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ISSN 1019-2379 RETROSPEKTIVEN IN SACHEN BILDUNG R. 7 (ZUR BILDUNGSGESCHICHTE DIESSEITS UND JENSEITS DES LOIBL) NR. 22 Klagenfurt als Mekka der Pädagogik Berichte, Beratungen und Beschlüsse des allgemeinen österreichischen Lehrertages 1872 Herausgegeben von ELMAR LECHNER Klagenfurt 2014

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RETROSPEKTIVEN IN SACHEN BILDUNG | Klagenfurt als Mekka der Pädagogik. Berichte, Beratungen und Beschlüsse des allgemeinen österreichischen Lehrertages 1872.

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ISSN 1019-2379

RETROSPEKTIVEN

IN SACHEN BILDUNG

R. 7 (ZUR BILDUNGSGESCHICHTE DIESSEITS UND JENSEITS

DES LOIBL) NR. 22

Klagenfurt als Mekka der Pädagogik

Berichte, Beratungen und Beschlüsse

des allgemeinen österreichischen Lehrertages 1872

Herausgegeben

von

ELMAR LECHNER

Klagenfurt 2014

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Inhaltsverzeichnis

Einleitung ............................................................................................ I

I. Die Bedeutung der Lehrertage für Oesterreich.

Von Franz Bobies (Ende Juni 1872) ............................................... 1

II. An die Lehrer Österreichs! (16.5.) ................................................. 9

III. An die Lehrer Österreichs! (1.6.) ............................................... 10

IV. An die Herren Orts- und Bezirksschulräthe! (1.8.) .................... 13

V. Themen, welche zum V. allgemeinen österreichischen

Lehrertage in Klagenfurt eingesendet worden sind (1.8.) ........... 15

VI. Eine Lehrerbildungs-Hochschule (28.8.) ................................... 19

VII. Zum Lehrertage (30.8.) ............................................................. 22

VIII. Eingesendete Themen für die Versammlung

der Bezirks- und Ortsschulräthe (30.8.) .................................. 25

IX. Die Vorversammlung (31.8.) ..................................................... 28

X. Vorbesprechung der Bezirks- und Ortsschulräthe

am 30. August, 6 Uhr abends (31.8.) ........................................... 31

XI. Sitzung der Seminar-Sekzion

am 29. August d. J. um 9 Uhr Morgens (31.8.) .......................... 32

XII. V. österreichischer Lehrertag (1.9.) .......................................... 36

XIII. Erste Hauptversammlung (1.9.) ............................................... 42

XIV. Versammlung der Bezirks- u. Ortsschulräthe

um 3 Uhr im Wappensaale des Landhauses (1.9.) .................. 48

XV. Nebenversammlungen (1.9.) ..................................................... 53

XVI. Zweite Hauptversammlung (2.9.) ............................................ 56

XVII. Dritte Hauptversammlung (3.9.) ............................................ 64

XVIII. Rückblick auf den V. österreichischen Lehrertag

in Klagenfurt (1.1.1873) ....................................................... 72

XIX. Der ständige Ausschuss der österreichischen Lehrertage

aufgelöst (16.6.) ....................................................................... 77

Reproduktionen .................................................................................... i

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Klagenfurt als Mekka der Pädagogik

Berichte, Beratungen und Beschlüsse

des allgemeinen österreichischen Lehrertages 1872

Herausgegeben

von

ELMAR LECHNER

Einleitung

1. Die allgemeinen österreichischen Lehrertage einschließlich des

1872 in Klagenfurt abgehaltenen stellen eine auf Vereinsbasis beru-

hende Ergänzung und Forcierung der zeitgenössischen liberalen Bil-

dungspolitik dar.

Symptomatisch sind die Forderung nach Abschaffung des im Reichsvolksschul-

gesetz vom Jahre 1869 fixierten konfessionellen Religionsunterrichts (u. a. Nr.

21 der in Vorschlag gebrachten Themen; hier S. 16) und des in den „Maigeset-

zen“ des Jahres 1868 verankerten Ortsschulrats (ENGELBRECHT 1986, S. 554),

um den kirchlichen Einfluss weiter zurückzudrängen (Nr. 2 und 11 der in Vor-

schlag gebrachten Themen; hier S. 15; zur selben Thematik die Wortmeldung

Holczabek in der Ersten Hauptversammlung; hier S. 42 f.) sowie die Artikulati-

on der Hoffnung, dass sich die Lehrer als „Brüderschaft der deutschen Volkser-

zieher“ bzw. als säkularisierte Priesterschaft der Schule und damit dem „Fels“

weihen, „auf dem die künftige Kulturgemeinschaft und die große Kirche der

Humanität, das nach tausend Verirrungen wiedergefundene reine Christenthum,

gegründet werden müssen.“ (NICKL 1872, S. 2; hier S. 22 f.) – Zur Geschichte

der allgemeinen österreichischen Lehrertage BOBIES 1872, GEDENKBUCH 1889,

KATSCHINKA 1902/03, ZENZ 1906, ENGELBRECHT 1986, S. 76. – Zur Geschichte

des zeitgenössischen österreichischen Bildungswesens ENGELBRECHT 1986 (all-

gemeine Bildungsgeschichte), GÖNNER 1967 (Geschichte der Lehrerbildung),

BREZINKA 2000 (Geschichte der Pädagogik).

2. Im Zentrum der Beratungen des Klagenfurter Lehrertages stehen

die aktuelle Frage der Lehrer- und Lehrerinnenbildung für Kindergar-

ten und Pflichtschule sowie die fortlaufend diskutierte Frage des na-

turkundlichen Unterrichts in der Volksschule bzw. der damit im Zu-

sammenhang gesehenen Ausschaltung des konfessionellen Religions-

unterrichts aus dem Schulunterricht.

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II

Die betreffenden Themen am Lehrertag: „Über Lehrerbildung und Lehrerbil-

dungsanstalten“, „Über Kindergärten“, „Über den naturkundlichen Unterricht in

der Volksschule“ (hier Kap. XVI). Die Aktualität und Brisanz dieser Themen ist

darin begründet, dass eine legistische Neuordnung ins Haus steht (GÖNNER

1967, S. 157 ff.) bzw. vor Kurzem (am 22.6.1872) realisiert wurde (VERORD-

NUNG 1872). Parallele Beratungen zum Thema Lehrerbildung und Lehrerbil-

dungsanstalten in der „Seminar-Sekzion“ (hier Kap. XI) finden in der „Ersten

Versammlung von Vertretern österreichischer Bildungsanstalten für Lehrer und

Lehrerinnen am 29. und 30. August 1872 in Klagenfurt“ (ERSTE VERSAMMLUNG

1872) statt.

3. In diesem Zusammenhang kommt es zu Wortmeldungen, die auf

die Forcierung des Prinzips der Wissenschaftlichkeit der Pädagogik

und auf eine in der Zukunft zu realisierende Akademisierung der

Lehrerbildung zielen.

Über erste diesbezügliche Ansätze und Anläufe BREZINKA 2000, S. 77-80; am

28. August 1872 erscheint in der Tageszeitung „Freie Stimmen“ ein alldeutsch

gestimmter Artikel „Eine Lehrerbildungs-Hochschule“ (hier Kap. VI); am 2.

September 1872 äußert A. Lederer, Pest, Ungarn, am Lehrertag im Zusammen-

hang mit der Lehrerbildungsdebatte : „die Pädagogik sammt ihren zahlreichen

Hilfswissenschaften soll eine eigene Fakultät bilden. (…) Sie hat die ihr gebüh-

rende Stufe der Vollkommenheit noch nicht erreicht; es ist nothwendig, dass die

wissenschaftliche Bildung der Lehrer eine tiefere und gediegenere sei.“ (Hier S.

57; thematisch verwandte Publikation desselben: LEDERER 1874.) Entweder in-

folge oder in der Folge des Klagenfurter Lehrertags kommt es in der nächsten

Zeit zu einer engagierten Publizistik in Sachen Akademisierung der Lehrerbil-

dung – diesbezüglich sei auf GÖNNER 1967, S. 98 ff., hingewiesen; die Titel der

in Vorschlag gebrachten Institutionen: „Lehrerbildungs-Hochschule“ (v. Leon-

hardi, 1874), „Die pädagogische Hochschule“ (Lindner, 1874; dazu LECHNER

1988), „Die pädagogische Hochschule“ (anonym, 1874), „(Lose Gedanken über)

pädagogische Hochschulen“ (Knotz, 1882). Im Zusammenhang mit der hier

stattfindenden Einforderung eines wissenschaftlichen Niveaus der Lehrerbildung

im selben Umfeld sind allerdings auch die hausinternen, vom fach- bzw. natur-

wissenschaftlich vorgebildeten Lehrerbildner Johann Braumüller erbrachten

Leistungen zu berücksichtigen (s. LECHNER 2012).

4. Am Klagenfurter Lehrertag wird, dem allgemeinen politischen

Trend folgend und in Übereinstimmung mit der vorherrschenden poli-

tischen Stimmung im Lande, die Wandlung der liberalen zu einer

deutschnational ausgerichteten und gewerkschaftlich organisierten pä-

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III

dagogischen Bewegung vollzogen. Dies zeigt sich in der Ablehnung

der Gründung eines „allgemeinen großösterreichischen Lehrervereins“

und in der (1873 erfolgten) ablehnenden hoheitlichen Reaktion auf

standespolitische Ansprüche des „Ständigen Ausschusses“ des Lehrer-

tages.

In Bobies’ Geschichte der Lehrertage ist im Hinblick auf Kärnten von der „Frei-

sinnigkeit (…) der Bewohner dieses herrlichen Alpenlandes“ (hier S. 8) und in

den Grußadressen von den „wahrhaft freisinnigen Anschauungen“ des Kla-

genfurter Gemeinderats und von der „Freisinnigkeit Kärntens“ die Rede; hier S.

9, 10), und die Wendung „wir Deutsche in Österreich“ (hier S. 22) markiert

bzw. postuliert das politische Selbstverständnis der zum Lehrertag erscheinen-

den Pädagogen. Zu dem betreffenden Antrag des Wiener-Neustädter Bürger-

schuldirektors Franz Tomberger hier S. 30; der Lehrertag in Troppau 1884 ist

nicht mehr ein „allgemeiner österreichischer“, sondern ein „deutsch-

österreichischer“ bzw. die Hauptversammlung des Deutsch-österreichischen

Lehrerbundes (KATSCHINKA 1903, S. 53). Die betreffende hoheitliche Reaktion

hier S. 78 f.

5. Die Anzahl und das Gewicht der in Klagenfurt behandelten Themen

und die Anzahl der dort versammelten Pädagogen lassen es zu, mit

Bezug auf die Zeit und den Ort der Tagung von einem „Mekka der

Pädagogik“ zu sprechen.

Die Liste der 48 Themen, die für den Lehrertag vorgeschlagen werden, hier S.

15-18, die der 29 Themen, die für die Behandlung in der Versammlung der Orts-

und Bezirksschulräte gedacht waren, hier S. 25-27, die Liste der Resolutionen

hier S. 46 f. bzw. S. 64-67. Und im „Kärntner Schulblatt“ bzw. in der dort zitier-

ten Zeitschrift „Volksschule“ wird die Zahl der Teilnehmer am Lehrertag mit

1724 angegeben (hier S. 74). (Die offizielle „Liste der Theilnehmer und Gäste“

in: Mittheilungen für die Theilnehmer am V. allgemeinen österreichischen Leh-

rertage in Klagenfurt, Red. Gottfried Nickl, Nr. 1, Freitag, 30. August 1872, S.

18-31, 42.)

6. Von Klagenfurt als einem „Mekka der Pädagogik“ ist das nächste

Mal rund 100 Jahre danach und zwar im Zusammenhang mit der Dis-

kussion um die thematische Ausrichtung und den wissenschaftlichen

Anspruch einer Hochschule in Kärnten die Rede.

Dieses Attribut wird für Klagenfurt bzw. die dortige akademische Einrichtung

am 6. November 1968 vom späteren Gründungsrektor der Hochschule für Bil-

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IV

dungswissenschaften in Aussicht genommen: „Klagenfurt kann ein Mekka der

Pädagogik werden (…) Die Klagenfurter Universität werde mit dazu beitragen,

das Gesicht der Schule von morgen zu prägen, bemerkte Prof. Schöler in seinem

Vortrag. Sie könne als ein historisches Ereignis ersten Ranges bezeichnet wer-

den, beispielgebend für ähnliche Bestrebungen (…) Klagenfurt könnte zu einem

pädagogischen Mekka in Europa werden.“ (Zit. n. LECHNER [Hrsg.] 1980, S. 17

bzw. LECHNER [Hrsg.] 2010, S. i.) (Sekundärliteratur: HÖDL 1980a, HÖDL

1980b)

Literatur

Franz BOBIES: Die Bedeutung der Lehrertage insbesondere für Oesterreich.

Kärntner Volkskalender für 1873. Herausgegeben im Vereine mit anderen

Freunden des Volkes von Karl Pröll, Klagenfurt, S. 157-163 (nochm. ersch.

in: Freie Stimmen. Organ der deutschen Partei in Kärnten, Klagenfurt, 3

(1872), Freitag, 30., Samstag, 31. August 1872, S. 1118 / 1124 f.)

Wolfgang BREZINKA: Pädagogik in Österreich. Die Geschichte des Faches an

den Universitäten vom 18. bis zum Ende des 20. Jahrhunderts (Österr. Akad.

d. Wiss., Phil.-Hist. Kl.), Bd. 1: Einleitung: Schulwesen, Universitäten und

Pädagogik im Habsburger-Reich und in der Republik. Pädagogik an der Uni-

versität Wien, Wien 2000

Helmut ENGELBRECHT: Geschichte des österreichischen Bildungswesens. Erzie-

hung und Unterricht auf dem Boden Österreichs, Bd. 4: Von 1848 bis zum

Ende der Monarchie, Wien 1986

ERSTE VERSAMMLUNG von Vertretern österreichischer Bildungsanstalten für

Lehrer und Lehrerinnen am 29. und 30. August 1872 in Klagenfurt. In: Der

Oesterreichische Schulbote. Organ der Österr. Lehrerbildungs-Anstalten.

Zeitschrift für die Interessen der Volksschule, Wien, 22 (1872), S. 465-468,

481-484, 497-501

GEDENKBUCH zum 25jährigen Bestande des Ersten Wiener Lehrervereines „Die

Volksschule“ 1863-1888. Zugleich 25. Jahresbericht, Wien 1889

Rudolf GÖNNER: Die österreichische Lehrerbildung von der Normalschule bis

zur Pädagogischen Akademie, Wien 1967

Günther HÖDL: Vorgeschichte und Gründung der Hochschule für Bildungswis-

senschaften in Klagenfurt. In: Zehn Jahre Universität Klagenfurt. Geschichte

und Dokumentation, Schriftleitung: Günther Hödl, Klagenfurt 1980a, S. 43-

59

Günther HÖDL: Verwirklichung 1970-1980. In: Zehn Jahre Universität Kla-

genfurt. Geschichte und Dokumentation, Schriftleitung: Günther Hödl, Kla-

genfurt 1980b, S. 60-86

Anton KATSCHINKA: Zur Geschichte des Deutsch-österreichischen Lehrerbun-

des. In: Deutsch-österreichische Lehrer-Zeitung, Wien, 7 (1902), S. 405 f.,

453 f., 477 f., 8 (1903), S. 53 f., 69 f., 85 f., 133-136

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V

Elmar LECHNER (Hrsg.): 10 Jahre Universität Klagenfurt im Spiegel der Kärnt-

ner Tageszeitung. Konzepte – Leistungen – Perspektiven, Klagenfurt 1980

Elmar LECHNER: Frühe Ansätze und Anläufe zur Gründung einer bildungswis-

senschaftlichen Hochschule in Österreich. Eine Skizze. In: Wirkungssysteme

und Reformansätze in der Pädagogik. Festschr. f. Walter Schöler zum 60. Ge-

burtstag (Aspekte pädagogischer Innovation, Bd. 11), hrsg. von Elmar Lech-

ner und Johannes Zielinski unt. Mitarb. von Gerald Grimm, Frankfurt am

Main 1988, S. 96-10

Elmar LECHNER (Hrsg.): Zwischen Verklärung und Verdammung. Vorarbeiten

(1966 ff.), Gründungsgesetz (1970) und Emeritierungsrede des Gründungs-

rektors (1988) als dokumentarische Eckpunkte der Geschichte der Universität

Klagenfurt (Retrospektiven in Sachen Bildung, R. 10, Nr. 39), Klagenfurt

2010

Elmar LECHNER: Der Lehrerbildner Johann Braumüller (1848-1928) als Verfas-

ser von Arbeiten zur Historischen und Systematischen Pädagogik. Zu den An-

fängen einer wissenschaftlichen Pädagogik in Kärnten (Retrospektiven in Sa-

chen Bildung, R. 7, Nr. 19), Klagenfurt 2012

A. LEDERER: Die fünf Mächte der Pädagogik. Ein pädagogischer Toast. In: Un-

garische Schulzeitung. Zugleich Organ des „Südungarischen Lehrervereines“,

Buda-Pest, 2 (1874), S. 68-71 (nochm. veröff. in: Ungarische Pädagogik in

deutscher Sprache II [Retrospektiven in Sachen Bildung, R. 6, Nr. 3], hrsg.

von Elmar Lechner, Klagenfurt 1997, S. 35-38)

Gottfried NICKL: Zum Lehrertage. In: Mittheilungen für die Theilnehmer am V.

allgemeinen österreichischen Lehrertage in Klagenfurt, Red. Gottfried Nickl,

Nr. 1, Freitag, 30. August 1872, S. 2 f.

Peter SCHÖFFMANN: Klagenfurt als Schulstadt (1848-1918) (Archiv für vater-

ländische Geschichte und Topographie, 74. Bd.), Klagenfurt 1994

VERORDNUNG des Ministers für Cultus und Unterricht vom 22. Juni 1872, wo-

mit Bestimmungen über Kindergärten und damit verwandte Anstalten erlas-

sen werden (Reichsgesetzblatt für die im Reichsrathe vertretenen Königreiche

und Länder, Jg. 1872, Nr. 108, S. 343-346), Wien 1872 (nochm. veröff. in:

Kärntisches Schulblatt. Organ und Eigenthum des kärnt. Lehrervereins, 5

(1872), Nr. 16, 16. August 1872, S. 142-145, und ENGELBRECHT 1986, S.

565-568)

Wilhelm ZENZ: Lehrerversammlungen. In: Enzyklopädisches Handbuch der Er-

ziehungskunde. Unter Mitwirkung von Gelehrten und Schulmännern, hrsg.

von Joseph Loos, I. Bd., Wien und Leipzig 1906, S. 992-995

Anmerkungen

Die Quellen bzw. Beiträge sind (mit Ausnahme des an die erste Stelle gestellten,

da thematisch übergreifenden Beitrags von Franz Bobies; hier S. 1 ff.) chrono-

logisch angeordnet. – Im Anhang werden Reproduktionen präsentiert in der Ab-

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VI

sicht, eine Vorstellung vom Kolorit der Zeit zu geben. Berücksichtigung gefun-

den haben dabei die (aus GEDENKBUCH 1889, gegenüber Titelblatt, stammende)

Galerie der „Präsidenten des Vereines [Die Volksschule]“ bzw. die Porträts ein-

zelner am Lehrertag in Klagenfurt an hervorragender Stelle agierender Persön-

lichkeiten wie auch markante, den poetischen Teil, das Personal und das Pro-

gramm betreffende Stellen bzw. Seiten der „Mittheilungen für die Theilnehmer

am V. allgemeinen österreichischen Lehrertage in Klagenfurt“. – Zu den im

„Vorläufigen Programm“ (hier S. iv ff.) und andernorts genannten, heute nicht

mehr existierenden bzw. anderen Zwecken dienenden Lokalitäten: Das „Real-

schulgebäude“ (Abbildung bei SCHÖFFMANN 1994, Erste Umschlagseite) befand

sich an der Ecke Bahnhofstraße / Mießtalerstraße, das Hotel „Europa“ am heuti-

gen Kardinalplatz (Nr. 8), den Platz des Hotels „Kaiser von Oesterreich“ (hier S.

40) nimmt heute eine Versicherungsanstalt am Heuplatz ein, das „Goës’sche

Haus“ (hier S. 67) befindet sich an der südwestlichen Ecke des Alten Platzes.

(Ein Formale: G e s p e r r t e s ist durchwegs kursiv gesetzt.)

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1

I. Die Bedeutung der Lehrertage insbesondere für Oesterreich.

Von Franz Bobies.*)

Die Macht der Association, welche in der Gegenwart mit ihren

ausgleichenden und wohlthätigen Wirkungen immer mehr zu Tage

tritt, die Ueberzeugung von dem segensreichen Erfolge vereinter Kräf-

te, sowie das patriotische Streben nach Fortschritt auf dem Gebiete der

allgemeinen Volksbildung, zu deren gewichtigsten Factoren ja die

Schule gezählt werden muß, waren es, welche den Wiener Lehrerver-

ein „Volksschule“ bewogen, im Jahre 1867 den ersten allgemeinen

österreichischen Lehrertag in die größte Stadt unseres theuren Vater-

landes, nach Wien, einzuberufen. Dieser Ruf blieb nicht unerhört,

sondern fand ein gewaltiges Echo, nicht nur bei den Lehrern selbst,

sondern auch in den Herzen aller Jener, welche in der Hebung der

Schule die erste Bedingung zur Kräftigung unseres gesammten Ge-

meinwesens erblicken.

So wurde auch die Nothwendigkeit und Zweckmäßigkeit einer

Versammlung von Jugendbildnern aus allen Theilen des Reiches, wel-

che gemeinsam Zweck und Aufgabe der Volksschule einer gründli-

chen Besprechung unterziehen und Vorschläge zur Verbesserung des

Unterrichtes zu machen hätte, fast allgemein anerkannt und vielfach

unterstützt. Es sollte bei dieser Versammlung den Lehrern zugleich

Gelegenheit geboten werden, ihr Votum über das neue Volksschulge-

setz noch vor dessen Berathung im Reichsrathe abgeben zu können.

Daß gewisse Leute, denen jedes Streben nach Reform ein Gräuel ist,

dem Lehrertage ihre Simpathie nicht zuwenden konnten, war wol be-

greiflich, aber geradezu schmerzlich und unverständlich mußte es dem

mit den Vorbereitungen für die Versammlung beschäftigten Männern

sein, daß selbst ein Theil der liberalen Presse das Unternehmen im vo-

raus als ein mißlungenes auffaßte und die Lehrer lächerlich zu machen

suchte.

So tief war nach der Meinung einiger solcher unberufener Kriti-

ker die Lehrerschaft Oesterreichs gesunken, daß sie es öffentlich aus-

*)

In: Kärntner Volkskalender für 1873. Herausgegeben im Vereine mit anderen

Freunden des Volkes von Karl Pröll, Klagenfurt, S. 157-163. Nochm. ersch. in:

Freie Stimmen. Organ der deutschen Partei in Kärnten, Klagenfurt, 3 (1872),

Freitag, 30. / Samstag, 31. August 1872, S. 1118 / 1124. f.

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2

zusprechen wagten, auszusprechen in vielgelesenen Wiener Tagesblät-

tern, daß die Lehrer sich nur über die Noth und das Elend ihrer mate-

riellen Lage beklagen und nach diesem großen Wehgeschrei wieder

auseinander gehen würden. Dessenungeachtet fanden sich an 2000

Männer aus dem Lehrstande zusammen, und machten durch ihre Hal-

tung dieses vorschnelle mißgünstige Urtheil derart zu Schanden, daß

diese Herren Kritiker, zu ihrer Ehre sei es gesagt, auch öffentlich die

Unrichtigkeit ihrer früheren Behauptung eingestanden.

Schon bei diesem ersten Lehrertag haben die unter langjähriger

Bevormundung gestandenen Lehrer mit beredten Worten und in der

glänzendsten Art bewiesen, daß trotz des klericalen und materiellen

Druckes in ihren Kreisen der Geist der Unabhängigkeit, der Freiheit

und des Rechtes sich frisch und lebendig erhalten hatte.

Kaum bot man ihnen die Gelegenheit, sich frei und unumwun-

den aussprechen zu können, so traten sie kühn und muthvoll in die

Oeffentlichkeit, um mit männlichem Freimuthe auszusprechen, an

welchen Schäden und Mängeln die Volksschule Oesterreichs leide,

und die Bedingungen anzugeben, welche vorerst von Seite des Staa-

tes, als der obersten Schulbehörde, erfüllt werden müßten, damit die

Schule auch wirklich das leisten könne, was sie unbedingt leisten

muß, wenn die Volksbildung eine wahrhaft allgemeine und frucht-

bringende werden soll, und gewiß ward in dieser Versammlung der

Grundstein zum Neubau der vaterländischen Volksschule gelegt. Hier

wurde unter allseitiger Zustimmung die Resolution gefaßt:

„Soll die österreichische Volksschule sich wahrhaft heben, so ist

unerläßliche Bedingung ein auf constitutionellem Wege zu Stande ge-

kommenes Schulgesetz, welches die Freiheit der Schule und die Erfül-

lung der berechtigten Anforderungen der Jetztzeit in Bezug auf die

Schule garantirt.“

Tief ernst und nur dem reinsten Interesse der Schule zugewandt

war die Thätigkeit des ersten österreichischen Lehrerparlamentes. Da

gab es keine prunkenden Feste, keine kostspieligen Bankette und Aus-

flüge, wie solche bei den früher in Wien tagenden Versammlungen

der Juristen, Architekten, Naturforscher etc. von Seite der Gemeinde

oder des Staates veranstaltet wurden.

Von dem Missverhältnisse, das zwischen der Wichtigkeit ihres

Berufes und dessen Entlohnung bestand, sprachen die meisten Redner

kaum und nicht der Unabhängigkeit ihrer persönlichen Stellung, nein!

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3

der Selbstständigkeit der Schule, der Befreiung derselben von der Be-

vormundung der Kirche war der wesentliche Theil der Verhandlungen

und der Beschlüsse gewidmet. Die Schule soll und darf nicht confes-

sionellen Zwecken dienen, sie soll einzig und allein das Ziel verfol-

gen, tüchtige Bürger, welche mit entwickelter Intelligenz einen soli-

den, festen Charakter verbinden, heranzubilden, dieses eine Ziel stets

fest und unverrückt im Auge behalten, sowie mit aller zu Gebote ste-

henden Kraft und Energie zu erreichen suchen.

Diese volle Hingebung für die ernste heilige Sache der Volksbil-

dung, dieses rege, vollständig nur für die Schule einstehende Auftre-

ten der Lehrerschaft war die Ursache, daß sich der Lehrertag, den man

kurz vor seinem Zusammentreten noch in kleinlicher Weise hatte lä-

cherlich zu machen gesucht, so rasch die vollste Simpathie aller gebil-

deten Kreise erwarb.

Fast die gesamte österreichische Presse und ein großer Theil der

ausländischen Zeitschriften beschäftigten sich viel und eingehend mit

der Kritik dieser Verhandlungen, und die meisten Stimmen, welche

sich vorurtheilsfrei über diese denkwürdige Versammlung ausspra-

chen, nannten die Resultate, welche gleich der erste allgemeine öster-

reichische Lehrertag erzielt hatte, im hohen Grad bedeutende und er-

kannten dieselben für die Neugestaltung der österreichischen Volks-

schule als grundlegende. So schrieb damals eines der hervorragends-

ten politischen österreichischen Journale:

„Möge die nächste Versammlung des Lehrertages bereits die

Freiheit und Selbstständigkeit der Schule hergestellt finden. Dann

wird es deren Aufgabe sein, zum pädagogischen Ausbau der von je-

dem, ihre Entwicklung hindernden Einflusse unabhängigen Volks-

schule zu schreiten und das hohe Ziel einer „Volkserziehung“ im wah-

ren und vollen Sinne des Wortes anzustreben. Daß es den Lehrern we-

der an Muth noch an Einsicht fehlt, um unsere Volksschule auf eine

gedeihliche Bahn zu lenken, haben sie hinlänglich gezeigt. Wir unter-

stützen daher auch deren Beschlüsse, wornach die Aufsicht über die

Schulen praktischen Schulmännern zu übertragen und den Lehrern ein

Antheil an der Schulgesetzgebung durch gesetzlich geregelte Vertre-

tung einzuräumen wäre. In keinem Falle kann man das politische

Wahlrecht, welches die Lehrer zu Folge einer Resolution beanspru-

chen, Männern verweigern, welche durch ihre Haltung den Nachweis

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4

geliefert haben, daß sie nicht nur würdig sind, zu wählen, sondern

auch gewählt zu werden.

Wie soll der Lehrer den künftigen Bürger bilden, wenn man ihn

selbst nicht zur vollen Ausübung des Bürgerrechtes zuläßt? Mit der

Emancipation der Schule von der Kirche muß eine bessere Stellung

des Lehrers in der Gesellschaft und im Staate Hand in Hand gehen u.

s. w.“

War bei den Berathungen des ersten Lehrertages in Wien die

Neugestaltung des österreichischen Volksschulwesens überhaupt be-

tont und gleichsam der Grund für den Neubau gelegt worden, so wur-

den beim zweiten Lehrertage in Brünn hauptsächlich der Zweck und

die Aufgabe der allgemeinen Volksschule sowie die Mittel, welche

derselben zu Gebote stehen, um beim Unterrichte und der Erziehung

der Kinder mit Erfolg zu wirken, in’s Auge gefaßt. Bei den Beschlüs-

sen ward vorzüglich der Grundsatz festgehalten, daß die Volksschule,

als eine allgemeine Schule, nur dann ihrem Zwecke entsprechen kön-

ne, wenn sie in wissenschaftlicher und religiöser Beziehung einen all-

gemeinen Charakter wahrt.

Auch beim dritten Lehrertag in Graz war die Thätigkeit der

Theilnehmer auch in erster Linie dem Fortbau der inneren Schulorga-

nisation gewidmet. Namentlich wurde die Einrichtung der Schullese-

bücher einer gründlichen Besprechung unterzogen. Erst zum Schlusse

gedachten die Lehrer auch ihrer eigenen kümmerlichen materiellen

Lage und sprachen ihre darauf bezüglichen Wünsche mit der Motivi-

rung aus: „daß die Besserstellung der materiellen Verhältnisse der

Lehrer in der ganzen österreichisch-ungarischen Monarchie mit der

Hebung der Volksschule unzertrennlich verbunden, ja sogar eine der

Grundbedingungen zur Steigerung der Leistungen unserer Volksschu-

len sei.“

Die Lehrer beschränkten sich hierbei in ihren Resolutionen auf

das Allernothwendigste und gaben sich der frohen Hoffnung hin, daß

diesen ihren bescheidenen Anforderungen bezüglich der Feststellung

des Minimalgehaltes seitens der betreffenden Landtage auch billiger-

weise entsprochen werden würde; doch wurde nur in einzelnen Lan-

desvertretungen den Lehrern der von der Versammlung ausgespro-

chene Minimalgehalt zuerkannt. Somit darf es den Lehrern nicht zum

Vorwurfe gemacht werden, wenn sie auch bei ihren folgenden Ver-

sammlungen abermals die Gehaltsfrage auf die Tagesordnung setzen.

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5

Der immer mehr fühlbar werdende Lehrermangel wird in dieser Ange-

legenheit, so beklagenswerth er an und für sich ist, bald zu einer den

Lehrern günstigeren Entschließung drängen; denn, wenn die materiel-

le Lage der Lehrer nicht verbessert wird, so werden sich gewiß immer

weniger begabte Menschen finden, welche das mühsame und be-

schwerliche Amt eines Lehrers zu ihrem Beruf wählen; das wird ein

Fingerzeig für die Landes- und Gemeindevertretungen sein, den Leh-

rern eine ihres hohen Amtes würdige Stellung zu geben, damit es an

Bildnern der Jugend niemals fehle. Allerdings wird von vielen Seiten

eingewendet werden: Ja, wir haben den besten Willen, die Lehrer bes-

ser zu stellen, doch woher die Geldmittel beschaffen, welche dazu er-

forderlich sind? Das Land und die Gemeinden sind schon zu sehr mit

Steuern und Abgaben belastet. – Auch diese Frage wurde beim Leh-

rertage aufgeworfen und darauf erwiedert: Sind die Schulen zum

Wohle der Familie, der Gemeinde und des Staates nothwendig? Da

diese Frage von Niemandem vernünftigerweise mit Nein! beantwortet

werden kann, so folgt daraus, daß auch die nöthigen Mittel für Schul-

zwecke beschafft werden müssen. Gibt es denn nicht vielleicht andere

Ausgaben im Haushalte, der Gemeinde und des Staates, bei denen ge-

spart werden könnte? Warum will man das sonst ganz löbliche Spar-

sistem gerade immer nur bei der Schule in Anwendung bringen? Ist

nicht oft schon gesagt worden: Für die Schule ist erst das Beste gut

genug und bei der Schule sparen wollen, heißt das Geld zum Fenster

hinauswerfen! Die Forderung bezüglich der Gehaltserhöhung der Leh-

rer ist mithin eine so wolbegründete und gerechte, daß Diejenigen,

welche das Gedeihen der Gemeinde und des Staates in’s Auge zu fas-

sen haben, es sich dringend angelegen sein lassen müssen, die Mittel

zu beschaffen, welche für die Schule und somit auch für die Lehrer als

nothwendig erkannt werden.

Unter allen Landesvertretungen war jene von Oberösterreich

hinsichtlich der materiellen Besserstellung der Lehrer zuerst allen üb-

rigen vorangegangen, und die Nachricht, den vierten österreichischen

Lehrertag in Linz abzuhalten, ward daher in den Lehrerkreisen mit be-

sonderer Freude vernommen. Indeß war auch das Reichsvolksschulge-

setz und die darauf basirenden Landesgesetze, sowie die Schul- und

Unterrichtsordnung zu Stande gekommen und voll froher Hoffnung

eilten die Schulmänner in die Hauptstadt des anmuthigen Schwester-

lande, um dort ihre Berathungen über Unterricht und Erziehung wie-

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6

der aufzunehmen. So fanden auch in der gastlichen Donaustadt, wie

früher in Brünn und Graz, von Seite der dortigen Collegen und der

Bürgerschaft die freundlichste Aufnahme, obgleich von bekannter Sei-

te alle Hebel in Bewegung gesetzt worden waren, um den Lehrertag

besonders bei dem Landvolke mißliebig zu machen unter dem Vor-

wande, als wollten die Lehrer den guten Leuten die Religion rauben

und den Glauben untergraben.

Dies bewog sogar einen Bruchtheil der zur Versammlung ge-

kommenen Lehrer, in der Vorversammlung den Antrag zu stellen, daß

in eine Berathung bezüglich des Religionsunterrichtes nicht eingegan-

gen werden solle. Allein die Majorität ließ sich nicht ins Bockshorn

jagen, sondern sagte: Da die Religion ein Lehrgegenstand in den

Volks- und Bürgerschulen ist, so muß uns Lehrern auch das Recht zu-

stehen, unsere Ansichten darüber auszusprechen, wie der Religionsun-

terricht vom pädagogischen Standpunkte aus zu ertheilen sei, und wer

ihn ertheilen soll. Und schließlich mußte auch jeder unbefangen Urt-

heilende nach der Berathung dieser Frage zu der Ueberzeugung gelan-

gen, daß die Lehrer durchaus nichts gegen die sittlichen Grundsätze

der Religion, wol aber vieles gegen die Art und Weise, wie die religi-

össittliche Bildung der Kinder noch immer in den Schulen vermittelt

werden soll, einzuwenden haben. Es wurde besonders darauf hinge-

wiesen, daß ein confessionell-dogmatischer Religionsunterricht in der

Zeit des schulpflichtigen Alters als verfrüht zu erklären ist. Also nicht

gegen, sondern geradezu für den Unterricht in der Religion sprach

sich die Lehrerversammlung aus, nur müsse derselbe zur rechten Zeit

und in der rechten Weise, d. h. nach pädagogischen Grundsätzen ert-

heilt werden.

Bei der Frage: „Wie kann der Verwahrlosung der armen, größ-

tentheils sich selbst überlassenen Kinder vorgebeugt werden?“ wurde

besonders auf die Errichtung von Kindergärten, die Einrichtung von

Cursen zur Heranbildung von Kindergärtnerinnen und auf die Aufhe-

bung des Schulgeldes, so wie strenge Handhabung der Gesetze bezüg-

lich des Kinderbettels hingewiesen. Hinsichtlich der achtjährigen

Schulpflicht wurde ausgesprochen, daß dieselbe im Prinzipe aufrecht

zu erhalten sei, da das im Lehrplane nach der Erfahrung wol erwogene

Ziel, wie es im Lehrplane aufgestellt ist und zum Gedeihen der Volks-

bildung beibehalten werden muß, in kürzerer Zeit nicht erreicht wer-

den kann. Wer daher den Aeltern sagt, daß das Schulgesetz schlecht

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7

ist, da sie nun ihre Kinder längere Zeit zur Schule schicken müssen,

und daher dieselben nicht zur Hausarbeit verwenden können, der sucht

mit diesem Scheingrunde das Volk um die erweiterte Bildung zu be-

trügen, denn der besser gebildete Arbeiter wird in weit kürzerer Zeit

mehr und besser produziren, als der minder gebildete, und so sehr dem

Grundsatze beizupflichten ist, daß die Kinder durch Arbeit für das Ar-

beiten erzogen werden müssen, so wirkt doch ein zu frühes und über-

bürdetes Arbeiten schädigend auf Geist und Körper des jungen Men-

schen. Und welcher Vater, welche Mutter wird nicht gern dazu beitra-

gen, daß die Schulbildung, welche ihren Kindern nun zu Theil werden

soll, eine bessere und ausreichendere sei, als jene war, welche sie einst

selbst sich erwerben konnten?

Erst nachdem die Lehrer sich auch in dieser Versammlung mit

jenen Fragen eingehend beschäftigt hatten, welche sich auf die Schule

und die ihrer Leitung anvertrauten Zöglinge bezogen, nahmen sie

dann auch auf jene Themen Rücksicht, welche auf die Fortbildung

und die materielle Stellung der Lehrer hinwiesen. Und ungeachtet

durch diese neuen Gesetze die Anforderungen an das Wissen und

Können und die Leistungen der Lehrer bedeutend höher gestellt sind,

als dies jemals früher der Fall war, und obgleich die Höhe der Gehalte

zur dieser Mehrleistung im Allgemeinen nicht im richtigen Verhält-

nisse steht, ja an vielen Orten die Lehrer durch den Abgang des Meß-

nereinkommens factisch weniger Einnahmen haben als früher, so er-

klärten sie doch einstimmig, daß sie für die neuen, vom Kaiser sanc-

tionirten Schulgesetze mit ganzer Manneskraft einstehen und mit allen

gesetzlich erlaubten Mitteln in Wort und Schrift dahin wirken wollen

und werden, daß sie ehestens zur vollen Wahrheit werden.

Nach dieser gedrängten Darlegung des bisherigen Wirkens der

österreichischen Lehrertage kann wol der Anspruch eines Berichter-

statters über die erste derartige Versammlung auch auf die übrigen bis

nun gehaltenen Lehrertage als giltig angesehen werden: „Obschon die

hier gehaltenen Reden des oratorischen Schmuckes zumeist entbehren,

und mancher Gedanke vielleicht an anderer Stätte mit mehr Anmuth

und Scharfsinn gesagt wurde, so geht doch durch diese Reden ein Zug

der Begeisterung und des Edelsinnes, welcher zu den kühnsten Hoff-

nung für die gedeihliche Entwicklung der österreichischen Volksschu-

le berechtiget.“

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8

Möge auch der fünfte österreichische Lehrertag, welcher in der

anmuthigen Stadt Klagenfurt, der Hauptstadt des schönen Kärntens,

jetzt zusammen treten wird, sich seinen Vorgängern würdig anreihen,

und so dazu beitragen, daß das Gefühl der Zusammengehörigkeit un-

ter den Lehrern abermals neu genährt und gekräftiget, das Streben

nach Aufklärung und Freiheit unterstützt und gefördert, das Band zwi-

schen Schule und Haus immer fester und inniger geknüpft, und Licht

und Wahrheit allenthalben immer mehr verbreitet werde!

Die Freisinnigkeit und die schulfreundliche Gesinnung der Be-

wohner dieses herrlichen Alpenlandes, und die opferwillige Hinge-

bung und Bereitwilligkeit der Bürger und Lehrer Klagenfurts sollen

weiters Bürgen sein für einen würdigen Verlauf dieser Versammlung.

(Geschrieben Ende Juni 1872.)

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9

II. An die Lehrer Österreichs!*)

Theuere Berufsgenossen! Werthe Freunde!

Mit inniger Befriedigung sehen wir, wie die neuen Schulgesetze

immer fester Wurzel fassen, und wie sich an den meisten Orten unse-

res Vaterlandes die freie Schule allmälig sichere Bahn bricht, trotz al-

ler Anstrengungen unserer Gegner, die Errungenschaften auf dem Ge-

biete des Schulwesens möglichst zu verringern.

Wir Lehrer, wir dürfen es wohl aussprechen, haben auch unseren

Theil daran, dass die Idee der Volksbildung in den neuen Schulgeset-

zen eine wesentlicher Erweiterung und eine bestimmte Verkörperung

gefunden hat. Aber wir können und dürfen nicht meinen, dass schon

Alles gethan sei, und dass uns in dieser Hinsicht Nichts mehr zu thun

übrig bleibt.

Noch immer ist der Ausbau der österreichischen Volksschule

nicht gänzlich durchgeführt, noch bedarf das Gebäude der Festigung

gegen rührige und mächtige Feinde, noch fehlen theilweise die Kräfte

und Mittel zur würdigen und schönen Vollendung des Baues.

Darum müssen wir auch ferner mannhaft einstehen für die

Grundsätze, welche wir als die richtigen erkannt und auf unser Panier

geschrieben haben, und dürfen wie im Kampf, so auch in der Arbeit

nicht ermatten. Für diesen Kampf und diese Arbeit uns zu einigen und

zu kräftigen, bietet sich nun abermals Gelegenheit beim diesjährigen

fünften allgemeinen österr. Lehrertage.

Der ob seiner wahrhaft freisinnigen Anschauungen rühmlich be-

kannte Gemeinderath der so anmuthigen Stadt Klagenfurt und die

thatkräftige Lehrerschaft derselben bereiten uns eine freundliche Stätte

zum fünften allgemeinen österr. Lehrertage, welcher am 31. August,

1. und 2. September d. J. abgehalten werden wird, wie wir hoffen,

würdig seiner Vorgänger.

Und somit ladet Euch, theuere Berufsgenossen und werthe

Freunde, zum zahlreichen Besuche dieses Lehrertages freundlich ein

Der ständige Ausschuß der allg. österr. Lehrertage.

Wien, im Mai 1872.

*)

In: Kärntisches Schulblatt. Organ und Eigenthum des kärnt. Lehrervereins, 5

(1872), Nr. 10, 16. Mai 1872, S. 79.

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10

III. An die Lehrer Österreichs!*)

Theuere Amtsgenossen! Werthe Freunde!

Mit inniger Freude hatte uns die Nachricht erfüllt, dass der IV.

österreichische Lehrertag in Linz den für uns sehr ehrenden Beschluss

gefasst, den V. allg. österr. Lehrertag im Jahre 1872 in Klagenfurt ab-

zuhalten

Kaum werden drei Monden verflossen sein und die Lehrer Öster-

reichs werden sich zum fünften Male zu einer großen, allgemeinen

Versammlung vereinigen zu männlich ernster That. Österreichs

Volksschule bedarf zu ihrem vollendeten Aufbaue noch immer steten

Kampfes und unermüdlicher Arbeit. Mehr denn je ist sie heute ein

Schlachtfeld von Ideen. Die Gegensätze stoßen hart und unvermittelt

aufeinander und das Auge der ganzen gebildeten Welt richtet sich auf

diesen Kampf, den die Lenker der Erziehung und des Unterrichtes

aufgenommen haben gegen alle, die in den neuen Bahnen den Feind

wittern.

Je zäher die Gegner unserer neuen Volksschule darauf bestehen

werden, die weitgehenden Ziele der modernen Volkserziehung einzu-

engen und den vorwärtsdrängenden freien Geist der heranwachsenden

Generazion vorzuenthalten, je mehr sie sich ereifern werden, die ra-

sche Entwickelung der Volksschule zu verhindern, desto bestimmter

und ohne alles Wanken und Vermitteln werden wir die gründliche Re-

organisazion der Schule im Geiste der mächtig gewordenen Prinzipien

der Neuzeit fordern. Der leuchtende Glaube an das erhabene Ziel,

„dem Volksgeiste eine Gasse zu machen“, und der Freiheit der Völker

zu dienen, stählt den Willen der österreichischen Schulmänner und

gibt ihnen den Muth, mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln bei

den alljährlich wiederkehrenden allgemeinen Lehrertagen die Volks-

schule zu dem zu machen, was sie sein soll: der Hort der Volksbil-

dung – die Pflanzstätte des Volksgeistes.

Der Ruf der Freisinnigkeit Kärntens, die schulfreundliche Ge-

sinnung der Bewohner Klagenfurts und die unermüdliche und opfer-

willige Hingebung der Lehrerschaft derselben sollen weiters Bürge

sein für einen würdigen Verlauf dieser Versammlung.

*)

In: Kärntisches Schulblatt. Organ und Eigenthum des kärnt. Lehrervereins, 5

(1872), Nr. 11, 1. Juni 1872, S. 87 f.

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11

In der freudigen Erwartung, recht viele Berufsgenossen aus Fern

und Nah in unserer Stadt und unserem herrlichen Alpenlande, das

noch so wenig gekannt ist, herzlich willkommen heißen zu können,

zeichnet sich mit kollegialem Gruße

Der Ortsausschuss des V. allgem. österr. Lehrertages.

Klagenfurt, am 1. Juni 1872.

Jeder der Herren Theilnehmer wolle seine Anmeldung mit Bei-

schluss von 1 fl. ö. W. in der Zeit vom1. Juli bis 15. August franko an

den Obmann des Anmeldungs- und Verkehrskomité’s, Lehrer Franz

Zill, Völkermarkter Vorstadt Nr. 41, richten und derselben allfällige

Wünsche bezüglich der Wohnungen – ob Freiquartier, ob Quartier ge-

gen billige Bezahlung oder Massenquartiere – beifügen. Sehr er-

wünscht wird es dem Anmeldungskomité sein, wenn jene Herren,

welche bei Verwandten oder Bekannten zu wohnen gedenken, dies bei

der Anmeldung bekannt geben würden.

Die Legitimazionskarten, welche zur Erlangung von Fahrpreis-

ermäßigungen auf Eisenbahnen und Dampfschiffen vorzuzeigen sind

und auch zum Eintritt in die Haupt- und Nebenversammlungen, sowie

auch zu Festlichkeiten berechtigen, werden längstens fünf Tage nach

der eingelangten Anmeldung versendet werden.

Zur Geschäftserleichterung, sowie auch zur größeren Bequem-

lichkeit der Herren Theilnehmer wäre es wünschenswerth, wenn die

Anmeldungen in Masse durch die Obmänner der Lehrervereine erfol-

gen würden.

Um ferners allen Missverständnissen und Irrungen vorzubeugen,

ergeht zugleich das freundlichste Ersuchen, bei den Anmeldungen

Name und Wohnort deutlich zu schreiben und kleinere Orte mit An-

gabe des nächstgelegenen größeren Ortes und Kronlandes näher zu

bezeichnen.

Das Anmeldungskomité.

Vom ständigen Ausschusse an die Obmänner der Lehrervereine!

Werther Herr Kollege!

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12

Der V. allgemeine österreichische Lehrertag wird am 31. Au-

gust, 1. und 2. September d. J. in Klagenfurt abgehalten werden. Wir

müßen daher daran gehen, geeignete Themen für diese Versammlung

vorzuschlagen und ersuchen Sie demnach, Ihren Verein zur Einsen-

dung von Themen aufzufordern und dieselben, versehen mit einer

kurzen Erläuterung der bezüglichen Thesen, an den ständigen Aus-

schuss bis längstens 1. Juli d. J. zu übermitteln.

Dieser wird, wie bei den früheren Lehrertagen, diese Themen

sammeln, zusammenstellen und die nach seiner Ansicht zur Verhand-

lung am geeignetsten befundenen in der Vorversammlung vorschla-

gen. Das hindert selbstverständlich nicht, dass jeder einzelne Verein

seine Themen, welche er etwa zur Verhandlung besonders geeignet

hält, auch selbst vorschlägt.

Meldet sich für das von einem Vereine angemeldete Thema aus

dem betreffenden Vereine selbst ein Referent, so ersuchen wir, uns

den Namen desselben bei der Angabe des Themas gleichfalls bekannt

geben zu wollen.

Wir bitten freundlichst, diese Angelegenheit nächstens in Ihrem

Vereine anzuregen, damit die Sichtung und Zusammenstellung der zu

berathenden Themen rechtzeitig in Angriff genommen und mit der im

Interesse der Sache gebotenen Muße und Gründlichkeit geschehen

könne.

Wien, am 10. Mai 1872.

Für den ständigen Ausschuss:

Franz Bobies, Johann Holczabek,

Obmann. Schriftführer.

Bezugnehmend auf obige Zuschrift richtet der Ausschuss des

kärntischen Landeslehrervereines an alle Zweigvereine und Lehrer

Kärntens die Bitte, Themen für den V. allgemeinen österreichischen

Lehrertag an die Vereinsleitung in Klagenfurt zur Weiterbeförderung

bis 20. Juni einzusenden.

Klagenfurt, 1. Juni 1872.

Dr. Josef Brandl,

Obmann.

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13

IV. An die Herren Orts- und Bezirksschulräthe!*)

Werthe Schulfreunde!

In den letzten Tagen dieses Monates werden viele hundert von

Lehrern aus allen Theilen der österreichisch-ungarischen Monarchie

nach Klagenfurt ziehen, um da, in der anmuthigen Hauptstadt des

schönen Kärntens, gemeinsame Berathungen zu pflegen über die Mit-

tel und Wege, durch welche die neue österreichische Volksschule ge-

hoben werden könnte.

Groß ist die Aufgabe, die dem V. allgemeinen österreichische

Lehrertage gestellt ist, und die zahlreichen Anmeldungen, die für den-

selben bis jetzt schon eingelaufen sind, beweisen es, welch tiefes Inte-

resse die Lehrerwelt einer glücklichen Fortentwicklung des Schulwe-

sens entgegenbringt.

Das Gedeihen der Schule beruht aber nicht allein darauf, dass

der Lehrstand mit vollkommener Hingebung sich seiner schwierigen

Aufgabe unterzieht, sondern es ist unumgänglich nothwendig, dass

jene Körperschaften, denen die unmittelbare Leitung der Volksschule

anvertraut ist, die Bestrebungen der Lehrer mit aller Kraft unterstüt-

zen.

Sie müßen demnach in jenem Geiste wirken, der sich auf den

bisherigen Lehrertagen kundgegeben hat; sie müßen das praktisch

durchzuführen versuchen, was die Lehrer als ersprießlich für das Ge-

deihen der Schule bezeichnen.

Nicht besser aber können sie einen Einblick in das gewinnen,

was der Schule frommt, als wenn sie an den Berathungen theilneh-

men, welche auf den Lehrertagen gepflogen werden.

Darum ist hier der Gedanken angeregt, die Herren Orts- und Be-

zirksschulräthe einzuladen, den V. allg. österr. Lehrertag zu besuchen,

welcher am 30. und 31. August, 1. und 2. September d. J. in Kla-

genfurt abgehalten wird.

Es liegt auch in der Absicht des Ortsausschusses, für die Herren

Orts- und Bezirksschulräthe eine besondere Versammlung zu veran-

stalten. Es ergeht demnach an dieselben das freundliche Ersuchen,

Themen für diese Versammlung in Vorschlag zu bringen und diesel-

*)

In: Kärntisches Schulblatt. Organ und Eigenthum des kärnt. Lehrervereins, 5

(1872), Nr. 15, 1. August 1872, S. 129 f.

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14

ben bis 15. August d. J. an den Obmann des Redakzions-Komités

Gottfried Nickl in Klagenfurt einzusenden. Die Vorbesprechung für

diese Versammlung findet am 30. August 6 Uhr abends im Hotel Eu-

ropa, die Versammlung am 31. August um 3 Uhr nachmittags im

Wappensaale des Landhauses statt.

Programm der Versammlung: 1. Die Wahl eines Vorsitzenden

und der Schriftführer. 2. Berathung über die bei der Vorbesprechung

ausgewählten Themata.

Indem der gefertigte Ortsausschuss diese Einladung ergehen

lässt, hofft er im Interesse der Sache zuversichtlich auf eine zahlreiche

Betheiligung von Seite der Herren Orts- und Bezirksschulräthe und

ersucht jeden der Herren Theilnehmer, seine Anmeldung mit Bei-

schluss von 1 fl. ö. W. bis 20. August franko an den Obmann des An-

meldungs- und Verkehrskomités, Lehrer Franz Zill, Völkermarkter-

Vorstadt Nr. 41, richten zu wollen.

Die Legitimazionskarten, welche zur Erlangung von Fahrpreis-

ermäßigungen auf Eisenbahnen und Dampfschiffen vorzuzeigen sind

und auch zum Eintritt in die Haupt- und Nebenversammlungen, sowie

auch zu Festlichkeiten berechtigen, werden längstens fünf Tage nach

der eingelangten Anmeldung versendet werden.

Um ferners allen Missverständnissen und Irrungen vorzubeugen,

ergeht zugleich das freundlichste Ersuchen, bei den Anmeldungen

Name und Wohnort deutlich zu schreiben und kleinere Orte mit An-

gabe des nächstgelegenen größeren Ortes und Kronlandes näher zu

bezeichnen.

Der Ortsausschuss des V. allg. österr. Lehrertages.

Klagenfurt am 1. August 1872.

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15

V. Themen, welche zum V. allgemeinen österreichischen Lehrer-

tage in Klagenfurt eingesendet worden sind.*)

1. Die Bedeutung und Verwerthung der Kulturgeschichte in der

Volks- und Bürgerschule.

2. Ein Hauptfehler unseres Volksschulgesetzes liegt im Gesetze

vom 25. Mai 1868, in welchem durch § 10 ein Ortsschulrath einge-

führt wurde; und warum?

3. Welche Fortschritte hat das Volksschulwesen in Österreich

seit der Wirksamkeit der neuen Volksschulgesetze aufzuweisen, mit

welchen Hindernisse hat die Volksschule noch zu kämpfen, und wie

können dieselben überwunden werden?

4. Die zweckmäßige Einrichtung, Verwaltung und Benützung

der Volksschulbibliotheken mit Rücksicht auf die betreffenden gesetz-

lichen Bestimmungen.

5. Detaillirter Lehr- und Stundenplan für ein- und zweiklassige

Volksschulen.

6. Welche Stellung und welche Aufgabe hat die Bürgerschule,

und wie ist letztere zu erreichen?

7. Man strebe dahin, dass das Wort „definitiv“ angestellt schon

von der Zeit an, so sich der Lehrer das Lehrbefähigungszeugnis er-

worben hat, von Wirksamkeit sei, damit ihm noch bei Lebenszeit eine

Dienstalterszulage zu Gute komme.

8. Warum fassen unsere Schulgesetze bei der Landbevölkerung

nicht recht Wurzel, und wie kann diesem Übelstande abgeholfen wer-

den?

9. Warum handhaben die Bezirksschulräthe das Schulgesetz in

Bezug auf Ausübung des Mesnerdienstes nicht allerorts gleichförmig?

10. Die sanitätspolizeiliche Aufsicht in der Schule.

11. Das Institut der Ortsschulräthe in seiner gegenwärtigen Or-

ganisierung schädigt die Volksschule in ihrer freien und fortschrittli-

chen Entwicklung. Die Einschränkung, eventuelle Abschaffung dieser

Instituzion ist nach den gemachten Erfahrungen eine unbedingte

Nothwendigkeit für das Gedeihen der Volksschule.

*)

In: Kärntisches Schulblatt. Organ und Eigenthum des kärnt. Lehrervereins, 5

(1872), Nr. 15, 1. August 1872, S. 130-132. Nochm. veröff. in: Mittheilungen

für die Theilnehmer am V. allgemeinen österreichischen Lehrertage in Kla-

genfurt, Red. Gottfried Nickl, Nr. 1, Freitag, 30. August 1872, S. 3-5.

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16

12. Die Nothwendigkeit einer mehr an’s berufliche Leben sich

anschließenden Bildung erfordert die Errichtung von Fachschulen. Die

Volksschule kann die Zwecke der Fachbildung nicht erfüllen; zu die-

sem Behufe seien landwirtschaftliche und gewerbliche Fortbildungs-

schulen, an die Volksschule anreihend, zu organisieren.

13. Gründung eines allgemeinen großösterreichischen

Lehrervereines.

14. Über Lehrerbildung und Lehrerbildungsanstalten.

15. Sind Rettungshäuser für die verwahrloste Jugend nothwen-

dig, welche Vortheile gewähren sie den Volksschulen und wie sollen

dergleichen Erziehungsanstalten zur Sicherstellung des für die bürger-

liche Gesellschaft gewinnbringenden Werthes eingerichtet sein?

16. Was ist unter dem in § 21 der Schul- und Unterrichtsordnung

angedeuteten wahrhaft sittlichen Verhalten der Jugend zu verstehen,

und welche Mittel kann und soll der Lehrer in Anwendung bringen,

um dasselbe zu erzielen?

17. Die Bedeutung der Bürgerschule.

18. Die Schaffung von Landesschulanlehen – ein Bedürfnis un-

serer Zeit.

19. Was kann und soll geschehen, damit der Auswanderungslust

der Lehrer Einhalt gethan und ihr Diensteinkommen nicht geschädigt

werde?

20. Lassen sich vom pädagogisch-didaktischen Standpunkte ge-

gen die Verwendung weiblicher Lehrkräfte an Knabenklassen, ge-

mischten Schulen und mittleren und höheren Mädchenschulen triftige

Gründe angeben – und wenn – auf welches Maß erziehlicher und un-

terrichtlicher Thätigkeit soll dann die Wirksamkeit der Lehrerin be-

schränkt bleiben?

21. Beseitigung des konfessionellen Religionsunterrichtes in

Volks- und Mittelschulen.

22. Schaffung eines Reichsgesetzes, oder Ergänzung des

Reichsvolksschulgesetzes vom 14. Mai 1869 mit der wesentlichen Be-

stimmung: keinem Gewerbsmanne, überhaupt keinem Dienstgeber

soll es gestattet sein, ein Individuum, das sich mit einem Entlassungs-

oder Abgangszeugnis nicht ausweisen kann, in Dienst zu nehmen.

23. Das Schulgeld sei in allen öffentlichen Volksschulen aufzu-

heben.

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17

24. Verminderung der jetzt gesetzlichen wöchentlichen Unter-

richtsstunden an einklassigen Volksschulen.

25. An die Reichsvertretung werde eine Petizion um Gleichstel-

lung der Lehrergehalte in allen österreichischen Kronländern gerich-

tet.

26. Keine Sonntagsschule, keine Wiederholungsschule – eine

Fortbildungsschule.

27. Sind die Mehrzahl der Ortsschulräthe der Entwicklung des

österreichischen Volksschulwesens nicht mehr hinderlich als förder-

lich?

28. Es sei mit aller Macht darauf hinzustreben, dass in Hinkunft

auch der Stand der Volksschullehrer sowohl in den Landtagen, als

auch im Reichsrathe vertreten werde.

29. Indem § 24 der Unterrichtsordnung jede körperliche Züchti-

gung der Schüler von Seite des Lehrers strenge verbietet, so seien zur

Besserung verwahrloster Kinder Schulen, die mit Korrekzionsanstal-

ten in Verbindung stehen, aus Staatsmitteln zu errichten.

30. Im Gesetze möge ausdrücklich die Ausdehnung des Wahl-

rechtes für den Lehrer bestimmt werden.

31. Die in die Mittelschule eintretenden Schüler sollen sich mit

einem Zeugnisse aus der Volksschule ausweisen.

32. Der naturkundliche Unterricht in der Volksschule.

33. Erscheint dem Lehrertage und dem Lehrerstande überhaupt

die Pension der vor dem Inslebentreten der neuen Rechtsverhältnisse

pensionierten Landschullehrer nach dem Gesetze gerechtfertigt und im

Allgemeinen als human?

34. Der konfessionelle Religionsunterricht soll kein obligater

Gegenstand des Unterrichtes sein.

35. Entsprechen die Lehrergehalte den heutigen Verhältnissen

und dem § 55 des Reichsvolksschulgesetzes?

36. Was hat die Regierung zu thun, um die Schulgesetze und

dießbezüglichen Verordnungen den Bedürfnissen der Schule gemäß

abzufassen?

37. Wie und was sollen wir lernen?

38. Wie soll der Zeichenunterricht razionell betrieben werden?

39. Wesen und Vortheile der Realmethode.

40. Die Ortsschulaufsicht im Lichte der über ihre bisherige

Wirksamkeit gesammelten Erfahrungen.

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41. In welchem Schuljahre haben die neuen Disziplinen selbst-

ständig aufzutreten?

42. Die Volksschule hat ein freies, selbstständiges Ziel. Wie hat

sie den Unterrichtsstoff zu vertheilen, damit in derselben möglichst

viel geleistet und die Jugend für das praktische Leben gebildet werde?

43. Eine gute Disziplin fördert den Fortschritt der Schüler. Lei-

det sie bei den gegenwärtig anzuwendenden pädagogischen Mitteln

und wodurch kann sie im Bejahungsfalle gehoben werden?

44. Welche Erfahrungen sind in Bezug auf den fortschrittlichen

Unterricht seit dem Bestande der neuen Schulgesetze gemacht wor-

den?

45. Gründung eines allgemeinen österreichischen Lehrerbundes.

46. Wie kann dem allgemein vorkommenden schlechten Schul-

besuch wirksam entgegen gearbeitet werden?

47. Der Kindergarten.

48. Wer hat die religiösen Übungen der Schüler zu überwachen?

Wien, am 21. Juli 1872.

Vom ständ. Ausschusse des allg. österr. Lehrertages.

Franz Bobies, Obmann. Karl Steiner, Schriftführer.

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19

VI. Eine Lehrerbildungs-Hochschule.*)

Es ist nicht das erste Mal, daß dieses Thema auftaucht. Das Inte-

resse, welches aus einer pädagogischen Hochschule für ganz Deutsch-

land, ja für die ganze Welt erwachsen würde, hat schon mehrfache

Diskussionen hervorgerufen und über die Grenzen Deutschlands hin-

aus die Aufmerksamkeit weiter blickender Fortschrittsfreunde auf sich

gezogen. Die „Norddeutsche Schulzeitung“ spricht sich hierüber fol-

gendermaßen aus:

„Sollten wir über kurz oder lang ein neues Unterrichtsgesetz für

das ganz deutsche Reich erhalten, so wird sich von verschiedenen Sei-

ten her der Ruf vernehmen lassen, ein allen Ständen zu Gute kom-

mendes und von der Kirche unabhängiges, echt wissenschaftliches

Volkslehrerseminar zu gründen. Denn daß die Festungen der heutigen

Seminare nicht hinreichen, um an der Spitze der neueren nationalen

und menschheitlichen Bildungsbesterbungen zu treten, ist allgemein

anerkannt. Theils bricht der Unterricht zu früh ab, theils wird die gan-

ze Sorgfalt auf die einzelnen Wissenszweige gewendet mit Vernach-

lässigung des höheren Zusammenhanges. Die Folge davon ist, daß un-

ter den Lehrern der verschiedenen Schulen kein Zusammenhang, ja oft

nicht einmal eine rechte gegenseitige Würdigung ihrer zwar verschie-

denen, aber doch einander ergänzenden Lehrgegenstände zu finden ist.

Infolge solcher ungenügender Lehrerbildung sind die meisten Schulen

bei weitem noch immer nicht das, was sie nach der Ansicht besserer

Schulmänner sein sollten. Was aber die deutschen Universitäten be-

trifft, so lösen dieselben die Aufgabe der Lehrerbildung nur sehr ein-

seitig.

Der Wunsch nach einer Hochschule der deutschen Geistesarbeit

im pädagogischen Sinne ist schon alt – man kann seine Regungen

nachweisen bis zu jener Zeit hinauf, wo Eifersucht der Mächtigen und

Glaubenshader den 30jährigen Krieg vorbereiteten, nach welchem die

staatliche Einheit des deutschen Reiches thatsächlich unterging im

westfälischen Friedensschlusse. Seit jener Zeit entstanden – nach der

fruchtbringenden Gesellschaft des Palmenordens (1617) – zahlreiche

andere Gesellschaften zu nationalen Bildungszwecken, und Leibnitz’s

Anregung führte zur Gründung der Berliner Akademie, welche leider

*)

In: Freie Stimmen. Organ der deutschen Partei in Kärnten, Klagenfurt, 3

(1872), Mittwoch, 28. August 1872, S. 1105 f.

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20

infolge staatlicher Gegensätze keine gesamt-deutsche Akademie zu

werden vermochte und welcher später die Gründung mehrerer anderer

deutscher Akademien in Göttingen, in München, in Wien u. s. w. ge-

folgt ist.

In großartiger Auffassung hegte einen umfassenderen Plan der

Markgraf Karl Friedrich von Baden. Ihm war die Förderung von Wis-

senschaften und Künsten nur ein Mittel zu dem Zwecke der Veredlung

und Erhöhung des gesammten Volksthums und aus demselben Ge-

sichtspunkte betrachtete er die gesammte staatliche Vereinigung. Sein

Lieblingsgedanke, eine vaterländische Stiftung für den Allgemeingeist

Deutschlands zu begründen, beruhte in seiner ganzen Grundlage auf

dem Satze, daß die so mächtige und starke Nation zu größeren Zwe-

cke geführt werden müsse, durch welche allein ihre Einigkeit stand-

haft unveränderlich werden könne. Mit vollkommenster Einsicht er-

kannte dieser hochherzige Fürst zugleich, daß es nicht darauf ankom-

me, einen Gelehrtenhof zu bilden. Der Markgraf hoffte, durch eine

solche Anstalt zur Vereinigung der geistigen Volkskraft und Sittenbil-

dung den deutschen Gemeingeist wieder zum Selbstbewußtsein zu

wecken. Es galt, das geistige Leben zu sammeln, ihm neue Bahnen zu

öffnen, es auf die höchsten Ziele zu lenken.

Als im Anfange dieses Jahrhunderts für unser Vaterland die trau-

rigste Zeit kam, war Fichte der Held, welcher zur Bildung der deut-

schen geistigen Kraft aufrief. Nachdem er den Deutschen den Gedan-

ken und das Wort: National-Erziehung vor die Augen gestellt, in’s

Herz geredet und gepredigt hatte, war Fichte in demselben Berlin, in

welchem er seine „Reden an die deutsche Nation“ gehalten, darauf

bedacht, ein Seminar zur höheren Heranbildung von Lehrern ins Le-

ben zu rufen. Aus diesen Ideen ist die Berliner Universität hervorge-

gangen.

Der Plan einer deutschen National-Erziehung tauchte im Jahre

1848 wieder auf. Fichtes Idee aber zur Gründung eines höheren Leh-

rer-Seminars für ganz Deutschland wurde wieder aufgenommen von

Wittstock, welcher die Errichtung einer allgemeinen deutschen Lehr-

erbildungs-Anstalt nebst Nationalschule anstrebte. Das National-

Lehrer-Seminar sollte für ganz Deutschland bestimmt sein und so dem

deutschen Schulwesen ein gemeinsamer nationaler Charakter gegeben

werden. Die große Mission, die Einheit Deutschlands durch das Fun-

dament, die Schule, zur Wahrheit zu machen, sollte in Frankfurt ver-

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21

wirklicht werden. Schon waren alle Vorbereitungen getroffen, als je-

doch auf einmal der Krieg störend dazwischen kam.

Sind nun auch alle bisherigen Versuche zur Gründung einer

Lehrerbildungs-Hochschule nicht realisirt worden, so hat sich doch

das Projekt bis heute erhalten, was ein beachtenswerthes Zeichen für

die Lebenskraft der Idee ist. Wenn es möglich werden soll, die Men-

schenbildung und die Volkserziehung von allen Seiten und in allen

Lebensaltern zugleich in Angriff zu nehmen, soweit es zur Ueberwin-

dung der die gedeihliche Fortentwicklung des gesellschaftlichen Le-

bens bedrohenden Gefahren nöthig ist, so muß für eine tiefere wissen-

schaftliche Ausrüstung der Lehrer aller Unterrichtsstufen gesorgt wer-

den. Es kommt also darauf an, eine Lehrerbildungsanstalt zu gründen,

welche alle Stufen der Erziehung und des Unterrichts insofern um-

fasst, als darin durch eine gründliche allgemeine wissenschaftliche

und methodische Unterweisung für den Lehrberuf eine höhere Vorbil-

dung gegeben wird als die herkömmliche.“

Eine nationale Lehrerbildungs-Hochschule wird nicht nur von

dem gesammten deutschen Volke, sondern von den Deutschen in Oes-

terreich als eine Muster-Anstalt und als eine auch ihnen zu Nutze

kommende menschliche Bildungsanstalt hochgehalten und gefördert

werden. Vielleicht faßt man auch bei uns diese Idee auf und bringt sie

zur selbstständigen Durchführung.

Page 30: R. 7 NR. 22

22

VII. Zum Lehrertage.*)

Der Same ist aufgegangen, den in dunklen, kranken Zeiten die

pädagogischen Evangelisten, ein Pestalozzi, Diesterweg, und die

Apostel des Gedankens, ihnen voran der willensstarke „Erzieher des

Menschengeschlechtes“ Lessing, ausgestreut haben. Und auch wir

Deutsche in Österreich sind von diesem Auferstehungsmorgen berührt

worden, die von volksfeindlichen Händen gesponnenen Nebel zerrei-

ßen, und, von dem Odem der werdenden Geschlechter erfaßt, fühlen

wir uns hinaufgehoben auf die in Äther getauchten Alpenzinnen

kommender Jahrhunderte, wo wir das Land der Verheißung zu unse-

ren Füßen liegen sehen. Was ist aber dieses Land der Verheißung? Es

ist das Land des geistig und mündig gewordenen, des wahrhaft freien

Volkes, – des Volkes, bei dem in jedem Einzelnen alle intellektuellen

und sittlichen Anlagen vollständige Entwicklung fanden, – des Vol-

kes, das sich eines unveräußerlichen Besitzes politischer Rechte zu

erfreuen hat, – des Volkes, dessen Führer der Vernunftwille und das

damit übereinstimmende Sittengesetz sind, – des Volkes, das seinen

Charakter in großen Kulturthaten ausprägt. Die frohe Botschaft von

diesem Lande der Verheißung bringt uns aber der heutige Tag, an dem

tausende von Jugendbildnern sich in unserer Stadt versammeln, alle

von demselben hohen Ideale erfüllt, alle nur von dem einen Entschlus-

se getragen, mit ungetheilten Kräften für die Hebung der Volksschule

zu wirken.

Doch nur einen Moment sollen diese Zukunftbilder uns fesseln,

damit nicht, in ihrem Anblick verloren, wir der vielfältigen und

schweren Arbeiten vergessen, die noch zu vollbringen sind, um das

Volk aus den Banden der geistigen Hörigkeit zu erlösen. Wohl aber

darf jedem Fortschrittsmanne das Herz höher schlagen, wenn er sieht,

wie die überall hin verzweigte Brüderschaft der deutschen Volkserzie-

her die Gelübde des Mannesmuthes, der Wahrheitsliebe, des selbstlo-

sen Strebens erneuert und hinwegwirft die Last alter knechtischer

Traditionen. Das ist es, was die Lehrertage zu Weihefesten von tiefster

Bedeutung macht. Das ist es, was das Band zwischen Volk und

*)

Mittheilungen für die Theilnehmer am V. allgemeinen österreichischen Leh-

rertage in Klagenfurt, Red. Gottfried Nickl, Nr. 1, Freitag, 30. August 1872, S. 2

f. Nochm. veröff. in: Freie Stimmen. Organ der deutschen Partei in Kärnten,

Klagenfurt, 3 (1872), 30. August 1872, S. 1117 f.

Page 31: R. 7 NR. 22

23

Volksschule immer inniger knüpfen wird. Und dieses Alles ist nur der

Ausfluss des unerschütterlichen Glaubens an die Vervollkommnungs-

fähigkeit der Menschheit, vor dem die Blendwerke und Lügenworte

der Götzendiener jede Art zerstieben und in Dunst sich auflösen müs-

sen.

Ja, wir sollen und wollen nach der besten Schule unermüdlich

ringen und streben. Welche Schule die beste sei? Diejenige, die uns

lehrt, selbständig zu denken und unser Wissen und Wollen im Vereine

mit Gleichgesinnten zu bethätigen, welche ihre Gesetze von der Wis-

senschaft empfängt, ihre Zöglinge aber zugleich in das handelnde Le-

ben hinüberleitet, welche mit einem Worte Charaktere schafft, die sich

selbst bestimmen und hiedurch auch gestaltend und umgestaltend auf

den Staat, auf die Nation einwirken.

Wenn einst diese beste Schule sich wie das Blutgeäder in den

Körper des Volkes verzweigt und den richtigen Kreislauf der morali-

schen und intellektuellen Kräfte angebahnt hat, wenn sie mit dem

Pulsschlag schöpferischer Gedanken und sittlicher Energien die erhe-

bende Arbeit des Kulturfortschrittes beflügelt: dann sind Schule und

Staat nur mehr verschiedene Ausflüsse desselben civilisatorischen

Triebes, der allein dem unverfälschten Menschen die Menschenwürde

verleiht.

Die Schule soll uns aber schon jetzt der Fels sein, auf dem die

künftige Kulturgemeinschaft und die große Kirche der Humanität, das

nach tausend Verirrungen wiedergefundene reine Christenthum, ge-

gründet werden müssen. Sie soll die erweiterte Familie für alle Wis-

senden und Vorwärtsstrebenden sein, in welcher die liebevolle Sorge

für die Kinder des Volkes ihre Heimstätte findet.

Aus ihrem fruchtbaren Boden haben die Keime für jede Wissen-

schaft und Kunst ihre erste Nahrung zu ziehen. Was im vielgestaltigen

Menschengeiste zur Anschauung und Erkenntnis, zum Verlangen und

zum Willen wird, soll in der Schule seinen Ursprung finden.

Heranreifen sollen wir in ihrem Strahle für jene Epoche der

Menschheit, wo sich erfüllt des Dichters Wort:

Es glüht ein Mittag großer Mühen,

Ein immer lauter Geistestag,

Die Palmen des Gedankens blühen

Und Werke werden Schlag auf Schlag.

Es gründet die Freiheit, es baut sein Recht,

Page 32: R. 7 NR. 22

24

Es sucht ein nimmermüdes Geschlecht

Das Höchste, was sterblicher Wille vermag.

Gelingt es den zum Lehrertage versammelten Männern der

Schule, diese von ihnen schon öfters betonten Tendenzen zum Durch-

bruche zu bringen, indem sie dieselben neuerdings als frisches Saat-

korn hinauswerfen in die Lande und mit vereinten Kräften darüber

wachen, dass es emporwachse und im Lichte der neuen Zeit gedeihe,

dann haben die ersteren ihre Aufgabe vollbracht. Die Aufgabe aller

übrigen Schul- und Fortschrittsfreunde bleibt es, jenen Sinn in allen

Schichten des Volkes zu wecken, der in dem Gedanken gipfelt: „Un-

sere Schule ist unsere Ehre und nichtswürdig ist ein Volk, das nicht

Alles für seine Schule thut!“

Page 33: R. 7 NR. 22

25

VIII. Eingesendete Themen für die Versammlung der Bezirks-

und Ortsschulräthe.*)

1. Das Institut der Ortsschulräthe in seinen derzeitigen Mängeln

und in seinem Einfluss auf die Hebung der Volksschule. (Referent:

Winkler in Arriach.)

2. Geschäftsordnung für den Bezirksschulrath. (Referent: der

Obige.)

3. Der Fachmann im Bezirksschulrathe möge dem Bezirksschul-

inspektor unabhängig und dem Landesschulinspektor untergeordnet

werden. (Anmelder: Johann Gruber, Bezirksschulrathsmitglied in

Oberwölz, Obersteier.)

4. Es dauert oft mehrere Monate, bis die Strafanträge der Orts-

schulräthe gegen renitente und nachlässige Eltern vom Bezirksschul-

rathe erledigt werden. Durch diese Verzögerung leidet nicht blos der

Schulbesuch, sondern auch das Ansehen des Orts- und Bezirksschul-

rathes. Wie könnte dieser schleppende Geschäftsgang abgekürzt und

ein sofortiges energisches Eingreifen der hiezu berufenen Organe er-

möglicht werden? (Anmelder: J. Tronegger, Bezirks- und Ortsschul-

rath.)

5. Religionsunterricht und Religionsübungen in der Volksschule.

(Anmelder: Gruber, Ortsschulrath in Maria Saal.)

6. Landesschulanlehen. (Anmelder: der Obige.)

7. Der Ortsschulrath in seinem Verhältnisse zur Volksschule und

zum Volksschullehrer. (Anmelder: J. Gaggl, Ortsschulrath in Tiffen.)

8. Was soll und muß geschehen, damit den Schulgesetzen,

Schullehrern und autonomen Schulbehörden gegen Kanzelangriffe

und andere geistliche Umtriebe ausreichender Schutz gewährt werde?

9. In Städten mit eigenem Statute ist die Vereinigung des Orts-

und Bezirks-Schulrathes zur Vereinfachung des Geschäftes zu emp-

fehlen (theilweise schon durchgeführt, z. B. Graz.)

10. Nachdem durch die neuesten Bestimmungen über die Volks-

schul-Bibliotheken dieselben gleichzeitig auch als Volks-Bibliotheken

für Erwachsene zur Benützung gelangen können, – wie soll die Zu-

*)

Mittheilungen für die Theilnehmer am V. allgemeinen österreichischen Leh-

rertage in Klagenfurt, Red. Gottfried Nickl, Nr. 1, Freitag, 30. August 1872, S.

5-7.

Page 34: R. 7 NR. 22

26

sammenstellung dieser Bibliotheken geschehen, damit beiden Zwe-

cken entsprochen werde?

11. Ueber das Eigenthum an Schulgebäuden.

12. In welcher Weise hat der Ortsschulrath für die Gesundheits-

pflege in der Schule Sorge zu tragen?

13. Auf welche Hindernisse stößt die Durchführung der neuen

Volksschulgesetze und was hat der Ortsschulrath zu thun, um die ers-

teren zu überwinden?

14. Es ist dem Grundsatze, daß vor dem vollendeten 14. Jahre

und ohne genügendes Entlassungszeugniß Niemand als Lehrling oder

Hilfsarbeiter aufgenommen werden dürfe, gesetzliche Geltung zu ver-

schaffen.

15. Was haben die Orts- und Bezirksschulräthe zur rascheren

Einführung der Kindergärten zu veranlassen?

16. Ueber die zweckmäßige Kontrolle der Beschlüsse des Orts-

schulrathes.

17. Die Organisirung der Fortbildungsschulen. Welche Aufgabe

haben hiebei die Bezirks- und Ortsschulräthe?

18. Es ist für den bereits von einem fortschrittlichen Verein auf-

gegriffenen Gedanken Propaganda zu machen, daß alle liberalen

Männer, welche in ihrer letztwilligen Anordnung Legate für öffentli-

che Anstalten oder Zwecke auswerfen, es als Ehrenpflicht ansehen,

dabei auch der Volksschule zu gedenken.

19. In welcher Weise sollen die Bezirks- und Ortsschulräthe für

die möglichste Steigerung der Sammlungen für den Schulpfennig be-

müht sein? Was wären hiebei außer den bisher gebräuchlichen Mitteln

noch für andere in Anwendung zu bringen?

20. Gründung von Erziehungs-Vereinen nach Muster des in Süd-

Deutschland (in Erlangen durch Schmidt-Schwarzenberg) gestifteten,

welche den Zweck haben, jeder die Hebung der Volksschule anstre-

benden Thätigkeit von Einzelnen Ziel und Richtung zu geben, sowie

die innigste Verbindung und Ergänzung von Schule und Elternhaus

herbeizuführen.

21. Einflußnahme der Bezirks- und Ortsschulräthe auf die Grün-

dung ländlicher Lese-Vereine (Bauern-Kasinos.)

22. Sollen sich die Bezirks- und Ortsschulräthe mit den beste-

henden Volksbildungs-Vereinen bezüglich der Verbreitung für die Ju-

gend nützlicher Aufklärungs-Schriften in Verbindung setzen? Sollen

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27

derlei Schriften sowie andere gute Volksbücher zur Aufmunterung der

besseren Schüler als Geschenk gegeben werden?

23. Sind die Konferenzen der Orts- und Bezirksschulräthe als ein

wesentliches Glied auch bei den künftigen Lehrertagen beizubehalten

und in welcher Weise sollen Einleitung und Anordnung der nachfol-

genden Konferenzen erfolgen?

24. Aufhebung der weiblichen Klosterschulen, überhaupt Besei-

tigung jedes Einflusses religiöser Körperschaften auf die Heranbil-

dung der Jugend.

25. Fortbildungs-(Industrie-, Gewerbe-, Handels-)Schulen für

das weibliche Geschlecht.

26. Aufhebung des Schulgeldes (bisher erst in Kärnten und Nie-

derösterreich durchgeführt.)

27. Wichtigkeit und billigste Einrichtung von Jugend-Turnschu-

len.

28. Die confessionslose Schule.

29. Österreichs neugestaltetes Schulaufsichtswesen in staatlicher,

pädagogischer und praktischer Hinsicht. (Referent: Franz Gallistl,

Bürgerschullehrer aus Wien.)

Page 36: R. 7 NR. 22

28

IX. Die Vorversammlung.*)

Die Vorversammlung wurde im Wappensaale des Landhauses

um 8 Uhr abends durch Herrn Dr. Josef Brandl, Direktor der k. k.

Lehrerbildungsanstalt in Klagenfurt mit einer herzlichen Begrüßung

eröffnet, in welcher der Herr Redner besonders hervorhob, dass, wenn

die äußeren Verhältnisse sich bessern sollen, diese Verbesserung von

innen heraus vor sich gehen müsse. Das wirksamste und sicherste Mit-

tel dazu ist eine auf der Grundlage wahrer Freiheit errichtete Volks-

schule, in der nicht blinder Autoritätsglaube, sondern ein freier, wil-

lensstarker Geist waltet. Auch glaubte der Herr Redner bemerkt zu

haben, dass der bessere Geist bereits in die entlegentsten Thäler dringe

und dass es allerorts zu dämmern anfange, trotz aller Gegenbestrebun-

gen, denn „was der göttliche Geist Wahres in die Menschheit gestreut

hat, geht nicht mehr unter“; daher die Worte des Dichters volle An-

wendung finden:

„Es ist kein leerer, schmeichelnder Wahn,

Erzeugt in Gehirne des Thoren;

Im Herzen kündet es laut sich an,

Zu was Besserem sind wir geboren,

Und was die innere Stimme spricht,

Das täuscht die hoffende Seele nicht.“

Darauf begrüßte Herr Franz Bobies, Obmann des ständigen Aus-

schusses, die Versammlung. In seiner Anrede hob er hervor, daß alle

Anzeichen auf ein glückliches Gelingen des 5. allgemeinen Lehrerta-

ges schließen lassen, ferner spricht er den Bewohnern und Lehrern

Klagenfurts den freundlichsten Dank aus für die Opferwilligkeit, wo-

mit sie das Zustandekommen des 5. allgemeinen Lehrertages erleich-

terten.

Als Obmann des ständigen Ausschusses schlägt er vor: Wahl des

Präsidiums, der Themen und Annahme der Geschäftsordnung, welch

letztere sich schon an vier allgemeinen Lehrertagen erprobt hat, und

ersucht Herrn Steiner, Schriftführer des ständigen Ausschusses, die

Vorschläge bezüglich des Präsidiums zu machen. Derselbe schlägt

*)

Mittheilungen für die Theilnehmer am V. allgemeinen österreichischen Leh-

rertage in Klagenfurt, Red. Gottfried Nickl, Nr. 2, Samstag, 31. August 1872, S.

33 f. Nochm. veröff. in: Kärntisches Schulblatt. Organ und Eigenthum des kärnt.

Lehrervereins, 5 (1872), Nr. 18, 15. September 1872, S. 159 f.

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29

zum Präsidenten des 5. allgemeinen österreichischen Lehrertages den

Herrn Franz Bobies, der bereits an vier Lehrertagen mit Umsicht und

richtigem Takt das Präsidium geführt hat, zum Präsidenten vor.

Die Versammlung gibt durch viele hunderttönige Bravos ihre

Zustimmung kund und Herr Bobies nimmt die Wahl an.

Dann schlägt Herr Karl Steiner vor, zum Obmann-Stellvertreter

den Herrn Direktor Josef Brandl, Obmann des Ortsausschusses, und

den Herrn Franz Zaufal, Direktor in Brünn, zum 2. Vizepräsidenten zu

wählen. Die Versammlung stimmt diesem Vorschlage mit Akklamati-

on zu.

Der Obmann Franz Bobies berichtet über die Thätigkeit des

ständigen Bureaus und schlägt die Herren Ernst Georg, Oberlehrer,

Holczabek Johann, Bürgerschullehrer, und Steiner Karl, Oberlehrer

aus Wien, und die Herren Gottfried Nickl und August Gugl aus Kla-

genfurt zu Schriftführern vor, mit welcher Wahl die Versammlung

sich einstimmig [ein]verstanden erklärt.

Darauf wird zur Wahl der Themen geschritten und Herr Schrift-

führer Steiner eröffnet der Versammlung die vom ständigen Aus-

schusse getroffene Auswahl und empfiehlt die Annahme derselben

und zwar: 1. Das vom Innsbrucker Lehrervereine eingesandte Thema:

„Welche Fortschritte hat das Volksschulwesen in Österreich seit der

Wirksamkeit der neuen Schulgesetze aufzuweisen, mit welchen Hin-

dernissen hat die Volksschule noch zu kämpfen und wie können die-

selben überwunden werden?“ Mit dieser Frage werde kombiniert:

„Warum fassen unsere Schulgesetze bei der Landbevölkerung nicht

recht Wurzel und wie kann diesem Übelstande abgeholfen werden?“

Für den 2. Tag: 1. „Über Lehrerbildung und Lehrerbildungsan-

stalten; 2. der Kindergarten; 3. der naturkundliche Unterricht in der

Volksschule.“ Mit der letzteren Frage wird die verbunden, ob neben

dem Samen der Aufklärung, der Moral und echten Humanität noch ein

anderer Same in der Schule ausgestreut werden dürfe. (Konfessionel-

ler Religionsunterricht.)

Für den 3. Tag: 1. „Wer hat die religiösen Übungen der Schüler

zu überwachen? 2. Erscheint dem Lehrertage und dem Lehrstande

überhaupt die Pension der vor dem Inslebentreten der neuen Rechts-

verhältnisse pensionirten Landschullehrer nach dem Gesetze gerecht-

fertigt und im Allgemeinen als human? 3. Die Schaffung von Landes-

schulanlehen – ein Bedürfnis unserer Zeit!“

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30

Als Themen für die Nebenversammlungen werden vorgeschla-

gen: 1. „Die Bedeutung der Bürgerschule. 2. Wesen und Vortheile der

Realmethode. 3. Der Kindergarten. 4. Heilpädagogik. 5. Über Ret-

tungshäuser und 6. Über landwirthschaftliche Fortbildungskurse.“

Der Präsident eröffnet die Debatte über die Auswahl der The-

men. Herr Tomberger, Bürgerschuldirektor aus Wiener-Neustadt, er-

hält zuerst das Wort; beantragt die Gründung eines allgemeinen groß-

österreichischen Lehrervereines. Dagegen sprechen die Herren Gallistl

und Ernst und die ganze Entgegnung stellt die Gründung eines allge-

meinen österreichischen Lehrervereines nicht nur als von der Noth-

wendigkeit nicht geboten und nutzlos, sondern sogar als gefährlich für

das fernere Fortbestehen der allgemeinen Lehrertage dar, welche An-

sicht die Versammlung allgemein theilt.

Herr Singer, Direktor in Wien, beantragt die Themen: „Die in

die Mittelschule eintretenden Schüler sollen sich mit einem Zeugnisse

über die Volksschule ausweisen.“ Dagegen sprechen die Herren

Holczabek und Jessen aus Wien. Herr Singer erhielt nochmals das

Wort und wurde durch Schlußrufe unterbrochen. Der Herr Präsident

schreitet zur Abstimmung und Herr Ernst empfiehlt die Annahme der

vom ständigen Ausschusse empfohlenen Themen en bloc, was ein-

stimmig geschieht; dagegen bleiben die Anträge der Herren Tomber-

ger und Singer in entschiedener Minorität.

Die Geschäftsordnung bleibt die gleiche wie bei den früheren

Lehrertagen. Zum Schluße theilt der Herr Präsident mit, dass die auf

morgen um 8 Uhr anberaumte Versammlung der korrespondierenden

Mitglieder des ständigen Ausschusses Sonntag um 3 Uhr im Wap-

pensaale des Landhausees und die Sitzung der Orts- und Bezirksschul-

räthe auch im gleichen Lokale um 3 Uhr Nachmittags am 31. August

abgehalten werden wird.

Damit erklärt der Herr Präsident die Vorversammlung als ge-

schlossen.

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31

X. Vorbesprechung der Bezirks- und Ortsschulräthe

am 30. August, 6 Uhr abends.*)

Herr Obmann des Ortsausschusses Brandl eröffnet die Ver-

sammlung mit einer kurzen, aber die Sachlage gründlich beleuchten-

den Ansprache und empfiehlt Herrn Ebner, Bezirksschulrath aus

Spittal, als Vorsitzenden, und Herrn Franz Tomberger, Direktor der

Bürgerschule in Wiener-Neustadt, als Stellvertreter zu wählen. (Bra-

vo!)

Als Schriftführer werden die Herren Benedikter, Sima, und

Kreuzer vom Vorsitzenden vorgeschlagen. (Wird mit Akklamation

aufgenommen.)

Herr Direktor Bobies aus Wien, der von der Versammlung mit

lautem Jubel begrüßt wurde, betonte besonders die Wichtigkeit einer

innigen Harmonie zwischen Schule und Bezirks- und Ortsschulrath.

Die gewählten Funktionäre nehmen ihre Plätze ein.

Herr Tronegger, der vom Obmanne des Ortsausschusses als An-

tragsteller in Bezug auf die Auswahl der Themen vorgeschlagen wur-

de, befürwortet die Punkte 1, 7, 13 und 29.

Herr Pfarrer Winkler aus Arriach wünscht die Verschmelzung

dieser 4 Themen und die Wahl des Referenten hiefür.

Herr Gallistl aus Wien meint, dass sich in seinem angemeldeten

Thema (Nr. 29) alle übrigen konzentrieren und beantragt daher die

Annahme desselben.

Herr Stopper aus Radkersburg befürwortet über dies noch die

Annahme des Punktes 23.

Herr Pfarrer Winkler wünscht, dass Punkt 4 – präziser stilisirt –

zur Verhandlung komme und plaidirt für strenge Durchführung der

Schulgesetze.

Bei der Abstimmung fällt Gallistl’s Antrag.

Nach längerer Debatte, an welcher sich die Herren Stopper,

Pröll, Tomberger, Taurer und Winkler betheiligen, wird nach Be-

kämpfung der Anschauungen des Pfarrers Winkler in Bezug auf den

Punkt 5 beschlossen, die Themen 4, 6, 5 und 23 auf die Tagesordnung

*)

In: Mittheilungen für die Theilnehmer am V. allgemeinen österreichischen

Lehrertage in Klagenfurt, Red. Gottfried Nickl, Nr. 2, Samstag, 31. August

1872, S. 35 f.

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32

zu setzen, für welche Reihenfolge besonders Redakteur Pröll lebhaft

eintritt. – Die Vorbesprechung wird um halb 8 Uhr geschlossen.

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32

XI. Sitzung der Seminar-Sekzion

am 29. August d. J., um 9 Uhr Morgens.*)

Nach einer kurzen Begrüßung des Herrn V. Adam, Direktor der

Lehrerbildungsanstalt in Graz, wurde zur Wahl eines Vorsitzenden

geschritten und Herr Direktor V. Adam mit Stimmeneinhelligkeit ge-

wählt. Nach längerer Debatte wurden nachstehende Beschlüsse gefaßt:

1. Es sind regelmäßige periodische Konferenzen der Direktoren

und Lehrer der Lehrerbildungsanstalten und Übungsschulen einzufüh-

ren und allenfalls, wie es bei Landes-Lehrerkonferenzen der Fall ist,

auch Reiseentschädigungen für diese Konferenzen von Seite der h.

Regierung anzustreben. Die vorgeschriebenen Landes-Lehrerkonfe-

renzen allein genügen dem beabsichtigten Zwecke nicht.

Zur Einleitung dieser periodischen Konferenzen wird ein ständi-

ges Komité eingesetzt.

2. Es ist dahin zu wirken, dass Direktoren und Lehrer der Lehr-

erbildungsanstalten und Übungsschulen während des Schuljahres auf

6 bis 8 Wochen, mit Reisestipendien versehen, das Inland bereisen

und in’s Ausland entsendet werden, um die Verhältnisse und Einrich-

tungen der dortigen Volks- und Bürgerschulen, der Lehrer- und Lehre-

rinnenbildungsanstalten zu studieren.

Ueber die Wahrnehmung ist sowohl dem k. k. Ministerium, als

auch der nächsten Konferenz Bericht zu erstatten.

Die beiden Themata: a) das eben angekündigte Organ für Lehr-

erbildungsanstalten von Kehr soll auch unser Organ werden, und b)

Mittel zur Hebung der Frequenz der Lehrerbildungsanstalten, werden

auf Antrag in der Sitzung am 30. August auf die Tagesordnung ge-

setzt.

Nächste Sitzung und 3 Uhr Nachmittags.

Um 3 Uhr wurden die Berathungen in der Sekzion „Lehrerbil-

dungsanstalten“ fortgesetzt.

Der Herr Vorsitzende Direktor Adam aus Graz machte die Her-

ren aufmerksam auf den Punkt, betreffend die Verpflichtung der Leh-

rer an den Lehrerbildungsanstalten, an den Bezirks-Lehrerkonferenzen

theilzunehmen, und meint, gerade der Zwang, der damit auferlegt sei,

*)

In: Mittheilungen für die Theilnehmer am V. allgemeinen österreichischen

Lehrertage in Klagenfurt, Red. Gottfried Nickl, Nr. 2, Samstag, 31. August

1872, S. 36-38.

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33

sei nicht gut und er befürworte an dieser Stelle ein „wünschenswerth“.

Diesem wird von anderer Seite ganz richtig entgegnet, in Gesetzen

wisse man von einem Wunsche nichts, das Gesetz befehle, es gebe al-

so nur eine Verpflichtung. Während man nun im Allgemeinen die

Wichtigkeit und den Nutzen, an den Bezirks-Lehrerkonferenzen theil-

zunehmen, einsieht, wird von anderer Seite ganz das Gegentheil be-

hauptet. Diese Konferenzen fallen, sagt man, in die karg zugemesse-

nen Ferien hinein, und es sei schon dagewesen, dass der Bezirksschul-

inspektor die Konferenz gerade den Lehrern an der Lehrerbildungsan-

stalt zuliebe in die Ferienzeit verlegte!

Herr Hoffmann aus Teschen redet einer Theilnahme warm das

Wort. „Die Lehrer an den Lehrerbildungsanstalten seien gewisserma-

ßen die Pfeiler der Volksschule. Sie könnten sich, da sie mehr Zeit ha-

ben, z. B. recht gut gelegentlich der Lehrbuchfrage in den Lesebü-

chern orientiren und den Lehrern, die so häufig alles, was irgendwo

angepriesen wird, kaufen, mit Rath und That an die Hand gehen. Die

Lehrer an den Lehrerbildungsanstalten könnten gewiß auch lernen von

den Volksschullehrern. Der Gesetzgeber habe sehr gut gedacht, dass

er die ‚Verpflichtung’ zur Theilnahme an den Bezirks-Lehrerkonfe-

renzen gesetzlich aussprach. Freilich soll die Konferenz nicht die Fe-

rien verkürzen.“ Nach längerer Debatte wird ein Antrag dahin lautend

angenommen: Es möge an den k. k. Landesschulrath die Bitte gestellt

werden, derselbe möge durch einen Erlass bestimmen, dass die Be-

zirkskonferenzen nicht in die Ferien der Lehrer an der Lehrerbil-

dungsanstalt fallen dürfen. Ein anderer Antrag, bezüglich der ver-

pflichtenden Theilnahme, wird zur Berathung in den Fachblättern bis

zur Einberufung einer zweiten Konferenz belassen. Betreffs des Punk-

tes: Disziplinargesetze, wird besonders das zeitweise Entziehen des

monatlich auszuzahlenden Stipendiums als vortreffliches Strafmittel

besprochen. Der Wunsch wurde vielfach laut, dass man die Berechti-

gung, dies thun zu dürfen, durch ein Gesetz zu erlangen trachten mö-

ge. Bezüglich der Musik können wir gestehen, dass mit viel Feuer für

diese Sache gesprochen wurde. Der Violin-Unterricht biete das einzi-

ge wirksame Mittel zur Ertheilung eines guten Gesangsunterrichtes in

der Volksschule. Im Klavier sei das Mittel zum Zweck verfehlt gewe-

sen. Man sei vielleicht auf den Klavierunterricht verfallen, weil man

an vielen Anstalten Deutschlands Klaviere in den Schulzimmern ge-

sehen. Dresden zähle wirklich an einer Anstalt 25 Klaviere, die aber

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34

größtentheils nur zur Begleitung des Gesanges und Chorales dienen.

Der obligate Violin-Unterricht an den Lehrerinnenbildungs-Anstalten

sei anzustreben, wärmst zu befürworten, und der, wenn auch unobliga-

te, Klavierunterricht an denselben Anstalten ganz fallen zu lassen. Es

werden schließlich einige Punkte noch berührt betreffend die Einrich-

tung und Größe neu zu erbauender Anstaltsgebäude und Größe und

Bewirthschaftung der Versuchsfelder und Versuchsgärten. Für den

Baugrund sollen nie unter 2 Joch verlangt, ja 3 Joch angestrebt wer-

den. Versuchsfelder etc. dürfen nicht anderweit gesucht werden. Auch

im Aeußeren soll die Anstalt, entsprechend dem hohen Zwecke, her-

gestellt werden. Dem ständigen Komité wird ein Antrag zur Bearbei-

tung vorgelegt: Es möge das h. Unterrichtsministerium überall, wo

keine Anstalten sind, zweckentsprechende Gebäude aufführen und das

Ackerbauministerium ebenfalls an den Ausgaben partizipieren.

Schluß der Sitzung ½ 6 Uhr.

Es wird die Wahl eines ständigen Ausschusses vorgenommen

und nach längerer Erörterung, in der die Stellung des Ausschusses zur

Sekzion wie auch die Stellung der Versammlung zum österreichischen

Lehrertage klar gemacht wurde, die Wahl vorgenommen. Im Ganzen

wurden 9 Mitglieder gewählt, von denen 3 in Wien gewissermaßen

das Zentrum bilden und 6 aus den dem Zentrum nicht zu nahe liegen-

den Provinzen mit den ersteren korrespondieren sollen. Die Wahl fiel

auf die Herren: Direktor Niedergesäß, Professor Schubert und Dein-

hart aus Wien, Professor Blaschtowitschka aus Prag, Dr. Kretschma-

yer aus Brünn, Direktor Hoffmann aus Teschen, Direktor Adam aus

Graz, Dr. Brandl aus Klagenfurt, Demeter Isopescul aus Czernowitz.

Dem Ausschusse bleibt es unbenommen, sich zu erweitern. Bezüglich

der Wahl eines Organes wurden größtentheils die Meinungen laut,

dass man sich ans Inland halten müsse, obschon Kehr’s Organ unter-

stützt werden müsse. Es wurde demnach der „Schulbote“, von Nie-

dergesäß trefflich redigirt, als Organ der Sekzion ausersehen, was wir

im Interesse der Sache voraussahen und uns darüber freuen. Herr Di-

rektor Niedergesäß ist ein warmer Freund auch der Volksschullehrer.

Weiters wurde die Frage ventiliert: Welches sind die Mittel zur He-

bung der Frequenz der Lehrerbildungsanstalten? Es wurde in dieser

Frage mit großer Vorliebe, weil ungemein bedeutsam, vorzüglich der

hemmenden Militärpflicht der Zöglinge gedacht, und wurde beantragt,

es möge angestrebt werden, dass der § 27 des Wehrgesetzes auch An-

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35

wendung finde auf Lehramtszöglinge. Die soziale Stellung der Lehrer

bilde auch einen wichtigen Hebel der Hebung der Frequenz an den

Lehrerbildungsanstalten und müsse, wie von vielen Herren dargethan

wurde, die Dotirung der Lehrstellen eine bessere sein, wenn der Leh-

rer dahin wirken soll, dass junge, tüchtige, gutgesittete Leute sich dem

Lehrerberufe widmen sollen. Auch die verschiedenen Abstufungen

der Lehrergehalte in den Kronländern seien nicht dazu, dass sich Leh-

rer für den Beruf ausbilden, da mit den vielfach aufgestellten Bezügen

der Lehrer eine Familie nicht anständig ernähren könne. Auch soll der

Lehrer an einer einklassigen Schule nicht schlechter gezahlt werden,

als der Lehrer an einer mehrklassigen Schule. Eine sehr wichtige Fra-

ge, an deren Erörterung sich die Herren Niedergesäß, Dr. Kretsch-

mayer, Elschnigg, Isopescul, Hein, Hoffmann, Kremer etc. eingehend

und mit großer Fachkenntniß betheiligten, war „die Einrichtung der

praktischen Uebungen der Lehramtszöglinge.“ Es bot die Debatte ein

schönes und im Allgemeinen nicht sehr verschieden gefärbtes Bild der

Unterrichtsweise an den Lehrerbildungsanstalten. Es freut uns, konsta-

tieren zu können, dass die betreffenden Herren der praktischen Frage

so vorzüglich gedacht. Schließlich einigte man sich dahin, dass die

Angelegenheit in Fachblättern und speziell im Sekzionsorgane be-

sprochen werden soll und dass der Unterricht „in der allgemeinen Me-

thode“ in der Hand eines Mannes liegen soll, die speziellen Methoden

aber in den Händen der betreffenden Hauptlehrer.

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36

XII. V. österreichischer Lehrertag.*)

Klagenfurt, den 31. August.

Der Himmel hat sichtlich die 5. Versammlung der österr. Volks-

bildner in seine Protection genommen. Freitag, wo die Majorität der

Theilnehmer bereits in den Mauern unserer Stadt weilte, lächelte ein

wolkenloser Himmel über den Häuptern der Vertreter der modernen

Volksschule. Ein Herbsttag mit all’ seiner Pracht, wie ihn nur ein Ge-

birgsland um diese Jahreszeit aufbringen kann, war hereingebrochen

und hatte sich mit all’ seinem poetischen Duft über die reizende Land-

schaft ergossen. Die Fremden waren erstaunt über die Fülle von Na-

turschönheiten, welche unser Land bietet, und werden nicht müde,

dieselben zu bewundern. In großen Schwärmen besuchten sie die be-

liebten Punkte der nächsten Umgebung und kehrten erst Abends heim,

als die Vorbesprechungen für die morgige erste Hauptversammlung zu

ernster Arbeit riefen.

Um 6 Uhr versammelten sich die Bezirks- und Ortsschulräthe zu

einer Vorbesprechung im Casinosaale. Die Versammlung wählte

Herrn Ebner (Spital) zum Vorsitzenden und berieth bis halb acht Uhr

die Tagesordnung für die Hauptversammlung.

Um 8 Uhr wurde vom Obmann des Ortsausschusses im Land-

haussaale die Vorbesprechung eröffnet und die Theilnehmer herzlich

begrüßt. Der Redner betonte insbesondere, dass eine Besserung aller

Verhältnisse nur von Innen heraus erfolgen muß; das wirksamste und

sicherste Mittel dazu ist eine auf der Grundlage wahrer Freiheit errich-

tete Volksschule, in der nicht blinder Autoritätsglaube, sondern ein

freier, willensstarker Geist waltet. Ein besserer Geist dringt auch be-

reits in die entlegendsten Thäler und fängt allerorts zu dämmern an

trotz aller Gegenbestrebungen, denn „was der göttliche Geist Wahres

in die Menschheit gestreut hat, geht nicht mehr unter.“

Die Versammlung wählte den Obmann des ständigen Ausschus-

ses Herrn Franz Bobies (Wien) zum Vorsitzenden des Lehrertages,

Herrn Dr. Brandl zum ersten und Herrn Director Franz Zaufal (Brünn)

zum zweiten Stellvertreter. Dann wurden die Wahlen für das Bureau

*)

Klagenfurter Zeitung, Nr. 199, Sonntag, 1. September 1872, S. 1284 f., Nr.

200, Dinstag [!], 3. September 1872, S. 1292 f.

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37

vorgenommen und die Themen festgesetzt, worauf die Versammlung

um 10 Uhr Abends geschlossen wurde.

Samstag um 9 Uhr versammelten sich im Landhause die Theil-

nehmer und Theilnehmerinnen zur ersten Hauptversammlung. Dersel-

ben wohnten auch bei der Herr Landespräsidenten-Stellvertreter R. v.

Reichenbach, der Herr Landeshauptmann Graf Goës und der Herr

Bürgermeister und Landeshauptmann-Stellvertreter Jessernigg. Der

Wappensaal und der rothe Landhaussaal waren überfüllt, so daß man

die Zahl der Anwesenden auf 1000-1200 berechnen kann.

Dr. Brandl begrüßte die Versammlung, worauf dieselbe unter

Mitwirkung des Männergesangsvereines den Beethov’schen Chor an-

stimmte: „Die Ehre Gottes“. Die mächtigen Wogen der herrlichen

Tondichtung rauschten durch den Saal und ergriffen die Gemüther,

eine weihevolle Stimmung schaffend.

Hierauf genehmigte die Versammlung durch Erheben der Hände

die von der Vorversammlung gestern getroffenen Bestimmungen be-

züglich der Wahl der Vorsitzenden, des Bureau und der Themen.

Herr Bobies übernahm, begleitet von den lebhaftesten Beifallsru-

fen, den Vorsitz und ertheilte zuerst das Wort Herrn R. v. Reichen-

bach, welcher die Versammlung Namens der Regierung mit einer An-

sprache begrüßte, welche oft von Beifall unterbrochen wurde und in

der Redner folgendes sagte:

Mir als Vertreter der Regierung fällt die ehrenvolle Aufgabe zu,

die aus allen Theilen des großen Reiches herbeigeströmten Herren und

Damen zu begrüßen, welche berathen wollen über die Begründung der

alle Anforderungen des Staates befriedigenden Volksschule. Mögen

diese Berathungen vom besten Erfolge begleitet sein. Die Volksschule

ist ein Gegenstand der besonderen Obsorge der Regierung und die ge-

ehrte Versammlung möge versichert sein, daß die Regierung den Be-

schlüssen erprobter Fachmänner die vollste Aufmerksamkeit schenken

wird. (Lebhaftes Bravo!) Die geehrten Theilnehmer werden in diesem

Lande manche Erscheinungen finden, welche Zeugniß ablegen von

der Thätigkeit der Gesetzgebung auf dem Gebiete der Volksschule.

Ich erinnere an die Aufhebung des Schulgeldes (stürmisches Bravo!),

an die Umgestaltung und Vermehrung der Volksschulen, an die Lehr-

erbildungsanstalt, an die ehrenvolle und gesicherte Stellung der Lehrer

(Bravo, bravo!), an die Landesgesetze, welche die diesbezüglichen

Reichsgesetze zu ergänzen bestimmt sind. Auch die Versicherung

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38

können Sie hinnehmen, daß bei Ausführung der Schulgesetze der

strengste Ernst obwaltet. (Stürmisches Bravo!) Die Bedeutung und

Tragweite der heutigen Versammlung liegt in der so zahlreichen Ver-

tretung aus dem ganzen Reiche und deshalb kann ich nur mit dem

Wunsche schließen, daß ein glücklicher Erfolg Ihre Berathungen krö-

nen möge, Berathungen, welche für Staat und Volk von so unendli-

cher Wichtigkeit sind. (Bravo, bravo!)

Se. Excellenz Graf Goës betrat hierauf die Rednerbühne, um die

Theilnehmer Namens des Landes zu begrüßen. Redner gab dem freu-

digen Gefühle Ausdruck, welches das Land bewegt, dem die Ehre zu

Theil wurde, eine so ansehnliche Versammlung von Volkbildnern in

seinen Grenzen zu sehen. Schwer sei die Aufgabe, für die Wiederge-

burt eines Volkes den Grundstein zu legen, aber groß und schön der

schließliche Erfolg. Nicht allein darin mögen die Lehrer ihre Aufgabe

erblicken, die künftige Generation zu unterrichten, aufzuklären, son-

dern auch darin, eine Generation zu erziehen, welche freudig ihre er-

höhten geistigen und materiellen Kräfte dem Vaterland zu weihen be-

reit ist, dem Vaterlandes Oesterreich. (Lebhafts Bravo.)

Eine schwungvolle Anrede hielt hierauf Herr Bürgermeister Jes-

sernigg, welche von der Versammlung mit lautem Beifall empfangen

wurde. Der Redner sagte: Die Einladung, welche der hiesige Gemein-

derath im verflossenen Jahre an den vierten Lehrertag in Linz richtete,

seine nächste Versammlung in Klagenfurt abzuhalten, ist zur That

geworden. Ich danke den Herren und Damen für das so zahlreiche Er-

scheinen und heiße Sie von ganzem Herzen willkommen. (Bravo!)

Gewaltig war der Eindruck, den die zu Beginne gesungene herrliche

Dichtung des unsterblichen Meisters Beethoven machte. Sie legte

Zeugniß ab von dem Geiste, der in Ihnen lebet. Ich fühle es, daß Sie

nicht allein von der Größe Ihrer Aufgabe überzeugt, sondern auch von

der Weihe derselben durchdrungen sind (Bravo, Bravo!), ich fühle es,

daß Sie es nicht allein als Ihre Aufgabe betrachten, den Geist der her-

anwachsenden Jugend mit nützlichen Kenntnissen auszustatten, son-

dern es auch für Ihre Pflicht halten, Gemüth und Herz der Jugend zu

bilden, selbe edler Regungen fähig zu machen und zu ernst-sittlichen,

unerschütterlichen Charakteren heranzubilden (Stürmischer Beifall).

Denken Sie zurück an den ersten österr. Lehrertag in Wien. Damals

zagten selbst die Muthigsten noch. Und jetzt?

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39

Die Factoren der Gesetzgebung achten Ihrer Beschlüsse, und gar

Manches ist in einer verhältnismäßig kurzen Spanne Zeit schon zur

That geworden, das Sie sich, gestehen wir es offen, noch vor 5-6 Jah-

ren nicht zu träumen wagten. (Lebhafte Zustimmung). Sie haben dies

erreicht, weil Sie Ihr Banner nie verlassen und nie befleckt haben, Ihr

Banner, auf welchem die Devise steht: Fortschritt im Geiste der

Wahrheit und Ehrlichkeit. (Stürmischer Beifall). Ihnen und Ihren Be-

strebungen wird von allen Gebildeten Achtung gezollt und Unterstüt-

zung geleistet. Diese Achtung, diese Unterstützung werden Sie nicht

mehr verlieren, sobald Sie Ihr Panier hochhalten und nicht wie Ihre

Vorfahren sich verhalten, welche nie für die Schule als solche ge-

kämpft, sondern dieselbe herabgewürdigt haben zu einer Dienerin von

Sonderinteressen. (Stürmischer anhaltender Beifall.) Auf das Gelingen

Ihrer Bestrebungen bringe ich ein dreifaches Hoch aus. Die Versamm-

lung stimmt begeistert in dieses Hoch ein.

Hierauf begrüßte Dr. Hiebler als Vorstand des deutschen Verei-

nes die Versammlung, indem er derselben den „ehrlichen deutschen

Handschlag“ bot und die Theilnehmer zu dem vom deutschen Vereine

am Sonntag zu Ehren der Lehrer veranstalteten Festabend einlud, wo

– wie der Redner unter lautem Beifall schloß – „der Handschlag, den

er hier entbietet, in den Bruderkuß ungewandelt werden soll.“

Der Herr Vorsitzende leitete hierauf die Versammlung über fol-

gende Themata ein: 1. Das vom Innsbrucker Lehrervereine eingesand-

te Thema: „Welche Fortschritte hat das Volksschulwesen in Oester-

reich seit der Wirksamkeit der neuen Schulgesetze aufzuweisen, mit

welchen Hindernissen hat die Volksschule noch zu kämpfen und wie

können dieselben überwunden werden?“ Mit dieser Frage werde com-

binirt: „Warum fassen unsere Schulgesetze bei der Landbevölkerung

nicht recht Wurzel und wie kann diesem Uebelstande abgeholfen wer-

den?“

Klagenfurt, den 2. September

In rastloser Thätigkeit widmete sich der Lehrertag in den Haupt-

und Nebenversammlungen seiner wichtigsten Aufgabe. In der ersten

Hauptversammlung wurde als Ergebniß der Berathungen über drei

Themata eine Reihe von Resolutionen angenommen, welche die Ent-

fernung des Pfarrer aus dem Ortsschulrathe, die Stellung der Lehrer,

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40

die Orts- und Bezirksschulbehörden, die Aufhebung des Schulgeldes,

die Lehrerbildungsanstalten u. s. w. zum Gegenstande hatten. Es wür-

de uns aber zu weit führen, in das Detail der Berathungen einzugehen,

wir müssen es vielmehr den Fachblättern überlassen, uns ausführliche

Berichte über die hochinteressanten Verhandlungen des V. österrei-

chischen Lehrerparlamentes zu bringen. Unsern Lesern gegenüber

können wir dies mit umso größerer Beruhigung thun, als vom Aus-

schusse die stenographischen Verhandlungsprotokolle um einen sehr

geringen Preis zu beziehen sind.

Nachmittag fand eine Versammlung der Ortsschulräthe statt.

Aus derselben berichten wir, daß ein Versuch, unser vortreffliches

Landesschulgesetz dahin zu ändern, daß die Ernennung der Lehrer

wieder dem Ortsschulrathe zustehen solle, vereitelt wurde.

Herr Bürgermeister Jessernigg trat unter großem Beifalle für die

jetzt geltenden Gesetzesbestimmungen ein und brachte den Decentra-

lisationsantrag des Herrn Pfarrer Winkler mit großer Majorität zum

Falle.

Der für Abends sieben Uhr angesagte Festkommers wurde zu

Wasser, weil um diese Stunde ein heftiger Gewitterregen niederging.

Allein das Comité war gegen etwaige üble Launen des Herrn Jupiter

Pluvius gerüstet und vertheilte nach einem vorher bestimmten Plane

die Festtheilnehmer in die Salons beim „Sandwirth“ und beim „Schle-

pe“, in das „Hotel Europa“ und in das „Hotel Kaiser von Oesterreich“.

Das in Strömen vom Himmel stürzende Wasser konnte die gute Laune

nicht beirren. Der viergetheilte V. österreichische Lehrertag amusirte

sich trefflich. Beim “Sandwirth“ spielte die Veteranenmusik und im

Salon erntete unser Männergesangsverein Triumphe für seine Vorträ-

ge; da war es auch, wo die offiziellen Reden gehalten wurden, welche

mit einem Toast des Obmannes Herrn Dr. Brandl auf Se. Majestät den

Kaiser eröffnet wurden. Im Hotel „Europa“ unterhielt die wirklich

brave Hüttenberger Bergmusik die zahlreichen Gäste auf das Vortreff-

lichste. Jeder Pièce folgte lauter Beifall. Hier hatte die Unterhaltung

ihr fröhlichstes Gewand angezogen und erst nach 2 Uhr dachte man an

den Aufbruch. Im Hotel „Kaiser von Oesterreich“ sang der Gesang-

verein „Eintracht“ zur allgemeinen Zufriedenheit. Schon nach den ers-

ten Vorträgen hatte sich eine recht gemüthliche freudige Feststim-

mung eingefunden und als gar die braven Sänger eine Reihe von

Kärntnerliedern zum Besten gaben, wollte der Beifall gar kein Ende

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41

nehmen. Der Herr Bürgermeister Jessernigg besuchte alle Locale, in

denen die Festgäste untergebracht waren, und trug durch seine lie-

benswürdige Freundlichkeit überall zur Hebung der Feststimmung bei.

Gegen Mitternacht hatte der Himmel sein Gewäsche satt; es hörte auf

zu regnen und bald blinkten zahlreiche Sterne aus den fliehenden

Wolken, ein Zeichen des kommenden schönen Tages, der denn auch

in aller Herrlichkeit anbrach.

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42

XIII. Erste Hauptversammlung.*)

Schon lange vor 9 Uhr waren die Räume des großen Wappensaa-

les von Schulmännern, die aus allen Gauen Oesterreichs hieher ge-

kommen sind, überfüllt.

Unmittelbar nach 9 Uhr eröffnete der Obmann des Ortsausschus-

ses Dr. Brandl mit kurzer Begrüßung den 5. österr. Lehrertag, worauf

Beethovens Chor „Die Ehre Gottes“ intonirt wurde und alle Anwe-

senden in eine feierliche Stimmung versetzte.

Das in der Vorversammlung gewählte Bureau wird mit Akkla-

mazion bestätiget.

Als Vertreter der Regierung begrüßt Landespräsidenten-Stellver-

treter R. v. Reichenbach den 5. österr. Lehrertag. (Bravo und Hände-

klatschen.)

Nach diesem betritt Landeshauptmann Graf Goës die Redner-

bühne, nach ihm Herr Bürgermeister Jessernigg von Klagenfurt,

gleichfalls die Versammlung auf das herzlichste begrüßend. Herr Jes-

sernigg betonte dabei besonders die Wichtigkeit des Lehrstandes und

die Nothwendigkeit der Heranbildung von tüchtigen Charakteren

(lebhaftes Bravo), den Aufschwung, den der Lehrstand in jüngster

Zeit genommen, und bringt schließlich dem Lehrertage ein dreimali-

ges Hoch.

Nachdem Dr. Hiebler, Vorstand des deutschen Vereines, den

Lehrertag begrüßt hatte, werden die in der Vorversammlung für die 3

Versammlungstage ausgewählten Themen bestätiget.

Obmann Bobies aus Wien beleuchtet nun kurz die Geschichte

der Lehrertage, die hohe Aufgabe des Lehrers und bringt schließlich

Sr. Maj. dem Kaiser ein dreimaliges Hoch, in das die Versammlung

begeistert einstimmt.

Die eigentliche Verhandlung nimmt nun ihren Anfang. Herr

Holczabek aus Wien betritt nun die Tribüne und beginnt mit seinem

Referate über das erste Thema. Redner meint, dass es besser, aber

noch immer nicht gut geworden, geißelt die vielen verkappten Feinde,

*)

In: Mittheilungen für die Theilnehmer am V. allgemeinen österreichischen

Lehrertage in Klagenfurt, Red. Gottfried Nickl, Nr. 3, Sonntag, 1. September

1872, S. 45-48. Nochm. veröff. in: Kärntisches Schulblatt. Organ und Eigen-

thum des kärnt. Lehrervereins, 5 (1872), Nr. 19 u. 20, 16. Oktober 1872, S. 169-

172.

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43

darunter besonders die geistlichen Zeloten, die verschiedenen Hoch-

würden, die selbst den Unterrichtsminister zum Treubruch verleiten

wollten. Redner ist im Grund für keine Aenderung der bestehenden

Reichsvolksschulgesetze, sondern will nur auf einige denselben anhaf-

tende Mängel hinweisen und dieses besonders in Bezug auf Schulauf-

sicht, die pädagogisch-didaktischen Fortschritte im Schulwesen, die

Schulpflichtigkeit, die Lehrerbildung, die religiösen Uebungen und

die Dotation.

Der Ortsschulrath ist ein wichtiger Faktor in der neuen Schulge-

setzgebung. Ein Hemmschuh im Ortsschulrathe ist meist der Pfarrer,

der sich nach wie vor als das leitende Faktotum der Schule repräsen-

tirt. (Richtig!) Der Klerus agitirt offen und geheim gegen die Schule,

der Pfarrer mußte in den Ortsschulrath, die Regierung wollte dies, und

weil er hinein mußte, so wird er auch hinaus müssen, wenn es besser

werden soll. (Lebhafter Beifall.) Im Gesetze drücken den Redner die

§§ 8 (Alinea 10 u. 11) und 15. Der Pfarrer sollte im Ortsschulrathe als

solcher nicht Sitz und Stimme haben, sondern der Religionslehrer, und

auch da nur im Bezug auf seinen Gegenstand. Jeder soll die Gesetze

achten, somit auch der Pfarrer, wenn er im Ortsschulrathe sitzen will.

Der Lebenswandel des Lehrers soll nicht vom Ortsschulrathe, in dem

ja doch der Pfarrer am Lande meist dominirt, überwacht werden, denn

der Lehrer stehe wie jeder andere Staatsbürger unter dem Gesetze. Die

Überwachung des pädagogisch-didaktischen Theiles von Seite des

Ortsschulrathes ist ein heikler Theil. Ein Nichtfachmann kann keinen

richtigen Einblick in den pädagogisch-didaktischen Theil haben, denn

das Unterrichten ist eine Kunst und ein Laie kann da – sei er auch der

vernünftigste Mann – kein richtiges Urtheil besitzen. Der Ortsschul-

rath soll wachen über die Einhaltung der Stundenpläne etc. Dem Orts-

schulrathe liegt die Pflicht ob, darauf zu sehen, dass die durch das Ge-

setz vorgeschriebenen Gegenstände gelehrt werden. Im Ortsschulin-

spektor erblickt Redner eine überflüssige Person (Bravo!) und geißelt

auch den bureaukratischen Gang bei den Schulbehörden. (Lebhafter

Beifall und Händeklatschen.) Uebergehend auf die pädagogisch-

didaktischen Fortschritte im Schulwesen, betont Redner den Auf-

schwung, während früher Katechismusleiern, das Einbläuen der

grammatikalischen Regeln an der Tagesordnung war.

Die Schulpflichtigkeit muß durchgeführt werden, wie man auch

in Bezug auf die Steuergesetze strenge vorgeht. Man sehe den Hetzern

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44

mehr auf die Finger (Bravo) und hebe endlich das Schulgeld auf. Was

die Lehrerbildung anbelangt, so stimme Redner für die vierjährige

Dauer der Studien in den Lehrerbildungsanstalten. Es hat uns viele

Opfer gekostet, um die Sünden der alten Lehrerbildung abzubüßen.

Die Herren Bischöfe nennen uns in ihrem Memorandum die Weltver-

besserer (Lebhafter Beifall), und, da sie uns so nennen, so müssen sie

die Weltverschlechterer sein. (Beifall mit Händeklatschen.) Die Welt-

verbesserer können nicht leben, während die Weltverschlechterer im

Ueberflusse schwelgen. Die Fortschritte der Neuzeit sind da, neue

Schulen werden errichtet, alte vergrößert, neue Lehrgegenstände wur-

den aufgestellt, Lehrmittel angeschafft und Bibliotheken errichtet. Der

Geist der Bevölkerung ist der Schule hold. Die öffentliche Presse

nimmt sich der Schule an. Hindernisse, die sich uns entgegenstellten,

sind theils finanzielle, theils nationale, theils klerikale. (Redner

schließt unter dem lebhaftesten Beifall.)

Die Debatte wird eröffnet. Als Redner tritt nun Kopetzky aus

Wien auf und spricht über die Dotation, erwähnt die hohen Gehalte

der Bischöfe, nennt die Gehalte der Lehrer ungenügend, befürwortet

eine 50 % Erhöhung und Quinquienalzulage zu 100 fl. Bei Kandida-

tenreden wird viel gephraselt über Volksbildung und Erhöhung der

Gehalte und später handelt man gerade umgekehrt. Aus der materiel-

len Noth entspringen viele Gefahren.

Man fordert Gediegenheit, Ehrenhaftigkeit, Festigkeit des Cha-

rakters, allein die äußere Noth zwingt den Lehrer oft, andere Pfade zu

wandeln, um nur fortzukommen. Die schlechte Dotation hat geringe

Resultate, einen Mechanismus im Unterrichte und die Verwilderung

der einzelnen Volksgruppen im Gefolge. Die soziale Frage läßt sich

nur durch eine gute Schulbildung lösen, diese ist begründet in der

Lehrerdotation. Die Lehrerdotationsfrage ist mithin auch eine Kultur-

frage. Nicht schöne Schulhäuser etc., die gute Dotation ist es, die der

guten Sache vorwärts hilft. Wir Lehrer werden inspiziert, korrigiert

etc., aber nicht honorirt. (Heiterkeit und Beifall.)

Redner spricht sich für die Aufhebung des Schulgeldes, für ein

weiseres Gebaren mit den Staats- und Communalgeldern, die Inan-

spruchnahme der öffentlichen Stiftungen, denn wir haben wohl einen

gerechten Anspruch auf die beste Entlohnung. (Beifall.)

Herr Mich. Binsdorfer aus Wien erblickt in der Erhöhung der

Gehalte um 50 % ein großes Zuwenig, denn die Lebensbedürfnisse

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45

steigen mit den Zeitverhältnissen. In weiterer Rede ereifert sich Red-

ner für den beliebigen Besuch der Schule von Seite der Eltern und

wird dabei von Ohorufen unterbrochen. In den sogenannten Fortbil-

dungs-Kursen und Konkursprüfungen erblickt Redner eine Entwürdi-

gung des Lehrstandes. (Lebhafter Beifall.)

Über die Wahl der Schulbücher hat der Lehrer, nicht aber Laien

zu entscheiden. Die Körperstrafe ist oft nothwendig. (Lebhafter Bei-

fall und Händklatschen.)

Herr Direktor Singer aus Wien spricht über die Tragweite der

guten Lehrergehalte. Da Redner meist schon Gesagtes wiederholt, so

wird er öfter durch Schlußrufe in seiner Rede gestört. Der Lehrer soll

im Stadt-, Land- und Reichsrathe vertreten sein. (Bravo!) Der Stock

ist nicht ganz abzuschaffen, der Lehrer wird die rechte Handhabung

gewiß lernen.

Herr Stangel spricht über die gemachten Fortschritte, die ver-

schiedenen Schulfeinde, namentlich die Jesuiten, geißelt das Flaue in

den Ortsschulräthen, und hebt noch die wichtige Stellung der Bezirks-

hauptmänner in Bezug auf bessere Schulzustände besonders hervor.

Der Vorsitzende macht einige geschäftliche Mittheilungen.

Stopper aus Radkersburg spricht vom Standpunkte des Orts-

schulaufsehers und anerkennt als solcher die erwähnten Schattensei-

ten. Der Lehrermangel liegt in der schlechten Dotation. Als Lehrer

stelle man nur pädagogisch gebildete Männer an.

Herr Hein aus Wien geißelt die Saumseligkeit der Regierung, be-

fürwortet die Trennung des Kultus- und Unterrichtsministeriums, be-

klagt es sehr, dass an maßgebenden Orten Männer sitzen, die die

Volksschule nicht kennen, und plaidirt für einen ausgedehnteren Wir-

kungskreis der Landesschulkonferenz. (Lebhafte Beifall und Hände-

klatschen.)

Herr G. Ernst aus Wien spricht über die Selbsthilfe durch Verei-

ne und Versammlungen. Gar mancher wird verfolgt, weil er sein Geld

nicht an irgend einen geweihten Ort getragen, sondern lieber den Leh-

rertag besuchte. Aber auch die Pressen trachten wir für uns zu gewin-

nen, die schon manches für uns gethan. Eine bessere Heranbildung der

Lehrer und tüchtige, scharfsinnige Inspektoren sind mächtige Hebel

im Schulleben. Es wäre sehr zu wünschen, wenn der Lehrer auch Sitz

und Stimme in Volksvertretungen hätte, und dort sitzen dürfte, wo

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46

auch der Bauer sitzt; aber für ihn ist kein Stuhl gebaut in der Landstu-

be. (Lebhafter Beifall und Händeklatschen.)

Herr Referent Holczabek erhält nun das Schlußwort und stellt

sich mit dem Verlaufe der Debatte recht zufrieden. Die Eingabe des

Völkermarkter Lehrervereines behufs Schaffung eines Reichsgesetzes

oder Ergänzung des Reichsvolksschulgesetzes vom 14. Mai 1869 mit

der wesentlichen Bestimmung, „keinem Gewerbsmanne, überhaupt

keinem Dienstgeber zu gestatten, ein Individuum, das sich mit einem

Entlassungs- oder Abgangszeugnisse nicht ausweisen kann, in Dienst

oder in gewerbliche Ausbildung zu nehmen“, wird nun nachträglich

vom Referenten erwähnt und von ihm beantragt, die Abfassung einer

wohlmotivierten Petition an den Reichsrath dem ständigen Ausschus-

se zu überlassen.

Nach einigen kleinen Aufklärungen wird zur Abstimmung über

die folgenden Resolutionen zum Thema I geschritten:

1. Im Ortsschulrathe hat nicht der Pfarrer als solcher Sitz und

Stimme, sondern der jeweilige Religionslehrer, und dieser nur in den

seinen Unterrichtsgegenstand betreffenden Angelegenheiten. (Ange-

nommen.)

2. ad linea 10 des § 8 des Schulaufsichtsgesetzes ist so zu inter-

pretiren: und dem Ortsschulrathe liegt die Pflicht ob, zu überwachen,

dass in der Volksschule die durch das Gesetz vorgeschriebenen Ge-

genstände in der durch dasselbe vorgeschriebenen Zeit und nach den

behördlich genehmigten Stundeneintheilungen gelehrt werden. (An-

genommen.)

3. Der Ortsschulrath hat mit der Beurtheilung des eigentlich pä-

dagogisch-didaktischen Unterrichtes in der Volksschule nichts zu

thun, sondern unterliegt diese ausschließlich dem Wirkungskreise des

Bezirks- und Landesschulinspektors. (Angenommen.)

4. Ad linea 11. Der Lebenswandel des Lehrers unterliegt keiner

besonderen Berücksichtigung der Ortsschulbehörde, sondern steht der

Lehrer wie jeder andere Staatsbürger unter dem Gesetze und unter der

öffentlichen Moral. (Angenommen.)

5. Die Bezirksschulbehörde steht mit den Leitern der Volksschu-

len im direkten Verkehr und werden von ihr herablangende Erlässe

den betreffenden Ortsschulbehörden blos zur Kenntnisnahme mitget-

heilt. (Angenommen.)

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47

6. Es werde angestrebt, dass das Schulgeld aufgehoben und die

im Gesetze ausgesprochenen Begünstigungen Kindern armer Eltern

wirklich zu Theil werden. (Angenommen.)

7. Schaffung eines Reichsgesetzes, oder Ergänzung des Reichs-

volksschulgesetzes vom 14. Mai 1869 mit der wesentlichen Bestim-

mung: keinem Gewerbsmanne, überhaupt keinem Dienstgeber soll es

gestattet sein, ein Individuum, das sich mit einem Entlassungs- oder

Abgangszeugnisse nicht ausweisen kann, in Dienst oder zur gewerbli-

che Ausbildung zu nehmen. (Angenommen.)

8. Die Dauer des vierjährigen Lehrer- und Lehrerinnen-Bil-

dungskurses ist unbedingt nothwendig und werde die diesfalls beste-

hende Sistirung der bezüglichen Paragrafen des Reichsvolksschulge-

setzes aufgehoben. (Angenommen.)

9. Niemand soll als Lehrer oder Unterlehrer angestellt werden,

der sich nicht mit einem Zeugnisse der Reife auszuweisen vermag.

(Angenommen.)

10. Der Bezirkskonferenz steht die freie Wahl der genehmigten

Lehrbücher zu. (Angenommen.)

11. Die Lehrer mögen durch ihre Vereine anstreben, dass die

Wahl des Lehrers in die Landes- und Volksvertretung praktisch wer-

de. (Angenommen.)

12. Im Interesse der Disziplin möge der Passus in der Schul- und

Unterrichtsordnung bezüglich der „körperlichen Züchtigung“ weg-

bleiben. Die Ausführung dieses Beschlusses wird dem ständ. Aus-

schusse zugewiesen. (Angenommen.)

13. Das Unterrichtsministerium soll vom Kultusministerium ge-

trennt werden. (Angenommen.)

14. Jede beabsichtigte Aenderung im Volksschulgesetze soll

vorher den Lehrervereinen bekannt gegeben werden. (Angenommen.)

15. Die jetzigen geringen Lehrergehalte sind Schuld an dem

Lehrermangel. (Angenommen.)

Zu Thema I fügt Herr Kopetzky folgende Resolution:

Sollen Schule und Lehrer den erhöhten Anforderungen der Ge-

genwart nachkommen, so müssen auch die Lehrergehalte den erhöh-

ten Lebensbedürfnissen entsprechen. (Angenommen.)

Die erste Sitzung des Lehrertages wurde um 1 Uhr geschlossen.

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48

XIV. Versammlung der Bezirks- u. Ortsschulräthe

um 3 Uhr im Wappensaale des Landhauses.*)

Eröffnet wird die Versammlung durch den bei der Vorversamm-

lung am 30. August gewählten Präsidenten Herrn Ebner (Spittal). Das

Präsidium wird bestätigt, die Wahl der Schriftführer ebenfalls.

Der Herr Präsident spricht in seiner Anrede über die Wichtigkeit

der Schule, der wir die Bildung des Geistes verdanken, und diese

macht uns eigentlich erst zu Menschen.

Bei diesem schwierigen Werke sollen die Orts-, Bezirks- und

Landesschulräthe auf’s Thätigste mitwirken und daher verdient das

Institut des Orts- und Bezirksschulrathes volle und gerechte Würdi-

gung. Der Ortsschulrath wurde oft angeklagt. Wem aber liegt das Inte-

resse der Schule am meisten am Herzen? Gewiß den Eltern – der Ge-

meinde. Daher hat auch die Gesetzgebung der Gemeinde Einfluß ge-

geben und gelassen auf die Schule.

Das Institut des Bezirksschulrathes wird nicht bekämpft.

Es tritt an alle Mitglieder der Orts- und Bezirksschulräthe die

ernste Pflicht heran, entschieden Stellung zu nehmen, Mann für Mann

einzustehen für eine freie, neue Schule, für die Durchführung der neu-

en Schulgesetze, und den Kampf mit den Mächten der Finsterniß un-

erschrocken aufzunehmen.

Daher [hat] diese Versammlung die Pflicht, die Mittel zu be-

rathen, um diesen Kampf siegreich zu bestehen, daß dies geschehe,

möge Gott walten. (Bravo.)

Darauf bringt der Herr Präsident die Beschlüsse der Vorver-

sammlung zur Genehmigung vor. Geschieht. Die Themata werden

verlesen.

Für das erste Thema, welches die Punkte 1, 7, 13 der Mittheilun-

gen umfaßt, tritt als Generalredner Herr Gallistl aus Wien auf.

Es wurde aber noch früher der Antrag eingebracht und ange-

nommen, daß jeder Anwesende, ob Mitglied der Schulbehörden oder

Lehrer, an den Debatten teilnehmen dürfe.

*)

In: Mittheilungen für die Theilnehmer am V. allgemeinen österreichischen

Lehrertage in Klagenfurt, Red. Gottfried Nickl, Nr. 3, Sonntag, 1. September

1872, S. 48-51. Nochm. veröff. in: Kärntisches Schulblatt. Organ und Eigen-

thum des kärnt. Lehrervereins, 5 (1872), Nr. 19 u. 20, 16. Oktober 1872, S. 172-

175.

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49

Herr Gallistl sagt, daß er gewohnt sei, nur über Gegenstände zu

sprechen, die er kenne, daß er nur vom positiven Standpunkte aus

sprechen werde.

In seiner mit Beifall aufgenommenen Rede führt er besonders

an, daß die Schulgesetzgebung in Oesterreich wegen den verschiede-

nen Verhältnissen in den verschiedenen Provinzen auf große Hinder-

niße stieß, denn die Völker verlangten Berücksichtigung. Diese Be-

rücksichtigung bezieht sich nur auf die eigenthümlichen Verhältnisse

eines Landes, das Ganze bleibt davon unberührt und ungeschädigt. In

staatlicher Beziehung läßt sich gegen das Institut der Orts-, Bezirks-

und Landesschulräthe nichts einwenden.

In pädagogischer Beziehung wurden viele Fehler begangen, z. B.

ist der Lehrstand in den Landtagen nicht durch Lehrer, sondern durch

Laien vertreten, und diese sind nicht immer Freunde der Schule, es

gibt unter ihnen Gegner derselben. Beweis dafür die die Bestimmung

der Ueberwachung religiöser Uebungen. Jede Religionsgesellschaft

soll ihre Uebungen selbst überwachen. Dagegen sprechen die Best-

immungen einiger Landtage.

Gefehlt wurde auch in geschäftlicher Hinsicht, indem bei dem

Streite zwischen Orts- und Bezirksschulrath, ob etwas in die Kompe-

tenz jedes oder dieses gehört, die eigentliche Angelegenheit stecken

blieb.

Ein anderes Hindernis ist der Jesuitismus, der noch in vielen

Theilen des Reiches [herrscht], und die Wühlereien von der Kanzel

herab. Was kann der Ortsschulrath dagegen thun? Einstehen für die

Schule und das Volk aufklären über das Wesen und die Nützlichkeit

der Schule. Darauf brachte der Redner folgende Resolution ein:

„Das Institut der Orts-, Bezirks- und Landesschulräthe ist für die

Beaufsichtigung der neugestalteten Volksschule Oesterreichs eine

Nothwendigkeit, sowohl in staatlicher als auch in pädagogischer Be-

ziehung.

Es muß jedoch von den Männern, welche zu Orts-, Bezirks- und

Landesschulräthen gewählt werden, mit vollem Nachdruck gefordert

werden, daß sie ihre Stelle im Sinne des Fortschrittes, des Glückes

und des Wohlstandes für alle durchführen, ohne Rücksicht auf Kon-

fession und Nationalität.“

Herr Pfarrer Winkler aus Arriach erhält das Wort. Seine Rede

gipfelt darin, dass, trotz aller Begeisterung, mit der über den Orts-

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50

schulrath gesprochen wurde, dennoch demselben der Boden zu unter-

graben gesucht wurde; dass der Ortsschulrath ein nothwendiger Bun-

desgenosse des Lehrers und dass ein Angriff auf den Ortsschulrath ein

Angriff gegen die Gemeinde sei. Redner will, dass das dem Ortsschul-

rathe entzogene Recht des Vorschlages bei Lehrerkompetenzen wieder

gegeben werde, bringt diesbezüglich den Antrag ein, der bei der später

erfolgenden Abstimmung aber nicht angenommen wurde.

Herr Vizepräsident Tomberger spricht sich dahin aus, dass er im

Allgemeinen sich dem Antrage des Herrn Vorredners anschließe, dass

er aber es als Recht anerkenne, wenn der Landesschulrath die Lehrer

ernennt, weil diese aus dem Landesfonde besoldet werden.

Herr Gallistl erhält das Wort zu einer persönlichen Berichtigung.

Herr Jessernigg aus Klagenfurt betritt die Bühne und betont

ebenfalls den Grund, warum der Landesschulrath die Lehrer zu ernen-

nen hat; es ist derselbe, die Besoldung. Die Besoldung durch den Lan-

desfonds wurde von allen Lehrern gewünscht. (Bravo.)

Auch hier sitzen im Ortsschulrathe oft Männer, welche nicht

Freunde einer freien Schule sind. Auch sei der Bezirksschulrath eher

in der Lage, die Fähigkeit der Kompetenten zu prüfen, als der Orts-

schulrath. Herr Redner ist daher für die Ablehnung des vom Herrn

Winkler eingebrachten Antrages.

Herr Winkler bekommt das Wort und frägt, aus welchen Quellen

der Landesfond seine Einnahmen schöpfe? Aus der Gemeinde und

daher verbleibe er bei dem von ihm gestellten Antrag.

Herr Stopper aus Radkersburg tritt als nächster Redner auf. Er ist

gegen den Antrag des Herrn Winkler und zwar aus politischen und in-

dividuellen Gründen. Der kärntische Landtag, bekannt ob seines Libe-

ralismus, mußte wichtige Gründe haben, daß er dem Ortsschulrathe

dieses Recht entzog. Im Ortsschulrathe werden auch oft Interessen

vertreten, welche geradezu gegen die Schule sind.

In Kärnten ist es in dieser Hinsicht ohnedies noch besser als in

einigen anderen Provinzen. Es ist die Gefahr vorhanden, daß, hat der

Ortsschulrath das Vorschlagsrecht, jene als Lehrer gewählt werden,

welche sich am tiefsten zu beugen verstehen. (Bravo.) Übrigens

wünscht der Herr Redner, dass die Gemeinde allein das ganze Recht

an der Schule habe; aber jetzt ist dies noch unmöglich. Er ist daher

gegen den Antrag des Herrn Winkler.

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51

Der Herr Präsident bringt die Resolution des Herrn Pfarrers

Winker zur Abstimmung und läßt die Versammlung entscheiden, ob

diese Resolution als ein ganzes genommen, oder ob über die einzelnen

Alineas abgestimmt werden soll.

Die Versammlung entscheidet sich für das Erstere.

Der Antrag, der Ortsschulrath möge das ihm genommene Recht

des Vorschlages der Kompetenten wieder erhalten, wird abgelehnt.

Es kommt nun das zweite Thema zur Behandlung: Strenge

Durchführung der Schulgesetze.

Herr Referent Tronegger ist nicht anwesend und Herr Winkler

betritt die Bühne. Er sagt: „Es ist ein Bedürfnis der Zeit geworden, die

Schule zu heben und zu pflegen. Aber was hilft das beste Gesetz,

wenn die Durchführung lau ist? Das Schulgesetz wurde von vielen

begrüßt, nur von einer Partei nicht; der Plan ist ein schöner und gro-

ßer, aber die Ausführung, der Baumeister gehört auch dazu. Und der

Baumeister ist der Geist, der Geist der Lehre[r] und Vollzugsbehör-

den. Doch der Kampf begann. Der einen Partei waren die Fenster des

neuen Gebäudes zu hoch, es drang ihnen zu viel Licht und Luft herein,

das sollte schädlich auf die Kinder wirken. (Bravo, bravo.) Die andern

wieder waren zu klein. Es gab eine Menge Parteien und man wollte

mit keiner es verderben: man fügte den zahlreichen Ausgleichen in

Oesterreich noch diese hinzu und gab jeder Partei etwas nach. Diese

Ausgleichsmanie mußte Nachsicht erzeugen, diese Veränderungen

hervorrufen. Z. B. wurde der Bildungskurs der Lehrer und Lehrerin-

nen von 4 auf 3 Jahre herabgesetzt, die Schulpflicht bis zum vollende-

ten 14. Lebensjahre zur Begünstigung für die zwölf- und dreizehnjäh-

rigen Kinder nahezu illusorisch gemacht.

Die Gesetze wurden durchlöchert und dadurch entstand Nach-

sicht. Diese ist überall schädlich, in der Schule wie im Leben. Aus ihr

erzeugt sich Nachlässigkeit, Unordnung, schlimmer Geist, und davor

müssen wir uns mit aller Kraft bewahren.“ (Bravo.) Der Herr Redner

wirft eine zweite Frage auf. „Wozu sind Gesetze? Um sie nicht zu be-

folgen? Um nur mit einer Partei zu gehen? Dann wäre jedes Gesetz

überflüßig. Durch Nachsicht wird immer die Opposition gestärkt.“

(Bravo, bravo.)

„Wenn noch nicht überall, besonders am Lande, das rechte Ver-

ständniß für die Schule herrscht, so liegen die Ursachen darin, daß die

jetzt lebenden Zöglinge von jener Schule sind, wo dieselbe gleich

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52

Prometheus an dem Felsen der Stabilität und Unfruchtbarkeit ge-

schmiedet war. Das wird durch Geduld und Ausdauer überwunden

werden können. Wenn die Schule einmal die rechten Erfolge wird

aufweisen können, dann wird auch die Opposition abnehmen. Damit

aber dieses möglich sei, muß der Lehrer unterstützt werden in seinen

Bestrebungen durch die Schulbehörden.

Aus den Kindern wird einst die künftige Generation entstehen,

aus dieser werden die Ortsschulräthe gewählt werden und diese wer-

den Sinn, Verständniß und Begeisterung für die Schule haben.

Jetzt aber ist vor allem nothwendig strenge Durchführung der

Schulpflicht, Regelung des Schulbesuches, Ausbildung der Lehrer

(denn niemals besitzt der Mensch zu viel Bildung).“ (Bravo, Bravo.)

Der Herr Präsident bringt nun die eingebrachten Resolutionen

zur Abstimmung, wovon die des Herrn Gallistl bereits mitgetheilt

wurde.

Die Resolution des Herrn Pfarrers Winkler lautet:

„1. Die strenge Durchführung der neuen Schulgesetze ist zur

Hebung der Schule unerläßlich.

2. Der auf drei Jahre herabgedrückte Bildungskurs für Lehrer

und Lehrerinnen ist wieder auf vier Jahre zu erhöhen.

3. Die Schulpflicht gelte bis zum vollendeten 14. Lebensjahre

und die Begünstigung für Schüler im 13. und 14. Lebensjahre habe zu

entfallen.“

Alle drei Resolutionen werden mit großer Majorität angenom-

men.

Dann entspann sich eine kurze Debatte, ob die Versammlungen

der Orts- -und Bezirksschulräte mit der heutigen geschlossen oder

fortgesetzt werden sollen. Das Ergebnis der Debatte war, daß am 1.

September um 3 Uhr nachmittags noch eine Versammlung zur Be-

sprechung des Themas: „Ob die Versammlungen der Orts- und Be-

zirksschulräthe als ein wesentliches Glied des Lehrertages angesehen

werden sollen“, abgehalten werde.

Damit wurde die Versammlung geschlossen.

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53

XV. Nebenversammlungen.*)

Die gestern im Kasino-Saale abgehaltene Nebenversammlung

der Sektion für Kindergärten wurde in Ermangelung des Herrn Fischer

durch Herrn Deinhart eröffnet und eingeleitet. Er hob hervor, wie es

stets die besondere Aufgabe der Sektion war, die Bestrebungen zum

Wohle der Kindergärten zu konzentrieren und dass schließlich die Er-

rungenschaft zu verzeichnen war, bestehend in einem förmlichen Ge-

setze für Kindergärten. Deinhart meinte, die Aufgabe sei nun eine

größere geworden. Oesterreich sei durch seine die Volksbildung an-

strebende Gesetzgebung anderen Ländern musterhaft vorangegangen,

doch sei die Kindergartenangelegenheit noch hinter den in Deutsch-

land bestehenden. Die Sektion habe vor allem getrachtet, die Angele-

genheit zu einer Gemeindeangelegenheit zu machen, um sie nicht Pri-

vatspekulationen zu überantworten. Wenn die Kindergärten in ihrer

Eigenart die Volksbildung begründen helfen sollen, so müßten sie eine

Umänderung zu ihren Gunsten erleiden. Der Kindergarten nach der

Idee Fröbels sei nicht volksthümlich, sei eine theoretische Schöpfung

und nicht naturgemäß.

Wir müßten von Kinderbewahranstalten ausgehen und diese so

um[ge]stalten, daß sie mit Harmonie sich an die Volksschule an-

schließen könnten, sonst würde auch die Volksschule nie pestaloz-

zisch werden, wie man sie doch allgemein wünscht. Herr Heller aus

Wien schildert die Bemühungen der Sektion, hebt die Wichtigkeit des

Kindergarten-Institutes hervor und sagt, dass man, um die Angelegen-

heit so recht zu einer des österr. Lehrertages zu machen, das Thema

aufgestellt habe: Wie ist der Kindergarten organisch mit der Volks-

schule zu verbinden?

Nach diesen einleitenden Worten wurde Herr Ernst zum Vorsit-

zenden in der Versammlung mit Acclamation gewählt, folgende The-

sen verlesen und einzelne nach eingehenden Debatten zur Abstim-

mung gebracht:

1. Zwischen der häuslichen und Schulerziehung fehlt die

nothwendige Vermittlung.

*)

In: Mittheilungen für die Theilnehmer am V. allgemeinen österreichischen

Lehrertage in Klagenfurt, Red. Gottfried Nickl, Nr. 3, Sonntag, 1. September

1872, S. 51 f.. Nochm. veröff. in: Kärntisches Schulblatt. Organ und Eigenthum

des kärnt. Lehrervereins, 5 (1872), Nr. 19 u. 20, 16. Oktober 1872, S. 175 f.

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54

2. Diese Vermittlung bildet der Kindergarten, der nicht ein Er-

satz der häuslichen Erziehung ist, sondern eine Unterstützung und Er-

gänzung derselben.

Er bietet die für jedes Kind unerläßliche Vorbildung zur Volks-

schule.

3. Der Kindergarten bildet die erste Stufe der öffentlichen, plan-

mäßigen Erziehung.

4. Der Kindergarten muß, wenn er Gemeingut werden und sei-

nem Zwecke ganz entsprechen soll, in organischen Zusammenhang

mit der Volksschule treten.

5. Die moderne Volksschule muß die Bildungsmittel des Kin-

dergartens aufnehmen und fortsetzen.

Sämtliche Thesen wurden einstimmig von den sehr zahlreich

versammelten Damen und Herren angenommen.

Nebenversammlung der Bürgerschullehrer.

Zum Vorsitzenden wurde Herr Laurenz Maier, Bürgerschuldi-

rektor aus Wien, zum Schriftführer Herr Franz Gallistl, Bürgerschul-

lehrer aus Wien, gewählt.

In der Debatte über das Thema: „Die Bedeutung der Bürgerschu-

le“ betheiligten sich die Herren Bruhas, Singer, Höfler, Kopetzky, Jir-

schik, Stopper, Dr. Kopani, Gallistl und Laurenz Maier. Es wurde be-

schlossen, daß zum Zwecke der Vorberathung für den nächsten österr.

Lehrertag ein Komité mit dem Sitze in Wien gewählt werde. In dieses

Komité sind 7 Wiener Bürgerschullehrer zu wählen, welchen zugleich

die Vollmacht ertheilt werde, sich durch je 2 Bürgerschullehrer Cis-

leithaniens, in welchen bereits Bürgerschulen bestehen, zu verstärken.

Die Ausführung des Beschlußes in Bezug auf die Wahl dieses

Komitès wurde dem Vorsitzenden übertragen.

Schließlich einigte man sich über das Prinzip, daß die Bürger-

schule als selbständige Anstalt und nicht als eine Vorbereitungsanstalt

für Mittelschulen angesehen werde, und sie hat den Zweck allgemei-

ner Menschenbildung, wie die Volksschule, und den besonderen, die

gewerbliche, kaufmännische oder landwirtschaftliche Ausbildung an-

zustreben; jedoch kann die Organisirung der Bürgerschulen nicht nach

einer und derselben Schablone durchgeführt werden, vielmehr muß

den jeweiligen Bedürfnissen der Lokalität Rechnung getragen werden.

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55

Franz Gallistl, Schriftführer.

Laurenz Maier, Vorsitzender.

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56

XVI. Zweite Hauptversammlung.*)

I. Thema

Herr Präsident Bobies eröffnet mit einer freundlichen Begrüßung

die zweite Hauptversammlung und ertheilt dem Herrn Professor Kre-

mer aus Graz das Wort über Lehrerbildung und Lehrerbildungsanstal-

ten.

Der Redner beleuchtet in einigen Zügen das Geschichtliche der

Volksschule, hebt hervor, dass beim 1. österr. Lehrertage in Wien das

Wahrwort ertönte, die Volksschule leiste das nicht, was sie leisten

soll, dieses Wort verhallte nicht spurlos. Je mehr die Gegner sich be-

mühen, der Schule den Lebensnerv zu unterbinden oder gar abzu-

schneiden, desto fester werden wir uns aneinander schließen, um die

Aufgabe der Volksschule, welche darin besteht, den Geist der Schüler

tüchtig zu entwickeln, sie zu sittlich religiösen Menschen heranzuzie-

hen, sie mit den für das Leben erforderlichen Kenntnissen und Fertig-

keiten auszurüsten und überhaupt die Grundlage zur Heranbildung

tüchtiger Menschen und nützlicher Mitglieder der Gemeinde zu ge-

ben. Zur Lösung dieser Aufgaben sind tüchtige Lehrer und Lehrerbil-

dungsanstalten nothwendig.

Auch die Lehrerbildungsanstalten leisten jetzt das noch nicht,

was sie leisten sollen, und das hat den Grund darin, daß die Zöglinge

der Lehrerbildungsanstalten auf sehr verschiedener Bildungsstufe ste-

hen; ferner gibt es noch gar keine Anstalten, welche als eigentliche

Vorbereitungsschule für die Lehranstalten zu betrachten sind, die Zög-

linge rekrutiren sich aus der Realschule und dem Gymnasium und

häufig aus solchen, welche dort nicht mehr fortkommen, also aus Ab-

fällen der Mittelschule; das Materiale der Lehrerbildungsanstalten ist

ein ungenügendes; ein Fehler mangelhafter Lehrerbildung ist der, daß

in den diesbezüglichen Anstalten die Methodik nur als Zugabe be-

trachtet wird, und daß die Lehrerbildner selbst oft das Wesen der

*)

In: Mittheilungen für die Theilnehmer am V. allgemeinen österreichischen

Lehrertage in Klagenfurt, Red. Gottfried Nickl, Nr. 4, Montag, 2. September

1872, S. 61-65 f. Nochm. veröff. in: Kärntisches Schulblatt. Organ und Eigen-

thum des kärnt. Lehrervereins, 5 (1872), Nr. 19 u. 20, 16. Oktober 1872, S. 176-

181, und teilweise in: Klagenfurter Zeitung, Nr. 200, 3. September 1872, S.

1293.

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57

Volksschule nicht inne haben, weil sie nie Lehrer einer Volksschule

waren. Der Lehrerbildner müße selbst Volksschullehrer gewesen und

wissenschaftlich gebildet sein; diese Bildung auch auf dem Papiere

nachweisen zu können, sei nicht mehr nothwendig.

Herr Michael Werger, israel. Lehrer von der Taubstummenan-

stalt in Wien, erhält das Wort.

Er betont, dass an den Lehrerbildungsanstalten zu wenig Rück-

sicht auf den Taubstummenunterricht und den Unterricht abnormer

Kinder genommen werde. Es wird ein diesbezüglicher Antrag einge-

bracht.

Als dritter Redner tritt Herr Karl Höfler, Bürgerschullehrer aus

Wien, auf. Redner nennt Wahrheit, Recht und Licht die Hauptfaktoren

für alle Schulen, für das ganze Leben. Er ist dafür, dass besonders in

der Geschichte, Literaturgeschichte und Pädagogik diese 3 Faktoren

volle Berücksichtigung finden sollen, damit der Köhlerglaube ver-

schwinde und der lebendige Geist geboren werde. Er endet seine Rede

mit der Schlußresolution: „Diesterweg sei unser Mann.“ (Bravo.)

Der vierte Redner ist Franz Kopetzky, Bürgerschullehrer aus

Wien.

Er ist dagegen, daß blos die Bürgerschule als Vorbereitung für

den Eintritt in die Lehrerbildungsanstalten gelten soll. Denn diese hat

andere Zwecke als jene. Die wissenschaftliche Bildung würde eine zu

geringe sein. Verlangt als Vorbereitung 6 Klassen der Mittelschulen

und beansprucht dann nur 2 Jahre für die eigentliche Berufsbildung.

Der fünfte Redner ist Herr Lederer aus Pest. Er sieht es als eine

erfreuliche Erscheinung an, dass wir berathen, wie wir selbst uns bil-

den und erziehen sollen. Konstatirt, dass der V. Lehrertag von sehr

vielen Lehrerbildnern besucht sei.

Der Herr Redner wünscht, die Pädagogik sammt ihren zahlrei-

chen Hilfswissenschaften soll eine eigene Fakultät bilden. Die Päda-

gogik ist eine Schwester der Politik, die letztere muß sogar oft von der

ersteren lernen. Sie hat die ihr gebührende Stufe der Vollkommenheit

noch nicht erreicht; es ist nothwendig, dass die wissenschaftliche Bil-

dung der Lehrer eine tiefere und gediegenere sei. Der Einwand dage-

gen, die schlechte Besoldung der Lehrer, ist nicht stichhältig, denn

wie man den geschliffenen Diamanten schätzt und theuer zahlt, so

wird man auch den Werth eines wissenschaftlich gebildeten, tüchtigen

Lehrers zu schätzen verstehen.

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58

Der Herr Redner wünscht, der junge Lehrer beginne in der un-

tersten Klasse und steige sukzessive bis in die oberste. So werde der

Kastengeist gebrochen

Durch bessere Bildung in der Lehrerbildungsanstalt werde der

Lehrer auch befähigt, an seiner Selbstbildung sicherer zu arbeiten.

Das Gymnasium gibt eine universelle Vorbildung, daher auch

für das Lehramt. Er hebt hervor, dass es nicht sosehr auf das Zeugnis

der Vorbereitungsschule, als auf das Maß des wirklichen Besitzes der

Kenntnisse ankommt, und dieses wird durch die Prüfung gefunden.

Wichtig vor Allem aber sei die Individualität des Zöglinges, ob er

Lust und Begeisterung für seinen Beruf hat oder nicht.

Berufliche und erziehliche Bildung ist notwendig; vieles sei

schon darin verbessert worden. Die Erziehung soll eine Erziehung zur

Geistesfreiheit sein, gegen die Lüge, Leidenschaften, u. s. f. anzu-

kämpfen fähig machen. (Bravo!)

Redner wünscht, dass, wo ein Waisenhaus sich befindet, jeder

Lehramtskandidat ein Kind zur Erziehung erhalte, um die Kindesnatur

praktisch studieren zu können.

Ferner wird noch auf die Nothwendigkeit der fachlichen Bildung

hingewiesen. Zwei Wissenschaften schlägt der Redner vor zur Auf-

nahme in den Plan der Lehrerbildungsanstalten: „Nationalökonomie

und in Verbindung mit der Geschichte der Pädagogik Kulturgeschich-

te“.

Es wird der Antrag zum Schlusse der Debatte eingebracht und

von der Versammlung angenommen.

Herr Christian aus Hainburg betritt als 6. die Bühne und stellt

sich bei der Betrachtung der Frage auf den materiellen Standpunkt,

denn auch die Verhältnisse des Lebens müssen berücksichtigt werden:

die Volksschulen können den Zweck der Ausbildung nicht erfüllen, es

müssen Fortbildungsschulen – nicht Wiederholungsschulen – einge-

richtet werden. Um so früher wird sich dann die soziale Frage sicher

lösen lassen. Die Volksschule bildet hiezu den Schlüssel.

Herr Lukas aus Graz beantragt, daß bei der Aufnahme in die

Lehrerbildungs-Anstalt der Besitz der Kenntnisse entscheidend sein

soll; berührt das Missverhältnis zwischen den Zöglingen der Acker-

bauschule und Lehrerbildungsanstalt bezüglich der Militärpflicht.

Mangelhafter Besuch der Lehrerbildungs-Anstalten liegt in der

schlechten Besoldung.

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59

Redner ist gegen die 6klassige Vorbildung als einer unprakti-

schen Einrichtung.

Der Herr Präsident ertheilt dem Referenten, Herrn Kremer, das

Schlußwort. Herr Kremer schließt sich im Allgemeinen den Anschau-

ungen der Redner an. Bei der These bezüglich der Aufnahmsprüfung

ergänzt Herr Referent seine erste Ausführung damit, daß er als Einheit

des Maßes für die Prüfung die Kenntnisse der Bürgerschule verlange,

gleichgiltig dann, ob der Zögling eine Bürger- oder Realschule oder

ein Gymnasium besucht habe.

Herr Laurenz Mair aus Wien erhielt das Wort zu einer thatsäch-

lichen Berichtigung.

Er weist hin, daß in der Versammlung der Bürgerschullehrer am

31. August die Zwecke der Bürgerschule andere seien, als die von ei-

nem Redner erwähnten. (Mittheilungen Nr. 3)

Es erfolgt die Abstimmung in der vom Herrn Kremer und den

übrigen Herren eingebrachten Reihenfolge.

Referent Kremer empfiehlt folgende Thesen zur Annahme:

1. Die Aufgabe der Lehrerbildung ist, auf Grundlage einer all-

gemeinen Bildung die für den Lehrberuf nothwendige Fachbildung zu

geben.

2. Diese Aufgabe kann nur dadurch gelöst werden, wenn neben

der Erweiterung der allgemeinen Bildung die Vertiefung und Durch-

dringung der Unterrichtsdisziplinen, die Einführung in die theoreti-

sche und praktische Pädagogik, die Weckung und Stärkung der Be-

rufsliebe und die Charakterbildung als Ziel verfolgt wird.

3. Als Maß der allgemeinen Bildung zur Zulassung der Auf-

nahmsprüfung dienen die Kenntniße und Fertigkeiten, welche an einer

Bürgerschule erworben werden können.

Antrag des Herrn Lukas: „Wer in die Lehrerbildungsanstalt auf-

genommen werden will, hat sich einer strengen Aufnahmsprüfung zu

unterziehen, bei welcher der Zögling dasjenige Maß von allgemeiner

Bildung aufzuweisen hat, das er in den 4 untern Klassen der Mittel-

schule oder in einer Bürgerschule erwerben kann, die fremden Spra-

chen ausgenommen.

Die Lehramtszöglinge sind bezüglich der Wehrpflicht den Schü-

lern an Mittelschulen gleichzuhalten.“ (Angenommen.)

4. Die Aufnahme von Schülern aus den obern Klassen einer Mit-

telschule in einen höhern Jahreskurs der Lehrerbildungsschule ist als

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60

unzweckmäßig nicht zu gestatten. Abiturienten, mit einem Reifezeug-

nis versehen, können in den vorletzten Jahreskurs aufgenommen wer-

den.

5. In der Lehrerbildungsschule ist mit der Theorie die Praxis zu

verbinden; daher soll in den zwei oberen Klassen der Methodik und

den methodologischen Uebungen eine ausreichende wöchentliche

Stundenzahl gewidmet werden.

6. Nicht die gesetzlich vorgeschriebene Lehrbefähigung für die

Mittelschulen verschafft die Qualifikation zum Hauptlehrer; wissen-

schaftlich gebildete und in der Volksschulpraxis vollkommen erfahre-

ne Schulmänner sind die geeigneten Hauptlehrer.

7. Absolvirten Lehramtszöglingen, welche hervorragende Fähig-

keiten zeigen, sollen Staatsstipendien zu einem dreijährigen Studium

in von ihnen frei gewählten Fächern auf einer Universität bewilligt

werden.

8. Diese haben sich nach Abgang von der Universität einer wis-

senschaftlichen Prüfung zu unterziehen und können dann als Bürger-

schullehrer oder, nachdem sie wenigstens durch fünf Jahre Unterricht

an einer öffentlichen Volksschule ertheilt und das Wesen des Volks-

schulunterrichtes erfaßt haben, als Uebungsschullehrer oder Hauptleh-

rer angestellt werden.

9. Mit jeder Lehrerbildungsschule ist eine musterhaft eingerich-

tete vierklassige Uebungsschule zu verbinden.

Michael Berger bringt nachstehenden Zusatzantrag:

„Insoferne die Bildung abnormer Kinder einen integrierenden

Theil der Pädagogik bildet, möge dieses Fach in den Lehrerbildungs-

anstalten seine Vertretung und Berücksichtigung finden; zur Heran-

bildung von Lehrern jedoch für diesen speziellen Beruf mögen eigene

Veranstaltungen und Institutionen geschaffen werden.“ (Angenom-

men.)

Nach der Abstimmung folgt eine Pause, welche vom Herrn Prä-

sidenten zur Mittheilung geschäftlicher Berichte benützt wurde. Die

Ortsschulräthe vom Lesachthale erklären, dass eine Verkürzung der

Schulzeit im Sommer und dafür Vermehrung im Winter notwendig

sei. Wird dem ständigen Ausschusse zur Vorlage an die Landesbehör-

den übergeben.

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61

II. Thema

Über Kindergärten.

Herr Referent Heller Simon aus Wien, Mitglied des ständigen

Ausschusses, betont, dass die Erziehung der Schüler in der Volksschu-

le zumeist von der Erziehung im Elternhause abhänge. Diese ist aber

häufig eine ungenügende. Die Mutter ist auch Hausfrau und kann des-

halb ihren Kindern nicht immer so viel Aufmerksamkeit schenken, als

nothwendig ist.

Die Kindergärten haben nun den Zweck, die häusliche Erziehung

zwar nicht zu ersetzen, das ist unmöglich, aber zu ergänzen und zu un-

terstützen; sie sollen für das Schulleben vorbereiten, den Grund dazu

legen, aber einen solchen, auf dem ein tüchtiges Gebäude aufgeführt

werden kann. Deshalb müßen die Kindergärten nach zwei Richtungen

hin, zum Elternhause einerseits, zur Volksschule andererseits, im rich-

tigen Verhältnisse stehen.

Der Referent empfiehlt die Annahme der Thesen: (Mittheilungen

Nr. 3 von 1-5).

Der nächste Redner, Herr Steiner aus Wien, empfiehlt die An-

nahme mit warmen Worten.

Herr Christian, Volksschullehrer aus Hainburg, beantragt: Das

Institut der konfessionellen Korporation, möge es sich unter was im-

mer für einem Namen an den Kindergärten und Kinderbewahranstal-

ten herandrängen, übt einen verderblichen Einfluß auf die Erziehung

und Bildung der Jugend; es sei daher dort, wo die Ausübung ihrer

Thätigkeit nicht hintanzuhalten ist, darauf besonders Acht zu geben,

dass die gesetzlichen Vorschriften strenge eingehalten werden.

Da Niemand mehr sich zum Worte meldet, erhält Herr Heller das

Schlußwort und bemerkt, dass nichts gegen seine Thesen vorgebracht

wurde. Bei der Bestimmung [!] werden sie und auch jene Christian’s

angenommen.

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62

III. Thema.

Über den naturkundlichen Unterricht in der Volksschule.

Referent Herr Maier aus Wien betont, dass die Aufgabe der

Volksschule nur dann vollkommen werde gelöst werden können,

wenn der naturkundliche Unterricht so beschaffen sein wird, dass ein

Theil dieser Aufgabe in ihm seine Lösung finden werde. Die Aufgabe

des naturkundlichen Unterrichtes ist es, in der Natur das allgütige

Walten des Schöpfers zu erkennen, Liebe zur Natur in dem Herzen der

Kinder zu erwecken. Der naturkundliche Unterricht wirkt mehr als ein

anderer Unterrichtsgegenstand veredelnd auf den Menschen; er weckt

die wahre Religiosität; in der Natur ist der Beweis von der Gottheit

schlagend geliefert. Darum sind auch die größten Naturforscher stets

die größten Verehrer Gottes gewesen. Newton entblößte sein Haupt,

so oft er den Namen „Gott“ aussprach.

Mit dem naturkundlichen Unterrichte steht aber der konfessio-

nelle Religionsunterricht im grellsten Widerspruche.

Während es bei diesem von der Wirkung die Ursache und von

der Ursache die Wirkungen kennen und aufsuchen lernt, muß es dort

glauben, blind glauben, was ihm zu glauben befohlen wird, glauben,

was es als Kind nicht begreift und auch als Erwachsener nicht begrei-

fen kann, weil es überhaupt keinem Menschen zu begreifen möglich

ist. Mit dem Autoritätsglauben steht das Ergebniß der Forschungen im

größten Widerspruche. Schon das unbefangene Kind stellt Fragen,

welche auf die unermeßliche Kluft zwischen Glauben und Wissen-

schaft hindeuten z. B. Wie ist es möglich, daß das Licht und die Pflan-

zenwelt früher erschaffen wurde als die Sonne? Wie kann der Schöp-

fer die Erde, diesen verschwindend kleinen Punkt im Himmelsraume,

5 Tage lang erschaffen haben, während er zu allen übrigen Millionen

und Millionen Himmelskörpern nur 1 Tag brauchte? Wie ist es mög-

lich, daß der allgütige Gott die Menschen nur eine Zeit lang lieben

und dann ewig hassen und strafen könne? Wie steht es mit den Begrif-

fen Hölle und Himmel, nachdem Kopernikus bewiesen, dass, was uns

unten (in der Hölle), unsern Antipoden oben (im Himmel) ist? u. s. w.

Der Referent empfiehlt folgende Thesen zur Annahme:

1. Die Auswahl des natürlichen Stoffes ergibt sich aus dem Zwe-

cke der Volksschule.

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63

2. Wenn auch den örtlichen Verhältnissen Rechnung getragen

werden soll, so darf das Nützlichkeitsprinzip nicht den 1. Rang ein-

nehmen.

3. Das Naheliegende und Heimatliche ist dem Ferneren und

Fremden vorzuziehen.

4. Die Volksschule beschränkt sich auf das Nothwendige und

Charakteristische.

5. Die vorhandenen Lehrbücher berücksichtigen obige Punkte

nur unzureichend.

Thesen zum Unterrichtsverfahren:

1. Die Natur ist nicht blos zu beschreiben, sondern auch wo

möglich in ihrer Entwicklung zu beobachten.

2. Der Unterricht in der Naturgeschichte beginnt mit der Be-

trachtung einzelner Naturkörper.

3. Das Lesebuch hat auch schon in den Unterklassen nicht als

Leitfaden für den naturkundlichen Unterricht zu dienen.

4. In der Lehrerbildungsanstalt ist eine zweckmäßig Vorbildung

für diesen Unterricht anzustreben.

Laurenz Mayer schlägt nachstehende Resolution vor:

In Erwägung, dass sich der konfessionelle Religionsunterricht

auf Dogmen stützt, deren Inhalt häufig mit den Naturwissenschaften

sowohl, als auch mit den praktischen Forderungen des alltäglichen

Lebens im grellsten Widerspruch stehen, spricht sich der V. allgemei-

ne österreichische Lehrertag aus pädagogischen Gründen gegen die

Ertheilung irgend eines konfessionellen Religionsunterrichtes in der

Volksschule aus. (Einstimmig angenommen.)

An der Debatte betheiligten sich die Herren Hein und Riß aus

Wien und Lederer aus Pest. Sie stimmen im Wesentlichen den Aus-

führungen des Referenten bei und zum Schlusse werden die von ihm

vorgeschlagenen Thesen und die Resolution angenommen.

Schluß der zweiten Hauptversammlung.

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64

XVII. Dritte Hauptversammlung.*)

Die Versammlung eröffnend, gibt der Herr Vorsitzende bekannt,

daß heute 3 Themen zur Verhandlung kommen, weshalb die Redner

sich kurz fassen wollen.

Herr Gallistl aus Wien als Referent über das erste Thema: „Wer

hat die religiösen Übungen der Schüler zu überwachen?“ erhält das

Wort.

Redner führt aus, daß im Bezug auf religiöse Übungen keine

wahre Klarheit herrsche, daß man Religion mit religiösen Übungen

und mit Konfession verwechsle. Die Gegner führen das Volks irre

durch ihre Sophismen und Spiegelfechtereien. Was sind religiöse

Übungen? Messe, Beichte, Processionen etc. Diese äußeren Dinge ge-

hören nicht in die Schule. Was nicht in der Schule geschieht – denn

noch nie wurde in derselben eine Messe gelesen oder eine Prozession

abgehalten – das hat der Lehrer auch nicht zu überwachen. (Beifall.)

In die Schule gehört der Unterricht, alles Religiöse aber in die Kirche.

Der gegenwärtige Religionsunterricht ist kein Religionsunterricht

mehr, sondern Konfessionsunterricht. (Richtig!) Redner weist nun

durch das Gesetz nach, daß nirgends von einer Verpflichtung bezüg-

lich der Überwachung der religiösen Übungen von Seite des Lehrers

die Rede sei. Eine solche Überwachung wäre auch eine pädagogische

Blamage und würde beweisen, daß die kirchlichen Organe nicht fähig

seien, die Schüler zu überwachen.

Redner wünscht, daß die Lehrer auch in der Folge Gesetz, Recht

und Pflicht hochhalten werden, und ihre schwierige Lage werde dann

eine wesentlich erleichterte sein. Schließlich empfiehlt Herr Gallistl

folgende Resolutionen zur Annahme:

1. Es ist Pflicht derjenigen, welchen den konfessionellen Religi-

onsunterricht ertheilen, auch die damit in Verbindung stehenden reli-

giösen Übungen der Schüler ihrer Konfession zu überwachen.

2. Der Unterricht in den an den Volks- und Bürgerschulen vom

Lehrer zu lehrenden Gegenständen ist unabhängig von jedem Einflus-

se der Kirche und Religionsgenossenschaft.

*)

In: Mittheilungen für die Theilnehmer am V. allgemeinen österreichischen

Lehrertage in Klagenfurt, Red. Gottfried Nickl, Nr. 5, Dinstag [!], 3. September

1872, S. 71-73. Nochm. veröff. in: Kärntisches Schulblatt. Organ und Eigen-

thum des kärnt. Lehrervereins, 5 (1872), Nr. 21, 1. November 1872, S. 189 f.

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65

3. In Übereinstimmung mit dem Gesetze vom 25. Mai 1868, R.-

G.-Bl., Nr. 48, ist in Österreich die Schuljugend bei den religiösen

Übungen nicht von den Lehrern, sondern von denjenigen kirchlichen

Organen zu überwachen, welche den Religionsunterricht ertheilen und

religiöse Übungen abhalten.

4. Der ständige Ausschuß der allg. österr. Lehrertage ist beauf-

tragt, die Ausführung und Handhabung der neuen Schulgesetze, so

wie der darauf Bezug habenden Verordnungen oder etwaigen Ände-

rungen stets im Auge zu behalten, und alle ihm nöthig scheinenden

Schritte bei den verschiedenen Behörden und legislativen Körper-

schaften einzuleiten und durchzuführen.

Der V. allg. österr. Lehrertag in Klagenfurt spricht die Überzeu-

gung aus, daß der Lehrstand Österreichs die in den Staatsgrundgeset-

zen vom 21. Dezember 1867, so wie die in dem Reichsgesetze vom

25. Mai 1868 R.-G.-Bl. Nr. 48 und die in dem Reichsvolksschulgeset-

ze vom 14. Mai 1869 R.-G.-Bl. Nr. 62 ausgesprochenen Bestimmun-

gen über das gesammte Unterrichts – und Erziehungswesen als

Grundbedingung der naturgemäßen Fortentwicklung des Volksschul-

wesens Österreichs anerkennt und für die Wahrung der in den zitirten

Gesetzen enthaltenen Grundsätze einsteht. Zugleich aber erklärt der V.

allg. österr. Lehrertag in Klagenfurt alle Jene für Feinde des Staates

und der Gesellschaft, welche die zitirten Gesetze entweder nicht aner-

kennen oder denselben entgegen handeln.

Als nächster Redner über das erste Thema tritt Herr Kopetzky

aus Wien auf und unterstützt die Anträge des Referenten.

Sprecher beleuchtet nun, wie sich die Pädagogik mit der Theolo-

gie im Widerspruche befinde. Die Konfession gefällt sich in Irrthü-

mern. Die Religion will Duldsamkeit. Die Konfession Intoleranz. Die

Pädagogik ist eine allgemeine Wissenschaft, daher gibt es keine ka-

tholische, protestantische oder israelitische Pädagogik.

Die Lehrer werden sich nie herbeilassen, Polizeidienste für die

Kirche zu verrichten.

Herr Stopper aus Radkersburg führt als weiterer Redner an, daß

sich eifrige Lehrer nicht an religiösen Übungen betheiligen können,

weil ihnen Faulheit verhaßt sei. Die sozialen Übelstände, [denen] die

Prozessionen entspringen, sind so gering nicht. Redner ist aus Religi-

on gegen diese religiösen Übungen.

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66

Herr Hein aus Wien beleuchtet ebenfalls die vielen Schattensei-

ten der religiösen Übungen, hinweisend auf Lessings Wort: „Kein

Mensch muß müssen.“ Positiv, nicht negativ müssen wir einschreiten

gegen religiöse Übungen.

Der Referent hatte nun das Schlußwort. Die von ihm aufgestell-

ten Resolutionen wurden durchgehends von der Versammlung ange-

nommen.

Schriftführer Steiner erstattet nun Bericht über die Thätigkeit des

ständigen Ausschusses, dem die Versammlung auch für die Folge ihr

volles Vertrauen schenkt.

Im folgenden Jahre wird über Antrag Steiners der Lehrertag ent-

fallen.

Ueber das zweite Thema: Erscheint dem Lehrertage und dem

Lehrstande überhaupt die Pension der vor dem Inslebentreten der neu-

en Rechtsverhältnisse pensionirten Landschullehrer nach dem Gesetze

gerechtfertigt und im Allgemeinen als human? referirte Herr Höfler

aus Wien und geißelte dabei besonders die unbestimmten Formen der

Gesetze, namentlich jener über die Pensionirung der Lehrer, was zu

verschiedener Interpretation führt. Nach längern Ausführungen emp-

fiehlt Redner folgende Resolutionen zur Annahme:

1. der V. allgem. österr. Lehrertag erkennt das Ausmaß der Pen-

sion für die mit Ende September 1871 in den Ruhestand versetzten

Landschullehrer als unzureichend.

2. Der V. allgem. österr. Lehrertag erachtet eine ausreichende,

den gegenwärtigen Zeitverhältnissen entsprechende Erhöhung der

Pension und die Flüssigmachung von Theuerungszulagen, welche

nach Maßgabe der jeweiligen Theuerungsverhältnisse den pensionir-

ten Lehrern zu verabfolgen wären, für ein Gebot der Nothwendigkeit.

Herr Nickl aus Klagenfurt war Berichterstatter über das 3. The-

ma, lautend: die Schaffung von Landesschulanlehen – ein Bedürfnis

unserer Zeit; Redner deklarirt den Zweck der Landesschulanlehen und

beantragt folgende Resolutionen:

1. Die Schaffung von Landesschulanlehen – ein Bedürfnis unse-

rer Zeit.

2. Es ist dahin zu wirken, daß in den Landtagen der im Reichs-

rathe vertretenen Königreiche und Länder ein Gesetz beantragt, be-

schlossen und von der Krone sanktionirt werde, welches die Schaf-

fung von Schulanlehen zum Zwecke hat.

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67

3. Die Schulanlehen sollen den ausschließlichen Zweck haben,

nach Maßgabe der erforderlichen Schulen und der verfügbaren Lehr-

kräfte neue Schulgebäude zu errichten.

4. Die ohnedies hohen Steuern, die Unfähigkeit, noch höhere

Lasten zu tragen, machen es einzelnen Gemeinden unmöglich, aus ei-

genen Mitteln ausreichende und zweckmäßige Schulgebäude herzu-

stellen.

5. Die Erreichung des nötigen Kredites zur Bestreitung der Un-

kosten gelingt in den meisten Fällen einzelnen Gemeinden sehr

schwer.

6. Die Landeshilfe, demnach Schaffung von Landesschulan-

lehen, thut dringend not.

7. Das ganze Anlehen soll je nach Bedürfnis in Raten aufge-

nommen, und nach einer Reihe von Jahren (ähnlich dem Grundentlas-

tungs-Anlehen) amortisirt werden.

8. Bemittelte Gemeinden erhalten verzinsliche Darlehen, arme

hingegen Subvenzionen aus diesem Fonde.

Einstimmig angenommen.

Präsident Bobies schließt nun die Verhandlungen und wirft einen

Rückblick auf die erfolgreiche Thätigkeit des 5. österr. Lehrertages

und schließt den Lehrertag mit einem dreimaligen Hoch auf die ge-

setzgebenden Faktoren und auf den Kaiser.

Direktor Lederer aus Pest ergreift nun noch das Wort, um im

Namen der Versammelten dem Präsidium für dessen bewährte, takt-

volle und umsichtige Leitung den Dank der Versammlung auszuspre-

chen. Bravo und Hoch!

Lehrmittel-Ausstellung.

Nichts dürfte geeigneter sein, den Gegnern der neuen Schule die

Binde von den Augen zu nehmen, als die in ihrer Art großartige „Aus-

stellung von Lehrmitteln für Volks- und Bürgerschulen“, welche wäh-

rend dieser Tage im 1. und 2. Stock des gräfl. Goës’schen Hauses zur

Ansicht vorliegen, und Lehrern und Laien ein besonderes Interesse

bieten.

Ist auch die Gesamtsumme des Lehrmaterials, über das die neue

Schule verfügt, nicht vollständig erschöpft, so ist doch jeder Unter-

richtszweig in solcher Reichhaltigkeit und Mannigfaltigkeit vertreten,

Page 77: R. 7 NR. 22

68

dass man einen gründlichen Einblick in Plan und Ausführung des

Lehrgebäudes, und einen Überblick über die verschiedenen Richtun-

gen der Lehrprinzipien und Lehrmethoden erhält. Jedenfalls gibt diese

Ausstellung ein glänzendes Zeugnis von dem gewaltigen Aufschwun-

ge des Volksschulwesens der Gegenwart, wie sie andererseits geeignet

sein dürfte, ängstlichen Gemüthern, welche in der neuen Schule nur

eine Pflanzstätte sittlichen Verderbens erblicken, Beruhigung einzu-

flößen.

Die ausgestellten Gegenstände füllen 6 große Säle. Leider ist es

bei der Menge des Stoffes und Beschränkung des Raumes nicht mög-

lich, in das Einzelne einzugehen, so verlockend und lohnend es wäre,

sondern wir müßen uns begnügen, ein annähernd übersichtliches Bild

der in sistematischer Reihenfolge ausgestellten Lehrmittel zu geben

und im Speziellen auf den Katalog zu verweisen. Wir beginnen mit

dem 1. Saale. Den Anfang macht die Pädagogik. Sie ist durch eine

reiche Anzahl von Werken vertreten, in welchen dieser so wichtige

Gegenstand nach den Prinzipien behandelt ist. Ein Stoß von „Moltke’s

deutschem Sprachwart“ führt uns zur Sprachwissenschaft. Jedes Alter,

jede Bildungsstufe findet da Berücksichtigung. Von der Lautiertafel

und Lesemaschine angefangen, durch das Medium der Fibeln und

Sprachlehren, bis zu einer Auswahl deutscher Klassiker, welche den

Schluss dieser Abtheilung machen, ist die ganze Stufenleiter anschau-

licher und literarischer Jugendbildungsmittel vor uns ausgebreitet. Das

Gleiche gilt von dem sich anschließenden Wandtische, der die Über-

schrift „Rechnen“ trägt. Wir erblicken diesen Gegenstand auf der ers-

ten Stufe als Anschauungsunterricht; ferner die neuen Maße und Ge-

wichte in Bildern und Formen nebst mehreren Methoden ihrer Veran-

schaulichung und den nötigen Erläuterungsschriften. Auch eine Zahl-

und Multiplikazionstafel ist vorhanden.

Da der Lehrgegenstand des Rechnens im zweiten Saale seine

Fortsetzung findet, so halten wir noch Revue über die Fenstertische,

auf denen die Musik vertreten ist, und über den großen Mitteltisch, wo

in Bild und Wort der Religionsunterricht und das Turnen platziert ist.

Letzterer findet durch einige zart gearbeitete Miniaturapparate seine

Veranschaulichung. Auch der Taubstummen-Unterricht ist nicht ver-

gessen. Wir treten in den zweiten Saal. Man könnte ihn den fisikali-

schen nennen, wenn nicht die ersteren Tische andere Gegenstände um-

fassten, so gleich anfangs, wie erwähnt, die Fortsetzung des Rechen-

Page 78: R. 7 NR. 22

69

unterrichtes und theilweise höhere Mathematik. Daran schließen sich

die Werke über Fisik, Mechanik und Technologie mit den entspre-

chenden, dem Volksschulzwecke angepaßten Veranschaulichungen, z.

B. Stabeisen-Erzeugung etc. Die weiteren Tischreihen füllen, wohl

aus lokalen Gründen, die „fremden Sprachen“, alte klassische und

moderne ausländische Literatur.

Von richtigem Takte zeigt die angereihte, von Bertschinger &

Heyn arrangirte „Schülerbibliothek“, bestehend aus unterhaltenden

und belehrenden Werken, die der Alters- und Bildungsstufe der Ju-

gend entsprechen. Besondere Beachtung verdienen die an der Wand

angebrachten kolorierten Tafeln, welche in äußerst anschaulicher

Weise die wichtigsten Formen des Pflanzenreiches vor Augen führen.

Sie sind vom Lehrer Helff in Fürstenfeld.

Den interessantesten Theil dieses Saales nehmen ohne Zweifel

die fisikalischen Apparate ein, die den ganzen Mittelraum und die

Fenstertische füllen und wohl Alles umfassen, was der studierenden

Jugend den Einblick in die fisikalischen Gesetze erleichtert. Wir he-

ben besonders die Holz’sche Influenzmaschine von Rohrbeck in Wien

hervor, mit Geißlerischen Röhren, eine Suite Miniatur-Dampfmaschi-

nen, einen Morse’schen Schreibtelegrafen etc. Der dritte Saal umfasst

die Naturgeschichte aller drei Reiche. Tische und Bänke sind mit

Werken, Abbildungen, Atlanten, Präparaten und Sammlungen be-

deckt. Unter letzteren sind besonders erwähnenswerth mehrere schöne

Herbarien, eine sehr reichhaltige Insektensammlung des Herrn

Schaschl aus Ferlach, sowie die prachtvolle Mineraliensammlung des

Oberbergverwalters Münichsdorfer in Heft. Auch der Mittelkasten mit

der „Waarenkunde“ und die Früchtensammlung aus Papiermaché ver-

dienen entschiedene Berücksichtigung.

Eingelaufene Telegramme.

Herrn Brandl, Klagenfurt, Hotel Sandwirth.

Helles herzliches Glückauf aus voller Brust den versammelten

Bildnern unserer Jugend. – Görtschitzthaler Volksverein, Hüttenberg.

Herrn Brandl, Klagenfurt, Hotel Sandwirth.

Begeistertes dankbares Hoch den versammelten Lehrern in Kla-

genfurt. Die Gemeinde Hüttenberg.

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70

An den sehr verehrten V. allgemeinen österreichischen Lehrertag in

Klagenfurt.

Aus tiefster Seele begrüßt unser Verein die versammelten Kolle-

gen und Schulfreunde und beglückwünscht sie zu diesen für Schule

und Lehrerwelt so hochwichtigen, für unsere Wissenschaft entschei-

denden Tagen.

Getreu unserem Vereinsmotto: „Mit Muth, Besonnenheit und

Gottesvertrauen: Vorwärts!“ – halten Sie sich dessen versichert, Kol-

legen – werden Sie uns, wenn auch weit hinten, in der Türkei, doch

jederzeit in den vordersten Schlachtreihen finden, so oft es sich darum

handelt, der Schulfreiheit eine Straße zu schlagen. Vorwärts!

Lippa, 30. August 1872.

Für den südungarischen Lehrerverein, dessen Vorstand

P. J. Wiener.

An den geehrten V. allgem. österr. Lehrertag in Klagenfurt.

Der Glanthaler Demokraten-Verein sah mit Freuden die Tage

herankommen, an welchen Kärntens Hauptstadt bestimmt sein sollte,

den fünften österr. Lehrertag in seiner Mitte zu beherbergen, und der-

selbe fühlt sich demnach gedrängt, heute, nachdem die Versammlung

der aus allen Theilen der Monarchie herbeigeeilten Lehrer und Lehre-

rinnen ihre aufopfernde Thätigkeit begonnen, dieselben auf das

freundlichste zu begrüßen.

Der Glanthaler Demokraten-Verein, der sich die Heranbildung

eines politisch freien, geistig mündigen Volkes zum Ziele gesetzt, der

die Entwicklung und Förderung der deutschen Kultur als des einzigen

Bindemittels unseres Staates auf sein Panier geschrieben, war sich von

jeher bewusst, dass der erste Schritt zur Erreichung dieser Ziele in der

Schule gemacht werden müße, und hat es daher stets zu seinen erha-

bensten Aufgaben gezählt, für die Freiheit und Würde derselben, wie

sie im Geiste der neuen Schulgesetze gelegen sind, mit aller Kraft ein-

zutreten.

Und so wird der Glanthaler Demokraten-Verein auch die Ver-

handlungen des fünften österr. Lehrertages mit dem aufrichtigen

Wunsche begleiten, es mögen dieselben in den segensreichen Bahnen,

die von den früheren Lehrertagen betreten wurden, kräftig und mit den

besten Erfolgen begleitet, fortarbeiten, es mögen dieselben ein neuer

Hebel werden, unter der freien österreichischen Lehrerschaft jene So-

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71

lidarität der Gesinnung zu schaffen, welche allein der Schule ihre Stel-

lung als erste Macht im Staate verbürgt.

Mit der Bitte, diesen aufrichtigen Wunsch als Willkommensgruß

für den fünften allg. österr. Lehrertag freundlich entgegenzunehmen,

zeichnet sich

für den Glanthaler Demokraten-Verein:

Der Vorstand:

Gustav Hock.

Die Ausschüsse:

Jos. Holzer. Dr. Gustav Traun. Jos. Gruber.

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72

XVIII. Rückblick auf den V. österreichischen Lehrertag

in Klagenfurt.*)

Wo stand die Lehrerschaft Österreichs vor etwa fünf Jahren, und

wo steht sie heute? Diese Frage zu beantworten ist unschwer, wenn

wir die Haltung und die Arbeit, welche Österreichs Schulmänner bei

den Lehrertagen in Wien, Brünn, Graz, Linz und Klagenfurt bekunde-

ten, uns nur einigermaßen vor Augen halten.

Uns allen ist es noch in recht lebhafter Erinnerung, wie im Jahre

1867 die Wiener Kollegen den ersten allgemeinen österreichischen

Lehrertag in der Residenzstadt des Reiches einberiefen und, diesem

Rufe mit Freude folgend, 2000 Lehrer aus allen Theilen des großen

Vaterlandes der Metropole zuströmten. Wir alle wissen es, wie mitlei-

dig und mit welcher Geringschätzung man die herbeigeeilten Jugend-

bildner damals betrachtete; sei es ihrer schlichten Kleidung, oder

schlichteren Benehmens wegen. Ja selbst ein Theil der liberalen Pres-

se nahm keinen Anstand, das Unternehmen im voraus als ein mislun-

genes hinzustellen und die Lehrer lächerlich zu machen.

Sie aber ließen sich dadurch nicht beirren und machten durch ih-

re Haltung dieses vorschnelle, misgünstige Urtheil derart zu Schan-

den, dass diese Kritiker am ersten Verhandlungstage schon die Un-

richtigkeit ihrer früheren Behauptung eingestanden –. Und zu ihrer

Ehre sei es gesagt, dass jene Presse, welche dem ersten Lehrerparla-

mente so kühl gegenüber gestanden, heute ein Anwalt der freien Schu-

le und ihrer Lehrer geworden.

Der Raum dieses Blattes gestattet uns nicht, alle günstigen Urt-

heile, welche die fortschrittlichen politischen Journale auch über die

Berathungen des zweiten, dritten und vierten Lehrertages brachten,

hier wieder zu geben, wir beschränken uns hier nur auf die Wiederga-

be jener aufmunternden und begeisternden Worte, welche dem fünften

allgemeinen österreichischen Lehrertage, der auf unserem heimatli-

chen Boden abgehalten wurde, von einem der ersten unserer politi-

schen Journale, der „Deutschen Zeitung“, gewidmet wurden.

Dieses Blatt schrieb damals also:

„In der Hauptstadt Kärntens, in dem schönen Klagenfurt, bereitet

sich ein wichtiges Ereignis vor: Die Lehrer Österreichs traten zum

*)

Kärntisches Schulblatt. Organ und Eigenthum des kärnt. Lehrervereins, 6

(1873), Nr. 1, 1. Jänner 1873, S. 3-5.

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73

fünften allgemeinen österreichischen Lehrertage zusammen, und wir

stehen nicht an, diese Versammlung als eine der wichtigsten für die

Entwicklung unseres Vaterlandes zu bezeichnen. Was das Parlament

der Schulmeister in Klagenfurt berathet und beschließt, ist mindestens

ebenso wichtig als die Arbeiten irgend einer berathenden Körper-

schaft. Denn von ihnen, den Lehrern, hängt die Zukunft unseres Va-

terlandes ab, wenn sie der rechte Geist beseelt, wenn sie durchdrungen

sind von der Überzeugung, dass Bildung zur Macht führt, wenn sie

entschlossen sind, unerbittlich das größte aller Bildungshemmnisse,

die Macht des Klerus, zu bekämpfen, dann können wir mit Vertrauen

in die Zukunft blicken, dann sind wir gewiß, die Scharten auszuwet-

zen und [zu] obsiegen auf allen Gebieten, auf dem Schlachtfelde so-

wohl, wie in Industrie und Handel, in Kunst und Wissenschaft.

Mit Stolz verzeichnen wir es, dass die Lehrer Österreichs in die-

ser Beziehung zu den besten Hoffnungen berechtigen.

Die vier Lehrertage, die dem vorausgegangen, sind uns Gewähr

dafür, und der fünfte Lehrertag, der zusammentritt, kann sich einer

Vorgeschichte rühmen, wie sie nicht so bald eine andere Standesge-

nossenschaft aufweisen kann. Der österreichische Lehrertag stand und

steht auf einer entschieden freisinnigen Basis, er kämpft für die

Selbstständigkeit und Unabhängigkeit der Schule, für die freie Geiste-

sentfaltung der Schüler und Lehrer, er ist niemals, wie die Lehrerver-

sammlungen im deutschen Reiche, der Discussion der religiösen Fra-

ge aus dem Wege gegangen; die österreichische Lehrerschaft – zu ih-

rer Ehre sei es gesagt – hat nicht davor zurückgeschreckt, den Religi-

onsunterricht in den Kreis ihrer Berathungen zu ziehen. Offen und oh-

ne Zagen hat sie das leere Formen- und Formelwesen, den Gedächt-

niskram in den Schulen verdammt, und ihr Thun ist rühmlich ausge-

zeichnet worden durch das gift- und geifervolle Urtheil, welches die

Bischöfe in ihrem viel besprochenen Memorandum über das Wirken

der Lehrertage niedergelegt haben.

Dass auch der fünfte Lehrertag fortwirken werde im Geiste sei-

ner Vorgänger, dafür bürgt schon das Programm.

Die Lehrer Österreichs haben einen berechtigten Anspruch, im

Kampfe mit ihren Feinden von der gesammten deutschen Verfas-

sungspartei unterstützt zu werden, denn ihre Verdienste um diese Par-

tei sind nicht gering. Sie haben mannhaft angekämpft gegen das Kon-

kordat; sie haben die verrostete politische Schulverfassung beseitigt;

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74

sie sind dem Fundamental-Minister Jirecek entgegengetreten, als er es

wagte, die Schulgesetze anzutasten. Überall, wo es sich darum handel-

te, die hierarchischen Fesseln zu sprengen, der Freiheit neue Gebiete

zu erobern, da waren die Lehrer auf dem Platze; sie kämpften in den

vordersten Reihen und setzten sich heldenmüthig dem feindlichen

Kugelregen aus. Die Verfassungspartei, die deutsche Partei, hat die

Verdienste anerkannt. Auf den verschiedenen Parteitagen wurde zu

wiederholten malen die Notwendigkeit, die Volksschule zu heben, die

Stellung der Lehrer zu verbessern, betont.

Wir wissen, nicht Alles, was beim Lehrertage besprochen wird,

kann sofort als baare Münze für den Tagesverkehr umgesetzt werden,

aber das Wort dringt in immer weitere Kreise, seine Wirkung ist,

wenn sei auch augenscheinlich nicht zu Tage tritt, unausbleiblich.

Und der Nutzen der Lehrertage beschränkt sich nicht auf die

Vorträge und Discussionen. Fast ebenso wichtig ist der persönliche

Verkehr der Genossen eines so hochwichtigen Standes.

Auch die Reiseerlebnisse, die Zerstreuungen, welche im Gefolge

solcher Versammlungen sind, besitzen einen nicht zu unterschätzen-

den Wert. Für manchen Lehrer sind diese Versammlungen die einzige

Gelegenheit, wo er nach langen, langen Jahren den bestaubten Schul-

rock ausziehen und sich als Glied fühlen kann eines großen Ganzen,

als Bestandtheil des großen Apparates, der die Menschheit zu dem

gemacht hat, was sie ist, der sie weiterführen muß zur Erfüllung ihrer

höchsten Zwecke.

Wir rufen den Lehrern ein herzliches Glückauf zu, zur Geistes-

arbeit, zum deutschen Schaffen!“ So die „Deutsche Zeitung“.

Diese Worte der Begrüßung sind wohl die erschöpfendste Ant-

wort auf die von uns Eingangs gestellte Frage.

Wir erachten es auch schließlich als unsere Pflicht, Kärntens

Lehrern und Schulfreunden das hier mitzutheilen, was über die äußere

Ausstattung des fünften österr. Lehrertages in unseren Fachblättern zu

lesen gewesen. Die „Volksschule“ ließt sich hierüber also vernehmen:

„1724 Theilnehmer haben sich aus allen Theilen des Reiches in

Klagenfurt zusammengefunden, auf einem Boden, der günstiger nicht

zu denken ist. Eine freisinnige, warm für die Interessen der Schule

eintretende Bevölkerung wetteiferte mit Behörden, die ihrer würdig

sind, um den Versammelten den Aufenthalt so angenehm als möglich

zu machen.

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75

Das Empfangs-Komité mit dem Bürgermeister an der Spitze

empfing und begrüßte aufs herzlichste die Theilnehmer am Bahnhofe,

woselbst auch Wagen in Bereitschaft standen, um selbe durch die thei-

lweise mit Flaggen geschmückten Straßen an ihren Bestimmungsort

zu bringen.

Als Führer gekennzeichnete Schulknaben thaten das übrige und

Dank der geordneten Thätigkeit des Komité’s war bald alles zur Zu-

friedenheit untergebracht. Der Mittagstisch vereinte die Bekannten, da

das Festkomité die Einrichtung getroffen, dass sich die einzelnen

Landsmannschaften in gewissen Gasthöfen zusammenfinden konnten.

Freitag abends war die Vorversammlung im Landhause. Ein

weithin leuchtendes ‚Willkommen!’ lud zum Eintritte durch das Thor,

grüne Guirlanden schmückten die Säulen der Arkaden und der doppel-

ten Treppe, und nächst den Eingängen waren kräftige Sprüche zu le-

sen, welche duch ihren klassischen Inhalt die Besucher auf Momente

gefesselt hielten, wie ‚Bildung und Sittlichkeit sind das beste Boll-

werk gegen die Reakzion’ – ‚Wahre Volksbildung ist die Grundlage

des freien Staates’ – ‚Soll der Geist sich aufwärts schwingen, muss die

alte Form zerspringen’ – ‚ Ein freies Volk muß freie Lehrer haben,

will es nicht selbst die Freiheit untergraben!’

Wie hätte einer von uns nicht aus vollstem Herzen solchen mo-

numentalen Kernsprüchen beistimmen sollen?! Der Wappensaal des

ständischen Landhauses mag wohl seit den 300 Jahren seines Beste-

hens eine solche Versammlung nicht gesehen haben, und die Herren

‚Landts Verwesßer’, die Herrn ‚Landts Vicedomb’, die Herrn ‚Landts

Häubtleintz’, die ‚Geistlichen Herren Stende’, deren Wappen den Saal

nebst drei größeren Frescogemälden schmücken, werden es sich nie

haben träumen lassen, dass diese simplen Lehrer der Volksschule einst

ihre Erbschaft antreten und ihre Stimme an derselben Stelle für Frei-

heit und Menschenrecht erheben würden, wo früher vielleicht über

Hörigkeit und unterthänigen Gehorsam verhandelt worden war.

Zwar scheint es in ‚Chärndten’ auch schon in der guten alten

Zeit mit dem ‚unterthänigen’ Gehorsam seinen Hacken gehabt zu ha-

ben, wie eines der Frescogemälde im Wappensaale beweist, welches

den Herzog darstellt, wie er dem eben auf dem Fürstensteine sitzenden

Bauern die üblichen Versprechen geben muß, bevor ihm gehuldigt

wird.“

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76

Beim Durchlesen dieser Zeilen beschleicht uns das beruhigende

Gefühl, den Lehrertagsgästen nach Möglichkeit eine freundliche Stätte

in Klagenfurt bereitet zu haben.

Mögen die Tage, welche die Kollegen Österreichs hier zuge-

bracht, ihnen noch recht lange in Erinnerung bleiben.

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77

XIX. Der ständige Ausschuss der österreichischen Lehrertage

aufgelöst.*)

Der Lebensfaden der österreichischen Lehrertage ist nun entzwei

geschnitten. Eine für die Hebung unseres Schulwesens sehr wichtige

Instituzion ist vernichtet.

Der ständige Ausschuss der österreichischen Lehrertage existiert

nicht mehr. Was hat derselbe denn eigentlich verbrochen?

Es steht deutlich gedruckt in dem Erlasse, welcher die Auflösung

des ständigen Ausschusses verfügt. Der Ausschuss hat sich entwickelt,

er wurde ein großer Körper, er hat korrespondierende Mitglieder und

verstärkt sich noch durch Abgesandte aus den einzelnen Sekzionen

des Lehrertages. Ist denn das Wachsen in Österreich ein Verbrechen?

Spricht es denn nicht für den Fortschritt des Lehrerstandes, dass er

sich entwickeln, zu einem „großen Körper“ werden konnte? Der Wir-

kungskreis des ständigen Ausschusses wurde mit amtlicher Genehmi-

gung dahin festgestellt, dass „ihm das Recht der Exekutive, betreffend

jene Beschlüsse der Versammlung, welche ihrer Natur nach und dem

Wunsche der Versammlung gemäß in das Ressort dieses Ausschusses

gehören, zustehen solle.“ Das heißt zu deutsch: Der ständige Aus-

schuss ist gerade so mächtig, wie ihn der Lehrertag haben will, und er

kann demnach auch „das gesammte Programm des Lehrertages“ in

seinen Wirkungskreis aufnehmen. Was sagt aber der Erlass? Das Ver-

brechen des ständigen Ausschusses des Lehrertages besteht darin, dass

er „in seinen Wirkungskreis in unbestimmten Umrissen das gesammte

Programm des Lehrertages selbst aufgenommen hat.“ Hätte denn der

ständige Ausschuss das Programm des katholisch-politischen Kasino’s

aufnehmen sollen oder sind vielleicht die „unbestimmten Umrisse“ ein

Verbrechen?

Das alles steht gedruckt, schwarz auf weiß, und damit man ja

überzeugt sei, dass der ständige Ausschuss sich keine Überschreitung

der Statuten hat zu Schulden kommen lassen, fügt der Auflösungs-

Erlass hinzu: „Der Ausschuss hat die ihm vom Lehrertage (abgehalten

zu Klagenfurt im Jahre 1872) zugewiesene Thätigkeit faktisch ausge-

übt.“ Jetzt weiß man wieder nicht, wer der Verbrecher ist, ob der Leh-

rertag oder der ständige Ausschuss. Zum Glücke hilft uns der Erlass

*)

Kärntisches Schulblatt. Organ und Eigenthum des kärnt. Lehrervereins, 6

(1873), Nr. 14, 16. Juni 1873, S. 158-160.

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78

doch mit einem Worte aus den Zweifeln; der Ausschuss hat sich eine

Kontrole der Regierungsmaßregeln zu Schulden kommen lassen. Nun,

desselben Verbrechens sind alle Vereine schuldig. Der Alpenverein ist

gewiss eine politisch-harmlose Assoziazion. Wenn es aber einer ho-

hen Regierung beifallen sollte, die Villacher Alpe abtragen zu lassen,

so wäre der Alpenverein im Stande, gegen diese Nivellierung des Ter-

ritoriums Protest zu erheben. Die landwirtschaftlichen Vereine kontro-

lieren die Thätigkeit der Regierung bezüglich der Landwirtschaft, die

Handelsvereine thun dasselbe in Bezug auf den Handel. Das liegt ja

ganz in der Natur der Sache. Kontrolieren die katholisch-politischen

Vereine etwa nicht die Thätigkeit der Regierung? Wohin will die Re-

gierung mit Anschauungen kommen, wie sie in dem Erlasse gegen

den ständigen Ausschuss des Lehrertags ausgesprochen sind?

Wir Lehrer sind zwar durch die traurigen Geschehnisse mund-

todt gemacht; aber dessen ungeachtet fühlen wir – und fühlen nach-

haltig!

Das denkwürdige Aktenstück, womit die Auflösung des ständi-

gen Ausschusses verfügt wurde, lautet vollinhaltlich wie folgt:

„K . k. Polizei-Direkzion in Wien. Staatspolizeiliche Abtheilung. Zahl

37.909, V. B. III.

Als im Jahre 1867 der erste österreichische Lehrertag gehalten worden

war, hat der damalige Ausschuss auf Grund der in dem Lehrertage gefassten Be-

schlüsse unter dem 15. November 1867 eine Eingabe an das k. k. Ministerium

des Innern gerichtet, worin die Bewilligung angestrebt war, alljährlich eine all-

gemeine Lehrerversammlung abhalten zu dürfen, und gleichzeitig gebeten wur-

de, das Institut des Ausschusses dieser Versammlung als ständiges betrachten zu

dürfen.

In der Eingabe wurde der Wirkungskreis dieses Ausschusses ausdrücklich

dahin bezeichnet, dass demselben einerseits die Vorkehrung alles für derartige

Versammlungen Nötigen und deren Einberufung, anderseits das Recht der Exe-

kutive, betreffend jene Beschlüsse der Versammlung, welche ihrer Natur nach

und dem Wunsche der Versammlung gemäß in das Ressort dieses Ausschusses

gehören, zustehen soll.

In Erledigung dieser Eingabe wurde dem gedachten Ausschusse mit ho-

hem Erlasse des k. k. Ministerium des Innern vom 10. März 1868, Zahl 3082,

bedeutet, dass gegen die erbetene Konstituierung des Ausschusses als ständiger

Ausschuss kein Anstand obwalte.

Der Ausschuss, welcher damals wenige Mitglieder zählte, wurde seither

ein großer Körper; er hat korrespondierende Mitglieder und verstärkt sich noch

durch Abgesandte aus den einzelnen Sekzionen des Lehrertages.

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Aber auch im Wesen trat in dem ständigen Ausschusse eine sehr wesentli-

che Änderung zu Tage, wonach derselbe heute nicht mehr als jenes Organ ange-

sehen werden kann, welches sich im Jahre 1868 anstandslos konstituieren konn-

te.

Der ständige Ausschuss ist gegenwärtig nicht mehr ein von dem Lehrerta-

ge behufs der nötigen Vorkehrungen für die periodisch wiederkehrenden Ver-

sammlungen bestelltes Organ, er ist ein von dem Lehrertage zu einer meritalen

Thätigkeit in Schulangelegenheiten berufenes Komité von Mitgliedern der

Lehrerversammlung, welches in seinen Wirkungskreis in unbestimmten Umris-

sen das gesammte Programm des Lehrertages selbst aufgenommen hat.

Nachdem der im Jahre 1872 in Klagenfurt abgehaltene Lehrertag den

ständigen Ausschuss beauftragt hatte, die Ausführung und Handhabung der neu-

en Schulgesetze, sowie der darauf Bezug habenden Verordnungen oder etwaiger

Änderungen stets im Auge zu behalten und alle ihm nötig erscheinenden Schrit-

te bei Behörden, sowie bei den legislativen Körperschaften rechtzeitig einzulei-

ten und durchzuführen, hat der gegenwärtige ständige Ausschuss die ihm in die-

ser Weise vom Lehrertage zugedachte Thätigkeit faktisch ausgeübt, wie dies

jene Beschlüsse, welche seiner nun vorliegenden Eingabe vom 18. April d. J. zu

Grunde liegen, und diese Eingabe selbst erkennen lassen. Diese, eine Art von

Kontrole der Regierungsmaßregeln entwickelnde Thätigkeit des Ausschusses

überschreitet aber gänzlich die ursprüngliche, von dem Ministerium ertheilte

Berechtigung, und da mithin derselbe seinen Wirkungskreis und seinen Orga-

nismus wesentlich geändert hat und hienach die Voraussetzungen, unter welchen

seinerzeit die Bewilligung zur Konstituierung des Ausschusses gegeben worden

ist, nicht mehr zutreffen, hat sich das k. k. Ministerium des Innern laut h. Erlas-

ses vom 29. v. M., Z. 2709, bestimmt gefunden, die erwähnte Bewilligung zu-

rückzuziehen und die sofortige Einstellung der Wirksamkeit des Ausschusses zu

verordnen.

Hievon werden Euer Wohlgeboren zufolge h. Erlasses Sr. Exzellen des

Herrn Statthalters in Niederösterreich vom 30. Juni l. J., Z. 3361, mit dem Bei-

fügen in Kenntnis gesetzt, dass hiemit jede wie immer geartete weitere Thätig-

keit des ständigen Ausschusses der allgemeinen österreichischen Lehrertage in

Wien sofort einzustellen ist.

Wien, am 4. Juli 1873. Weiß m. p.

An Se. Wohlgeboren den Herrn Franz Bobies, Bürgerschul-Direktor und

Obmann des ständigen Ausschusses der österreichischen Lehrertage.“

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Eeibe mit 6ugleig bulidlcr xlb iron3öiiid,;er llomenchirr.Gliinftig re3enfiut unb nnment(i{ in bm id;rnui,leriit!en göükn kbr 6etie[t.,,Jlcllet'9 qlhnigl06cn lereirigen mit nterhnürbi0em 0jelingen !eibe tiiidliötcn, boq terroin

lllb bi0 llbflroriunß, rile q]kn0c bon O.loilg unb rinc dd)t ldboüotiJd)e fthtl).it, ![b rrftbenbc d"0rlid)ritt!n bcr 0 tb.dLrn0en gdl!iit litr gqrilt gc!r,tt.,

(!ogbtoli bon gdlüliroulen.)

dlc($'g Qllonbfnrtc uon {3ntöftinc iiir gd)rrle unb Foui, I : 200.000, nit 6olheid;eu9toti.len unb SerDeifrrngen ouf Ei6etiiellcrr, S $t. fl. 1- Z0 fr.

$n $möei{nung begriäer: gfulruonbfotlc b0tr Gür0llß,