Quo vadis Unternehmenskommunikation? - media.uni-hohenheim.de · Social Media-Kommunikation. Sie...

32
TOPKOM 2013 Quo vadis Unternehmenskommunikation? Umfrage bei den DAX- und Top 500-Unternehmen in Deutschland Kurzbericht der Ergebnisse Universität Hohenheim Fachgebiet Kommunikationswissenschaft und Journalistik Fruwirthstraße 49 70599 Stuttgart

Transcript of Quo vadis Unternehmenskommunikation? - media.uni-hohenheim.de · Social Media-Kommunikation. Sie...

Page 1: Quo vadis Unternehmenskommunikation? - media.uni-hohenheim.de · Social Media-Kommunikation. Sie definieren Social Media-Strategien, erweitern ihre Onlinekommunikation durch Social

TOPKOM 2013

Quo vadis Unternehmenskommunikation?

Umfrage bei den DAX- und Top 500-Unternehmen in Deutschland

Kurzbericht der Ergebnisse

Universität HohenheimFachgebiet Kommunikationswissenschaft und JournalistikFruwirthstraße 4970599 Stuttgart

Page 2: Quo vadis Unternehmenskommunikation? - media.uni-hohenheim.de · Social Media-Kommunikation. Sie definieren Social Media-Strategien, erweitern ihre Onlinekommunikation durch Social

Impressum

TOPKOM 500-Umfrage 2013

Quo vadis Unternehmenskommunikation?

Universität Hohenheim Fachgebiet Kommunikationswissenschaft und Journalistik (540 B) Prof. Dr. Claudia Mast Fruwirthstr. 49 70599 Stuttgart

Mai 2013

© Prof. Dr. Claudia Mast, Universität Hohenheim,

Fachgebiet Kommunikationswissenschaft und Journalistik, Stuttgart 2013

Page 3: Quo vadis Unternehmenskommunikation? - media.uni-hohenheim.de · Social Media-Kommunikation. Sie definieren Social Media-Strategien, erweitern ihre Onlinekommunikation durch Social

Inhaltsverzeichnis

Steckbrief der Studie .................................................................................................................... 4

Ergebnisse im Überblick ............................................................................................................. 5

1. Richtungswechsel in der Unternehmenskommunikation ........................................ 7

2. Digitale Kommunikation dominiert .................................................................................. 9

3. Gesellschaftspolitische Themen werden wichtiger –

aber schwieriger zu vermitteln ........................................................................................ 16

4. Erreichbarkeit der Stakeholder –

wirtschaftsnahe Gruppen liegen vorne ......................................................................... 22

Page 4: Quo vadis Unternehmenskommunikation? - media.uni-hohenheim.de · Social Media-Kommunikation. Sie definieren Social Media-Strategien, erweitern ihre Onlinekommunikation durch Social

Steckbrief der Studie

Vollerhebung unter den Kommunikationsverantwortlichen der 500 umsatz-

stärksten Unternehmen Deutschlands. 120 Unternehmen haben geantwortet.

Durchführung

Fachgebiet für Kommunikationswissenschaft und Journalistik der Universität

Hohenheim (Stuttgart)

Methode

Umfrage mittels schriftlichem und Online-Fragebogen,

offene und standardisierte Fragen

Zeitraum der Datenerhebung

Dezember 2012/Januar 2013

Das Fachgebiet Kommunikationswissenschaft und Journalistik führt seit 2001

regelmäßig Umfragen unter den DAX- und den Top 500-Unternehmen in

Deutschland durch.

Ergebnisse der früheren Umfragen sind veröffentlicht in: Claudia Mast (2011):

Innovationen in der Unternehmenskommunikation. Ergebnisse von Umfragen

bei DAX-Unternehmen, Analysen und Meinungen. Berlin: LIT-Verlag (ISBN: 978-

3-643-11389-4).

Page 5: Quo vadis Unternehmenskommunikation? - media.uni-hohenheim.de · Social Media-Kommunikation. Sie definieren Social Media-Strategien, erweitern ihre Onlinekommunikation durch Social

Ergebnisse im Überblick

Die Unsicherheiten der vergangenen Jahre zeigen Wirkung: Die Unternehmen

suchen verstärkt den direkten Kontakt zu ihren Stakeholdern. Sie greifen gesell-

schaftspolitische Fragen auf – allerdings scheuen sie noch häufig davor zurück,

sich konsequent auf die Perspektive der Stakeholder einzulassen.

Die zentralen Ergebnisse der TOPKOM 500-Studie 2013 sind:

� Unternehmen suchen den direkten Weg zu den Stakeholdern. Sowohl in der

internen als auch in der externen Kommunikation werden Ausbau und Opti-

mierung der Online-Kanäle forciert. Von Web 2.0-Anwendungen bis hin zu ei-

nem dialogorientierten Intranet reichen die wichtigsten Vorhaben der Unter-

nehmen.

� Gesellschaftspolitische Themen rücken auf Platz zwei der wichtigsten The-

men vor. Platz eins belegen aber – wie in den letzten Jahren – unangefochten

unternehmensbezogene Themen. Die „Inside-out“-Perspektive bleibt dabei

vorherrschend, d. h. Unternehmen kommunizieren vorrangig ihre eigene

Sichtweise an ihr Umfeld. Die „Outside-in“-Perspektive, d. h. Fragen externer

Gruppen konsequent aufzugreifen, entwickelt sich nur langsam.

� Die „Inside-out“-Sicht kommt daher auch bei der Rangliste der Stakeholder,

die die Unternehmen adressieren und die sie mit ihren Botschaften erreichen,

klar zum Ausdruck. Für sie ist ein enger, wirtschaftsnaher Stakeholder-Kreis

wie z. B. Kunden und Stakeholder gut ansprechbar.

� Die traditionellen „Gegenspieler“ der Unternehmen wie gesellschaftspoliti-

sche Organisationen oder Meinungsführer im Internet, in Verwaltungen und

Ministerien gelten nach wie vor als schwierig oder kaum erreichbar. Als

Gründe werden Rahmenbedingungen wie die Informationsflut aufgeführt, die

die Unternehmen kaum ändern können. Der Großteil der angeführten Ursa-

chen ist von den Unternehmen jedoch unmittelbar oder mittelfristig beein-

flussbar.

Page 6: Quo vadis Unternehmenskommunikation? - media.uni-hohenheim.de · Social Media-Kommunikation. Sie definieren Social Media-Strategien, erweitern ihre Onlinekommunikation durch Social

TOPKOM 2013: Ergebnisse im Überblick 6

Zusammenfassend deutet sich ein Richtungswechsel hin zu einer starken Be-

rücksichtigung der Stakeholder, ihren Anliegen und Erwartungen sowie zum

direkten Kontakt mit externen Gruppen an. Die Unsicherheiten scheinen dabei

aber noch groß zu sein, denn der Richtungswechsel zu einer tatsächlichen Sta-

keholder-Orientierung wird nicht beherzt vollzogen. Noch scheuen die Unter-

nehmen häufig davor zurück, konsequent die Sichtweise der adressierten Grup-

pen aufzugreifen. Quo vadis Unternehmenskommunikation? Erste Wegmarken

sind bereits sichtbar.

Page 7: Quo vadis Unternehmenskommunikation? - media.uni-hohenheim.de · Social Media-Kommunikation. Sie definieren Social Media-Strategien, erweitern ihre Onlinekommunikation durch Social

1. Richtungswechsel in der Unternehmenskommunikation

Eine Krisennachricht jagt die nächste. Das Vertrauen der Menschen in gesell-

schaftspolitische Institutionen lässt nach. Langjährige Orientierungsmarken wie

z. B. die Europäische Union geraten in den Augen der Bürger, Anleger, Finanzex-

perten und Mitarbeiter ins Wanken. Gleichzeitig steigen die Erwartungen der

Menschen an Unternehmen. Sie sollen qualitativ hochwertige Produkte zu güns-

tigen Preisen bereitstellen, dabei aber nachhaltig handeln, Verantwortung für ihr

Umfeld übernehmen und transparent kommunizieren.

Die Anforderungen an Unternehmen und ihre Kommunikation sind gewaltig. Sie

beeinflussen, ob Unternehmenskommunikation erfolgreich ist, ohne Wirkung

verhallt oder sogar negative Konsequenzen hat, z. B. wenn eine teure Kommuni-

kationskampagne gleichzeitig mit einer Entlassungswelle stattfindet. Angesichts

dieser Herausforderungen: Quo vadis Unternehmenskommunikation? Welche

Strategien versprechen Erfolg?

Das Fachgebiet für Kommunikationswissenschaft und Journalistik der Universi-

tät Hohenheim (Stuttgart) befragte die Kommunikationsverantwortlichen der

Top 500-Unternehmen in Deutschland zu den wichtigsten Vorhaben und Projek-

ten, die sie im Jahr 2013 anpacken wollen, zu anstehenden Themen und ihren

Erfahrungen mit der Stakeholder-Ansprache. Die TOPKOM-Studie, die seit meh-

reren Jahren regelmäßig durchgeführt wird und langfristige Tendenzen auf-

deckt, weist aktuell auf einen Richtungswechsel in der Unternehmenskommuni-

kation hin.

Die Unternehmen bewegen sich – so zeigen die Antworten – stärker auf ihr Um-

feld zu. Sie suchen auf der einen Seite den direkten Weg zu ihren Stakeholdern.

Sie investieren verstärkt in eigene Medien („Owned Media“), finanzieren weni-

ger fremde Medien („Bought Media“) und machen sich insgesamt unabhängiger

von der Medienberichterstattung. Auf der anderen Seite greifen sie Fragen und

Themen auf, die nicht mehr nur für wirtschaftsnahe Stakeholder von Interesse

sind. Und doch bleiben Hürden und Herausforderungen für die Unternehmens-

kommunikation: die Informationsüberflutung auf Seiten der Stakeholder, deren

Wissenslücken oder eine ablehnende Haltung in bestimmten Bevölkerungs-

gruppen.

Page 8: Quo vadis Unternehmenskommunikation? - media.uni-hohenheim.de · Social Media-Kommunikation. Sie definieren Social Media-Strategien, erweitern ihre Onlinekommunikation durch Social

TOPKOM 2013: Richtungswechsel in der Unternehmenskommunikation 8

Die nachfolgenden Ergebnisse zeigen vor diesem Hintergrund, welche Richtung

die Top 500-Unternehmen in Sachen Kommunikation aktuell einschlagen, wel-

che Themen, Instrumente und Kanäle ihnen am Herzen liegen und – nicht zuletzt

– wie Stakeholder in den Augen der befragten Kommunikationsverantwortli-

chen erreicht werden können.

Page 9: Quo vadis Unternehmenskommunikation? - media.uni-hohenheim.de · Social Media-Kommunikation. Sie definieren Social Media-Strategien, erweitern ihre Onlinekommunikation durch Social

2. Digitale Kommunikation dominiert

Das Internet ist mittlerweile ein zentraler Bestandteil der Mediennutzung vieler

Stakeholder. Die Anzahl der Internetnutzer hat sich in Deutschland in den letz-

ten zwölf Jahren verdreifacht.1 Die Ergebnisse der aktuellen Umfrage unter den

Top 500-Unternehmen in Deutschland zeigen, dass sich die Unternehmens-

kommunikatoren dieser Entwicklung bewusst sind. Während die Onlinekommu-

nikation im Jahr 2009 lediglich von 22 Prozent der befragten Unternehmen als

eines der wichtigsten Vorhaben der Unternehmenskommunikation genannt

worden ist, sind es aktuell 59 Prozent (vgl. Abb. 1).

Abbildung 1:

Die wichtigsten Vorhaben in der Unternehmenskommunikation

Nachhaltigkeitskommunikation und CSR

7 %

7 %

10 %

15 %

Interne Kommunikation

Media Relations

Persönliche Kommunikation

6 %

Externe und interne Onlinekommunikation 59 %

6 %

Organisation des Kommunikationsmanagements

Audiovisuelle Kommunikation

5 %

Integration und Abstimmung der Kommunikation

Leitgrößen (z. B. Marke, Reputation, Werte) 21 %

Change Communications 16 %

14 %Internationalisierung der Kommunikation

14 %

6 %

26 %

Krisenkommunikation

6 %

Kundenkommunikation

Investor Relations

(Neu-) Positionierung des Unternehmens

Quelle: Repräsentative Vollerhebung unter den Kommunikationsverantwortlichen der 500 umsatzstärksten Unterneh-men Deutschlands; Studie der Universität Hohenheim; offene Frage: „In der Unternehmenskommunikation werden derzeit viele Projekte durchgeführt und Veränderungen vorgenommen. Welche sind im kommenden Jahr die drei wich-tigsten Vorhaben/Probleme, die Sie in Ihrer Kommunikationsarbeit insgesamt anpacken wollen?“; Anteile der Befragten in Prozent, die ein Vorhaben/Problem genannt haben (n = 120, Mehrfachantworten möglich, Datenerhebung durch Universität Hohenheim, Erhebungszeitraum: Dezember 2012/Januar 2013)

1 Vgl. ARD/ZDF-Onlinestudie (2012), in: http://www.ard-zdf-onlinestudie.de/fileadmin/Onli-ne12/0708-2012_Eimeren_Frees.pdf, zugegriffen im Mai 2013.

Page 10: Quo vadis Unternehmenskommunikation? - media.uni-hohenheim.de · Social Media-Kommunikation. Sie definieren Social Media-Strategien, erweitern ihre Onlinekommunikation durch Social

TOPKOM 2013: Digitale Kommunikation dominiert 10

Onlinekommunikation hat oberste Priorität

Die Implementierung sowie der Ausbau der Onlinekommunikation haben bei

den Top 500-Unternehmen aktuell oberste Priorität. Mit großem Abstand sind

Projekte in diesem Kommunikationsfeld derzeit die wichtigsten Vorhaben in der

Unternehmenskommunikation. Die Unternehmen setzen vermehrt auf direkte

Kommunikationsverbindungen zu den Stakeholdern. Nahezu jedes zweite Un-

ternehmen investiert inzwischen offensiv in die Möglichkeiten der digitalen

Kommunikationswege, um in Kommunikationsnetzwerken online agieren zu

können. Im Mittelpunkt stehen dabei die Beziehungen sowohl zu externen als

auch zu internen Stakeholdern. Der Schwerpunkt ist aber jeweils ein anderer –

geht es bei der externen Kommunikation darum, neue Wege und Kanäle erst

aufzubauen, dominiert bei den internen Vorhaben die Optimierung bestehender

Medien.

In der externen Kommunikation geht es den Unternehmen einerseits darum, ihre

Webseiten zu überarbeiten oder völlig neue Internetauftritte zu schaffen, um

sich besser zu vernetzen. Sie wollen zu Knotenpunkten in den digitalen Kommu-

nikationsnetzwerken avancieren. Mit diesem Ziel vor Augen stellen sich die be-

fragten Unternehmen andererseits den neuen Chancen und Anforderungen der

Social Media-Kommunikation. Sie definieren Social Media-Strategien, erweitern

ihre Onlinekommunikation durch Social Media-Elemente, bauen Newsrooms auf

und versuchen, diesen Bereich bestmöglich in die Unternehmenskommunikation

zu integrieren. Ihr Ziel ist, die Stakeholder direkt zu erreichen – sei es mit

„Push“-, „Pull“- oder dialogischen Maßnahmen und am besten rund um die Uhr,

d. h. mit Informationen oder Anlaufstellen, die auch außerhalb der regulären

Arbeitszeiten verfügbar sind.

Die Media Relations – lange Jahre das Herzstück der Unternehmenskommunika-

tion – geraten demgegenüber bei den aktuellen Vorhaben aus dem Blickfeld. Nur

15 Prozent der Unternehmen haben sich 2013 entsprechende Projekte vorge-

nommen und wollen ihre Medienkontakte verbessern, ihre mediale Sichtbarkeit

optimieren oder die Pressearbeit ausweiten. 2006 waren es noch 28, 2004 sogar

noch 38 Prozent der DAX-Unternehmen, die sich speziell um den Ausbau der

Media Relations kümmern wollten. Wenn es um die Media Relations geht, ver-

weisen die Unternehmen vor allem darauf, dass es vielen Redaktionen an Fach-

Page 11: Quo vadis Unternehmenskommunikation? - media.uni-hohenheim.de · Social Media-Kommunikation. Sie definieren Social Media-Strategien, erweitern ihre Onlinekommunikation durch Social

TOPKOM 2013: Digitale Kommunikation dominiert 11

kompetenz mangelt und vor allem nach Skandalen und Scoops gesucht wird. Die

Medienarbeit ist für die Unternehmen mit Risiken verbunden – eine mögliche

Ursache für den Ausbau der direkten Wege zu den Stakeholdern. Direkte Kom-

munikationswege haben aktuell Aufwind in der Unternehmenskommunikation.

Auch wenn einige Unternehmen sehr kritisch überprüfen, ob Social Media-

Projekte für sie überhaupt sinnvoll sind und sich lohnen.

In der internen Kommunikation geht es vor allem um einen Ausbau und eine Er-

weiterung bereits bestehender Online-Kanäle. Es sind nur noch wenige Firmen

dabei, das Intranet als Kommunikationsweg zu implementieren. Dies überrascht

nicht, da dieser Kommunikationskanal bereits in den vergangenen Jahren inten-

siv ausgebaut worden ist. Die meisten Unternehmen planen vor diesem Hinter-

grund vielmehr, die firmeninternen Netze zu optimieren. Sie wollen ihre Mitar-

beiter weltweit erreichen und vernetzen. Wichtig ist ihnen, eine höhere Interak-

tivität zu erzielen, indem sie beispielsweise das Intranet um Social Media-

Plattformen, Foren, Chats oder Wikis erweitern. Das zentrale Ziel der Unter-

nehmen ist dabei, dass die internen Kommunikationsprozesse durchlässiger

werden und Feedback einfacher wird. Sie setzen auf die Optimierung des Intra-

net, den Einsatz von Social Media-Plattformen, organisiertes Feedback oder Bot-

tom-up-Kommunikation. Die Informationskaskaden werden überprüft und er-

gänzt.

Neben der Onlinekommunikation haben die Top 500-Unternehmen auch noch

andere Kommunikationskanäle im Blick. Immerhin sechs Prozent der Befragten

planen, ihre audiovisuellen Kommunikationskanäle zu erweitern. Sie setzen in

ihrer Kommunikationsarbeit auf Bilder und Videos, produzieren Image- und Un-

ternehmensfilme oder bauen das Corporate-TV aus. Auch die persönliche Kom-

munikation ist für sechs Prozent der Befragten ein wichtiges Vorhaben 2013.

Ihnen geht es um die Präsenz des Unternehmens auf Messen sowie um den Ein-

satz von Mitarbeitern und Führungskräften als Botschafter eines Unternehmens,

z. B. im Rahmen von Tagungen, Konferenzen oder in Gesprächsrunden im Fern-

sehen.

Page 12: Quo vadis Unternehmenskommunikation? - media.uni-hohenheim.de · Social Media-Kommunikation. Sie definieren Social Media-Strategien, erweitern ihre Onlinekommunikation durch Social

TOPKOM 2013: Digitale Kommunikation dominiert 12

„PR begins at home“ – Interne Kommunikation im Blick

Neben den Investitionen in Online-Medien und Kommunikationskanäle, welche

interne und externe Stakeholder erreichen sollen, steht für viele Kommunikati-

onsverantwortliche auch grundsätzlich die interne Kommunikation im Mittel-

punkt. Aktuell wollen über ein Viertel der Unternehmen (26 %) in diesem Be-

reich zentrale Projekte vorantreiben. „PR begins at home“ – dieser häufig zitierte

Satz gilt 2013 in besonderem Maße.

Angesichts der gegenwärtigen Herausforderungen im externen Umfeld sowie

der Bedeutung für den wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen ist die Schwer-

punktsetzung wenig verwunderlich. Transparente Kommunikationsabläufe und

die Integration der Mitarbeiter in die Firma sind für ihre Motivation und ihr

Commitment entscheidend. Die Bindung von Mitarbeitern an den Arbeitgeber

und die Reduzierung von Fluktuation entscheiden auf den heutigen spezialisier-

ten Märkten darüber, welches Unternehmen wettbewerbsfähig bleibt. Dabei ist

vor allem auch die Prävention von Whistle-Blowing, d. h. die ungewollte Publi-

zierung von Firmeninterna, ein wichtiges Thema. Die Unternehmen wissen: Sie

haben es immer weniger in der Hand, was nach außen dringt. Daher investieren

sie in eine möglichst überzeugende, durchlässige und leistungsfähige interne

Kommunikation.

Ihnen geht es dabei vor allem darum, die internen Kommunikationsprozesse

transparenter und durchlässiger zu gestalten. Die Informationskaskade wird auf

den Prüfstand gestellt und soll um elaborierte Feedback-Kanäle ergänzt werden.

Ziel ist, das Wissen der Mitarbeiter jeder Ebene einzubeziehen und so bislang

brachliegendes Potenzial zu erschließen. Dazu sind auch Maßnahmen geplant,

die die Führungskräfte als Kommunikatoren stärken und in das Kommunikati-

onsgeschehen im Unternehmen einbinden sollen. Die Beratungsaufgabe der Un-

ternehmenskommunikation ist gefragt und wird damit vom Top-Management

auf alle Managementebenen ausgeweitet.

Neben der zentralen Stakeholder-Gruppe Mitarbeiter nennen die Kommunikati-

onsverantwortlichen der Top 500-Unternehmen darüber hinaus explizit die bei-

den externen Stakeholder „Kunden“ und „Kapitalgeber“, wenn es um die Frage

nach aktuellen Vorhaben in der Unternehmenskommunikation geht. In sechs

Page 13: Quo vadis Unternehmenskommunikation? - media.uni-hohenheim.de · Social Media-Kommunikation. Sie definieren Social Media-Strategien, erweitern ihre Onlinekommunikation durch Social

TOPKOM 2013: Digitale Kommunikation dominiert 13

Prozent der Unternehmen stehen Investor Relations-Projekte im Mittelpunkt.

Dabei geht es vor allem um die Integration von Produkt- und Finanzkommunika-

tion, die Erläuterung des Geschäftsmodells sowie die Ausgestaltung der Ge-

schäftsberichte.

Weitere sechs Prozent der Unternehmen haben für 2013 ihre Kommunikation

mit den Kunden im Blick. Sie setzen vor allem auf mehr Interaktivität und den

Ausbau von Kundenmedien wie z. B. Kundenzeitschriften, Videos und den Be-

reich Social Media.

Situative Strategien als Antwort auf die Veränderungen im Umfeld

Neben den zwei zentralen Bereichen der Onlinekommunikation und der inter-

nen Kommunikation verweisen die Top 500-Unternehmen auf weitere Vorha-

ben, um den Veränderungen im Umfeld zu begegnen. Sie lassen sich in drei Stra-

tegiebereiche einteilen:

� Vorhaben, die die Leitgrößen und das strategische Management der Kommu-

nikation sowie seine Optimierung ins Auge fassen,

� Projekte, die sich an bestimmten Situationen ausrichten, sowie

� Strategien und Vorhaben, die konkrete Themen und Inhalte in den Blick neh-

men.

Zahlreiche Projekte und Vorhaben, die die Unternehmen dieses Jahr als wichtig

erachten, beziehen sich auf das strategische Management der Unternehmens-

kommunikation und dessen Weiterentwicklung und Optimierung:

� Von mehr als einem Fünftel der Unternehmen (21 %) werden Projekte und

Vorhaben genannt, die die Leitgrößen ihrer Kommunikation wie z. B. ihre

Marke, Reputation oder Werte zum Ziel haben (2009: 37 %). Sie sollen offen-

siv mit Kommunikationsmaßnahmen gestärkt werden. Die Unternehmen ar-

beiten dazu an ihrem Markenprofil, der Corporate Story oder ihrem visuellen

Auftritt. Sie entdecken die Bedeutung ihres Images wieder, z. B. nach einer

fehlgeschlagenen Fusion, und verbessern die Imagepflege. Andere wollen das

Reputationsmanagement als Dauerthema etablieren und mit Ressourcen aus-

statten. Vereinzelt werden noch neue Werte und Leitbilder formuliert und im

Unternehmen verankert.

Page 14: Quo vadis Unternehmenskommunikation? - media.uni-hohenheim.de · Social Media-Kommunikation. Sie definieren Social Media-Strategien, erweitern ihre Onlinekommunikation durch Social

TOPKOM 2013: Digitale Kommunikation dominiert 14

� Sowohl die Integration als auch die Abstimmung der Kommunikation sind für

14 Prozent der Unternehmen wichtige Vorhaben in diesem Jahr. Sie arbeiten

vor allem daran, die interne und externe Kommunikation zu verzahnen, die

Online- und Offline-Kommunikation stärker zu vernetzen oder das Social

Media-Engagement sinnvoll in die Unternehmenskommunikation zu integ-

rieren.

� Die Internationalisierung der Kommunikation beschäftigt derzeit 14 Prozent

der Unternehmen (2007: 37 %). Themen und Maßnahmen sollen über Län-

dergrenzen hinweg möglichst einheitlich umgesetzt werden. Es geht vor al-

lem um Planung, Koordination und die Möglichkeit einer globalen Kampag-

nenfähigkeit der Unternehmen. Dies gilt auch für die interne Kommunikati-

on, die global vernetzt werden soll. Im Zuge dessen werden auch Mitarbei-

terzeitschriften mit internationalen Konzepten neu positioniert.

� Sieben Prozent der Befragten arbeiten an der (Neu-) Positionierung des Un-

ternehmens (2009: 22 %). Ihr Ziel ist, das Unternehmensprofil mit Blick auf

die Wettbewerber konkreter zu fassen, neue Geschäftsfelder einzubeziehen

oder sich grundsätzlich auf neue Produkte und Dienstleistungen auszurich-

ten.

� Fünf Prozent der befragten Kommunikationsverantwortlichen sind schluss-

endlich mit der grundsätzlichen Umorganisation ihrer Kommunikationsberei-

che beschäftigt. Hier stehen meistens die Neuausrichtung der Unterneh-

menskommunikation zum Marketing, zum Bereich CSR oder Veränderungen

der abteilungsinternen Abläufe im Mittelpunkt.

Besondere Situationen sind für einige der Unternehmen ebenfalls ein Thema, mit

dem sie sich in diesem Jahr in ihrer Kommunikation auseinandersetzen wollen:

� 16 Prozent der Unternehmen haben sich Projekte in der Change Communica-

tion vorgenommen. Es geht ihnen vor allem um Restrukturierungen, Perso-

nalabbau, Kulturveränderungen, die Erschließung neuer Märkte sowie die

Implementierung neuer Strategien. Dieser Aufgabenbereich ist in vielen Un-

ternehmen bereits zur Normalität geworden.

� Sieben Prozent der Unternehmen wollen sich mit einer einheitlichen Krisen-

kommunikation beschäftigen. Sie soll von allen Führungsebenen umsetzbar

sein und mit Präventionsmaßnahmen und einem kontinuierlichen Krisen-

monitoring kombiniert werden.

Page 15: Quo vadis Unternehmenskommunikation? - media.uni-hohenheim.de · Social Media-Kommunikation. Sie definieren Social Media-Strategien, erweitern ihre Onlinekommunikation durch Social

TOPKOM 2013: Digitale Kommunikation dominiert 15

Im Hinblick auf Inhalte der Kommunikation steht nach wie vor ein Thema auf der

Agenda der Unternehmen: Zehn Prozent der Kommunikationsverantwortlichen

haben sich Projekte in der Nachhaltigkeitskommunikation und zum Thema Ver-

antwortung vorgenommen. Der Vergleich mit dem Jahr 2009, in dem knapp 30

Prozent entsprechende Vorhaben genannt haben, zeigt, dass das Thema seinen

Zenit in Sachen Dringlichkeit möglicherweise überschritten hat. Für die genann-

ten zehn Prozent der Unternehmen geht es 2013 noch um Strategien sowie On-

line- und Offline-Instrumente im Bereich Corporate Social Responsibility (CSR),

z. B. Nachhaltigkeitsberichte oder entsprechende Webseiten, sowie um die In-

tegration von Verantwortungsthemen in das Unternehmen insgesamt. Darüber

hinaus sollen Mitarbeiter stärker in Nachhaltigkeits- oder CSR-Programme ein-

gebunden werden.

Zusammenfassend sind Aktivitäten im Bereich der Onlinekommunikation im

Jahr 2013 mit weitem Abstand das wichtigste Vorhaben für die Top 500-

Unternehmen. Sie suchen direkte Wege zu ihren externen und internen Stake-

holdern. Außerdem gewinnt die interne Kommunikation im Vergleich zu den

Vorjahren insgesamt an Bedeutung – gemäß dem Motto „PR begins at home“.

Nicht zuletzt sind situative Vorhaben eine Antwort auf die zahlreichen Verände-

rungen, denen sich Unternehmen aktuell gegenübersehen. Sie beziehen sich auf

konkrete Themen, besondere Situationen oder das Management und die Organi-

sation der Kommunikation.

Page 16: Quo vadis Unternehmenskommunikation? - media.uni-hohenheim.de · Social Media-Kommunikation. Sie definieren Social Media-Strategien, erweitern ihre Onlinekommunikation durch Social

3. Gesellschaftspolitische Themen werden wichtiger – aber schwieriger zu vermitteln

Ein Richtungswechsel in der Unternehmenskommunikation, die näher an ihre

Stakeholder heran will, zeigt sich nicht nur bei der Wahl von Instrumenten und

Kanälen, sondern auch bei den Inhalten der Kommunikation. Wenn die Kommu-

nikationsverantwortlichen offen nach den drei wichtigsten Themen für das Jahr

2013 gefragt werden, so deutet bei den Top 5-Themen zunächst jedoch nichts

auf eine Veränderung hin. Auf den Top 5-Positionen stehen Themen, die traditi-

onell wichtig sind: 36 Prozent der Unternehmen wollen über die Unternehmens-

strategie und Geschäftspolitik, 30 Prozent über die eigene finanzielle Entwick-

lung und 22 Prozent über Innovationen kommunizieren. Mit der ökologischen

Verantwortung eines Unternehmens hat es ein Thema auf die Top 5-Liste ge-

schafft, das vom Unternehmensumfeld und dessen Erwartungen ausgeht („Out-

side-in“-Perspektive). 21 Prozent der Befragten nennen diesen Themenbereich.

Mit der Unternehmensorganisation und Restrukturierung, die bei 18 Prozent

der Kommunikationsverantwortlichen auf der Agenda steht, auf Platz fünf wech-

selt die Perspektive wieder hin zum Unternehmen als Ausgangpunkt („Inside-

out“-Perspektive).

Die wichtigsten Themen 2013

Während die Top 5-Themen eine recht traditionelle Sicht zeigen, verändert sich

das Bild, wenn die offen genannten Themen drei Dimensionen zugeordnet wer-

den: Es können unternehmensbezogene, gesellschaftspolitische und leistungs-

bezogene Aspekte unterschieden werden (vgl. Abb. 2).

Der Kommunikationsschwerpunkt liegt für die Top 500-Unternehmen eindeutig

auf unternehmensbezogenen Themen. Es handelt sich um Themen, die das Unter-

nehmen selbst zum Gegenstand haben und z. B. die Identität, Strategie und Um-

setzung von Vorhaben beschreiben. An vorderster Stelle stehen die erwähnte

Unternehmensstrategie und Geschäftspolitik (36 %) sowie die finanzielle Ent-

wicklung des Unternehmens (30 %). Auf den weiteren Plätzen geht es für die

Befragten um die Unternehmensorganisation (18 %) sowie Werte- und Kultur-

aspekte (15 %). Bei 14 bzw. acht Prozent der Unternehmen stehen nicht zuletzt

Page 17: Quo vadis Unternehmenskommunikation? - media.uni-hohenheim.de · Social Media-Kommunikation. Sie definieren Social Media-Strategien, erweitern ihre Onlinekommunikation durch Social

TOPKOM 2013: Gesellschaftspolitische Themen werden wichtiger 17

Mitarbeiter- und Kundenthemen im Mittelpunkt. Insgesamt geht es bei all diesen

Themen um die Kalkulierbarkeit der Unternehmen als Player und ihre Bezie-

hungen vor allem zu den Mitarbeitern, Kunden und Geldgebern, d. h. den wirt-

schaftsnahen Stakeholdern.

Während bei unternehmensbezogenen Themen die Perspektive des Unterneh-

mens dominiert, verändert sich diese bei gesellschaftspolitischen Themen, die als

Gesamtbereich am zweithäufigsten genannt werden. Die Erwartungen und An-

sichten des Unternehmensumfeldes halten an dieser Stelle Einzug in die Unter-

nehmenskommunikation („Inside-out“). Dies gilt nach Ansicht der Befragten vor

allem im Hinblick auf Umweltthemen wie z. B. Projekte im Umwelt- und Klima-

schutz, CO2-Bilanzen, Energie- und Ressourceneffizienz sowie Elektromobilität

Abbildung 2:

Die wichtigsten Themen der Top 500-Unternehmen

Markenpolitik 5 %

Servicequalität und Beratungskompetenz 5 %

Innovationen 22 %

Produkt- und Leistungsportfolio

Kundenorientierung und -bindung 8 %

Personalpolitik und Mitarbeiterführung 14 %

Unternehmenswerte und -kultur 15 %

Unternehmensorganisation und Restrukturierung 18 %

Finanzielle Entwicklung des Unternehmens 30 %

Unternehmensstrategie und Geschäftspolitik 36 %

Unternehmensbezogene Themen

Energiewende

Soziale Verantwortung

Gesellschaftspolitische Themen

21 %

13 %

6 %

11 %

Ökologische Verantwortung

Wirtschaftspolitik

Quelle: Repräsentative Vollerhebung unter den Kommunikationsverantwortlichen der 500 umsatzstärksten Unterneh-men Deutschlands; Studie der Universität Hohenheim; offene Frage: „Wenn Sie jetzt an die Inhalte Ihrer Kommunikati-onsarbeit denken: Was sind für Sie die drei wichtigsten Themen, über die Sie im kommenden Jahr kommunizieren wer-den?“; Anteile der Befragten in Prozent, die ein Thema genannt haben (n = 118, Mehrfachantworten möglich, Datenerhe-bung durch Universität Hohenheim, Erhebungszeitraum: Dezember 2012/Januar 2013)

Page 18: Quo vadis Unternehmenskommunikation? - media.uni-hohenheim.de · Social Media-Kommunikation. Sie definieren Social Media-Strategien, erweitern ihre Onlinekommunikation durch Social

TOPKOM 2013: Gesellschaftspolitische Themen werden wichtiger 18

(21 %). Aber auch über wirtschaftspolitische Fragen wie z. B. Finanzmarktregu-

lation, Bürgerbeteiligung, einen Mindestlohn oder die Eurokrise und ihre Folgen

(13 %) sowie soziale Verantwortung wie z. B. den respektvollen Umgang mit

Mitarbeitern oder Bürgern, soziales Engagement oder die Vereinbarkeit von Be-

ruf und Familie (11 %) wollen einige der befragten Unternehmen kommunizie-

ren. Auch die Energiewende steht bei sechs Prozent der Kommunikationsver-

antwortlichen oben auf der Agenda. Hier wollen die Befragten vor allem die Fol-

gen für den Industriestandort Deutschland thematisieren, die hohen Stromprei-

se und die mangelnde Versorgungssicherheit ansprechen und die Frage nach der

Energieversorgung der Zukunft stellen. Andere wiederum nutzen die Energie-

wende als Chance und stellen ihr Produktportfolio im Bereich erneuerbare

Energien und ihren Beitrag zur Energieeffizienz vor. Generell gilt: Mit gesell-

schaftspolitischen Themen wollen die Unternehmen ihre Verantwortung als

Mitglieder der Gesellschaft zum Ausdruck bringen.

Demgegenüber stellen Themen rund um das Produkt- und Leistungsportfolio

wieder die Unternehmen in den Mittelpunkt. Am wichtigsten ist mehr als einem

Fünftel der Befragten dabei die Innovationskommunikation (22 %). Sie wollen

über Forschungserfolge, neue Produkte und Prozesse, aber auch über Weiter-

entwicklungen und vor allem über Technologien kommunizieren. Für fünf Pro-

zent der Unternehmen geht es um Service- und Beratungsqualität, die vor allem

die Kunden überzeugen sollen. An Kunden richtet sich auch die Markenpolitik,

die – obwohl ein traditioneller Kommunikationsschwerpunkt – aktuell nur noch

bei fünf Prozent der Unternehmen im Visier ist. Nur noch wenige Projekte haben

die Stärkung von Dachmarken, die Veränderung des Markenauftritts oder die

Positionierung des Unternehmens im Auge. Insgesamt treten die Aussagen zum

Produkt- und Leistungsportfolio – auch ein klassisches Themenfeld der Unter-

nehmenskommunikation – gegenüber den unternehmensbezogenen und gesell-

schaftspolitischen Themen ein wenig in den Hintergrund.

Auch wenn mit den unternehmensbezogenen Themen ein „Inside-out“-

Blickwinkel dominiert, rückt der Bereich der gesellschaftspolitischen Themen in

der Wahrnehmung der Kommunikationsverantwortlichen nach oben auf der

Agenda – und verweist sogar produkt- und leistungsbezogene Botschaften nach

hinten. Dieser Themenkomplex und damit primär eine „Outside-in“-Perspektive

werden zu einer wichtigen Säule der Unternehmenskommunikation. Oder an-

Page 19: Quo vadis Unternehmenskommunikation? - media.uni-hohenheim.de · Social Media-Kommunikation. Sie definieren Social Media-Strategien, erweitern ihre Onlinekommunikation durch Social

TOPKOM 2013: Gesellschaftspolitische Themen werden wichtiger 19

ders gesagt: Die Unternehmenskommunikation wird angesichts des veränderten

Umfeldes gesellschaftspolitischer.

Zusammenarbeit mit der Politik – ein schwieriges Kommunikationsfeld

Nicht alle gesellschaftspolitischen Themen treffen nach Ansicht der Unterneh-

men aber auf offene Ohren. Bei der Frage, welche Themen sich nur schwer

kommunikativ vermitteln lassen, nennen 44 Prozent der Kommunikationsver-

antwortlichen Aspekte rund um die Zusammenarbeit mit der Politik und ihren

Entscheidungsträgern (vgl. Abb. 3). Auch die Ansichten der Unternehmen zu

gesellschaftspolitischen Themen wie z. B. zu währungs- oder bildungspolitischen

Fragen halten 40 Prozent der Befragten für nur schwer vermittelbar. Mit der

Frage nach dem Handeln des Unternehmens in der Euro- und Verschuldungskri-

se beinhaltet ein dritter Themenbereich zumindest auch gesellschaftspolitische

Aspekte und gilt für mehr als ein Drittel der Kommunikationsverantwortlichen

(36 %) als schwierig.

Abbildung 3:

Top 500-Unternehmen: Schwierige Themen der Kommunikation

40 %

50 %

36 %

42 %

44 %

Das Handeln des Unternehmens speziell in der Euro- und Verschuldungskrise

Ansichten des Unternehmens zu gesellschaftspolitischen Themen, z. B. zu Währungs- und Bildungspolitik

Abläufe und Prozesse im Unternehmen

Zusammenarbeit mit der Politik und ihren Entscheidungsträgern

Gehälter und Vergütungspraxis

Quelle: Repräsentative Vollerhebung unter den Kommunikationsverantwortlichen der 500 umsatzstärksten Unterneh-men Deutschlands; Studie der Universität Hohenheim; Frage: „Bleiben wir bei den Inhalten Ihrer Kommunikationsarbeit: Welche der folgenden Themen lassen sich in Ihrer Kommunikationsarbeit eher gut vermitteln, bei welchen ist das eher schwierig?“; Anteile der Befragten in Prozent, die eine eher schwierige oder sehr schwierige Vermittlungsfähigkeit ange-ben (n = 110-119, Datenerhebung durch Universität Hohenheim, Erhebungszeitraum: Dezember 2012/Januar 2013)

Page 20: Quo vadis Unternehmenskommunikation? - media.uni-hohenheim.de · Social Media-Kommunikation. Sie definieren Social Media-Strategien, erweitern ihre Onlinekommunikation durch Social

TOPKOM 2013: Gesellschaftspolitische Themen werden wichtiger 20

Doch auch bei zwei der unternehmensbezogenen Themenbereiche stoßen die

Unternehmen nach eigenen Angaben auf Schwierigkeiten. Vor allem auf das

Thema Gehälter und Vergütungspraxis richtet die Hälfte der Unternehmen ein

besonderes Augenmerk. 42 Prozent halten auch interne Abläufe und Prozesse, z.

B. in der Produktion, für schwer vermittelbar. Bei diesen fünf Themen überwie-

gen die negativen Erfahrungen der Befragten. Immerhin drei der fünf Themen

sind zumindest in Teilen gesellschaftspolitisch orientiert. Doch es gibt unter den

gesellschaftspolitisch geprägten Themen auch Aspekte, die einfacher zu kom-

munizieren sind.

Mehr als zwei Drittel der Top 500-Unternehmen (70 %) können ihre Verantwor-

tung in Sachen Umwelt gut an die Stakeholder vermitteln (vgl. Abb. 4). Für im-

merhin mehr als die Hälfte der Befragten (54 %) gilt dies auch, wenn es um die

soziale Verantwortung, d. h. die Verantwortung gegenüber der Gesellschaft geht.

Die weiteren Themen, die nach Ansicht der Kommunikationsverantwortlichen

Abbildung 4:

Top 500-Unternehmen: Themen, die sich in der Kommunikation gut vermitteln lassen

Führungskräfte und Management 56 %

Werte des Unternehmens, d. h. was ihm wichtig ist 68 %

Rekrutierung von Personal, z. B. Nachwuchs-, Fach- undFührungskräfte

Verantwortung des Unternehmens gegenüber der Gesellschaft

Grundsätzliche Regeln der Unternehmenstätigkeit, z. B.Compliance-Vorschriften, Gesetze

55 %

54 %

41 %

Verantwortung des Unternehmens in Sachen Umwelt 70 %

Geschäftspolitik und Unternehmensentwicklungen 79 %

Innovationen bei Produkten und Dienstleistungen 85 %

Aktuelle Geschäftszahlen wie z. B. Umsätze, Gewinne, Kosten 89 %

Quelle: Repräsentative Vollerhebung unter den Kommunikationsverantwortlichen der 500 umsatzstärksten Unterneh-men Deutschlands; Studie der Universität Hohenheim; Frage: „Bleiben wir bei den Inhalten Ihrer Kommunikationsarbeit: Welche der folgenden Themen lassen sich in Ihrer Kommunikationsarbeit eher gut vermitteln, bei welchen ist das eher schwierig?“; Anteile der Befragten in Prozent, die eine eher gute oder sehr gute Vermittlungsfähigkeit angeben (n = 117-120, Datenerhebung durch Universität Hohenheim, Erhebungszeitraum: Dezember 2012/Januar 2013)

Page 21: Quo vadis Unternehmenskommunikation? - media.uni-hohenheim.de · Social Media-Kommunikation. Sie definieren Social Media-Strategien, erweitern ihre Onlinekommunikation durch Social

TOPKOM 2013: Gesellschaftspolitische Themen werden wichtiger 21

gut zu vermitteln sind, lassen sich mehrheitlich eindeutig den unternehmens-

oder leistungsbezogenen Dimensionen zu ordnen. Am besten lassen sich – nach

Einschätzung der Befragten – aktuelle Geschäftszahlen (89 %), Innovationen im

Leistungsportfolio (85 %) sowie die Geschäftspolitik und Unternehmensent-

wicklungen (79 %) kommunizieren. Auch bei den Werten des Unternehmens

sehen immer noch mehr als zwei Drittel der Unternehmen (68 %) keine größe-

ren Schwierigkeiten. Bei Personalfragen rund um das Management sowie der

Rekrutierung von Mitarbeitern sind die Befragten hingegen skeptischer. Nur

noch etwas mehr als die Hälfte der Befragten sehen ihre Vermittlung als weitge-

hend problemlos an (56 bzw. 55 %). 41 Prozent der Kommunikationsverant-

wortlichen gehen nicht zuletzt davon aus, dass grundsätzliche Regeln der Unter-

nehmenstätigkeit wie z. B. Compliance-Regeln und gesetzliche Vorschriften ein-

fach zu vermitteln sind. Dies ist der letzte Platz unter den Themen, die mehrheit-

lich als gut vermittelbar eingeschätzt werden.

Zusammenfassend: Die Kommunikationsverantwortlichen nehmen an, dass

traditionelle Themen mit starkem Unternehmens- oder Leistungsbezug eher leich-

ter vermittelt werden können. Gesellschaftspolitische Themen werden eher zu-

rückhaltend eingeschätzt. Allerdings gibt es auf beiden Seiten Ausnahmen, bei

denen möglicherweise die (positive oder negative) Etablierung in der öffentli-

chen Diskussion den Ausschlag gibt. Während Gehälter, insbesondere mit Blick

auf das Management, seit einiger Zeit kritisch diskutiert werden, ist beispiels-

weise der Begriff des Umwelt- und Klimaschutzes unter dem Dach der Nachhal-

tigkeit mittlerweile eingeführt und in der Öffentlichkeit etabliert.

Das Ausmaß der öffentlichen Etablierung in Verbindung mit einer Bewertung

beeinflusst möglicherweise die Wahrnehmung der Kommunikationsverantwort-

lichen, welche Themen schwer und welche leicht zu vermitteln sind. Auch wenn

sich Tendenzen abzeichnen, so scheint der Schwierigkeitsgrad der Vermittlung

stark vom jeweiligen Themenkontext abhängig zu sein. Nicht zuletzt stellt sich

aber auch die Frage nach den Stakeholdern, die in ein Thema involviert sind und

mit denen kommuniziert werden soll.

Page 22: Quo vadis Unternehmenskommunikation? - media.uni-hohenheim.de · Social Media-Kommunikation. Sie definieren Social Media-Strategien, erweitern ihre Onlinekommunikation durch Social

4. Erreichbarkeit der Stakeholder – wirtschaftsnahe Gruppen liegen vorne

Die Stakeholder entscheiden über den Erfolg eines Unternehmens. Wie aber

können sie erreicht werden? Welche Gruppen sind leicht, welche schwer anzu-

sprechen? Was sind Gründe für die eine oder andere Richtung? Die Kommunika-

tionsverantwortlichen der Top 500-Unternehmen geben Einblick, welchen Zu-

gang sie zu wichtigen Stakeholdern finden und wie sie mit ihnen umgehen.

Durchlässigkeit für Unternehmenskommunikation variiert

Eine Tendenz ist dabei klar erkennbar: Vor allem die Stakeholder, zu denen Un-

ternehmen seit jeher eine enge Beziehung pflegen, sind nach Ansicht der Kom-

munikationsverantwortlichen gut zu erreichen. Allen voran sind dies die inter-

nen Gruppen. Hierzu zählen insbesondere Führungskräfte im Unternehmen, zu

denen 94 Prozent der Top 500-Unternehmen einen „guten Draht“ haben, ebenso

wie die übrigen Mitarbeiter (91 %). Ähnlich gut zu erreichen sind für die Unter-

nehmen Journalisten von Fachmedien (92 %), Kunden (82 %) und Kapitalgeber

(79 %; vgl. Abb. 5). Es handelt sich um den engen Kern der Stakeholder – dieje-

nigen, die nah an den Unternehmen dran sind und unmittelbar von ihren Ent-

scheidungen betroffen sind. Sie sind in den Augen der Kommunikationsverant-

wortlichen auch am leichtesten anzusprechen.

Die anderen Stakeholder folgen erst mit deutlichem Abstand. Für 61 bzw. 60

Prozent der Kommunikationsverantwortlichen sind Journalisten aus General-

Interest- und Wirtschaftsmedien gut erreichbar. Im Vergleich zu den Fachjour-

nalisten ist dies ein deutlich geringerer Anteil. Letztere haben mit ihrem Fach-

wissen und ihrer Fokussierung auf Spezialthemen eine große Nähe zu den tech-

nischen Prozessen und Abläufen eines Unternehmens. Wirtschaftsmedien sind

dagegen für die Firmen bereits weiter weg. Ähnliches gilt für die General-

Interest-Medien, die neben ihrer Unternehmensberichterstattung noch zahlrei-

che wirtschafts- und gesellschaftspolitische Themen aufgreifen.

Trotz des bereits deutlichen Abstands der Medienvertreter aus General-Interest-

und Wirtschaftsmedien zum engen Stakeholder-Zirkel fällt die Einschätzung der

Page 23: Quo vadis Unternehmenskommunikation? - media.uni-hohenheim.de · Social Media-Kommunikation. Sie definieren Social Media-Strategien, erweitern ihre Onlinekommunikation durch Social

TOPKOM 2013: Erreichbarkeit der Stakeholder 23

Unternehmen noch ein weiteres Mal ab. Nur noch etwas mehr als die Hälfte der

Kommunikationsverantwortlichen (53 %) halten Entscheidungsträger von Wirt-

schaftsverbänden – die ja zum Teil ihre Interessenvertreter gegenüber Politik

und Gesellschaft sind – für leicht erreichbar. Bei potenziellen Mitarbeitern (46

%), Bürgern und Anwohnern an den Standorten (46 %) sowie Entscheidungs-

trägern aus Parteien und Politik (35 %) fällt diese Einschätzung noch weiter ab.

Als besonders schwierig zu erreichen gelten für 44 Prozent der Unternehmen

Meinungsführer im Internet (z. B. von Blogs oder in Facebook), Entscheidungs-

träger aus Ministerien und Verwaltungen (36 %) sowie Entscheidungsträger

gesellschaftspolitischer Organisationen, z. B. aus Umwelt- oder Verbraucher-

schutz (26 %; ohne Abb.). Dabei handelt es sich um die traditionellen „Gegen-

spieler“ und potenziellen Kritiker eines Unternehmens, die für diese nach wie

vor kaum erreichbar erscheinen. Das Stakeholder-Umfeld der Unternehmen teilt

sich damit in vier Gruppen auf (vgl. Abb. 6):

Abbildung 5:

Top 500-Unternehmen: Welche Stakeholder für die Unternehmen gut zu erreichen sind

79 %

Entscheidungsträger aus Parteien und Politik 35 %

Bürger/Anwohner an den Standorten 46 %

Nachwuchskräfte und Bewerber 46 %

Entscheidungsträger von Wirtschaftsverbänden 53 %

Journalisten von Wirtschaftsmedien, z. B.Wirtschaftsmagazine 60 %

Journalisten von General-Interest-Medien, z. B.Tageszeitungen

Kunden 82 %

Mitarbeiter im Unternehmen 91 %

Journalisten von Fachmedien, z. B. Fachzeitschriften 92 %

Führungskräfte im Unternehmen 94 %

61 %

Kapitalgeber

Quelle: Repräsentative Vollerhebung unter den Kommunikationsverantwortlichen der 500 umsatzstärksten Unterneh-men Deutschlands; Studie der Universität Hohenheim; Frage: „Welche der folgenden Stakeholder-Gruppen erreichen Sie mit Ihren Themen und Botschaften eher gut, bei welchen ist es eher schwierig, sie zu erreichen?“; Anteile der Befragten in Prozent, die eine eher gute oder sehr gute Erreichbarkeit angeben (n = 114-119, Datenerhebung durch Universität Hohenheim, Erhebungszeitraum: Dezember 2012/Januar 2013)

Page 24: Quo vadis Unternehmenskommunikation? - media.uni-hohenheim.de · Social Media-Kommunikation. Sie definieren Social Media-Strategien, erweitern ihre Onlinekommunikation durch Social

TOPKOM 2013: Erreichbarkeit der Stakeholder 24

� der wirtschaftsnahe enge Zirkel, der für die Unternehmen gut zu erreichen ist,

� der wirtschaftsaffine oder -interessierte Zirkel der Vermittler, zu dem die

Mehrheit der Unternehmen Zugang hat,

� der Kreis der Stakeholder, die Beziehungen zu einem Unternehmen haben

oder von dessen Handeln betroffen sind, die aber (noch) keine unmittelbaren

Konsequenzen für die Unternehmenstätigkeit haben, sowie

Abbildung 6:

Der Stakeholder-Zirkel der Top 500-Unternehmen

Unter-

nehmen

Wirtschaftsnahe

Stakeholder

Führungskräfte, Fachmedien, Mitarbeiter,

Kunden, Investoren

Wirtschafts-

interessierte Stakeholder

General-Interest- und Wirtschaftsmedien

Von Wirtschaft

betroffene Stakeholder

Potenzielle Mitarbeiter, Bürger, Anwohner an Standorten, Entscheider aus Parteien und Politik

Distanzierte oder

konfrontative Stakeholder

Meinungsführer im Internet, Entscheider aus Ministerien/Verwaltungen und

gesellschaftspolitischen Organisationen

Quelle: Eigene Darstellung

Page 25: Quo vadis Unternehmenskommunikation? - media.uni-hohenheim.de · Social Media-Kommunikation. Sie definieren Social Media-Strategien, erweitern ihre Onlinekommunikation durch Social

TOPKOM 2013: Erreichbarkeit der Stakeholder 25

� der Kreis der „Unerreichbaren“ oder potenziellen „Kritiker“, die entweder

Distanz wahren oder möglicherweise sogar auf Konfrontation gehen.

Damit zeigt sich: Je weiter entfernt die Stakeholder von der unmittelbaren Un-

ternehmenstätigkeit und ökonomischen Interessen sind, desto schwieriger – so

die Tendenz aus den Aussagen der Befragten – sind sie zu erreichen.2 Für die

Unternehmen nimmt von Kreis zu Kreis die Durchlässigkeit ab.

Erfolgsfaktoren auf dem Weg zu den Stakeholdern

Immer mehr Unternehmen wollen – so ein Ergebnis der aktuellen TOPKOM-

Studie – ihre Stakeholder direkt ansprechen und erreichen. Doch diese bringen

völlig unterschiedliche Erwartungen, Ansprüche und Kenntnisse mit. Während

die unternehmens- und wirtschaftsnahen Stakeholder beispielsweise einen ver-

gleichsweise guten Einblick in unternehmensinterne Abläufe und Prozesse ha-

ben, geht Bloggern im Internet möglicherweise ein technisches oder betriebs-

wirtschaftliches Verständnis ab bzw. sie betrachten entsprechende Fragen aus-

schließlich unter wirtschaftsfremden, moralischen oder politischen Gesichts-

punkten.

Der Weg zu den Stakeholdern ist für die Unternehmen mitunter dornig – das

zeigen ihre Antworten auf die Frage nach den Gründen für deren gute bzw.

schwierige Erreichbarkeit. Diese Frage wurde den Kommunikationsverantwort-

lichen offen, d. h. ohne Antwortvorgaben gestellt. Ihre Antworten wurden bei

der Auswertung nachträglich Gruppen zugeordnet.

Es lassen sich drei Einflussbereiche für ein Gelingen oder Misslingen der Stake-

holder-Ansprache identifizieren (vgl. Abb. 7):

� Faktoren, die von den Unternehmen selbst gut und unmittelbar beeinflusst

werden können, da sie in ihrem Einflussbereich liegen,

� Faktoren, die von den Unternehmen nur mittel- und langfristig in kontinuier-

lichen Kommunikationsbeziehungen zu den Stakeholdern verändert werden

können, sowie

2 Die Vertreter der Verbände bilden dabei nach Ansicht der Unternehmen eine Ausnahme. Ein

Grund hierfür könnte die Heterogenität ihrer Mitgliedsunternehmen sein.

Page 26: Quo vadis Unternehmenskommunikation? - media.uni-hohenheim.de · Social Media-Kommunikation. Sie definieren Social Media-Strategien, erweitern ihre Onlinekommunikation durch Social

TOPKOM 2013: Erreichbarkeit der Stakeholder 26

� Rahmenbedingungen und Gegebenheiten, die von den Unternehmen kaum

beeinflusst werden können und gegebenenfalls akzeptiert werden müssen.

Die am häufigsten genannten Gründe für gute Erreichbarkeit gehören zu dem

Einflussbereich, den die Unternehmen selbst vergleichsweise gut steuern kön-

nen. Innerhalb dieses Bereichs nennen 38 Prozent der Unternehmen ein konti-

nuierliches Beziehungsmanagement, das bestehende gute und möglichst langfris-

tige Kontakte pflegt, als zentrale Ursache für eine gute Erreichbarkeit ihrer Sta-

keholder. Wenn Firmen ihre Stakeholder als Kommunikationspartner ernst

nehmen und sich von instrumentellen Sichtweisen der Unternehmen als reine

„Sender“ verabschieden, dann gelingt die Stakeholder-Ansprache ihrer Erfah-

rung nach besonders gut.

Neue Kommunikationsmöglichkeiten, die das Internet bietet, fördern diesen Pa-

radigmenwechsel. Der Abschied von der instrumentellen Sichtweise der Unter-

nehmen als Sender geht mit einer steigenden Bedeutung von Feedback-

Abbildung 7:

Die zehn wichtigsten Gründe: Wann die Stakeholderansprache gut gelingt

41 %

7 %

17 %

8 %

10 %

16 %

17 %

17 %

31 %

38 %

Zielgruppengerechte Kanäle

Zielgruppenspezifische Aufbereitung und Ansprache

Vielfalt etablierter Kommunikationskanäle

Klare Stakeholderorientierung

Themen mit Nachrichtenwert, z. B. Aktualität, Nähe

Kontinuierliches Beziehungsmanagement

Relevanz und Bekanntheit des Unternehmens

Allgemeine Gegebenheiten

Vorwissen bei Stakeholdern

Stakeholder-bezogene Einflüsse

Glaubwürdigkeits- und Vertrauensvorschuss

Unternehmensbezogene Einflüsse

Interesse der Stakeholder

Quelle: Repräsentative Vollerhebung unter den Kommunikationsverantwortlichen der 500 umsatzstärksten Unterneh-men Deutschlands; Studie der Universität Hohenheim; offene Frage: „Nennen Sie uns die aus Ihrer Sicht drei zentralen Gründe, warum manche Stakeholder mit Ihren Themen und Botschaften eher gut, andere aber eher schwierig zu errei-chen sind.“; Anteile der Befragten in Prozent, die einen Grund genannt haben (n = 116, Mehrfachantworten möglich, Datenerhebung durch Universität Hohenheim, Erhebungszeitraum: Dezember 2012/Januar 2013)

Page 27: Quo vadis Unternehmenskommunikation? - media.uni-hohenheim.de · Social Media-Kommunikation. Sie definieren Social Media-Strategien, erweitern ihre Onlinekommunikation durch Social

TOPKOM 2013: Erreichbarkeit der Stakeholder 27

Angeboten einher. Die Bereitschaft, den Stakeholdern zuzuhören, ihre Wünsche

und Anregungen gegenüber dem Unternehmen und seinen Produkten aufzu-

nehmen und die Kommunikationsbeziehungen aktiv zu pflegen, ist ebenfalls

charakteristisch für das veränderte Kommunikationsverständnis. Erfolgreiche

Stakeholder-Kommunikation achtet auf eine Dialogorientierung über alle Kom-

munikationswege hinweg und geht von einer Kommunikationsstrategie mit kla-

rem Stakeholder-Bezug aus.

Knapp ein Drittel der Unternehmen (31 %) sieht Themen mit Nachrichtenwert

als weiteren Faktor an, wenn Stakeholder erreicht werden sollen. Beispielsweise

können Aktualität oder Nähe Betroffenheit und Interesse erzeugen. Auch der

Einsatz von Praxisbeispielen oder Emotionalität sind häufige Ansatzpunkte der

Unternehmen.

17 Prozent der Kommunikationsverantwortlichen betonen die Notwendigkeit

einer klaren Stakeholder-Orientierung. Dazu gehört auf der einen Seite, die Sta-

keholder zu identifizieren und abzugrenzen, um interessante Themen für homo-

gene Erwartungshaltungen auswählen zu können und einen guten Informations-

stand über die jeweilige Gruppe zu haben. Für die Unternehmen ist es darüber

hinaus wichtig, auf überschaubare Gruppen zu achten. Dies gelinge – so die Be-

fragten – erfahrungsgemäß gut z. B. bei Fachöffentlichkeiten oder Anwohnern,

die sich für die lokale Relevanz der Themen interessieren und über lokale Medi-

en gut erreichbar sind.

Ebenfalls 17 Prozent der befragten Unternehmen verweisen auf die Vielfalt der

bereits etablierten Kommunikationskanäle, die sie in der Vergangenheit aufge-

baut haben und die nun genutzt werden können. Die Unterschiedlichkeit ihrer

Stakeholder macht in ihren Augen einen Mix aus vielfältigen, erprobten und von

den Stakeholdern geschätzten Kommunikationswegen zu einem wichtigen Er-

folgsfaktor.

Durch den Einsatz vielfältiger Kommunikationskanäle bieten sich nicht zuletzt

auch Möglichkeiten für eine zielgruppenspezifische Aufbereitung der Themen.

Hierauf verweisen 16 Prozent der Unternehmen. Die anschauliche Aufbereitung

der Themen mit hoher Relevanz für die jeweiligen Stakeholder setzt dabei auch

„Zielgruppenschärfe“ voraus. Von der Auswahl der anzusprechenden Personen

Page 28: Quo vadis Unternehmenskommunikation? - media.uni-hohenheim.de · Social Media-Kommunikation. Sie definieren Social Media-Strategien, erweitern ihre Onlinekommunikation durch Social

TOPKOM 2013: Erreichbarkeit der Stakeholder 28

hängt es schließlich ab, ob eine adäquate Aufbereitung gelingt. Dazu spielen z. B.

die Mediennutzungsgewohnheiten oder -präferenzen der Stakeholder eine Rolle.

Damit geht auch die Auswahl zielgruppengerechter Kommunikationskanäle ein-

her. Für zehn Prozent der befragten Unternehmen ist sie ein entscheidendes

Erfolgskriterium. Am besten geeignet sind in ihren Augen etablierte Kommuni-

kationswege, die von der jeweiligen Zielgruppe präferiert werden und möglich-

erweise – allein durch die Wahl des Mediums – schon eine Botschaft an die Sta-

keholder aussenden. Einige Unternehmen nutzen aus diesem Grund Kanäle wie

Social Media, selbst wenn diese Wege für sie unkomfortabel sind, weil sie mit

Kontrollverlusten verbunden sind.

Nicht zuletzt werden von acht Prozent der Unternehmen Glaubwürdigkeits- und

Vertrauensvorschüsse genannt, die vorab erarbeitet wurden und als Katalysator

für die Kommunikation wirken. Die Unternehmen sprechen dabei von „gelebter

Glaubwürdigkeit“ und einem Vertrauensverhältnis, basierend auf Ehrlichkeit als

Voraussetzung für gutes Gelingen.

Diesen großen Bereich der Gründe für eine gute Stakeholder-Ansprache haben

die Unternehmen selbst in der Hand. Sieben der zehn wichtigsten Einflussfakto-

ren, die von ihnen auf eine offene Frage genannt werden, können von ihnen

selbst gestaltet werden.

Bei den Stakeholder-bezogenen Faktoren ist ihr Einfluss dagegen begrenzt. Hier

werden vor allem das Interesse am Unternehmen, seinen Produkten oder der

Branche (41 %) und das Vorwissen der Stakeholder (7 %) als ausschlaggebend

angesehen. Es sind Einflussfaktoren, die nur mittel- oder langfristig von den

Firmen geprägt werden können.

Kaum oder gar nicht beeinflussen lassen sich allgemeine Rahmenbedingungen

und Gegebenheiten, die die Erreichbarkeit der Stakeholder tangieren. 17 Prozent

der Unternehmen verweisen dabei auf ihre Relevanz und Bekanntheit, die ihnen

den Zugang zu Stakeholdern erleichtert. Börsennotierte und große Unterneh-

men haben es nach ihren Erfahrungen einfacher. Sie sind bekannt und stoßen

insgesamt eher auf Aufmerksamkeit, z. B. bei den Medien oder in der Politik.

Gleiches gilt für Unternehmen in ihren lokalen Umfeldern. Dort sind sie bekannt,

Page 29: Quo vadis Unternehmenskommunikation? - media.uni-hohenheim.de · Social Media-Kommunikation. Sie definieren Social Media-Strategien, erweitern ihre Onlinekommunikation durch Social

TOPKOM 2013: Erreichbarkeit der Stakeholder 29

haben z. T. Einfluss auf Entscheidungen und pflegen Beziehungen. Auch auf die-

sem Wege kann Relevanz aufgebaut und entwickelt werden. Wenn Unterneh-

men darüber hinaus eine gute Reputation vorweisen können oder in Bereichen

tätig sind, die aktuell diskutiert werden wie z. B. Energie oder Infrastrukturpro-

jekte, dann haben sie einen Vorsprung vor all den Firmen, die die Stakeholder

nicht kennen oder gar negativ bewerten.

Hürden auf dem Weg zu den Stakeholdern

Nicht nur die Gründe für das Gelingen sind für die aktuelle Studie von Interesse.

Die Kommunikationsverantwortlichen wurden auch gefragt, warum ihre The-

men und Botschaften die Stakeholder erfahrungsgemäß nicht erreichen. Auch

die Antworten auf diese ebenfalls offen gestellte Frage lassen sich in die drei

Abbildung 8:

Die zehn wichtigsten Gründe: Wann die Stakeholderansprache weniger gut gelingt

18 %

12 %

18 %

11 %

11 %

11 %

11 %

29 %

10 %

12 %

Vorurteile und Fehleinschätzungen der Stakeholder

Fehlendes Beziehungsmanagement

Komplexes Geschäftsmodell, z. B. im BtB-Bereich

Haltung und Verhalten der Redaktionen

Informationsüberflutung der Stakeholder

Geringe Relevanz und Bekanntheit des Unternehmens

Unzureichende Stakeholderorientierung

Geringer Nachrichten- oder Nutzwert der Themen

Allgemeine Gegebenheiten

Unternehmensbezogene Einflüsse

Schwierige und erklärungsbedürftige Themen

Stakeholder-bezogene Einflüsse

Mangelndes Interesse und Akzeptanz der Stakeholder

Quelle: Repräsentative Vollerhebung unter den Kommunikationsverantwortlichen der 500 umsatzstärksten Unterneh-men Deutschlands; Studie der Universität Hohenheim; offene Frage: „Nennen Sie uns die aus Ihrer Sicht drei zentralen Gründe, warum manche Stakeholder mit Ihren Themen und Botschaften eher gut, andere aber eher schwierig zu errei-chen sind.“; Anteile der Befragten in Prozent, die einen Grund genannt haben (n = 114, Mehrfachantworten möglich, Datenerhebung durch Universität Hohenheim, Erhebungszeitraum: Dezember 2012/Januar 2013)

Page 30: Quo vadis Unternehmenskommunikation? - media.uni-hohenheim.de · Social Media-Kommunikation. Sie definieren Social Media-Strategien, erweitern ihre Onlinekommunikation durch Social

TOPKOM 2013: Erreichbarkeit der Stakeholder 30

Bereiche unternehmensbezogener Faktoren, Stakeholder-bezogener Einflüsse

sowie allgemeiner Rahmenbedingungen unterteilen (vgl. Abb. 8).

Im Bereich der unternehmensbezogenen Einflüsse verweist knapp ein Fünftel (18

%) der Unternehmen auf schwierige und erklärungsbedürftige Themen, z. B. im

Business-to-Business (BtB)-Bereich. Jeweils zwölf Prozent nennen eine unzu-

reichende Orientierung an den Erwartungen und Ansprüchen der Stakeholder –

einige Unternehmen verweisen sogar darauf, dass sie diese nur schwer identifi-

zieren und fassen können – sowie einen geringen Nachrichten- oder Nutzwert

ihrer Themen. Zehn Prozent der Kommunikationsverantwortlichen prangern ein

fehlendes oder mangelndes Beziehungsmanagement in ihrem Unternehmen an.

Bei den Stakeholder-bezogenen Einflüssen wird von den Unternehmen vor allem

mangelndes Interesse und geringe Akzeptanz der Stakeholder angegeben. 29

Prozent der Unternehmen sind der Ansicht, dass dies einen Austausch und Dia-

log verhindert. Vorurteile und Fehleinschätzungen auf Seiten der Stakeholder

tun – so elf Prozent der Befragten – ein Übriges.

Während der unternehmensbezogene Bereich bei den Ursachen für schwierige

Erreichbarkeit im Vergleich zur positiven Einschätzung weniger häufig genannt

wird, sind die allgemeinen Gegebenheiten in den Augen der Unternehmen wich-

tiger. Die Kommunikationsverantwortlichen weisen auf der Suche nach Ursa-

chen in erster Linie auf Rahmenbedingungen hin: Eine geringe Bekanntheit und

Relevanz ihrer Unternehmen (18 %), komplexe Geschäftsmodelle, vor allem im

BtB-Bereich (11%), und die Informationsüberflutung der Stakeholder (11 %)

sind Hürden, die von den Befragten genannt werden. Darüber hinaus sind auch

die große Themenkonkurrenz, die Erklärungsbedürftigkeit einiger Themen so-

wie deren geringer Nachrichten- oder Nutzwert Gründe, die die Unternehmen

als Ursachen für eine schlechte Erreichbarkeit ihrer Stakeholder anführen.

Weitere elf Prozent der Kommunikationsverantwortlichen verweisen nicht zu-

letzt darauf, dass die Haltung und das Verhalten von Journalisten ihnen Schwie-

rigkeiten insbesondere bei der Media Relations bereitet. Die Überforderung

durch eine personelle Unterbesetzung der Redaktionen mache sich bemerkbar,

so die Befragten. Journalisten fehle oft auch die notwendige fachliche Kompe-

tenz. Die Jagd nach Tagesaktualität sehen die Unternehmen ebenfalls kritisch.

Page 31: Quo vadis Unternehmenskommunikation? - media.uni-hohenheim.de · Social Media-Kommunikation. Sie definieren Social Media-Strategien, erweitern ihre Onlinekommunikation durch Social

TOPKOM 2013: Erreichbarkeit der Stakeholder 31

Mit Themen, die in den Augen der Redaktionen keine Mainstream-Themen sei-

en, hätten sie nahezu keine Chance, lautet die Einschätzung. Zudem spitzen die

Journalisten nach Ansicht der Befragten komplexe Themen derart auf wenige

provokative Botschaften zu, dass die Sachverhalte manches Mal kaum mehr

wiederzuerkennen seien.

Zusammenfassend sind Stakeholder, die in einer engen, vor allem ökonomisch

geprägten Beziehung zum Unternehmen stehen wie z. B. Führungskräfte, Mitar-

beiter, Kunden oder Investoren für die Top 500-Unternehmen gut zu erreichen.

Klassische „Gegenspieler“ oder Akteure, die Distanz wahren, wie beispielsweise

Entscheidungsträger im Internet, in Ministerien und Verwaltungen sowie gesell-

schaftspolitische Organisationen werden nach wie vor als schwer ansprechbar

wahrgenommen. Nach den Gründen für eine gute Erreichbarkeit von Stakehol-

dern gefragt werden vor allem Gründe angeführt, die vom Unternehmen selbst

gut beeinflusst werden können. Als Ursachen für eine schwierige Erreichbarkeit

werden demgegenüber insbesondere Faktoren angeführt, die von den Unter-

nehmen kaum oder nur langfristig beeinflusst werden können.

Page 32: Quo vadis Unternehmenskommunikation? - media.uni-hohenheim.de · Social Media-Kommunikation. Sie definieren Social Media-Strategien, erweitern ihre Onlinekommunikation durch Social

Kontakt

Universität Hohenheim

Fachgebiet für Kommunikationswissenschaft

und Journalistik

Prof. Dr. Claudia Mast

Fruwirthstraße 49

70599 Stuttgart

Tel.: +49 711 459 22639

Fax: +49 711 459 23429

[email protected]

www.media.uni-hohenheim.de