R. SCHUMANN C. SCHUMANN TSCHAIKOWSKI - Karlsruhe · 2019. 9. 11. · R. SCHUMANN, C. SCHUMANN &...

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19/20 1. SINFONIEKONZERT R. SCHUMANN C. SCHUMANN & TSCHAIKOWSKI

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    1. SINFONIEKONZERT

    R. SCHUMANNC. SCHUMANN

    & TSCHAIKOWSKI

  • Wir machen darauf aufmerksam, dass Ton- und/oder Bildaufnahmen unserer Aufführungen durch jede Art elektronischer Geräte strikt untersagt sind.

  • R. SCHUMANN, C. SCHUMANN & TSCHAIKOWSKI1. SINFONIEKONZERT

    15. & 16.9.19 GROSSES HAUSDauer ca. 2 Stunden, eine Pause Einführung mit Künstlern 45 Minuten vor Konzertbeginn

    Robert Schumann "Manfred"-Ouvertüre es-Moll op. 115 11‘(1810 - 1856) Ouvertüre zum Dramatischen Gedicht nach Lord Byron

    Clara Schumann Klavierkonzert a-Moll op. 7 25‘(1819 - 1896) I. Allegro maestoso II. Romanze: Andante non troppo con grazia III. Finale: Allegro non troppo

    – Pause –

    Peter Iljitsch Tschaikowski Manfred-Sinfonie h-Moll op. 58 57‘(1840 - 1893) Sinfonie in vier Bildern nach dem Dramatischen Gedicht von Byron I. Lento lugubre II. Vivace con spirito III. Pastorale: Andante con moto IV. Allegro con fuoco

    Magdalena Müllerperth KlavierJohannes Willig Dirigent BADISCHE STAATSKAPELLE

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    George Gordan Noel Byron (1788 - 1824) verarbeitet in seinem kühnen Drama Manfred Eindrücke aus einer 1816 unter-nommenen Alpenreise sowie autobiogra-phische Erlebnisse, die ihm wegen seines Lebenswandels, wegen finanzieller Schwierigkeiten und der letztlich unter öffentlichem Druck aufgegebenen Ehe mit seiner Halbschwester Augusta widerfuh-ren. Die im Stück beschriebene tragische Liebe Manfreds zu Astarte scheint eben-so inzestuös, und nachdem Astarte auf Grund dieser mysteriösen Beziehung in den Tod getrieben wird, flüchtet Manfred schuldbeladen in die Einsamkeit seines Bergschlosses und quält sich, innerlich zerrissen und zur Ruhelosigkeit verdammt. Rettung sucht er erfolglos durch Kontakt-aufnahme zur Welt der Geister.

    Eine ganze Generation steckte sich mit dem in Europa grassierenden „Byron-Fieber“ an, beeindruckt durch gespaltene Helden wie Harold oder eben Manfred. Der gleichermaßen geistreiche wie exzentri-sche Autor scherte sich weder im Leben noch in seinen Werken um überkommene Vorgaben und Strukturen, um gesell-

    schaftliche und moralische Vorschriften, und genoss seinen Status als exzentri-scher Außenseiter. Seine Radikalität inspi-rierte vor allem die Jugend, die das Alther-gebrachte abschütteln und eine neue Zeit ausrufen wollte.

    Robert Schumann: Manfred-Ouvertüre (1848)

    Als der junge Student Robert Schumann das 1817 entstandene Drama Manfred las, war er zutiefst beeindruckt und bewegt. In den typisch Byronschen Helden – leiden-schaftlich, scharfsinnig und tapfer, und doch gleichzeitig empfindsam, unstet und einsam – fand sich auch der junge Schu-mann selbst wieder. Doch meist bleibt den Helden am Ende Glück und Zufriedenheit versagt, auch hier eine Parallele zu Schu-manns Leben, der häufig zwischen Eupho-rie und Verzweiflung hin- und hergerissen wurde.

    Eine Vertonung des Werks plante der 18-Jährige zwar noch nicht, trug den Ge-danken daran aber immer bei sich. Viel-leicht musste erst eine neue politische Zeit

    Robert Schumann (1810 - 1856)

    MYTHOS MANFRED

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    kommen, eine Zeit des gesellschaftlichen Aufbruchs, um den Gedanken zu materiali-sieren. So war es dann die Revolutionszeit um 1848, die zu einer diesmal konkreten Auseinandersetzung mit dem Drama führ-te. Schumann zog eine neue, 1839 erschie-nene Übersetzung als Grundlage heran, und die erneute Lektüre setzte einen fast rauschhaften schöpferischen Prozess in Gang. Er plante sofort die Vertonung des gesamten Dramas, jedoch mit dem Vor-spiel als schöpferischem Kern, wie Ehe-frau Clara festhielt: „Robert hat sich das Gedicht nach seinen Gedanken arrangiert, um es für die Bühne wirksam zu machen [...] Seine Ouvertüre, die bereits beendet ist, scheint mir eins der poetischsten und fast ergreifendsten Stücke Roberts“.

    Diese auch im heutigen Konzert erklingen-de Ouvertüre bringt den Mythos verdichtet auf zwölf Minuten auf den Punkt – und ist deswegen immer noch ein mitreißender Programmpunkt in Konzerten, ganz im Gegensatz zum viel seltener gespielten kompletten „dramatischen Gedicht mit Musik“. So wollte Schumann selbst sein Werk verstanden wissen, wie er 1851 an Franz Liszt schrieb: „Wir haben gestern die Ouvertüre zu Manfred probirt; meine alte Liebe zur Dichtung ist dadurch wieder wach geworden. Wie schön, wenn wir das gewaltige Zeugniß höchster Dichterkraft den Menschen vorführen könnten! Sie gaben mir Hoffnung dazu; haben Sie einmal wieder darüber nachgedacht? [...] Das Ganze müßte man dem Publikum nicht als Oper oder Singspiel oder Melodram, son-dern als ‚dramatisches Gedicht mit Musik‘ ankündigen. – Es wäre etwas ganz Neues und Unerhörtes.“

    Die Reaktionen des Publikums waren weit weniger euphorisch oder doch zu-

    mindest gespalten: vielleicht weil für eine szenische Umsetzung doch die Bühnen-wirksamkeit fehlte, sei es, weil sich in konzertanter Form doch eine gewisse Textlastigkeit einstellt. Von der als proble-matisch empfundenen Unentschiedenheit zwischen Oratorium und dramatischem Werk findet sich in der Ouvertüre aller-dings überhaupt nichts, sie wurde sofort begeistert aufgenommen, als Schumann sie selbst 1852 in Leipzig uraufführte. Sie kann auch tatsächlich völlig für sich alleine stehen und wirken, ja, wird häufig sogar für das eigentliche gesamte Werk gehal-ten. Kein Wunder, verdichten sich hier doch die ausschlaggebenden Motive und inhaltlichen Leitlinien des Melodrams. Den großen Gegensatz bilden hier zum einen die faustische qualvolle Verzweiflung, die den Protagonisten erfasst, als er den ei-genen Grenzen auf der Sinnsuche gewahr wird. Auf der anderen Seite steht sein wil-des Aufbäumen dagegen, sein Trotz wider das Schicksal – musikalisch hauptsächlich charakterisiert durch schroffe Kontraste. Denn nicht auf einzelne Szenen des Werks wird Bezug genommen, sondern Wesen und Charakter des Protagonisten werden in all ihrer düster-schmerzlichen Zerris-senheit dargestellt.

    Clara Schumann: Klavierkonzert (1835)

    Eigentlich müsste hier der Rede vom a-Moll-Klavierkonzert der jungen Virtu-osin und Komponistin Clara Wieck sein, denn deren kompositorisch fruchtbarster Lebensabschnitt fällt eindeutig in die Zeit vor der Heirat mit Robert Schumann. Eini-ges davon ging verloren, doch den Erfolg ihrer schöpferischen Tätigkeit kann man allein schon daran ermessen, dass ein Großteil auch tatsächlich verlegt wurde: Hauptsächlich waren es Klavierkompo-

    Clara Schumann (1819 - 1896)

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    sitionen, brillante Virtuosenstücke zum eigenen Konzertgebrauch, Arrangements, Kadenzen und einige Lieder, später auch gemeinsam mit dem Ehemann. Dennoch blieb das Komponieren immer ein „Bei-werk“, denn in erster Linie wirkte sie als europaweit gefeierte Solistin, dies sogar noch vor ihren Aufgaben als Frau und Mut-ter – musste sie doch immer wieder den Unterhalt der Familie durch ihre Konzerttä-tigkeit bestreiten.

    Dies ist denn auch das eigentlich Beson-dere am Werdegang der 1819 in Leipzig Geborenen, deren 200. Geburtstag wir heute feiern. Denn zur damaligen Zeit durf-ten Frauen, so begabt sie auch waren, den heimischen Salon kaum verlassen und mit ihrer musikalischen Fingerfertigkeit der-art exponiert an die Öffentlichkeit treten. Das Talent der jungen Clara wurde tat-sächlich vom Vater nicht nur instrumental gefördert, der Musikpädagoge Friedrich Wieck stellte dem intensiven Klavierun-terricht auch noch Improvisations- und Kompositionsunterricht anbei. Schon in jüngsten Jahren entwickelte Clara ein großes musikalisches Selbstbewusstsein, gefördert auch durch zahlreiche gefeierte öffentliche Auftritte. Vater Friedrich hatte mit seiner Förderung nicht nur eine reife Künstlerin geschaffen, sondern auch eine für damalige Verhältnisse durchaus eman-zipierte Dame: Seinem Verbot der Ehe-schließung mit Robert Schumann jeden-falls ordnete sie sich partout nicht unter.

    Zur Zeit der Entstehung ihres einzigen großen Orchesterwerks wurde an Heirat noch kein Gedanke verschwendet, denn 1833, zu Beginn der Komposition des Kla-vierkonzerts, war Clara gerade einmal 14 Jahre alt. Seit knapp drei Jahren wohn-te da bereits der Jura-Student Robert

    Schumann im Hause Wieck, um bei Vater Friedrich Klavierunterricht zu nehmen, noch schwankend über seine berufliche Zukunft. Der jungen Clara half er aber be-reits bei Fragen der Instrumentierung ihres Konzerts, dessen Finalsatz sie bereits 1834/35 mit ins Programm einer fünfmona-tigen Tournee durch Norddeutschland nahm. Die Uraufführung fand schließlich am 9. November 1835 unter der Leitung Felix Mendelssohn Bartholdys im Leipziger Gewandhaus statt, es spielte die Kompo-nistin selbst am Klavier.

    Wenn man über dieses Konzert liest – so es denn überhaupt in der einschlägigen Literatur erwähnt wird –, so wird es häufig als „konventionell“ oder „modisch“ be-zeichnet, als von den Erfahrungen der Kla-viervirtuosin geprägt. Diesen abschätzigen Urteilen von oben herab sei nicht nur das Alter der Komponistin entgegengestellt, sondern vor allem die innovative formale Anlage mit drei ineinander übergehenden Sätzen sowie der ausgereifte Umgang mit der Virtuosität. Hier ist sich jemand seiner Mittel durchaus bewusst und weiß sie ein- zusetzen: Kraftvoll und energiegeladen ergänzen sich Solistin und Orchester, höchste technische Ansprüche geraten im romantischen Überschwang in Vergessen-heit.

    Das eröffnende Orchestertutti des Kopf-satzes führt schnell zum ersten selbstbe-wussten Soloauftritt mit kraftvoll auf- steigenden Oktav-Skalen, bevor auch das Klavier das zuvor vorgestellte majestä-tische Hauptthema übernimmt, geprägt durch große Virtuosität. Ein Übergang ohne Pause führt zum zweiten Satz, einer schwelgerischen und sehnsuchtsvollen Romanze in As-Dur zwischen dem Klavier und dem Solo-Cello. Dieser bereits im

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    Alter von 14 Jahren komponierte Teil ver-steckt ursprünglich eine romantische Lie-besbotschaft, allerdings nicht an Robert, sondern an den 18 Jahre älteren Cellisten August Theodor Müller. Ein Paukenwirbel und Trompetenrufe kündigen den Finalsatz an, der virtuos-tänzerisch und voller irr-witziger pianistischer Schwierigkeiten den effektvollen Kehraus gibt.

    Tschaikowski: Manfred-Sinfonie (1885)

    Vor dem Abschluss dieser Komposition la-gen sieben Jahre beinahe ohne schöpferi- sche Tätigkeit, nach dem Violinkonzert 1878 folgte nur 1880 das Capriccio Italien. Vielleicht lag es daran, dass Tschaikowski 1885 endlich seiner ständigen Reisen über-drüssig wurde und sich in guter Moskauer Erreichbarkeit ein Landhaus mietete, wo er sich selbst einen täglichen Arbeitsplan auferlegte. Bedeutsamer noch scheint aber der Entschluss, dem Rat Mili Bala-kirews zu folgen und regelmäßige nach-mittägliche Spaziergänge einzulegen, bei denen er nicht nur die schöpferischen Ge-danken schweifen lassen konnte, sondern diese auch noch gleich notierte. Dieser Balakirew – selbst Komponist und Für-sprecher einer nationalen russischen Mu-siksprache – war für Tschaikowski ein oft hilfreicher, aber mindestens genauso oft anstrengender Fürsprecher und Tippgeber, gleichzeitig Vorbild und schulmeisterlicher Quälgeist. Immerhin widmete er ihm seine Tondichtung Romeo und Julia.

    1882 also meldete sich Balakirew mit dem Vorschlag eines „Programms für eine Sin- fonie, das Sie prachtvoll ausführen könn-ten…“, und fügte in der für ihn so typi-schen Art hinzu „Ich bin sicher, dass ich weiß, wo die Stärke Ihres Talents wirklich liegt.“ Beigefügt wurde das Programm mit

    dem Thema Manfred – doch von so viel fürsorglicher Vereinnahmung überrannt blieb Tschaikowski äußerst distanziert. Es war jedoch auch die Begeisterung für Schumanns Manfred, die ihn zögern lie-ßen, da er sich keine andere musikalische Umsetzung vorstellen konnte. Erst nach einem persönlichen Treffen mit Balakirew und einem erneuten Überredungsversuch zeigte sich der Komponist offener, er nahm einen überarbeiteten und weitaus differen-zierteren Vorschlag an – und vertiefte sich vor allem erst einmal in eine neu erschie-nene Übersetzung. So verfiel auch er dem Manfred-Mythos und machte sich sofort und endlich aus ureigenstem inneren An-trieb an die Komposition, die er in kurzer Zeit, aber unter großer Anstrengung ab-schloss – „mir scheint, es ist mein bestes Werk“, schrieb er an seinen Verleger.

    Tschaikowski ließ Zeit seines Lebens Me-lodien aus Volksliedern in seine Komposi-tionen einfließen, manche begleiteten ihn ein Leben lang. In seiner Zweiten Sinfonie („Kleinrussische“) ist es das russische Volkslied Mutter Wolga hinab, das in Einleitung und Schluss des ersten Satzes verarbeitet wird. Interessant daran für das spätere schöpferische Wirken ist der charakteristische Quartfall zu Beginn des Themas, das auch wieder in den sinfoni-schen Dichtungen Hamlet oder Francesca da Rimini auftaucht – und den von Bassklarinette und Fagotten geformten einprägsamen Beginn des Leitmotivs der Manfred-Sinfonie formt. Dieses düster-kraftvolle Thema des Protagonisten wird alle vier Sätze als Leitmotiv, als idée fixe durchziehen, und erinnert dadurch an ein weiteres Werk auf Lord Byrons Spuren: Hector Berlioz‘ Harold en Italie.

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    Dem als freie Fantasie gebauten gewalti-gen Kopfsatz stellt Tschaikowski kein Pro-gramm voran, doch erkennt man unschwer Manfreds Umherirren in den Alpen, seine fragende Sinnsuche, gequält von Entbeh-rungen und von Erinnerungen an seine früheren Untaten, aber auch an seine ge-liebte unerreichbare Astarte. Tschaikows-ki arbeitet hier ähnlich wie Schumann mit großen Kontrasten, mit leidenschaftlichen Steigerungen, aber auch schwärmerisch-lyrischen Einschüben, wenn die geliebte Astarte beschrieben wird. Diese be-herrscht dann die weitere Entwicklung des Satzes bis hin zu höchstem Espres-sivo, umrauscht mit Harfen-Arpeggien, bevor am Schluss das Pathos des Beginns wieder die Oberhand gewinnt und das Manfred-Thema im schweren Blech das Orchester aufpeitscht. In düsterem h-Moll klingt der Satz aus.

    Dem dunkel-pathetischen, ungemein auf-wühlenden Seelengemälde folgen zwei eher illustrative Binnensätze. Im zweiten scherzohaften Teil erscheint Manfred die Alpenfee unter dem Regenbogen. In aller-höchster virtuoser Instrumentationskunst malt der Komponist den in allen Regen-bogenfarben sprühenden Wasserfall, mit flirrenden Streichern, glucksenden Holz-bläsern und fliegenden Wechseln unter den Orchestergruppen. Der dritte Satz ist überschrieben mit „Pastorale. Schlichtes, freies und friedliches Leben der Bergbe-wohner“. Er beschreibt den ruhigen und lyrischen Kontrast zu Manfreds suchender Zerrissenheit, bevor dieser wieder wild auffahrend ins Geschehen eingreift. „Der unterirdische Palast des Ariman. Manfred erscheint inmitten des Bacchanals. An-rufung des Schattens der Astarte. Sie weissagt ihm das Ende seiner irdischen Leiden. Manfreds Tod.“ So ist der Finalsatz

    überschrieben, und ganz entsprechend entfesselt Tschaikowski einen orchest-ralen Hexensabbat, kombiniert mit einem wilden Tanz. In einem langsameren Ab-schnitt bringen sich Themen des ersten Satzes in Erinnerung, bevor das Bacchanal in nochmals gesteigerter Wildheit vom hineinfahrenden Manfred-Thema auf dem Höhepunkt zum Abbruch geführt wird – Manfred stirbt mit einem leidenschaft-lichen Abgesang, schließlich verklingen Schmerz und Trauer in der Erlösungsmusik einer von der Orgel eingeleiteten Schluss-apotheose.

    Spätestens mit der Vierten Sinfonie tritt in Tschaikowskis Schaffen ein Aspekt in den Vordergrund: der Einbruch seiner persönlichen Gefühlswelt in die Musik. Sei es die unterdrückte Homosexualität, die krachend gescheiterte Hochzeit, der Kampf um gesellschaftliche Anerkennung – seine komplexen und aufgeputschten Emotionen lassen die Werke immer sub-jektiver werden, auch wenn man natürlich nur selten von 1:1-Entsprechungen reden kann. Zu diesen bekenntnishaften Werken zählt insbesondere die Manfred-Sinfonie, die den Konflikt bereits über ihr Sujet in sich trägt, die Fünfte und die Sechste Sinfonie oder auch die Oper Pique Dame. Der Einbruch des Subjektiven, der Kampf zwischen Verdrängung und Realität, all dies bleibt natürlich dennoch verhüllt und künstlerisch überhöht. Fast meint man, der Komponist stemme sich gleichzeitig gerade dagegen, zu subjektiv zu werden. Vielleicht ist es dies, was uns heute noch atemlos macht beim Hören und was diese Sinfonie zu einem absoluten Meisterwerk macht: Das gleich doppelte Mitfühlen und -leiden beim Ringen eines Menschen mit sich selbst

    Peter I. Tschaikowsky (1840 - 1893)

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    1992 in Pforzheim geboren wurde Magdalena Müllerperth seit ihrem siebten Lebensjahr von der Konzertpianistin und Pädagogin Prof. Sontraud Speidel unterrichtet und gefördert. Als fünfzehnjährige wechselte sie zu Prof. Alexander Braginsky in die USA und schloss 2014 bei Prof. Jerome Rose in New York ihren Bachelor of Music ab. Seitdem studiert sie bei Prof. Klaus Hellwig an der Universität der Künste in Berlin. Ihr vielseitiges Repertoire erstreckt sich von barocker bis zu zeitgenössischer Musik.Mit Rezitals überzeugte sie u. a. in der Stutt-garter Liederhalle, im Rahmen der Festspie-le Mecklenburg-Vorpommern, des Schles-wig-Holstein Musikfestivals, des Moritzburg Festival Dresdens, des Kissinger Sommers, des MiTo Festivals in Mailand und Turin und der Ludwigsburger Schlossfestspiele. Sie konzertierte mit renommierten Orchestern

    wie den Stuttgarter Philhar monikern, der Tschechischen Philharmonie, dem Minnesota Orchestra, dem Berner Symphonieorchester, der Staatsphilharmonie Braunschweig und der George Enescu Filarmonia Bukarest und arbeitete mit Diri- genten wie Mario Venzago, Simon Gaudenz, Josep Caballe-Domenech und Jiří Bělohlávek. Die Preisträgerin zahlreicher nationaler und internationaler Wettbewerbe wie des Kissinger Klavierolymp 2012, bei dem sie neben dem 1. Preis auch den Publikums-preis gewann, oder der Nadja-Reisenberg-Awards New York 2014 ist Stipendiatin der Deutschen Stiftung Musikleben und der Kunststiftung Baden-Württemberg und der Mozart-Gesellschaft Dortmund. Außerdem wurde sie zur Jugendmusikbotschafterin ihrer Heimatstadt Maulbronn ernannt.

    MAGDALENA MÜLLERPERTHKLAVIER

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    Johannes Willig wurde in Freiburg/Breisgau geboren und studierte an der dortigen Hochschule Klavier, Dirigieren und Korrepe-ti tion. Es folgte ein Studium der Orchesterleitung bei Leopold Hager, Harald Goertz und Konrad Leitner an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Wien. Zudem belegte er Meister-kurse bei Jorma Panula. Seit 1996 war er Stipendiat des DAAD. Erste Engagements führten den Preisträger mehrerer inter-nationaler Dirigentenwettbewerbe an das Theater in Biel/Solothurn. Im Januar 2000 wechselte Johannes Willig als 2. Kapellmeister und Assistent des GMD an das STAATSTHEATER KARLSRUHE. Ab 2003/04 war er 1. Kapellmeister und stell- vertretender GMD an der Oper Kiel. Weitere Engagements führten ihn an international renommierte Theater. So

    gastierte er u.a. an dem Teatro Comunale di Bologna, dem Staatstheater Wiesbaden, dem Theater St. Gallen und dem Teatro di San Carlo in Neapel sowie am Freiburger Theater, an der Deutschen Oper Berlin und an der Opéra de Lyon, wo er 2008 und 2010 mit Roméo et Juliette und Hänsel und Gre-tel überzeugen konnte. Sein Opernreper-toire erstreckt sich von Werken Mozarts, Verdis und Puccinis über Richard Strauss bis hin zu Werken der Moderne. Seit der Spielzeit 2011/12 ist er 1. Kapellmeister und Stellvertretender Generalmusikdirektor am STAATSTHEATER KARLSRUHE. Unter seiner Leitung standen u.a. Ein Masken-ball, Tosca, La Traviata, Doctor Atomic, Macbeth, Der Prophet, Simon Boccanegra, Lucio Silla, Romeo und Julia, Adriana Lecouvreur und Der Freischütz.

    JOHANNES WILLIGDIRIGENT

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    DIE BADISCHE STAATSKAPELLE

    Als sechstältestes Orchester der Welt kann die BADISCHE STAATSKAPELLE auf eine überaus reiche und gleichzeitig gegen-wärtige Tradition zurückblicken. 1662 als Hofkapelle des damals noch in Durlach resi-dierenden badischen Fürstenhofes gegrün-det, entwickelte sich aus dieser Keimzelle ein Klangkörper mit großer nationaler und internationaler Ausstrahlung. Berühmte Hofkapellmeister wie Franz Danzi, Hermann Levi, Otto Dessoff und Felix Mottl leiteten zahlreiche Ur- und Erstaufführungen, z. B. von Hector Berlioz, Johannes Brahms und Béla Bartók, und machten Karlsruhe zu einem der Zentren des Musiklebens. Neben Brahms standen Richard Wagner und Richard Strauss gleich mehrfach am Pult der Hofkapelle; Niccolò Paganini, Clara Schumann und viele andere herausragen-de Solisten waren gern gehörte Gäste. Hermann Levi führte 1856 die regelmäßigen Abonnementkonzerte ein, die bis heute als Sinfoniekonzerte der BADISCHEN STAATS-KAPELLE weiterleben.

    Allen Rückschlägen durch Kriege und Finanznöten zum Trotz konnte die Tradi- tion des Orchesters bewahrt werden. Generalmusikdirektoren wie Joseph

    Keilberth, Christof Prick, Günther Neuhold und Kazushi Ono führten das Orchester in die Neuzeit, ohne die Säulen des Repertoires zu vernachlässigen. Regelmäßig fanden sich zeitgenössische Werke auf dem Programm; Komponisten wie Werner Egk, Wolfgang Fortner oder Michael Tippett standen sogar selbst vor dem Orchester, um ihre Werke aufzuführen.

    Die große Flexibilität der BADISCHEN STAATSKAPELLE zeigt sich auch heute noch in der kompletten Spannweite zwi- schen Repertoirepflege und der Präsen-tation zukunftsweisender Zeitgenossen, exemplarisch hierfür der Name Wolfgang Rihm. Der seit 2008 amtierende General-musikdirektor Justin Brown steht ganz besonders für die Pflege der Werke Wagners, Berlioz’, Verdis und Strauss’ sowie für einen abwechslungsreichen Konzertspielplan, der vom Deutschen Musikverleger-Verband als „Bestes Konzertprogramm 2012/13“ ausgezeichnet wurde. Auch nach dem 350-jährigen Jubi-läum 2012 präsentiert sich die BADISCHE STAATSKAPELLE – auf der reichen Auf-führungstradition aufbauend – als lebendi-ges und leistungsfähiges Ensemble.

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    BESETZUNG1. ViolineKm. Stephan SkibaAxel HaaseSorin Strimbeanu*Thomas SchröckertWerner MayerleAyu IdeueJuliane AnefeldJudith SauerClaudia SchmidtGustavo VergaraAlessio Angelo Taranto Isolda Lidegran Mariya PotapovaClara Bergius-Bühl*

    2. ViolineKm. Toni ReichlEva SchallKm. Uwe WarnéChristoph WiebelitzDiana DrechslerDominik SchneiderBirgit LaubSteffen HammEva-Maria VischiTamara PolakovicAleksandra ManicMoritz von Bülow*

    ViolaKm. Franziska DürrMichael FentonChristoph KleinFernando Arias ParraSibylle LangmaackTanja LinselNicholas CliffordMoriz SchneiderClaudia PfnürAnna Dragun*

    VioloncelloThomas GieronBenjamin GroocockJohannes VornhusenKm. Norbert GinthörWolfgang KursaweHanna GieronFrancesco BiscariKevin Guerra

    KontrabassKm. Joachim FleckPeter CernyXiaoyin FengKarl Walter JacklRoland FunkVolker Masson*

    HarfeKm. Silke Wiesner Claudia Karsch*

    FlöteEtni MolletonesHoratiu Petrut RomanGeorg Kapp

    OboeStephan RutzKm. Ilona Steinheimer Nobuhisa Arai

    KlarinetteDaniel BollingerMartin NitschmannLeonie Gerlach

    FagottPatricia Gomez-TaviraUlrike BertramKm. Detlef Weiß

    * Gast der STAATSKAPELLEKm.: Kammermusiker/in

    HornDominik ZinsstagPeter BühlFrank BechtelJörg Dusemund

    TrompeteJens BöchererKm. Ulrich DannenmaierWolfram LauelUlrich Warratz

    PosauneSandor SzaboAngelika FreiHolger Schinko

    TubaDirk Hirthe

    Pauke & SchlagzeugHelge DafernerMarco DalbonKm. Rainer EngelhardtRaimund SchmitzHerbert Brandt*Dominik Reichl*

    OrgelMarius Zachmann*

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    BILDNACHWEISE

    UMSCHLAG Alexander BastaS. 3 akg-imagesS. 5 akg-imagesS. 8 akg-images S. 10 Alexander BastaS. 11 Felix GrünschloßS. 14-15 Felix Grünschloß

    IMPRESSUM

    HERAUSGEBER STAATSTHEATER KARLSRUHE

    GENERALINTENDANT Peter Spuhler

    GESCHÄFTSFÜHRENDER DIREKTORJohannes Graf-Hauber

    GENERALMUSIKDIREKTOR Justin Brown

    ORCHESTERDIREKTORINDorothea Becker

    REDAKTIONDorothea Becker

    KONZEPTDOUBLE STANDARDS Berlin

    GESTALTUNG Madeleine Poole

    DRUCKmedialogik GmbH, Karlsruhe

    STAATSTHEATER KARLSRUHESaison 2019/20Programmheft Nr. 540www.staatstheater.karlsruhe.de

    TEXTNACHWEISE

    S. 2 – 9 Originalbeitrag von Axel Schlicksupp

    Sollten wir Rechteinhaber übersehen haben, bitten wir um Nachricht.

    ABONNEMENTBÜROT 0721 3557 323F 0721 3557 [email protected]

    AB 11,00 / ERM. 5,50 EURO PRO KONZERT

    UNSERE KONZERTE –AM BESTEN IM ABO!Jederzeit einsteigen – unser Abonnementbüro berät Sie gerne!

  • AM BESTEN IM ABO!

    1. NACHTKLÄNGE – MUSIK AUS DER DDRHanns Eisler 14 Arten, den Regen zu beschreiben (1941) Ruth Zechlin Begegnungen (1977) Reiner Bredemeyer Serenade 6 (1979/80) Friedrich Goldmann Ensemblekonzert 2 (1985)

    Die Spielzeit 2019/20 verbindet zwei Jubilä-en der Geschichte Deutschlands. 70 Jahre nach Gründung der ehemaligen DDR und 30 Jahre nach der deutschen Wiedervereini-gung beschäftigen wir uns in den 1. Nacht-Klängen erstmals mit Komponist*innen der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik.

    Mitglieder der BADISCHEN STAATSKAPELLEUlrich Wagner Dirigent & Moderator27.9.19 21.00 STUDIO

    1. KINDERKAMMERKONZ-ERT – WIR SIND NACHHER WIEDER DA, WIR MÜSSEN KURZ NACH AFRIKAMusikalisches Abenteuer nach einer Geschichte von Oliver Scherz

    Gunnar Schmidt liest die wunderbare Ge-schichte von Oliver Scherz mit viel Charme und Witz, während die drei Schlagzeuger der STAATSKAPELLE auf einer Bühne voller Klang- und Schlaginstrumente das Abenteuer mit eigens dafür komponierter Musik zum Klingen bringen.

    DIE NÄCHSTEN KONZERTE19/20

    Das Buch Wir sind nachher wieder da, wir müssen kurz nach Afrika ist im Thiene-mann-Esslinger Verlag erschienen und im Buchhandel erhältlich.

    Gunnar Schmidt Sprecher & Text Raimund Schmitz Musik Raimund Schmitz, Marco Dalbon & David Panzer Schlagzeug 18.10. & 1.11.19 11.00 KLEINES HAUS

    2. SINFONIE- & 1. SONDERKONZERTLudwig van Beethoven Ouvertüre Nr. 3 op. 72b zu „Leonore“Arnold Schönberg Erwartung op. 17Alban Berg Symphonische Stücke aus der Oper „Lulu“

    Als Vorgeschmack auf seine neue Oper Lulu, entschloss sich Berg, einige ihrer prägnanten sinfonischen Motive in einer Collage zu- sammen zufassen, die das Lied der Lulu na-türlich nicht missen durfte. Mit seinem Mo-nodram Erwartung für Sopran und Orchester versuchte Schönberg, die Visionen seiner expressionistischen Bilderwelten hörbar zu machen. Vorangestellt wird Beethovens Ouvertüre Nr. 3 zu „Leonore“, die mehr ist, als eine bloße Einleitungsmusik.

    Heidi Melton Sopran (Schönberg), Uliana Alexyuk Sopran & Katherine Tier Mezzo-sopran (Berg) Justin Brown DirigentBADISCHE STAATSKAPELLE 27.10. 11.00 GROSSES HAUS28.10. 20.00 GROSSES HAUS29.10. 19.00 GROSSES HAUS