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Fachartikel „Quo vadis? Digitalisierung im Controlling am Beispiel von Big Data“ Erschienen in: is report: Business Intelligence Lösungs-Guide 2015 Ausgabe 4/2015 Seite 18-19 www.horvath-partners.com Walid Mehanna Competence Center Controlling & Finance [email protected]

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Fachartikel

„Quo vadis? Digitalisierung im Controlling am Beispiel von Big Data“

Erschienen in:is report: Business Intelligence Lösungs-Guide 2015Ausgabe 4/2015Seite 18-19

www.horvath-partners.com

Walid MehannaCompetence Center Controlling & Finance

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18 Business Intelligence Lösungs-Guide 2015 © isi Medien, München

Das Stichwort „Digitalisierung des Controllings“ führt leicht zu der Frage, ob das Controlling denn bisher ana-log sei. Natürlich sind wichtige Kern-prozesse wie Planung, Reporting und Konsolidierung unlängst digital und werden heute durch diverse Business-Intelligence-Komponenten unterstützt. Allerdings haben aktuelle Technologie-trends, wie z.B. Big Data und Analytics, Mobile und Wearables sowie Usability, das Potenzial die Regeln der Zusam-menarbeit innerhalb und zwischen den Unternehmen neu zu definieren. Aus diesem Grund lohnt sich die ge-naue Betrachtung und Bewertung der neuen Technologien und deren zielge-richteter Einsatz im Controlling. Im Fol-genden wird dies exemplarisch für das Trendthema „Big Data“ skizziert.

Chancen und Herausforderungen iden-tifizieren und transparent machenUm Big Data für die Unternehmens-steuerung nutzbar zu machen, gilt es, einen wichtigen Aspekt hervorzuheben: den Wert ständig neuer Informationen für das Management. Heute bilden Key Performance Indikatoren (KPIs) die Grundlage für die Unternehmens-steuerung. In Werttreibermodellen vernetzt, beschreiben sie die unter-nehmerischen Zusammenhänge. Die Ausprägung und Entwicklung der KPIs im Zeitverlauf dienen als Grundlage für Entscheidungen. Big Data kann Metho-den und Werkzeuge liefern, um das be-stehende Reporting (Was ist passiert?) und Analyse (Warum ist es passiert?) dynamisch zu erweitern. Hinzu kom-men Funktionen wie Monitoring (Was passiert jetzt gerade?), Predictive (Was wird passieren?) und Prescriptive (Was sollte geschehen?). Das erleichtert kurz-fristige und genauere Forecasts ebenso wie langfristige Simulationen und Sze-narien. Entscheidungen können teils er-heblich besser und schneller getroffen werden. Die Unternehmenssteuerung wird stärker zukunftsorientiert und pro-aktiv ausgerichtet. Die Herausforderungen, die es dabei zu berücksichtigen gilt, liegen entlang der Wertschöpfung von den Rohdaten bis zur steuerungsrelevanten Informa-tion des Entscheiders, wie die Abb. 1 zusammenfasst.Der Begriff Big Data lenkt die Aufmerk-samkeit oft auf den Anfang des Ge-samtprozesses, auf die Verfügbarkeit von Datenquellen und die Verarbeit-barkeit der Massendaten in Echtzeit.

Noch wichtiger ist allerdings der Fo-kus auf die Adressaten und deren Ent-scheidungs- und Steuerungsbedarfe. Idealerweise ergänzen sich im Gegen-strom-Verfahren die datenorientierte, explorative („Wie kann ich bestehende, verfügbare Datenquellen auswerten und nutzbar machen? Welche neuen Erkenntnisse ergeben sich daraus?“) und die bedarfsorientierte Sicht („Wel-che Anforderungen für Steuerungsin-formationen haben die Adressaten?“).Die Anforderungen resultieren in den Analysen, die idealerweise relevant, hochverdichtet und kontextspezifisch sind. Das bestehende traditionelle Reporting wird zunehmend auf den relevanten Kern fokussiert („Lean Re-porting“) und durch neue Formate, z.B. für eine operative, agile ad-hoc Steuerung, ergänzt. Eine zunehmend wichtige Rolle für den Manager spie-len auch mobile Endgeräte („Mobile Reporting“). Inwieweit die weitere Mi-niaturisierung in Form der Smartwat-ches und weiterer „Wearables“ Einzug in die Unternehmenssteuerung finden, bleibt abzuwarten.Die Bereitstellung eines neuen Analyse-portfolios hat Auswirkungen auf die Or-ganisation: Data Scientists als Spezia-listen für modellgetriebene, statistische Auswertungen auf vielfältigen Massen-daten, müssen in die Organisation und in die Prozesse eingebunden werden. Bestehende Shared-Service-Center-Konzepte, wie z.B. Reporting Factories, können um neue Formate wie Data-Science-Labs ergänzt werden.Durch eine zunehmende Dateninte-gration in performanten In-Memory-Plattformen, entstehen zentrale Daten-

töpfe mit höchster Detailgranularität. Die Technologie zwingt nicht mehr zu „harten“ Verdichtungen im Data Warehouse, sondern ermöglicht über eine Berechnung zur Laufzeit im Be-darfsfall den Rückgriff auf die Detail-daten bis auf die Einzelbelegebene. Die Vielfalt an potenziellen Quellen ist ebenfalls eine große Chance kombi-niert mit spannenden Herausforderun-gen. Neben den klassischen internen und externen Quellen, können zuneh-mend auch semi- und unstrukturierte Daten z.B. über „Natural Language Pro-cessing“ (NLP) eigebunden werden. Weitere steuerungsrelevante Impulse lassen sich aus der Interaktion Machine-2Machine / Internet of Things, Sozialen Medien sowie mobilen oder Cloud-ba-sierten Quellen ableiten. Eine wichtige Rolle spielen die Vertrauenswürdigkeit der Quellen und deren Anbieter, vor al-lem wenn das Unternehmen personen-bezogene Daten erfasst und nutzt. Die Kunst besteht zum einen in der richti-gen Priorisierung von Quelen und zum anderen einer optimierten, hybriden Datenhaltung, die aus Kostengründen auch nicht-sensitive Teile der Datenhal-tung und -analyse in die Cloud verlegt.

Fachliche, organisatorische und technische Voraussetzungen schaffen Technologiekonzepte und konkrete Softwarelösungen für Big Data, die das Sortiment der Business-Intelligence-Software aktualisieren und ergänzen, sind heute – ebenso wie die entspre-chenden Infrastrukturen – vorhanden. Sie stellen somit keinen Engpass mehr für erfolgreiche Anwendungsszenarien mit Big Data dar.

Quo vadis? Digitalisierung im Controlling am Beispiel von Big Data

Abb. 1: Überblick der Handlungsfelder für Big Data in der Unternehmenssteuerung

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In vielen Unternehmen sind auf dieser technologischen Seite auch schon die ersten Weichen gestellt. CIOs beschäf-tigen sich schon seit mehreren Jahren mit den technischen Entwicklungen und haben ihre IT-Infrastruktur, die neuen Softwarelösungen für die Analy-se und die notwendigen Anpassungen an IT- und BI-Architekturen zumindest geplant, wenn nicht schon zum Teil in Piloten oder im Regelbetrieb umge-setzt. Aber auch wenn die Technolo-giegrundlage gegeben ist, müssen die Controller noch einige grundsätzliche fachliche und organisatorische Voraus-setzungen schaffen.

I. Starke Governance durch das Controlling

Dezentrale und eventuell widersprüch-liche Analysen auf uneinheitlichen Modellen bergen das Risiko von Fehl-entscheidungen. Daher braucht jedes Unternehmen übergreifende Vorgaben und eine klare Governance durch das Controlling, wie mit Daten, Modellen, Risiken und Chancen umzugehen ist und wie die einzelnen Teile zusammen-passen müssen. Die Governance umfasst dabei durch-gehend den Datenfluss von den viel-fältigen Quellen (Mobile, Cloud, M2M, Social, ...) bis hin zu den Adressaten (Management, Marketing, HR, Pro-duktion, ...). Passende Integrations-mechanismen stellen die Konsistenz der Daten sicher. Eine Organisation der Prozesse hinter Big Data und den darauf aufsetzenden Analysen muss nicht nur die Datensicherheit klären, sondern auch die Berechtigungen für den Zugriff und Veränderung von Daten durch die Adressaten (Daten-schutz z.B. im Personalbereich). Bei den Analysen sind u.a. Regelungen bezüglich der Art der Visualisierung und der gewünschten Verknüpfung von Daten zu treffen. Konsequente Regelungen in diesen Bereichen ver-hindern eine Fehlnutzung wie auch den Missbrauch.

II. Modelle der Unternehmens-steuerung

Für qualifizierte Entscheidungen müs-sen die Werttreibermodelle quantifi-ziert, numerisch aufeinander abge-stimmt und dynamisiert werden. Der Finanzbereich der Zukunft wird daher auch Spezialisten beschäftigen, um Unternehmensmodelle zu definieren, die Ressourcensteuerung optimal mit

den Anforderungen des Marktes zu verknüpfen, Chancen zu nutzen und die Risiken zu beherrschen.Wichtige Erfolgsfaktoren für nachhalti-ge Werttreibermodelle sind daten- und faktenbasierte Lessons-learned-Prozes-se, um die Modellqualität kontinuier-lich zu verbessern sowie klare Regeln für die Einbeziehung von und den Um-gang mit temporären Indikatoren.

III. Personalentwicklung und ChangeMitarbeiter in Controlling und Finanzen müssen für die Erstellung und Pflege der neuen Unternehmensmodelle qua-lifiziert, Entscheider auf die Nutzung der neuen Methoden vorbereitet wer-den. Der Umfang und die Bedeutung der Qualifizierung sind nicht zu unter-schätzen:• Die Manager in Controlling und Fi-

nanzen müssen Strukturen schaffen, die es ermöglichen, die Dynamik zu beherrschen

• Der Finanzbereich benötigt Mitarbei-ter, die die Unternehmensmodelle aufbauen und weiterentwickeln. Auf-grund der Dynamik und Korrelation werden diese Modelle eine Komple-xität besitzen, die nur Mitarbeiter mit spezifischer Ausbildung in quantita-tiven Methoden der „Data Sciences“ beherrschen.

• Die Manager in den Fachfunktionen können und müssen Entscheidungen wesentlich schneller und – je nach Aufgabengebiet – ggf. auch unter deutlich stärkerer Regulatorik treffen.

• In den Fachbereichen werden Mitar-beiter mit spezifischen Fähigkeiten benötigt, die entsprechende Erkennt-nisse aus Daten suchen, auswerten und nutzbar machen. Die Data Scien-tists müssen zum Teil auch dezentral in der Organisation integriert sein.

AusblickBig Data ist einer der Technologie-trends, der das Potenzial hat, zu einem echten Paradigmenwechsel in der Un-ternehmenssteuerung beizutragen. In Zukunft können alle relevanten Steue-rungsdimensionen wie Kunde, Markt oder Ressourcen von dem Mehrwert durch Big Data und den damit ermög-lichten Anwendungen profitieren.Dafür müssen aber systematisch Vor-aussetzungen geschaffen werden. In-sofern sind die Herausforderungen für das Controlling oftmals weniger techni-scher Natur, im Sinne der Verfügbarkeit, Qualität und Verarbeitbarkeit von Daten oder Softwarelösungen. Die Nutzung und Etablierung von Big Data in der Un-ternehmenssteuerung ist auch und vor allem ein Gestaltungs- und Wandlungs-prozess, der eine klare Governance, datenbasierte Werttreibermodelle, eine strukturierte Personal- und Orga-nisationsentwicklung sowie eine kon-sequente Lösungsorientierung ausge-hend vom Adressaten umfasst. B

Abb. 2: Notwendige Voraussetzungen für den erfolgreichen Einsatz von Big Data

AutorWalid Mehanna

Principal Business IntelligenceHorváth & Partners GmbH, Stuttgart

Dipl.-Inform. Walid Mehanna berät bei Horváth & Partners seit mehr als zwölf Jahren namhafte Unter-nehmen und ist heute Principal

Business Intelligence im Compe-tence Center Controlling & Finan-zen. Neben Lehrveranstaltungen an der Universität Stuttgart und

zahlreichen Veröffentlichungen, ist er Konferenzleiter der 2. Horváth

& Partners Big-Data-Konferenz am 28.10.2015 in Stuttgart

(www.big-data-konferenz.de).