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270 FUNKGESCHICHTE 29 (2006) Nr. 170 FIRMENGESCHICHTE RUDOLF GRABAU, Much Tel.: (0 22 45) 34 71 Es gibt wohl kaum ein Mitglied der GFGF, das nicht irgendwann einmal eines dieser handlichen Bändchen der Radio-Praktiker-Bücherei des Franzis-Verlages in Händen gehal- ten, darin geblättert und gelesen oder danach gebaut hat. Für viele von uns war diese Bücherreihe aber viel mehr: Lange entbehrte Hilfestellung beim ersten Einstieg in die Radiotechnik, Anleitung bei Selbstbau und Repa- ratur, Wegweiser in einen nachrich- tentechnischen Lehrberuf oder ein naturwissenschaftliches Studium, oft- mals einzige Vermittlung technischer Grundlagen und praktischer Kennt- nisse vor und während einer Berufs- ausübung, die mit dem so erworbenen Wissen auskommen musste. Und heute wohl für viele auch ein Stück Rückschau, ja nostalgieverbrämte Erinnerung an Zeiten, in denen vieles noch überschaubarer und verständ- licher war, in der man mit Kopf und Hand Technik selbst schaffen und gestalten konnte – erstrebenswerte Güter, die man heutzutage schnell kauft und oft noch schneller wieder auf den Müll wirft. Und so gibt es auch etliche, die diese kleinen Bänd- chen mit Akribie sammeln, sorgfäl- tig sortiert ins Regal stellen und sich freuen, wenn sie eines auftreiben kön- nen, das ihnen noch fehlte. Ich beken- ne: Für mich trifft fast all dieses zu, denn 1950 war ich als Dreizehnjähri- ger dem Radiobasteln völlig verfallen und ganz am Anfang des Weges zum Funkamateur – und gerade zu dieser Zeit kamen die ersten RPB-Bändchen in die Buchhandlungen und in die Geschäfte, welche mit alten Rund- funkempfängern und Radio-Einzel- teilen handelten. Und heute nehme ich dieses oder jenes Bändchen gern einmal wieder in die Hand. So meine ich, es ist an der Zeit, dass die „Funk- geschichte“ auch diesem Aspekt der Historie einen Beitrag widmet. Franzis Verlag 1827 erwarb GEORG FRANZ in Mün- chen eine Buchdruckerkonzession und nannte seine Firma „G. Franz´sche Akzidenzdruckerei“. Aus der Drucke- rei wurde auch ein Verlag, in dem periodische Publikationen wie „Der Bayerische Landbote“ erschienen. Nach dem Tode des Verlagsgründers ging das Unternehmen 1864 an die Familie MAYER über. In den 20er Jah- ren wurde die „Bayerische Radiozei- tung“, eine Programmzeitschrift für den neu eingeführten Rundfunk, das wichtigste Verlagsobjekt und diese enthielt ab 1927 eine Beilage „Der Bastler“. 1928 wurde „Der Bastler“ zur „Funkschau“. Nach Kriegsende begann ein müh- Radio-Praktiker-Bücherei Wegweiser in die Radiotechnik und praxisnahe Anleitungen zum Selbstbau

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270 FunkGeschichte 29 (2006) Nr. 170

FirmenGeschichte

Rudolf GRabau, MuchTel.: (0 22 45) 34 71

EsgibtwohlkaumeinMitgliedderGFGF, das nicht irgendwann einmaleines dieser handlichen Bändchender Radio-Praktiker-Bücherei desFranzis-Verlages in Händen gehal-ten,daringeblättertundgelesenoderdanachgebauthat.FürvielevonunswardieseBücherreiheabervielmehr:Lange entbehrte Hilfestellung beimersten Einstieg in die Radiotechnik,Anleitung bei Selbstbau und Repa-ratur, Wegweiser in einen nachrich-tentechnischen Lehrberuf oder einnaturwissenschaftlichesStudium,oft-malseinzigeVermittlungtechnischerGrundlagen und praktischer Kennt-nisse vor und während einer Berufs-ausübung,diemitdemsoerworbenenWissen auskommen musste. Undheute wohl für viele auch ein StückRückschau, ja nostalgieverbrämteErinnerunganZeiten,indenenvielesnoch überschaubarer und verständ-licher war, in der man mit Kopf undHand Technik selbst schaffen undgestalten konnte – erstrebenswerteGüter, die man heutzutage schnellkauft und oft noch schneller wiederauf den Müll wirft. Und so gibt esauch etliche, die diese kleinen Bänd-chen mit Akribie sammeln, sorgfäl-tigsortiertinsRegalstellenundsichfreuen,wennsieeinesauftreibenkön-

nen,dasihnennochfehlte.Ichbeken-ne:Fürmichtrifft fastalldieseszu,denn1950warichalsDreizehnjähri-gerdemRadiobastelnvölligverfallenundganzamAnfangdesWegeszumFunkamateur–undgeradezudieserZeitkamendieerstenRPB-Bändchenin die Buchhandlungen und in dieGeschäfte, welche mit alten Rund-funkempfängern und Radio-Einzel-teilen handelten. Und heute nehmeich dieses oder jenes Bändchen gerneinmalwiederindieHand.Someineich,esistanderZeit,dassdie„Funk-geschichte“ auch diesem Aspekt derHistorieeinenBeitragwidmet.

Franzis Verlag

1827erwarbGeorG Franz inMün-cheneineBuchdruckerkonzessionundnannte seine Firma „G. Franz scheAkzidenzdruckerei“. Aus der Drucke-rei wurde auch ein Verlag, in demperiodische Publikationen wie „DerBayerische Landbote“ erschienen.Nach dem Tode des Verlagsgründersging das Unternehmen 1864 an dieFamilieMayerüber.Inden20erJah-ren wurde die „Bayerische Radiozei-tung“, eine Programmzeitschrift fürdenneueingeführtenRundfunk,daswichtigste Verlagsobjekt und dieseenthielt ab 1927 eine Beilage „DerBastler“. 1928 wurde „Der Bastler“zur„Funkschau“.

NachKriegsendebeganneinmüh-

Radio-Praktiker-BüchereiWegweiser in die Radiotechnik und praxisnahe Anleitungen

zum Selbstbau

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samer Neubeginn, aber ab 1946erschien die „Funkschau“ wieder,1954kamdie„Elektronik“hinzu.Umeinen leichter aussprechbaren Fir-mennamen zu haben, entschied mansich, das Unternehmen „Franzis“zu nennen. Danach hat der VerlagaucheinegroßeVielfalt vonFachbü-chern publiziert – am bekanntestensind wohl diejenigen mit dem Titel„... ohne Ballast“, zumeist von otto LiMann. Am erfolgreichsten aberwurdedieRPB-Reihemitihrenetwa264 Titeln. Mitte der 90er JahrewurdederVerlagandieWK-Verlags-gruppe verkauft. Heute bietet Fran-zis vorzugsweise Computerliteraturan - für Einsteiger ebenso wie fürprofessionelleAnwender.

Radio-Praktiker-Bücherei

1950 kamen die ersten Bände derRadio-Praktiker-Bücherei heraus.Fünf Jahre nach dem verlorenenKrieg ging es in Deutschland lang-sam wieder aufwärts. Die Grund-versorgung der Menschen war nunwieder einigermaßen sichergestellt,das Geld sehr knapp, aber nach derWährungsreform im Jahr 1948 wie-der etwaswert.DerRundfunkhattesich während des Zweiten Welt-krieges in Deutschland zum wich-tigsten Massenmedium entwickelt– infolge massiver Förderung durchdas herrschende Regime (Volksemp-fänger/DKE), aber auch unverzicht-bar zur Warnung vor anfliegendenBomberverbänden.SowardieBevöl-kerung daran gewöhnt, sich durchRundfunksendungen informieren zulassen – und bald nahm auch dasBedürfnisnachUnterhaltungwiederzu. Allerdings waren im Krieg sehr

viele Radios zerstört worden, auchdieAlliiertenhattenetlichebeschlag-nahmt, zudem die vielen Flüchtlingeaus dem Osten nur das mitbringenkönnen, was sie auf dem Leib tru-gen.ZwarwurdenschonwiederneueGeräte produziert, die waren abersehr teuer, denn sie kosteten denzwei- bis vierfachen Monatslohn. Eswar also eine Zeit, in der sich derSelbstbau von Geräten noch lohnte.Und da es noch kein Fernsehen gab,kaum jemand ein Auto oder Telefon

Bild 1: Der Band 1 von 1950. Aller-dings wurde diese Nummer nicht als erste herausgegeben, sondern die Serie startete mit den Bändchen 3: „UKW-FM-Rundfunk“, 7: „Schall-folienaufnahme“, 8: „Verstärker-geräte für Tonaufnahme und Wie-dergabe“ sowie 17: „Prüfsender für UKW-Empfänger“.

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besaß, Kinos und Sportanlagen sel-tenunddieWohnungenkleinwaren,entwickelte sichdasRadiobastelnzueinem weit verbreiteten Hobby fürJungundAlt.Demzufolgewarpreis-günstige und einfach verständlicheLiteratur sehr gefragt. Auch wenndie 90 Pfennige, die anfangs einRPB-Heft kostete (also etwa einenhalben Euro), für heutige Verhält-nisserechtbilligerscheinen,sosollteman doch bedenken, dass die Stun-denlöhnedamalsvielfachnochuntereinerMarklagen.

Der Münchener Franzis-VerlagerkanntediesenBedarfundgabdenersten Bändchen die folgenden Ziel-vorstellungmitaufdenWeg:

„UmdemneuentstandenenBedürf-nis zu dienen, über wichtige undaktuelle Teilgebiete der praktischenRadiotechnikdurchnichtzuumfang-reiche, in sich abgeschlossene undvorallembilligeBändchenunterrich-tet zu werden, wird die neue Radio-Praktiker-Bücherei herausgegeben.Leicht verständlich, aber technischzuverlässig, inhaltreichunddochbil-ligsindalleBändedieserneuenradi-otechnischen Bücherei. NamhafteAutoren sind ihre Mitarbeiter, diesich diesem neuen Vorhaben in derrichtigen Erkenntnis zur Verfügungstellten, dass es heute mehr denn jedarauf ankommt, jedem einzelnenInteressenten, vor allem auch demLernenden, dem Schüler, Studentenund Lehrling den Aufbau einer klei-nen radiotechnischen. Bibliothekzu ermöglichen. Deshalb wurdenUmfang, Ausstattung und Preis soaufeinanderabgestimmt,dassfürdenaufzuwendendenniedrigenBetrageinOptimumanWissensstoffundUnter-lagengebotenwerdenkann.

Die Radio-Praktiker-Bücherei

wendetsich ingleicherWeiseandenFachmann und an den Liebhaber.Dem Ersteren will sie oft benötigtetechnische Unterlagen in bequemerForm zur Verfügung stellen, denLetzterenwillsieindieheutebeson-ders interessierenden Sondergebieteeinführen,ihnzueinemtieferenStu-diumanregen,ihmeinsteterFreundundBegleiter sein.SowirddieneueBücherei von Rundfunktechnikernund Mechanikern, von den Mitar-beitern der Laboratorien und Werk-stätteninIndustrieundHandel,vonRadioliebhabernallerSparten,Schü-lern,LehrlingenundStudentengernbenutzt. Für jedes aktuelle Thema

Bild 2: Eine Buchseite aus Band 2 „Rimlock- und Picoröhren“ von 1952, wie sie typisch für die ersten Jahre war.

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eine Nummer, und jede NummerkostetnurwenigmehralseineMark.So ist die Radio-Praktiker-Büchereieine Fundgrube radiotechnischenWissens jedem erschwinglich. JedeNr.64SeitenmitvielenBildern.“

Soweit das Selbstverständnis unddas Marketingkonzept des Verlagesam Anfang der 50er Jahre – unddieses Konzept ging auf! Der ErfolgderRPB-HefteveranlasstedenVerlagübrigens,Mitteder50erJahreparal-lel dazu eine „vielseitige Schwester“mit dem Namen „Technikus-Büche-rei“zubeginnen.Diese„beschränktesichnichtaufeinbestimmtesFachge-biet, sondern sie wählte die gesamteTechnik als Arbeitsfeld“ (offenbarnach dem Vorbild der älteren Lehr-meister-Bücherei). Auch hier arbei-tete der RPB-Autor Mende mit, undzwar bei vier von elf Titeln. Beson-ders erfolgreich scheint diese Reihenicht gewesen zu sein, denn Anfangder60erwurdesiewiedereingestellt.

Entwicklung der Themen und Inhalte

Es lag nahe, dass es sich bei denersten Titeln um den Selbstbau vonGeräten drehte. Und dann gab esnachErschließungdesUKW-Bereichsmit der neuen Modulationsart Fre-quenzmodulation erneut sehr vielInformationsbedarf.Demfolgtenaberauch Themen aus der Elektroakus-tik (wieMikrofone,Schallfolien-undTonbandtechnik). Die Bücher überFehlersuche in Radios entsprachenganzbesondersdemBedarf.DassderInhalt von Praktikern für Praktikererarbeitet wurde, zeigt sich an derpraxisnahen Zusammenführung vonSchaltbild,Röhrendaten,Sockelschal-

tungundganzknappemText(Bild2).DieSchaltbilderverwendetendieneuentwickeltenNormzeichenundwarenebenso übersichtlich gezeichnet wiebeschriftet.

AlserstesWerkspeziellfürFunk-amateure kam 1951 das „Sender-baubuch“ hinzu. Mit 22 Titeln wur-den in diesem Jahr fast doppelt sovielAusgabenaufgelegtwie imJahrzuvor. Allerdings waren acht Titeldabei schon in der 2.Auflage – wasdie Bedeutung und Popularität derBuchreihe unterstreicht. Auch 1952wurden13neueTitelherausgebracht,das Verlagsprogramm umfasste nunschon 39 Nummern (vgl. Bild3). Mitder Einführung des Schwarz-Weiß-FernsehenskameneinigeTiteldieserThematik hinzu, allerdings nur zurDarstellungderSchaltungstechnik–dennobwohldieGeräteanfangssehrteuer waren (1500 DM) traute sichandenSelbstbauwohlkaumjemandheran, eher vermied man durchSelbsthilfe nach Möglichkeit kosten-aufwändigeWerkstatt-Reparaturen.

Bis1956gabesinderRadio-Prak-tiker-Reihe neben Grundlagenwissennur die Themen Radio (kommerziellund Amateurfunk) und Fernsehen.Mit dem Band „Drahtlose Fernsteu-erungen für Flugmodelle“ wurdenerstmals die Modellbauer angespro-chen. Auch diese Bändchen hattengroßen Erfolg. Aber man muss fest-stellen,dassab1957nurnochwenigeneue Titel erschienen sind (vielleichtwegenAusscheidensdererstenAuto-rengeneration?),dieZahlderNeuauf-lagen älterer Titel – zunächst nochauf hohem Niveau – nahm ebenfallserheblich ab. 1960 kam mit einemBandüberFotozellendieSteuerungs-technikhinzu.EinJahrspäter(1961)mitdemBand„ElektronischeOrgeln“

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erschien zum ersten Mal ein BandüberelektronischeMusik,unddamitstieg RPB zugleich in AnwendungenderTransistortechnikein.

Recht frühsindTitelüberStereo-phonie (1960) und gedruckte Schal-tungen(1966)herausgegebenworden,während sich die Halbleitertechnikim Vergleich zu der übrigen Fachli-teratur erst recht spät, nämlich abMitteder60erJahre,imVerlagspro-grammabbildete–obdiesdaranlag,dass sichdieRPB-Leser/Bastlermitdem Umstieg zum Transistor dochrecht schwer taten? Wegen Massen-produktion von Röhrenradios unddes steigenden Angebots der neuenTransistor-Empfänger war jetztjedermann in der Lage, sich ein fer-tiges Gerät zu kaufen. Und damitverschwand die Elektronenröhre,wichtigstesBauteilbisherigerBastel-tätigkeit, aus den RPB-Bändchen.Der Selbstbau von Empfangsgerätenkonzentrierte sich auf den Amateur-funk. Das Thema Lautsprecherbauwurde interessant. Ab 1966 wurdedie Technik des Farbfernsehers vor-gestellt,auchgabesAnleitungenzumServicedieserGeräte.DieseThemenund Bücher über Experimentieren

mitHalbleiternließendieZahlneuerTitel wieder auf elf ansteigen, Neu-auflagen älterer Titel stabilisiertensichanschließendbis1971aufhohemNiveau.

1969 – das Bändchen mit der bis-

Bild 3: Zahl der Erstauflagen und Gesamtauflagen in den Jahren von 1950 bis 1996.

Bild 4: Band 22 / 23 von 1967.

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langhöchstenNummer trugerstdieNummer 147 – begann der Verlageine neue Serie mit Nummern ab301. Diese Bücher enthielten detail-lierte Selbstbauvorschläge, zunächstmitdiskretenHalbleitern,spätermitden ersten auf dem Markt erhält-lichenIntegriertenSchaltkreisen.Bis1971wurdedieseSerieausschließlichvon Lothar SabrowSky als Autorgestaltet. Ab 1974 setzte der VerlagSchwerpunkte bei einfachen Elek-tronikschaltungen „für den Hausge-brauch“ und IC-Anwendungen, wassich in einer erheblichen Zunahmevon Erstauflagen widerspiegelte.Auch die Gesamtzahl an Auflagenüberstieg mehrfach 35 pro Jahr underreichtedamitSpitzenwerte(Bild3):Typische Themen: „Autoelektronik“,„Integrierte NF-Elektronik“, „Digi-

tale Experimentierbausteine“, „VomFlip-Flop zur Quarzuhr“, „Optoelek-tronik“, „Fehlersuche in der Indus-trie-Elektronik“. Erste Anfänge derComputertechnik fanden Eingangbei RPB, wie „Von der Mengenlehrezur Schaltalgebra“, „SchaltalgebraimExperiment“,„SystemanalyseundSystem-Design“. Ab 1975 setzte sichauch der Operationsverstärker alsbedeutender elektronischer Bausteindurch.

Obwohl die EinseitenbandtechniklängstStandardbetriebsartdesAma-teurfunksgewordenwar,gabesjetztaucheinenRPB-Banddarüber,eben-so über UHF-Amateurfunk-Anten-nen. Der CB-Funk kam auf, undFranzis veröffentlichte einen Titel„Jedermannfunk“. Es war auch diehohe Zeit der Elektronik-Bastelei: Injeder Stadt gab es mindestens einenLaden für elektronische Bauteile,außerdem etliche Versandgeschäfte(Bühler,Bürklin,Conrad,hobby-elec-tronic, Meyer, Nadler, Schubert, Völ-kner) – nur wenige sind heute übriggeblieben.

AbAnfangder80errücktenandereThemen in den Vordergrund: „Halb-leiterspeicher“, „Kleiner Basic Wort-schatz“, „Prozessrechner-Systempro-gramme“, „BasicRechenprogramme“,„NeueAufgabenfürdenHeimcompu-ter“,danebenetlichesfürdenModell-eisenbahner, wie „Modellbahn-Mehr-zugbetrieb“. Lötkolben und individu-elle Schaltkreise wurde allmählichdurchdenPersonalComputerersetztund damit hielt auch die kurzlebigeComputerfachliteratur Einzug beider Radio-Praktiker-Bücherei – nuneigentlich weder mit Themen übers„Radio“ noch für den selbst konstru-ierenden „Praktiker“ mehr. Mit vie-len neuen Titeln steuerte der VerlagBild 5: Band 27 / 27a von 1970.

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dem rückläufigen Trend entgegen,ohne ihnumkehrenzukönnen.The-menwie: „DOS leichtgemacht“, „Pro-grammierspracheC“und„TurboPas-cal“ wiesen bereits den Weg in daszukünftigeVerlagsprogramm.Esgabnoch etliche Themen, die in frühereJahre gepasst hätten: „Tempera-turen elektronisch richtig messen“,„Frequenzweichen fürLautsprecher“,„Funkempfang–derersteSchritt indiePraxis“„MessgerätefürdasElek-troniklabor“, wobei der Autor die­ter nührMann 1978/79 sowie 1988besondersaktivwar.EinBand„Satel-litenempfang–leichtgemacht“wurde1991herausgegeben.1992erschienendann die letzten Erstauflagen, derallerletzte neue Titel (Nummer 253:„Der leichte Einstieg in die Funk-technik“) wirkte damals schon wie

eine liebgewordene Reminiszenz. Ab1993 gab es keine neuen Titel mehr,und mit der 15. Auflage vom Band„Wie arbeite ich mit dem Elektro-nenstrahl-Oszillographen“ wurde dieBuchreihe1996eingestellt.

An der Entwicklung der Themen-bereiche wird deutlich, welchen WegFunktechnik und Elektronik in den47 Jahren von 1950 bis 1996 durch-schrittenhaben:VonderElektronen-röhre im Selbstbau über die Halb-leitertechnik und den IntegriertenSchaltkreis bis zum Computer unddessen Anwendung. Insofern ist dieRadio-Praktiker-Bücherei irgendwiesoetwaswieeinDenkmalderFunk-geschichte.

Die auflagenstärksten Titel und ihre Autoren

In einer Sonderausgabe, nämlichder Nr. 100, zog der Verlag im Jahr1961 eine Zwischenbilanz (Inhaltgekürzt): „Diese fachtechnischeBücherei stellt innerhalb der deut-schenBuchproduktioneineeinmaligeErscheinungdar:DieIdeedesgleich-förmigen,relativpreiswertenReihen-buches, wie es seit Jahrzehnten inmehreren universell ausgerichtetenBibliothekenbekanntundvonErfolggekröntwar,wurdehieraufeinver-hältnismäßig enges Fachgebiet über-tragen,allerdingsaufeinGebiet,dasinfolge viel-millionenfacher Verbrei-tung von Rundfunk- und Fernsehge-räteneinesgrößerenInteressessicherwar.DieersteAnkündigungerfolgte1950inderspätermitderFunkschauvereinigten Zeitschrift Radio-Maga-zin.Dassdieseäußerlichschmucken,innerlich mit Bildern, Schaltungen,Zahlentafeln und so weiter reichlich

Bild 6: Band 32 von 1979.

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versehenen schmalen Bände schonzu Anfang eine begeisterte Aufnah-me fanden, ist sicher mit auf dendamaligen Mangel an Fachliteraturschlechthin zurückzuführen. Ent-scheidend aber war, dass für wenigGeld ein „echtes Fachbuch“, wennauch mit einem abgeschlossenenThema,gebotenwurde.DieAuswahlder Autoren und Sachgebiete sorgtedafür, dass alle aktuellen und inte-ressierenden Themen schnell an dieReihe kamen, und innerhalb vondrei Jahren waren bereits rund 50Nummern erschienen. Die Freundeder RPB, wie die Bücherei in Fach-kreisen allgemein genannt wurde,gewöhnten sich daran, jede neuerscheinende Nummer zu kaufen, javielelegtensichsogarjedeneueAuf-lage einer Nummer zu, um stets aufdemjüngstenStandzusein. Infolge-dessenließenneueAuflagenfastnie-mals langeaufsichwarten,dieRPBwar immer aktuell. Die RPB ist hateineGesamtauflagevon2,5MillionenNummern erreicht. Die Bücher wer-deninDeutschlandundimgesamtendeutschsprachigen Ausland gekauft;in mehreren Ländern erschienenNachdruckeinfremderSprache,soinDänemark, Finnland, Holland, Ita-lien. ImmermehrFachthemenkonn-ten aufgenommen werden, und trotzmehrfacher,durchKostenerhöhungenerzwungenerHeraufsetzungderHeft-preise erleben alle neuen und vieleältere Nummern in schneller FolgeNeuauflagen.“

NacheinerVeröffentlichunginderZeitschrift „Radio-Fernseh-Händler“,ebenfalls von 1961, hatten folgendeBändediebislanghöchstenAuflagenerreicht:

Mende: Rundfunkempfang ohneRöhrenmit60.600Ex.

Mende: Antennen für Rundfunk-undUKW-Empfangmit53.500Ex.

Kühne: Vielseitige Verstärkerge-rätefürTonaufnahmeundWiederga-bemit53.400Ex.

Die drei erfolgreichsten Autorenwaren seinerzeit: herbert Mende mit insgesamt 356.000 Nummern,werner dieFenbach mit 234.000undFritz kühnemit222.000Exem-plaren. Der erfolgreichste Vierfach-band war der Lehrgang Radiotech-nikvonJacobS;vonihmwurden(dieGanzleinenbände eingeschlossen).44.400Exemplareausgeliefert.

Die Zeitschrift endet mit einemLob: „Der Verlag, der dahintersteht,passtgewaltigauf,dassdieeinzelnenBändchen nicht veralten. Er treibtmoderne Marktforschung und macht

Bild 7: Band 239 von 1991.

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die jeweilige Auflage nur so groß,dass sie verkauft ist, wenn wichtigetechnischeFortschritteaufdemSpe-zialgebietvorliegen,dieeineNeuauf-lage notwendig machen. Die Bücher-reihe ist lebendig im besten SinnedesWortes.“

Verlässliche Angaben zu späterenJahren sind nicht verfügbar. Unter-stellt man jedoch, dass nach 1961noch etwa die doppelte Zahl an Auf-lagengedrucktwordenist(wennauchwohl geringeren Umfangs), dannkommt man auf eine Gesamtzahl,welche zweifellos fünf Millionen ver-kaufteBändeübersteigt.Fürdiespä-terenJahrekannmansicherlichauchdieter nührMann undLothar Sab­rowSky denumsatzstärkstenAutorenzurechnen. Die höchsten Auflagen-zahlenerreichtenfolgendeBändchen:­ Mende: Praktischer Antennenbau

(19Auflagen),­ roSe: Formelsammlung für den

Radio-Praktiker(18Auflagen),­ Mende: Antennen für Rundfunk-

undUKW-Empfang(16Auflagen),­ renardy:MethodischeFehlersuche

inRundfunkempfängern(16Aufla-gen).Und wer veröffentlichte die mei-

stenTitel(voninsgesamtetwa270inErstauflage) und in welchem Zeitab-schnitt? Diesmal in zeitlicher Folgeaufgeführt:1950-1956/1961: herbert Mende 11Titel1950-1960: Fritz kühne, 9Titel1950-1966: hanS Sutaner, 10Titel1951-1954/1981: otto LiMann, 5Titel1952-1974:werner dieFenbach, 10Titel1963-1981:

hanS herbert kLinGer,5Titel1966-1980: Gerhard GerzeLka, 5Titel1969-1974: Lothar SabrowSky, 11Titel1971-1977/1990/1991: SieGFried wirSuM, 5Titel1974-1987: horSt PeLka, 6Titel1977-1988: dieter nührMann, 22Titel1977-1988: herrMann Schreiber,6Titel

Preisgestaltung

Die Preise waren anfangs rechtmoderat: Der Einfachband (mit gut60 Seiten), wie er die Regel war,kostete 90 Pfennige. Lange war die-ser Preis jedoch nicht zu halten undbetruginden60ernbereits2,50DM.Der Umfang der Bände nahm allge-mein zu, der Doppelband (etwa 120Seiten) kostete um 1960 5,00DM,1980 8,80DM. Dreifachbände (abetwa 160 Seiten) kamen hinzu, siekosteten anfangs 7,50DM. In den80ernstiegderenPreisauf10,80DMunderreichteAnfangder90erJahreeineHöhevon19,80DM.

Systematik von Nummerierungund Umschlaggestaltung

Alle RPB-Bände sind nach Num-mern geordnet (nur wenige neueTiteldes „heutigen“Franzis-Verlagesverwenden auch noch das Kürzel„rpb“ ohne Nummer), alle Bänd-chen sind broschiert und im Format116x175mmgeschnitten–miteinerAusnahme:DerBand„Farbfernsehen“ist auch als „Großformat-Vierfach-

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bandderRPB“erschienen,undzwarimFormatDINA4.DieUmschlagsei-ten der verschiedenen Auflagen sindoft durch unterschiedliche Farbengekennzeichnet.Offenbargabesauchverschiedene BibliotheksausgabenmitHardcover.1950bis1970verwen-detederVerlagzumeistaufsteigendeNummern,wobeiLücken feststellbarsind. Bis 1963 waren die UmschlägeausdünnerPappeaußenungeschützt(Bild1), ab 1962 wurde das Titel-bild großflächiger und der Umschlagmit Folie überzogen („Cellu-Band“,Bild4). Offenbar, weil jetzt auf demTiteldieNummernichtmehrerkenn-bar war, näherte man sich wiederder früheren Gestaltung an (Bild5)Ab 1969 ist mit den „electronic-bau-büchern“ und Nummern ab 300 eineneue Serie begonnen worden, auchdiesemit cellophaniertemUmschlag.Ab 1973 erhielten die Bändchen der„normalen“ Reihe den Serientitel„electronic-taschen-bücher“, um sichvon den Baubüchern zu unterschei-den; ab jetzt wurden Ein- bis Drei-fach-Bände auf dem Buchrücken mit1, 2 oder3Punktengekennzeichnet.1975 begann der Verlag, die unbe-nutzt gebliebenen Nummern auf-zufüllen und früher benutzte, nichtmehr aufgelegte Nummern erneutzuverwenden.Zwarhattesichschonfrüher mehrfach der Titel aufeinan-derfolgender Auflagen geändert, dasThemaundderAutorwarenaberbis-lang zumeist gleich geblieben. 1979erhielten die Bändchen ein völligneuesDesignmiteinemUmschlaginLeinenstruktur,auchwurdendieSei-tenspürbardickerundsteifer(Bild6).1980 wurde die Bezeichnung Bau-bücher aufgegeben. Ab 1987 führtenalle Bändchen nach einem erneuten„Facelifting“(unterBeibehaltungder

Leinenstruktur) den Seriennamen„Franzis Taschenbuch“ (Bild7), dieUnterteilunginEin-,Zwei-undDrei-fachbandentfiel.

Sammeln von RPB-Bändchen

Aufgrund der großen verkauftenStückzahlen kann man auch heutenochvieleHefteerwerben,wobeidiePreisesozwischen2und8Euro lie-gen.ManfindetsieüberdieAntiqua-riatsangebote im Internet (abebooks.de, eurobuch.com, zvab.com) und aufeinschlägigenFlohmärkten,zuweilenauchbeiebay.Wegendermeistüber-wältigendgroßenZahlvonAngeboten(bis 1.000) sollte man schon wissen,welches Heft man sucht (z.B. Suchenach „rpb“ und „Autorenname“)– wobei die mehrfache VerwendungderselbenHeft-NummernVerwirrungstiften kann. Und man sollte vonVornherein entscheiden, obmansichmitderNummerirgendeinerAuflagebegnügenwill(auchdasergibtinsge-samt schon etwa drei „Regalmeter“)oder anstrebt, möglichst ein Exem-plarjederAuflagezubesitzen(damitkämemanaufüber900Bände,wennman sie denn noch so vollständigerwerbenkönnte!).GeradedieälterenHeftewerdenoftangeboten,dagegenistesnichtsoeinfach, jüngereHeftegeringerAuflage(sozwischenNr.100und253) zu finden.Auchwennmanwissen will, welche Titel, Heft-Num-mern und Auflagen es gegeben hat,hilft das Internet weiter: Zwei RPB-Sammler haben freundlicherweiseentsprechende Listen in das Inter-net gestellt (Adressen am Ende desBeitrags). Allerdings basieren dieseListen auf den Umschlagseiten derBändchen und Prospekten des Ver-

Page 11: Radio-Praktiker-Bücherei · wurde die RPB-Reihe mit ihren etwa 264 Titeln. Mitte der 90er Jahre wurde der Verlag an die WK-Verlags-gruppe verkauft. Heute bietet Fran-zis vorzugsweise

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FirmenGeschichte

lages sowie den BibliothekbeständenderbeidenSammler–offizielleListendesVerlagesexistierennicht.BislanggibtesauchnochkeineTauschbörse,ebenso fehlt eine umfassende zeitbe-zogeneAnalysederInhalte.

Auch ich habe mich weitgehendaufdenInhaltderInternetseitenderHerren wiLLkoMMen und Liebert­adeLt abgestützt,vorallemhinsicht-lich des Zahlen-materials.Hierfürund für weitereweitereUnterstüt-zung, auch durchHerrn Peter von bechen, darf ichdarf ich michherzlich bedan-ken.

Ergänzend sei darauf hingewie-sen, dass in der DDR ab 1958 nachRPB-VorbildeinevergleichbareReihevoninsgesamt249Bändchenheraus-gegeben worden ist, zunächst unterdem Namen „Der praktische Funk-amateur“, ab 1969 als „electroni-ca“, und zwar vom Verlag Sport undTechnik, ab 1963 Militärverlag. DerInhalt konzentrierte sich stärker als

RPB auf funk-technische/elek-tronische Expe-rimente und denSelbstbau, wobeisich die tech-nische Thematiketwa wie bei derRPB entwickelte.Parallel dazu gabder Militärverlagvon1963bis1982eine auf Jugend-liche zugeschnit-tene Serie „Derjunge Funker“von insgesamt 30Titelnheraus.

Quellen:

[1] Mende:Daten- und Tabel-lensammlung fürRad iopraktiker,München 1964,Radiopraktiker-

BüchereiNr.100(Sonderausgabe)[2] www.radio-praktiker.de[3] Liebert-Adelt:www.qsl.net/dk4bf[4] www.uni-online.de/artikel[5] Bechen,von:GeschichtedesFran-

zis-Verlages (unveröffentlichtesManuskript).

Bild 8: Beispiele für die DDR-Hefte.