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Rückbau von Filialnetzen unter Konkurrenzbedingungen – am Beispiel innerstädtischer Paketshops Zusammenfassung Durch zunehmenden Kostendruck, veränderten Wettbewerb und Bevölkerungsrückgang besteht die Notwendigkeit, Filialnetze nicht nur zu errichten bzw. zu erweitern, sondern sie auch zurückzubauen. Im vorliegenden Beitrag wird hierfür ein Standort-Allokations- Modell vorgeschlagen. In einer Fallstudie wird aufgezeigt, wie der optimale Rückbau eines Filialnetzes von Paketshops in Dresden aus Sicht eines Paketdienstleisters vollzogen werden kann. Dabei werden die kürzeste Entfernung für die Kunden zu den Filialen des Paketdienstleisters und die Entfernung zu den Filialen konkurrierender Anbieter zur Abbildung der räumlichen Konkurrenz herangezogen. Summary With increasing cost pressure, change in the competitive environment and shrinking population, it is less necessary to built or extend a network of branches, rather to reduce the number of facilities. In this paper, we propose a location-allocation model which addresses facility closing. A case study illustrates how the dismantling of a network of parcel shops in Dresden (Germany) can be solved by a single service provider. A problem formulation is given, considering the shortest distance between customer and location of the provider and the distance between customer and location of the competitor to illustrate the spatial competition. 1 Einleitung Mit dem Aufbau eines Filialnetzes können Unternehmen Einsparungen durch u.a. Größenvorteile auf der Beschaffungsseite, Vergrößerung des Kundenpotentials auf der Absatzseite sowie weiteren innerbetrieblichen Vorteilen erzielen (HEINRITZ et al. 2003, S. 79 f.). Durch zunehmenden Kostendruck, verstärkten Wettbewerb und Bevölkerungs- Knut Haase (TU Dresden) Mirko Hoppe (TU Dresden) Sven Müller (TU Dresden)

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Rückbau von Filialnetzen unter Konkurrenzbedingungen – am Beispiel

innerstädtischer Paketshops

Zusammenfassung Durch zunehmenden Kostendruck, veränderten Wettbewerb und Bevölkerungsrückgang besteht die Notwendigkeit, Filialnetze nicht nur zu errichten bzw. zu erweitern, sondern sie auch zurückzubauen. Im vorliegenden Beitrag wird hierfür ein Standort-Allokations-Modell vorgeschlagen. In einer Fallstudie wird aufgezeigt, wie der optimale Rückbau eines Filialnetzes von Paketshops in Dresden aus Sicht eines Paketdienstleisters vollzogen werden kann. Dabei werden die kürzeste Entfernung für die Kunden zu den Filialen des Paketdienstleisters und die Entfernung zu den Filialen konkurrierender Anbieter zur Abbildung der räumlichen Konkurrenz herangezogen.

Summary With increasing cost pressure, change in the competitive environment and shrinking population, it is less necessary to built or extend a network of branches, rather to reduce the number of facilities. In this paper, we propose a location-allocation model which addresses facility closing. A case study illustrates how the dismantling of a network of parcel shops in Dresden (Germany) can be solved by a single service provider. A problem formulation is given, considering the shortest distance between customer and location of the provider and the distance between customer and location of the competitor to illustrate the spatial competition.

1 Einleitung Mit dem Aufbau eines Filialnetzes können Unternehmen Einsparungen durch u.a. Größenvorteile auf der Beschaffungsseite, Vergrößerung des Kundenpotentials auf der Absatzseite sowie weiteren innerbetrieblichen Vorteilen erzielen (HEINRITZ et al. 2003, S. 79 f.). Durch zunehmenden Kostendruck, verstärkten Wettbewerb und Bevölkerungs-

Knut Haase (TU Dresden) Mirko Hoppe (TU Dresden) Sven Müller (TU Dresden)

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rückgang kann aber auch die Notwendigkeit bestehen – als Bestandteil einer Strategie oder Konsequenz einer falschen Markteinschätzung – ein Filialnetz zurückzubauen. Während für die Standortplanung von Einrichtungen der öffentlichen Infrastruktur dabei die größtmögliche Effizienz der räumlichen Versorgung entscheidend ist, steht beim Rückbau eines Filialnetzes von privaten Unternehmen die Gewinnmaximierung bzw. Kostenminimierung im Vordergrund.

Ein Beispiel für den Rückbau eines Filialnetzes in einem starken Wettbewerbsumfeld ist im deutschen Paketmarkt, einem Marktsegment des so genannten Kurier-, Express- und Paketmarktes (KEP-Markt), zu beobachten. Deutschland wies zwischen 1998 und 2003 europaweit die vierthöchste Abbaurate bei unternehmenseigenen Postfilialen auf (Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. 2005). Demgegenüber investierten die Deutsche Post sowie weitere KEP-Dienstleister zunehmend in den Aufbau flächen- deckender Paketshopsysteme, um räumliche Nischen zu bedienen. Innerhalb der Stadtgrenzen von Dresden ist eine steigende Anzahl dieser Einrichtungen zu beobachten. Befanden sich 117 Paketshops unterschiedlicher Anbieter im Jahr 2004 im Stadtgebiet, sind es Anfang des Jahres 2006 bereits 146 und 167 im Jahr 2007.

Die zunehmende Konzentration auf den Privatkundenbereich und der steigende Wettbewerbsdruck können weitere Standortschließungen aufgrund von Kosten- reduktionen zur Folge haben. Aus Sicht eines Anbieters ergibt sich die Frage, wie sich der Rückbau eines Filialnetzes unter Beachtung • der geringsten Entfernung zu den eigenen Filialen für den Kunden und • der Entfernung zu Filialen von konkurrierenden Anbietern zur Abbildung der räumlichen Konkurrenz vollziehen kann.

Zur Beantwortung der Fragestellung haben wir den Beitrag wie folgt aufgebaut. Im nächsten Abschnitt skizzieren wir den Stand der Forschung. Anschließend spezifizieren wir im Abschnitt 3 eine Attraktivitätsfunktion und ein Nachfragepotenzial. Darauf aufbauend formulieren wir im Abschnitt 4 ein Standort-Allokations-Modell, welches für den optimalen Rückbau von Filialnetzen angewandt wird. Die Anwendbarkeit des in GAMS/Cplex implementierten Lösungsansatzes als Entscheidungshilfe wird in Abschnitt 5 anhand eines Beispiels gezeigt. Der Beitrag endet mit einer Zusammen–fassung.

2 Forschungsstand Standortanalysemethoden lassen sich in qualitative und quantitative Methoden unterteilen. Bei Letzteren erfolgt die Bewertung mit Modellen auf Grundlage zahlenmäßig, objektiv bestimmbaren Größen wie Einwohnerzahl, Entfernungen oder Kaufkraftkennziffern (LERCHENMÜLLER 2003, S. 83 f.). Zu diesen Modellen zählen u.a. Standort-Allokations-Modelle. Es handelt sich um Modelle, mit denen ein optimaler Standort für p Einrichtungen und die Zuordnung von n Kunden zu diesen Einrichtungen

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simultan bestimmt werden können (GOSH et al. 1995). Ein umfassender Überblick über die praktischen Anwendungen von Standort-Allokations-Modellen ist in HODGSON et al. (1993) zu finden. Zu den typischen Fragestellungen im öffentlichen Sektor gehört die Standortplanung für medizinische Einrichtungen, Bildungseinrichtungen oder Feuer- wehrstationen. Im privaten Sektor sind Modellanwendungen bei der Planung von Filialsystemen von Banken oder Einzelhandelsketten zu finden (MARIANOV und SERRA 2004, S. 119).

Hinsichtlich der Betrachtung von Konkurrenzbedingungen gibt es Modelle, mit deren Hilfe nicht nur eigene, sondern auch Standorte konkurrierender Einrichtungen anderer Anbieter mit einem gleichen Produkt- oder Dienstleistungsangebot bei der Standortplanung berücksichtigt werden.1 Ein ausführlicher Literaturüberblick ist in PLASTRIA (2001) sowie REVELLE und EISELT (2005) zu finden. Im Wesentlichen basieren die Forschungsarbeiten auf der Arbeit von HOTELLING (1929). Er betrachtet zwei Anbieter, die dasselbe Gut anbieten, ihren Gewinn maximieren wollen und deren Strategien in der Wahl jeweils eines Standortes sowie der Verkaufspreise bestehen. Die weiteren Entwicklungen lassen sich in kontinuierliche und diskrete Standort-Allokations-Modelle für konkurrierende Einrichtungen unterteilen (PERALES 2002, S. 23).

Bei kontinuierlichen Modellen können potentielle Standorte ohne räumliche Vorgaben und Einschränkungen (z.B. administrative Raumeinheit) in der Ebene errichtet werden. Ein Überblick ist in GHOSH und HARCHE (1993) zu finden. Eine dabei oft genutzte, aber nicht immer geeignete Annahme ist, dass der Konsument die räumlich nächstgelegene Einrichtung nutzt. Es ist aber auch möglich, dass für Konsumenten angebotsbezogene Motive wichtiger sind als die Minimierung des Weges. Hinsichtlich dieser Überlegung findet man Erweiterungen durch die Anwendung von Nutzenfunktionen, die das beobachtete, räumliche Einkaufsverhalten abbilden. Bei einer vorgeschlagenen deterministischen Nutzenfunktion werden die Entfernung zwischen Wohnort des Konsumenten und dem potentiellem Ziel sowie zusätzliche Merkmale von Einrichtungen in Form der Attraktivität berücksichtigt (DREZNER 1994a). Aufgrund der restriktiven Annahme, Kunden nutzen nur eine Einrichtung, führten DREZNER und DREZNER (1996) eine probabilistische Nutzenfunktion ein, die es ermöglicht, relative Kaufkraftströme über verschiedene Einrichtungen zu verteilen. Ähnliche Überlegungen beinhalten Standort-Allokations-Modelle, bei denen ein probabilistisches Modell nach HUFF (1964) eingebunden wird (DREZNER 1994b). Die aktuellen Forschungsbemühungen umfassen u.a. eine detaillierte Darstellung einer Standortattraktivität durch die Berücksichtigung unerlaubter Bebauungsflächen, Kapazitäten und Budgetrestriktionen (MCGARVEY und CAVALIER 2005) sowie die Verbesserung von Lösungsverfahren (BRIMBERG und SALHI 2005, DREZNER und DREZNER 2004).

1 Spatial Competition bzw. Competitive (Facility) Location

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Bei diskreten Modellen wird der räumliche Markt als Netzwerk dargestellt. Die Wahl der potentiellen Standorte ist dabei auf vorgegebene Knoten beschränkt. In diesem Bereich haben sich verschiedene Autoren mit der Standortwahl für Einzelhändler, insbesondere für so genannte Nachbarschaftsläden, befasst. Charakteristisch für diese Art von Läden sind ein begrenztes und gleiches Produkt- bzw. Dienstleistungsangebot sowie ein ähnliches Image und Preisniveau zwischen den Läden (SERRA und REVELLE 1996, S. 371). Bezüglich der Zielfunktion unterscheidet man zwei Modell- klassen. Die erste Klasse korrespondiert zu Modellen, die eine gewinnmaximierende Zielfunktion beinhalten (GHOSH und GRAIG 1984; DOBSON und KARMARKAR 1987). Die zweite Modellklasse basiert auf dem Modell von ReVelle (1986), dem so genannten Maximum Capture Problem (MAXCAP). Dessen Zielstellung ist die maximale Versorgung der Bevölkerung durch die vorgegebenen Einrichtungen. Der Wettbewerb zeichnet sich dabei durch die Entfernung aus und die Kunden werden nur einer Einrichtung zugeordnet. Diese Annahmen haben eine Reihe unterschiedlicher Modifikationen initiiert, die als Überblick in SERRA und REVELLE (1996) sowie SERRA und MARIANOV (1999) ausführlich dargestellt sind. Darauf aufbauend betrachtet Perales (2002) das Wahlverhalten von Kunden näher. Sie erweitert das MAXCAP, indem sie ein probabilistisches Gravitationsmodell (sog. Multiplicative Competitive Interaction Model) in die Modellformulierung integriert und die Standorteröffnung in Abhängigkeit von einem Schwellenwert der Kundennachfrage stellt.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Standort-Allokations-Modelle für konkurrierende Einrichtungen zumeist als Entscheidungshilfe für die Eröffnung neuer Standorte bzw. eine Verschiebung und Eröffnung neuer Standorte zur gleichen Zeit dienen. Es ist jedoch nur eine geringe Anzahl an Veröffentlichungen zu finden, die sich mit der Standortschließung beschäftigen (WANG et al. 2003; MÜLLER 2006). Einen ersten Überblick hierzu ist in REVELLE et al. (2007) zu finden. Der vorliegende Beitrag greift die Fragestellung zur Standortschließung unmittelbar auf und befasst sich mit einem Standort-Allokations-Modell im diskreten Raum unter Berücksichtigung von Konkurrenzbedingungen. Für die Wahl der vom Rückbau betroffenen Standorte ist das Nachfragepotenzial in dem jeweiligen Einzugsgebiet entscheidend, was wir mit Hilfe einer Attraktivitätsfunktion ermitteln.

3 Bestimmung des Nachfragepotenzials Wir nehmen an, dass die Nachfrage nach Serviceleistungen einer Einrichtung mit

steigender Entfernung von dem jeweiligen Nachfragepunkt abnimmt. Daher wird im Allgemeinen die nächstgelegene Einrichtung gegenüber weiter entfernten bevorzugt. Mit den Mengen I als Nachfragepunkte (auf Baublockebene) und J als Einrichtungen/ Filialen eines betrachteten Anbieters sowie dij als Distanz zwischen dem Baublock i

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und einer Filiale j kann die wahrgenommene Entfernung vom Kunden als Attraktivitätsfunktion in der Form

(1)

beschrieben werden.2 Dabei sind α und β zu schätzende Koeffizienten.3 Da es sich bei der Attraktivitätsfunktion im Allgemeinen um eine monoton fallende Funktion handelt, wird der Koeffizient β einen negativen Wert annehmen. Um für dij = 0 einen definierten Funktionswert zu erhalten, erhöhen wir die Distanz um 1.

Neben dieser Funktion sind weitere Formulierungen denkbar. Für die Untersuchung der Frage, welche Funktionsformen die tatsächliche Entfernung in die vom Kunden wahrgenommene Entfernung am besten abbilden, verweisen wir auf MÜLLER (2004, S. 384 f.) und KANHÄUßER (2007, S. 75 ff.) sowie die dort zitierte Literatur. Dabei ist festzuhalten, dass solche Funktionen, die einen logistischen Funktionsverlauf beschreiben (s-Form), zu bevorzugen sind.

Wir folgen weiter der Annahme, dass nur ein homogenes Produkt angeboten wird. Die Produktnachfrage in jedem Knoten (Baublock) ist proportional zur Anzahl der Einwohner. Es werden keine Unterschiede in den Preisen angenommen und alle Unternehmen streben die Maximierung der zu bedienenden Kundenanzahl an. Ferner sei die Einwohnerzahl durch ci in einem Baublock i gegeben. Ohne die Berücksichtigung von Konkurrenzbeziehungen bestimmen wir durch

(2)

das potenzielle Sendeaufkommen, im Folgenden als Nachfragepotenzial wij aus dem Baublock i für den Filialstandort j des betrachteten Anbieters genannt.

Für die Formulierung des Nachfragepotenzials mit Berücksichtigung von Konkurrenz– beziehungen folgen wir weiter den Annahmen, dass die Standorte der Konkurrenten gegeben sind. h(i) ist eine Funktion, die uns die von Baublock i nächstgelegenen Konkurrenten liefert. Darauf aufbauend definieren wir das Nachfragepotenzial wij durch:

(3) mit (4)

2 Eine ähnliche funktionale Ausprägung der Distanz wird auch im probabilistischen Modell nach HUFF (Huff-

Modell) verwendet. 3 Für eine ausführliche Darstellung und Diskussion der verschiedenen Verläufe der Wahrscheinlichkeitsfunktion

des probabilistischen Modells verweisen wir auf KLEIN (2007, S. 55 ff.).

)()()(

)( ijiih

ijij dfdf

dfz

+=

iijij cdfw ⋅= )(

iijij czw ⋅=

nji ,...,1, =∀

nji ,...,1, =∀

βα )1()( ijij ddf +⋅=

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indem wir die kürzeste Distanz dih(i) von Baublock i zur nächstgelegenen Filiale des Konkurrenten betrachten.

4 Standortplanungsmodell unter Berücksichtigung von Konkurrenzbeziehungen

Wir beschränken uns auf den Fall, dass die Anzahl der zu schließenden Filialen vorgegeben ist, d.h. wir lösen p-Median-Probleme. Das Ziel der Probleme dieser Klasse ist eine p-elementige Teilmenge der Menge aller Einrichtungen (p-Median von J) zu finden, für die die Summe der nachfrage-gewichteten kürzesten Entfernungen zwischen einer Einrichtung j zu jedem Kundenstandort i minimal ist (DOMSCHKE und DREXL 1996, S. 45 ff.). Für unsere betrachtete Problemstellung haben wir das Modell wie folgt modifiziert. Die Anzahl der aufrechtzuerhaltenden Standorte sei p, wobei p < |J| gilt. Unter Verwendung des spezifizierten Nachfragepotentials wij und der Entscheidungs- variablen definieren wir folgendes Entscheidungsproblem:

xij = 1, falls Baublock i der Einrichtung j zugeordnet wird (0, sonst) yi = 1, falls Einrichtung j bestehen bleibt (0, sonst)

(5) unter den Nebenbedingungen (6) (7) (8) (9) (10)

jij yx ≤ JjIi ∈∈∀ ,

pyj

j =∑

0>ijx JjIi ∈∈∀ ,

{ }1,0∈jy Jj∈∀

∑∑= =

⋅=1 1

maxi j

ijij xwZF

∑ =j

ijx 1 Ii ∈∀

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Erläuterungen • (5) maximiert die Anzahl der potentiellen Nachfrager, d.h. es bleiben die

p Standorte mit dem höchsten Nachfragepotential erhalten. • (6) ordnet jedem Baublock i genau eine Einrichtung j zu. • (7) besagt, dass ein Wohngebiet i nur dann einer vorhandenen Einrichtung

j zugeordnet werden kann, wenn diese errichtet ist. • (8) gibt die Anzahl der einzurichtenden Filialen vor. • (9) und (10) definieren die Wertebereiche der Entscheidungsvariablen.

Zur Bestimmung von Angebotsstandorten, durch die die größtmögliche räumliche

Zugänglichkeit für die Bevölkerung erhalten bleibt, kann somit das Modell als Entscheidungshilfe dienen. Es wird also die p-elementige Teilmenge der Menge aller Einrichtungen J ausgewählt, die das höchste Gesamtnachfragepotential besitzt.

Für die Zielstellung folgen wir der bereits diskutierten Annahme, die Nachfrage in einem Baublock nur einer Einrichtung bzw. einem Anbieter zuzuordnen. Sie erscheint für Einrichtungen nachvollziehbar, die aus Sicht des Kunden relativ vergleichbar sind, für die keine Wahlentscheidung besteht oder die Entfernung gegenüber anderen Standortmerkmalen eine dominierende Rolle spielt. Diese Annahme ist beispielsweise bei der Standortplanung von öffentlichen und medizinischen Einrichtungen oder Einrichtungen für Post- und Paketdienstleistungen denkbar.

5 Standortanalyse am Beispiel der Stadt Dresden Für die Anwendung des Modells betrachten wir das Privatkundensegment im Paketmarkt mit zwei Paketdienstleistern, die ein Netz von Filialen bzw. Paketshops betreiben. Die 49 Standorte der Deutschen Post in Dresden bilden das zu reduzierende Filialnetz ab. Die 69 Standorte der Hermes Logistik Gruppe betrachten wir als bestehenden Wettbewerber (vgl. Abb. 1).

Als Paketshop versteht man zentrale, personalisierte Paketabholpunkte und Annahmestellen, wobei Letztere nur von bestimmten Anbietern angeboten werden. Neben dem Betreiben eigener Filialen ist, aufgrund u.a. geringer Standortkosten, das bevorzugte Geschäftsmodell ein so genanntes Shop-in-Shop System (z.B. in Videotheken und Tankstellen). Hinsichtlich der Kundenwahrnehmung von Paketshops zeigt eine empirische Vorstudie4 einen bislang geringen Bekanntheitsgrad alternativer Anbieter gegenüber den traditionellen Postfilialen. Ebenfalls verdeutlichen die Studienergebnisse bei der Gegenüberstellung der Leistungsmerkmale von Paketshops, dass die Erreichbarkeit aus Kundensicht eines der wichtigsten Auswahlkriterien für deren Nutzung ist.

4 Durchführung der Erhebung in Dresden mit n = 360 ausgewerteten Fragebögen im Juni 2004 durch die

Professur für BWL, insb. Verkehrsbetriebslehre und Logistik, Technische Universität Dresden.

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Abb. 1: Einwohnerverteilung sowie Filialnetze der Deutschen Post AG und der Hermes Logistik Gruppe

Quelle: eigener Entwurf

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Im Folgenden stellen wir die Spezifikation der Entfernungsfunktion vor und betrachten die Formulierung für das Konkurrenzmodell genauer. Des Weiteren wenden wir das Modell für zwei Szenarien an. Zum einen ohne und zum anderen mit Berücksichtigung der Konkurrenz. Beide Szenarien wurden auf einem Standard-PC innerhalb einer Minute optimal gelöst.

5.1 Spezifikation der Entfernungsfunktion und Parametrisierung des Modellansatzes

Die Distanzberechnung erfolgte auf Basis von Straßennetzdistanzen zwischen den bestehenden Filialen und Konsumentenhaushalten auf Baublockebene. Zur Spezifikation der Entfernungsfunktion wurde eine Befragung (n = 65) nach dem Wohnort der Paketshopnutzer durchgeführt. Mit Hilfe der KQ-Schätzung haben wir verschiedene Funktionsverläufe getestet und erhalten das höchste R2 mit 0,87 für α = 0,689 und β = -0,479. In Abbildung 2 wird der hyperbolische Funktionsverlauf dargestellt.

Damit zeigt sich, dass der so genannte „Plateau-Effekt“, die Bindung an den Angebotsort im Nahbereich (KLEIN 2007, S. 56), bei dieser Untersuchung nicht nachgewiesen werden kann. Der spezielle Funktionsverlauf kann sich zum einen durch die spezifische Ware (Paket als ein homogenes Produkt) oder zum anderen durch den Befragungsort als regionalspezifische Komponente (Befragung im Stadtzentrum) ergeben (vgl. auch LÖFFLER 1989, S. 17 f.).

Abb. 2: Attraktivität in Abhängigkeit der Distanz (n = 65) 0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1 10 100 1000

Attr

aktiv

ität

Distanz [m]

Attraktivitätsfunktion

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Ferner geben wir vor, dass aus Gründen der Vereinfachung diese Funktion für alle Anbieter gilt. Eine anbieterspezifische Differenzierung sowie die Betrachtung einer geschlossenen Modellformulierung, wie dies zum Beispiel beim Logit-Modell der Fall ist, wurden nicht betrachtet, sind aber Gegenstand weiterführender Arbeiten.

Darauf aufbauend variieren wir die Entfernung in (4), um die Auswirkungen auf zij zu erkennen (vgl. Abb. 3).

Abbildung 4 zeigt die Veränderung von zij in Abhängigkeit von f(dij) dem funktionalen Verlauf der Entfernung vom Wohnort des Kunden zu den Filialen des betrachteten Anbieters a und f(dih(i)) der Entfernungsfunktion zu den Filialen des konkurrierenden Anbieters. Es wird deutlich, dass mit zunehmenden f(dij) der Wert von zij sinkt. Demgegenüber steigt dieser, je weiter entfernt die konkurrierende Filiale positioniert ist. Stimmen die Entfernungen der eigenen und konkurrierenden Filialen überein (z.B. eine Filiale von a und eines Konkurrenten befinden sich am Kundenwohnort oder beide jeweils annähernd 100 Meter vom Wohnort entfernt) teilt sich zij zur Hälfte auf beide Anbieter auf. Damit erkennen wir, dass sich die vorgestellte Formulierung (4) zur Lösung der Fragestellung eignet.

Abb. 3: Funktionswert von zij in Abhängigkeit der Entfernungsfunktionen

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5.2 Modellanwendung ohne Konkurrenz Zunächst betrachten wir für das Szenarium ohne Konkurrenz die Filialen der Deutschen Post. Wir geben vor, dass eine Filiale geschlossen werden soll. Im ersten Schritt prüfen wir den Einfluss der Distanz gegenüber der Einwohneranzahl auf die Entscheidung, einen Standort zu schließen. Um deren Wechselbeziehung in (2) untersuchen zu können, erweitern wir (1) um λ und erhalten

(11) Mit der Variation von λ ergeben sich für (11) folgende Ergebnisse (vgl. Abb. 4). Für

λ = 1 ist der Standort 611020 zu schließen (Bild 4-1). Erhöhen wir λ schrittweise um 1 ergibt die Optimierung bis 133 das gleiche Ergebnis. Für λ ≥ 134 wird Standort 012170 als zu schließende Filiale ermittelt (Bild 4-2). In unserem Beispiel existiert somit ein Parameterwert λkrit, der zwei verschiedene optimale Lösungen voneinander trennt.

Vor diesem Hintergrund scheint ein Vergleich beider Filialen interessant. Als Gemein- samkeit können wir feststellen, dass beide Filialen sich in unmittelbarer Nähe zu anderen Filialen befinden und die Einwohnerzahl des Wohngebietes, indem sich die jeweilige Filiale befindet, relativ hoch ist. Demgegenüber unterscheidet sich die unmittelbare Umgebung beider Filialen.5 Im Einzugsgebiet der Filiale 611020 befinden sich bevölkerungsreiche Baublöcke, im Einzugsgebiet der Filiale 012170 sind die Baublöcke relativ dünn oder nicht besiedelt. Betrachten wir (2) im Zusammenhang mit diesen Ergebnissen, können wir feststellen, dass ein steigendes λ den Einfluss des Baublocks am Standort im Vergleich zu den unmittelbar benachbarten Baublöcken verringert. So kann die Schließung von 012170 bei einem erhöhten λ mit dem unbewohnten Gebiet in der Nähe der Filiale begründet werden, welches einen größeren Einfluss erhält.

In der Praxis kann jedoch sowohl die Schließung von 611020 als auch 012170 ökonomisch sinnvoll sein. Ist das Einzugsgebiet hinreichend groß, sollte dieser Standort erhalten bleiben, da die Einwohner in diesem Baublock keine große Entfernung überwinden müssen. Anderseits ist diese Lösung nur günstiger, solange dieser Vorteil nicht durch einen Verlust von fehlenden Kunden aus den benachbarten Baublöcken überkompensiert wird.

5 Welches Einzugsgebiet der beiden Filialen wir dabei genauer betrachten müssen, können wir an der

Zuordnung der Baublöcke zu den Filialen erkennen, wenn alle 49 Postfilialen erhalten bleiben sollen. Beiden Filialen werden die Wohngebiete im Nordosten zugeordnet.

βλα )()( ijij ddf +⋅=

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Abb. 4: Standortschließung von Filialen der Dt. Post in Abhängigkeit von λ

Bild 4-1: Zu schließende Filiale der Deutschen Post für λ < 134

Bild 4-2: Zu schließende Filiale der Deutschen Post für λ ≥ 134

617040617040617040617040617040617040617040617040617040611020

Bevölkerung500 bis 2.000200 bis 500100 bis 200

0 bis 100

Filialen der Deutsche Postohne Konkurrenz

Baublock

Elbe

erhaltene Filiale

geschlossene Filiale

100 0 100 200 300

Meter

031050031050031050031050031050031050031050031050031050

044010044010044010044010044010044010044010044010044010 012170

Bevölkerung500 bis 2.000200 bis 500100 bis 200

0 bis 100

Filialen der Deutsche Postohne Konkurrenz

Baublock

Elbe

erhaltene Filialegeschlossene Filiale

100 0 100 200 300

Meter

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Betrachten wir im Folgenden λ 134 und geben vor, drei Filialen zu schließen. Die Zuordnung der Baublöcke zu den bestehenden Filialen sowie die zu schließenden Filialen werden in Abbildung 5 dargestellt. Dabei beschränken wir uns für das Beispiel auf das Stadtgebiet Dresden und berücksichtigen Einwohner außerhalb der Stadtgrenzen nicht. In der Reihenfolge werden 012170, 611020 und 215040 geschlossen. Die zu schließenden Filialen 012170 und 611020 haben wir bereits genauer betrachtet. Die Filiale 012170 in der Stadtmitte liegt in einem touristischen Zentrum mit geringer Wohnbevölkerung und in unmittelbarer Nachbarschaft von zwei weiteren Filialen. Das Einzugsgebiet der Filiale wird bei dessen Schließung durch 044010 und 031050 mit abgedeckt. Hier ist jedoch zu erwähnen, dass die Möglichkeit für Privatkunden, Pakete auf dem Weg zur Arbeit, in der Nähe der Arbeitsstelle oder auf dem Einkaufsweg selbst abzugeben bzw. abzuholen, nicht berücksichtigt worden ist. Die Schließung der südlichen Filiale 611020 ist dadurch begründet, dass sich eine weitere Filiale in der Nähe befindet und dessen Einzugsgebiet vorwiegend Industriegebiet mit einer geringen Bevölkerungsanzahl ist. Das genau diese Filiale und nicht die benachbarte 617040 geschlossen wird, kann durch die Nähe zum südlichen Gebiet mit einer hohen Bevölkerungsdichte liegen. Die dritte zu schließende Filiale 215040 lässt sich ebenfalls durch die beiden Kriterien, unmittelbare Nachbarschaft von Filialen und einem Einzugsgebiet mit geringer Bevölkerung, begründen. Dessen relativ kleines Einzugs- gebiet wird im Ergebnis von der Filiale 254090 abgedeckt.

5.3 Modellanwendung mit Konkurrenz Da das Ziel die Modellierung aller Filialen in Konkurrenz zu anderen Filialen eines Wett- bewerbers ist, wenden wir im zweiten Szenarium das Modell zur Berücksichtigung von Konkurrenzbeziehungen an. Wie bereits eingangs erwähnt, betrachten wir das Privatkundensegment im Paketmarkt mit lediglich zwei Anbietern – Deutsche Post und Hermes Logistik Gruppe. Deren Konkurrenzsituation stellt sich wie folgt dar. Bis zum Jahr 2003 war die Deutsche Post AG mit einem Marktanteil von 95 Prozent Marktführer im reinen Privatkundengeschäft (C2C) (DORIGONI 2005, S. 39). Im folgenden Jahr konnte Hermes rund 9 Prozent des Marktanteils gewinnen (WINKELMANN und SMITH 2005) und bis auf 25 Prozent im Jahr 2006 erhöhen.

Unter Verwendung von (3) zur Bestimmung des Nachfragepotentials ergibt sich im Rahmen der Optimierung für drei zu schließende Filialen ein leicht verändertes Bild (vgl. Abb. 6).

In der Reihenfolge werden 215040, 611020 und 067010 geschlossen. Wie beim Rückbau des Filialnetzes ohne Konkurrenz wird der Standort 215040 geschlossen, jedoch jetzt als zuerst ausgewählte Filiale. Die räumliche Konkurrenzsituation ist stark ausgeprägt (vgl. Abb. 2). Ferner befinden sich die umliegenden Filialstandorte der Deutschen Post in einer räumlich vorteilhafteren Lage aufgrund der Nähe zu den öst-

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Abb. 5: Filialnetz der Deutschen Post ohne Konkurrenz

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Abb. 6: Filialnetz der Deutschen Post mit Konkurrenz

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lichen bzw. westlichen bevölkerungsreichen Gebieten. Der zweite zu schließende Standort 611020 lässt sich neben den bereits erläuterten Kriterien zusätzlich durch die Standorte konkurrierender Filialen zum einen in direkter Nachbarschaft und zum anderen in unmittelbarer Umgebung begründen. Die dritte zu schließende Filiale unterscheidet sich im Vergleich zum Fall ohne Konkurrenz. Es bleibt die Filiale 012170 erhalten, stattdessen wird 067010 geschlossen, bei der die räumliche Konkurrenz vergleichsweise höher ist. Während bei 012170 ein Hermes Shop vorzufinden ist, wird das relativ dicht besiedelte Wohngebiet im Süden von 067010 von mehreren konkurrierenden, aber auch eigenen Filialen bedient. Zusätzlich wird das Gebiet nördlich durch den Elbverlauf begrenzt.

Die Aufteilung der Filialgebiete ergibt sich in unserem vorliegenden Beispiel durch die fix vorgegeben Standorte der Filialen. Eine einfache Modifikation der Art, dass man eine gegebene Menge an potenziellen Standorten betrachtet, aus der eine gewünschte Anzahl im Rahmen der Optimierung ausgewählt wird, kann in diesem Zusammenhang zu möglichen Verbesserungen hinsichtlich der Optimierung führen. Hierbei ist auch eine detaillierte Berücksichtigung von Verkehrsströmen in Betracht zu ziehen, durch die zum Beispiel die Möglichkeit besteht, Paketabholungen bzw. -abgaben auf dem Arbeitsweg in die Modellierung einzubeziehen.

6 Zusammenfassung und Ausblick Durch die Veränderungsprozesse im Kurier-, Express- und Paketmarkt (KEP-Markt) – insbesondere im Bereich der Paketshops – ist für Anbieter auf Grund der Marktkonsolidierungsentwicklungen die Notwendigkeit zur Restrukturierung ihrer Filialnetze gegeben. Sollen nur einzelne Filialen geschlossen werden, ist es auf kleinräumiger Ebene (z.B. Baublockebene) sehr schwierig, eine optimale Lösung zu finden. Daher stellen wir für den Rückbau eines Filialnetzes ein leistungsfähiges Werkzeug zur Entscheidungsunterstützung vor. Anhand einer empirisch ermittelten Attraktivitätsfunktion bestimmen wir das Nachfragepotential für die Filialstandorte eines Anbieters unter Berücksichtigung von Konkurrenten. Wie unser Beispiel zeigt, werden plausible Ergebnisse erzielt, die insbesondere den spezifischen räumlichen Situationen der Filialen (Erreichbarkeit von potenziellen Kunden) gerecht wird.

Auf Basis des hier vorgestellten Modells sind zahlreiche Weiterentwicklungen denkbar: Zum einen ist es durch geringfügige Modifikation möglich, nicht nur einen Rückbau sondern auch einen Ausbau oder eine Restrukturierung bei gleich bleibender Anzahl an Filialen abzubilden. Des Weiteren stellt eine probabilistische Zuordnung des Kunden zu verschiedenen Filialen eine realitätsnähere Annahme dar. Darüber hinaus soll durch eine umfangreiche empirische Studie die Basis geschaffen werden, das Kundenverhalten wesentlich detaillierter darzustellen. So ist denkbar, sozioökonomische Merkmale (z.B. Kaufkraft), aber auch Verkehrsströme (u.a. Wegezweck und -ketten) sowie weitere räumliche Faktoren (Siedlungsstruktur, Flächennutzung) mit in den Ansatz aufzunehmen. Die methodischen Erkenntnisse aus der Lösung des Fallbeispiels für

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Paketshops sind auf weitere Einzelhandelsbereiche übertragbar, bei denen homogene Produkte und keine wesentlichen Preisunterschiede (z.B. Zeitungen, Bücher, Hausrat sowie weitere Gebrauchsartikel) vorzufinden sind.

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