weissagung in Wort und Bild zu Luthers Zeiten. (1920). In: A.W': Gesammelte Schriften. Hg. v. d. Bibi. Warburg unter Mitarb. v. Fritz Rougemont hg. v. Getrud Bing. 2 Bände. - Nen­delniLichtenstein 1969. 2. Bd., S. 487-558 und Anm. S. 647-656

133 Ingeborg Weber-Kellermann: Deutsche Volkskunde zwischen Germanistik und Sozialwissenschaften. - Stuttgart 1969 ( = Sammlung Metzler 79)

134 Hermann Wein: Realdialektik. Von hegetscher Dialektik zu dialektischer Anthropologie. - Den Haag 1957. Fotomech. Nachdr. 1964

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Literatur-Verzeichnis 135-15 4 329

135 Ders.: Kentaurische Philosophie. Vorträge und Abhandlungen. - München 1968

136 Ludwig Wittgenstein: Philosophische Untersuchungen. - Frankfurt a. M. 1967 (= Wiss. Sonderausg. Suhrkamp Ver!.)

137 Ernst Zinner: Sternglaube und Sternforschung. - München 1953

III. Literatur zu den Kalendergeschichten

138 Richard Alewyn: Grimmelshausen-Probleme. In: Günther Weydt (Hg.): Der Simplicissimusdichter und sein Werk. - Darmstadt 1969 (= Wege der For­schung CLIII). S. 389-408. Vorher in: Zeitschr. f. Deutschkunde 44, 1930, S.89-102

139 Ders.: Der Roman des Barock. In: Hans Steffen (Hg.): Formkräfte der deutschen Dichtung vom Barock bis zur Gegenwart. - Göttingen 1967. 2., durchges. Aufl. (= Kleine Vandenhoeck-Reihe 169 S). S. 21-34 (Im Inhaltsverzeichnis ist der Aufsatz mit dem Titel »Erzählformen des deutschen Barock<< versehen)

140 Wilhelm Altwegg: Johann Peter Hebel. - Frauenfeld/Leipzig 1935 ( = Die Schweiz im deutschen Geistesleben 22)

141 Das Ärgernis Brecht. Mit Beiträgen von S. Melchinger, R. Frank, R. Grimm, E. Pranzen und 0. Mann. - Basel und Stuttgart 1961 (= Theater unserer Zeit Bd. 1) Darin: Reinhold Grimm: Vom Novum Organum zum Kleinen Organon. Gedanken zur Verfremdung. S. 45-70

142 Hermann Bausinger: Formen der »Volkspoesie<<. - Berlin 1968 (= Grund­lagen der Germanistik 6)

143 Walter Beniamin: Johann Peter Hebel. In: W'B': Angelus Novus. Ausge­wählte Schriften 2. - Frankfurt a. M. 1966. S. 380-383

144 Ders.: Versuche über Brecht. Hg. u. mit einem Nachwort versehen v. Rolf Tiedemann.- Frankfurt a. M. 1966 (= es 172)

145 Ernst Bloch: Hebel, Gotthelf und bäurisches Tao. In: E'B': Verfremdun­gen I. -Frankfurt a. M. 1962 (= BS 85). S. 186-210

146 Bruno Boesch: Hebels Umgang mit der Sprache. Rede beim »Schatzkästlein<< zum Hebeltag 1964.- Lörrach 1964 (= Schriften des Hebelbundes 13)

147 Thomas 0. Brandt: Die Vieldeutigkeit Bertolt Brechts. - Heidelberg 1968 148 Kurt Bräutigam: Die Antithese als Stilmittel in Johann Peter Hebels Erzäh­

lungen. In: Dienendes Wort. Eine Festgabe für Ernst Bender zum 70. Ge­burtstag.- Karlsruhe 1959. S. 123-138

149 Ders.: Humor und Herzensgüte in Johann Peter Hebels Erzählungen. In: DU 14, 1962, H. 5, S. 12-23

150 Kar! Brocke: Alban Stolz' Sprache und Stil. Eine Offenbarung volkstüm­licher Heimatkunst. - Phi!. Diss. Münster 1930 (= Universitäts-Archiv Folge 48 und Lit.-hist. Abt. Bd. 9, Münster 1930)

151 Hanns Bürgisser: Johann Peter Hebel als Erzähler. - Phi!. Diss. Zürich 1929 (= Wege zur Dichtung. Zürcher Schriften z. Lit.-Wiss. Bd. 7)

152 Leo Domagalla: Der Kalendermann Grimmeishausen und sein »Simplicissi­mus<<.- Phi!. Diss. Kiel1941.- Würzburg 1942

153 Björn Ekmann: Gesellschaft und Gewissen. Die sozialen und moralischen Anschauungen Bertolt Brechts und ihre Bedeutung für seine Dichtung. - Ko­penhagen 1969

154 Martin Esslin: Brecht. Das Paradox des politischen Dichters. - München 1970. Durchges. u. erg. Aufl. (= dtv 702). Vorher: Frankfurt a. M. 1966 (Brecht, A Choice of Evils, dt.)

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330 Literatur-Verzeichnis 155-178

155 Frederic Ewen: Bertolt Brecht. Sein Leben, sein Werk, seine Zeit. - Düssel­dorf und Harnburg 1970 (Bertolt Brecht. His Life, his Art and his Time, dt.)

156 Heinrich Funck: über den Rheinländischen Hausfreund und Johann Peter Hebel. - Karlsruhe 1886 (= Festschrift zur 300jährigen Jubelfeier des großherzogliehen Gymnasiums in Karlsruhe am 22. Nov. 1886)

157 Reinhold Grimm: Bertolt Brecht. Die Struktur seines Werkes. - Nürnberg 1959

158 Ders.: Verfremdung. Beiträge zu Ursprung und Wesen eines Begriffs. In: Revue de Litteratur Comparee 35, 1961, S. 207-236

159 Ders.: Die ästhetischen Anschauungen Bertolt Brechts. Notizen zu dem Buch von Helge Hultberg. In: ZfdPh 84, 1965, Sonderheft, S. 90-111 (vgl. Lit.-V erz. 164)

160 Ders.: Bertolt Brecht. - Stuttgart 1971. 3., völlig neu bearb. Aufl. (=Sammlung Metzler 4)

161 Mathilde Hain: Sprichwort und Volkssprache. Eine volkskundlich-soziolo­gische Dorfuntersuchung. - Gießen 1951

162 Elisabeth Hauke: Ludwig Anzengrubers Kalendergeschichten. - Phi!. Diss. Wien 1949 (Masch.)

163 Martin Heidegger: Hebel - der Hausfreund. - Pfullingen 1949 164 Helge Hultberg: Die ästhetischen Anschauungen Bertolt Brechts. - Kopen­

hagen 1962 165 Richard Hünnerkopf: Mittelalterliches Erzählgut bei Johann Peter Hebel.

In: Eugen Fehrte (Hg.): Festgabe für Friedrich Panzer zum 60. Geburts­tag. - Bühl-Baden 1930. S. 48-53

166 Andre ]olles: Einfache Formen. Legende, Sage, Mythe, Rätsel, Spruch, Ka­sus, Memorabile, Märchen, Witz. - Tübingen 1968. 4., unveränd. Aufl.

167 Marianne Kesting: Bertolt Brecht in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek bei Harnburg 1959 (= rowohlts monographien 37)

168 Ludwig Klein: Der Volkskalender bei Berthold Auerbach und Alban Stolz. -Phi!. Diss. Freiburg i. B. 1953 (Masch.)

169 Volker Klotz: Bertolt Brecht. Versuch über das Werk. - Darmstadt 1957 170 Helmut Kohlbecker: Allgemeine Entwicklungsgeschichte des badischen Ka­

lenders in der Zeit von 1700-1840. - Phi!. Diss. Freiburg i. B. 1928. -Baden-Baden 1928

171 Manfred Koschlig: Der Mythos vom »Bauernpoeten« Grimmelshausen. In: Jahrbuch d. dt. Schillerges. 9, 1965, S. 33-105

172 Rolf Max Kully: Johann Peter Hebel. - Stuttgart 1969 (= Sammlung Metzler 80)

173 Victor Lange: Epische Gattungen. In: Das Fischer-Lexikon. Literatur II. Er­ster Teil. Hg. v. Wolf-Hartmut Friedrich und Walther Killy. - Frank­furt a. M. 1965. S. 209-235

174 Ulla C. Lerg-Kill: Dichterwort und Parteiparole. Propagandistische Ge­dichte und Lieder Bertolt Brechts. - Bad Hornburg 1968

175 Helmut Linnenborn: Bertolt Brecht: Die unwürdige Greisin. In: DU 10, 1958, H.6, S. 100-107

176 Clemens Lugowski: Literarische Formen und lebendiger Gehalt im »Simpli­cissimus<<. In: Günther Weydt (Hg.}: Der Simplicissimusdichter und sein Werk. - Darmstadt 1969 (= Wege der Forschung CLIII). S. 161-178. Vorher in: Zeitschr. f. Deutschkunde 48, 1934, S. 622-634

177 Maria Lypp: »Der geneigte Leser verstehts.<< Zu J. P. Hebels Kalenderge­schichten. In: Euph. 64, 1970, S. 385-398

178 Hans Mayer: Bertolt Brecht und die Tradition. - München 1965 (= son­derreihe dtv 45). Vorher: Pfullingen 1961

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Literatur-Verzeichnis 179-199 331

179 Robert Minder: >>Hölderlin unter den Deutschen« und andere Aufsätze zur deutschen Literatur.- Frankfurt a. M. 1968 (= es 275) Darin: Brecht und die wiedergefundene Großmutter. S. 64-85; Heidegger und Hebel oder die Sprache von Meßkirch. S. 86-153

180 Ders.: Hebel und die Heimatkunst, von Frankreich gesehen. In: über Jo­hann Peter Hebel. Theodor Heuss, Carl ]. Burckhardt, Wilhelm Hausen­stein, Benno Reifenberg, Robert Minder, Werner Bergengruen, Martin Hei­degger. - Tübingen 1964. S. 65-90

181 Werner Mittenzwei: Marxismus und Realismus. Die Brecht-Lukacs-Debatte. In: Das Argument 10, 1968, H. 1/2, S. 12-43

182 Klaus-Detlev Müller: Die Funktion der Geschichte im Werk Bertolt Brechts. Studien zum Verhältnis von Marxismus und Ästhetik. - Tübingen 1967

183 Hermann Pongs: Die Anekdote als Kunstform zwischen Kalendergeschichte und Kurzgeschichte. In: DU 9, 1957, H. 1, S. 5-20

184 Anton Pontesegger: Grimmeishausen und sein >>Ewig-währender Kalen­der«. - Phi!. Diss. Wien 1952 (Masch.)

185 Hildegard Prass: Johann Peter Hebel 1960. Ein bibliographischer Bericht. In: Hans Werner Seiffert (Hg.): Studien zur neueren deutschen Litera­tur. - Berlin 1964. S. 185-204

186 Otto Rappold: Johann Nepomuk Vogls und August Silbersteins »Öster­reichischer Volkskalender<< als Volksbuch und Hort österreichischer Dorfge­schichten mit einer Einleitung über Werden, Wandel und Wesen deutscher und österreichischer Volkskalender. - Phi!. Diss. Wien 1936 (Masch.)

187 Wilhelm Heinrich Riehl: Volkskalender im achtzehnten Jahrhundert. (1852). In: W'H'R': Culturstudien aus drei Jahrhunderten. - Stuttgart 1859. S.38-56

188 Silvia Schlenstedt: Die Chroniken in den >>Svendborger Gedichten«. Eine Untersuchung zur Lyrik Brechts. - Phi!. Diss. Berlin (Masch.)

189 Dies.: Brechts Obergang zum sozialistischen Realismus in der Lyrik. In: WB 4,1958, S.59-64

190 Dies.: Kinderkreuzzug 1939. In: WB, Brecht-Sonderheft 1968, S. 12-38 191 Albrecht Schöne: Bertolt Brecht. Theatertheorie und dramatische Dichtung.

In: Euph.52, 1958, S.272-296 192 Klaus Schuhmann: Der Lyriker Bertolt Brecht. 1913-1933. - München 1971

(= dtv Wissenschaftliche Reihe 4075). Vorher: Berlin 1964 193 Ernst Schumacher: Form und Einfühlung. In: Materialien zu Brechts >>Leben

des Galilek Zusammengestellt v. Werner Hecht. - Frankfurt a. M. 1963 (= es 44). S. 153-170

194 Ders.: Drama und Geschichte. Bertolt Brechts »Leben des Galilei« und an­dere Stücke. - Berlin 1965

195 Herbert Seid/er: Die Dichtung. Wesen. Form. Dasein. - Stuttgart 1965. 2., überarb. Auf!.(= Kröncrs Taschenausgabe 283)

196 Jacob Steiner: Die Bühnenanweisung. - Göttingen 1969 197 Siegfried StreUer: Grimmeishausens Simplicianische Schriften. Allegorie, Zahl

und Wirklichkeitsdarstellung. - Berlin 1957 (= Neue Beiträge zur Litera­turwissenschaft Bd. 7)

198 Hans Thieme: Hebels Verhältnis zur Geschichte. 1960. In: Hebeldank. Be­kenntnis zum alemannischen Geist in sieben Reden von Theodor Heuss, Peter Dürrenmatt, Martin Heidegger, Carl J. Burckhardt, Hans Thieme, Friedrich Metz, Georg Thürer beim >>Schatzkästlein« zum Hebeltag 1964. Hg. v. Hanns Uhl. - Karlsruhe 1964

199 Theodor Verweyen: Apophthegma und Scherzrede. Die Geschichte einer ein­fachen Gattungsform und ihrer Entfaltung im 17. Jahrhundert. - Bad Horn­burg v. d. H.- Berlin- Zürich 1970 (=Linguistica et Litteraria Bd. 5)

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332 Literatur-Verzeichnis 200-214

200 Harald Weinrich: Tempus. Besprochene und erzählte Welt. - Stuttgart 1964 ( = Sprache und Literatur 16)

201 Waltraud Werner: Die Kalendergeschichte bei Grimmeishausen und ihre Zuordnung zum Volkslesestoff. - Phi!. Diss. Freiburg i. B. 1950

202 Horst Westhoff: Das deutsche Kalenderschrifttum. Seine Gestalt, Geschichte und publizistische Bedeutung. - Phi!. Diss. Berlin 1941. - Berlin 1944 (Diss.-Verz. Nr. 44. 1221) (Diese Arbeit war mir nicht zugänglich; aile Bemühungen der Göttinger Fernleihsteile blieben erfolglos, Anfragen in Berlin negativ)

203 Günther Weydt: Nachahmung und Schöpfung im Barock. Studien um Grim­melshausen. - Bern und München 1968

204 Lotbar Wittmann: Johann Peter Hebels Spiegel der Welt. Interpretationen zu 53 Kalendergeschichten. Abschl. überarb. unter Mitwirkung v. Wilhelm J. Hachgenei. - Frankfurt a. M. - Berlin- Bonn -München 1969

205 Peter Witzmann: Antike Tradition im Werk Bertolt Brechts. - Berlin 1964 {= Lebendiges Altertum Bd. 15)

206 Barbara Ailen Woods: The function of proverbs in Brecht. In: Monats­hefte 61, 1969, H. 1, S. 49-57

207 Dies.: Perverted proverbs in Brecht and ,, Verfremdungssprache<<, In: GR XLIII, 1968, S. 100-108

208 Dieter Wuckel: Bertolt Brechts Kalendergeschichte »Der verwundete Sokra­tes<<, In: Deutschunterricht 14, 1961, S. 448-455

209 Wilhelm Zentner: Johann Peter Hebel.- Karlsruhe 1965 210 Hertha von Ziegesar: Grimmeishausen als Kalenderschriftsteiler und die

Feißeckersehen Verlagsunternehmungen. In: Euph., 17. Erg.-heft, Festschrift für Bernhard Seiffert, Leipzig und Wien 1924, S. 50-79. Teilabdruck auch in: Günther Weydt (Hg.): Der Simplicissimusdichter und sein Werk. -Darmstadt 1969 (= Wege der Forschung CLIII). S. 89-102

211 Werner Zimmermann: Der Augsburger Kreidekreis-Lehrstückoder Dichtung? In: DU 10, 1958, H. 6, S. 86-100. Auch in: W'Z': Deutsche Prosadichtung. Interpretationen für Lehrende und Lernende. Teil 3. - Düsseldorf 1961. s. 72-92

Nachtrag: 212 Helmut Schwimmer: Bertolt Brecht: Kalendergeschichten. Interpretation. -

München 1967. 2. Auf!. (= Interpretationen zum Deutschunterricht) 213 Ulrich Däster: Johann Peter Hebel. Studien zu seinen Kalendergeschichten. -

Phi!. Diss. Zürich 1968. - Aarau 1968 214 Ders. (Uli D'): Johann Peter Hebel in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten.­

Reinbek bei Harnburg 1973 ( = rowohlts monographien 195)

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Register

Namen außer denen Hebels und Brechts

Abraham a Saneta Clara 146 Adorno, Th. W. 271, 307, 308 Albrecht, 0. 285 Alewyn, R. 36, 37, 40, 43, 277, 278,

280 f. Alexander von Makedonien 7 Algoius, H. G. 61 f. Alkibiades 170 Allio, R. 111, 302 Altwegg, W. 274 Anzengruber, L. 22, 31, 32 f., 136, 277,

310 Aristoteles 132 Arnim, B. v. 279 Auerbach, B. 19, 148

Bacon, F. 169 Bauer, G.-K. 287 Bausinger, H. 20, 30 f., 167 f., 192 bis

195, 196, 198, 215, 273, 275, 276, 312,314,315,316

Bayer, K. Th. 287, 289 Bebe!, H. 296 Beda 86, 282, 296 Behaghel, 0. 73 Bengel, J. A. 86, 296 f. Benjamin, W. 15, 64 f., 246 f., 260,

270 f., 292, 294, 318, 319 Bertholon, P. 104 Bezold, F. v. 287 Bitzius, C. 273 Bloch, E. 15, 75, 80, 99, 128, 270,

271,295,299,307 Blum, J. Ch. 201, 315 Blumenberg, H. 57,290, 311, 315 Boll, F. 287, 290 Brahe, T. 56, 62 Brocke, K. 157 f., 160 f., 274, 311 Bruno, G. 62, 169 Bürger, G. A. 13 Burckhardt, J. 287, 289

Cäsar, C. J. 7, 116, 169 Cäsius, G. 292 f.

Camus, A. 55,287 Carion, J. 87, 284 f., 297 Cavendish, R. 296 Claudius, M. 273 Clausar 56 Cohrs, F. 285 Colerus, J. 278 Curtius, E. R. 51, 269, 281, 282, 311,

315 Cyrillus, J. 283

Debiel, G. 316 Döblin, A. 319 Domagalla, L. 36-41, 42, 43, 277, 279,

280

Eber, P. 49 f., 64, 282, 285, 286 Emmerich, W. 270 Engels, F. 269 Eusebius 84, 86, 282, 283, 296 Ewen, F. 303

Faustus, J. 58 f. Fehr, K. 272, 273 Ferber, Ch. 262-267, 319 Feuerbach, L. 127, 166 Fischart, J. 53, 287 Frank, S. 191 Friedrich II. von Preußen 170 Frischauer, P. 246, 318

Galilei, G. 56, 57, 62, 151 f., 311 Gamper, M. 311 Garzonus, Th. ( == ,zonagrius<) 35, 85 Gengenbach, P. 53, 287 Gerhard,M. 36,37,277 Goedeke, K. 287 Göpfert, H. 274 Goethe, J. W. 15, 90, 92 f., 94, 264,

271 f., 279, 297, 298 Goldtwurm, C. 49, 64, 282, 286 Gotthelf, J. 19 f., 26, 272 f. Graf, 0. M. 260

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334 Register

Grimm, R. 116, 126, 129, 132, 135, 225,302,303-307,308,309,310

Grimmelshausen, J. J. Ch. v. 19, 22, 23, 24, 29, 34, 35-44, 45-52, 55, 61, 64, 66 f., 84 f., 86, 274, 277, 278, 279, 280, 281, 282, 286, 287, 290, 296

Gryphius, A. 53 Gubitz, F. W. 292 Gühring, A. 293 Günther, W. 273 Gundling, N. H. 63,292

Haberkamm, K. 46, 50, 281, 286 Hain, M. 190-192, 193, 196 f., 314, 316 Halley, E. 56 Hartig, 0. 291 Hartmann von Aue 276 Hauffen, A. 292 f. Hauke, E. 31 f., 33, 274, 276, 277 Hauptmann, E. 268 Hazard, P. 282 Heer, F. 311 Hegel, G. W. F. 126-129, 130, 132, 133,

142, 160, 161 f., 174-176, 200 f., 252 f., 269, 305, 306-308, 309 311 f. 316,319 , ,

Heidegger, M. 133, 271, 274, 309 312 Heisenberg, W. 314 ' Heitz, P. 278 Hellmann, G. 60, 278, 287, 291 Helwig, Ch. 291 Hieronymus 282, 296 Hindenburg, P. v. 263 Hipparch von Samos 85 f. Hirtsiefer, G. 180 f., 313 Hitler, A. 4-6, 11, 13 f., 21, 133, 165,

166,236,245,256,266 Hochgesang, M. 314 Hofer, A. 73 f., 294 Hoffmann, F. 186-190, 192, 196, 198 f.,

211,314 Hultberg, H. 303-307 Hume,D.57 Hunziger, R. 273

Ibsen, H. 184 Immermann, K. L. 200 f., 279, 315 Itten, H. 273

Jolles, A. 27-29, 187, 190-196, 198, 216, 275, 314 f., 316

Jünger, E. 289 Julian Apostata 283

Kafka, F. 298 Kant, I. 132, 300, 313 Keisch, H. 268 Kepler, J. 56 Kerner, J. 72 Klein, F. 155 f., 274, 311 Kleist, H. v. 95 f., 298 f. Klöckler, H. v. 287 f., 289 Klotz, V. 209, 302, 315 f. Knaur von Langheim 50, 61, 291 Köstlin, J. 284 f. Kohlbecker, H. 22-25, 274, 281, 286 f. Konfutse 238 f., 241 Kopernikus, N. 55 f., 62, 86, 288 290 Koschlig, M. 39, 278, 279, 281 ' Krentzheim, L. 87, 282-284, 285, 297 Kully, R. M. 274,293,295

Lange, V. 34, 277 Laotse 244-249 Lenin, W. 1.249-254 Lentulus, C. 285 Lerg-Kill, U. 2, 268 Lieres, V. v. 285 Linnenborn, H. 301 Löffler, S. 294 f. Lugowski, C. 43 f., 281 Lukacs, G. 126, 307 Luther, M. 87, 139, 285 Lutz, D. 66, 292 Lypp,M.274,298

Mackensen, L. 33, 277 Makrobius 86 Mann, Th. 102, 269, 276 Marcuse, H. 305 Marx, K. 6, 127, 128, 166, 178, 269,

307,308,312,313 Matthäus, K. 285 Mayer, H. 268 Mayer, J. 311 Meckel, E. 73 f.,293, 317 Meineke, J. 311 M~lanchthon, Ph. 87, 284, 285, 297 Mmder, R. 15, 73, 74, 75, 90, 95, 98,

109-111, 112, 118, 121, 222, 223, 270, ~71, 273, 297, 298, 301, 302, 317

Mmenzwei, W. 270 Müller, K.-D. 2, 3, 4, 134, 268, 306,

307,309 Muschg, A. 295 Muschg, W. 272 f.

Napoleon der Kleine 7, 81-83, 168, 296

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Register 335

Nas, J. 53, 287 Newald, R. 63, 291, 293 Newton, I. 62 Nietzsche, F. 6, 129-131, 135, 137, 173,

176, 258 f., 269, 270, 308, 309, 312, 319

Pargeter, P. S. 272 Pastor, E. 60, 291, 295 Paul, J. 99 Peirce, Ch. S. 17, 18, 272 Peuckert, W.-E. 287, 288 f., 296 Pfaff, J. W. 287 Pfinzing, P. 278 Philipp II. von Spanien 9 f. Picard, M. 293, 319 Pico della Mirandola 289 Planck, M. 315 Plato 20, 54, 55, 85, 86, 169 f., 287,

288, 296, 297 f., 312 Pleßner, H. 126, 307 Pongs, H. 27-29, 31, 202 f., 274, 275,

315 Pontesegger, A. 46, 48, 274, 277, 280,

281, 282, 286 f. Popper, J. 278 Pritius, J. G. 64 Pyrlaeus, Ch. 278

Rainer, P. 144-146, 311 Rappold, 0. 277 Regiomontanus, J. 56 Reichenbach, H. 313, 315 Reifenberg, B. 271 Reimann, J. F. 63 f. Reimmichl ( = Rieger, J.) 136, 137, 138

bis 144, 152, 163, 164, 165, 178, 181 f., 198, 292, 310 f.

Riehl, W. H. 23 f., 274 Rilke, R. M. 316 Ronge, J. 154 f., 156, 311 Rosegger, P. 148

Sailer, J. M. 192, 193, 314 Saur, A. 49, 64, 103, 282, 286, 291, 299 Schadelbauer, K. 291 Schäfer, W. 14, 26, 148 Schill 291 Schiller, F. 8, 9, 13, 32, 270, 277 Schlaf, J. 288 Schlenstedt, S. 231, 245 f., 250, 251, 268,

270, 317, 318, 319 Schmucker, K. 278 Schöne, A. 177, 307, 318

Schorer, Ch. 63, 291 Schumacher, E. 307, 309, 319 Schumann, V. 296 Schwimmer, H. 19, 203 f., 205,230,260,

266, 272, 301, 315, 317, 319 Seidler, H. 26, 27, 28, 274 Servius 86 Sixt, Ch. H. 285, 286 Sklovskij, V. 307 Sokrates 85, 86, 169-171 Sse-Ma-Tsien 246 Stanze!, F. K. 102 f., 299 Steiner, J. 8, 269 Störig, H. J. 318 Stolz, A. 22, 137, 146-163, 164, 165,

178, 198, 222, 311 Strawson, P. F. 242, 318 Streller, S. 36, 41-43, 277, 278, 279, 280,

281 Stupperich, R. 285

Theobertus von England 54 Trowitzsch, E. 292 Trunz, E. 298

Uhl, W. 279, 291

Verweyen, Th. 42, 43 f., 279 f., 281, 286

W aggerl, H. 260 Wagner, K. 29 Waligora, L. 268 Warburg, A. 284,291 f., 297 Weber, J. J. 292 Wein, H. 14, 242 f., 272, 273, 312, 315,

318 Weinheber, J. 148, 260 Weinrich, H. 97, 106, 107, 295, 296,

298, 299, 300 f. Weisgerber, L. 191 Weiskopf, F. C. 268 Weleslawjna, D. A. v. 282 Werner, W. 29 f., 136, 274, 275, 277,

281,310 Weydt, G. 42, 55, 280, 281, 287, 296 Whorf, B. L. 300 Wilpert, G. v. 293 Wittgenstein, L. 16 f., 241-243, 272,

305,315,318 Wittmann, L. 19, 22, 31, 78, 108, 183 f.,

222,223,225,254,272,274,276,295, 296, 297, 298, 301, 313, 317, 319

Wolf, E. 313 Woods, B.A. 315 f.

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336

Wuckel, D. 26 f., 274

Zellweger, R. 273 Zentner, W. 274

Register

Ziegesar, H. v. 36 f., 42, 277, 280 Zimmermann, W. 315, 316 Zinner, E. 104, 278, 279, 287, 289, 290,

299