Recht & Urteile 12/2011

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+ Kapitalanlage + Versicherung + Investment + Finanzierung + 12/2011 RECHT & URTEILE www.wmd-brokerchannel.de Printausgabe Ausgabe - Januar 2012 - 7,50

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+ Kapitalanlage + Versicherung + Investment + Finanzierung +

12/2011RECHT & URTEILE

www.wmd-brokerchannel.dePrintausgabeAusgabe - Januar 2012 - 7,50 €

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die Rechtsprechungsübersicht, die wir vor gut einem Jahr präsentierten, wurde sehr gut auf-genommen. Die Kenntnis über aktuelle Ent-wicklungen und Entscheidungen ist für alle, die sich mit Kapitalanlageprodukten befas-sen, von teils existenzieller Bedeutung. Mit dem vor Ihnen liegenden Magazin nehmen wir den Faden an der Stelle, bei der das letzte Magazin endete, wieder auf und stellen Ihnen wiederum einen Mix aus den Bereichen der Haftungsrechtsprechung, von Aufklärungs- und Informationspflichten, Immobilien und Finanzierung, Vermittler- und Maklerrecht, Anlegerrechte und Anlegerpflichten und dem Versicherungsbereich vor. Es wird wiederum kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben. Nicht wenige Entscheidungen lassen sich auch verschiedenen Rechtsbereichen zuord-nen. So finden Sie beispielsweise in der Rubrik „Vermittler- und Maklerrecht“ verschiedene Entscheidungen, die den Bereich des Versi-cherungsvertriebs betreffen und auch dort an-gesiedelt werden können.

Ebenso geht es in den Bereichen „Immobilien und Finanzierung“ teilweise um Haftungsfra-gen, die somit auch unter dem großen Kapi-tel „Haftungsrechtsprechung“ eingeordnet werden können. Aufgrund der nach wie vor großen Brisanz und Bedeutung haben wir in-nerhalb der Aufklärungspflichten dem Bereich „Kick-Backs und Rückvergütungen“ einen besonderen Abschnitt gewidmet.

Wir hoffen, dass nun auch Sie die eine oder andere neue Erkenntnis gewinnen können, gleich ob Sie diese Rechtsprechungsübersicht aus dem Blickwinkel des Produktgebers, Ver-mittlers, Financiers oder Anlegers betrachten.

Ihr Team vom wmd-brokerchannel

und

den Rechtsanwälten Werner Klumpe und Ulrich A. NastoldRechtsanwälte Klumpe, Schroeder + Partner GbR, Köln

Täglich aktuelle Informationen, Fachartikel und Video-Interviews unter www.wmd-brokerchannel.de

Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

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NEnttäuschende Entwicklung der Rentenkonzepte

Vor einigen Jahren wurde wohlhabenden Investoren der Abschluss von Renten- und Kapitallebensversi-cherungen als optimale Altersvorsorge empfohlen. Neben einer prognostizierten Zusatzrente sollte durch eine Fremdfinanzierung zugleich die steuer-liche Belastung reduziert werden. Es gibt verschie-dene Konzepte, für die sich die Investoren entschei-den konnten, wie die Sicherheits-Kompakt-Rente, die Kombi-Rente u.a. Allen Konzepten ist gemein, dass der Investor ein Darlehen aufnimmt, dessen Darlehensvaluta in vermeintlich rentierliche Anlagen investiert wird. Nur so lange die erwirtschafteten Renditen die Zinsen für das Darlehen übersteigen, das Tilgungsinstrument zur Rückführung des Darle-hens ausreicht und/oder der Zinsaufwand steuerlich geltend gemacht werden kann, funktionieren diese Konzepte.

Seit einiger Zeit zeigt sich, dass die Konzepte nicht aufgehen. Im Gegenteil, sie enttäuschen: Weder konnten die zur Ablösung der Darlehen abgeschlos-senen Tilgungsinstrumente, zumeist eine Kapitalle-bensversicherung des britischen Lebensversicherers Clerical Medical Insurance (CMI) oder Investment-fonds, die in Aussicht gestellten Renditen erwirt-schaften noch entsprechen die abgeschlossenen Renteninstrumente den Erwartungen. Häufig wur-den die Auszahlungen verringert, meist auf die ge-setzliche Mindestrente. Daneben stellten sich auch keine steuerlichen Vorteile ein. Als Folge ist die er-hoffte Altersvorsorge gescheitert und der Investor muss noch hohe Schulden bedienen. Bei Fälligkeit der Darlehen beläuft sich die Deckungslücke häufig auf sechsstellige Beträge. Besonders betroffen sind wegen der Euro-Krise die Investoren, deren Darle-

hen in Schweizer Franken geführt werden. Durch die Aufwertung der Franken hat sich die zu tilgende Darlehensvaluta erheblich erhöht.

Rechtsprechung gegen CMI

In 2011 sind für Investoren einige günstige Ent-scheidungen vor allem gegen die CMI ergangen. Bei den Urteilen handelt es sich um Entscheidungen von OLGs, die alle die Revision zum BGH zuließen. Ob der BGH allerdings Entscheidungen verkünden darf, ist offen. Bereits in der Vergangenheit wusste die CMI dies zu verhindern. Vor diesem Hintergrund können die bislang ergangenen OLG-Urteile maß-gebliche Bedeutung für Vermittler und die von ih-nen betreuten Investoren haben.

Beitrag von Arne Podewils,Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Düsseldorf

Neue Urteile zu fremdfinanzierten Rentenmodellen

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Schadensersatzansprüche (OLG Karlsruhe, Urt. v. 02.08.2011 – 12 U 173/10; OLG Dresden, Urt. v. 19.11.2010 – 7 U 1358/09 u.a.)

Nach Auffassung dieser OLGs stehen den klagenden Investoren gegen die CMI Schadensersatzansprüche aufgrund eines Verschuldens bei den Vertragsver-handlungen zu. Die Vermittler haben den Klägern bei den Beratungsgesprächen falsche Angaben zur jährlichen Rendite der Versicherung gemacht. Diese Pflichtverletzung müsse sich CMI nach § 278 BGB zurechnen lassen. Denn sie habe den Vermittler in dem von ihr gewählten Vertriebsweg mit Aufgaben betraut, die ihr typischerweise selbst oblegen hät-ten. Somit sei der Vermittler in ihrem Pflichtenkreis tätig geworden und müsse daher als ihre Hilfsperson betrachtet werden. Die rechtliche Selbstständigkeit des Vermittlers führe zu keinem anderen Ergebnis, da die CMI den Vermittlern bewusst die vollständige Beratung der Kunden bis hin zum Vertragsabschluss der sehr komplexen Produkte überlies. Eventuell ent-gegenstehende „Verantwortlichkeitserklärungen“ im Beratungsprotokoll und im Versicherungsantrag seien als umfassender Haftungsausschluss unwirksam.

Erfüllungsansprüche (OLG Stuttgart, Urt. v. 12.05.2011 – 7 U 144/10; Urt. 10.11.2011 – 7 U 82/11 u.a.)

Das OLG Stuttgart geht einen anderen Weg. Es sieht in der Kapitalanlage keinen Schaden. Vielmehr hat das Gericht die CMI in mehreren teilweise unter-schiedlich gelagerten Verfahren zur Erbringung der

vertraglich zugesagten Versicherungsleistung verur-teilt. Diese Pflicht dürfte für die CMI weitaus teurer sein als die bisherigen Klagen auf Schadenersatz. Der Erfüllungsanspruch ist deutlich höher als die finanzierte Einmalzahlung. Diese Rechtsprechung ist auf viele Fälle der Investition in sog. „Wealthmaster-Noble“-Policen anwendbar. Bei diesen Versiche-rungen wird die Einmalzahlung fremdfinanziert. Die regelmäßigen Zinszahlungen sollen aus vier-teljährlichen Entnahmen der CMI erfolgen. Da die Versicherung in der Vergangenheit jedoch nicht die erhoffte Rendite erwirtschaftete, wurde der Kapital-stock verringert. Nach Auffassung der CMI würde sie von der Leistungspflicht vollständig befreit wer-den, wenn der Kapitalstock vollständig aufgezehrt ist. Der Anleger müsse entweder die Entnahmen aus der Versicherung verringern oder bei unveränderten Entnahmen das Darlehen bei Fälligkeit vollständig aus anderen Quellen tilgen. Das OLG ist dieser Auffassung nicht gefolgt. Danach ist die CMI zur Erfüllung des im Versicherungsscheins vorgege-benen Auszahlungsplans verpflichtet, und zwar unabhängig von dem Wert der zu Grunde gelegten Fonds.

Tipps für Finanzdienstleister

Aus den dargestellten Entwicklungen der Produkte und den Urteilen lässt sich schlussfolgern, dass sich neben den Versicherern auch die Versicherungsmak-ler bei komplexen Produkten täglich in einer Haf-tungsfalle befinden (vgl. OLG Köln, Urt. v. 23.08.2011 – 9 U 158/10). Ihnen kann nur geraten werden die dargestellten Berechnungen genauestens zu hinter-fragen und diese abzusichern. In Gerichtsverfahren wird Vermittlern häufig von den Versicherern der Streit verkündet. Vor einem übereilten Beitritt sollte der Berater die dargelegten Ansprüche und die Fra-ge seines Verschuldens genauestens überprüfen. Teilweise treten Vermittler bereits auf Seiten der Investoren den Rechtsstreitigkeiten bei. Sofern noch keine Ansprüche geltend gemacht wurden, kann ein offensiver Umgang mit den Kunden hilfreich sein. Insbesondere die oben dargestellten Erfüllungsan-sprüche gegen die CMI lassen die Investition für den Anleger sehr erfolgreich werden. Der Berater wäre nicht nur aus der Schusslinie genommen, sondern würde durch einen sehr klugen Ratschlag bei seinen Kunden einen bleibenden Endruck hinterlassen.

Arne Podewils, LL.M.ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht bei der auf Bank- und Kapital-marktrecht spezialisierten Kanzlei mzs Rechtsanwälte. Er berät Investoren und Finanzdienstleister bei der Rück-abwicklung fehlgeschlagener Kapitalanlagen.

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DUnter dem 21.09.2011 unterzeichneten die Bundes-republik Deutschland und die Schweizer Eidgenos-senschaft das Abkommen über die Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt. Das Ab-kommen ist zwar noch nicht in Kraft, da die natio-nale Bestätigung durch die beteiligten Staaten noch aussteht. Aufgrund der Nachbesserungsvorschläge von deutscher Seite und den Verhandlungen mit der Europäischen Union zur Vermeidung eines Ver-stoßes gegen die EU-Zinsrichtlinie ist ein Inkrafttre-ten frühestens im März 2012 zu erwarten. Da die Auswirkungen des Abkommens aber weitreichend sind und möglicherweise bereits heute Handlungs-bedarf besteht, lohnt sich ein Blick auf die anstehen-den Veränderungen. Das Abkommen unterteilt sich in zwei wesentliche Bereiche: Die Bewältigung der Vergangenheit und die Regelung der zukünftigen Besteuerung.

Nachversteuerung für die Vergangenheit

Im Fokus des Abkommens liegt die sog. Regulari-sierung unversteuerter Vermögenswerte durch Er-hebung einer anonymen Einmalzahlung, die sich zwischen 19% und 34% des relevanten Kapitals bewegt. Rechenbeispiele zeigen, dass oftmals nur die Minimalsteuer von 19% zum Tragen kommen wird. Die Anwendung des Abkommens ist daher insbesondere für Erbschaft- oder Schenkungsteuer-fälle interessant, da durch die Einmalabgabe auch die eventuelle deutsche Erbschaft-/Schenkungsteu-er abgegolten ist. Nicht zuletzt deshalb möchte Deutschland hier nachverhandeln und die Steuerbe-lastung erhöhen.

Mit der anonymen Abgabe werden die Einkommen-steuer, die Umsatz- und Gewerbesteuer, eine Ver-mögens- und eine Erbschaft-/Schenkungsteuer ab-gegolten. Wichtig ist, dass die abgeltende Wirkung nicht für die Körperschaftsteuer gilt. Eine Strafbefrei-ung wird daher insoweit nicht erreicht. Es muss viel-mehr zusätzlich bezogen auf die Körperschaftsteuer eine Selbstanzeige in Deutschland gestellt werden, wenn der Anleger eine komplette Straffreiheit und Nachversteuerung seines bislang nicht versteuerten Vermögens erreichen möchte.

Für eine Planung ist aus Sicht des Anlegers von be-sonderer Bedeutung, wann das Abkommen ein-greift. Anleger, die erstmals nach dem 31.12.2010 eine Bankbeziehung mit einer Bank in der Schweiz eingegangen sind, fallen nicht unter das Abkom-men. Eine Regularisierung der Vergangenheit durch die Erhebung einer anonymen Einmalabgabe ist in-soweit nicht zulässig. Anders liegt der Fall, wenn be-reits zum 31.12.2011 eine Bankbeziehung bestand und der Anleger zu diesem Zeitpunkt einen deut-schen Wohnsitz inne hatte. Hinzu kommen muss für das Eingreifen des Abkommens, dass die Bankbe-ziehung bis zum 31.05.2013 fortbesteht. Zieht der Anleger also bis zu diesem zweiten Stichtag sein gesamtes Geld aus der Schweiz ab, kommt es nicht zur Erhebung der Einmalabgabe. Hier bestehen da-her noch Gestaltungsspielräume, die gezielt genutzt werden können. Wissen sollte man beim Abzug der Gelder aber, dass die Schweiz Deutschland die zehn wichtigsten Staaten nennen wird, in die die Gelder abfließen.

Beitrag von Dr. Carmen Griesel,Rechtsanwältin, Steuerberaterin, gkm Beratungsgruppe, Düsseldorf

Die Auswirkungen des Steuerabkommens Deutschland – Schweiz

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Alternativ zur anonymen Einmalabgabe kann sich der Anleger auch für eine sog. freiwillige Mittei-lung entscheiden, mittels derer er die Bank zur Mel-dung an die Steuerbehörden ermächtigt. Anstelle der anonymen Regularisierung tritt die Information der deutschen Steuerbehörden. Insbesondere Anle-ger, die ordnungsgemäß versteuerte Gelder in der Schweiz angelegt haben, müssen fristgerecht von dieser freiwilligen Mitteilung Gebrauch machen. Denn die anonyme Regularisierung ist der Regelfall. Es wird seitens der Schweizer Banken nicht für An-leger eine Ausnahme gemacht, die belegen können, dass es sich bei den Anlagegeldern um versteuertes Vermögen handelt.

Besteuerung der Kapitaleinkünfte ab 2013 mit-hilfe der deutschen Abgeltungsteuer

Die Schweizer Banken verpflichten sich, auf die Ka-pitaleinkünfte, die in ihren Depots von deutschen Anlegern ab dem 1.1.2013 erzielt werden, die kom-plexe deutsche Abgeltungsteuer anzuwenden. Ein absolutes Novum, denn bislang wendet jeder Staat grds. nur die eigenen nationalen Steuerregelungen an. Der Abgeltungsteuersatz beträgt demgemäß 25% zzgl. Solidaritätszuschlag, also insgesamt 26,375%. Auf Antrag soll auch ein Kirchensteuer-einbehalt von 9% durch die Bank möglich sein. Ein 8%iger Kirchensteuersatz ist nicht vorgesehen. Als Konsequenz daraus sollte nur der Anleger bei seiner Schweizer Bank einen Antrag auf Kirchensteuerein-behalt stellen, wenn für ihn der Kirchensteuersatz von 9% gilt. Denn nur dann erreicht er mit diesem

Antrag die gewünschte Abgeltungswirkung.

Durch die Anwendung der deutschen Abgeltung-steuer greifen auch die Verlustverrechnungsrege-lungen auf Ebene der Banken ein. Die Schweizer Banken müssen für die Anleger Aktienverlusttöpfe und allgemeine Verlusttöpfe führen und diese mit positiven Kapitaleinkünften über den Jahreswech-sel hinaus verrechnen. Der Anleger kann eine Ver-lusttopfbescheinigung bis zum Jahresende bean-tragen, wenn er diese Verluste beispielsweise mit positiven Kapitaleinkünften einer inländischen Bank verrechnen will. Zwar nennt das Abkommen keine Frist für den Antrag auf Ausstellung der Ver-lusttopfbescheinigung. Vorsorglich sollte sich ein Anleger aber an die in Deutschland gesetzlich fest-geschriebene Frist (15.12.) halten.

Der Anleger erhält ab 2013 eine jährliche Steuerbe-scheinigung, ohne dass eine Meldung an die deut-schen Behörden erfolgt. Soweit die Abgeltungswir-kung reicht, braucht er diese Steuerbescheinigung nicht im Rahmen seiner Einkommensteuererklä-rung vorzulegen. Auf diese Weise wird auch in Zu-kunft eine Anonymität gegenüber den deutschen Behörden gewährleistet. Alternativ dazu kann er die Bank zur Meldung der Kapitaleinkünfte an die deutschen Behörden ermächtigen. Ein Abgeltung-steuereinbehalt unterbleibt; er muss die Einkünfte in seiner Einkommensteuererklärung mit seinem Abgeltungsteuersatz nacherklären. Ob sich dieser Liquiditätsvorteil im Einzelfall rechnet, muss gut überlegt werden.

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IIn der Fachpresse wird ausführlich darüber geschrieben und diskutiert, welche Anforde-rungen Anleger an Kapitalanlagen haben. Doch wer hat diejenigen im Blick, die die Produkte verkaufen und dafür haften: die Vertriebspart-ner? Im Gespräch mit ihnen rückt immer wieder ein Qualitätskriterium für Anlageprodukte und Emissionshäuser in den Vordergrund: Rechts-sicherheit. Dies ist ihr wichtigstes Bedürfnis. Anbieter, die sich darum bemühen, ihre Ver-triebspartner an dieser Stelle ernst zu nehmen, werden – nicht nur 2012! – sehr erfolgreich sein.

Rechtssicherheit bedeutet Existenzsicherheit. Im-mer wieder bezahlen Vertriebspartner die Zeche für Fehler, die im Kapitalanlageprodukt liegen, die das Emissionshaus begeht, die der Fondsgesellschaft – also dem operativ tätigen Unternehmen – zuzurech-nen sind. Schnell ist „Haftungsfreistellung“ für viele das Zauberwort. So wichtig sie ist – reicht dies aus?

Unsere Unternehmen, die publity AG und das Emis-sionshaus publity Investor GmbH, sind einen eigenen Weg gegangen. Unsere Produkt- und Fondskonzep-tion stellten wir von Anfang an unter die Maßga-be hoher Sicherheitsanforderungen. Der treibende Gedanke war: Sicherheit muss man letztlich fühlen können – und das gelingt nur, wenn sie tatsächlich real vorhanden ist. Und alles das können wir sowohl Anlegern als auch Vertriebspartnern nur dann zei-gen, wenn wir Produkte und Prozesse offenlegen. Dies nennen wir Transparenz.

Was bedeutet das konkret? Wir gestalten z.B. un-sere Produkte – NPL-Kreditportfolien, welche die Fondsgesellschaften erwerben – von Anfang an so, dass jeder sie verstehen kann. Selbstverständlich

muss man ein paar Fachkenntnisse rund um Kredit-vergabe, Bankgeschäft und Verbriefung mitbringen, aber im Kern geht es um den preiswerten Einkauf von Kreditpaketen und das erfolgreiche Servicing, verbunden mit der Entschuldung von Schuldnern. Auf Basis purer Mathematik. Keine Finanzhebel, kei-ne Steuertricks, keine Fremdfinanzierung.

Oder: Wir trennen einige – üblicherweise für Emis-sionhäuser wichtige! – Ertragsfelder ab und legen sie in die Hände eines namhaften Treuhänders: die Kontrolle unserer Mittelverwendung, die „Zahlstel-le“, die Buchhaltung, die Steuerberatung, die Erstel-lung der Jahresabschlüsse. Dem Treuhänder kommt damit eine zentrale Position zu, er agiert als Vertre-ter der Anleger. Die Fondsgesellschaft verzichtet auf einen Teil zusätzlicher Emissionshaus-Erträge zugun-sten von Sicherheit für die Anleger.

Und: Die Due Diligences der NPL-Kreditportfolien, Grundlage jeder Investitions- bzw. Kaufentschei-dung, erfolgen mit größter Sorgfalt. Klare Investiti-onskriterien und strukturierte Prüfungsprozesse sind Basis für ein erfolgreiches Servicing.

Und: Unabhängige Wirtschaftsprüfer prüfen zeit-nah die Jahresabschlüsse.

Und: Die Sicherheit unseres Geschäftsmodell doku-mentiert schließlich ein IDW S4-Gutachten, das je-der Vertriebspartner anfordern kann.

Unser Fazit nach rasantem Wachstum lautet: Die Strategie der in Produkte und Prozesse inte-grierten Sicherheit und der dadurch entstehenden Transparenz ist richtig. Dies zeigen uns Vertriebspart-ner und Anleger.

Beitrag von Christoph Blacha,Rechtsanwalt, Vorstand publity AG

Vertriebspartner wollen Rechtssicherheit

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wmd: Wie sind Sie derzeit im Maklermarkt positioniert?

Dr. Wolfgang Hofbauer: Die DMB Rechtsschutz ist ein konzernunabhängiger Rechtsschutzspezialist mit über 800.000 Kunden. Mit dem Einstieg in den Maklermarkt haben wir vier wichtige Leistungsbe-reiche definiert: Wir setzen konsequent auf gün-stige und leistungsstarke Produkte, hervorragenden Service, einen mehrschichtigen Vertriebsansatz sowie innovatives Marketing.

wmd: Welche besonderen Leistungen bieten Sie Maklern und Vermittlern an?

Dr. Wolfgang Hofbauer: Die DMB Rechtsschutz baut auf einen mehrschichtigen Betreuungsansatz.

Unser Maklerportal ist ein einfaches, schnelles und jederzeit verfügbares Instrument - von online-Abschluss über vielfältige Downloads bis zu indi-viduellen Informationen. In der Version 3.0 ist die Nutzung sogar noch besser geworden. Die heraus-ragende Stellung beweist unser 1. Platz im Teilaspekt „Integration" bei den Makler Champions 2011.

Unser Serviceteam in Köln versteht die telefonische Betreuung über unsere Maklerhotline nicht nur als Herausforderung zur Hilfestellung im Tagesgeschäft, sondern hat auch immer ein offenes Ohr für Kritik und Verbesserungsvorschläge.

Die persönliche Beratung vor Ort ist uns sehr wich-tig. Nach dem Ausbau stehen unseren Vertriebspart-nern in den drei Regionalbereichen Nord/Ost, Mitte und Süd erfahrene Ansprechpartner zur Verfügung. Mit Produktschulungen und kleinen Gruppenver-anstaltungen wollen wir unseren Vertriebspartnern Mehrwert bieten, der in langfristigem Erfolg mündet.

Wichtige Leistungsaspekte sind für uns u. a. die schnelle Policierung, die wir in 1-2 Tagen bewerk-stelligen, zügige Courtageabwicklung sowie kurz-fristige Deckungszusagen, bei klarem Sachverhalt schon telefonisch. Dass wir hier insgesamt gut liegen, zeigen der hervorragende Platz 2 im Charta Qualitätsbarometer 2010 und 2011.

wmd: Was sind die Highlights Ihres Produkts?

Dr. Wolfgang Hofbauer: Unsere Produkte zeich-nen sich durch ein herausragendes Preis-/ Leistungs-verhältnis verbunden mit der unverzichtbaren Haf-tungssicherheit aus. Die nachhaltige Entwicklung bei Produkten und Bedingungen beweisen auch eine Vielzahl von hervorragenden Ergebnissen in Verbrauchertests.

Wir bieten unseren Kunden - dem Privatkunden, dem Gewerbetreibenden oder Selbständigen und dem landwirtschaftlichen Betrieb - individuelle und flexible Leistungskombinationen. Das macht unse-re Produkte so leistungsstark wie notwendig und so günstig wie möglich. Gut und preiswert stehen dabei nicht im Gegensatz. Ergänzend dazu sind Komfortmerkmale wichtig. Wir sorgen z. B. dafür, dass Kunden automatisch von zukünftigen Verbes-serungen profitieren.

Unsere Kunden erhalten über die DMB RECHT-Hot-line eine rechtliche Erstberatung von unabhängigen Anwälten zu allen Rechtsfragen - ob versichert oder nicht. Als modernes und zukunftsweisendes Instru-ment bieten wir Mediation, die wir als "Einigungs-hilfe" bezeichnen, als die schnelle Problemlösung durch Konfliktklärung ohne Gericht. Speziell für un-sere Gewerbekunden bieten wir als Ergänzung zur rechtlichen Absicherung einen Service rund um das Forderungsmanagement.

Interview mit Dr. Wolfgang Hofbauer,DMB Rechtsschutz-Versicherung AG

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PParadigmenwechsel in der Vermittlerwelt

Neben dem AnsFuG hat die Bundesregierung nun-mehr zum 27. Oktober (BT-Drs. 17/6051) auch das Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermitt-ler und Vermögensanlagenrechts auf den Weg ge-bracht. Im Wesentlichen werden die Wohlverhal-tensregeln des WpHG und des VVG auf den 34 c Makler übertragen. Aber auch der 34 d Makler wird von Neuregelungen in einzelnen Bereichen nicht verschont bleiben. Nicht betroffen sind hingegen lizensierte Haftungsdachpartner aus dem Wert-papiergeschäft, da hier die NFS die erforderlichen Berechtigungen stellen wird. Der bereits fest einge-plante Honorarberater sollte im Rahmen des § 34 g GewO eine abschließende Regelung erfahren. Aller-dings intervenierte hier der Ressort „Verbraucher-schutz“ des BMELV aufgrund erheblicher Bedenken.

Das Gesetz sieht mitunter eine Neureglung des § 34 c GewO vor. Dabei werden die Bereiche über das Ge-schäft mit offenen Investmentfonds (Titel: Finanzan-lagenberater) sowie auch das Beteiligungsgeschäft (Titel: Vermögensanlagenberater) nunmehr davon ausgeklammert und in einem extra hierfür geschaf-fenen Unterparagraphen, dem § 34 f GewO neuge-regelt. Die Neuerungen sind zahlreich und errichten Hürden, die es zu meistern gilt (s. Schaubild).

Kern der Neuerungen ist die neueingeführte Sach-kundeprüfung. Danach sind nunmehr qualifizierte Abschlüsse erforderlich, um in Zukunft die ange-strebten Tätigkeiten ausführen zu können. Hier gilt es vorausschauend im Hinblick auf den nicht ganz geringen Zeitaufwand für Schulungen zu planen. Glücklicherweise hat es – aufgrund einer starken Lobbyarbeit der involvierten Verbände – in einem Herz-schlagfinale auch noch eine „Alte-Hasen-Regelung“ in den Gesetzesentwurf geschafft, welche allerdings nur unter strengen Voraussetzungen gewährt werden wird. Danach soll die Sachkundeprüfung nur dann entfallen, wenn der Makler nachweisen kann, dass er die 34 c Genehmigung ab dem 01.01.2006 un-unterbrochen inne hatte und seine Tätigkeit durch Einreichung der MaBV-Prüfberichte gegenüber dem zuständigen Gewerbeamt nachgewiesen hat. Die rechtlichen Änderungen werden Umdenkprozesse in der Finanzwelt anstoßen. Den unqualifizierten Berater, der als Nebenjob in der Finanzbranche beginnt, wird es nicht mehr geben. Ähnlich wie im Versicherungsbereich (34d) spielt das neue Gesetz zur Anlagenvermittlung den Vermittlern in die Hände, die sich ausschließlich dem Thema Geldan-lage widmen. Daher stellt sich jetzt die Frage, Haf-tungsdach versus 34 f, was ist der bessere Weg!?

Jeder Partner sollte sich bei der Überlegung 34f oder Haftungsdach die für sein Geschäftsmodell wesentlichen Merkmale anschauen. Was das The-ma Haftungsdach reizvoll macht, ist nicht allein das Thema Haftung, sondern:

Beitrag von Christian Hammer,Prokurist, NFS Netfonds Financial Service GmbH

Voraussetzungen der 34 f Genehmigung

1. Zuverlässigkeit und geordnete Vermögens-verhältnisse

2. eine Berufshaftpflichtversicherung (VSH) für Investmentfonds und / oder Beteiligungen

3. Sachkundenachweis 4. eine Eintragung im IHK-Register 5. sich an ein strengeres oder auch klarer definiertes Beratungsmuster halten

Zeitablauf & Umsetzung

1. Verkündung & Veröffentlichung sowohl des Gesetzes in 2011. Die Verordnungen folgen Anfang 2012.

2. Inkraftreten ab dem 01.01.2012 mit Über-gangsfrist von 1 Jahr, also faktisch zum 01.01.2013.

3. Für Neuanmeldung einer Genehmigung gelten zwischenzeitlich noch die alten Re-gelungen der 34 c Genehmigung

4. Die Anpassung einer bereits bestehen-den Genehmigung von 34 c auf den 34 f ist dem jeweiligen Gewerbeamt bis zum 30.06.2012 anzuzeigen.

5. Nachweis des guten Leumunds und der VSH bis 31.12.2013

6. Beantragung der Erlaubnis und Eintragung ins Register bis 31.12.2013

7. Nachweis der Sachkunde kann bis 31.12.2014 nachgeholt werden.

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1. Die Erlaubnisserweiterung (Die vertraglich ge-bundene Vermittler des Haftungsdachs (vgV) dürfen sämtliche Wertpapiere kaufen. Sie brau-chen nicht über rechtliche Hürden stolpern.)

2. Das Outsourcing des kompletten Rechts- und Compliancebereichs

3. Das Outsourcing der kompletten Abwicklung (das würde unter einem Maklerpool natürlich auch funktionieren)

Zu 1: Sehr gefährlich sind Finanzinstrumente, die gar nicht den Anschein machen, als wären Sie nur unter dem Haftungsdach zu erwerben. Als Beispiel sei hier der ZKB Gold genannt. Die Züricher Kanto-nalbank bietet einen ETF auf Gold an. Diesen kann man über die deutsche Börsen kaufen. Allerdings ist dieser ETF aufgrund des deutschen Investment-gesetztes in Deutschland nicht zum Vertrieb zugel-assen. Beim 34c (zukünftig 34f) geht die Erlaubnis aber nur soweit, das zum öffentlichen Vertrieb zu-gelassene Produkte vermittelt werden dürfen. Sollte man also diesen ZKB oder einen anderen Fonds, der in Deutschland nicht zugelassen ist an einen Kun-den verkaufen, so handelt man ohne Lizenz.

Zu 2: Seit dem 01.07.2011 muss der 34c-Berater sowie der vgV des Haftungsdachs das Key Investor Document (KID) und die Produktinformationsblätter (PIB) bei sonstigen Finanzinstrumenten vor dem Kauf aushändigen. Sollte die Aushändigung nicht statt-finden, kann der Berater den damit begangenen „Beratungsfehler“ nicht rückgängig machen. Bei entstandenen Verlusten hat der Kunde von diesem Zeitpunkt an jederzeit die Möglichkeit, von seinem Berater einen Schadenersatz für seine Geldanlage zu verlangen.

Weitere gesetzlich geforderte Unterlagen stellen der WPHG-Bogen sowie die Beratungsdokumentation dar. Zusätzlich sollte man unbedingt eine Vereinba-rung mit dem Kunden treffen, in der das Beratungs-verhältnis geklärt wird. Diese Dokumente sind für spätere Verluste aus zwei Gründen notwendig:

1. Ohne diese Dokumente haftet keine Vermögen-schadenhaftpflichtversicherung und Sie bleiben auf den Forderungen sitzen.

2. Ihre rechtliche Stellung, die vor Gericht geprüft werden würde, verbessert sich immanent, wenn alle Unterlagen vorhanden sind. Auch die Bera-tungsprotokolle sind hier ein wichtiger Bestand-teil der Unterlagen.

Mit einer Anbindung im NFS-Haftungsdach wird grundsätzlich, wie es der Name sagt, die Haftung für Regressfälle vom Unternehmen übernommen. Das NFS Haftungsdach übernimmt für seine Part-ner auch nur dann die Haftung, wenn die zuvor genannten Unterlagen vom Kunden eingeholt wur-den. Es versteht sich, dass die Zusammenarbeit mit dem Partner einvernehmlich sein muss. Ohne diese gesetzlichen geforderten Dokumente hat auch ein Haftungsdach keine Möglichkeit, selbst bei bester Beratung, vor Gericht Forderungen anzufechten.Sind allerdings die gesetzlichen Dokumente (Rahmen-vereinbarung, WPHG-Bogen und Beratungsdokumen-tation inkl. KID/PIB) mit dem Kunden pflichtbewusst ausgefüllt und eingeholt worden, so findet auch bei dem Haftungsdach die Haftung für die VgV statt.

Zum Service unseres Haftungsdaches gehört unter anderem die Aufbereitung der notwendigen Doku-mente, die Ihnen dann für den Beratungsprozess zur Verfügung gestellt werden. Ihre Beratungsvorlagen sind immer auf den rechtlich aktuellen Stand. Erfah-rungen und Urteile aus bereits geführten Rechts-prozessen fließen in den Aufbau der Dokumente ein. Das ist ein ständiger Verbesserungsprozess, von dem alle vgV´s partizipieren.

Der zukünftige 34f kann noch weitere unange-nehme Nebenwirkungen bieten. In dem Finanzan-lagenvermittlerrecht wurde verabschiedet, dass es auch durch die Bundesbank zu vor Ort Prüfungen kommen kann. Sollte also die Bundesbank 2-3 Tage bei Ihnen prüfen, so haben Sie die Kosten hierfür zu tragen. Sie können von ca. 1000 – 1500 € pro Tag pro Prüfer ausgehen. Die NFS hatte gerade eine Prüfung, die sich über drei Wochen hingezogen hat. Wir gehen von ca. 25-30 T€ Prüfkosten durch die Bundesbank aus. Solche Kosten werden nicht auf die Partner umgelegt. Sie haben somit im Haftungs-dach eine bessere Kalkulationsgrundlage für Ihre Ausgabenseite.

Zu 3: Ob Maklerpool oder Haftungsdach: Sie sparen sich Zeit im Backoffice. Nutzen Sie einfach hier das erfahrene Abwicklungsteam.

Fazit: Der 34f Vermittler wird voll in die BaFin-Regulierung eingebunden. Die bisher einfache Vermittlung von Finanzprodukten wird wesentlich komplexer und stellt die Berater vor große Herausforderungen. Für qualifizierte Berater mit guten Investmentbeständen kann die Empfehlung nur Richtung Haftungsdach gehen, da er sich für die Zukunft viel Arbeit und Geld in den Bereichen Dokumentation/Compliance/Rechtsberatung spart.

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Rechtsprechung aktuell

I. Haftungsrechtsprechung aktuell

1. Prospekthaftung im engeren und im weiteren Sinn, Prospektverantwortung2. Rechtsprechung zu Kick-Backs und Rückvergütungen3. Sonstige Aufklärungs-, Nachforschungs- und Informationspflichten4. Zur Frage des Zeitpunkts, wann die Aufklärung gegenüber dem Anlageinteressenten geschuldet wird5. Haftung aus unerlaubter Handlung6. Zusammenwirken zwischen Bank und Vertrieb 7. Eintretenmüssen für Fehlverhalten Dritter8. Haftungsbegrenzung9. Schadensberechnung und Mitverschulden 10. Verjährung11. Gerichtsstand

II. Anlegerrechte und Anlegerpflichten (einschl. Anlegerhaftung und Nachschusspflichten)

III. Immobilien und Finanzierung

IV. Vermittler- und Maklerrecht

V. Versicherung

I. Haftungsrechtsprechung aktuell

1. Rechtsprechung zu Prospekthaftung im engeren und im weiteren Sinn, Prospektverantwortung

Wenn es um das „Recht der Kapitalanlagen“ geht, sind es zum einen die gesetzlichen Vorgaben, die vor allem bei der Konzeption, aber auch dem Ab-satz der Produkte und der anschließenden Verwal-tungsphase bis zum Ablauf (Kündigung, Auflösung, Verkauf usw.) zu beachten sind. Daneben spielt die Rechtsprechung eine wichtige Rolle. Sie muss spe-ziell bei Fondsbeteiligungen immer wieder darüber befinden, ob bestimmte Investitionsvorhaben den gesteigerten Anforderungen des Kreditwesenge-

Ausgewählte Entscheidungen der Jahre 2010 und 2011 aus den Bereichen Kapitalanlagen, Vertrieb, Finanzierung und VersicherungenUnsere Rechtsthemen im Überblick:

setzes unterfallen, also KWG-pflichtig sind. Sie ent-scheidet aber auch über die Frage, ob bei der Ver-mittlung von und Beratung über Anlageprodukte die Grundsätze der anlage- und anlegergerechten Beratung oder Vermittlung eingehalten sind. An den Grundsätzen der Prospekthaftung sowohl im engeren als auch im weiteren Sinn hat sich seit lan-gem kaum noch etwas geändert. Das Haftungsnetz wurde allerdings immer feiner gesponnen.

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Während die Prospekthaftung im engeren Sinn ihre Grundlage in der Haftung für typisiertes Vertrauen hat, werden unter dem Begriff der Prospekthaftung im weiteren Sinn verschiedene Fallgruppen zusam-mengefasst, bei denen bestimmte Personen für Prospektfehler aufgrund allgemeiner rechtlicher Be-stimmungen haften. Solche allgemeinen rechtlichen Bestimmungen können die Grundsätze der culpa in contrahendo (= c.i.c. oder Verschulden bei Vertrags-schluss) oder positive Forderungs- bzw. positive Ver-tragsverletzung (pFV bzw. pVV) sein.

Haftungsadressaten sind die Personen, zu denen die Anleger - zum Zeitpunkt der Beratung oder künftig - in Vertragsbeziehungen treten. Neben Treuhändern und Treuhandkommanditisten sind dies faktisch insbesondere die sog. „Gründungsgesellschafter“, aber auch die Hintermänner, die nicht an vorderer Front stehen, aber mehr oder weniger unerkannt die Fäden in der Hand halten. Eine Haftung kann sich ggf. auch für weitere Personen ergeben, die ei-nen besonderen Vertrauenstatbestand schaffen. So legte der BGH erst vor kurzem Maßstäbe fest, unter welchen Voraussetzungen auch Prominente, die in der Werbung für Kapitalanlagen eingesetzt werden, als Haftungsadressaten in Anspruch genommen werden können.

1.1. Zur Verantwortlichkeit eines Gründungs-gesellschafters für Prospektmängel und zur Kausalität bei einem Entscheidungskonflikt (BGH, Urt. v. 17.05.2011, II ZR 202/09)

SachverhaltEin Anleger hatte sich an einem geschlossenen Im-mobilienfonds beteiligt, der - u.a. - Wohnungen im öffentlich geförderten und sozialen Wohnungsbau in Berlin errichtete und vermietete. Das Land Berlin gewährte eine zusätzliche Förderung. Die Bewilli-gung erfolgte für die Dauer von zunächst 15 Jahren ab Bezugsfertigkeit. Üblicherweise sollte sich eine ebenfalls 15-jährige Anschlussförderung anschließen. Im Jahr 2003 hatte der Berliner Senat beschlossen, keine Anschlussförderung zu gewähren. Der Anleger nimmt im Jahr 2006 einen der Gründungsgesell-schafter wegen Prospektmängeln auf Schadener-satz in Anspruch.

EntscheidungDer BGH hob die die Anlegerklage abweisende Ent-scheidung des Kammergerichts als Vorinstanz auf. Das Kammergericht hatte zwar einen Prospektman-gel darin gesehen, dass im Beteiligungsprospekt die Anschlussförderung unzutreffend als sicher darge-stellt worden ist, während tatsächlich kein Rechts-anspruch darauf bestanden hatte. Das Kammerge-richt hatte allerdings angenommen, zugunsten des Anlegers greife nicht die Kausalitätsvermutung, weil der Anleger bei einer zutreffenden Aufklärung in einen Entscheidungskonflikt gekommen wäre, weil es nicht „die eine“ richtige Entscheidung gegeben hätte, zumal der Anleger zahlreiche Risiken, auf die im Prospekt hingewiesen wurde, übernommen hat-te, so dass das Berufungsgericht darin ein Indiz sah, dass der Anleger auch dieses Risiko zu tragen bereit gewesen wäre.

Der BGH wies auf seine ständige Rechtsprechung hin, dass eine fehlerhafte Aufklärung schon nach der Lebenserfahrung ursächlich für eine Anlageent-

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Beitrag von Werner Klumpe,

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scheidung sei. Diese Vermutung aufklärungsrich-tigen Verhaltens sichere das Recht des Anlegers, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in ein bestimmtes Beteiligungsobjekt investieren wolle oder nicht.

Gerade von einem Immobilienfonds erwarte ein Anleger Werthaltigkeit. Deshalb verbiete sich im Re-gelfall die Annahme, eine Aufklärung über wichtige und der Werthaltigkeit abträgliche Umstände hätte den Anlageinteressenten nicht davon abgeschreckt, die Beteiligung zu zeichnen, weil erhebliche Steuer-vorteile im Spiel gewesen seien.

Hierbei spielt es keine Rolle, ob das Risiko der Be-willigung der Anschlussförderung groß oder klein gewesen war. Der Umstand, dass auf die Anschluss-förderung kein Rechtsanspruch bestand, stellte die Überlebensfähigkeit des Fonds grundsätzlich in Frage. Ein Anleger hat das Recht, das Für und Wider selbst ab-zuwägen und seine Anlageentscheidung in eigener Verantwortung zu treffen. Dieses Recht wird durch unzutreffende Informationen über Um-stände beeinträchtigt, auch wenn für deren Eintritt eine nur geringe Wahrscheinlichkeit besteht.

Es obliegt mithin auch im Falle, dass es mehrere Handlungsalternativen gegeben hätte, dem Aufklä-rungsverpflichteten, die Kausalitätsvermutung zu widerlegen. Der Gründungsgesellschafter hatte als Beweis angeboten, der Anleger möge vernommen werden. Diesem Beweisantritt muss das Kammerge-richt nunmehr nachgehen.

FazitDie Entscheidung ist ein weiteres Beispiel dafür, wel-che bedeutende Rolle der Anlegerschutz seit vielen Jahren spielt und zeigt das Bestreben, diesen Schutz noch weiter auszubauen. Ob Risiken groß oder klein sind, spielt genauso wenig eine Rolle wie die gar nicht so abwegige Vermutung, ein Anleger, der viele Risiken zu übernehmen bereit war, hätte auch ein weiteres und noch dazu unwahrscheinliches Risiko übernommen. Selbst wenn es also neben der Mög-lichkeit des sog. aufklärungsrichtigen Verhaltens auch die Möglichkeit gegeben hätte, sich genauso gut für die Übernahme eines unwahrscheinlichen Risikos zu entscheiden, bleibt es bei der Kausalitäts-vermutung zugunsten des Anlegers. Der Fall zeigt weiterhin, dass sich Prospektfehler auch noch 16 Jahre nach Fondszeichnung zu Lasten eines Grün-dungsgesellschafters auswirken können. Voraus-setzung ist hier natürlich, dass ein Anleger keine frühere Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von Prospektfehlern hatte. Ferner wird ein solcher Zeitraum, der über 10 Jahre liegt, in Zukunft auf

maximal 10 Jahre zusammenschmelzen, nachdem mit Ablauf des 31.12.2011 die ersten 10 Jahre des neuen Verjährungsrechtes vorüber sind.

1.2. Zur Frage der Prospekthaftung eines Grün-dungskommanditisten in einer Publikums-Personengesellschaft(BGH, Urt. v. 01.03.2011, II ZR 16/10)

SachverhaltAnleger hatten sich an einer Publikums-Personen-gesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG beteiligt. Sie nahm zunächst sowohl die Initia-torin als auch eine Gründungskommanditistin und Vermittler in Anspruch. Zuletzt richtete sich der An-spruch der Kläger nur noch gegen den Gründungs-kommanditisten, von dem die Anleger insbesondere Schadenersatz gegen Rückübertragung der Beteili-gung und Feststellung künftigen Schadenersatzes forderten.

EntscheidungAnsprüche aus der sog. Prospekthaftung im engeren Sinne waren verjährt. Anders als die Vorinstanz hielt der BGH aber Ansprüche aus Prospekthaftung im weiteren Sinn für denkbar. Ein solcher Anspruch knüpft an die vorvertraglichen Beziehungen zwi-schen einem Gründungsgesellschafter zu dem An-leger an. In einer Kommanditgesellschaft wird die Kommanditistenstellung grundsätzlich durch den Abschluss eines Aufnahmevertrages mit den Gesell-schaftern, die der Gesellschaft bereits angehören, erlangt. Im Rahmen der Beitrittsverhandlungen haf-tet der Gründungsgesellschafter für die schuldhafte Verletzung von Aufklärungspflichten. Dabei kommt auch die Haftung für Prospektfehler in Betracht, wenn der Prospekt bei den Beitrittsverhandlungen verwendet wurde. Des Weiteren haftet der Grün-dungsgesellschafter gem. § 278 BGB auch für das Fehlverhalten von Personen, die er zum Abschluss des Beitrittsvertrages bevollmächtigt hat.

Wird nun die Beitrittserklärung eines Kommandi-tisten zu einer Publikums-KG von der persönlich haftenden Gesellschafterin zwar im Namen der Ge-sellschaft angenommen, ist die persönlich haftende Gesellschafterin in dem im Prospekt abgedruckten Gesellschaftsvertrag aber nur bevollmächtigt wor-den, Aufnahmeverträge im Namen der Mitgesell-schafter abzuschließen, spricht das für eine Aus-legung der Annahmeerklärung dahin, dass sie im Namen der Mitgesellschafter abgegeben wird. Der Einwand des Gründungskommanditisten, die Kom-plementärin habe die Beitrittserklärung als Vertrete-rin der KG angenommen und die Gründungskom-manditistin sei demnach nicht Vertragspartner der

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Anleger geworden und könne demzufolge auch nicht Haftungspartner sein, fruchtete mithin nicht.

Ob ein Anspruch auf Schadenersatzanspruch ver-jährt war, war noch nicht hinreichend ermittelt, da die Instanzgerichte nicht berücksichtigt hatten, dass die kenntnisabhängige Verjährungsfrist für jeden Fehler und für jeden Anleger gesondert zu berechnen ist. Der BGH hob das die Klage abweisende Urteil des Berufungsgerichtes auf und verwies die Sache zurück, damit die noch erforderlichen Feststellungen getroffen werden können.

FazitDie Entscheidung überzeugt. Es wäre schlichtweg lebensfremd, eine Haftung mit der Begründung auszuschließen, dass der bevollmächtigte Komple-mentär den Aufnahmevertrag nicht im Namen aller bisherigen Gesellschafter abschließen wollte. Der Eintritt in eine Personengesellschaft bedarf zwar grundsätzlich eines Vertragsabschlusses mit allen bisherigen Gesellschaftern. Die Gesellschafter kön-nen aber Regelungen vereinbaren, die die Aufnahme neuer Gesellschafter erleichtern. Das Einverständnis von Gesellschaftern mit dem Eintritt weiterer Gesellschafter kann im Voraus im Gesellschaftsver-

trag erteilt werden. Dies war hier geschehen, wobei der sprachlichen Ungenauigkeit durch Auslegung die zutreffende Bedeutung beizumessen war.

1.3. Gründungsgesellschafter der „Dubai 1000-Hotel-Fonds Gesellschaft“ haften auf Schadenersatz (OLG Hamm, Urt. v. 07.11.2011, I-8 U 51/11, I-8 U 55/11, I-8 U 71/11 und I-8 U 72/11).

SachverhaltAnleger hatten sich an der „Dubai 1000-Hotel-Fonds Gesellschaft“ beteiligt. Die Gesellschaft wollte in Dubai ein Grundstück erwerben, darauf ein Hotel mit 1.000 Betten errichten und dieses ver-mieten. Das Projekt scheiterte. Es kam lediglich zur Ausschachtung einer Baugrube und zur Erstellung einer Fundamentplatte.

In einem Nachtrag zum Verkaufsprospekt wurden die Anleger darüber informiert, dass das Grund-stück „selbstverständlich über eine Baugenehmi-gung für ein Hotel verfüge“. Diese Angaben waren missverständlich, denn es wurde verschwiegen, dass weitere Baugenehmigungen zur Realisierung des Projektes erforderlich waren.

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EntscheidungDas OLG Celle bestätigte den Anspruch der Anleger gegen die Gründungsgesellschafter auf Schadener-satz. Den Gründungsgesellschaftern sind Mängel im Verkaufsprospekt zuzurechnen. Durch die Ver-wendung falscher und unvollständiger Verkaufspro-spekte wurde die auch den Gründungsgesellschaf-tern obliegende Pflicht zur sachlich richtigen und vollständigen Aufklärung über das mit dem Beitritt verbundene Risiko verletzt. Der Schaden bestand im investierten Kapital nebst Agio. Diesen sowie den entgangenen Gewinn konnten die Anleger Zug um Zug gegen Rückübertragung der Beteiligung verlangen.

Die Anleger hatten zusätzlich die Beteiligungsge-sellschaft in Anspruch genommen. Mit dieser Klage scheiterten sie, da die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft einer Haftung der Beteiligungsgesell-schaft entgegenstehen.

FazitDie Urteile können nicht überraschen. Viel interes-santer scheint die Frage zu sein, ob die Gründungs-gesellschafter über die entsprechende Bonität ver-fügen, um die Schadenersatzansprüche befriedigen zu können.

1.4. Zur Prospekthaftung von Prominenten bei Werbung für eine Kapitalanlage (BGH, Urt. v. 17.11.2011, III ZR 103/10)

SachverhaltFür eine Kapitalanlage war mittels Emissionspro-spektes geworben worden. Neben dem Emissions-prospekt gab es eine Werbebroschüre, die ebenfalls Produktinformationen enthielt. Außerdem wurden in der Werbebroschüre Personen vorgestellt, die den Vorstand und den Aufsichtsrat der Emittentin sowie den Aufsichtsrat und Beirat der einzigen Ge-sellschafterin der Emittentin bildeten. Ein früherer Spitzenpolitiker (Herr Rupert Scholz) wurde als Bei-ratsvorsitzender der Gesellschafterin der Emittentin vorgestellt und mit positiven Äußerungen zitiert.

Der Emissionsprospekt wies Fehler auf. Im Jahr 2005 untersagte die BaFin die geschäftliche Tätigkeit der Beteiligungsgesellschaft, weil es sich bei dieser um ein erlaubnispflichtiges Finanzkommissionsgeschäft im Sinne des § 32 KWG handele. Anleger erhoben Schadenersatzansprüche u.a. gegen den früheren Spitzenpolitiker Scholz. Das OLG Karlsruhe als Vor-instanz hatte Herrn Scholz nicht für eintrittspflichtig erachtet.

EntscheidungDer BGH hielt es für nicht ausgeschlossen, dass der Be-klagte nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im

engeren Sinn zum Schadenersatz verpflichtet ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH haften für fehlerhafte oder unvollständige Angaben in dem Emissionsprospekt einer Kapitalanlage neben dem Herausgeber des Prospektes die Gründer, Ini-tiatoren und Gestalter der Gesellschaft, soweit sie das Management bilden oder beherrschen. Darüber hinaus haften als sog. Hintermänner alle Personen, die hinter der Gesellschaft stehen und auf ihr Ge-schäftsgebaren oder die Gestaltung des konkreten Anlagemodells besonderen Einfluss ausüben und deshalb Mitverantwortung tragen (ständige Recht-sprechung, vgl. BGH, Urt. v. 06.10.1980, II ZR 60/80 oder v. 06.03.2008, III ZR 298/05).

Maßgeblich für die Haftung des Hintermanns ist sein Einfluss auf die Gesellschaft bei der Initiierung des Projekts. Er muss eine Schlüsselposition besitzen, die mit derjenigen der Geschäftsleitung vergleichbar ist.

Allein die Position eines Beiratsmitglieds oder Bei-ratsvorsitzenden lässt ohne Hinzutreten weiterer Umstände regelmäßig nicht den Schluss auf einen solchen maßgeblichen Einfluss zu (vgl. BGH, Urt. v. 22.10.1984, II ZR 2/84).Allerdings unterliegen der Prospekthaftung im en-geren Sinn auch diejenigen, die mit Rücksicht auf ihre allgemein anerkannte und hervorgehobene berufliche und wirtschaftliche Stellung oder ihre Ei-genschaft als berufsmäßige Sachkenner eine Garan-tenstellung einnehmen, sofern sie durch ihr außen in Erscheinung tretendes Mitwirken am Emissions-prospekt einen besonderen, zusätzlichen Vertrauen-statbestand schaffen und Erklärungen abgeben. Der Vertrauenstatbestand muss sich aus dem Prospekt ergeben, sofern die Mitwirkung an der Prospektge-staltung nicht auf andere Weise nach außen hervor-getreten ist.

Zu den berufsmäßigen Sachkennern, denen eine Garantenstellung zukommen kann, gehören z.B. Rechtsanwälte, die gutachtliche Stellungnahmen abgeben, Wirtschaftsprüfer, die den Prospekt ge-prüft haben und Steuerberater.

Der hier in Anspruch genommene Spitzenpolitiker hatte in einer Werbebroschüre darauf hingewiesen, dass er gefordert habe, für jeden einzelnen Anleger müsse es eine durchgehende Qualitätssicherung ge-ben, dazu Kompetenz, Kontrolle und Transparenz. Dies sei geschafft worden.

Damit hatte ein prominenter Spitzenpolitiker sich seines Einflusses auf die Gestaltung des Anlage-konzeptes berühmt. Mit diesen Aussagen wurde

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Vertrauen in Anspruch genommen, wobei auch er-kennbar war, dass dies Investitionsentscheidungen potenzieller Anlageinteressenten beeinflussen konnte.

Auch ein körperlich vom Emissionsprospekt ge-trenntes Schriftstück, welches zusammen mit diesem vertrieben wird, kann bei der gebotenen Gesamtbetrachtung Bestandteil eines Anlagepro-spektes im Rechtssinn sein.

Wenn eine Person keinerlei Einfluss ausübt und keinerlei Prüfungen vorgenommen haben sollte, darf sie nicht - wie im vorliegenden Fall geschehen - werben oder müsste ihr in den Mund gelegten Äußerungen widersprechen.

Da noch einige Tatsachen aufgeklärt werden mus-sten, hob der BGH die die Klage abweisende Ent-scheidung des OLG Karlsruhe auf und verwies den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung zurück.

FazitZu Beginn der Beteiligungsmodelle (Bauherrenmo-delle, geschlossene Fonds, Erwerbermodelle) war es weit verbreitet, Prospekte in verschiedene Teile zu unterteilen. In den letzten Jahren wird - auch aus Haftungsgründen - das Beteiligungsangebot meist in einem umfangreichen Emissionsprospekt vorgestellt. Der BGH weist zum einen darauf hin, dass auch verschiedene getrennte Teile ungeachtet der körperlichen Trennung einen einheitlichen An-lageprospekt im Rechtssinn darstellen können. Eine Prospektverantwortung kann deshalb auch dann gegeben sein, wenn in einem vom eigentlichen Prospekt getrennten Druckwerk unzutreffende oder irreführende Aussagen getroffen werden. Des Weiteren sollten sich diejenigen, die einerseits im Rampenlicht stehen und andererseits aufgrund ih-rer Stellung gerne als Werbeträger genommen wer-den, darüber bewusst sein, dass sie Mitverantwor-tung übernehmen und dadurch auch selbst zum Haftungsadressaten werden können.

1.5. Zur Frage, wann eine finanzierende Bank für Prospektfehler haftet, über die sie einen Anleger bei Finanzierung von dessen Fonds-beteiligung nicht aufgeklärt hat (BGH, Urt. v. 21.09.2010, XI ZR 232/09)

SachverhaltEin Fondsinitiator warb mittels Prospektes um An-legergelder. Die Anlegergelder sollten zur Errich-tung eines Geschäftszentrums verwandt werden. Im Gesellschaftsvertrag hieß es zum Punkt „Be-bauung“, dass „unter Berücksichtigung allgemei-ner Grundsätze“ mit einem überregional tätigen

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Bauunternehmen ein Generalunternehmervertrag abgeschlossen wird. Tatsächlich schloss die Fonds-gesellschaft aber einen Baubetreuungsvertrag mit einem mit den Initiatoren verflochtenen Unterneh-men. Die Vergütung des Baubetreuers bestand in der Differenz zwischen der für die Errichtung des Geschäftszentrums im Prospekt ausgewiesenen 19 Mio. DM und der Vergütung des Generalunterneh-mers nebst sonstiger Baunebenkosten für Statik etc.

Die klagende Sparkasse hatte sich bereiterklärt, sämtliche Fondsanteile zu finanzieren. Die Sparkasse zahlte an die Finanzierungsvermittlungsgesellschaft, die ebenfalls zur Unternehmensgruppe der Fonds-initiatoren gehörte, eine Provision von 2 % der Dar-lehenssumme. Nachdem zwei Fondsgesellschafter ihre Darlehen nach dem Haustürwiderrufsgesetz widerrufen hatten und keine Zahlungen mehr auf die Darlehen leisteten, kündigte die Sparkasse das Darlehen und stellte den offenen Saldo fällig. Die in Anspruch genommenen Darlehensnehmer mach-ten Gegenansprüche auf Schadenersatz aus Auf-klärungspflichtverletzung bezüglich der Kreditver-mittlungsprovision sowie wegen Prospektfehlers geltend.

Die EntscheidungZunächst führte der BGH aus, dass der Widerruf der Willenserklärungen zum Abschluss des Darlehens-vertrages unbeachtlich sei. Zwischen dem ersten Ansprechen und dem Abschluss des Darrlehensver-trages lagen mehrere Wochen, so dass keine Kau-salität zwischen einer Haustürsituation und dem Abschluss des Darlehensvertrages anzunehmen war. Der BGH verneinte auch eine Pflichtverletzung, die die Anlege darin sahen, dass ein Unternehmen aus dem Initiatorenkreis eine Finanzierungsver-mittlungsprovision erhielt. Durch die Zahlung einer Vermittlungsprovision an einen Finanzierungsmak-ler werden keine Interessen der Darlehensnehmer gefährdet. Die Situation sei mit der Tätigkeit eines Vermögensverwalters, der von einer Bank Teile der Bankprovisionen und Depotgebühren erhielte, nicht vergleichbar. Im konkreten Fall kam noch hinzu, dass von den Darlehensnehmern weder vorgetra-gen worden war noch ersichtlich war, dass an ande-rer Stelle ein Darlehen zu günstigeren Konditionen hätte aufgenommen werden können.

Sodann wandte sich der BGH der Frage zu, ob die Spar-kasse ansonsten Aufklärungspflichten treffen könnten. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist eine kreditgebende Bank bei steuersparenden Bau-herren-, Bauträger- und Erwerbermodellen zur Ri-sikoaufklärung über das finanzierte Geschäft nur unter ganz besonderen Voraussetzungen verpflich-

tet. Eine Bank darf regelmäßig davon ausgehen, dass die Kunden entweder über die notwendigen Kenntnisse oder Erfahrungen verfügen oder sich jedenfalls der Hilfe von Fachleuten bedient haben. Eine der vier Fallgruppen, bei deren Vorliegen aus-nahmsweise Pflichten zur weiteren Aufklärung be-stehen, ist der konkrete Wissensvorsprung in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens. Ein solcher Wis-sensvorsprung liegt auch vor, wenn die Bank posi-tive Kenntnis davon hat, dass der Kreditnehmer von seinem Geschäftspartner oder durch den Fondspro-spekt über das finanzierte Geschäft arglistig ge-täuscht wurde.

In diesem Zusammenhang spielte eine entschei-dende Rolle, dass die Sparkasse mit dem Initiator vereinbart hatte, sämtliche Fondsanteile finanzieren zu wollen. Bei einem derartigen institutionalisier-ten Zusammenwirken der kreditgebenden Bank mit dem Verkäufer oder Vertreiber der finanzierten Ka-pitalanlage setzt die Vermutung für einen konkreten Wissensvorsprung der Bank im Zusammenhang mit einer arglistigen Täuschung der Anleger lediglich eine objektiv evidente Unrichtigkeit der Angaben des Verkäufers, Fondsinitiators oder der für sie täti-gen Vermittler bzw. eine evidente Unrichtigkeit des Verkaufs- oder Fondsprospekts voraus.

Einen Prospektfehler sieht der BGH in Folgendem begründet: Im Prospekt wird der Eindruck er-weckt, zur Minimierung der Baukosten des Fond-sobjektes würde mit einem überregional tätigen Bauunternehmen ein Generalunternehmervertrag abgeschlossen werden. Tatsächlich stand aber der Abschluss eines Baubetreuungsvertrages mit einer zur Unternehmensgruppe der Fondsinitiatoren ge-hörenden Gesellschaft mit einer Festpreisgarantie bevor. Dies widerspricht „allgemeinen Grundsät-zen“. Im Gesellschaftsvertrag war jedoch explizit darauf hingewiesen worden, dass der Generalun-ternehmervertrag unter Berücksichtigung allgemei-ner Grundsätze abgeschlossen wird. Dies kann nur dahin verstanden werden, dass auf der Grundlage

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der für die Errichtung des Geschäftszentrums er-stellten Planung bei mehreren überregional tätigen Bauunternehmen ein Angebot eingeholt werden sollte, um sodann mit dem günstigsten Anbieter den Bauvertrag abzuschließen. Den Anlegern wur-de vorgespiegelt, dass die Höhe der prospektierten Baukosten nur einen Maximalbetrag darstellt und die Chance geringerer Baukosten bestand. Durch die Zwischenschaltung der Baubetreuungsfirma, die zum Initiatorenlager zuzurechnen war, sollten nied-rigere als prospektierte Baukosten aber dem Baube-treuer zugutekommen. Den Fondsinitiatoren konnte dadurch außerhalb des Gesellschaftsvertrages eine Sonderzuwendung zufließen. Auch darüber hätte aufgeklärt werden müssen.

Es war nun unerheblich, ob die Bank im konkreten Fall die Unrichtigkeit erkennen konnte. Diese Frage stellt sich erst im Zusammenhang mit der Widerle-gung der Vermutung, in deren Rahmen die Bank zu ihrer Unkenntnis vortragen und Beweis antreten muss. Entsprechende Feststellungen fehlten. Des-halb wurde das der Klage der Sparkasse stattge-bende Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen.

FazitDas Urteil fasst elementare Rechtsprechungsgrund-sätze zur Frage zusammen, wann eine Bank als Kreditgeber - ausnahmsweise - zur Aufklärung über Risiken betr. ein finanziertes Geschäft verpflich-tet ist. Bei einem institutionalisierten Zusammenwir-ken der Bank mit dem Verkäufer oder Vertreiber der finanzierten Kapitalanlage wird durch dieses Urteil die Haftungsschlinge noch enger. Die Vermutung, dass eine Aufklärungspflicht bestand, setzt lediglich eine objektiv evidente Unrichtigkeit oder Unvoll-ständigkeit voraus. Liegt eine solche vor, obliegt es dem Finanzier, die zu seinen Lasten bestehende Vermutung zu entkräften.

Auch für Finanzierungsvermittler enthält das Urteil grundsätzliche Aspekte. Der Finanzierungsvermittler muss - anders als der Anlageberater der Bank - die ihm vom Darlehensgeber zugesagte Darlehensver-mittlungsvergütung nicht offenlegen. Hier sind Pflichtverletzungen denkbar, wenn eine (hohe) Vermittlungsvergütung die Darlehenskonditionen belastet. Dies konnte im konkreten Fall allerdings nicht festgestellt werden.

1.6. Prospektfehler und unterbliebene Korrektur des Fehlers durch eine Bank bei Empfehlung eines Medienfonds (OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 26.01.2011, 17 U 52/10)

SachverhaltEin Anleger hatte sich aufgrund einer Empfehlung eines Bankmitarbeiters in Höhe von 100.000,00 DM an einem Medienfonds beteiligt. Im Prospekt wurde versichert, dass ein Vermögensverlustrisiko im un-günstigsten Fall auf ein Maximum von ca. 21,6 % beschränkt sei (sog. worst-case-Szenario). Tatsäch-lich bestand auch bei diesem Fonds ein Totalver-lustrisiko. Der Anleger forderte Rückzahlung seiner geleisteten Einlage Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung. Die in Anspruch genommene Bank berief sich darauf, keine Beratungspflichten verletzt zu haben, erhob die Einrede der Verjährung und hilfsweise in zweiter Instanz Hilfswiderklage auf Feststellung, dass der Anleger verpflichtet sei, et-waige Schadenersatzleistungen, die von der Finanz-behörde nicht der Nachversteuerung unterworfen würden, in Höhe der alten Steuervorteile an die Bank zu zahlen.

EntscheidungDas OLG Frankfurt gab der Klage - bis auf einen klei-nen Teil der vom Anleger begehrten Zinsen - statt. Der Schadenersatzanspruch sei auch nicht verjährt. Die Hilfswiderklage wurde als unzulässig abgewiesen.

Den Prospekt sah das Gericht als fehlerhaft an, weil über das Totalverlustrisiko nicht aufgeklärt worden sei. Diesen Prospektfehler hätten die Bankberater auch nicht korrigiert. Nach durchgeführter Beweis-aufnahme stand für das Gericht fest, dass die Berater das maximale Risiko mit 25 % der Einzahlungen be-wertet hätten.

Bei Übergabe eines fehlerhaften Emissionspro-spektes entfällt die Haftung der beratenden Bank nur, wenn der Berater den Prospektfehler im Beratungsgespräch ausdrücklich berichtigt und das Totalverlustrisiko deutlich herausstellt. Wenn stattdessen eine falsche Prospektaussage nur wie-dergegeben und nicht berichtigt werde, ist die Anlageberatung nicht objektgerecht.

Das Verschulden einer beratenden Bank wird nach dem Gesetz vermutet (vgl. damals noch § 282 BGB a.F., jetzt § 280 BGB). Der vorhandene Prospektfeh-ler wäre - so das Gericht weiter - im Rahmen der von einer Bank geschuldeten Plausibilitätsprüfung auch feststellbar gewesen. „Von einer Bank, die als Vertriebsbe-auftragte tätig ist und einen Fonds vermarktet, darf erwartet werden, dass sie den Pro-spekt in seinen zentralen Aussagen prüft und dass sie bemerkt, wenn eine besonders werbewirksame und daher als Verkaufsargument ins Auge sprin-gende Restrisikobetrachtung in Wirklichkeit die tatsächliche Risikosituation beschönigt.“

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Außergewöhnliche Steuervorteile waren nicht ge-geben. Solche folgten insbesondere nicht daraus, dass seit dem Jahr 2000 der Einkommensteuerhöch-stsatz gesenkt worden sei. Eine Tarifermäßigung soll einen Schädiger nicht entlasten.

Die Hilfswiderklage wurde als unzulässig abge-wiesen, weil sie nicht berücksichtige, dass nur das Rechtsverhältnis selbst Gegenstand der Klage oder Widerklage sein kann, nicht aber einzelne rechts-erhebliche Vorfragen oder Elemente eines Rechts-verhältnisses oder bloße Grundlagen für die Berech-nung eines Anspruchs.

FazitDie Entscheidungsgründe fußen auf „bekannten Pfaden“. Interessant sind die Ausführungen zur Hilfswiderklage. Diese Grundsätze sollten bei vergleichbarer Sachver-haltskonstellation zwingend beachtet werden.

1.7. Zu den Voraussetzungen einer uneigent-lichen Prospekthaftung (Prospekthaftung im weiteren Sinn) (OLG Hamburg, Urt. v. 29.10.2010, 13 U 221/09)

SachverhaltEin Anleger wurde mittels Prospektes als Treugeber einer GmbH & Co. KG geworben. Er beteiligte sich mittelbar an der Fondsgesellschaft im Dezember 2004. Zweck der Gesellschaft war die Finanzierung von Leasinggeschäften. Nach dem Prospekt sollten 2004 13 Mio. Euro Kommanditkapital gezeichnet sein. Tatsächlich waren es bis Juni 2005 ein gutes Drittel (4,6 Mio. Euro). Statt prognostizierter 22 Mio. Euro Leasingerlöse für das Jahr 2004 wurden in diesem Jahr nicht einmal 500.000,00 € erlöst. Der Anleger nahm den Gründungskommanditist (zugleich Vorstand der Komplementärgesellschaft), die Treuhandkommanditistin und den mit der Pro-spekterstellung Verantwortlichen in Anspruch. Letz-terer war als Konzeptionsberater zugleich Aufsichts-rat der Komplementärgesellschaft.

EntscheidungDas OLG Hamburg bestätigte das erstinstanzliche Urteil, welches alle Beklagten als Gesamtschuldner zum Schadenersatz verurteilt hatte.

Prospekthaftungsansprüche im engeren (eigent-lichen) Sinn seien zwar verjährt. Dies schließt je-doch einen Anspruch wegen uneigentlicher Pro-spekthaftung (Prospekthaftung im weiteren Sinn) nicht aus. Nach den Grundsätzen dieser Prospekt-haftung treffen denjenigen, der bei den Vertrags-verhandlungen u.a. als künftiger Vertragspartner gegenüber dem Anleger persönliches Vertrauen in

Anspruch genommen hat, die aus der Anbahnung von Vertragsverhandlungen entstehenden Pflichten. Dazu gehört insbesondere die Pflicht zur sachlich richtigen und vollständigen Aufklärung des Anle-gers über das mit dem Beitritt verbundene Risiko. Die Haftung erstreckt sich auch auf Mängel des be-nutzten Prospekts. Der Prospekt war jedenfalls zum Zeitpunkt der Zeichnung der Beteiligung fehlerhaft. Anleger hätten im Dezember 2004 darüber aufge-klärt werden müssen, dass die Umsatzerlöse und Platzierungszahlen erheblich hinter den im Prospekt aufgestellten Prognosen zurückgeblieben waren. Der Verweis auf die allgemeinen Risikohinwiese im Prospekt ist in einem solchen Fall nicht ausreichend.

Auch die in Anspruch genommene Treuhandkom-manditistin trifft als Vertragspartnerin der Anleger die Pflicht, diese über alle wesentlichen Punkte auf-zuklären, die für die zu übernehmende mittelbare Beteiligung von Bedeutung waren. Unrichtige oder unvollständige Prospektangaben sind richtig zu stellen oder zu ergänzen. Dies hatte die Treuhandkomman-ditistin nicht getan.

Dass Prospektfehler für die Anlageentscheidung ursächlich geworden sind, entspricht der Lebens-erfahrung. Da die Kausalität zwischen Aufklä-rungspflichtverletzung und Anlageentscheidung vermutet wird, hätte es den Beklagten oblegen, nachzuweisen, dass der Anleger auch bei zutref-fender Aufklärung seine Anlageentscheidung po-sitiv getroffen hätte. Beim Beklagten, der mit der Erstellung des Prospektes beauftragt war, be-jahte das Gericht einen Schadenersatzanspruch nach § 826 BGB. Er hätte damit rechnen müs-sen, dass die Prognosen 2004 genauso eklatant verfehlt werden wie die für 2003. Dabei habe er billigend in Kauf genommen, dass Anleger auch aufgrund dieser Prognosen Kommanditanteile zeichnen.

FazitDie Entscheidung berücksichtigt die auch von der Rechtsprechung des BGH immer wieder auf-gestellten Grundsätze. Es ging auch keineswegs um den Vorwurf, dass die Haftungsadressaten für nicht eingetretene Prognosen haften sollten. Anknüpfungspunkt der Schadenersatzpflicht war die unterlassene Aufklärung über die Unvertret-barkeit der Prognosen. Darüber müssen Anlage-berater und -vermittler aufklären, wenn sie die Plausibilität des Prospektes zu prüfen haben, wozu auch ein Soll-/Ist-Vergleich gehört. Diese Aufklärungspflicht trifft aber insbesondere auch die Gründungsgesellschafter einer Publikums-Per-sonengesellschaft.

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2. Rechtsprechung zu Kick-Backs und Rückver- gütungen

Inzwischen sind seit dem bahnbrechenden Kick-Back-Urteil des BGH vom 19.12.2006 mehr als fünf Jahre verstrichen. Allerdings hat der BGH mehrfach darauf hingewiesen, dass diese Kick-Back-Entschei-dung keineswegs neu sei, sondern auf einer schon im Jahr 2000 ergangenen Entscheidung aufbaut und diese Grundsätze fortsetzt. Im Übrigen hätten insbesondere schon seit 1990 Kreditinstitute über Rückvergütungen aufklären müssen (vgl. hierzu das Magazin „Recht und Urteile 2010“ mit Hinweis auf den Beschluss des BGH vom 29.06.2010, XI ZR 308/09).

Auch im Jahr 2011 hatte die Rechtsprechung zig-fach über Fallkonstellationen zu entscheiden, bei denen es um die Pflicht zur Aufklärung über Provisi-onen, Kick-Backs und Rückvergütungen ging. Rück-vergütungen lösen einen Interessenkonflikt aus. Ein Interessenkonflikt ist ein per se aufklärungspflichti-ger Umstand. Nur durch die Aufklärung über den vorhandenen Interessenkonflikt wird ein Anleger in die Lage versetzt, das Umsatzinteresse der ihm gegenüber sitzenden und eine Beteiligung anbie-tenden Person einzuschätzen. Nur dann kann er auch beurteilen, ob die Fondsbeteiligung - jedenfalls auch - deshalb empfohlen wird, weil es Eigeninte-ressen des Vertriebs gibt, die für den Anleger nicht von vornherein erkennbar sind. Es gibt eine ganze Reihe von Argumenten, die eine Pflicht zur Offenle-gung des Interessenkonfliktes auch im Hinblick auf bankenunabhängige Berater begründen könnten. Dennoch hat der BGH die Aufklärungspflichten in Bezug auf Bankberater verschärft, hingegen die Kick-Back-Rechtsprechung für freie, bankenunab-hängige Finanzdienstleister dahingehend bestätigt, dass dieser nur unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet ist, die konkret an ihn fließende Provision offenzulegen.

2.1. BGH bestätigt seine Kick-Back-Rechtspre-chung für freie (unabhängige) Finanzdienstlei-ster (BGH, Urt. v. 03.03.2011, III ZR 170/10)

SachverhaltEin Anleger hatte sich nach durchgeführter Bera-tung und Überlassung eines Anlageprospektes an einem geschlossenen Medienfonds beteiligt. Die Be-teiligungssumme von 100.000,00 € zzgl. 5 % Agio wurde in Höhe von 45.500,00 € fremd finanziert. Rund einen Monat nach erfolgter Zeichnung erstat-tete die Anlageberaterin dem Anleger „wie verein-bart“ einen Teil des Agios in Höhe von 2.000,00 €.

Der Anleger trat seine (von ihm behaupteten) An-sprüche wegen Verletzung eines Anlageberatungs-vertrages an einen Zessionar ab. Dieser stützte seine Klagebegründung vor allem darauf, die Anlagebe-raterin habe es pflichtwidrig unterlassen, über die Höhe der Provision aufzuklären, die sie im Falle der erfolgreichen Empfehlung der Kapitalanlage von Seiten der Fondsgesellschaft oder deren Hauptver-triebsbeauftragten erhalten hat.

Die Anlageberaterin erhielt dabei keine Vergütung vom Anleger. Die Provision für die Vermittlung des Eigenkapitals ist im Prospekt mit 8,25 % der Zeich-nungssumme ausgewiesen.

EntscheidungDer BGH sah keine Pflicht des freien, bankenunab-hängigen Anlageberaters, einen Anleger innerhalb gewisser Grenzen unaufgefordert über die genaue Höhe der ihm bei erfolgreicher Vermittlung zuflie-ßenden Provision aufzuklären.

Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Anleger selbst keine Provision an den Berater zahlt und offen ein Agio oder Kosten für die Eigenkapitalbeschaffung ausgewiesen werden, aus denen die Vertriebsprovi-sionen bezahlt werden.

Der BGH setzt sich in seiner Begründung auch mit den Argumenten der kritischen Stimmen auseinan-der. Für die Pflicht auch zur ungefragten Offenlegung

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werden die Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes, der Aufdeckung Vertragszweck gefährdender In-teressenkonflikte und die Pflicht zur Angabe über die Werthaltigkeit und Rentabilität einer Anlage genannt.

Die Grundkonstellationen - Beratung durch eine Bank einerseits und durch einen freien Anlagebera-ter andererseits - seien nicht miteinander vergleich-bar. Ein Bankkunde solle davor geschützt werden, dass ohne sein Wissen („hinter seinem Rücken“ oder „heimlich“) Rückvergütungen versprochen werden, die für die Bank einen Interessenkonflikt darstellen können. Erst die Aufklärung über die ge-naue Höhe der Rückvergütung versetze den Kunden in die Lage, das Umsatzinteresse der Bank selbst ein-schätzen und beurteilen zu können.

Was die Auswirkungen auf die Werthaltigkeit anbe-langt, hält der BGH an seiner Rechtsprechung fest, dass auch der freie Vermittler und/oder Berater über die Höhe der Vertriebsprovisionen aufzuklären hat, wenn diese eine Größenordnung von 15 % des von den Anlegern einzubringenden Kapitals überschrei-ten. Unbeschadet dessen müssen unrichtige oder irreführende Angaben zur Vertriebsprovision ge-nerell unterbleiben oder rechtzeitig richtiggestellt werden. Soweit ein Anleger von einem freien Anla-geberater beraten wird und diesem kein Entgelt oder keine Provision bezahlt, liegt es für den Anleger auf der Hand, dass der Anlageberater von der „anderen Seite“ (d.h. also dem Kapitalsuchenden) eine Ver-gütung erhält und diese im Ergebnis aus dem vom Anleger gezahlten Anlagebetrag stamme. Anders als eine Bank sei - so der BGH weiter - ein freier Anlageberater regelmäßig nicht in eine dauerhafte Geschäftsbeziehung eingebettet. Sind insoweit ein Agio oder Kosten für die Eigenkapitalbeschaffung offen ausgewiesen, liege es für den Anleger klar er-kennbar zutage, dass aus diesen Mitteln auch Ver-triebsprovisionen gezahlt werden, an denen der An-lageberater partizipiere. Es geschieht nichts hinter dem Rücken oder heimlich. Ein Anleger rechne mit derartigen Provisionen allgemein. Wenn er in Kennt-nis dieses Umstandes eine Anlage zeichne, billige er die Provisionszahlung an den Anlageberater.

Soweit es dem Anleger um die genaue Höhe der Provision geht, könne der (um diese Umstände wis-sende) Anleger nachfragen. Bei der hier vorzuneh-menden Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen (Informationsinteresse des Anlegers und Interesse des Anlageberaters, nicht seine Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse verraten zu müssen) könne der Anleger nicht erwarten, dass der Berater ohne Anlass oder Nachfrage seinen genauen Ver-

dienst offenlegt. Erst ab einer bestimmten Größen-ordnung (15 % oder mehr) ist dies anders. Wenn ein Anleger aber fragt und der Anlageberater die Frage beantwortet, darf er hierbei keine unrichtigen oder irreführenden Angaben machen.

Ansonsten ist es ausreichend, wenn die Aufklä-rung mittels Prospekt erfolgt, der rechtzeitig vor der Zeichnung der Beteiligung überlassen wird.

FazitMit seiner Entscheidung widersprach der BGH der gegenteiligen Auffassung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Urt. v. 08.07.2010, I-6 U 136/09). Er sorgt damit - zumindest für Altfälle - für eine Rechts-sicherheit bei vergleichbaren Sachverhaltskonstella-tionen. Für die Zukunft sieht der Entwurf des Ver-mögensanlagegesetzes die Pflicht zur Offenlegung der Provision vor. Darauf sollten sich auch die freien Finanzdienstleister schon heute einstellen.

2.2. BGH nimmt zur Abgrenzung von aufklä-rungspflichtigen Rückvergütungen und Innen-provisionen Stellung (BGH, Hinweisbeschl. v. 09.03.2011, XI ZR 191/10)

SachverhaltEin Anleger hatte sich an zwei Medienfonds be-teiligt. Die Konzeption eines der Medienfonds sah eine teilweise Kreditfinanzierung vor. In den Betei-ligungsprospekten ist der Vertragspartner benannt, mit dem ein Vertrag zur Beschaffung des Eigenkapi-tals abgeschlossen wurde. Auch die von diesem zu beanspruchende Vergütung ist genannt. Zusätzlich zur Zeichnungssumme war ein Agio zu bezahlen. Im Beteiligungsprospekt hieß es, dass dieses Agio zur zusätzlichen Abdeckung von Vertriebsaufwen-dungen der Eigenkapitalvermittlerin dient.

In einem der beiden Beteiligungsprospekte hieß es, dass die Eigenkapitalvermittlerin berechtigt ist, ihre Rechte und Pflichten aus der Vertriebsvereinbarung auf Dritte zu übertragen. Im anderen Prospekt hieß es, dass die Eigenkapitalvermittlerin Dritte als Ver-triebspartner einsetzen kann.

Vermittelt hatte die beiden Beteiligungen des Anle-gers eine Bank. Diese klärte nicht darüber auf, dass sie für die Vermittlung Provisionen erhielt. Der Anle-ger sah darin eine Aufklärungspflichtverletzung.

EntscheidungDas OLG Celle hatte eine Verletzung der Aufklä-rungspflicht der Bank bejaht. Aus dem stillschwei-gend zustande gekommenen Beratungsvertrag sei die Bank verpflichtet, einen Anleger über an sie flie-

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ßende Rückvergütungen aus Vertriebsprovisionen aufzuklären. Eine notwendige Aufklärung sei nicht erfolgt, selbst wenn unterstellt werden würde, dass die Beteiligungsprospekte rechtzeitig übergeben worden waren, denn den Beteiligungsprospekten wäre nicht zu entnehmen, dass die beratende Bank Empfängerin der dort genannten Vertriebsprovisionen oder des Agios sein sollte.

Der BGH folgte der Rechtsansicht des Berufungsge-richts. Er traf zwar noch keine Entscheidung, wies aber darauf hin, dass er die Revision zurückzuwei-sen gedenkt. Die die Beteiligungen empfehlende Bank habe Rückvergütungen erhalten. Über deren Erhalt habe sie nicht aufgeklärt.

Um aufklärungspflichtige Rückvergütungen hande-le es sich, wenn Teile der Ausgabeaufschläge oder Verwaltungsgebühren, die der Kunde über die Bank an die Gesellschaft zahlt, hinter seinem Rücken an die beratende Bank umsatzabhängig zurückfließen. Eine solche Rückvergütung berge die Gefahr, dass die Bank gerade diese Beteiligung empfehle. Diese Umstände sind für den Kunden regelmäßig nicht erkennbar. Der Umstand, dass Vertriebsprovisionen (Synonym: Eigenkapitalvermittlungsprovisionen) im Prospekt ausgewiesen waren, konnte die Bank nicht entlasten. Die Bank war an keiner Stelle des Pro-spektes als Empfänger der Provisionen angegeben. Die Provisionen sind hinter dem Rücken des Anle-gers an die Bank geflossen. Der BGH wies weiter darauf hin, dass eine beratende Bank auch die Höhe der Rückvergütung ungefragt offenzulegen hat.

In diesem Zusammenhang ging der BGH auch noch einmal ausdrücklich auf den unterschiedlichen Pflichtenkreis zwischen einem freien Anlagebera-ter und den Pflichten eines Bankberaters ein. Ein Bankkunde unterhalte in der Regel bei „seiner“ Bank eine Reihe von kostenpflichtigen Vertragsver-hältnissen. Hierbei handele es sich insbesondere um auf Dauer angelegte Vertragsverhältnisse wie einen Zahlungsdienste-Rahmenvertrag oder einen Depot-vertrag. Jedenfalls strebe eine Bank typischerweise solche Vertragsverhältnisse an. Bei einem freien An-lageberater ist dies - typischerweise - nicht der Fall. Diese typisierende Einordnung von Berufsgruppen zur Unterscheidung zwischen aufklärungspflich-tigen Personen und nicht aufklärungspflichtigen Personen finden in Gesetz und Rechtsprechung Vorbilder. Ausdrücklich wird § 31d WpHG genannt. Im Hinblick auf die Kausalitätsfrage führte der BGH aus, dass für einen Anleger die Vermutung aufklä-rungsrichtigen Verhaltens streite. Diese Vermutung führt zu einer Beweislastumkehr. Der Aufklärungs-pflichtige muss beweisen, dass der Anleger die Ka-

pitalanlage auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung erworben hätte, weil er den richtigen Rat oder Hin-weis nicht befolgt hätte.

FazitDer Streit um Rückvergütungen und vor allem auch darüber, was unter dem Begriff der Rückver-gütung zu verstehen ist, ist seit dem BGH-Urteil vom 19.12.2006 ein Dauerbrenner. Der Hinweis-beschluss des BGH vom 09.03.2011 sorgt hier für weitere Klarheit. Banken, die Beteiligungen an ge-schlossenen Fonds empfehlen, müssen ungefragt die Tatsache, dass sie Provisionen erhalten, offenle-gen. Die Offenlegungspflicht betrifft zusätzlich die Höhe der Vergütung, die eine Bank erhält. Eine Auf-klärung mittels Beteiligungsprospektes setzt voraus, dass die Bank als Provisionsempfängerin genannt ist und die der Bank zufließende Vergütung auch der Höhe nach offengelegt ist.

2.3. Zur schuldhaften Verletzung der Pflicht der anlageberatenden Bank, über Rückvergü-tungen aufzuklären (BGH, Beschl. v. 19.07.2011, XI ZR 191/10)

SachverhaltBereits in seinem Hinweisbeschluss vom 09.03.2011 hatte der BGH darauf hingewiesen, dass er die Revi-sion einer Bank, die zwei Medienfondsbeteiligungen vermittelt hat und der in diesem Zusammenhang Pflichtverletzungen vorgeworfen wurden, zurück-zuweisen gedenkt. Den Parteien war noch einmal Gelegenheit eingeräumt worden, zu den Hinweisen des BGH im Beschluss vom 09.03.2011 Stellung zu nehmen. Die Bank wandte sich in ihrer Stellungnah-me insgesamt gegen die Rechtsprechung zur Pflicht einer anlageberatenden Bank, einen Anleger, dem sie eine Kapitalanlage empfiehlt, ungefragt über er-haltene Rückvergütungen aufzuklären.

EntscheidungDer BGH macht deutlich, dass er an seiner - wie er selbst betont - gefestigten Rechtsprechung festhält. Provisionsrückflüsse, die ein Dritter an eine eine Fondsbeteiligung vermittelnde Bank bezahlt und die die Bank nicht offenlegt, stellen eine Verletzung von Aufklärungspflichten dar. Der Pflichtenkreis einer Bank und eines freien Anlageberaters sind unter-schiedlich. Deshalb liegt auch kein Widerspruch zur Rechtsprechung des dritten Zivilsenats vor, der ei-nen freien Anlageberater mit Urteil vom 03.03.2011 nicht für verpflichtet gehalten hat, ungefragt seine Provision und deren Höhe offenzulegen.

Bei einem Bankberater ist dies anders. Insoweit ist es auch nicht treuwidrig, wenn ein Anleger, der

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nicht nachgefragt hat, sich später auf die Aufklä-rungspflichtverletzung beruft. Soweit ein Anleger weiß, dass eine Bank bei Wertpapiergeschäften Provisionen erhält, kann daraus auch nicht auf das Einverständnis des Anlegers mit Rückvergütungen geschlossen werden. Ein solcher Schluss wäre nur möglich, wenn der Anleger vergleichbare Produkte in Kenntnis dort geflossener Rückvergütungen erworben hätte.

Sodann bestätigt der BGH ein weiteres Mal seine Rechtsprechungsgrundsätze zur Verschuldensfrage. Das Verschulden werde bei Vorliegen einer Pflicht-verletzung vermutet. Der Aufklärungspflichtige müsse demzufolge darlegen und beweisen, dass ihn kein Verschulden tritt. Eine anlageberatende Bank könne sich jedenfalls für die Zeit nach 1990 hinsicht-lich ihrer Aufklärungspflicht über Rückvergütungen nicht auf einen unvermeidbaren Rechtsirrtum berufen. Insbesondere habe es auch nie Rechtsprechung ge-geben, die das Verheimlichen von Rückvergütungen erlaubt hätte.

FazitDer Beschluss bringt noch nicht 100 %-ige Klarheit in die Frage, ob der BGH mittlerweile Innenprovisi-onen mit Rückvergütungen gleichsetzt. Hier konn-te die Frage offen bleiben, weil jedenfalls in einem der beiden Vermittlungsfälle das Agio oder Teile des Agios zurückerstattet wurden und die Bank eine Vergütung von bis zu 8,72 % als Provision erhal-ten hat. Im Prospekt war eine Eigenkapitalvermitt-lungsvergütung von 4,9 % ausgewiesen plus 2 % Platzierungsgarantie + 2 % Finanzierungsvermitt-lungsgebühr. Aus diesen drei Teilen wurde die Pro-vision gespeist. Finanzierungsvermittlungsprovision und Platzierungsgarantieprovision stellen zweifels-frei kein Entgelt für die Eigenkapitalvermittlung dar. Es kann inzwischen als gesichert gelten, dass eine Bank jedenfalls Interessenkonflikte offenzulegen hat. Wenn sie die Hausbank des Anlegers ist, sollte sie auch die konkrete Höhe der ihr zufließenden Provision offenlegen, damit ein Anleger den mög-licherweise bestehenden Interessenkonflikt erken-

nen kann. Diese Pflichten hatte die Bank im vor-liegenden Sachverhalt nicht erfüllt. Die Pflicht wird auch in zahlreichen anderen Fällen in der Vergan-genheit nicht erfüllt worden sein.

2.4. BGH zum Dritten: Zur Frage der schuldhaften Verletzung der Pflicht einer anlageberatenden Bank, über Rückvergütungen aufzuklären (BGH, Beschl. v. 24.08.2011, XI ZR 191/10)

SachverhaltEin Emittent von Medienfonds warb um Anlegerka-pital. Als Vertragspartner, der das Eigenkapital ein-werben soll, ist eine Vertriebsgesellschaft genannt. Diese konnte ihre Rechte und Pflichten auf einen Dritten übertragen (Fall 1) bzw. konnte Dritte als (Unter-)Vertriebspartner einsetzen (Fall 2).

In beiden Fällen hatte eine Bank die Medienfonds-beteiligungen vermittelt, die den Anleger nicht da-rüber aufgeklärt hatte, dass sie für die Vermittlung Provisionen erhielt. Dieser warf der Bank deshalb vor, nicht auf den Interessenkonflikt hingewiesen zu haben, in dem sich die Bank befunden habe.

EntscheidungDer BGH bestätigte im Ergebnis erneut die Entschei-dung des Berufungsgerichts, welches dem Anleger einen Schadenersatzanspruch zugestanden hatte. Zunächst hatte der BGH am 09.03.2011 darauf hingewiesen, dass er beabsichtigte, die Revision zu-rückzuweisen. Am 19.07.2011 wies er die Revision zurück. Dagegen wehrte sich die verurteilte Bank er-neut. Sie warf dem BGH vor, er habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Der BGH-Beschluss, durch den die Revision der Bank zurückgewiesen wurde, enthalte eine weitreichende Änderung der Rechtsprechung zur Aufklärungspflicht beratender Banken bei Innen- oder Vertriebsprovisionen.

Insbesondere liege auch kein Widerspruch zum BGH-Urteil vom 27.10.2009 (XI ZR 338/08) vor. Im Urteil vom 27.10.2009 war im Prospekt die Eigen-kapitalvermittlungsprovision der Höhe nach ausge-wiesen und die die Beteiligung empfehlende Bank als Provisionsempfängerin im Prospekt genannt. Deshalb kam der BGH damals zum Ergebnis, dass keine versteckte Innenprovision vorlag noch Rück-vergütungen verheimlicht wurden.

Im konkreten Fall war dies anders. Die Bank war we-der als Provisionsempfängerin namentlich benannt noch war erwähnt, in welcher Höhe Provisionen an Untervertriebspartner weitergereicht wurden. Eine Bank, die auf der Grundlage eines - regelmäßig still-schweigend zustande kommenden - Beratungsver-

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trages den Bankkunden über die Möglichkeit des Erwerbs einer Fondsbeteiligung informiert und diesem eine anlegergerechte Beratung schuldet, hat - u.a. - darauf hinzuweisen, wenn sie an Provisionen partizipiert. Nur dann kann ein Anleger erkennen, dass die Bank unter Um-ständen die Beteiligung gerade deshalb emp-fiehlt, weil sie Provisionen vereinnahmen möch-te und nicht deshalb, weil es nach Überzeugung der Bank das beste Produkt für den Kunden ist.

FazitDer Beschluss des BGH vom 24.08.2011 liegt auf einer Linie mit den Beschlüssen vom 09.03.2011 und vom 19.07.2011. Für Banken sollte es heutzutage klar sein: Sie müssen unge-fragt die Tatsache, dass sie Provisionen erhalten, offenlegen. Die Offenlegungspflicht betrifft zu-sätzlich die Höhe der Vergütung, die eine Bank erhält. Eine Aufklärung mittels Beteiligungspro-spektes setzt voraus, dass die Bank als Provisi-onsempfängerin genannt ist und die der Bank zufließende Vergütung auch der Höhe nach im Prospekt offengelegt ist. Ansonsten muss die Bank auf andere Art und Weise für Aufklärung Sorge tragen.

2.5. Zur Frage der Aufklärungspflicht einer Bank über Provisionen bei Begründung einer Innengesellschaft (BGH, Urt. v. 20.09.2011, II ZR 277/09)

SachverhaltEine Privatbank war mit rund 8,5 Mio. Euro an einer Fondsgesellschaft beteiligt. Die Privatbank schloss mit verschiedenen Anlegern, die ein Vermittler vermittelt hatte, eine Unterbeteili-gung. Der Vermittler unterhielt Geschäftsbezie-hungen zur Privatbank und zugleich zu den von ihm vermittelten Anlegern. Die klagende Anle-gerin überließ dem Vermittler den Beteiligungs-betrag zur Weiterleitung an die Bank. Die Bank zahlte dem Vermittler für seine Vermittlungs-tätigkeit (Vermittlung von Unterbeteiligungen) eine Provision. Die Anlegerin warf der Bank vor, sie darüber nicht aufgeklärt zu haben und mit der Bezahlung einen Gefährdungstatbestand geschaffen zu haben.

EntscheidungDer BGH sah im Verschweigen der Provision, die die Bank an den Vermittler zahlte, keinen Aufklärungsmangel. Zwar bestehe bei Ver-tragsverhandlungen, in denen Parteien entge-gengesetzte Interessen verfolgen, die Pflicht, den anderen Teil über solche Umstände aufzu-

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klären, die den von ihm verfolgten Vertragszweck vereiteln können und daher für seinen Entschluss von wesentlicher Bedeutung sind, sofern der Ver-tragspartner die Mitteilung nach der Verkehrsauf-fassung erwarten durfte. Allein in der Bezahlung einer Provision ist jedoch noch keine vorvertragliche Aufklärungspflicht begründet. Hierzu bedarf es wei-terer Umstände, beispielsweise einer Interessenge-fährdung, die anzunehmen ist, wenn eine Bank an einen Vermögensverwalter Teile der Verwaltungsver-gütung oder Depotgebühren bezahlt.

Bei Bezahlung einer - hier unstreitigen - Provision sind nähere Feststellungen darüber zu treffen, welchen Status der Vermittler einnahm und ob in seinem Handeln - für ihn auch erkennbar - eine Gefährdung der Anlegerinteressen bestand. Diese Feststellungen hatte das Berufungsgericht nicht getroffen. Der BGH hob deshalb das Berufungsurteil, welches der Anlegerin einen Schadenersatzanspruch zuerkannt hatte, auf und verwies den Rechtsstreit zur Feststel-lung weiterer Tatsachen zurück.

FazitIm vorliegenden Fall ging es nicht um die Frage, dass die Anlegerin auch verständlich und vollständig über alle für die Anlageentscheidung wesentlichen Umstände der Hauptbeteiligung aufzuklären war. Es ging um die Frage, ob - außerhalb des Bereichs des Wertpapierhandelsgesetzes - über Provisionen auf-zuklären war, die eine Bank einem für sie tätigen Vermittler zu zahlen bereit war. Dies gilt jedenfalls in einem Fall, in dem der Vermittler nicht zugleich vom Anleger eine Vergütung erhielt. Auch insoweit waren im konkreten Fall noch weitere Feststellungen zu treffen.

2.6. Provisionsaufklärungspflichten und Ein-beziehung Dritter in den Schutzbereich eines Beratungsvertrages (OLG München, Urt. v. 27.07.2010, 5 U 2100/10 rkr.)

SachverhaltIn diesem vom OLG München entschiedenen Fall ging es um Haftungsansprüche eines Ehepaars, die - ein jeder für sich - eine Beteiligung an einem Me-dienfonds gezeichnet hatten. Der Ehemann war zu-vor von einem Mitarbeiter der vermittelnden Bank beraten worden und hatte offengelegt, dass er die Ergebnisse der Beratung auch für seine Frau ein-hole. Die in Anspruch genommene Bank sah sich nicht als Beraterin, sondern als bloße Vermittlerin. Sie verneinte eine Verpflichtung, ungefragt über die erhaltene Vertriebsprovision aufzuklären und war der Ansicht, zumindest im Hinblick auf die Ehefrau keinerlei Pflichten geschuldet zu haben.

EntscheidungVertragspartner des - auch im konkreten Fall still-schweigend - zustande gekommenen Beratungsver-trages war zunächst der Ehemann. Er hat die ihm persönlich angebotene Beratungsleistung in Anspruch genommen. Nachdem er dem Bankmitarbeiter mit-geteilt hatte, dass aus steuerlichen Gründen seine Ehefrau eine Beteiligung anstrebe, wurde die Ehe-frau ebenfalls Vertragspartnerin des Beratungsver-trages oder wurde zumindest in den Schutzbereich des Beratungsvertrages einbezogen. Das Innenver-hältnis zwischen (beratenem) Ehemann und seiner Ehefrau ist regelmäßig durch einen personenrecht-lichen Einschlag gekennzeichnet. Für den Bankbe-rater war auch erkennbar, dass der Gläubiger in Mitverantwortung und Fürsorge für diesen Dritten handelte.

Das Gericht führte weiter aus, dass die Bank die erhaltene Provision auch dann offenzulegen hatte, wenn die Provision die Schwelle von 15 % nicht überschritten hat. Die 15 %-Schwelle stelle auf die vom Anleger nicht erkennbare geminderte Wert-haltigkeit des Anlageobjekts ab. Die von der Grö-ßenordnung unabhängige Offenbarungspflicht des auch als Vermittler tätigen Anlageberaters beruhe hingegen auf dem Gesichtspunkt eines möglichen Interessenkonfliktes, über den aufzuklären ist. Eine Aufklärung war erforderlich, um die Anleger in die Lage zu versetzen, das Umsatzinteresse der Bank einzuschätzen und vor diesem Hintergrund die Anlageempfehlung kritisch überprüfen zu können.

2.7. Bankenhaftung wegen Nichtaufklärung über die Höhe ihrer Rückvergütungen (OLG München, Urt. v. 12.07.2010, 19 U 5240/09)

SachverhaltIn diesem vom OLG München entschiedenen Fall ging es um die Geltendmachung von Schadenersatz wegen zweier Beteiligungen an den Medienfonds VIP 3 und VIP 4. Die Klage richtete sich - u.a. - ge-

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gen die die Beteiligungen vermittelnde Bank. Diese erhielt Vertriebsprovisionen, über die sie den Anle-ger nicht aufgeklärt hatte. Hinsichtlich vom Anleger zusätzlich geltend gemachter Prospekthaftungsan-sprüche sind Musterverfahren vor dem OLG München anhängig.

EntscheidungGleichwohl hielt das OLG München - einem BGH-Beschluss vom 16.06.2009 folgend - die Geltend-machung eines Anspruches, der auf Verletzungen des Anlageberatungsvertrages gestützt wird, für zulässig. Ein bei der Beratung verwendeter fehler-hafter Prospekt führe nicht notwendig zur Haftung des Anlageberaters. Ein fehlerfreier Prospekt schlie-ße die Haftung des Anlageberaters aber auch nicht notwendig aus. Das Gericht führte sodann aus, dass es im Hinblick auf die vom BGH geforderte Auf-klärung über die Höhe der einer beratenden Bank eingeräumten Rückvergütungen nicht ausreichend ist, wenn in einem Prospekt nur darauf hingewie-sen wird, dass das mit der Eigenkapitalvermittlung beauftragte Unternehmen für die Eigenkapitalver-mittlung eine Vergütung von x % des Kapitals plus Agio erhalten soll und ferner beschrieben ist, dass auch Dritte als Vertriebspartner eingesetzt werden können. Für einen Anleger, der den Prospekt recht-zeitig erhalten hat, mag sich zwar die Schlussfolge-rung aufdrängen, dass eine vermittelnde Bank als Vertriebspartner zumindest einen Teil dieser Vergü-tung erhalten sollte. Völlig offen bleibt aber auch dann die Höhe der Provision, deren Kenntnis aber ausschlaggebend für die Einschätzung des Eigenin-teresses einer vermittelnden Bank für einen Anlag-einteressenten ist.

Der hilfsweise von der in Anspruch genommenen Bank vertretenen Ansicht, ihre Ersatzpflicht sei ggf. auf die Herausgabe der Provision beschränkt, erteilt das Gericht eine klare Abfuhr. Bei verschwiegenen Rückvergütungen einer beratenden Bank kann ein Anleger die vollständige Rückabwicklung des An-lagegeschäftes als negatives Interesse verlangen. Auch kann ein Informationspflichtiger dem Geschä-digten grundsätzlich nicht entgegenhalten, er habe den Angaben nicht vertrauen dürfen und sei des-halb für den entstandenen Schaden mit verantwort-lich. Die gegenteilige Annahme stünde im Wider-spruch zum Grundgedanken der Aufklärungs- und Beratungspflicht.

2.8. Zur Frage einer notwendigen Aufklärung über Rückvergütungen bei der Anlageberatung durch eine Bank (OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 22.12.2010, 19 U 150/10)

SachverhaltEine Anlegerin hatte sich mit 40.000,00 € zzgl. 2.000,00 € Agio am VIP-Medienfonds 3 beteiligt. Eine Kundenberaterin der in Anspruch genom-menen Bank hatte die Beteiligung empfohlen. Ob die Anlegerin den Fondsprospekt erhalten hat, war zwischen den Beteiligten streitig. Die Anlegerin berief sich auf eine Aufklärungspflichtverletzung der Bank, weil diese nicht über die Provision von 8,25 % des Anlagebetrages aufgeklärt habe und damit den Interessenkonflikt, in dem sich die Bank befunden habe, nicht offengelegt habe.

Die in Anspruch genommene Bank verneinte die Pflicht, ungefragt über die Vertriebsprovision auf-zuklären. Die notwendige Aufklärung des Anlegers ergebe sich aus dem Fondsprospekt, der die erfor-derlichen Angaben über die Höhe der Vertriebspro-vision sowie die Berechtigung des mit dem Vertrieb beauftragten Unternehmens enthalte, weitere Ver-triebsunternehmen mit dem entgeltlichen Vertrieb unter zu beauftragen. Außerdem habe die Vertrieb-sprovision für die Anlegerin keine Rolle gespielt. Schließlich sei ein Anspruch - einen solchen unter-stellt - verjährt, denn die Verjährung hätte mit Aus-händigung des Prospektes begonnen und die Anle-gerin hätte grob fahrlässig gehandelt, wenn sie den Prospekt nicht sorgfältig gelesen habe.

EntscheidungDas OLG Frankfurt am Main - der erstinstanzlichen Entscheidung folgend - bejahte einen Schadener-satzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB. Die Bank habe es pflichtwidrig unterlassen, die Anlegerin bei dem Beratungsgespräch darüber aufzuklären, dass sie von der Fondsgesellschaft eine Rückvergütung aus dem Agio und dem für die Kosten des Vertriebs vorgesehenen Teil des Anlagekapitals von 8,25 % erhalten werde.

Aufgrund des - stillschweigend zustande gekom-menen - Beratungsvertrages sei die Bank verpflichtet gewesen, die Anlegerin über die für die Anlageent-scheidung bedeutsamen oder möglicherweise bedeutsamen Umstände wahrheitsgemäß, richtig und vollständig aufzuklären. Selbst wenn im Pro-spekt die Vertriebsprovision ausgewiesen sei, habe die Bank im konkreten Fall die Provision „hinter dem Rücken der Anlegerin“ erhalten. Eine aufklärungs-pflichtige Rückvergütung liege auch dann vor, wenn eine beratende Bank die Vertriebsprovision nicht un-mittelbar vom Fonds, sondern von der mit dem Ver-trieb beauftragten Organisation erhält. Die Zahlung an die Bank diente gerade dem Zweck, diese zu beeinflussen, obgleich sie als beratende Bank ver-pflichtet war, den Anleger allein in dessen Interes-

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se zu beraten. Die rückvergütete Zahlung war eine Belohnung für die Geschäftsvermittlung im Sinne eines zusätzlichen, nicht in den Interessen des An-legers begründeten Anreizes für die Förderung des Absatzes. Insoweit konnte auch die - strittige - Frage offen bleiben, ob die Anlegerin den Emissionspro-spekt rechtzeitig vor der Zeichnung erhalten hatte. Denn der Prospekt enthielt keine hinreichenden An-gaben zu der der Beklagten zukommenden Provi-sion. Der Emissionsprospekt nannte zwar die Höhe der Provision, die die Vertriebsorganisation für die Vermittlung der Anteile erhält und wies darauf hin, dass die Vertriebsorganisation Dritte als Ver-triebspartner einsetzen durfte. Daraus würde aber - so das OLG Frankfurt weiter - nicht hinreichend deutlich, dass die Bank bei der Anlageberatung aufgrund einer Vertriebsvereinbarung mit der Ver-triebsorganisation tätig wurde und von dieser eine Vergütung erhielt.

Das Gericht wiederholte den bekannten Grundsatz, dass die Vertragsbeziehungen des Kunden zu sei-ner Bank regelmäßig davon geprägt sind, dass die Bank für die jeweiligen Dienstleistungen vom Kun-den Entgelte oder Provisionen erhält, etwa Depot-gebühren, Kontoführungsgebühren sowie An- und Verkaufsprovisionen für den Erwerb oder die Ver-äußerung von Wertpapieren. Demgemäß muss der von seiner Bank bezüglich einer Geldanlage bera-tene Kunde nicht damit rechnen, dass die Bank bei der Anlageberatung eigene Interessen verfolgt, weil sie z.B. wie ein freier Anlageberater ein umsatzab-hängiges eigenes Provisionsinteresse gegenüber dem jeweiligen Fondsanbieter hat.

Liegt somit eine Aufklärungspflichtverletzung fest, streitet für den Anleger die Vermutung aufklärungs-richtigen Verhaltens. Das bedeutet, dass der Aufklä-rungspflichtige beweisen muss, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei richtiger Aufklärung erwor-ben hätte, er also den unterlassenen Hinweis unbe-achtet gelassen hätte.

Diese Vermutung gilt grundsätzlich für alle Aufklä-rungsfehler eines Anlageberaters also auch für die fehlende Aufklärung über Rückvergütungen (so das Gericht unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 12.05.2009, XI ZR 586/07).

FazitDie in Anspruch genommene Bank hat im Rahmen ihrer Anspruchsabwehrbemühungen noch ein-mal alle in Betracht kommenden Gesichtspunkte vorgebracht, die auch schon von anderen Aufklä-rungspflichtigen vorgetragen worden sind (keine Aufklärungspflicht, kein Fall einer Rückvergütung,

Aufklärung mittels Prospektes, Vertrauensschutz, fehlende Kausalität, Verjährung). Das Gericht hat sich mit jedem dieser Argumente auseinanderge-setzt und keines als stichhaltig angesehen. Insofern kann - was die Provisionsoffenlegung von Banken beim Vertrieb geschlossener Fondsbeteiligungen anbelangt - von einer mittlerweile ganz gefestigten Rechtsprechung ausgegangen werden. Entweder der Bankberater legt im Kundengespräch die Vergü-tung auch der Höhe nach offen oder im Prospekt, der dann aber auch rechtzeitig übergeben werden muss, ist offen ausgewiesen, dass speziell die Bank ein Mitvertriebspartner ist und eine Provision erhält (die dann im Prospekt auch der Höhe nach ausge-wiesen sein muss).

2.9. Zum Umfang der Aufklärungspflicht einer Bank bei einem Festpreisgeschäft (OLG Köln, Urt. v. 04.05.2011, 13 U 165/10, nrkr.; Revision beim BGH anhängig unter XI ZR 289/11)

SachverhaltEine Anlegerin hatte nach Beratung durch eine Bankmitarbeiterin Lehman-Zertifikate erworben. Diese waren nach der Insolvenz von Lehman Brot-hers wertlos. Die Anlegerin begehrte Schadener-satz u.a. mit der Begründung, die Bank habe eine Vertriebsprovision von 3,5 % erhalten und diese nicht offengelegt.

EntscheidungDas OLG Köln verwies auf die gefestigte Rechtspre-chung des BGH, nach der eine Bank, die einem An-leger den Erwerb bestimmter Anlageprodukte emp-fiehlt, dem Anleger ungefragt offenbaren müsse, dass und in welcher Höhe umsatzabhängige Rück-vergütungen vom Produktanbieter bezahlt werden.

Diese Aufklärung ist notwendig, um dem Kunden einen insofern bestehenden Interessenkonflikt of-fenzulegen. Aufklärungspflichtige Rückvergütungen liegen nicht nur vor, wenn Teile der vom Kunden über die Bank an die Fondsgesellschaft gezahlten Ausgabeaufschläge oder Verwaltungsgebühren hinter dem Rücken des Kunden umsatzabhängig an die Bank zurückfließen. Im Hinweisbeschluss vom 09.03.2011 (Az: XI ZR 191/10) hat der BGH ausdrücklich klargestellt, dass sich die Aufklärungs-pflicht einer Bank nicht nur auf Ausgabeaufschlä-ge und Verwaltungsgebühren beschränkt, sondern jede ohne Wissen des Kunden umsatzabhängig be-zahlte Vertriebsprovision umfasse.

Die Bank behauptete, sie habe nicht als Kommissi-onärin gehandelt, sondern die Zertifikate im Wege des sog. Festpreisgeschäftes vertrieben. Beim Fest-

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preisgeschäft werden Wertpapiere vom Emittenten zu einem geringeren Preis von der Bank gekauft und zu einem höheren Betrag aus dem eigenen Bestand an den Kunden (weiter-)veräußert. In einem solchen Fall müsse - so das Gericht - die Bank aber unmiss-verständlich darauf hinweisen, dass sie neben der Beraterrolle Verkäuferin des Produktes ist. Auch als Verkäufer eines Produktes befindet sich die Bank regelmäßig in einem Interessenkonflikt, auf den hin-zuweisen ist.

Angesichts des bei einem Verkauf auf der Hand liegenden Gewinnerzielungsinteresses einer Bank müsse über die reine Gewinnmarge grundsätzlich nicht aufgeklärt werden, wohl aber der Umstand offengelegt werden, dass zwischen und Bankkunde ein Kaufvertrag zustande kommt. Wird die Verkäu-fereigenschaft offengelegt, kann der Kunde das mit dem Verkauf von Produkten typischerweise verbun-dene Umsatzinteresse der ihn beratenden Bank erkennen.

Letztendlich konnte es das Gericht offenlassen, ob ein Kommissionsgeschäft oder ein Festpreisgeschäft (Eigengeschäft) der Bank vorlag. Auf die Verkäu-fereigenschaft war nicht hingewiesen worden. Die von der Emittentin bezahlte Vertriebsprovision von im vorliegenden Fall 3,5 % war ebenfalls nicht of-fengelegt worden. Da die Pflichtverletzung der Bank objektiv feststand, wurde ihr Verschulden vermutet. Die Anlegerin konnte somit verlangen, dass sie so ge-stellt wird, als hätte sie die Zertifikate nicht erworben.

FazitBanken kritisieren, dass für sie andere Maßstäbe gel-ten sollen als für unabhängige Finanzberater. Man wird jedoch auch künftig nicht darüber diskutieren

können, ob Banken künftig wieder ein „Weniger“ an Aufklärung schulden. Die Gerichte fordern zu Recht, dass das regelmäßig vorhandene Ungleich-gewicht zwischen dem Wissensstand einer Bank und dem Wissensstand eines Anlegers durch die notwendige Aufklärung kompensiert werden muss. Es ist nur konsequent, diese Aufklärungspflicht im vom OLG Köln beschriebenen Sinn zu erweitern. Noch weitergehend fordert das OLG Frankfurt am Main sogar eine Offenlegung der Vertriebsmarge bei Abwicklung einer Wertpapierdienstleistung im Wege des Festpreisgeschäftes (OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 01.12.2010, 17 U 3/10, ebenfalls nicht rechtskräftig, Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH unter Az. XI ZR 13/11 anhängig).

2.10. Die Pflicht zur Aufklärung über Rückver-gütungen bei einer Anlageberatung besteht für eine Bank unabhängig vom Zahlungsfluss (OLG Stuttgart, Urteil vom 30.11.2010, 6 U 2/10)

SachverhaltEin Anleger hatte sich nach Empfehlung durch ei-nen Bankberater am Medienfonds VIP 4 GmbH & Co. KG beteiligt. Der Emissionsprospekt wurde ihm erst am Tag der Zeichnung ausgehändigt. Die die Beteiligung vermittelnde Bank erhielt für den Ver-trieb der Kapitalanlage einen Betrag, der zwischen 8,25 und 8,72 % der Zeichnungssumme betrug. Über diesen Umstand wurde der Anleger nicht in-formiert. Er sieht darin eine Pflichtverletzung. Des Weiteren sei die Pflicht zur anlagegerechten Bera-tung verletzt, weil der Medienfonds, an dem er sich beteiligt hatte, als „Garantiefonds bezeichnet war und dadurch die unzutreffende Erwartung geweckt worden sei, hinsichtlich des eingezahlten Kapitals bestehe keinerlei Verlustrisiko.

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EntscheidungDas OLG Stuttgart - der Entscheidung der Vorinstanz (LG Ravensburg) folgend - bejahte einen Schadens-ersatzanspruch wegen Verletzung eines Anlagebe-ratungsvertrages gem. § 280 Abs. 1 BGB.

Die beratende Bank sei verpflichtet gewesen, die Provision zu offenbaren. „Damit der Anleger die In-teressenlage zutreffen einschätzen kann, reicht es nicht aus, dass er weiß, dass die Bank eine Vergü-tung erhält, vielmehr muss er auch darüber infor-miert werden, wie viel die Bank an dem Geschäft verdient. Die Aufklärungspflicht besteht unabhängig von der Höhe der Rückvergütung. Dies gilt nur im Anwendungsbereich des WpHG“.

Das Gericht führt des Weiteren aus, dass die Haftung nicht davon abhängt, ob die Bank die Provision von der Fondsgesellschaft oder von dem Vertriebsunter-nehmen erhält, welches von der Fondsgesellschaft beauftragt worden ist und die Bank seinerseits als Unterbeauftragte eingeschaltet hat. Insofern ist auch unerheblich, ob die Zahlung des Anlegers über die Bank an die Fondsgesellschaft gegangen ist.

Es gibt „keinen sachlichen Grund, die Haftung der Bank davon abhängig zu machen, auf welchem Weg die Zahlung der Provision erfolgt und wer letzt-endlich die Zahlung an die Bank als letztes Glied der Vertriebskette vornimmt. Ausschlaggebend ist, dass die Bank abhängig vom Erfolg ihrer Vertriebsbemü-hung - für den Anleger nicht erkennbar - eine Ver-gütung für ihre Anlageempfehlung von dritter Seite erhält. Wer auf welchem Weg die Zahlung der Pro-vision an die Bank vornimmt, steht in keinem rele-vanten Zusammenhang mit dem Interessenkonflikt der Bank, der nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der einzig tragende Grund der Haftung für die unterbliebene Aufklärung über eine Rückvergütung ist.

Nach Ansicht des OLG Stuttgart ist es auch nicht entscheidend, ob die Provision einen schmiergel-dähnlichen Charakter hat. Es ist nicht maßgeblich, ob die Vorgehensweise der Bank besonders anstö-ßig oder verwerflich ist, sondern maßgeblich ist das Entstehen eines Interessenkonflikts.

Schließlich weist das Gericht ergänzend darauf hin, dass die Offenlegungspflicht nicht deshalb ent-behrlich gewesen sei, weil der Anleger schon hin-reichend durch den Emissionsprospekt über Provi-sionszahlungen informiert worden sei. Hier spielte eine Rolle, dass der Emissionsprospekt erst am Tag der Zeichnung übergeben worden war. Aber auch ansonsten wäre der Hinweis nicht ausreichend, dass

das im Emissionsprospekt genannte Vertriebsunter-nehmen berechtigt war, Dritte als Vertriebspartner einzusetzen. Hieraus ergebe sich nicht, dass die ver-mittelnde Bank mit dem Vertrieb der Fondsanteile unterbeauftragt worden war. Ferner ergebe sich da-raus nicht, wie viel die Bank an der gezeichneten Beteiligung verdiene.

„Korrekt sind die Prospektangaben nur dann, wenn ihnen der Anleger entnehmen kann, dass die im Prospekt ausgewiesenen Kosten der Eigenkapitalbe-schaffung anteilig als Provision an die Bank fließen“.

Da die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens auch für die fehlende Aufklärung über Rückvergü-tungen gilt (vgl. dazu z.B. BGH, Urt. v. 12.05.2009, XI ZR 586/07) und die Bank diese Vermutung nicht widerlegen konnte, hatte der Anleger das Recht zu verlangen, so gestellt zu werden, als hätte er die Beteiligung nicht gezeichnet und das Darlehen zur teilweisen Finanzierung der Einlagepflicht nicht ab-geschlossen.

Besteht die Kapitalanlage in der Rechtsposition als Treuhandkommanditist, genügt es, wenn der Ge-schädigte im Rahmen des geltend gemachten Scha-densersatzanspruchs als Zug um Zug zu gewähren-de Leistung die Abtretung sämtlicher Rechte aus dem Treuhandvertrag anbietet.

FazitAuch diese Entscheidung zeigt, wie „dünn“ mittler-weile die Luft für Fondsbeteiligungen vermittelnde Banken geworden ist. Das Gericht hat sich mit den „gängigen“ Einwendungen der Banken (ein Anle-ger, der den Berater nicht bezahlt, müsse wissen, dass der Berater anderweitig bezahlt wird; im Pro-spekt sei offen ausgewiesen, in welcher Höhe Ver-mittlungsprovisionen bezahlt werden; im Prospekt sei auch erwähnt, dass das eingeschaltete Vertriebs-unternehmen Dritte beauftragen kann) intensiv aus-einandergesetzt und diese Einwendungen als nicht stichhaltig zurückgewiesen.

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3. Sonstige Aufklärungs-, Nachforschungs und Informationspflichten

3.1. Zur Aufklärungspflicht bei einem Kapital-anlagevermittlungsvertrag und Täuschung des Kapitalanlegers durch Prospektfehler (LG Berlin, Urt. v. 17.02.2011, 12 O 587/09)

SachverhaltEin Anleger hatte sich an einer Publikums-Personen-gesellschaft beteiligt, deren Zweck der Erwerb und der Betrieb von bis zu vier Biogasanlagen war, die noch errichtet werden sollten.

Das Investitionsvolumen von 18,415 Mio. Euro sollte durch Eigenkapital in Höhe von 7,2 Mio. Euro und Fremdkapital in Höhe von 10,855 Mio. Euro aufgebracht werden. Eine Finanzierungszusage lag nicht vor. Darüber informierte der Beteiligungspro-spekt, aber ohne dass dies besonders herausge-stellt war. Die Prospektaussagen vermittelten den Eindruck, dass es lediglich eine Frage der Zeit sei, wann und zu welchen Bedingungen die Kreditver-träge vorliegen würden. Die Prospektherausgeberin verwies auf eine Schließungsgarantie, wobei nicht offen-bart wurde, dass bereits einige Jahre vorher über das Vermögen des Schließungsgaranten das private Insolvenzverfahren beantragt war. Der Anleger nahm die Prospektherausgeberin und die Exklusiv-vertriebsbeauftragte als Gesamtschuldner auf Schadenersatz in Anspruch.

EntscheidungDas Landgericht Berlin gab der Klage - bis auf ei-nen geringen Teil angeforderten Zinsen - statt. Die Exklusivbeauftragte hafte wegen Aufklä-rungspflichtverletzungen beim Zustandekommen eines Kapitalanlagevermittlungsvertrages. Sie habe weder eine Plausibilitätsprüfung des Prospektes vor-genommen noch das Risiko des Ausbleibens der Fremdfinanzierung offengelegt. Eine Pflichtverlet-zung stelle es auch dar, wenn sich die Exklusivbe-auftragte bei der Fondsgesellschaft nicht erkundige, ob Liquiditätsprognosen, die im Prospekt beschrie-ben sind, zum Zeitpunkt des Beitritts eines Anlegers noch stichhaltig sind oder nicht. Eine Haftung der Prospektherausgeberin ergab sich darüber hinaus aufgrund des unrichtigen Prospektes. Es stelle eine evidente Unrichtigkeit und Täuschung von Anlegern dar, wenn eine fehlende Finanzierungszusage nicht als das zentrale Risiko für ein mögliches Scheitern der Fondsgesellschaft im Prospekt deutlich hervor-gehoben werde. Ein Anleger müsse informiert wer-den, dass er sich mit dem Beitritt zur Fondsgesell-schaft auf ein finanzielles Abenteuer einließ. Davon war weder im Prospekt noch einer nachträglichen Prospektergänzung die Rede. Außerdem sei es für einen Anleger von wesentlicher Bedeutung, ob die Prospektherausgebern eine gute Bonität aufweise, um etwaige Schadenersatzansprüche zumindest teilweise befriedigen zu können. Ist die Prospekthe-rausgeberin eine GbR, komme es auf die Bonität der Gesellschafter an, die mit ihrem Privatvermögen für die Schulden der GbR analog § 128 HGB haf-teten. Die Einschaltung oder das Vorschieben von insolventen Personen als Prospektherausgeber ohne Offenlegung ihrer fehlenden Zahlungsfähigkeit unterlaufe die gesetzliche Prospekthaftung.

FazitDie Entscheidung bewegt sich „auf vertrauten Pfaden“. Man wird darauf generell die Schlussfolgerung zie-hen können, dass zentrale Risiken im Prospekt deut-lich hervorzuheben sind und nicht etwa „mit vielem anderen Kleingedruckten“ vermengt werden dürfen.

3.2. Bei Empfehlung eines von einer Bank kon-struierten Zinssatz-Swap-Geschäftes muss die Bank ihren Kunden auf Augenhöhe beraten und auf bestehende Interessenkonflikte hin-weisen (BGH, Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10)

SachverhaltBei diesem Fall ging es um die Frage der Verletzung von Beratungspflichten einer Bank bei Abschluss eines Zinssatz-Swap-Vertrages. Die Deutsche Bank empfahl in zwei Beratungsgesprächen Anfang 2005

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einem mittelständischen Unternehmen den Ab-schluss eines Zinssatz-Swap-Vertrages. Dabei han-delt es sich um eine Zinswette. Die Bank verpflich-tete sich zu halbjährlichen Zinszahlungen in Höhe eines festen Zinssatzes von 3 % p.a. (bezogen auf einen Bezugsbetrag von 2 Mio. Euro). Der Bankkunde zahlte für das erste Jahr Zinsen in Höhe von 1,5 % p.a. und danach einen variablen Zinssatz, der min-destens bei 0,0 % liegt (also keine negative Zins-zahlungspflicht beinhaltete) und der ansonsten von der Entwicklung der Differenz (Spread) zwischen dem 10- und 2-Jahresswapmittelsatz auf EURIBOR-Basis zu berechnen war. Es wurde eine Saldierung der wechselseitigen Zinszahlungen vereinbart. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses hatte der Zinssatz-Swap-Vertrag einen von der Bank bewusst einstruk-turierten negativen Marktwert in Höhe von ca. 4 % der Bezugssumme (ca. 80.000,00 €). Darauf hatte die Bank den Kunden nicht hingewiesen.

Das Verlustrisiko des Bankkunden bezeichnete die Bank als „theoretisch unbegrenzt“.

Ab Herbst 2005 entwickelte sich die Zinsdifferenz entgegen der Prognose der Bank. Der Vertrag er-wies sich nach Ablauf des ersten Geschäftsjahres für den Bankkunden als Verlustgeschäft. Im Januar 2007 wurde das Swap-Geschäft in Höhe des zu diesem Zeitpunkt aktuellen negativen Marktwertes aufgelöst. Unter Anrechnung erhaltener Zinszah-lungen forderte der Bankkunde einen Betrag von 541.074,00 € nebst Zinsen zurück.

EntscheidungAnders als die Vorinstanzen bejahte der BGH eine Beratungspflichtverletzung der Bank. Er ließ dabei sogar die Frage offen, ob die Bank ihrer Pflicht zu einer anlegergerechten Beratung nachgekommen ist. Dazu gehört bei der Anlageberatung, die Risi-kobereitschaft des Anlegers zu erfragen, bevor eine Empfehlung abgegeben wird. Dies kann nur dann entbehrlich sein, wenn der Bank aus einer lang-jährigen Geschäftsbeziehung oder dem bisherigen Anlageverhalten des Kunden die Risikobereitschaft bereits bekannt ist.

Des Weiteren fordert eine anlegergerechte Beratung die Aufklärung des Anlegers auf eine Art und Weise und in einer Intensität, dass der Kunde im Hinblick auf das Risiko des Geschäfts im Wesentlichen den gleichen Kenntnis- und Wissensstand hat wie die ihn beratende Bank („Beratung und Entscheidung auf Augenhöhe“).

Eine Beratungspflichtverletzung war jedenfalls des-halb zu bejahen, weil die Bank nicht über den ne-

gativen Anfangswert des Vertrages aufgeklärt hat. Dieser - bewusst strukturierte - negative Marktwert ist auch Ausdruck eines schwerwiegenden Inte-ressenkonfliktes, über den die Bank ebenfalls hät-te informieren müs-sen. Für die Bank als Partner der Zinswette erweist sich der „Tausch“ (englisch: Swap) nur dann als günstig, wenn die Prognose zur Entwicklung der Zinsdifferenz gerade nicht eintritt und der Bankkunde Verlust erleidet. Als Beraterin hatte die Bank hingegen die Pflicht, die Interessen des Bankkunden zu wahren. Durch den negativen Anfangswert war es der Bank möglich, dieses (für sie positive) Ergebnis zu ihren Gunsten dadurch zu vermarkten, das Risiko gewinnbringend auf Dritte zu verlagern.

FazitDas eigentlich Überraschende ist, dass die Vor-instanzen diesen Interessenkonflikt entweder nicht gesehen oder ihn als unerheblich betrachtet hatten. Es geht hier keineswegs darum, dass einer der Ver-tragspartner „cleverer“ ist als der andere, sondern darum, die Fakten, die für die Anlageentscheidung maßgeblich sind, verständlich zu offenbaren. Die Bank kannte hier alle Karten und wusste - im Ge-gensatz zu ihrem Kunden - wo die Trumpfkarten versteckt waren. Das war unfair.

3.3. Pflicht zur Plausibilitätsprüfung schließt auch ein Berechnungsbeispiel ein (BGH, Urt. v. 17.02.2011, III ZR 144/10)

SachverhaltAnleger wurden nach vorheriger Übergabe eines Anlageprospektes sowie Aus-händigung und Erläu-terung eines persönlichen Berechnungsbeispieles für den Erwerb einer Fondsbeteiligung geworben. Das Berechnungsbeispiel hatte der Vertriebsbeauf-tragte bei der Initiatorin erstellen lassen. Den Anle-gern, die die Beteiligungssumme fremdfinanzierten, wurde die mögliche Wertsteigerung der Beteiligung vor Augen geführt, wenn sich der Wert der Anlage um 3 %, 3,5 % bzw. 4 % p.a. erhöht und sich die Mieten im gleichen Zeitraum um 2 %, 3 % bzw.

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4 % erhöhen. Als Ausgangswert wurde im Berech-nungsbeispiel die Zeichnungssumme eingestellt.

Laut Prospekt wurden rund 20 % der Zeichnungs-summe für Weichkosten ver-wandt. In der Modell-berechnung ist auch die jeweilige Restschuld bei der finanzierenden Bank sowie der sich ergebende finanzielle Überschuss ausgewiesen.

EntscheidungIn der Entscheidung ging es um mehrere Rechtsfra-gen. Die erste und wichtigste betraf die, ob der Ver-triebsbeauftragte Aufklärungspflichten verletzt hat-te. Die zweite Rechtsfrage, die nur nach Bejahung der ersten relevant war, betraf den geltend gemach-ten Anspruch des Anlegers auf Schuldbefreiung von dem aufgenommenen Darlehen. Die dritte Frage betraf schließlich die, ob sich der Vertriebsbeauf-tragte in Verzug befunden hatte.

Der BGH bestätigte die Auffassung des Berufungs-gerichtes, dass offenbleiben könne, ob es sich beim Vertriebsbeauftragten um einen Berater oder Ver-mittler handele. Auch als Vermittler schuldete der Vertriebsbeauftragte eine richtige und vollständige Information über die tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluss von besonderer Bedeu-tung waren. Auch ein Vermittler muss dabei das An-lagekonzept, bezüglich dessen er Auskunft erteilt, wenigstens auf Plausibilität hin überprüfen. Unter-lässt er eine solche Prüfung, hat er den Interessen-ten hierauf hinzuweisen.

Vertreibt ein Vermittler die Anlage anhand eines Prospektes, muss er im Rahmen der geschuldeten Plausibilitätsprüfung den Prospekt darauf kontrol-lieren, ob dieser ein in sich schlüssiges Gesamtbild über das Beteiligungsangebot abgibt und ob die da-rin enthaltenen Informationen sachlich vollständig und richtig sind. Eine gewisse Einschränkung erfährt dieser Grundsatz dadurch, dass der Vermittler dazu in der Lage sein muss und der Aufwand nicht unzu-mutbar sein darf.

Diese Plausibilitätsprüfung beschränkt sich nicht nur auf den Anlageprospekt, sondern erfasst auch Mo-dellberechnungen, die von der Fondsinitiatorin er-stellt worden sind. Die Werthaltigkeit und Wertent-wicklung der Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds hängt maßgeblich vom Wert der Immobilie ab. Gerade wenn die Bewertung einer Fondsbeteiligung in Relation zu Mietsteigerungen gesetzt wird, wie dies im vorliegenden Fall der Fall war, wird dieser Zusammenhang noch besonders betont. Der Mietertrag ist ein ganz wesentlicher Faktor bei der Ermittlung des Wertes eines zu Rendi-

tezwecken angeschafften und mit einem Mietshaus bebauten Grundstücks. Hätte die Fondsinitiatorin in den von ihr erstellten Berechnungsbeispielen nicht auf den Gesamtaufwand des Anlegers, sondern nur auf die prospektierten Immobilienkaufpreise abgestellt, hätte sie bei ihrem Ausgangsbetrag von der Beteiligungssumme die Weichkosten in Abzug bringen müssen. Hätte dann aber nach 10 Jahren der niedrigste angegebene Steigerungswert erreicht werden sollen, hätte sich der Wert der Beteiligung um 65 % erhöhen müssen, jährlich also um ca. 6,5 % und nicht wie in diesem Fall im Berechnungsbei-spiel angegeben um 3 %.

Der in der Modellberechnung enthaltene Hinweis, dass es sich um geschätzte Werte handele, für de-ren Eintritt die Haftung ausgeschlossen werde, steht einer Verantwortlichkeit nicht entgegen. Der Fehler lag hier nicht in der prognostizierten Wertentwick-lung, sondern im unrichtigen Ausgangswert, der die Weichkosten nicht berücksichtigte.

Auch den Einwand des Vertriebsbeauftragten, der Anleger sei in diesem Punkt nicht aufklärungsbe-dürftig gewesen, ließ das Gericht nicht gelten. Die Vermittlung von Kapitalanlagen werde durch die regelmäßig erhebliche wirtschaftliche Bedeutung für den Kapitalanleger geprägt. Damit korreliere ein ebenso regelmäßig bestehender Aufklärungsbe-darf. In der großen Mehrzahl der Fälle könne die-ser hinreichend nur durch den Vermittler und seine im Allgemeinen zu erwartende und auch nach dem Verständnis des Anlegers bestehende Sachkunde befriedigt werden. Eine Pflichtverletzung des Ver-triebsbeauftragten war mithin zu bejahen. Er han-delte auch fahrlässig.

Soweit es um die Befreiung der Darlehensbelastung bei der finanzierenden Bank ging, betonte der BGH, dass ein Zahlungsanspruch in solchen Fällen zu-nächst nicht bestehe. Vielmehr stehe es dem Schuld-ner frei, wie er einen Befreiungsanspruch erfülle. Entscheidend sei nur das Ergebnis und dass die Be-freiung von der Verbindlichkeit eintritt. Dies könne durch Erfüllung, befreiende Schuldübernahme oder auf andere Weise erfolgen. Ein Befreiungsanspruch kann jedoch in einen Zahlungsanspruch übergehen, wenn der Gläubiger unter Setzung einer Frist mit Ablehnungsandrohung den Ersatzpflichtigen erfolg-los zur Erfüllung aufgefordert hat. Nach fruchtlosem Ablauf kann der Gläubiger dann Ersatz in Geld verlangen. Das Erfordernis einer entsprechenden Fristsetzung entfällt, wenn der Schuldner ernsthaft und endgültig die Befreiung oder überhaupt jede Schadenersatzleistung verweigert. Diese Vorausset-zungen lagen im konkreten Fall vor, so dass der An-

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leger „Schadenersatz in Geld“ fordern konnte.

Da der Vertriebsbeauftragte während des gesamt-en Rechtsstreits seine Haftung und seine Schaden-ersatzpflicht verneint hatte, befand er sich auch im Annahmeverzug.

FazitDie Entscheidung zeigt einmal mehr, wie weit bereits der Pflichtenkreis eines Anlagevermittlers reicht. Es ist nur konsequent, die Pflicht zur Plausibilitätsprü-fung nicht nur auf den Beteiligungsprospekt zu be-schränken, sondern auf sonstige Unterlagen wie im konkreten Fall eine Modellrechnung. Künftig gilt dieser Pflichtenkreis gleichermaßen für die Vermö-gensanlageninformationsblätter. Das Gericht stellt auch ausdrücklich die Sachkunde eines Vermittlers in den Vordergrund, von deren Vorhandensein ein Anlageinteressent ausgehen könne.

3.4. Die Pflicht, über die Risiken einer Anlage-form vollständig und richtig aufzuklären, gilt auch gegenüber einem erfahrenen Anleger (OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 08.12.2010, 19 U 22/10)

SachverhaltEinem Anleger, dem ein früherer Bankmitarbeiter eine Beteiligung an einem Medienfonds empfohlen hatte, verklagte die vermittelnde Bank auf Schaden-ersatz wegen Verletzung ihrer Beratungspflichten. Der Bankberater stellte dem Anleger die Beteiligung seinerzeit als „sehr interessante Kapitalanlage“ vor. Der Anleger berief sich darauf, zum einen nicht über das Totalverlustrisiko informiert worden zu sein und zum anderen über die von der beklagten Bank ver-einnahmten Provisionen.

Die Bank verneinte ein Beratungsgespräch (die Be-teiligung sei „anlässlich eines anderen Vorgangs“ erwähnt und vom Kunden gewünscht worden), verwies bezüglich der Provisionen auf den Prospekt und wies darauf hin, beim Anleger handele es sich um einen sehr erfahrenen Anleger, der die Risiken

einer solchen Beteiligung aus anderen getätigten Anlagen kennen würde. Insoweit war allerdings un-streitig, dass der Anleger zuvor noch keinen Medi-enfonds gezeichnet hatte.

Wenn aber - so der weitere Einwand der Bank - die Bank Schadenersatz leisten müsse, müsse sich der Anleger zumindest die Steuervorteile anrechnen lassen.

Die EntscheidungDas OLG Frankfurt gab der Klage im Wesentlichen statt. Es gab einige Abstriche an den vom Anleger begehrten Zinsen. Auf eine Hilfswiderklage der in Anspruch genommenen Bank wurde festgestellt, dass der Anleger verpflichtet ist, etwaige von der be-klagten Bank erhaltene Schadensersatzleistungen, die seitens der zuständigen Finanzbehörde nicht der Nachversteuerung ganz oder teilweise unterworfen sind oder werden, in Höhe der erhaltenen Steuer-vorteile an die Bank zu zahlen.

Das Gericht stellte fest, dass zwischen den Parteien ein Beratungsvertrag zustande gekommen war. Ein solcher komme meist in konkludenter Form dadurch zustande, dass ein Anlageinteressent erkennen lässt, er wolle wegen der Anlageentscheidung die beson-deren Kenntnisse des Beraters in Anspruch nehmen und dieser mit der gewünschten Tätigkeit beginnt.

Aufgrund dieses Beratungsvertrages ist eine Bank verpflichtet, einen Anlageinteressenten über die für die Anlageentscheidung bedeutsamen oder mög-licherweise bedeutsamen Umstände wahrheitsge-mäß, richtig und vollständig aufzuklären. Dazu ge-hört es auch, während eines Beratungsgespräches etwaige Prospektfehler zu berichtigen. Dafür, dass der Berater dies getan hat, ist der Anlageberater darlegungs- und beweisbelastet.

Den Beweis darüber, über ein Totalverlustrisiko auf-geklärt zu haben und die Provisionen offengelegt zu haben, hatte die Bank nicht erbracht. Über Rückver-gütungen sei unaufgefordert zu informieren.

Auch gegenüber einem erfahrenen Anleger wird die Kausalität zwischen der fehlerhaften Anlage-beratung und der Zeichnung der Anlage vermutet. Es entspreche der Lebenserfahrung, dass eine auf einem Prospektfehler beruhende fehlerhafte Anla-geberatung für die Entscheidung ursächlich geworden ist.

Die Tatsache, dass es sich bei dem Anleger um ei-nen sehr erfahrenen Anleger mit eigenem Entschei-dungsverhalten handele, ändere an dieser Vermu-tung nichts. Es gebe keinen Erfahrungssatz, dass die Frage der Sicherheit einer Kapitalanlage für einen

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erfahrenen Anleger, der Steuern sparende Effekte erzielen will, ohne Bedeutung ist. „Auch Anleger, die eine chancenorientierte Anlagestrategie verfol-gen, dürfen im Rahmen einer Anlageberatung er-warten, dass sie über die Risiken einer Anlageform zutreffend unterrichtet werden, dies insbesondere wenn ihnen die Anlageform - wie der Kläger unbe-stritten vorträgt - bisher nicht bekannt war“.

Steuervorteile waren nicht im Wege der Vorteils-ausgleichung von vornherein anzurechnen. Für den Fall, dass beim Anleger ggf. Steuervorteile verblie-ben, wurde er durch den Feststellungsantrag zur Auskehrung eines solchen Vorteils verpflichtet.

Da Gegenstand der Ansprüche des Anlegers keine solchen aus Prospekthaftung waren, sondern die Verletzung eines Beratungsvertrages, war der An-spruch des Anlegers noch nicht verjährt.

FazitDas OLG Frankfurt am Main fasst in dieser Ent-scheidung ein weiteres Mal „alt bekannte“ Recht-sprechungsgrundsätze zur Haftung bei einer gescheiterten Fondsbeteiligung zusammen. In-nenprovisionen scheinen mehr und mehr mit dem Terminus „offenbarungspflichtige Rückvergütung“ gleichgesetzt zu werden. Jedenfalls mehren sich die Entscheidungen, dass zumindest bei der Vermitt-lung von Banken ein Hinweis auf die Prospektaus-sagen nicht ausreicht, selbst wenn dort die Höhe einer Eigenkapitalvermittlungsprovision zutreffend ausgewiesen ist, aber die Tatsache verschwiegen ist, dass die vermittelnde Bank einen Anteil an der Ver-triebsprovision erhält.

Auf den Umstand, dass auch Prospektfehler vorla-gen, was vom Gericht schon in früheren Entschei-

dungen festgestellt worden war, kam dann gar kei-ne ausschlaggebende Bedeutung mehr zu. Ein für die Anlageentscheidung kausaler Fehler ist schon einer zu viel. Jedenfalls hätte der Berater spätestens im Beratungsgespräch auch einen Prospektfehler korrigieren müssen. Die Aufgabe des Beraters - wie auch des Vermittlers - ist es bekanntlich, den Pro-spekt auf Plausibilität zu prüfen, um mögliche un-richtige oder unvollständige Aussagen zu entdecken und darauf während des Beratungs- oder Vermitt-lungsgespräches hinzuweisen.

Recht interessant erscheint das Urteil bezüglich der Anrechnung von Steuervorteilen. Anlegern ist in-soweit zu empfehlen, bei etwaigen Prozessen ge-gen ihre Berater von vornherein auch anzubieten, Steuervorteile, die dauerhaft erhalten bleiben, an den Schädiger auszukehren, sobald feststeht, ob die Schadenersatzleistung versteuert werden muss oder nicht.

3.5. BGH: Lehman-Insolvenz war für beratende Bank nicht erkennbar (BGH, Urt. v. 27.09.2011, XI ZR 178/10 und XI ZR 182/10)

SachverhaltIn diesen nunmehr vom BGH entschiedenen Fällen hatte sich der BGH zum ersten Mal mit den recht-lichen Folgen der Lehman-Pleite im Hinblick auf Schadenersatzklagen zweier Anleger zu befassen. Diese hatten - jeweils auf Empfehlung der Hambur-ger Sparkasse - verschiedene Anleihen erworben, einmal im Dezember 2006 und einmal im Oktober 2007. Bei beiden Anleihen sollten die Anleger im für sie ungünstigsten Fall den angelegten Betrag am Laufzeitende ohne Zinsen zurückerhalten.

Mit der Insolvenz der Emittentin und der Garantin (beides Unternehmen der Lehman-Gruppe) im Sep-tember 2008 wurden die erworbenen Zertifikate weitgehend wertlos. Die Anleger warfen der Spar-kasse vor, Aufklärungspflichten verletzt zu haben.

EntscheidungenDer BGH wies darauf hin, dass ein Anleger über das generell bestehende Emittentenrisiko aufzuklä-ren ist, wonach die Rückzahlung des angelegten Kapitals von der Zahlungsfähigkeit des Emittenten abhängt. Diese Aufklärungspflicht war in beiden Fällen erfüllt. Auf ein konkretes Insolvenzrisiko von Lehman hätte nicht hingewiesen werden müssen, da dieses zum Zeitpunkt des Erwerbs der Anleihen nicht erkennbar war. Es bedurfte keiner ausdrück-lichen Aufklärung darüber, dass die Zertifikate kei-nem Einlagensicherungssystem unterfielen.

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Schließlich verneinte der BGH eine Aufklärungs-pflicht der Sparkasse über ihre Gewinnmarge. Eine Bank, die eigene Anlageprodukte empfehle, sei grundsätzlich nicht verpflichtet, darüber aufzuklä-ren, dass sie mit diesen Produkten Gewinne erziele.

Die Gewinnmarge sei etwas anderes als eine Rück-vergütung oder versteckte Innenprovision. Der BGH verneinte des Weiteren eine Pflicht der Bank zur Auskunft darüber, dass sie die Zertifikate als Eigen-geschäft (Festpreisgeschäft) veräußerte.

FazitDie BGH-Urteile bringen Klarheit in dem Punkt, dass Banken bei Eigengeschäften nicht zur Aufklä-rung über ihre Gewinnmarge verpflichtet sind. Beim Kommissionsgeschäft dürfte dies anders sein. Für den Anleger dürften die unterschiedlichen Ausfüh-rungsarten im Regelfall nicht erkennbar sein. Den-noch können die Auswirkungen gravierend sein, denn der BGH stellte ausdrücklich fest, dass es nicht darauf ankommt, ob die Anleger wüssten, dass der Erwerb der Zertifikate im Wege des Eigengeschäfts erfolgt ist oder nicht.

4. Zur Frage des Zeitpunkts, wann die Aufklä-rung gegenüber dem Anlageinteressenten geschuldet wird

4.1. Aufklärung über Totalverlustrisiko kann durch rechtzeitige Übergabe des Beteiligungs-prospektes erfolgen (LG Berlin, Urt. v. 11.11.2010, 10 O 36/10)

Fondsbeteiligungen sind unternehmerische Beteili-gungen. In der Konsequenz ist damit auch das Ri-siko des Totalverlustes möglich. Darüber muss ein Anleger aufgeklärt werden. Schon lange ist es an-erkannt, dass es zur Aufklärung über dieses Total-verlustrisiko - im konkreten Fall ging es um die Be-teiligung an einem Medienfonds - genügen kann, dem Anlageinteressenten rechtzeitig vor Vertrags-abschluss einen Prospekt zu überlassen, sofern da-rin die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich enthalten sind.

Der Anleger, der seinem (bankenunabhängigen) Anlageberater vorgeworfen hatte, ihn nicht über das Totalverlustrisiko explizit aufgeklärt zu haben, drang mit diesem Argument nicht durch. Er stützte

seinen Schadenersatzanspruch sodann noch auf die Nichtoffenlegung eines Interessenkonfliktes, weil der Anlageberater die Höhe seiner Vergütung nicht offenbart habe. Auch hier verneinte das Landgericht Berlin eine Pflichtverletzung. Bei der Frage, der Auf-klärungspflicht eines Anlageberaters über die ihm infolge der Vermittlung zustehenden Vergütungen sei zwischen normalen Vertriebsprovisionen (Innen-provisionen) und Rückvergütungen zu unterschei-den. Nur letztere seien auch unterhalb der vom BGH festgesetzten Schwelle (die Grenze zog der BGH da-mals bei 15 % der Beteiligungssumme) aufklärungs-pflichtig. Aufklärungspflichtige Rückvergütungen lägen nur dann vor, wenn Teile der Ausgabeauf-schläge und Verwaltungskosten, die der Kunde an die Fondsgesellschaft zahlt, hinter seinem Rücken an den Anlageberater umsatzabhängig zurückflie-ßen. Wenn sich die Provisionshöhe hingegen wahr-heitsgemäß aus dem Prospekt ergebe und auch die Ausgabeaufschläge offen ausgewiesen seien, seien Innenprovisionen unterhalb des Schwellenwertes nicht explizit aufklärungspflichtig. Eine schmiergel-dähnliche Funktion sei ihnen - anders als bei ver-deckten Rückvergütungen - nicht beizumessen.

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Das Landgericht Berlin schließt sich mit dieser Argu-mentation den Stimmen derer an, die für den banke-nunabhängigen Vertrieb die Pflicht, auch ungefragt über die Höhe der konkreten Provision aufzuklären, verneinen. Die Entscheidung steht somit im Einklang mit der Entscheidung des BGH vom 15.04.2010 (III ZR 196/09). Mehrere Oberlandesgerichte - z.B. OLG Stuttgart oder OLG Düsseldorf - haben gegenteilig entschieden. Für die Zukunft dürfte mit einer Rege-lung seitens des Gesetzgebers zu rechnen sein (ähn-lich wie bei den Angabepflichten bei der Vermitt-lung von Versicherungen). Jedenfalls wenn auch der bankenunabhängige Anlageberater schon heute auf der sicheren Seite sein möchte, sollte er die ihm zufließenden Vergütungen offenbaren.

4.2. Zur Frage, wann ein Beteiligungsprospekt zu übergeben ist (OLG München, Beschl. v. 24.05.2011, 19 U 690/11)

SachverhaltEin „begrenzt risikobereiter“ Anleger hatte sich an einem geschlossenen Fonds beteiligt. Das Bera-tungsgespräch erfolgte durch einen Bankmitarbei-ter. Die Bank war im Prospekt als Hauptvertriebspart-ner genannt. Die Vertriebsprovisionen waren im Prospekt ausgewiesen. Nach dem Ergebnis der Be-weisaufnahme in erster Instanz stand fest, dass die Beratung durch den Bankmitarbeiter anhand des wesentlichen Prospektinhalts erfolgt ist. In diesem Prospekt waren Hinweise zu steuerlichen Risiken und auch zum Totalverlustrisiko enthalten.

Der Anleger beruft sich auf die Verletzung von Auf-klärungspflichten. Er meint, er hätte auch über die Höhe der Vertriebsprovision der Bank und der ein-geschalteten Untervertriebspartner aufgeklärt wer-den müssen. Er behauptete ferner - ohne dies näher zu belegen -, die Vergütung der Bank hätte höher als die im Prospekt ausgewiesene Provision gelegen.

EntscheidungSoweit es um die Frage des Zeitpunkts der Prospekt-übergabe ging, differenziert das OLG München wie folgt:

Besteht die Beratung des Anlegers nur in der Über-gabe des Prospektes, muss die Prospektübergabe rechtzeitig erfolgt sein. Davon zu unterscheiden ist allerdings der Fall, in dem die Beratung inhaltlich an-hand des wesentlichen Prospektinhalts erfolgt. Ist in einer solchen Sachverhaltskonstellation der Prospekt richtig, haften weder die Prospektverantwortlichen noch der Berater. Ist der Prospekt unrichtig, haften alle Beteiligten, ohne dass es auf die Übergabe des Prospektes ankommt.

Das OLG München konnte im konkreten Fall kei-nen Prospektfehler erkennen. Soweit der Anleger behauptet hatte, das Beratungsgespräch sei auf der Grundla-ge eines bloßen Kurzprospektes erfolgt, konnte diese Behauptung nicht bewiesen werden.

Da die beratende Bank in dem Prospekt als Haupt-vertriebspartner genannt war, ist nach Ansicht des OLG München auch eindeutig, dass ihr die im Prospekt ausgewiesenen Vertriebsprovisionen zufließen. So-mit fließen keinerlei Beträge „hinter dem Rücken“ des Anlegers an die Bank, so dass der Anleger keiner weiteren Aufklärung wegen des nach Art und Um-fang offengelegten Interessenkonfliktes bedarf.

FazitDas Gericht entschied einen Fall, bei dem sich die Frage des Interessenkonflikts der die Beteiligung empfehlenden Bank deshalb nicht stellte, weil die Bank als Vertriebspartner genannt war. Ganz offen-sichtlich konnten auch keine sonstigen Prospektfeh-ler gefunden werden. Die durchgeführte Beratung beschränkte sich nicht auf die Prospektübergabe, sondern erfolgte dadurch, dass die wesentlichen Prospektaussagen während des Beratungsge-sprächs durchgesprochen wurden. Insoweit spielte das Datum der Prospektübergabe keine Rolle. Ent-scheidend ist, dass ein Anleger vor Erwerb der Be-teiligung über die Chancen und Risiken informiert ist. Auf welchem konkreten Weg die Aufklärung erfolgt, ist nicht entscheidend, sondern nur, dass sie richtig, vollständig und verständlich erfolgt.

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5. Haftung aus unerlaubter Handlung

5.1. Zu den Voraussetzungen einer erlaubnis-pflichtigen gewerbsmäßigen Finanzportfolio-Verwaltung (BGH, Urt. v. 09.11.2010, VI ZR 303/09)

SachverhaltEine Anlegerin hatte auf Vermittlung durch den von ihr nunmehr in Anspruch genommenen Vor-stand einer AG Geld transferiert, damit mit diesem Geld Spekulationsgeschäfte vorgenommen werden sollten (sog. Day-Trading-Geschäfte). Die Geschäfte waren verlustreich. Das Geld, welches nach knapp neun Monaten noch vorhanden war, wurde auf die vom Beklagten geführte AG überwiesen. Diese leitete es an ein Brokerhaus weiter. Die Anlegerin wurde darüber informiert. Weder der Vorstand der AG noch die AG selbst verfügten über eine Erlaub-nis nach dem Kreditwesengesetz. Der Vorstand der AG sammelte noch von mindestens fünf weiteren Personen Geldbeträge ein, mit denen Day-Trading-Geschäfte durchgeführt werden sollten.

In der Revisionsinstanz ging es (nur) noch um die Fra-ge, ob die Anlegerin einen Schadenersatzanspruch auf Erstattung des Geldbetrages hat, der nach knapp neun Monaten vorhanden war (also in Höhe des Be-trages, der nach den ersten verlustreichen Monaten auf ein Konto der AG überwiesen worden war).

EntscheidungVertragliche Ansprüche wurden verneint, da der An-legerin bewusst war, dass es sich bei den Geschäf-ten um hoch spekulative Geschäfte gehandelt habe und der Klägerin mithin auch das Totalverlustrisiko bekannt war. Auch ein betrügerisches Verhalten war dem Vorstand der AG nicht nachzuweisen. Als letz-ter der in Betracht kommenden Anspruchsgrundla-gen kam § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 32 KWG in Be-tracht. Das Betreiben eines Bankgeschäftes war zu verneinen. Es lag weder ein Einlagengeschäft noch ein Finanzkommissionsgeschäft vor. In Betracht kam allerdings eine unerlaubte gewerbsmäßige Finanz-dienstleistung im Sinne des § 1 Abs. 1 a) KWG. Die AG hatte zugesagt, die an sie gelangte Restsumme - es waren 18.400,00 € - aufgrund eigener Anla-geentscheidungen für die Anlegerin in Day-Trading-Geschäften anzulegen. Day-Trading-Geschäfte sind der taggleiche Kauf und Verkauf von Wertpapieren, Geldmarktinstrumenten oder Derivaten. Auch das Tatbestandsmerkmal „Vermögensverwaltung für andere“ war im konkreten Fall zu bejahen. Die AG wurde im Fremdinteresse tätig. Schließlich verfügte die AG auch über einen Entscheidungsspielraum im Sinne des § 1 Abs. 1 a) Satz 2 Nr. 3 KWG, denn

sie sagte zu, die konkreten Anlageentscheidungen nach eigenem Ermessen zu treffen.

Des Weiteren lag ein gewerbsmäßiges Handeln vor, denn hierfür genügt, dass die Tätigkeit auf gewisse Dauer angelegt ist und der Betreiber mit Gewinner-zielungsabsicht bzw. entgeltlich handelt.

Mithin kommt eine Haftung des Vorstands der AG nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG in Betracht. Der Vorstand haftet in einem sol-chen Fall als Gesamtschuldner neben der von ihm geleiteten AG.

Da die Vertragsparteien diesen Gesichtspunkt bis-lang nicht näher verfolgt und dazu vorgetragen hatten, hob der BGH die die Klage abweisende Ent-scheidung des OLG München auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung zurück.

FazitFür diejenigen, die Investorengelder einsammeln, damit mit diesem Geld hoch spekulative Finanz-transaktionen vorgenommen werden, reicht es nicht nur aus, die Anleger über das Totalverlustri-siko aufzuklären. Für sie ist es entscheidend, ob sie eine genehmigungspflichtige Tätigkeit im Sinne des KWG ausüben und über die entsprechende Erlaub-nis verfügen. Ansonsten droht die persönliche Inan-spruchnahme für Verluste, auch wenn ein Anleger das Geld in vollem Bewusstsein des Totalverlustrisi-kos zur Verfügung gestellt hat.

5.2. Vorsätzliche sittenwidrige Schädigung - Objektive und subjektive Voraussetzungen einer Beihilfe (BGH, Urt. v. 13.07.2010, XI ZR 28/09)

SachverhaltEin Anleger hatte im Zusammenhang mit Börsen-termin- und Optionsgeschäften über 100.000,00 € verloren. Abgewickelt wurden die Geschäfte über ein britisches Brokerunternehmen. Dieses Brokerun-ternehmen bediente sich zur Kundengewinnung selbstständiger Finanzdienstleister. Durch einen sol-chen Finanzdienstleister war der Anleger zum bri-tischen Brokerunternehmen gelangt. Er schloss zum einen einen Geschäftsbesorgungsvertrag mit dem Brokerunternehmen und zum anderen einen sepa-raten Vertrag über die Durchführung von Börsen-termin- und Optionsgeschäften mit dem Vermittler. Der Vermittler ließ sich in diesem Vertrag Kommis-sionen, Gewinnbeteiligungen und weitere Dienstlei-stungsgebühren versprechen. Dessen Haftung we-gen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gem. § 826 BGB stand auch außer Diskussion. Dem Ver-

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mittler sei es allein darum gegangen, hohe Gewinne zu erzielen, in dem er möglichst viele Geschäfte realisiert. Diese waren für den Anleger aufgrund überhöhter Gebühren und Aufschläge chancenlos. Im Rechtsstreit ging es um die Frage, inwieweit der Broker an der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädi-gung beteiligt war.

EntscheidungDie Voraussetzungen einer Teilnahme an einer un-erlaubten Handlung im Sinne von § 830 BGB rich-ten sich nach den für das Strafrecht entwickelten Grundsätzen. In objektiver Hinsicht geht es um eine Beteiligung an der Ausführung der Tat, die in ir-gendeiner Form die Verwirklichung der Tat fördert und für diese relevant ist. Diese Voraussetzungen waren im konkreten Fall erfüllt. Das Brokerunterneh-men hatte den Finanzdienstleister beauftragt, Kun-den zuzuführen und durch die Zusammenarbeit ein profitables Brokergeschäft aufzubauen. Es ging nun darum, ob auch die subjektiven Voraussetzungen einer haftungsrechtlich relevanten Mitwirkungs-handlung des britischen Brokers vorlagen. Der BGH führte folgendes aus: Besteht die unerlaubte Hand-lung in der Vermittlung von Optionsgeschäften, die für den Anleger aufgrund überhöhter Gebühren des Vermittlers chancenlos sind, handelt der Broker, der dem Vermittler den Zugang zur Börse eröffnet, mit Gehilfenvorsatz, wenn er die vom Vermittler er-hobenen Gebühren kennt oder wenn er aufgrund der Kenntnis früherer Missbrauchsfälle weiß, dass für den Vermittler ein großer Anreiz besteht, seine geschäftliche Überlegenheit zum Schaden des Anle-gers auszunutzen und der Broker das Geschäftsmo-dell des Vermittlers gleichwohl keiner Überprüfung unterzieht. Denn in einem solchen Fall verschließt sich ein Broker bewusst vor der sich aufdrängenden Erkenntnis der Sittenwidrigkeit des Geschäfts-modells, was eine Haftung rechtfertigt. Das OLG Düsseldorf hatte allerdings noch nicht festgestellt, dass das Brokerunternehmen positive Kenntnis von sämtlichen Gebühren und Aufschlägen hatte, die der Anleger an den Vermittler zu entrichten hatte. Ein Mitverschulden des Anlegers wäre bei Bejahung auch der subjektiven Voraussetzungen zu verneinen. Hier gilt der Grundsatz, dass ein Mitverschulden des allenfalls fahrlässig handelnden Geschädigten ge-genüber einem aus § 826 BGB haftenden Schädiger regelmäßig nicht in Betracht kommt. Allenfalls bei besonders leichtfertigem Verhalten kann eine Scha-densteilung in Betracht kommen.

FazitBei Haftungsadressaten, die wegen vorsätzlicher sit-tenwidriger Schädigung haften, ist die Gefahr sehr groß, dass trotz positiven Urteils die Vollstreckung

fruchtlos verläuft. Deshalb ist es besonders in diesen Fällen wichtig, den Kreis der Haftungsadressaten zu erweitern. Der BGH nimmt zu den objektiven und subjektiven Voraussetzungen einer Beihilfe Stellung und stellt klar, dass bei Bejahung auch der subjek-tiven Voraussetzungen des Gehilfen ein Mitverschul-den des Anlegers zu verneinen ist.

5.3. Zur Frage der Sittenwidrigkeit einer Aufklä-rungspflichtverletzung im Rahmen des § 826 BGB (BGH, Urt. v. 19.10.2010, VI ZR 124/09)

SachverhaltEin Anleger nahm den Gesellschafter-Geschäftsfüh-rer einer Treuhandkommanditistin persönlich auf Schadenersatz in Anspruch. Der Anleger hatte sich - mittelbar über die Treuhandkommanditistin - an einer in der Rechtsform der GmbH & Co. KG tätigen Fondsgesellschaft beteiligt. Dem Geschäftsführer der Treuhandkommanditistin war aufgrund von Teil-nahmen an Gesellschafterversammlungen bekannt, dass die BaFin die Geschäftstätigkeit der Fondsge-sellschaft als erlaubnispflichtiges Finanzkommissi-onsgeschäft ansehen könnte. Die in den folgenden Monaten zwischen der Fondsgesellschaft und der BaFin geführten Verhandlungen über mögliche Än-derungen in der Anlage- und Gesellschaftsstruktur blieben erfolglos. Die BaFin erließ daraufhin Unter-sagungsverfügungen gegen die Fondsgesellschaft und die Treuhandkommanditistin. Beide haben in-zwischen Insolvenz angemeldet.

Die EntscheidungDer BGH verneinte einen Sittenverstoß im Sinne von § 826 BGB, den der Anleger darin begründet sah, dass ihn der Geschäftsführer vor Abschluss des Treu-handvertrages nicht über die Bedenken der BaFin in-formiert habe.

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Ein Verhalten ist sittenwidrig, wenn es gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Bei der Bewertung müssen Inhalt, Beweg-gründe und Zweck des Verhaltens einbezogen wer-den. Ein Unterlassen verletzt die guten Sitten nur dann, wenn das geforderte Tun einem sittlichen Gebot entspricht. Hierfür reicht die Nichterfüllung einer allgemeinen Rechtspflicht, aber auch einer vertraglichen Pflicht nicht aus. Vielmehr ist der schwerwiegende Vorwurf der Sittenwidrigkeit erst dann zu erheben, wenn das Schweigen des Auf-klärungspflichtigen zugleich gegen das Anstands-gefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Allein die Kenntnis von der noch entfernt liegen-den Möglichkeit, dass die Geschäftstätigkeit gem. § 37 KWG untersagt werden könnte und die An-leger hierdurch Schäden erleiden würden, genügt dafür nach Ansicht des BGH nicht. Der BGH zieht die Grenze dort, wo trotz positiver Kenntnis von der Chancenlosigkeit dem Anleger dieser Umstand ver-schwiegen worden wäre. Der BGH hielt eine fahr-lässige Pflichtverletzung für denkbar, verneinte aber ein vorsätzlich sittenwidriges Verhalten. Die Klage des Anlegers blieb deshalb erfolglos.

FazitIm vorliegenden Fall realisierte sich ein in der Zukunft liegendes Risiko, dessen Eintritt noch ungewiss war. Die Gesellschafter der Fondsgesellschaft hatten auf-grund der Hinweise der BaFin Umstrukturierungs-maßnahmen eingeleitet und gingen davon aus, dass diese erfolgreich sein würden. Der Geschäftsführer der Treuhandkommanditistin hat im konkreten Fall Glück gehabt. Die Entscheidung hätte auch zu sei-nen Lasten ausgehen können.

5.4. Zur Frage, ob irreführende Angaben in einer Presseerklärung als vorsätzliche Markt-manipulation zu werten sind (BGH, Beschl. v. 20.07.2011, 3 StR 506/10)

SachverhaltDie IKB Deutsche Industriebau AG und eine von ihr gegründete, rechtlich selbstständige Zweckgesell-schaft hatten in erheblichem Umfang verbriefte Kre-ditforderungen (sogenannte ABS-Papiere = Asset Backed Securities sowie CDO-Papiere = Collateralised Debt Obligations) erworben. Diesen Kreditforderungen lagen Darlehen zu Grunde, die von Banken in den USA an finanzschwache Schuldner für den Erwerb eines Eigenheims vergeben worden waren (soge-nannte Subprime-Kredite).

Der Kurs der IKB-Aktie gab daraufhin nach. Um den Kurs zu stützen, veranlasste der Vorstandssprecher

der IKB AG die Herausgabe einer Presseerklärung. In dieser erweckte er bewusst den unzutreffenden Eindruck, die Subprime-Krise habe für die Engage-ments der IKB AG und ihrer Zweckgesellschaft prak-tisch keine Auswirkungen. Von den durch eine Ra-tingagentur angekündigten Neubewertungen seien die beiden Gesellschaften lediglich mit einem ein-stelligen Millionenbetrag betroffen. Als Folge dieser irreführenden Angaben stieg der Kurs der IKB-Aktie um etwa 1,9 %. Dies war deutlich mehr als der Ver-gleichsindex. In den Tagen nach der Presseerklärung kam es zu Problemen mit der Anschlussfinanzierung der Investments. Die Zahlungsunfähigkeit der IKB konnte am Ende nur mit staatlicher Hilfe vermieden werden. Es ging nun um die Frage, ob der damalige Vorstandssprecher der IKB AG den Straftatbestand der Marktmanipulation verwirklicht hat.

EntscheidungDas Landgericht Düsseldorf hatte den ehemaligen Vorstandssprecher wegen vorsätzlicher Marktmani-pulation zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die Revision blieb erfolglos. Das Urteil des Landgerichts Düsseldorf ist damit rechtskräftig. Es sei – so der BGH -nicht zu beanstanden, dass das Landgericht die Angaben in der Presseerklärung als irreführend erachtet hat und darin eine vorsätzliche Markmanipulation gesehen hat. Nach § 20a Abs. 1 Nr. 1 WpHG ist es verboten, unrichtige oder irrefüh-rende Angaben über Umstände zu machen, die für die Bewertung eines Finanzinstrumentes erheblich sind …, wenn die Angaben … geeignet sind, auf den inländischen Börsen- oder Marktpreis eines Finanzinstrumentes … einzuwirken. Derjenige, der entgegen dieser Vorschrift durch eine vorsätzliche Handlung auf den inländischen Börsen- oder Marktpreis eines Finanzinstrumentes einwirkt, macht sich strafbar.

FazitDieser Fall hebt sich im Vergleich zu den anderen in diesem Magazin vorgestellten Entscheidungen schon allein dadurch ab, dass er eine Entscheidung betrifft, die im Rahmen eines Strafverfahrens erging. Vorschriften des Strafrechts spielen in Anleger-schutzprozessen ab und an eine Rolle, wenn es um die Frage geht, ob eine bestimmte Norm drittschüt-zenden Charakter hat. Das nach Zurückweisung der Revision nunmehr rechtskräftige Urteil des Landge-richts Düsseldorf wollen wir gleichwohl erwähnen, denn es zeigt, wie wichtig es gerade aber längst nicht nur in Krisensituationen ist, Erklärungen mit Bedacht zu formulieren und am besten jedes Wort auf die berühmte Goldwaage zu legen.

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6. Zusammenwirken zwischen Bank und Vertrieb

6.1. Zur Frage, wann eine finanzierende Bank für Prospektfehler haftet, über die sie einen Anleger bei Finanzierung von dessen Fondsbe-teiligung nicht aufgeklärt hat (BGH, Urt. v. 21.09.2010, XI ZR 232/09)

SachverhaltEin Fondsinitiator warb mittels Prospektes um Anle-gergelder. Die Anlegergelder sollten zur Errichtung eines Geschäftszentrums verwandt werden. Im Ge-sellschaftsvertrag hieß es zum Punkt „Bebauung“, dass „unter Berücksichtigung allgemeiner Grund-sätze“ mit einem überregional tätigen Bauunterneh-men ein Generalunternehmervertrag abgeschlossen wird. Tatsächlich schloss die Fondsgesellschaft aber einen Baubetreuungsvertrag mit einem mit den Initi-atoren verflochtenen Unternehmen. Die Vergütung des Baubetreuers bestand in der Differenz zwischen der für die Errichtung des Geschäftszentrums im Prospekt ausgewiesenen 19 Mio. DM und der Ver-gütung des Generalunternehmers nebst sonstiger Baunebenkosten für Statik etc.

Die klagende Sparkasse hatte sich bereiterklärt, sämtliche Fondsanteile zu finanzieren. Die Sparkas-se zahlte an die Finanzierungsvermittlungsgesell-schaft, die ebenfalls zur Unternehmensgruppe der Fondsinitiatoren gehörte, eine Provision von 2 % der Darlehenssumme. Nachdem zwei Fondsgesellschaf-ter ihre Darlehen nach dem Haustürwiderrufsgesetz widerrufen hatten und keine Zahlungen mehr auf die Darlehen leisteten, kündigte die Sparkasse das Darlehen und stellte den offenen Saldo fällig. Die in Anspruch genommenen Darlehensnehmer mach-

ten Gegenansprüche auf Schadenersatz aus Aufklä-rungspflichtverletzung bezüglich der Kreditvermitt-lungsprovision sowie wegen Prospektfehlers geltend.

Die EntscheidungZunächst führte der BGH aus, dass der Widerruf der Willenserklärungen zum Abschluss des Darlehens-vertrages unbeachtlich sei. Zwischen dem ersten Ansprechen und dem Abschluss des Darrlehensver-trages lagen mehrere Wochen, so dass keine Kau-salität zwischen einer Haustürsituation und dem Abschluss des Darlehensvertrages anzunehmen war. Der BGH verneinte auch eine Pflichtverletzung, die die Anlege darin sahen, dass ein Unternehmen aus dem Initiatorenkreis eine Finanzierungsver-mittlungsprovision erhielt. Durch die Zahlung einer Vermittlungsprovision an einen Finanzierungsmak-ler werden keine Interessen der Darlehensnehmer gefährdet. Die Situation sei mit der Tätigkeit eines Vermögensverwalters, der von einer Bank Teile der Bankprovisionen und Depotgebühren erhielte, nicht vergleichbar. Im konkreten Fall kam noch hinzu, dass von den Darlehensnehmern weder vorgetra-gen worden war noch ersichtlich war, dass an ande-rer Stelle ein Darlehen zu günstigeren Konditionen hätte aufgenommen werden können.

Sodann wandte sich der BGH der Frage zu, ob die Sparkasse ansonsten Aufklärungspflichten treffen könnten.

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist eine kreditgebende Bank bei steuersparenden Bau-herren-, Bauträger- und Erwerbermodellen zur Risi-koaufklärung über das finanzierte Geschäft nur un-ter ganz besonderen Voraussetzungen verpflichtet.

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Eine Bank darf regelmäßig davon ausgehen, dass die Kunden entweder über die notwendigen Kennt-nisse oder Erfahrungen verfügen oder sich jedenfalls der Hilfe von Fachleuten bedient haben. Eine der vier Fallgruppen, bei deren Vorliegen ausnahmswei-se Pflichten zur weiteren Aufklärung bestehen, ist der konkrete Wissensvorsprung in Bezug auf spezi-elle Risiken des Vorhabens. Ein solcher Wissensvor-sprung liegt auch vor, wenn die Bank positive Kennt-nis davon hat, dass der Kreditnehmer von seinem Geschäftspartner oder durch den Fondsprospekt über das finanzierte Geschäft arglistig getäuscht wurde.

In diesem Zusammenhang spielte eine entschei-dende Rolle, dass die Sparkasse mit dem Initiator vereinbart hatte, sämtliche Fondsanteile finanzieren zu wollen. Bei einem derartigen institutionalisier-ten Zusammenwirken der kreditgebenden Bank mit dem Verkäufer oder Vertreiber der finanzierten Ka-pitalanlage setzt die Vermutung für einen konkreten Wissensvorsprung der Bank im Zusammenhang mit einer arglistigen Täuschung der Anleger lediglich eine objektiv evidente Unrichtigkeit der Angaben des Verkäufers, Fondsinitiators oder der für sie täti-gen Vermittler bzw. eine evidente Unrichtigkeit des Verkaufs- oder Fondsprospekts voraus.

Einen Prospektfehler sieht der BGH in Folgendem begründet: Im Prospekt wird der Eindruck er-weckt, zur Minimierung der Baukosten des Fond-sobjektes würde mit einem überregional tätigen Bauunternehmen ein Generalunternehmervertrag abgeschlossen werden. Tatsächlich stand aber der Abschluss eines Baubetreuungsvertrages mit einer zur Unternehmensgruppe der Fondsinitiatoren ge-hörenden Gesellschaft mit einer Festpreisgarantie bevor. Dies widerspricht „allgemeinen Grundsät-zen“. Im Gesellschaftsvertrag war jedoch explizit darauf hingewiesen worden, dass der Generalun-ternehmervertrag unter Berücksichtigung allgemei-ner Grundsätze abgeschlossen wird. Dies kann nur dahin verstanden werden, dass auf der Grundlage der für die Errichtung des Geschäftszentrums er-stellten Planung bei mehreren überregional tätigen Bauunternehmen ein Angebot eingeholt werden sollte, um sodann mit dem günstigsten Anbieter den Bauvertrag abzuschließen. Den Anlegern wur-de vorgespiegelt, dass die Höhe der prospektierten Baukosten nur einen Maximalbetrag darstellt und die Chance geringerer Baukosten bestand. Durch die Zwischenschaltung der Baubetreuungsfirma, die zum Initiatorenlager zuzurechnen war, sollten nied-rigere als prospektierte Baukosten aber dem Baube-treuer zugutekommen. Den Fondsinitiatoren konnte dadurch außerhalb des Gesellschaftsvertrages eine

Sonderzuwendung zufließen. Auch darüber hätte aufgeklärt werden müssen.

Es war nun unerheblich, ob die Bank im konkreten Fall die Unrichtigkeit erkennen konnte. Diese Frage stellt sich erst im Zusammenhang mit der Widerle-gung der Vermutung, in deren Rahmen die Bank zu ihrer Unkenntnis vortragen und Beweis antreten muss. Entsprechende Feststellungen fehlten. Des-halb wurde das der Klage der Sparkasse stattge-bende Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen.

FazitDas Urteil fasst elementare Rechtsprechungsgrund-sätze zur Frage zusammen, wann eine Bank als Kre-ditgeber - ausnahmsweise - zur Aufklärung über Ri-siken betr. ein finanziertes Geschäft verpflichtet ist. Bei einem institutionalisierten Zusammenwirken der Bank mit dem Verkäufer oder Vertreiber der finan-zierten Kapitalanlage wird durch dieses Urteil die Haftungsschlinge noch enger. Die Vermutung, dass eine Aufklärungspflicht bestand, setzt lediglich eine objektiv evidente Unrichtigkeit oder Unvollständig-keit voraus. Liegt eine solche vor, obliegt es dem Finanzier, die zu seinen Lasten bestehende Vermu-tung zu entkräften.

Auch für Finanzierungsvermittler enthält das Urteil grundsätzliche Aspekte. Der Finanzierungsvermittler muss - anders als der Anlageberater der Bank - die ihm vom Darlehensgeber zugesagte Darlehensver-mittlungsvergütung nicht offenlegen. Hier sind Pflichtverletzungen denkbar, wenn eine (hohe) Ver-mittlungsvergütung die Darlehenskonditionen bela-stet. Dies konnte im konkreten Fall allerdings nicht festgestellt werden.

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6.2. Zur arglistigen Täuschung durch eine Vermittlerfirma als Voraussetzung für die Haftung einer Bank bei fehlgeschlagenen Anlagemodellen(OLG München, Beschl. v. 06.09.2010, 5 W 1997/10)

SachverhaltDas OLG München hatte in diesem Beschluss über die Frage zu befinden, ob der Antrag eines Anlegers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe Aussicht auf Erfolg hat oder nicht. Der Antrag-steller hatte eine Eigentumswohnung erworben, nach seinen Angaben „weit überteuert“. Insge-samt seien über dieselbe Vermittlerfirma 12 Woh-nungen eines Hauses vermittelt worden. Die Bank, gegen die der Anleger einen Schadenersatzan-spruch geltend machen möchte, war systematisch in den Vertrieb der 12 Wohnungen involviert ge-wesen und müsste sich eine arglistige Täuschung des Vertriebs über die Höhe der erzielbaren Miete zurechnen lassen.

EntscheidungDas OLG München weist darauf hin, dass trotz der zugunsten des Anlegers geschaffenen verfah-rensmäßigen Erleichterungen beim Nachweis des Wissensvorsprungs der Bank bei steuersparenden Anlagemodellen der Anleger gleichwohl eine arglistige Täuschung des Vertriebs vorzutragen hat. Weder Evidents noch institutionalisiertes Zu-sammenwirken im Sinne der Rechtsprechung er-setzten das Tatbestandserfordernis der arglistigen Täuschung durch den Vertrieb. Für arglistiges Handeln des Vertriebs ist aber eine Täuschungs-absicht nicht erforderlich. Es ist ausreichend, wenn ein Vermittler unrichtige Behauptungen ins Blaue hinein aufstellt. Hinsichtlich einer pro-spektierten Miete handelt es sich nicht lediglich um eine unverbindliche optimistische Prognose für die Zukunft, auf deren Unrichtigkeit ein Scha-denersatzanspruch nicht gestützt werden könnte. Jedenfalls wenn - wie in dem konkreten Fall - die prospektierte Miete Bestandteil einer detaillierten mehrseitigen Berechnung einer Immobilieninve-stition ist, die auch die steuerliche Situation des Anlegers mit berücksichtigt, kommt der prospek-tierten Miete wesentliche Bedeutung zu. Unrich-tige Behauptungen ins Blaue hinein verbieten sich in diesem Fall. Die arglistige Täuschung seitens des Vertriebs konnte somit nicht ausgeschlossen werden. Aufgrund des institutionalisierten Zu-sammenwirkens des Vertriebs mit der Bank war von deren - wiederlegbar vermuteter - Kenntnis auszugehen. Das OLG München bewilligte deshalb Prozesskostenhilfe zugunsten des An-legers.

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7. Eintretenmüssen für Fehlverhalten Dritter

7.1. Eintretenmüssen für Beratungsfehler eines Erfüllungsgehilfen (LG Ravensburg, Urt. v. 11.08.2011, 4 O 428/10)

SachverhaltEin Handelsvertreter des nach eigenen Angaben größten deutschen Allfinanzvertriebs wurde von ei-ner Anlegerin aus eigenem und abgetretenem Recht auf Schadenersatz wegen fehlerhafter Anlagebera-tung in Anspruch genommen. Der Handelsvertreter stellte sich schon 1 ½ Jahre vor dem Abschluss der streitgegenständlichen Anlage als Vermögensbe-rater vor. Im Frühjahr 1999 schlossen die Klägerin und ihr Ehemann eine darlehensfinanzierte Lebens-versicherung ab. Es wurde ein endfälliges Darlehen aufgenommen. Mithilfe des Darlehens wurde ein Lebensversicherungsvertrag bespart. Die Versiche-rungsbeiträge wurden in fünf Jahresraten geleistet. Bis zur Fälligkeit der Beiträge wurde der Darlehens-betrag in ein Fondsdepot einbezahlt. Die Ablauflei-stung der Lebensversicherung sollte das Darlehen vollständig tilgen und es sollte ein Überschuss ver-bleiben. Stattdessen fehlten knapp 20 TEUR, um das Darlehen vollständig zurückzahlen zu können. Die-sen Betrag forderte die Anlegerin von der Vermö-gensberatungsgesellschaft, für die der Handelsver-treter tätig war. Diese berief sich darauf, der falsche Beklagte zu sein. Außerdem sei kein Beratungsver-tragsverhältnis zustande gekommen. Schließlich seien Ansprüche verjährt.

EntscheidungDas Gericht bejahte sowohl ein Beratungsver-tragsverhältnis als auch einen Beratungsfehler des Handelsvertreters als auch ein Eintretenmüssen für diesen Beratungsfehler durch die Vermögensbera-tungsgesellschaft unter dem Gesichtspunkt der Erfüllungsgehilfenhaftung.

Für ein Beratungsvertragsverhältnis sprach bereits die Visitenkarte. Auf ihr war der Name der Ver-mögensberatungsgesellschaft abgedruckt und der Umstand, dass der Handelsvertreter für diese Gesellschaft tätig war. Auf dem Antragsformular war auch vorgedruckt „Es hat Sie beraten: …“. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Handels-vertreter die Grundsätze der objekt- und anleger-gerechten Beratung verletzt hatte. Es wurde mit verschiedenen möglichen Renditen gerechnet. Das grundlegende Kapitalverlustrisiko wurde verharmlost („Da müsste schon ein Krieg ausbrechen und die ganze Wirtschaft kaputt sein“). Die Ursächlichkeit zwischen Falschberatung und Anlageentscheidung war zu vermuten. Es wäre Sache der Beklagten

gewesen, Umstände vorzutragen, aus denen sich ableiten ließe, dass die Anlageentscheidung bei zu-treffender Beratung nicht anders ausgefallen wäre. Das Gericht führte dann weiter aus, dass der An-spruch auch nicht verjährt sei. Die Anlegerin und ihr Ehemann wurden jährlich über die voraussichtliche Ablaufleistung der Lebensversicherung informiert und konnten ersehen, dass die prognostizierte Ab-laufleistung von der in Aussicht Gestellten nicht unerheblich zurückblieb. Auf diesen Umstand ange-sprochen, verwies der Handelsvertreter aber immer wieder darauf, dass sich dies ändern könne und „im Ergebnis jedenfalls etwas herauskommen“ würde. Insoweit musste sich der Verdacht eines Beratungs-fehlers nicht förmlich aufdrängen.

FazitSalopp könnte man formulieren, dass dort, wo Be-ratung draufsteht, auch Beratung drin sein muss. Dies betrifft sowohl die Handelsvertreter, die für eine große Vertriebs- oder Vermögensberatungs AG bundesweit unterwegs sind als auch die Gesellschaft selbst. Oder nochmals salopp formuliert: Dem Grundsatz „Wasch mich, aber mach mich nicht nass“ wurde vom Gericht eine klare Absage erteilt.

7.2. Zur Frage, wann auch ein Versicherungs-makler Erfüllungsgehilfe des Versicherers sein kann (OLG Dresden, Urt. v. 19.11.2010, 7 U 1358/09)

SachverhaltEin Versicherungsnehmer hatte eine fondsgebun-dene Lebensversicherung gegen Zahlung eines Einmalbetrages abgeschlossen. Zur Bezahlung des Einmalbetrages nahm er ein Darlehen auf. Das Darlehen sollte durch Auszahlungen aus der Versi-cherung getilgt werden. Die Wertentwicklung der

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Lebensversicherung entsprach nicht den prognosti-zierten Werten. Die finanzierende Bank forderte zusätzliche Sicherheiten.

Der Versicherungsnehmer klagte auf Auszahlung des Betrages, der ihm nach seiner Darstellung zu-gesichert worden war, hilfsweise auf Feststellung, dass die Versicherung zur Schadensersatzleistung aufgrund fehlerhafter Beratung bei Abschluss des Vertrages verpflichtet sei.

EntscheidungDas OLG Dresden hielt die Klage im Hilfsantrag für begründet. Dem Versicherungsnehmer stünde ein Schadenersatzanspruch auch gegenüber der Ver-sicherung wegen Aufklärungspflichtverletzung zu. Die Versicherung müsse sich das Verhalten des Ver-mittlers (vor allem Versicherungsmakler) zurechnen lassen. Das Gericht zog hier - jedenfalls im Hinblick auf die streitgegenständliche und fremdfinanzierte Lebensversicherung gegen Einmalbeitrag - Paral-lelen zu sonstigen Anlageprodukten. Der die Versi-cherung vermittelnde Vermittler habe ein Risiko im Hinblick auf die fremdfinanzierte Lebensversiche-rung verneint. Die Versicherung berief sich auf ihr Bedingungswerk, aus dem sich ergab, dass die Aus-zahlungsbeträge nicht fest zugesagt seien, sondern von der künftigen Wertentwicklung der gekauften Wertpapiere abhingen. Da es sich im konkreten Fall nicht um einen Standard-Versicherungsvertrag handelte, sondern um ein Versicherungsmodell mit verzahnten Komponenten, habe ein erheblicher Aufklärungs- und Beratungsbedarf auf Seiten des Versicherungsnehmers bestanden. In diesem Fall dürfe sich ein Versicherer nicht darauf beschrän-ken, lediglich den ausgefüllten Versicherungsantrag entgegenzunehmen und den Versicherungsschein auszufertigen und auszuhändigen. Auch für die Versicherung bestünden in seinem solchen spezi-ellen Fall Aufklärungs- und Sorgfaltspflichten, deren Erbringung die Versicherung selbstständigen Ver-mittlern und Untervermittlern überließ. Insoweit sei es gerechtfertigt, dass das Verschulden eines eingesetzten Untervermittlers der Versicherung wie eigenes Verschulden entgegenzuhalten sei.

FazitGrundsätzlich ist ein Versicherungsmakler als treu-händerischer Sachwalter der Interessen des Versi-cherungsnehmers in dessen Interesse tätig. Über-nimmt er allerdings mit Wissen und Wollen einer Vertragspartei Aufgaben, die typischerweise die-ser Vertragspartei obliegen, wird er auch in ihrem Pflichtenkreis tätig und ist daher zugleich als ihre Hilfsperson zu betrachten. Insoweit sind die Einzel-fallumstände entscheidend.

Anm.: Vgl. zu einem nahezu identischen Themen-komplex auch die Entscheidung des OLG Stuttgart vom 18.07.2011, 7 U 146/10; das OLG Stuttgart stellte darauf ab, dass das Bedingungswerk der Ver-sicherung gegen das Transparenzgebot verstoße. Es handelte sich ebenfalls um eine fremdfinan-zierte fondsgebundene Lebensversicherung gegen Einmalbeitrag. Der Versicherungsnehmer werde durch die intransparenten Klauseln entgegen Treu und Glaube unangemessen benachteiligt; das OLG Stuttgart hatte die Zurechnung einer Pflichtverlet-zung, die der Versicherungsnehmer durch einen Er-füllungsgehilfen behauptet hatte, ausdrücklich da-hinstehen lassen.

8. Haftungsbegrenzung

(Kardinal-)Pflichten eines Treuhandkommanditisten (OLG Hamm, Urt. v. 25.07.2011, I-8 U 54/10)

SachverhaltEin Treuhandkommanditist sollte Einlagen von An-legern an die Fondsgesellschaft weiterleiten. Strit-tig war, ob die empfangenen Mittel auftragsgemäß weitergeleitet wurden. Im Treuhandvertrag zwischen der Treuhandkommanditistin einer Publikumsgesell-schaft und dem einzelnen Treugeber war geregelt, dass der Treuhänder nur bei grob fahrlässiger oder vorsätzlicher Pflichtverletzung haftet.

EntscheidungDas Gericht gab der Klage auf Rückzahlung der dem Treuhandkommanditisten anvertrauten Einlage statt. Ein Treuhandvertrag ist im Fall der Entgeltlich-keit ein Geschäftsbesorgungsvertrag, bei Unent-geltlichkeit ein Auftrag. In beiden Fällen findet u.a. § 667 BGB Anwendung. Es ist Sache des Auftrag-nehmers/Geschäftsbesorgers, darzulegen und im Streitfall zu beweisen, dass empfangene Mittel auf-tragsgemäß weitergeleitet wurden. Die pflichtwid-rige Verwen-dung von Anlegergeldern durch einen Treuhänder ist nicht nur Grundlage eines Schaden-ersatzanspruchs, sondern begründet auch einen Herausgabeanspruch nach § 667 BGB.

Der Versuch, die Haftung des Treuhänders im Treu-handvertrag einzuschränken, war zum Scheitern verurteilt. Die von einem Treuhandkommanditist übernommene Pflicht, Anlegergelder an die Fonds-gesellschaft weiterzuleiten, ist eine Kardinalpflicht. Eine Haftungsbegrenzung in Bezug auf Kardinal-pflichten hält der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht stand und ist insoweit unwirksam.

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FazitDie Entscheidung vermag nicht zu überraschen. Es entspricht zwar weit verbreiteter Praxis, dass die Treuhandkommanditistin aus dem (weiteren) Um-feld eines Emittenten stammt und teils mit dem Emittent sogar zumindest kapitalmäßig verflochten ist. Dennoch darf ein Treuhandkommanditist nie ver-gessen, wer ihm den Auftrag erteilt hat und ihn für die Wahrnehmung der Treugeberinteressen bezahlt.

9. Schadensberechnung und Mitverschulden

9.1. Zur Frage der Anrechnung von Steuervor-teilen bei der Rückabwicklung eines Steuer-sparmodells(BGH, Urt. v. 01.03.2011, XI ZR 96/09)

SachverhaltEin Ehepaar hatte zu Steuersparzwecken eine Eigen-tumswohnung erworben und über ein tilgungsfreies Vorausdarlehen sowie zwei Bausparverträge finan-ziert. Der Ehemann, an den seine Frau ihre Ansprü-che abgetreten hat, forderte von der Bausparkasse Schadenersatz wegen vorvertraglicher Pflichtverlet-zungen. Streitgegenstand war zuletzt noch, ob sich das Ehepaar Steuervorteile schadensmindernd an-rechnen lassen musste oder nicht.

EntscheidungDer BGH verwies auf seine ständige Rechtspre-chung, nach der eine Anrechnung von Steuervortei-len grundsätzlich nicht in Betracht kommt, wenn die Rückabwicklung des Erwerbs zu einer Besteuerung führt, die dem Geschädigten die erzielten Steuer-vorteile wieder nimmt.

Das Gericht kann dabei über die Höhe des Schadens unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach freier Überzeugung entscheiden. In der Regel müssen keine Feststellungen darüber getroffen wer-den, in welcher genauen Höhe sich die Versteue-rung der Schadensersatzleistung auswirkt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Schädiger Umstän-de darlegt, auf deren Grundlage dem Geschädigten auch unter Berücksichtigung der Steuerbarkeit der Ersatzleistung außergewöhnlich hohe Steuervorteile verbleiben. Auch wenn für die Schadensbemessung der Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenver-handlung maßgeblich ist, können künftige Entwick-lungen einbezogen werden. § 287 ZPO ermöglicht bei der Bemessung des Schadens auch eine Zu-kunftsprognose.

Das Gericht betont des Weiteren, dass die Durch-setzung des Schadensersatzanspruchs eines Ge-schädigten unzumutbar erschwert werde, wenn die

bereits bekannten Steuervorteile aus dem Anlagege-schäft auf den Schadenersatzanspruch angerechnet würden und der Geschädigte die aus der Versteue-rung der Ersatzleistung entstehenden Nachteile zu einem späteren Zeitpunkt erneut geltend machen müsste. Bei einer solchen Verfahrensweise würde dem Geschädigten das Insolvenzrisiko des Schädi-gers aufgebürdet werden. Hierfür ist kein rechtferti-gender Grund vorhanden.

Es gilt außerdem der Grundsatz, dass einem Schä-diger im Rahmen der Vorteilsausgleichung spätere Veränderungen nicht zugutekommen sollen. Da Steuervorteile als erstattete Werbungskosten im Jahr des Zuflusses als Einkünfte aus der Einkom-mensart zu qualifizieren sind, in der sie zuvor gel-tend gemacht wurden, hat ein Steuerpflichtiger diese Zuflüsse der Besteuerung zu unterwerfen.

Ausnahmsweise können Steuervorteile anzurech-nen sein, wenn solche in einem erheblichen Umfang beim Geschädigten verbleiben. Die Darlegungs- und Beweislast für die Vorteile und deren Anrechnung trifft dabei grundsätzlich den Schädiger.

FazitEine schadensmindernde Anrechnung von Steu-ervorteilen kommt im Schadenersatzprozess eines Anlegers grundsätzlich nicht in Betracht, wenn die Rückabwicklung zu einer Besteuerung führt und dem Geschädigten dabei die erzielten Steuervorteile wieder genommen werden. Dass sich Besteuerungs-grundlagen über die Jahre hinweg geändert haben können, so dass frühere Steuervorteile und spätere Steuernachteile einander nicht mehr entsprechen, ist hinzunehmen.

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9.2. Bei einer von einem Anleger geäußerten Erwartung „Ertrag generieren“ ist eine Bank zur verlustfreien Geldanlage verpflichtet (OLG München, Urt. v. 05.07.2011, 5 U 1843/11)

SachverhaltEin Anleger hatte über eine ihn beratende Bank Zer-tifikate erworben. Er hatte im Rahmen des Beratungs-gesprächs mitgeteilt, dass er „Ertrag generieren“ wolle. Die Zertifikate verloren an Wert. Der Anleger forderte wegen fehlerhafter Anlageberatung Rückabwick-lung. Im Laufe des Rechtsstreits trat die Endfälligkeit der Zertifikate ein. Der Anleger erhielt einen Erlös, der weit unterhalb seines damaligen Kaufpreises lag. Die Differenz zwischen Kaufpreis und Erlös ab-züglich einer erhaltenen Ausschüttung verlangte er als Schadenersatz.

EntscheidungDas Gericht bejahte einen Anspruch des Anlegers auf Rückabwicklung des vorgenommenen Anla-gegeschäfts. Den spätestens durch Aufnahme des Beratungsgesprächs über den Erwerb der Zertifikate zustande gekommenen Beratungsvertrag habe die Bank pflichtwidrig verletzt. Der Hinweis des Bank-mitarbeiters, der ein bestehendes Risiko als „rein theoretisch“ bezeichnet hatte, sah das Gericht als nicht ausreichende Belehrung an.

Das Gericht sprach dem Anleger als entgangenen Gewinn einen fiktiven Alternativzins zu. Diesen schätzte sie gem. § 287 ZPO allerdings auf lediglich 2 % p.a.

FazitBerater sollten sehr vorsichtig in der Formulierung sein, wenn sie Risiken zwar erwähnen, diese aber anschließend wieder verharmlosen. Gerade auch die aktuellen Turbulenzen an den Finanzmärkten zeigen, dass praktisch keine Entwicklung der Bör-senkurse als „rein theoretisch“ angesehen werden kann. Eine Bank muss ihren Kunden deshalb mit verkehrsüblicher Sorgfalt beraten. Dazu gehört auch der Hinweis auf Krisen mit außergewöhnlichen Auswirkungen (z.B. der berühmte „schwarze Don-nerstag“ im Jahr 1929, die japanische Bankenkrise in den 90er Jahren, die „Dotcom-Krise“ im Jahr 2000 u.a.m.).

9.3. Zur Anrechnung von Steuervorteilen bei Rückabwicklung einer Kapitalanlage (OLG München, Urt. v. 13.05.2011, 5 U 4349/10)

SachverhaltEin Anleger nahm seinen Berater wegen fehlerhafter Beratung bei einer Immobilienanlage in Anspruch.

Schon im Jahr 2005 wurde der Schadenersatzan-spruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Jetzt streiten die Parteien über die Höhe des dem Anleger zustehenden Schadenersatzanspruches und über die Reichweite der weitergehenden Schaden-ersatzpflicht des Beraters. Der Anleger fordert das sogenannte negative Interesse. Der Berater meint, der Anleger müsse sich sämtliche Steuervorteile schadensmindernd anrechnen lassen. Die Verlustzu-weisungsquote des Anlegers betrug weit mehr als 100 %. Des Weiteren ging es um die Frage des An-spruchs auf entgangenen Gewinn.

EntscheidungDas OLG München verweist auf die Rechtsprechung des BGH. Danach kommt eine Anrechnung von Steuervorteilen zwar grundsätzlich nicht in Betracht, wenn die Rückabwicklung des Erwerbs zu einer Be-steuerung führt, die dem Geschädigten die erzielten Steuervorteile wieder nimmt. Allerdings gibt es Aus-nahmen, wenn dem Geschädigten auch unter Be-rücksichtigung der Steuerbarkeit der Ersatzleistung ausgewöhnlich hohe Steuervorteile verbleiben oder er gar Verlustzuweisungen erhalten hat, die über seine Einlageleistungen hinausgehen (vgl. BGH, Urt. v. 01.03.2011, XI ZR 96/09).

Diesen Grundsatz folgend, zog das Gericht Steu-ervorteile, die einen Betrag von 100 % der Betei-ligungssumme überschritten, schadensmindernd ab. Die Steuervorteile, die der Geschädigte bei einer Verlustzuweisung von lediglich 100 % erhalten hät-te, konnten allerdings bei ihm verbleiben und waren mithin nicht anspruchsmindernd anzurechnen.

Vorprozessuale Zinsen sprach das Gericht unter dem Gesichtspunkt des entgangenen Gewinns zu, und setzte deren Höhe mangels anderer Anhaltspunkte auf 2 % p.a. fest.

FazitOb und in welcher Höhe ein geschädigter Anle-ger die Schadenersatzleistung versteuern muss, ist schwer zu prognostizieren. Insbesondere ist für die Gerichte nicht vorhersehbar, in welchem Veran-lagungszeitraum eine Entscheidung rechtskräftig wird und wann der Zufluss des Schadenersatzes tat-sächlich stattfinden wird. Deshalb kann einem Ge-schädigten nicht zugemutet werden, wegen eines rechtlich nicht gesicherten möglichen Vorteils über einen weiteren Zeitraum das Risiko zu tragen, ob ein Schädiger die noch ausstehende Ersatzleistung erbringt. Es ist deshalb ausreichend, wenn ein An-leger bei Geltendmachung eines Schadenersatz-anspruches seine Rechtsposition, die er aufgrund der Anlage inne hat, Zug um Zug gegen Zahlung

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des Schadenersatzbetrages anbietet. Eine gewisse Zurückhaltung scheint geboten, wenn es um die Frage geht, in welcher Höhe dem Anleger ein Ge-winn entgangen ist. Mangels konkreten Vortrages über zur Verfügung stehende anderweitige Anlage-formen hat das Gericht den entgangenen Gewinn auf - lediglich - 2 % p.a. geschätzt. Insoweit ist zu beachten, dass entgangener Gewinn auch erst ab dem Zeitpunkt zu ersetzen ist, zu dem ein Anleger plausiblerweise eine Alternativanlage getätigt hätte.

10. Verjährung

10.1. BGH nimmt zu Verjährungsfragen bei Aufklärungspflichtverletzungen gegenüber Fondsanlegern Stellung (BGH, Urt. v. 24.03.2011, III ZR 81/10)

SachverhaltEin Anleger hatte sich an der sog. Göttinger-Gruppe als stiller Gesellschafter beteiligt. Er erbrachte zum einen eine Einmalanlage und verpflichtete sich zur Erbringung einer weiteren Einlage in 120 Monats-raten. Die Beteiligung des Anlegers ist wertlos, nachdem verschiedene Gesellschaften der Göttinger-Gruppe insolvent wurden. Der Anleger nahm den Berater wegen Beratungspflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Zeichnung der Beteiligung in Anspruch. Der Berater erhob die Einrede der Ver-jährung. Während die Instanzgerichte aus diesem Grund die Klage abgewiesen hatten, hob der BGH das Berufungsurteil auf.

EntscheidungSeit dem 01.01.2002 gilt für bis dahin nicht verjährte Schadenersatzansprüche, die auf die Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten gestützt wer-den, eine 3-jährige Regelverjährung. Hierbei setzt der Beginn der Frist allerdings das Vorliegen der subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen voraus. Ein Gläubiger muss von den seinen Anspruch begrün-denden Umständen und der Person des Schuldners

Kenntnis erlangt haben oder seine diesbezügliche Unkenntnis muss auf grober Fahrlässigkeit beruhen. Die Beweislast dafür, dass Kenntnis oder grob fahr-lässige Unkenntnis vorliegen, trägt der Schuldner. Im Falle des Vorwurfs von Aufklärungspflichtver-letzungen ist der Beweisbelastete der Aufklärungs-pflichtige (also der Berater).

Geht es nun um den Vorwurf verschiedener Aufklä-rungs- oder Beratungsfehler, sind die Tatbestands-voraussetzungen der Verjährungsvorschrift für jede einzelne Pflichtverletzung getrennt zu prüfen. Wenn also mehrere Pflichtverletzungen vorliegen, beispielsweise mehrere voneinander abgrenzbare Prospektfehler, führt dies zu einer Differenzierung hinsichtlich des Verjährungsbeginns. Die kenntni-sabhängige Verjährungsfrist berechnet sich für jeden Fehler und für jeden Anleger gesondert.

Macht ein Anleger geltend, nicht über das Total-verlustrisiko aufgeklärt worden zu sein, nicht über mögliche Nachschusspflichten, nicht über Innenpro-visionen und nicht über die Fungibilität einer Betei-ligung, lassen sich diese Aspekte nicht unter dem Oberbegriff „Sicherheit der Anlage“ zusammenfas-sen und insoweit als unselbstständige Bestandteile einer einzigen Pflichtverletzung charakterisieren. Es handelt sich vielmehr um mehrere voneinander ab-grenzbare Gesichtspunkte, die Gegenstand eigen-ständiger Aufklärungs- und Beratungspflichten sein können.

Es kommt auch nicht darauf an, dass jede Pflichtver-letzung zu einem anderen Schaden geführt haben muss. Liegen mehrere Aufklärungs- oder Beratungs-fehler vor, kann der Verjährungsbeginn gleichwohl unterschiedlich sein, selbst wenn sich die Pflicht-verletzung im selben Schaden widerspiegelt. Dies-bezüglich wies der BGH am Ende der Entscheidung auch noch einmal ausdrücklich darauf hin, dass es grundsätzlich die Sache des Beraters und nicht des Anlegers ist, die für den Beginn der Verjährungsfrist maßgebenden Tatsachen vorzutragen und zu be-weisen.

FazitAnsprüche aus Beratungsverschulden, die zum 01.01.2002 noch nicht verjährt waren, konnten ggf. bis zum Jahresende 2011 geltend gemacht werden. Es kommt dabei auf die genaue Analyse des Sachverhaltes an und darauf, wann einem Anle-ger die Pflichtverletzung bekannt war oder bekannt sein musste. Liegen diese Umstände vor dem Jahr 2008 und kann dies gegenüber den Anlegern nach-gewiesen werden, waren Ansprüche im Jahr 2011 bereits verjährt.

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10.2. Mehrere Beratungsfehler: Verjährung ist für jede Pflichtverletzung gesondert zu prüfen(BGH, Urt. v. 22.09.2011, III ZR 186/10)

SachverhaltEin Anleger hatte sich im August 2003 an einem geschlossenen Immobilienfonds beteiligt. Der Emis-sionsprospekt wurde ihm erst einige Tage nach Zeichnung übergeben. Laut seinen Angaben sollte er - bezogen auf seinen Beteiligungsbetrag von 20.000,00 € - bis 2019 monatliche Ausschüttungen von 108,00 € erhalten. Die Ausschüttungen wurden im Dezember 2005 auf weniger als 50,00 € reduziert. Im Sommer 2008 erhob der Anleger Klage gegen zwei Beteiligte, die er Anfang 2009 auf zwei weitere Beteiligte erweiterte. Die im Jahr 2009 in Anspruch genommenen Beklagten verneinen, Pflichten ge-genüber dem Anleger verletzt zu haben. Sie beru-fen sich des Weiteren auf Verjährung. Spätestens als die Ausschüttungen im Dezember 2005 reduziert wurden, hätte der Anleger erkennen müssen, dass Ausschüttungen - wie anlegerseits behauptet - nicht in gleichbleibender Höhe bis 2019 geleistet werden würden.

Das Berufungsgericht hatte die Klage abgewiesen, weil mögliche Schadenersatzansprüche jedenfalls verjährt seien.

EntscheidungDer BGH hob die die Klage abweisende Entschei-dung auf. Der Umstand, dass ein Anlageinteres-sent den ihm überlassenen Emissionsprospekt nicht durchgelesen habe, genüge für sich allein nicht, um den Vorwurf einer grob fahrlässigen Unkenntnis von bei einer Prospektlektüre ersichtlichen Auskunfts- oder Beratungsfehlern zu begründen. Der Anleger, der bei seiner Entscheidung die besonderen Erfah-rungen und Kenntnisse eines Beraters oder Vermitt-lers in Anspruch nimmt, misse diesen Ratschlägen, Auskünften und Mitteilungen, die ihm in einem persönlichen Gespräch unterbreitet werden, beson-deres Gewicht bei.

Unterlasse der Anleger deshalb eine Kontrolle des Beraters oder Vermittlers durch Lektüre des Pro-spekts, so weise dies auf das bestehende Vertrau-

ensverhältnis hin. Es ist für sich allein genommen nicht schlechthin unverständlich oder unentschuld-bar und begründe den Vorwurf der groben Fahr-lässigkeit nicht. Ergänzend führte der BGH dann noch folgendes aus: Selbst wenn die Reduzierung der Ausschüttung ausnahmsweise Anlass gegeben hätte, den Prospekt bezüglich der Aussagen zu den laufenden Ausschüttungen durchzusehen, hätte dies lediglich dazu geführt, die Pflichtverletzung aufzudecken, die die Aussage betraf, Ausschüt-tungen würden in gleichbleibender Höhe bis 2019 geleistet. Ein Anleger sei in einem solchen Fall dann allerdings nicht gehalten, den Prospekt daraufhin durchzuarbeiten, ob auch noch weitere mündliche Erklärungen der Berater vom Prospekt abweichen. Soweit weitere Beratungsfehler und Verletzungen von Aufklärungspflichten im Raum stehen, beginnt die Verjährung für jeden einzelnen Beratungsfehler gesondert. Auch die Frage, ob ein Anleger in grob fahrlässiger Weise die Augen davor verschließt, den Beratungsfehler erkennen zu können, ist jeweils gesondert zu prüfen.

Das die Klage abweisende Urteil des Berufungsge-richts wurde deshalb aufgehoben und die Sache zur weiteren Aufklärung und Verhandlung zurückver-wiesen.

FazitDer BGH stellt erneut klar, dass die Verjährung eines Schadenersatzanspruches, der auf mehrere Fehler gestützt wird, nicht einheitlich beginnt, wenn be-züglich eines Fehlers Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis vorliegt. Die verjährungsrechtlich ge-sonderte Prüfung mehrerer Pflichtverletzungen setzt dabei auch nicht voraus, dass jede dieser Pflicht-verletzungen eigenständige oder zusätzliche Scha-densfolgen nach sich gezogen hat. Im Hinblick auf den Beginn der 10-jährigen kenntnisunabhängigen Verjährungsfrist stellt der BGH dann allerdings klar, dass ein Schadenersatzanspruch bereits mit dem unwiderruflichen und vollzogenen Erwerb der An-lage entstehen dürfte - und nicht etwa erst dann, wenn der Schaden spürbar ist, im konkreten Fall also mit dem Zeitpunkt der Reduzierung der Aus-schüttungen. Der auf einer Aufklärungs- oder Bera-tungspflichtverletzung beruhende Erwerb einer für den Anlageinteressenten nachteiligen, weil seinen konkreten Anlagezielen und Vermögensinteressen nicht entsprechenden Kapitalanlage stellt bereits für sich genommenen einen Schaden dar. Dies berech-tigt den Anleger - unabhängig von der ursprüng-lichen Werthaltigkeit der Anlage - im Wege des Schadenersatzes die Rückabwicklung zu verlangen. Dieser Anspruch entsteht bereits mit dem Erwerb der Anlage.

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10.3. Zur Frage der grob fahrlässigen Unkenntnis in Prospekthaftungs- und Anlageberatungsfällen (BGH, Urt. v. 27.09.2011, VI ZR 135/10)

SachverhaltEine Anlegerin machte aus eigenem und aus abge-tretenem Recht Ansprüche auf Schadenersatz we-gen zweier verschiedener Beteiligungen geltend. Zum einen ging es um eine Beteiligung als stille Gesellschafterin, die die Anlegerin selbst gezeichnet hatte. Zum anderen ging es um eine KG-Beteiligung, die die Anlegerin ihrer Tante empfohlen hatte.

Sowohl die AG, an der sich die Anlegerin als stil-le Gesellschafterin beteiligt hatte, als auch die KG, bei der die AG Komplementärin war, sind insolvent. Die Anlegerin nahm den Vorstand der früheren AG persönlich in Anspruch. Sie erhob den Vorwurf, die Planzahlen in beiden Beteiligungsprospekten seien völlig unrealistisch. Der Prospekt deshalb fehlerhaft.

Der Vorstand wandte u.a. ein, dass die Ansprüche verjährt seien.

EntscheidungNach § 199 Abs. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist, soweit nicht ein anderer Verjäh-rungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubi-ger von den den Anspruch begründenden Umstän-den und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Grob fahrlässige Unkenntnis liegt vor, wenn einem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt und nicht beachtet hat. Umstände, die einen Anspruch begründen, müssen sich förmlich aufgedrängt ha-ben und der Gläubiger muss trotzdem die Augen verschlossen haben.

In Prospekthaftungs- und Anlageberatungsfällen liegt eine grob fahrlässige Unkenntnis im Allge-meinen nicht schon dann vor, wenn sich die für die Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände eine Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung notwendigen Informationen aus dem Anlagepro-spekt ergeben und der Anleger dessen Lektüre un-terlassen hat. In einem solchen Fall kommt es auf die tatsächlichen Umstände an. Wann wurde ein Prospekt ausgehändigt? Sind die Angaben im Prospekt verständlich? Gab es ein persönliches Gespräch mit dem Berater und Vermittler, in dem der Berater oder Vermittler möglicherweise vom Prospekt abweichende Aussagen getätigt hat?

Vertraut ein Anleger auf den Rat und die Angaben seines Beraters oder Vermittlers und sieht er deshalb davon ab, den ihm übergebenen Anlageprospekt durchzusehen und auszuwerten, so ist darin im Allgemeinen weder in objektiver noch subjektiver Hinsicht „grobes Verschulden gegen sich selbst“ zu sehen.

Im konkreten Fall war auch nicht eindeutig festzu-stellen, ob die Anlegerin eine bestimmte Prospekt-seite mit maßgeblichen Angaben gelesen hatte und ihr dabei hätten Unstimmigkeiten auffallen müssen. Dagegen sprach, dass die Anlegerin wohl kaum ihrer Tante die Anlage empfohlen hätte, wenn ihr irgendwelche Unstimmigkeiten aufgefallen wären.

Der BGH weist sodann noch auf folgendes hin:

Ein Prospekt dient vorrangig der Information des Anlageinteressenten im Zusammenhang mit der eigenen Anlageentscheidung. Dieser Zweck ist mit dem unwiderruflich gewordenen Erwerb der Anlage erfüllt. Die eigentliche Funktion des Prospektes ist es hingegen nicht, die Richtigkeit der im Rahmen eines mündlichen Beratungs- oder Vermittlungsgesprächs gemachten Angaben lange Zeit nach der eigenen Anlageentscheidung kontrollieren zu können.

Da noch Feststellungen tatsächlicher Art zu treffen waren, verwies der BGH den Rechtsstreit zurück in die Berufungsinstanz.

FazitDas Urteil stellt erneut klar, dass ein Anleger auf Angaben seines Beraters oder Vermittlers vertrauen darf, auch wenn der Prospekt Gegenteiliges besa-gen sollte. Es ist nicht grob fahrlässig, sich auf das Beraterwort zu verlassen und den Prospekt darauf-hin nicht durchzuarbeiten.

Das Urteil enthält des Weiteren Hinweise zum pri-

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mären Zweck eines Beteiligungsprospektes. Dieser dient dazu, den Anleger über Chancen und Risiken seiner von ihm beabsichtigten Anlageentscheidung zu informieren. Der Anleger muss nicht zwingend Rückschlüsse treffen, wenn er längere Zeit nach seiner eigenen Beteiligung einen anderen Beteili-gungsprospekt einer neuen Beteiligungsgesellschaft erhält. Dies gilt selbst dann, wenn anhand des neuen Beteiligungsprospektes bestimmte Rückschlüsse auf eine frühere Beteiligung, für die mittels eines anderen Prospektes geworben wurde, möglich sind.

10.4. Zur Verjährungshemmung durch Zustellung eines Mahnbescheids bei mehreren behaupteten Pflichtverletzungen (OLG München, Beschl. v. 20.07.2011, 19 W 984/11)

SachverhaltKern dieses Rechtsstreits waren Ansprüche aus Schadenersatz und ungerechtfertigter Bereicherung aus einem Darlehensvertrag des Jahres 1990. Der Anspruchsgegner hatte im Oktober 2004 auf die Er-hebung der Einrede der Verjährung verzichtet und später die Vereinbarung über diesen Verzicht ge-kündigt. Der Anleger, der über einen Zeitraum von mehr als 10 Jahren durch einen in Anlegerrechts-streitigkeiten versierten Rechtsanwalt vertreten war, beantragte im Oktober 2009 den Erlass eines Mahnbescheids. Der Anspruch im Mahnbescheid wurde mit „Schadenersatz und ungerechtfertigter Bereicherung aus Darlehensvertrag vom 21.12.90“ beziffert. Das Landgericht hat die Erfolgsaussichten der Klage verneint und den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen.

EntscheidungDas OLG München bestätigt das Ergebnis des Land-gerichts. Die einzelnen vom Anleger behaupteten Pflichtverletzungen bedürften jeweils gesonderter Betrachtung. Eine Klage wegen einer Pflichtverlet-zung a) unterbreche nicht die Verjährung wegen ei-ner Pflichtverletzung b).

Für eine Verjährungsunterbrechung mittels Mahn-bescheids ist des Weiteren erforderlich, dass der geltend gemachte Anspruch hinreichend indivi-dualisiert wird. Ein Text in einem Mahnbescheid „Schadenersatz und ungerechtfertigte Bereicherung aus Darlehensvertrag vom 21.12.90“ ist für sich genommen zu einer Individualisierung einzelner konkreter Pflichtverletzungen und damit zu einer Verjährungsunterbrechung bezogen auf einzelne Pflichtverletzungen nicht geeignet. Zwar ist es aus-reichend, wenn im Mahnbescheid auf Rechnungen oder andere Unterlagen Bezug genommen wird, die dem Antragsgegner bekannt sind. Eine solche

Individualisierung, aus der sich konkrete individuelle Pflichtverletzungen ergeben, ist aber erforderlich. Hier kann es dann darauf ankommen, ob auf bloße reklamehafte Anpreisungen Bezug genommen wird, die keinen konkret fassbaren Tatsachenkern auf-weisen oder ob unrichtige Angaben zu einem An-lageobjekt vorliegen, die das Tatbestandsmerkmal einer Täuschung begründen können. Angaben, die Eigentumswohnung sei „bankgeprüft“ oder „eine bombensichere Altersversorgung“ oder „die Woh-nung kann in fünf Jahren mit Gewinn“ veräußert werden, sind bloße reklamehafte Anpreisungen. Konkret war im vorliegenden Fall der Vorwurf, eine Innenprovision von 20 % sei verschwiegen worden. Dieser Umstand wurde allerdings erst im November 2010 behauptet, also nicht im Vorfeld des Mahn-bescheidsantrages. Dem anwaltlichen Vertreter des Anlegers waren nun allerdings seit 2001 konkrete Anhaltspunkte bekannt, aus denen eine Methode der versteckten Innenverprovisionierung abzuleiten war. Dieses Wissen will sich der Anleger gem. § 166 BGB zurechnen lassen. Jedenfalls sei es grob fahr-lässig, wenn der Anwalt nicht der naheliegenden Frage nachgeht, ob auch im vorliegenden Fall ent-sprechend verfahren wurde.

FazitDie Entscheidung fasst mehrere für die Verfolgung von Kapitalanlegerschadenersatzansprüchen wichtige Punkte zusammen: Werden Ansprüche mittels Mahnbescheides geltend gemacht und soll der Mahnbescheid die Verjährung unterbrechen, muss der geltend gemachte Anspruch hinreichend indi-vidualisiert sein. Dies ist insbesondere auch erfor-derlich, wenn verschiedene Pflichtverletzungen im Raum stehen, denn für jede Pflichtverletzung kann unter Umständen die Verjährung gesondert zu laufen beginnen. Wichtig ist das Vorbringen von konkreten Tatsachen, nicht nur von reklamehaften Anpreisungen.

10.5. Zur Verjährung des Auskunftsanspruchs über Vertriebs- und Vertriebsfolgeprovisionen aus einem Anlageberatungsvertrag (AG Heidelberg, Urt. v. 28.07.2010, 29 C 139/10)

SachverhaltEin Anleger macht gegen seine Bank Auskunfts-ansprüche im Zusammenhang mit einem Anlage-beratungsvertrag geltend. Er erhielt eine größere Summe aus einer Lebensversicherung auf sein Giro-konto. Ein Bankkundenbetreuer bot ihm telefonisch an, ihn hinsichtlich der Anlage des Geldbetrages zu beraten. Knapp 4 ½ Jahre später forderte der Bank-kunde seine Bank auf, über die Vertriebs- und Ver-triebsfolgeprovisionen sowie sonstige Vergütungen und wirtschaftlichen Vorteile, die sie im Zusammen-

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hang mit Anlagegeschäften erhalten hat, Auskunft zu erteilen. Die Bank rügte die örtliche Zuständigkeit und berief sich auf Verjährung.

Die EntscheidungDas Gericht stellte klar, dass die Pflichten aus einem Anlageberatungsvertrag dort zu erfüllen sind, wo die Beratung maßgeblich stattgefunden hat. Wenn dies nicht am Sitz einer Bank, sondern in einer Nie-derlassung geschehe, sei auch am Gerichtsstand der Niederlassung ein Gerichtsstand gegeben.

Des Weiteren bejahe das Gericht einen Auskunfts-anspruch gem. § 666 BGB. Banken müssen über Rückvergütungen/Provisionen aufklären, die der Bank aus den Ausgabeaufschlägen und Verwal-tungsgebühren zufließen. Die Aufklärung sei gebo-ten, da sich die beratende Bank in einem Interessen-konflikt befindet und der Beratene erst bei Angabe der Höhe der Provision erkennen kann, dass die Bank ein wirtschaftliches Eigeninteresse an Zeich-nungsabschlüssen haben könnte und möglicher-weise bestimmte Anlageempfehlungen nicht allein im Kundeninteresse nach den Kriterien der anleger- und objektgerechten Beratung abgegeben werden, sondern zumindest auch im eigenen Interesse der Bank, möglichst hohe Rückvergütungen/Provisionen zu erhalten.

Dass Provisionen auch seitens Dritter fließen können, musste sich einem Bankkunden nicht aufdrängen. Der Auskunftsanspruch war somit nicht verjährt. Die Bank wurde zur Auskunftserteilung verpflichtet.

FazitDie Entscheidung stellt noch einmal klar, dass es in der Bevölkerung gerade nicht bekannt ist, dass Banken hinter dem Rücken ihrer Kunden Rückver-gütungen und möglicherweise weitere Vorteile er-halten. Bevor dieser Umstand als allgemein bekannt gelten dürfte, werden Banken wie auch freie Fi-nanzdienstleister zur umfassenden Offenlegung ih-rer Vergütung und weiterer Vorteile kraft Gesetzes verpflichtet sein.

10.6. Zur Frage, wann Schadenersatzansprüche wegen vom Anleger behaupteter Falschbera-tung verjähren hier: Grobfahrlässiges Nichter-kennen der Schieflage eines Fonds (LG Köln, Urt. v. 26.05.2011, 15 O 387/10)

SachverhaltEin Anleger hatte sich im Jahr 2000 am Filmfonds Cinerenta III beteiligt. In den Jahren 2001 bis 2003 erhielt der Anleger Ausschüttungen. Ab 2004 blie-ben die Ausschüttungen aus. Seit 2002 wurde in Geschäftsberichten der Fondsgesellschaft auf die schwierige wirtschaftliche Situation hingewiesen. Der Anleger reichte Ende 2010 gegen den die Betei-ligung anbietenden Anlagevermittler Klage wegen Pflichtverletzungen ein. Dieser verneinte, Pflichten verletzt zu haben und berief sich höchst vorsorglich auf die Einrede der Verjährung.

EntscheidungDas Landgericht Köln wies die Klage ab. Ein An-spruch auf Schadenersatz aus Prospekthaftung im engeren Sinn lag von vornherein nicht vor, denn der Vermittler gehörte nicht zu den Haftungsadressaten für Ansprüche aus der Prospekthaftung im engeren Sinn.

In Betracht kam mithin nur eine Haftung wegen fehlerhafter Anlageberatung bzw. Prospekthaftung im weiteren Sinn. Hier monierte das Gericht, dass der Anleger nicht substantiiert vorgetragen habe, welche Pflichten vom Vermittler verletzt worden sein sollten. Der Vortrag belege auch nicht, dass der Prospekt fehlerhaft gewesen sei. Die Vorwürfe, die der Anleger erhob, beträfen nicht Unrichtigkeiten des Prospektes, sondern bezogen sich auf den Vor-wurf, das vorgestellte Anlagekonzept sei tatsächlich nicht durchgeführt worden. Soweit Ansprüche auch darauf gestützt wurden, der Vermittler habe nicht umfassend über Sicherheiten und Verlustrisiken der Beteiligung aufgeklärt, hielt das Gericht etwaige Pflichtverletzungen jedenfalls für verjährt. Nachdem ab dem Jahr 2004 die prognostizierten Ausschüt-tungen ausgeblieben waren und in den Geschäfts-berichten und Gesellschafterversammlungen der Fondsgesellschaft seit 2002 die wirtschaftlichen Pro-bleme diskutiert worden waren, hätte der Anleger spätestens ab 2005, allerspätestens aber ab 2006 die Schieflage des Fonds erkennen können und damit auch die Realisierung von Risiken, über die angeblich nicht aufgeklärt worden war. Schon mit dem wiederholten Ausbleiben der Ausschüttungen müsse ein Anleger annehmen, dass angeblich an-preisende Angaben falsch waren und ein Prospekt die wirtschaftliche Seite des Fonds unzutreffend dargestellt habe.

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Deshalb sei schon das dauerhafte Ausbleiben der prognostizierten Ausschüttungen ausschlaggebend für den Vorwurf grob fahrlässiger Nichtkenntnis. Hier kamen noch die Geschäftsberichte hinzu, in denen der Anleger sogar bereits seit 2002 über die schwierige Situation in Kenntnis gesetzt worden war.

FazitAus den veröffentlichten Entscheidungsgründen er-gibt sich nicht im Einzelnen, wie substantiiert der Vortrag des Anlegers war. Die Ausführungen zum Vorwurf der grob fahrlässigen Nichtkenntnis über-zeugen. Ein Anleger, der die Schieflage seines Fonds erkennen kann und meint, über sich auftuende Risiken nicht ausreichend informiert worden zu sein, sollte zeitnah handeln und nicht mehrere Jahre ins Land gehen lassen.

10.7. Zur Frage, wann Auskunftsansprüche aus einem Vermögensverwaltungsvertrag verjähren (LG Karlsruhe, Urt. v. 22.10.2010, 5 O 229/10)

SachverhaltZwischen einem Investor und einem Vermögensver-walter bestand ein Vermögensverwaltungsvertrag. Die Verwaltung sollte im Rahmen näher vereinbarter Anlagerichtlinien erfolgen. Der Vermögensverwalter übergab dem Investor einen Ratgeber „Basisinfor-mationen über Vermögensanlagen in Wertpapie-ren“. Dort hieß es u.a., dass im Zusammenhang mit der Durchführung der Aufträge möglicherweise Dritte Geldzahlungen an die Bank leisten oder die-ser geldwerte Vorteile gewähren. Der Investor zahl-te für die Vermögensverwaltung jährliche Vergü-tungen in unterschiedlicher Höhe. Nach Kündigung der Geschäftsbeziehung forderte er Auskunft da-rüber, ob und in welcher Höhe der Vermögensver-walter Provisionen, Rückvergütungen oder sonstige geldwerte Vorteile erhalten bzw. an Dritte gewährt hat. Der Vermögensverwalter berief sich darauf, mit Übergabe des Ratgebers „Basisinformation“ sei-ne Auskunftspflicht erfüllt zu haben und dass im Übrigen nach Abwicklung der Geschäfte kein wei-tergehender Anspruch bestünde. Der Auskunfts-

anspruch ziele auch allein darauf ab, ein etwaiges pflichtwidriges Verhalten zu erforschen und hierauf Schadenersatzansprüche zu stützen. Eine solche Unterstützung müsse der Vermögensverwalter je-doch nicht leisten.

Die EntscheidungDas Gericht sah dies anders. Sowohl im Hinblick auf den Vermögensverwaltungsvertrag als auch die Tätigkeit im Zusammenhang mit dem son-stigen Geldvermögen des Investors ist der Vermö-gensverwalter gem. §§ 675, 666 BGB zur Auskunft verpflichtet (Auskunfts- und Rechenschaftspflicht). Nach § 666 BGB ist ein Beauftragter verpflichtet, dem Auftraggeber die erforderlichen Nachrichten zu geben, auf Verlangen über den Stand des Geschäfts Auskunft zu erteilen und nach Ausführung des Auftrags Rechenschaft abzulegen.

Der Investor hat ein Interesse daran zu erfahren, ob der Vermögensverwalter neben der vereinbarten Vergütung für die Vermögensverwaltung von dritter Seite geldwerte Vorteile erhalten hat. Daraus kann er erkennen, ob der Vermögensverwalter bei den einzelnen Anlageentscheidungen ausschließlich das Interesse des Investors verfolgte oder auch eigene Interessen. Die Erteilung der Nachrichten ist auch nicht unzumutbar. Ein Grundsatz, dass eine beste-hende Auskunftspflicht ihre Grenzen findet, wenn durch die Auskunftserteilung die Durchsetzung von Ansprüchen gegenüber dem Auskunftspflichtigen unterstützt wird, existiert nicht. Mittels der Broschüre „Basisinformationen über Vermögensanlagen in Wertpapieren“ sei das Auskunftsbegehren nicht ge-stillt. Der Investor hat Anspruch darauf zu erfahren, welche Vorteile tatsächlich erzielt wurden, nicht, dass möglicherweise geldwerte Vorteile geflossen sind.

Schließlich ging das Gericht noch auf die Verjäh-rungsfrage ein. Die Ansprüche aus § 666 BGB ver-jähren gem. § 195 BGB in drei Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Ende des Jahres der Anspruchsent-stehung. Ein Anspruch auf Auskunft über einzelne Geschäfte entsteht nicht mit dem Abschluss des Geschäfts, sondern erst mit dem erstmaligen Aus-kunftsverlangen.

FazitDie Entscheidung steht in einer Linie mit dem vie-lerorts beschriebenen Postulat, Anlegerschutz und Transparenz weiter zu steigern. Für Auskunftsver-pflichtete kann sie bedeuten, auch noch Jahre spä-ter Informationen zusammentragen und Auskunft erteilen zu müssen. Ratsam erscheint es deshalb, von Anfang an „mit offenen Karten“ zu spielen.

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11. Gerichtsstand

Deutscher Anleger kann amerikanische Rating-agentur in Deutschland verklagen (OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 28.11.2011, 21 U 23/11)

SachverhaltEin Anleger hatte im März 2008 Zertifikate von Leh-man-Brothers erworben. Mit der Begründung, er habe seine Kaufentscheidung ganz wesentlich auf die Einschätzung der Kreditwürdigkeit von Lehman-Brothers durch eine Ratingagentur gestützt, nimmt er in Frankfurt die Ratingagentur auf Schadenersatz in Anspruch. Sitz der Ratingagentur ist New York. Das Landgericht Frankfurt am Main hatte die ört-liche und internationale Zuständigkeit verneint.

EntscheidungDas OLG Frankfurt hob das die Klage als unzulässig abweisende Urteil der Vorinstanz auf. Die örtliche und damit auch internationale Zuständigkeit folge daraus, dass der Anleger seinen gewöhnlichen Auf-enthalt und Wohnsitz in Deutschland habe und er deutscher Staatsbürger sei. Die Beklagte könne in Frank-furt verklagt werden, auch wenn sie in Deutschland keinen Wohn- bzw. Geschäftssitz habe, denn sie habe im Bezirk des Landgerichts Frankfurt Vermögen (in Form von Abonnementverträgen mit Frankfurter Unternehmen).

FazitDas Urteil ist noch nicht rechtskräftig und es bleibt abzuwarten, ob die Frage der internationalen Zu-ständigkeit deutscher Gerichte erst noch durch den BGH entschieden werden muss. Würde diese erste Hürde genommen, wird es erneut spannend wer-den: Der Einfluss von Ratingagenturen ist enorm. Die aktuelle Finanzmarktkrise lieferte hierfür etli-che Beispiele ab. Welche Sorgfaltspflichten müssen Ratingagenturen aber bei Erstellung ihrer Bewer-tungen beachten? Und sind Anleger tatsächlich in den Schutzbereich solcher Einschätzungen einbe-zogen? Wer hat dann was darzulegen und zu be-weisen? Dies sind nur einige von vielen Fragen, um deren Bewertung es geht, wenn sich ein deutsches Gericht auch materiellrechtlich mit einer solchen Klage zu befassen hat.

II. Anlegerrechte und Anlegerpflichten (einschl. Anlegerhaftung und Nachschusspflichten)

Der Erwerb jeder Kapitalanlage ist mit dem Ab-schluss eines oder mehrerer Verträge verbunden. Aus dem Abschluss von Verträgen resultieren glei-chermaßen Rechte wie Pflichten. Bestimmte Pflich-ten ergeben sich wiederum aus dem Gesetz. Sofern nichts anderes im Einzelfall vereinbart ist, haften beispielsweise BGB-Gesellschafter unbeschränkt und mit ihrem gesamten Vermögen. Kommandi-tisten haften zwar beschränkt. Ihre Haftung kann aber unter bestimmten Umständen wieder aufle-ben, wenn Ausschüttungen geleistet werden, die nicht durch Gewinne der Gesellschaft erwirtschaftet wurden. Aus den Besonderheiten der jeweiligen Ka-pitalanlage ergeben sich auch die Risiken, die der Anleger des Weiteren zu tragen hat. In jüngerer Zeit beschäftigte die Rechtsprechung Fragen, unter welchen Voraussetzungen Anleger Anspruch darauf haben, Namen und Adressen der Mitgesellschafter zu erfahren. Die Frage bekommt vor allem dann besondere Relevanz, wenn Anleger nur mittelbar über Treuhänder Beteiligungen erworben haben. In diesem Zusammenhang stellt sich dann auch immer wieder die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Treuhänder Freistellung von seiner Haftung fordern kann oder diesen Freistellungsanspruch an den Gläubiger abtreten kann.

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1. Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen Treugeber einer Publikums-Personengesell-schaft Ansprüche auf Bekanntgabe anderer Treugeber haben und zugleich zur Frage, ob dies einschränkungslos gilt (BGH, Urt. v. 11.01.2011, II ZR 187/09)

SachverhaltAnleger waren mittelbar über eine Treuhandkom-manditistin an zwei Publikums-Personengesell-schaften in der Rechtsform der GmbH & Co. KG beteiligt. Die Anleger hatten mit der Treuhand-kommanditistin gleichlautende Treuhand- und Ver-waltungsverträge geschlossen. Dieser enthielt - für beide Fondsgesellschaften übereinstimmend - u.a. Regelungen zur Versammlung der Anleger (Treu-geber), zur Beschlussfassung der Anlegerversamm-lung, zur Neuwahl eines Treuhänders und zur Befug-nis der Anleger, zwei Beiratsmitglieder für den Beirat der Fondsgesellschaft zu wählen. Die Treuhandkom-manditistin ist in einem solchen Fall verpflichtet, auf der Gesellschafterversammlung der Gesellschaft diese Personen als Mitglied des Beirats zu wählen.

Der Treuhand- und Verwaltungsvertrag enthielt die Klausel, dass u.a. auf Verlangen von Anlegern, die zusammen über mindestens 25 % des von der Treu-handkommanditistin gehaltenen und/oder verwal-teten Kapitals verfügen, mindestens einmal jährlich, regelmäßig im engen zeitlichen Vorlauf zur ordent-lichen Gesellschafterversammlung eine Anlegerver-sammlung einzuberufen ist.

Die Anleger forderten von der Treuhandkomman-ditistin, ihnen jeweils eine Aufstellung sämtlicher Namen und Adressen der Treugeber zu übersenden, soweit nicht einzelne Anleger ausdrücklich einer Weitergabe ihrer Daten an Mittreugeber widerspro-chen hätten. Die Treuhandkommanditistin lehnte dies ab und berief sich auf eine andere Klausel im Treuhand- und Verwaltungsvertrag, in der es hieß, dass die Treuhänderin gegenüber Dritten - mit Aus-nahme der Finanzverwaltung und der Gesellschaft - die treuhänderische Beteiligung des Treugebers an der Gesellschaft nur mit dessen ausdrücklicher und schriftlicher Zustimmung offenlegen darf, soweit eine Offenlegung nicht zwingend gesetzlich vorge-schrieben ist.

EntscheidungDer BGH sprach den Anlegern ein Auskunftsrecht zu. Dieses stehe auch Anlegern zu, die sich als Treu-geber über eine Treuhandkommanditistin an einer Publikumsgesellschaft in Form einer KG beteiligt ha-ben, wenn die Anleger aufgrund der im konkreten Fall getroffenen vertraglichen Vereinbarungen im

Innenverhältnis eine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts bilden.

Der BGH knüpfte hierbei an seinen Beschluss vom 21.09.2009 an (II ZR 264/08). In den Verträgen, die die Anleger mit der Treuhandkommanditistin jeweils abgeschlossen hatten, seien die vertraglichen Ver-einbarungen darauf gerichtet, durch Beitragslei-stung einen gemeinsamen Zweck zu fördern. Da-bei genügt es, wenn sich diese Beitragspflicht aus dem Halten der Beteiligung ergibt und den Treuge-bern Rechte eingeräumt sind, die über die Rechte des einzelnen Anlegers unmittelbar gegenüber der Treuhänderin hinausgehen und sich auch von den Rechten der Gesellschafterversammlung der Gesell-schafter der Fondsgesellschaft unterscheiden.

Jedenfalls in einem solchen Fall bestehe auch nicht automatisch ein Anspruch des Treugebers auf An-onymität. Der BGH lässt offen, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen ein Geheimhaltungsinte-resse überwiegen kann. Wenn wie hier die Anleger eine Anleger-Innengesellschaft bilden, gelten die Auskunftspflichten aus § 716 Abs. 1 BGB. Daraus folgt der Anspruch auf Mitteilung von Namen und Adressen der Mitgesellschafter. Sind die Namen und Anschriften in einer Datenverarbeitungsanlage ge-speichert, kann der Gesellschafter zum Zwecke der Unterrichtung einen Ausdruck über die geforderten Informationen verlangen. Das Recht, in einer Perso-nengesellschaft Name und Anschrift seiner Mitge-sellschafter zu erfahren, kann im Übrigen auch nicht wirksam ausgeschlossen werden, denn es gehört zum unverzichtbaren Kernbereich der Gesellschaf-terrechte in der Personengesellschaft, die Vertrags-partner zu kennen.

FazitDer BGH widerspricht mit dieser Entscheidung den rechtlichen Überlegungen des OLG Hamburg, welches den Auskunftsanspruch im Jahr 2009 ver-neint hatte. Das maßgebliche Kriterium für den BGH ist die gesellschaftsrechtliche Verbindung der Anleger im Sinne einer Innengesellschaft. Längst nicht jeder Treuhandvertrag enthält allerdings solche speziellen Regelungen betreffend Sonderrechte und besonde-re Förder- oder Verwaltungspflichten von Treuge-bern. Soweit Anleger keine BGB-Innengesellschaft bilden und deshalb primär Auftragsrecht gilt, ist es nach wie vor denkbar, dass Auskunftsansprüche aus einem solchen Treuhandverhältnis wirksam ab-bedungen werden. Der BGH musste darüber nicht befinden, weil diese Frage für den zu beurteilenden Rechtsstreit irrelevant war. Es wird mithin auch künftig darauf ankommen, die Regelungen der Treuhandverträge jeweils im Einzelfall eingehend

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zu analysieren sowie bei künftigen Vertragsgestal-tungen die vom BGH aufgestellten Grundsätze mit einzubeziehen.

2. Zur Frage, ob Treugeber einer Publikums-KG Anspruch auf Nennung von Namen und An-schriften von Mittreugebern und der unmittel-baren Gesellschafter haben (LG Aachen, Urt. v. 11.06.2010, 8 O 466/09)

SachverhaltViele Publikums-Personengesellschaften bieten Bei-trittswilligen die Möglichkeit, sich entweder unmittel-bar als Gesellschafter oder mittelbar über einen Treuhand-gesellschafter zu beteiligen. Manche Gesellschaften eröffnen sogar nur die Möglichkeit einer mittelbaren Beteiligung. In den Treuhandverträgen ist dann häu-fig bestimmt, dass Treugeber keinen Anspruch da-rauf haben, dass der Treuhänder Angaben über die Übrigen Treugeber macht und anderen Personen als dem persönlich haftenden Gesellschafter oder dem Geschäftsbesorger der Publikums-Personengesell-schaft keine Auskünfte über die Beteiligung und die Eintragung im Treugeberregister erteilt werden darf. Eine solche Regelung war auch im Treuhandvertrag enthalten, über den das Landgericht Aachen zu be-finden hatte. Mehrere Treugeber strebten die Ein-berufung einer Gesellschafterversammlung eines in der Rechtsform einer KG errichteten geschlossenen Immobilienfonds an. Sie forderten die Treuhand-kommanditistin auf, Auskunft über die weiteren Gesellschafter und Treugeber zu erteilen. Die Treu-handkommanditistin lehnte dies ab.

EntscheidungDas Landgericht Aachen bejahte einen Anspruch der Treugeber auf Nennung der Namen und An-schriften der Mittreuhänder und der unmittelbaren Gesellschafter der Kommanditgesellschaft. Aus-kunftspflichtig seien sowohl die Treuhandkomman-ditistin als auch die Gesellschaft selbst sowie deren Komplementär. Die Auskunft sei erforderlich, da-mit die Treugeber ihre mitgliedschaftlichen Rechte wahrnehmen können und eine außerordentliche Gesellschafterversammlung einberufen können, für die laut Gesellschaftsvertrag ein Antrag erforder-lich ist, der von Gesellschaftern und Treugebern zu stellen ist, die mindestens 10 % des Gesellschafts-kapitals vertreten. Es sei keineswegs ausreichend, dass die Treugeber bei den Gesellschafterversamm-lungen mit anderen anwesenden Treugebern und Kommanditisten in Kontakt treten und auf diesem Weg Namen und Adressen erfahren könnten. Ein Verweis darauf, dass ein laut Gesellschaftsvertrag vorgesehener Verwaltungsrat eine außerordentliche Gesellschafterversammlung einberufen kann, helfe

nicht weiter, denn es müsse den Treugebern selbst die Möglichkeit eröffnet werden, die Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung zu initiieren. Datenschutzrechtliche Gesichtspunkte rechtfertigen nicht, die begehrten Auskünfte zu ver-weigern. Der Treuhandkommanditistin - bei ihr han-delte es sich um eine Steuerberatungsgesellschaft - könne die Auskünfte auch nicht unter Hinweis auf § 57 Steuerberatungsgesetz verweigern. Die Pflicht zur Verschwiegenheit nach § 57 Abs. 1 Steuerbera-tungsgesetz sei zwar weit gefasst und erstrecke sich auf alles, was dem Steuerberater in Ausübung sei-nes Berufs oder bei Gelegenheit der Berufstätigkeit anvertraut oder bekannt worden ist und soweit es die Verhältnisse des Auftraggebers betrifft. Die Treu-handkommanditistin habe die personenbezogenen Daten der Treugeber allerdings nicht im Rahmen ih-rer steuerberatenden Tätigkeit erlangt.

FazitDie Frage, ob mittelbar beteiligte Gesellschafter ei-nen Auskunftsanspruch dahingehend haben, Na-men und Anschriften von Mitgesellschaftern und Mittreugebern zu erhalten, ist noch immer sehr umstritten. Auch gegen die Entscheidung des LG Aachen wurde Berufung eingelegt (OLG Köln, 9 U 147/10). Das OLG Hamburg hatte ein knappes Jahr zuvor entschieden, dass Treugeber einer Publikums-KG einen solchen Anspruch nicht hätten (vgl. Urt. v. 26.06.2009, 11 U 75/09). Das Urteil des OLG Ham-burg hat der BGH aufgehoben (vgl. das vorstehende Urteil) und damit auch dem Aachener Gericht den Rücken gestärkt.

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3. Zur Frage der Haftung von Treugebern einer KG und zur Frage der unmittelbaren Inanspruchnahme der Treugeber (BGH, Urt. v. 22.03.2011, II ZR 224/08 u.a.)

SachverhaltDie verschiedenen BGH-Urteile vom 22.03.2011 betreffen Klagen der Insolvenzverwalter verschie-dener Falk-Fonds. Die Klagen richteten sich gegen Treugeber, die über Treuhandkommanditisten an Falk-Fonds beteiligt waren und Ausschüt-tungen erhielten, die überwiegend nicht durch Gewinne der Fondsgesellschaften gedeckt waren. In den Treuhandverträgen war - wie generell üblich - die Freistellung der Treuhandkommanditisten von An-sprüchen durch Dritte vereinbart. Die Treuhandkom-manditistinnen hatten diesen Freistellungsanspruch an die Insolvenzverwalter abgetreten.

EntscheidungDer BGH bejahte einen Anspruch der Insolvenzver-walter aus abgetretenem Recht auf Rückzahlung von Ausschüttungen, soweit dadurch die Einlagen der Anleger zurückgewährt wurden.

Nach § 172 Abs. 4 HGB gilt eine Einlage Gläubigern gegenüber als nicht geleistet, soweit sie zurückbe-zahlt wird. Das gleiche gilt, soweit ein Kommanditist Gewinnanteile entnimmt, ohne dass der Entnahme entsprechende tatsächliche Gewinne erzielt wor-den sind. Die gesetzliche Haftung des Kommandi-tisten für Schulden der Gesellschaft trifft bei Treu-handgestaltungen nur den unmittelbar beteiligten Treuhandkommanditist. Da dieser jedoch verlangen kann, dass in die Anleger von seiner Haftung frei-stellen und er diesen Anspruch abzutreten berech-tigt ist, kann ein Insolvenzverwalter, an den der Freistellungsanspruch abgetreten ist, die Anleger unmittelbar in Anspruch nehmen. Sie sind zur Zah-lung in Höhe der Ausschüttungen verpflichtet, so-weit diese zur Rückgewähr der Kommanditeinlagen geführt haben.

FazitDie verschiedenen Urteile ziehen einen - vorläufigen - Schlussstrich unter die kontrovers geführten Dis-kussionen, ob und unter welchen Voraussetzungen Anleger zur Rückzahlung von Ausschüttungen ver-pflichtet sind. Verschiedene Instanzgerichte hatten den Klagen der Insolvenzverwalter stattgegeben. Andere hatten sie abgewiesen und den Anlegern jedenfalls teilweise Gegenansprüche auf Schaden-ersatz zugestanden, mit denen die Anleger die Auf-rechnung erklären konnten. Diesen Einwand hat der BGH als nicht durchgreifend erachtet.

4. Zur Auslegung von Abstimmungsregeln im Gesellschaftsvertrag einer Publikums-KG(BGH, Urt. v. 19.07.2011, II ZR 153/09)

SachverhaltZwei Anleger sind als unmittelbare Kommanditisten an einem geschlossenen Immobilienfonds in der Rechtsform einer KG beteiligt. Im Gesellschaftsver-trag ist geregelt, dass über bestimmte Beschlussge-genstände nicht die Mehrheit der abgegebenen, sondern die Mehrheit der anwesenden Stimmen entscheidet. Die geschäftsführende Kommanditistin schlug den Gesellschaftern vor, einen Beschluss über die Änderung des Gesellschaftsvertrages zu fassen. Dafür bedurfte es einer Mehrheit von 75 % der an-wesenden Stimmen bzw. 75 % der abgegebenen Stimmen. An der Abstimmung hatten sich über 71 % der Gesamtheit der Gesellschafter beteiligt. Die Be-schlüsse wurden mit einer Mehrheit von über 86 % gefasst. Es ging nun um die Frage, ob damit die er-forderliche Mehrheit zustande gekommen war.

EntscheidungDer BGH führte zunächst aus, dass es bei einer Präsenzversammlung auf eine ¾-Mehrheit der an-wesenden Stimmen ankommt. Bei schriftlicher Beschlussfassung müsse durch Auslegung ermit-telt werden, ob mit der Mehrheit der anwesenden Stimmen die Mehrheit aller teilnahmeberechtigten oder die Mehrheit der teilnehmenden Gesellschaf-ter gemeint ist. Im konkreten Fall sei die Mehrheit der anwesenden Stimmen als Mehrheit aller teilneh-menden Gesellschafter zu verstehen. Hätte es auf die Mehrheit aller Gesellschafter ankommen sollen, hätte dies im Gesellschaftsvertrag geregelt werden müssen. Da von den teilnehmenden Gesellschaftern 86 % für eine Änderung des Gesellschaftsvertrages gestimmt hätten, sei die notwendige ¾-Mehrheit erreicht worden.

FazitAuch wenn es hier um die objektive Auslegung eines konkreten Gesellschaftsvertrages ging, zeigt die Entscheidung die große Wichtigkeit, möglichst von vornherein klare und eindeutige Regelungen zu treffen, damit es gar nicht erst zu Auslegungsfragen

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kommt. Dies gilt im Übrigen auch im Hinblick auf die Frage eines Passivlegitimierten. Die Nichtigkeit von Beschlüssen einer Gesellschafterversammlung einer KG wird grundsätzlich durch Feststellungsklage ge-gen die Mitgesellschafter geltend gemacht. Wenn - wie im konkreten Fall - der Gesellschaftsvertrag aber bestimmt, dass der Streit mit der Gesellschaft auszutragen ist, ist die Gesellschaft passivlegitimiert.

5. Zur Treuepflicht von Gesellschaftern sanierungs-bedürftiger Publikums-Personengesellschaften (BGH, Urt. v. 25.01.2011, II ZR 122/09)

SachverhaltAnleger hatten sich im Jahr 1998 an einer Publi-kumspersonengesellschaft in der Rechtsform einer BGB-Gesellschaft beteiligt. Gesellschaftszweck war die Errichtung und Vermietung eines Wohn- und Geschäftshauses sowie zweier weiterer Wohnhäuser. Die Gesellschaft erwirtschaftete wachsende struktu-relle Unterdeckungen. Ihr drohte die Zahlungsunfä-higkeit. Das den Fremdkapitalanteil der Gesellschaft finanzierende Kreditinstitut stimmte einer Sanierung unter der Voraussetzung einer Kapitalerhöhung um insgesamt 2,7 Mio. € zu. Daraufhin beschlossen die Gesellschafter mit für Satzungsänderungen vor-geschriebener Mehrheit, jedoch ohne die Stimme des klagenden Anlegers, das Kapital zu erhöhen. Ferner wurde der Beschluss gefasst, Gesellschafter, die sich an der Kapitalerhöhung nicht beteiligen, aus der Gesellschaft auszuschließen. Nach dem Ge-sellschaftsvertrag konnten Kapitalerhöhungen und Nachschusszahlungen nur einstimmig beschlos-sen werden. Im Falle eines nicht einstimmigen Be-schlusses waren allerdings die zustimmenden Ge-sellschafter berechtigt, ihre Einlagen zu erhöhen. Die nicht zustimmenden Gesellschafter hatten in diesem Fall eine Verringerung ihres Beteiligungsver-hältnisses hinzunehmen.

Die Gesellschaft betrachtete den klagenden Anle-ger aufgrund des gefassten Beschlusses als aus der

Gesellschaft ausgeschlossen. Hiergegen wehrte sich der Anleger und beantragte die Feststellung, dass der Gesellschafterbeschluss unwirksam sei und er weiterhin Gesellschafter der Gesellschaft sei.

Die EntscheidungDer BGH hält den Beschluss über den Ausschluss von Gesellschaftern, die die Kapitalerhöhung nicht ge-zeichnet haben, für unwirksam. Ein Entzug der Ge-sellschafterstellung durch Ausschluss sei grundsätz-lich nur mit Zustimmung des Gesellschafters möglich. In Abgrenzung seines Urteils vom 19.10.2009 (II ZR 240/08; allgemein bekannt unter dem Stichwort „Sanieren oder Ausscheiden“) führt der BGH aus, dass ein Gesellschafter ausnahmsweise verpflichtet sein könne, einer ihn aus der Gesellschaft ausschlie-ßenden Änderung des Gesellschaftsvertrages zuzu-stimmen. Voraussetzung sei, dass dies mit Rücksicht auf das bestehende Gesellschaftsverhältnis dringend erforderlich ist und dem Gesellschafter zumutbar ist. Diese Treuepflicht bestehe aber nur insoweit, als Mitgesellschafter auf der Grundlage der Regelungen des Gesellschaftsvertrages berechtigterweise eine entsprechende Erwartung entwickeln durften. Im vorliegenden Fall bestimmte der Gesellschaftsver-trag jedoch ausdrücklich, dass Kapitalerhöhungen oder Nachschusszahlungen einer Einstimmigkeit be-dürfen und in Fällen, in denen keine Einstimmigkeit erzielt wird, die zustimmenden Gesellschafter auch allein berechtigt sind, ihre Einlagen zu erhöhen. Die anderen Gesellschafter verbleiben dabei unter Ver-ringerung ihres Beteiligungsverhältnisses weiterhin in der Gesellschaft.

Deshalb durften die Gesellschafter im konkreten Fall nicht darauf vertrauen, einen sanierungsunwilligen Mitgesellschafter aus gesellschafterlicher Treue-pflicht mit anderen als mit den bereits vertraglich vorgesehenen Rechtsfolgen in Anspruch nehmen zu können.

FazitMit dieser Entscheidung führt der BGH seine Rechtsprechung zum Umfang von Treuepflichten in Publikumspersonengesellschaften, die sich in einer Krise befinden, fort. Zugleich betont er, dass das Ausscheiden Ultima Ratio ist. Der Grundsatz „Sanieren oder Ausscheiden“ ist nicht anwendbar, wenn aufgrund abweichender Regelungen des Ge-sellschaftsvertrages sanierungswillige Gesellschafter nicht darauf vertrauen dürfen, dass alle Gesellschaf-ter in einer Krisensituation „mitziehen“. Erlaubt das eingegangene Gesellschaftsverhältnis keine berech-tigte Erwartungshaltung gegenüber einzelnen Ge-sellschaftern, besteht auch keine Treuepflicht.

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6. Zur Frage, ob und ggf. wann ein ausge-schiedener BGB-Gesellschafter unmittelbar auf Abfindung klagen kann(BGH, Urt. v. 07.06.2011, II ZR 186/08)

SachverhaltEin Anleger hatte sich im Abstand von gut zwei Wo-chen durch Erwerb zweier Beteiligungen an einem geschlossenen Fonds in der Rechtsform einer BGB-Gesellschaft beteiligt. Die Beteiligungen kamen jeweils in einer Haustürsituation zustande. Später kündigte und widerrief der Anleger die Beteili-gungen. Er begehrte die Rückzahlung der von ihm geleisteten Einlagen, hilfsweise die Zahlung eines Abfindungsguthabens. Im Gesellschaftsvertrag war geregelt, dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Höhe des Abfindungsguthabens dieses von einem Wirtschaftsprüfer als Schiedsgutachter ermit-telt werden soll. Die Fondsgesellschaft unterließ es fast zwei Jahre, einen Schiedsgutachter zu beauf-tragen.

EntscheidungDer BGH sah die Klage auf Zahlung eines Abfin-dungsguthabens als dem Grunde nach begründet an. Nach den Grundsätzen der sog. fehlerhaften Gesellschaft, der der fehlerhafte Gesellschaftsbei-tritt gleich stehe, müsse sich der Anleger zunächst wie ein wirksam beigetretener Gesellschafter be-handeln lassen. Trotz möglichen Widerrufs, weil die Beteiligungen in einer Haustürsituation zustande gekommen waren, besteht kein Anspruch auf Rück-zahlung der geleisteten Einlagen. Diese Rechtsfolge verstößt auch nicht gegen EU-Recht. Das nationale Recht darf bei den Regelungen der Rechtsfolgen des Widerrufs einen vernünftigen Ausgleich und eine gerechte Risikoverteilung zwischen den einzelnen Beteiligten herstellen. Es ist insbesondere zulässig, dem widerrufenden Verbraucher die finanziellen Folgen des Widerrufs des Beitritts aufzuerlegen.

Nach Ansicht des BGH werden durch eine Austritts-möglichkeit ex nunc die gegenläufigen Interessen des Beitretenden, der Mitgesellschafter und der Gläubiger der Gesellschaft gleichmäßig berücksichtigt.

Der Klage auf Zahlung steht nicht entgegen, dass im Gesellschaftsvertrag eine Schiedsgutachtenabre-de getroffen worden war. Es hätte der Fondsgesell-schaft oblegen, den Schiedsgutachter zu benennen und damit zu beauftragen, das Schiedsgutachten über die Höhe des Abfindungsguthabens zu erstel-len. Unterlässt es die verpflichtete Vertragspartei über einen Zeitraum von fast zwei Jahren, entspricht es allgemeiner Meinung in Rechtsprechung und Li-teratur, den in § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB enthaltenen Grundsatz entsprechend anzuwenden. Nach § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB hat die Bestimmung der Leistung durch Urteil des angerufenen Gerichts zu erfolgen, wenn der Dritte, dem die Bestimmung obliegt, diese verzögert. Der Anleger konnte deshalb unmittelbar auf Zahlung des ihm seiner Ansicht nach zustehen-den Abfindungsguthabens klagen.

Das angerufene Gericht hat die Bestimmung der Leistung durch Urteil zu treffen und - falls erforder-lich - zuvor sachverständige Hilfe in Anspruch zu nehmen. Eine Abweisung der Klage als zurzeit un-begründet ist nicht mehr zulässig.

FazitAuch wenn eine Leistungszeit vertraglich nicht bestimmt ist, obliegt es demjenigen, der eine Ver-tragspflicht zu erfüllen hat, diese innerhalb objektiv angemessener Zeit zu erfüllen. Welcher Zeitraum angemessen ist, hängt sicherlich von den Umstän-den des Einzelfalles ab. Unterlässt es der Verpflich-tete fast zwei Jahre, seiner Pflicht nachzukommen, liegt dies außerhalb eines objektiv angemessenen Zeitraumes.

7. Zur Frage der quotalen Haftung von Gesell-schaftern einer BGB-Publikums-Personenge-sellschaft für Darlehensverbindlichkeiten (BGH, Urt. und Teil-Versäumnisurteil v. 19.07.2011, II ZR 300/08)

SachverhaltMehrere Anleger eines geschlossenen Immobili-enfonds in der Rechtsform einer BGB-Gesellschaft stritten sich mit der die Fondsgesellschaft finanzie-renden Bank um Schadenersatz und Forderungen aus Darlehensverbindlichkeiten.

Die Anleger konnten sich unmittelbar oder mittel-bar über einen Treuhandgesellschafter an der GbR beteiligen. Die GbR nahm bei einer Bank Darlehens-mittel auf. Alle Gesellschafter verpflichteten sich in ihren Beitrittserklärungen, einer von der Fonds-gesellschaft beauftragten Geschäftsbesorgerin die Vollmacht zu erteilen, sie für Darlehensverbindlich-

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keiten gegenüber der Bank mitzuverpflichten. Die Gesellschafterschuld war auf eine quotale Haftung beschränkt. Im Gesellschaftsvertrag hieß es, dass die Gesellschafter mit dem Gesellschaftsvermögen als Gesamtschuldner unbeschränkt haften, mit ihrem sonstigen Vermögen nur quotal entsprechend ihrer kapitalmäßigen Beteiligung, in der Höhe jedoch un-begrenzt.

Die Anleger warfen der Bank vor, sie sei ihnen ge-genüber zur Aufklärung verpflichtet gewesen. Diese Pflicht habe sie verletzt, deshalb sei die Bank zum Schadenersatz verpflichtet.

Die Bank ihrerseits nahm die Gesellschafter anteilig entsprechend ihrer Beteiligungsquote auf Rückzah-lung fälliger Darlehen in Anspruch.

EntscheidungDer BGH verneint eine Schadenersatzpflicht der finanzierenden Bank aus c.i.c.. Aus den zwischen der GbR und der Bank geschlossenen Darlehensver-trägen, die der Objektfinanzierung dienten, folgten keine Aufklärungspflichten gegenüber den BGB-Gesellschaftern. Insbesondere bestünde kein vorver-tragliches Vertrauensverhältnis, wenn sich die Rolle einer Bank auf die Kreditgewährung an die Gesell-schaft beschränkt.

Umgekehrt schulden die Gesellschafter die anteilige Rückzahlung der Darlehensbeträge. Sie haften per-sönlich für die Darlehensverbindlichkeiten der GbR entsprechend ihrer Beteiligung. Die quotale Haftung bemisst sich nach den ursprünglichen Darlehensbe-trägen zzgl. Zinsen und Kosten. Verwertungserlöse sind nicht zu berücksichtigen.

Zahlungen und sonstige Erlöse aus dem Gesell-schaftsvermögen sind nicht kraft Gesetzes auf die Haftungsanteile anzurechnen. Aus der rechtlichen Einordnung der Gesellschafterhaftung als akzesso-rische Haftung der Gesellschafter für die Verbind-lichkeiten der Gesellschaft ergibt sich nichts Gegen-teiliges. Ob und in welchem Umfang Leistungen aus dem Gesellschaftsvermögen oder Erlöse aus dessen Verwertung nicht nur die Schuld der Gesellschaft, sondern den Haftungsbetrag jedes einzelnen Ge-sellschafters verringert, beurteilt sich ausschließlich nach dem Inhalt der die Gesellschaftsschuld be-gründenden Vereinbarungen. Den hier getroffenen Vereinbarungen war der Wille der Vertragsparteien nicht zu entnehmen, dass jede Verringerung des Darlehenssaldos unmittelbar auch die quotalen Haf-tungsbeiträge der Gesellschafter vermindern soll. Die Bank musste deshalb Zahlungen und Erlöse aus dem Gesellschaftsvermögen nicht auf die Haftungs-beträge der Gesellschafter anrechnen.

FazitDie persönliche gesamtschuldnerische Haftung der Gesellschafter entspricht dem Wesen der Perso-nengesellschaft und ihren Haftungsverhältnissen. Begnügt sich ein Kreditgeber abweichend von der nach dem Gesetz regelmäßig eintretenden gesamt-schuldnerischen Haftung der Gesellschafter mit de-ren quotaler Haftung, ist für eine weitere Vergünsti-gung der quotal haftenden Gesellschafter, die darin besteht, dass anderweitige Erlöse die Haftung in Höhe der Erlöse quotal mindern, nur Raum, wenn dies ausdrücklich vereinbart ist.

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III. Immobilien und Finanzierung

Immobilien oder auch Immobilienbeteiligungen stel-len seit jeher einen wichtigen Baustein beim Vermö-gensaufbau und der Vermögensabsicherung dar. Während in den 80er und 90er Jahren des letzten Jahrhunderts insbesondere auch steuerliche Ver-günstigungen beim Immobilienerwerb eine große Rolle spielten, steht heute der Nachhaltigkeits- und Renditegedanke an vorderer Stelle.

Investitionen in Immobilien und Immobilienbeteili-gungen haben auch ihre unrühmliche Seite. Manche Investition hat sich nicht so entwickelt wie erhofft. In diesen Fällen stellt sich dann wiederum die Frage, ob sich ein Anleger bei einem Dritten schadlos hal-ten kann. Nicht selten wird versucht, die finanzie-renden Banken in Anspruch zu nehmen. Bei diesen kommt es dann vor allem darauf an, ob sich ihre Rolle ausschließlich auf diejenige eines Kreditgebers beschränkte. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine finanzierende Bank nämlich nicht verpflichtet, einen Darlehensnehmer über die Gefahren und Ri-siken der Verwendung eines Darlehens aufzuklären und vor dem Vertragsschluss zu warnen. Dennoch kommen bei bestimmten Konstellationen auch Ban-ken als Haftungsadressaten in Betracht. Dies gilt vor allem dann, wenn Banken aktiv Kapitalanlagen be-werben. Immer wenn eine Bank nicht nur Kreditge-ber ist, sondern sich darüber hinaus am finanzierten Geschäft beteiligt oder wenn sich Banken wiederum in einem Interessenkonflikt befinden oder einen Wissensvorsprung besitzen, können sich - zusätz-liche - Aufklärungspflichten ergeben. Werden diese nicht erfüllt, können sich Banken gegenüber dem Anleger haftbar machen.

1. Zur Frage, wann ein aufklärungspflichtiger Wissensvorsprung einer zwischenfinanzierenden Bank vorliegt (BGH, Urt. v. 05.07.2011, XI ZR 306/10)

SachverhaltAnleger, die im Jahr 1991 geworben wurden, zwecks Steuerersparnis ein Hotelappartement zu erwerben, nehmen die den Erwerb zwischenfinan-zierende Bank wegen eines aufklärungspflichtigen Wissensvorsprungs in Anspruch. Sie fordern Zug um Zug gegen Übertragung des Hotelappartements den geleisteten Kaufpreis nebst Zinsen, die auf das Zwischenfinanzierungsdarlehen abzüglich erzielter Mieterträge.

Bei Abschluss des Zwischenfinanzierungsvertrages wurden die Anleger durch einen Treuhänder vertre-ten, bei dem sie einen notariell beurkundeten Treu-

handvertrag abgeschlossen hatten. Der Treuhänder verfügte über keine Erlaubnis nach dem Rechtsbe-ratungsgesetz.

EntscheidungDer BGH bestätigte die Entscheidung des Berufungs-gerichts, das einen Schadenersatzanspruch aus vor-vertraglichem Aufklärungsverschulden wegen eines aufklärungspflichtigen Wissensvorsprungs bejaht hatte.

Eine kreditgebende Bank ist bei steuersparenden Kapitalanlagemodellen dann zur Risikoaufklärung verpflichtet, wenn die Bank in Bezug auf spezielle Risiken des zu finanzierenden Vorhabens gegenüber dem Darlehensnehmer einen konkreten Wissens-vorsprung hat und dies auch erkennen kann.

Einen solchen Wissensvorsprung bejahte das Ge-richt im Hinblick auf die prospektierten Mieterträ-ge, die gegenüber den Ist-Einnahmen ganz erheb-lich zurück blieben. Die prospektierten Mieterträge waren der zwischenfinanzierenden Bank bekannt. Aufgrund ihrer Teilnahme an einer maßgeblichen Besprechung wusste die Bank auch, dass die be-triebswirtschaftliche Fundierung für die prospek-tierten Mieterträge fehlte. Dies wusste allerdings auch der Treuhänder, der ebenfalls an der Bespre-chung teilgenommen hatte. Grundsätzlich ist - so-weit es um die Vertretung geht - auf die Kenntnisse und Erfahrungen eines Vertreters abzustellen. Eine Bank handelt jedoch treuwidrig, wenn sie sich als Vertragspartner auf die Zurechnung eines Vertreter-wissens beruft, obwohl sie damit rechnen musste, dass der Vertreter sein Wissen von einer arglistigen Täuschung dem vertretenen Anleger vorent-halten wird. Die Bank wäre deshalb selbst zur Aufklärung verpflichtet gewesen.

Ein Anspruch gegen die Bank war auch nicht ver-jährt. Die Anleger hatten erst im Jahr 2004 von der arglistigen Täuschung durch Vertrieb und Treuhän-der erfahren. Erst dann hatten die Anleger auch er-fahren, dass die Bank Kenntnis von der fehlenden betriebswirtschaftlichen Fundierung der prospek-tierten Mieten hatte. Das Wissen des Treuhänders ist insoweit ebenfalls nicht maßgeblich, denn dieses Wissen ist den Anlegern nicht zuzurechnen. Der BGH stützt dies auf die Nichtigkeit des Treuhand-vertrages und der im Treuhandvertrag erteilten Voll-macht. Anderenfalls würde dem Schutzzweck des Rechtsberatungsgesetzes, die Rechtssuchenden vor unsachgemäßer Erledigung ihrer Aufgaben zu schützen, nicht hinreichend Rechnung getragen.

Schließlich blieb auch die Verteidigungsstrategie der

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Bank erfolglos, die darauf gestützt wurde, dass das Zwischenfinanzierungsdarlehen bereits nach nur sieben Monaten wieder vollständig zurückgeführt worden war.

FazitFür die Anleger des konkreten Prozesses war es si-cherlich eine späte Befriedigung, sich bald 20 Jah-re nach Erwerb eines überteuerten Appartements schadlos halten zu können. Das Problem in der Pra-xis liegt insoweit auch weniger im Rechtlichen, als insbesondere im Tatsächlichen. Die Anleger konnten der Bank die Teilnahme am maßgeblichen Gespräch nachweisen. Dieses Glück oder entsprechende Zu-fallsfunde sind längst nicht jedem Anleger beschieden.

2. Zur Frage, ob der kreditfinanzierte Erwerb von Genossenschaftsanteilen und das Finanzierungs-darlehen ein verbundenes Geschäft sind (BGH, Urt. v. 01.03.2011, II ZR 297/08)

SachverhaltEin Anleger erwarb zu Anlagezwecken Geschäfts-anteile an einer Wohnungsbaugenossenschaft e.G.. Zugleich beantragte er die Finanzierung der Beteili-gungssumme und wies die finanzierende Bank an, Zahlung unmittelbar an die Genossenschaft zu lei-sten. Das Darlehen sollte für den Anleger den Vor-teil haben, unter Inanspruchnahme der staatlichen Eigenheimzulage Wohnungseigentum erwerben zu können, ohne in der Wohnung selbst wohnen zu müssen.

Das Finanzamt zahlte in drei Jahren eine Eigen-heimzulage, die zzgl. eines Säumniszuschlags zu-rückgefordert wurde. Nach dem Widerruf des Darlehensvertrages verlangte der Anleger vom Insolvenzverwalter zwischenzeitlich insolvent ge-wordenen Bank die Feststellung eines Anspruchs

auf Rückzahlung erbrachter Zins- und Tilgungslei-stungen.

EntscheidungDer BGH bejahte - anders als noch das Berufungs-gericht - ein verbundenes Geschäft zwischen Darle-hensvertrag und dem Beitritt zu der als Anlagegesell-schaft konzipierten Wohnungsbaugenossenschaft. Die Annahme eines verbundenen Geschäftes im Sinne von § 358 Abs. 3 BGB setze voraus, dass der drittfinanzierte Vertrag auf die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer anderen Leistung gerich-tet ist. Der Beitritt zu einer Genossenschaft erfülle diese Voraussetzung an sich nicht. Vielmehr handele es sich um ein organisationsrechtliches, auf die Be-gründung der Mitgliedschaft in der Genossenschaft gerichtetes Rechtsgeschäft.

Für den durch einen kreditfinanzierten Erwerb eines Geschäftsanteils an einer Anlagegesellschaft in der Form einer Personengesellschaft hat der BGH wie-derholt die Regeln eines verbundenen Geschäfts bejaht. Auch wenn der Beitritt zu einer Personen-gesellschaft vom reinen Wortlaut her die Anfor-derungen an einen Vertrag über eine entgeltliche Leistung nicht erfüllt und auch nicht auf die Liefe-rung einer Ware oder die Erbringung einer anderen Leistung im Sinn von § 358 Abs. 3 BGB gerichtet ist, wurde aufgrund der Schutzbedürftigkeit eines Anlegers die Begründung der Mitgliedschaft in ei-ner Personengesellschaft dem Tatbestandsmerkmal „Erbringung einer anderen Leistung“ gleichgestellt. Diesen Grundsatz dehnt der BGH nun auch im Hin-blick auf den zu Anlagezwecken erfolgten Erwerb von Genossenschaftsanteilen aus.

Der wirksame Widerruf des Darlehensvertrages führte deshalb dazu, dass der Anleger nicht mehr an den finanzierten Vertrag, d.h. also den Erwerb der Genossenschaftsanteile, gebunden ist. Die Rückab-wicklung beider Verträge findet im Verhältnis zum Anleger ausschließlich zwischen ihm und dem Darle-hensgeber statt. Der Darlehensgeber ist insoweit an die Stelle der Genossenschaft in das Abwicklungs-verhältnis eingetreten. Ein Anleger kann deshalb grundsätzlich vom Darlehensgeber Rückerstattung aller von ihm auf das Darlehen bereits erbrachten Leistungen verlangen. Umgekehrt steht dem Darle-hensgeber kein Anspruch auf Rückzahlung des Dar-lehensbetrages zu. Auf die durch die Insolvenz des Darlehensgebers bedingten Besonderheiten braucht an dieser Stelle nicht näher eingegangen zu werden.

FazitNach dem gesetzlichen Leitbild geht es beim Bei-tritt zu einer Genossenschaft in erster Linie um den

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Erwerb der Mitgliedschaft als solcher und der da-mit verbundenen Rechte und Pflichten. Mitgliedern einer Wohnungsbaugenossenschaft geht es nach dem gesetzlichen Leitbild darum, Wohnungen der Genossenschaft zu nutzen oder zum Eigengebrauch zu erwerben. Geht es hingegen um den Erwerb von Genossenschaftsanteilen zu reinen Kapitalanlage- und Steuersparzwecken, ist der Erwerb von Genos-senschaftsanteilen nur ein anderer Weg der Kapital-anlage. In diesem Fall sind Genossenschaftsanteile der Beteiligung an anderen Anlagegesellschaften gleichgestellt. Für sie gelten deshalb auch die Vor-schriften zum Widerruf von Erklärungen in einer Haustürsituation sowie zum verbundenen Geschäft.

3. Zu Hinweis- und Aufklärungspflichten einer Bank bei Anbahnung eines Immobilien-Darlehens-vertrages (LG Berlin, Urt. v. 24.09.2010, 4 O 482/09)

SachverhaltEin Ehepaar hatte bei der beklagten Bank ein Darle-hen zur Finanzierung einer vermieteten Eigentums-wohnung aufgenommen. Beide Eheleute waren be-rufstätig. Sie waren zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kauf- und Darlehensvertrages 48 bzw. 49 Jahre alt. Die Laufzeit des Darlehens war bis 2032 ange-geben. Zu diesem Zeitpunkt wären die Eheleute 73 bzw. 74 Jahre. Die Eheleute sind der Ansicht, die finanzierende Bank habe sie bei der Anbahnung des Immobilien-Darlehensvertrages nicht korrekt bera-ten und aufgeklärt. Der Ehemann trat seine Ansprü-che auf Beratungspflichtverletzung an die Ehefrau ab. Strittig war, ob der Kaufpreis der Wohnung sittenwidrig überteuert war und ob der Vermittler der Wohnung behauptet hat, die Anlage ruhe bei Arbeitslosigkeit, sei aufwandsneutral und mit einem Gewinn von 70.000,00 bis 80.000,00 € sei in 10 Jahren zu rechnen.

EntscheidungDas Gericht bejahte einen Schadenersatzanspruch wegen vorvertraglichen Verhandlungsverschuldens infolge unzureichender Angaben über die Finanzie-rung. Die Bank wäre verpflichtet gewesen, Auskünf-te, die im Zusammenhang mit dem beabsichtigten Darlehensgeschäft stünden, richtig und vollständig zu erteilen. Soweit eine Bank bei Anbahnung eines Darlehensvertragsverhältnisses erkennen kann, dass für die zukünftigen Darlehensnehmer aufgrund ih-rer Lebens- und Einkommensverhältnisse und den Rahmendaten des Darlehens eine störungsfreie Fi-nanzierung nicht möglich sein wird, muss eine ent-sprechende Aufklärung erfolgen. Eine solche Kon-stellation liegt insbesondere dann vor, wenn die Laufzeit des Darlehens nicht nur geringfügig über

den Renteneintritt der Darlehensnehmer hinaus-reicht und nicht konkrete Umstände die Annahme rechtfertigen, dass ein Dar-lehensnehmer ungeach-tet der damit verbundenen Einkommenseinbußen gleichwohl in der Lage sein wird, auch dann die ihn bereits jetzt stark belastende Kreditrate zu bedienen. Im konkreten Fall sei bereits aus den von der Bank bei Vertragsabschluss erstellten Unterlagen festge-standen, dass mit Renteneintritt eine Deckungslü-cke von etwa 1.000,00 € monatlich auftreten wür-de. Damit wäre ein Scheitern der Finanzierung lange vor Laufzeitende absehbar gewesen.

Der Pflichtenverstoß führte zur Gesamtrückabwick-lung des finanzierten Eigentumswohnungskaufs.

FazitEine Bank ist nur in Ausnahmefällen verpflichtet, ei-nen Kunden auf das Risiko der von ihm beabsichti-gten Verwendung aufgenommener Darlehensmittel hinzuweisen. Darum ging es im konkreten Fall je-doch nicht, denn das Gericht stellte darauf ab, dass eine Bank unabhängig von dem finanzierten Ge-schäft davor zu warnen hat, einen Darlehensvertrag so abzuschließen, dass dessen Scheitern vorherseh-bar ist. Dies ist eine generelle Pflicht in einer hier al-lerdings vorliegenden ganz speziellen Ausprägung. Oder anders ausgedrückt: Die Bank durfte ange-sichts ihrer Kenntnis von den persönlichen Verhält-nissen der Darlehensnehmer nicht die Augen davor verschließen, dass das Scheitern der Finanzierung absehbar war. Gerade deshalb, weil auf dies Gefahr nicht hingewiesen worden ist, war der Schadener-satzanspruch begründet.

4. Zur Aufklärungspflicht einer finanzierenden Bank wegen eines schwerwiegenden Interes-senkonflikts (BGH, Beschl. v. 05.04.2011, XI ZR 365/09)

SachverhaltEin Ehepaar erwarb im März 1999 eine Eigentums-wohnung zu Anlagezwecken. Zur Finanzierung des Kaufpreises schloss das Ehepaar einen Darlehens-vertrag mit einer Bank und zwei Darlehensverträge mit einer Bausparkasse. Auszahlungsbedingung für das Darlehen war u.a. der Beitritt zu einer Mietein-nahme-Gemeinschaft. Diese durfte nur mit Zustim-mung der Bank und der Bausparkasse gekündigt werden. Die das Ehepaar finanzierende Bank war auch Finanzier der Wohnungsverkäuferin. Rund ein Jahr vor Erwerb der Wohnung durch das Anleger-ehepaar wurde seitens der Bank eine angespannte Liquiditätslage bei der Unternehmensgruppe, zu der auch die Verkäuferin zählte, konstatiert.

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Die Anleger erklärten den Widerruf des Darlehens-vertrages und forderten Schadenersatz wegen vor-vertraglicher Aufklärungspflichtverletzungen.

EntscheidungDer BGH verweist auf seine ständige Rechtspre-chung, wonach eine finanzierende Bank zwar grund-sätzlich nicht zur Aufklärung darüber verpflichtet sei, wie ein Darlehensnehmer ein aufgenommenes Darlehen zu verwenden beabsichtigt. Hier gibt es allerdings Ausnahmen. Ein Ausnahmefall ist, wenn sich eine Bank in einem schwerwiegenden Interes-senkonflikt befindet. Soweit eine Bank versucht, ein eigenes notleidendes Kreditengagement auf einen Erwerber abzuwälzen, befindet sie sich in einem solchen Interessenkonflikt und ist zur Aufklärung verpflichtet. Ein aufklärungspflichtiger Interessen-konflikt ist nicht erst im Falle einer unmittelbar be-vorstehenden Insolvenz gegeben. Ausreichend sind vielmehr erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten des Kreditschuldners, aufgrund derer das Krediten-gagement der Bank notleidend ist.

Steht dann die Kausalität zwischen Aufklärungs-pflichtverletzung und Anlageentschluss fest, er-streckt sich der Schadenersatzanspruch auf alle Nachteile, die aus der Anlageentscheidung erwachsen.

FazitDer Beschluss des BGH bewegt sich auf bekannten Pfaden. Er wies die Revision von Bank und Sparkasse zurück. Diese vertraten die Ansicht, das Berufungs-gericht habe getroffene Feststellungen falsch ge-würdigt und sich im Übrigen über Entscheidungen anderer Oberlandesgericht hinweg gesetzt. Der BGH konnte keinen Verstoß feststellen und hielt die Würdigung des Berufungsgerichts für vollstän-dig und überzeugend, insbesondere auch was die Zubilligung eines umfassenden Rückabwicklungsan-pruchs anbelangt.

5. Zur Frage der Sittenwidrigkeit eines Immobilien-Kaufvertrages(OLG München, Urt. v. 02.08.2010, 19 U 4014/08)

SachverhaltDer Käufer einer Eigentumswohnung fordert von der die Wohnung finanzierenden Bank die Rückabwick-lung eines Darlehensvertrages. Der Kauf erfolgte unter Beteiligung einer Vermittlungsgesellschaft, bei der auch die damalige Ehefrau des Käufers tätig war. Der Kaufpreis betrug im Jahr 1993 323.155,00 DM (= 165.226,52 €). Der Käufer hatte in erster Instanz behauptet, die Wohnung habe allenfalls einen Wert von 90.000,00 € gehabt, so dass eine Überteuerung von 83,56 % bestanden habe. Die Bank habe auch mehr als 90 % der Wohnungen finanziert, die die Vermittlungsgesellschaft vermittelt habe, die auch ihm die Wohnung vermittelt hat.

In zweiter Instanz hat der Käufer den Vortrag, den das erstinstanzliche Gericht als unsubstantiiert er-achtet hatte, ergänzt und sich nach wie vor auf ein „institutionalisiertes Zusammenwirken“ zwischen finanzierender Bank und Verkäufer oder Vermittler berufen.

EntscheidungDas Gericht verneinte sowohl ein sittenwidriges Missverhältnis zwischen Kaufpreis und Verkehrswert als auch einen hinreichend substantiierten Vortrag, der die Behauptung des institutionalisierten Zusam-menwirkens stützen könnte. Das pauschale Vorbrin-gen, die Bank habe mehr als 90 % der Wohnungen, die die Vermittlungsgesellschaft vermittelt habe, fi-nanziert, lasse keine Subsumption zu. Dies gelte im vorliegenden Fall umso mehr, als die frühere Ehefrau des Käufers bei der Vermittlungsgesellschaft tätig war. Eine ständige Geschäftsbeziehung könne sich daraus ergeben, dass ein Verkäufer oder Vermittler dem finanzierenden Institut die planmäßig über-nommene Finanzierung einer Vielzahl von Anlegern vermittelt habe. Aus dem Vortrag des Käufers kön-ne aber auch diese „Vielzahl“ nicht geschlussfolgert

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werden. Außerdem verneinte das Gericht eine sit-tenwidrige Überhöhung des Kaufpreises. Nach stän-diger Rechtsprechung auch des BGH sei von einem besonders großen Missverhältnis, welches eine Ver-mutung für die subjektiven Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit begründe, auszugehen, wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung. Sämtliche Nebenkosten wie Grunderwerbsteuer, Notar- und Grundbuchko-sten, Gebühren für Mietgarantie, Finanzierungsver-mittlung usw. bleiben hierbei außer Betracht. Eine Überteuerung einer Wohnung um 83,56 % lasse noch nicht auf ein besonders grobes Missverhältnis schließen. Dies würde selbst dann gelten, wenn der Vortrag des Käufers nicht offensichtlich ins Blaue hi-nein vorgebracht worden wäre, sondern substanti-ierter gewesen wäre. Für eine arglistige Täuschung durch den Vermittler trägt ein Anleger/Käufer/Darle-hensnehmer die Beweislast.

FazitDer Fall zeigt, wie wichtig es ist, vor Klageerhe-bung alle für eine Anspruchsgrundlage notwen-digen Tatbestandsmerkmale zusammenzutragen, die Anspruchsgrundlage(n) zu prüfen und bereits von Anfang an so vollständig wie es nur geht vor-zutragen. Anderenfalls kann die Enttäuschung groß werden.

6. Zur Frage, wann ein Hausbauvertrag mit einem Grundstückskaufvertrag eine rechtliche Einheit bildet(OLG Naumburg, Urt. v. 20.01.2011, 1 U 84/10)

SachverhaltEin Baubetreuer schloss mit einem Bauherrn einen Vertrag über die Errichtung eines Fertighauses. Im Falle der Kündigung des Fertighausvertrages, ohne dass hierfür ein wichtiger Grund gegeben ist, sol-len 10 % des Hauspreises als pauschale Vergütung zu zahlen sein. Im Internet wirbt der Baubetreuer auch damit, Bauinteressenten weitere Beratungs-leistungen anbieten zu können, beispielsweise ver-schiedene Grundstücke nachweisen oder vermitteln zu können. Auch dem Bauherrn wurden Grund-stücke angeboten. Zu einem Grundstückskauf kam es nicht. Nach einem Jahr kündigt der Bauherr den Hausbauvertrag. Der Baubetreuer verlangt die pau-schale Vergütung.

EntscheidungDer Anspruch, den der Baubetreuer geltend macht, hängt einmal von der Wirksamkeit des Hausbauver-trages ab und zum anderen davon, ob die Vergü-tungspauschale angemessen ist oder nicht. Zur Fra-ge der Angemessenheit hat bereits der BGH im Jahr 2006 entschieden, dass eine pauschale Vergütung

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in Höhe von 10 % nicht zu beanstanden ist, soweit daneben nicht noch weitere Ansprüche geltend ge-macht werden. Das OLG Naumburg verneinte im konkreten Fall auch ein Beurkundungserfordernis des Hausbauvertrages und sah diesen als wirksam an. Ein Hausbauvertrag muss notariell beurkundet werden, wenn er mit einem Grundstückskaufver-trag verknüpft ist und beide Verträge eine recht-liche Einheit bilden. Von einer rechtlichen Einheit kann aber nur dann ausgegangen werden, wenn der Vertragspartner maßgeblichen Einfluss auf die Durchführung des Kaufvertrages hat und Hausbau-vertrag sowie Grundstückskaufvertrag in Abhängig-keit zueinander stehen. Im konkreten Fall bot der Baubetreuer - unverbindlich - Serviceleistungen an. Er warb somit für ein Komplettangebot, ohne dass ein Bauherr die Serviceleistungen zwingend in An-spruch nehmen musste. Der Forderung des Baube-treuers auf die pauschale Vergütung wurde deshalb stattgegeben.

FazitUm eine Abhängigkeit von Grundstückskaufver-trag und Hausbauvertrag dahingehend annehmen zu können, dass beide Verträge miteinander stehen und fallen sollen, bedarf es besonderer Umstände, die diesen Schluss zulassen. Anderenfalls fehlt es an einer Verknüpfung und der Hausbauvertrag unter-liegt nicht dem Beurkundungserfordernis gem. § 311b Abs. 1 BGB.

7. Zur Eintragungsfähigkeit einer GbR im Grundbuch (BGH, Beschl. v. 28.04.2011, V ZB 194/10)

SachverhaltEine BGB-Gesellschaft kaufte eine Eigentumswoh-nung. Die Auflassung wurde erklärt. Für die BGB-Gesellschaft traten zwei Personen als deren Ge-sellschafter auf. In einer späteren Notarurkunde bestellten sie zugunsten einer finanzierenden Bank eine Buchgrundschuld.

Das Grundbuchamt hat die Anträge auf Eintragung

der Buchgrundschuld, Eigentumsumschreibung und Löschung einer zugunsten der BGB-Gesellschaft eingetragenen Auflassungsvormerkung zurückge-wiesen. Das Kammergericht Berlin hatte die Be-schwerde, die gegen die Entscheidung des Grund-buchamtes erhoben wurde, zurückgewiesen. Die notariellen Urkunden seien nicht geeignet, die Iden-tität der Gesellschafter als Gesellschafter der BGB-Gesellschaft mit der für Grundbucheintragungen notwendigen Bestimmtheit festzustellen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass es noch andere Gesellschafter gäbe.

EntscheidungDer BGH wies das Grundbuchamt an, den Vollzug der Anträge auf Eintragung der Buchgrundschuld und des Eigentumswechsels sowie auf Löschung der Auflassungsvormerkung nicht aus den bisherigen Gründen zu verweigern. Erwerbe eine BGB-Gesell-schaft Grundstücks- oder Wohnungseigentum, rei-che es für die Eintragung des Eigentumswechsels in das Grundbuch aus, wenn die GbR und ihre Gesell-schafter in der notariellen Auflassungsverhandlung benannt sind und die für die Gesellschaft bürger-lichen Rechts Handelnden erklären, dass sie deren alleinige Gesellschafter sind. Weitere Nachweise der Existenz, der Identität und der Vertretungsverhält-nisse einer GbR bedürfe es gegenüber dem Grund-buchamt nicht.

Ausnahmen seien denkbar, wenn konkrete Anhalts-punkte bestehen, dass mit der beantragten Eintra-gung das Grundbuchamt unrichtig werde. Die theo-retische Möglichkeit, dass ein GbR-Vertrag jederzeit - auch mündlich - abgeändert werden könne, sei aber für eine Nachweispflicht nicht ausreichend.

FazitNachdem vor allem im Jahr 2011 über viele Monate hinweg Unsicherheit herrschte, ob eine BGB-Gesell-schaft überhaupt noch in das Grundbuch eingetra-gen werden könne und ob sie - nicht minder wichtig - auch wieder aus dem Grundbuch herauskommt, bringt der Beschluss des BGH endlich wieder die notwendige Klarheit. Die notarielle Praxis gründete im Rahmen eines Grundstückserwerbs häufig eine neue GbR in der notariellen Urkunde. Der BGH stellt auf die Vorschrift des § 47 Abs. 2 GBO ab. Diese Norm lasse es genügen, dass Existenz der GbR und Gesellschafterstellung durch die handelnden Per-sonen behauptet werde. Der BGH benutzt dafür den Begriff, das dingliche Recht werde der Gesell-schaft durch die Gesellschafter „grundbuchrechtlich vermittelt“. Mancher bei Grundbuchämtern noch vorhandene Rückstau sollte sich jetzt schnellstens auflösen.

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8. Zinsänderungsklauseln müssen kalkulierbar sein (BGH, Urt. v. 21.12.2010, XI ZR 52/08)

SachverhaltVerträge, die dem Vermögensaufbau oder der Vor-sorge dienen, sind in aller Regel langfristiger Natur. Dies kann es erforderlich werden lassen, einzelne Regelungspunkte im Laufe der Zeit an sich ändernde Verhältnisse anzupassen. Dies betrifft beispielsweise auch für Prämiensparverträge ausgelobte Zinsen. In Prämiensparverträgen sind regelmäßig Zinsän-derungsklauseln vereinbart. In den Sparverträgen, über die der BGH zu befinden hat, war geregelt, dass die Zinsen für Sparkonten „jeweils durch Aus-hang im Kassenraum der kontoführenden Stelle be-kannt gegeben“ werden. Eine Anlegerin hielt diese Zinsänderungsklausel für unwirksam und die ihr ge-währte Verzinsung für zu niedrig. Sie begehrte Neu-berechnung und Nachzahlung von Zinsen.

Die EntscheidungDer BGH hat schon wiederholt entschieden, dass Zinsänderungsklauseln in Allgemeinen Geschäfts-bedingungen von Banken und Sparkassen ein Min-destmaß an Kontrollierbarkeit aufweisen müssen. Ist dies nicht der Fall und ist deshalb eine Zinsän-derungsklausel unwirksam, kann die durch die Un-wirksamkeit entstandene Vertragslücke nicht durch ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht der Bank oder Sparkasse geschlossen werden.

Diesen Grundsatz entwickelt der BGH nunmehr fort. Der Referenzzins, dessen Veränderung nach dem mutmaßlichen Parteiwillen, den der BGH un-terstellt, Anlass und Höhe der Zinsanpassungen be-stimmt, hat sich bei Spareinlagen grundsätzlich an Zinsen für vergleichbare langfristige Spareinlagen zu orientieren.

FazitAllgemeine Vertragsbedingungen, die wegen In-transparenz oder Unangemessenheit unwirksam

sind, dürfen nicht durch verständlichere, inhaltlich aber weitgehend identische Regelungen ersetzt werden. Solchen Versuchen hat der BGH auch schon in anderem Zusammenhang immer wieder Einhalt geboten.

9. Klausel über Abschlussgebühren in AGB’s einer Bausparkasse ist wirksam (BGH, Urt. v. 07.12.2010, XI ZR 3/10)

SachverhaltIn Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge einer Bausparkasse findet sich die Klausel, nach der mit Abschluss des Bausparvertrages eine Abschluss-gebühr von 1 % der Bausparsumme fällig wird. Fer-ner ist geregelt, dass diese Gebühr nicht - auch nicht anteilig - zurückbezahlt oder herabgesetzt wird, wenn der Bausparvertrag gekündigt, die Bauspar-summe ermäßigt oder das Bauspardarlehen nicht voll in Anspruch genommen wird.

Ein Verbraucherschutzverband hält diese Klausel für unwirksam und fordert deren Unterlassung gegen-über Privatkunden.

Sowohl das Landgericht Heilbronn (Urt. v. 12.03.2009, 6 O 341/08) als auch das OLG Stuttgart (Urt. v. 03.12.2009, 2 U 30/09) hielten das Begehren des Verbraucherschutzverbandes für unbegründet.

Die EntscheidungDas Unterlassungsbegehren hatte auch vor dem Bundesgerichtshof keinen Erfolg. Die Bausparkas-senkunden werden durch die Abschlussgebühr nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Auch soweit mit der Abschlussgebühr das Einwerben neuer Kunden fi-nanziert wird, dient dies nicht nur dem Interesse der Bausparkasse, Gewinne zu erzielen. Es liegt auch im kollektiven Interesse der Bauspargemeinschaft. Die mit jedem Bausparvertrag bezweckte zeitnahe Zuteilung der Bausparsumme kann nur erfolgen, wenn dem Bausparkollektiv fortlaufend neue Mittel zugeführt werden. Durch eine laufzeitunabhängige Umlegung der Vertriebskosten durch Erhebung ei-ner Abschlussgebühr werden die Bausparer deshalb nicht unangemessen benachteiligt.

FazitDer BGH zieht endlich einen Schlussstrich unter eine jahrelange Auseinandersetzung. Er bestätigt, dass die jahrzehntelange Praxis der Bausparkassen nicht zu beanstanden ist und eine Abschlussgebühr von 1 % der Bausparsumme nicht unangemessen hoch ist.

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IV. Vermittler- und Maklerrecht

Die fortschreitende Regulierung des Rechts der Kapitalanlagen betrifft insbesondere auch die Rechtsvorschriften derer, die diese Produkte vermit-teln sollen. Ziel aller Regulierungsbemühungen ist die nachhaltige und langfristige Stärkung des Anleger-schutzes. Über erste Erfahrungen mit den Vorschriften des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes II sowie des Gesetzes zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts können wir sicherlich im Rahmen der kommenden Ausgabe dieses Maga-zins berichten. Nachfolgend geben wir einen Über-blick über Auslegungsfragen bereits bestehender Vorschriften, beispielsweise im Bereich der Tätigkeit sog. gebundener Vermittler. Des Weiteren geht es um den Pflichtenkreis von Versicherungsmaklern, Statusfragen, Provisionsrückforderungsvorausset-zungen und um Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Beendigung einer Handelsvertretertätigkeit.

1. Registeranmeldung eines gebundenen Vermittlers gestattet auch die Vermittlung nicht konkurrierender Produkte eines anderen Versicherers (OLG Schleswig, Urt. v. 25.05.2010, 6 U 19/10)

SachverhaltEin Versicherungsvermittler war als sog. gebundener Vermittler nach § 34d Abs. 4 GewO im Vermittler-register eingetragen. Die Versicherungsgesellschaft hatte für Versicherungen, die sie nicht selbst an-bietet, Kooperationsabkommen mit anderen Ver-sicherungen geschlossen. Ein im Vermittlerregister als Versicherungsmakler eingetragener Wettbe-werber des gebundenen Versicherungsvermittlers startete eine telefonische Testanfrage. Es ging um eine Versicherung, die die das Haftungsdach für den gebundenen Versicherungsvermittler stellende

Versicherungsgesellschaft nicht anbot. Der Versiche-rungsvermittler bot ein Produkt eines dritten Versi-cherungsunternehmens an. Der Versicherungsmakler nahm den gebundenen Versicherungsvermittler auf Unterlassung in Anspruch.

EntscheidungDas OLG Schleswig hat einen Wettbewerbsverstoß gem. § 34d Abs. 4 GewO i.V.m. §§ 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 11 UWG verneint. Die Vermittlung von Ver-sicherungsprodukten anderer Versicherungsunter-nehmen als dem Haftungsdach (sog. Ventilgeschäft) werde durch den Wortlaut von § 34d Abs. 4 GewO nicht verboten. Diese Regelung enthalte eine Berufs-ausübungsregelung, die im Hinblick auf Art. 12 GG eng auszulegen sei. Auch der Gesichtspunkt des Schutzes von Versicherungsnehmern gebiete keine andere Auslegung. Ein Versicherungsnehmer werde durch die uneingeschränkte Haftung durch das Haftungs-dach gegen Folgen einer Falsch- oder Schlechtbera-tung geschützt. Während ein Versicherungsmakler oder ungebundener Versicherungsvermittler den Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung nach-zuweisen hat, reiht es beim „gebundenen Versiche-rungsvermittler“ nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich aus, dass dasjenige Unternehmen, welches ihn angemeldet hat, für ihn die uneinge-schränkte Haftung übernimmt. Die Übernahme der uneingeschränkten Haftung erfolgt nach § 34d Abs. 7 GewO mit der Anmeldung zum Versicherungsver-mittlerregister automatisch. Eine Einschränkung der mit dieser Anmeldung per Gesetz übernommenen Haftung auf Vermittlungstätigkeiten nur für dieje-nigen Produkte, die das anmeldende Unternehmen anbietet, sieht diese Regelung nicht vor. Mithin haftet jedes eines Versicherungsvermittler anmel-dende Versicherungsunternehmen für die gesamte Vermittlertätigkeit des Vertreters, d.h. auch für die Vermittlung von Produkten anderer Versicherungs-unternehmen.

Ein gebundener Versicherungsvermittler bedarf des-halb für die Vermittlung von nicht in Konkurrenz stehenden Produkten eines anderen (Dritt-)Versi-cherers nicht der zusätzlichen Registeranmeldung und Haftungsübernahme durch dieses andere Un-ternehmen.

FazitDer Gesetzeswortlaut des § 34d Abs. 4 GewO ist nicht eindeutig. Es war bislang kontrovers diskutiert, ob ein gebundener Versicherungsvermittler, der ver-schiedene Versicherungen von Versicherungsge-sellschaften vermittelte, deren Produkte nicht im Wettbewerb untereinander standen, der Haftungs-übernahme jedes einzelnen Versicherungsunter-

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nehmens bedurfte oder eine Haftungsübernahme durch eine Versicherungsgesellschaft ausreichend war. Das OLG Schleswig bejahte diese Frage unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der gesetz-lichen Regelung und der schon vor 2007 durchge-hend geübten Praxis, der Gesetzgeber nicht verbieten wollte.

2. Versicherungsmakler oder Versicherungs-vertreter - Im Verhältnis zum Kunden ist das Auftreten des Vermittlers entscheidend (OLG Hamm, Urt. v. 08.10.2009, 18 U 26/08)

SachverhaltEin im Bereich der Vermittlung von Versicherungen tätiger Finanzdienstleister war regelmäßiger Gast in einer Pizzeria. Der Inhaber der Pizzeria wünschte den Abschluss von Versicherungen für Pizzeria und Hausrat. Der Versicherungsvermittler holte verschie-dene Versicherungsangebote ein. Der Versiche-rungsschutz für die Pizzeria wurde eingedeckt. Für die Hausratversicherung wünschte der Kunde eine Erhöhung der Entschädigung für Wertsachen. Den Versicherungsantrag reichte der Versicherungsver-mittler bei einer Versicherung ein. Diese nahm den Antrag nicht an. Der Versicherungsvermittler unter-nahm daraufhin nichts. Zirka sechs Monate später wurde Hausrat entwendet. Da kein Versicherungs-schutz bestand, nahm der Inhaber der Pizzeria den Versicherungsvermittler in Anspruch und machte einen Schadenersatzanspruch wegen Verletzung der Pflichten aus einem Maklervertrag geltend. Der Vermittler berief sich darauf, bloßer Versicherungs-agent zu sein.

EntscheidungDas Gericht wies darauf hin, dass im Hinblick auf die Statusfrage ausschließlich die Rechtsbeziehung des Vermittlers mit dem Versicherungskunden ent-scheidend ist. Nicht entscheidend seien etwaige vertragliche Beziehungen des Vermittlers zu Pro-duktpartnern (Versicherern). Auch ein Versiche-rungsvermittler, der im Verhältnis zu den Versiche-rern Versicherungsagent oder Mehrfachagent sei, könne mit einem Versicherungsnehmer einen Mak-lervertrag abschließen. Folge sei, dass der Vermitt-ler als Pseudomakler für Pflichtverletzungen wie ein Makler einzustehen habe.

Im vorliegenden Fall habe der Vermittler einen ent-sprechenden Eindruck vermittelt. Er habe bei ver-schiedenen Versicherern Anfragen zur Deckung des zu versichernden Risikos eingeholt. Für den Bereich der Pizzeria habe er eine passende Versicherung ausgewählt. Das Auftreten wie ein Versicherungs-makler ergab sich des Weiteren aus der Verwen-

dung eines Stempels mit dem Abdruck „Wirt-schaftskanzlei I Versicherungen aller Art“.

Der Vermittler musste sich mithin so behandeln lassen wie ein Versicherungsmakler. Pflichten aus dem Maklervertrag waren verletzt, denn nach Ab-lehnung des Versicherungsantrages für die einzu-deckende Hausratversicherung wäre es die Pflicht gewesen, sofort ein gleichwertiges Angebot eines anderen Versicherers einzuholen.

Ein Mitverschulden des Versicherungsnehmers war zu verneinen, denn der Kunde durfte darauf ver-trauen, dass er zumindest informiert würde, wenn der Versicherungsvertrag trotz Antrags nicht zustan-de kommt.

FazitFür einen Versicherungsmakler gelten im Verhältnis zum Kunden gesteigerte Beratungs- und Informati-onspflichten. An diesem Pflichtenkatalog muss sich auch der Pseudomakler messen lassen. Nicht zuletzt deshalb wird seit der Reform des Versicherungsver-mittlerrechtes gefordert, dass der Versicherungsver-mittler vor Aufnahme seiner Vermittlungstätigkeit seinen Status zu offenbaren hat.

3. Zum Pflichtenkreis eines Versicherungsmaklers (OLG Celle, Urt. v. 06.04.2009, 11 U 220/08)

SachverhaltEin Versicherungsmakler vermittelte einem Kunden Versicherungsschutz für die Gebäudeversicherung eines vom VN für insgesamt einschl. Inventar für 105.000,00 € erworbenen Gebäudes. Der Versi-cherungsschutz sollte 836.000,00 € betragen. Die früheren Eigentümer betrieben in dem Gebäude ei-nen Swingerclub. Im vom Versicherungsmakler aus-gefüllten Antragsformular wurde das Gebäude als „Gasthaus mit Zahlbetrieb“ beschrieben.

Das Gebäude brannte infolge vorsätzlicher Brand-stiftung ab. Der Versicherer trat vom Versiche-rungsvertrag wegen Falschbeschreibung des zu versichernden Risikos zurück. Daraufhin nah der Versicherungsnehmer den Versicherungsmakler in Anspruch.

EntscheidungDas OLG Celle bejahte eine Pflichtverletzung des Versicherungsmaklers. Ein Versicherungsmakler habe weitgehende Pflichten. Als Vertrauter und Berater des Versicherungsnehmers sei er gehalten, individuellen Versicherungsschutz für das zu versi-chernde Risiko zu besorgen.

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Dazu gehört u.a., dass der Versicherungsmakler von sich aus das Risiko unter-ucht, ein zu versicherndes Gebäude prüft und seinen Kunden ständig, unver-züglich und ungefragt über die von ihm wichtigen Zwischen- und Endergebnisse seiner Bemühungen unterrichtet. Wegen dieser umfassenden Pflichten ist der Versicherungsmakler für den Bereich der Versicherungsverhältnisse der treuhänderähnliche Sachwalter des von ihm betreuten Versicherungs-nehmers.

Diese Pflichten waren bei Eindeckung des Versi-cherungsschutzes durch das falsche Ausfüllen des Versicherungsantrages verletzt worden. Den Versi-cherungsmakler trifft in einem solchen Fall die Be-weislast dafür, dass der Schaden auch bei vertrags-gerechter Erfüllung seiner Aufklärungspflichten und Beratungspflichten eingetreten wäre.

Das Gericht bejahte sodann ein erhebliches und im Rahmen des Schadenersatzanspruches zu berück-sichtigendes Mitverschulden, wenn ein Versi-cherungsnehmer den vom Versicherungsmakler offenkundig falsch ausgefüllten Versicherungsantrag unterschreibt.

Im konkreten Fall wurde ein Anspruch des Maklers sogar in toto verneint. Zahlreiche Indizien sprachen dafür, dass der Versicherungsnehmer an der vor-sätzlichen Brandstiftung beteiligt war und er den Versicherungsfall vorsätzlich herbeigeführt hat. Ein Versicherer ist in diesem Fall gem. §61 VVG a.F. von seiner Leistungspflicht befreit. Ist aber ein Versiche-rer befreit, kann der Versicherungsnehmer Ansprü-che gegen den Versicherungsmakler wegen Verlet-zung des Versicherungsmaklervertrages ebenfalls nicht geltend machen.

FazitDer Versicherungsmakler hat in diesem Falle letzt-endlich großes Glück gehabt. Der Fall zeigt, wie weit der Pflichtenkreis eines Versicherungsmaklers

reicht. Als Interessenvertreter eines Versicherungs-nehmers ist er zur umfassenden Betreuung aller Versicherungsinteressen seines Kunden und zu einer entsprechenden Beratung verpflichtet.

4. Anforderungen an die Darlegungslast des Versicherers im Provisionsrückforderungsprozess (LG Hamburg, Urt. v. 17.08.2010, 330 O 310/09)

SachverhaltEine Versicherungsgesellschaft nahm den für sie tätigen Vermittler im Status eines Handelsvertre-ters auf Rückzahlung von vorschüssig (diskontiert) an diesen gezahlten Handelsvertreterprovisionen in Anspruch. Im Vermittlervertrag war geregelt, dass die Provisionen nicht bereits mit Abschluss des je-weiligen Versicherungsvertrages, sondern erst mit Ablauf der jeweiligen sog. Stornohaftungszeit voll-ständig verdient sind. Sämtliche wechselseitigen Ansprüche aus dem Handelsvertreterverhältnis zwi-schen Versicherer und Handelsvertreter wurden in ein Kontokorrentkonto eingestellt und regelmäßig verrechnet. Die Kontokorrentauszüge wurden dem Handelsvertreter übersandt. Dieser hatte zu keinem Zeitpunkt Widerspruch dagegen erhoben.

Die EntscheidungDas Landgericht Hamburg gab der Klage des Ver-sicherers auf Provisionsrückzahlung statt. Ein Versicherer genügt seiner Darlegungslast im Pro-visionsrückforderungsprozess, wenn er eine Einzel-aufstellung vorlegt, aus welcher sich die jeweilige Vertragsnummer, Vor- und Zuname des jeweiligen Versicherungsnehmers, der Versicherungsbeginn, die vertraglich vereinbarte Beitragszahlungsdauer in Jahren, die tatsächliche Laufzeit der Versicherung bis zum Vertragsstorno in Monaten, die jeweilige Stornohaftungszeit, die an den Handelsvertreter vorschüssig bezahlte Provision sowie der sich hier-nach ergebende Rückforderungsbetrag in Euro so-wie schließlich das Datum der außergerichtlichen Zahlungsaufforderung ergeben.

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Wenn eine solche Aufstellung vorgelegt wird, kann sich ein Handelsvertreter nicht auf ein einfaches Bestreiten der Forderung zurückziehen. Ein solches Bestreiten ist unsubstantiiert. Ein Handelsvertreter, der Einwendungen erheben möchte, muss sich mit den in das Kontokorrentkonto eingestellten Forde-rungen im Einzelnen auseinandersetzen und hierzu qualifiziert vortragen.

Ein einfaches Bestreiten ist unbeachtlich, da einem Handelsvertreter, dem die oben im Einzelnen ge-nannten Informationen vorgelegt werden, ein Näheres Eingehen auf die Einzelrückforderungen möglich ist.

FazitDie Entscheidung ist interessengerecht. Wenn ihm Rahmen eines Rückforderungsanspruches die Ein-zelbeträge, aus denen sich der Gesamtbetrag zu-sammensetzt, detailliert beschrieben werden, ist es einem Handelsvertreter möglich und zumutbar, ge-nauso detailliert etwaige Einwendungen zu erheben.

5. Zur Frage der Wirksamkeit einer Provisions-verzichtsklausel bei Vermittlung von Riester-verträgen(OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 03.12.2010, 4 U 76/10)

SachverhaltZwischen einer Versicherungsgesellschaft und einem selbstständigen Handelsvertreter bestand ein „Vertretungsvertrag“. Der Handelsvertreter war u.a. berechtigt, fondsgebundene Rentenversicherungen und Produkte aus der Palette des Altersvermögens-gesetzes (u.a. Riesterverträge) zu vermitteln. Im Vermittlervertrag war geregelt, dass mit der Been-digung des Agenturvertrages jeder weitere Provisi-onsanspruch erlischt. Sofern auf erlöschende oder nicht mehr entstehende Provisionsansprüche ein Vorschuss geleistet war, sei dieser anteilig zurück-zuzahlen.

Die Versicherung verprovisionierte Riesterverträ-ge nicht nur mit einer Abschlussprovision aus dem Einlösebetrag, sondern auch mit den Abschluss-Fol-geprovisionen bis zum Ablauf der ersten zehn Ver-sicherungsjahre. Dafür leistete sie einen Vorschuss. Nachdem der Handelsvertreter das Vertragsverhält-nis durch eigene Kündigung beendet hatte, forderte die Versicherung nicht verdiente Provisionsvorschüsse zurück.

EntscheidungDas Gericht bejahte einen Rückzahlungsanspruch und führte aus, dass eine Provisionsverzichtsklau-sel, ausweislich welcher der Handelsvertreter bei Beendigung des Vertretervertrages auf weitere Ab-schluss-Folgeprovisionen aus der Vermittlung von sog. Riesterverträgen verzichtet, unbedenklich sei. Die Klausel sei für den Handelsvertreter weder über-raschend noch benachteilige sie ihn unangemessen. Derartige Provisionsverzichts- bzw. Rückzahlungs-klauseln seien vielfach üblich. Die dadurch entste-henden Provisionsverluste werden für den Handels-vertreter durch den Ausgleichsanspruch des § 89 Abs. 5 HGB ausgeglichen. Weiterhin profitiere der Versicherungsvertreter zu Beginn seiner Tätigkeit von der Provisionsverzichtsklausel, da er seinerseits Provision aus dem ihm übertragenen Bestand des-halb ziehen kann, weil sein Vorgänger, von dem er den Bestand übernommen hat, seinerseits auf die Folgeprovisionen verzichtet hat.

Dass ein Handelsvertreter im Fall einer Eigenkündi-gung den Ausgleichsanspruch verliere, sei die vom Gesetzgeber vorgegebene Rechtsfolge.

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FazitProvisionsverzichtsklauseln sind in Versicherungs-vertreterverträgen nicht selten und auch als AGB-Regelungen wirksam. Dies sollten Handelsvertreter, die das Vertragsverhältnis ihrerseits ordentlich kün-digen, berücksichtigen, da bei ordentlicher Eigen-kündigung der gesetzliche Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters entfällt.

6. Zu den Voraussetzungen einer Nachweis-Maklertätigkeit (OLG Naum-burg, Urt. v. 29.10.2010, 10 U 14/10)

SachverhaltEin Makler hatte den Auftrag zur Vermittlung eines Gewerbeobjektes. Ein zweiter Makler kam ins Spiel und schloss mit dem ersten Makler und dem dama-ligen Eigentümer des Objektes eine Vereinbarung über einen Mehrerlös bei einem Grundstücksge-schäft. Als Kaufinteressenten benannte der Zweit-Makler eine Firma F. Holding. Mit einem Vertreter dieser Holding fand auch eine Objektbesichtigung statt, an der der zweite Makler teilnahm. Ein dritter Makler benannte dem Eigentümer einen konkreten Kaufinteressenten. Es war eine Tochtergesellschaft einer Unternehmensgruppe, zu der auch die Holding gehörte.

Der Erst-Makler hat eine Provision vom Verkäufer erhalten. Der Zweit-Makler nahm den Erst-Makler in einer Stufenklage auf Auskunft in Anspruch und forderte 50 % des im Rahmen der Auskunftsertei-lung genannten Provisionsbetrages.

EntscheidungDas OLG Naumburg verneinte einen Auskunftsan-spruch des Zweit-Maklers. Dieser habe keinen hin-reichend konkreten Kaufinteressenten nachgewie-sen und damit seine Vertragsleistung gegenüber dem Erst-Makler nicht erbracht.

Die Leistung eines Nachweis-Maklers, der die Gele-genheit zum Abschluss eines Vertrages nachzuwei-sen hat, besteht in der Mitteilung des Maklers an seinen Auftraggeber, durch die dieser in die Lage versetzt wird, in konkrete Verhandlungen über den von ihm angestrebten Hauptvertrag einzutreten. Genügend ist in der Regel, dass der Makler durch seine Leistung dem Auftraggeber den Anstoß ge-geben hat, sich konkret um den Vertragsabschluss über das in Rede stehende Geschäft zu bemühen.

Der Nachweis einer Gelegenheit zum Abschluss eines Geschäftes setzt aber voraus, dass der nach-gewiesene Abschlussberechtigte zum Abschluss des beabsichtigten Vertrages bereit ist. Inhaltlich erfor-

dert ein Nachweis deshalb so konkrete Angaben - in der Regel Name und Anschrift - zu der Person, die zu substanziellen Verhandlungen über den Vertrags-abschluss berechtigt ist, dass der Auftraggeber ohne weiteres konkrete Verhandlungen aufnehmen kann. Der vom Nachweis-Makler benannte Vertrags- bzw. Ansprechpartner muss auch tatsächlich bereit sein, über das Objekt den in Rede stehenden Vertrag zu schließen.

Das Gericht verneinte, dass der zweite Makler mit der Benennung der „Holding“ als Kaufinteressenten den Erst-Makler in die Lage versetzt hat, in konkrete Ver-handlungen einzutreten. Es lagen auch keine besonderen Umstände vor, die Ausnahmen zugun-sten eines Nachweis-Maklers zulassen würden.

Da mithin kein Provisionsanspruch des Maklers gegeben war, wurde auch der Auskunftsanspruch verneint.

FazitWenn ein Makler die Gelegenheit zum Vertragsab-schluss nachgewiesen hat und seiner Nachweistä-tigkeit der Vertragsschluss in angemessenem Zeitab-stand nachfolgt, ergibt sich daraus der Schluss auf den Ursachenzusammenhang. Wenn aber kein hin-reichend konkreter Kaufinteressent nachgewiesen ist, ist auch nicht die erforderliche Vertragsleistung erbracht. Inhaltlich erfordert ein Nachweis im Regel-fall Name und Anschrift der Person, die abschlussbe-reit ist und mit der der Auftraggeber des Nachweis-Maklers in konkrete Verhandlungen eintreten kann.

7. Zur Frage des Ausgleichsanspruchs eines Handelsvertreters, dem vom Unternehmer ordentlich gekündigt wird, wenn zugleich Gründe vorliegen, die zur fristlosen Kündigung berechtigt hätten, die aber erst nach Vertragsende bekannt wurden(EuGH, Urt. v. 28.10.2010, Rs C-203/09, Volvo Car Germany GmbH gegen Autohof Weidensdorf GmbH)

SachverhaltEinem Volvo-Vertragshändler war vom Autoher-steller ordentlich gekündigt worden. Nach Beendi-gung des Vertragshändlerverhältnisses erfuhr der Hersteller von Verfehlungen, die ihn auch zur frist-losen Beendigung des Vertragshändlervertrages be-rechtigt hätten. Der Vertragshändler forderte nach den Grundsätzen des Handelsvertreterrechts einen Ausgleichsanspruch. Der BGH wendet in stän-diger Rechtsprechung bei bestimmten Vorausset-zungen die Grundsätze des Ausgleichsanspruches, der einem Handelsvertreter zusteht, auch auf den Vertragshändler an. Nach § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB

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besteht kein Ausgleichsanspruch, wenn der Unter-nehmer das Vertragsverhältnis wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters aus wichtigem Grund gekündigt hat. Bisher hatte der BGH einen Ausgleichsanspruch in solchen Fällen abgelehnt, weil er es als ausreichend ansah, wenn ein wichtiger Grund objektiv vorlag. Nunmehr hatte der BGH di-ese Frage dem EuGH vorgelegt, weil nach Art. 18 der EU-Richtlinie betreffend die selbstständigen Handelsvertreter der Ausgleichsanspruch (nur) dann nicht besteht, wenn der Unternehmer den Vertrag wegen eines schuldhaften Verhaltens des Handels-vertreters beendet hat.

Die EntscheidungDer EuGH hat entschieden, dass der Ausgleichsan-spruch nur dann entfällt, wenn der Unternehmer „wegen“ des schuldhaften Verhaltens die Kündi-gung ausgesprochen hat. Damit hat der EuGH nicht nur den BGH überrascht, sondern auch den Gene-ralanwalt des EuGH, der darauf hingewiesen hatte, dass auch der Handelsvertreter gewisse Pflichten habe und Weisungen des Unternehmens nach-kommen müsse. Ein Verstoß gegen Pflichten müsse Sanktionen nach sich ziehen. Des Weiteren sei es nicht gerechtfertigt, den Handelsvertreter anders zu behandeln, dem es gelinge, sein Fehlverhalten bis nach Vertragsende zu verheimlichen.

Allerdings hat der Handelsvertreter nach Art. 17 der EU-Richtlinie Anspruch auf einen Ausgleich, wenn und soweit die Zahlung eines solchen Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände der Billigkeit entspricht. Der BGH könnte also durch diese Hinter-tür doch noch den Ausgleichsanspruch ganz oder zumindest weitgehend verneinen.

FazitDie Praxisfolgen können gravierend sein. Für ein Unternehmen, welches das Handelsvertreterver-hältnis/Vertragshändlerverhältnis ordentlich gekün-digt hat, schuldet grundsätzlich einen Ausgleichsan-spruch. Erfährt es allerdings noch vor Vertragsende

von einem Fehlverhalten des Absatzmittlers und spricht sogleich eine Kündigung aus wichtigem Grund aus, führt dies zum Anspruchswegfall. Handelsvertreter/Vertragshändler müssen deshalb künftig noch mehr als bislang „bis zum letzten Tag ihrer Tätigkeit“ damit rechnen, vom Unternehmen genau beobachtet zu werden.

8. Zum Anspruch des Handelsvertreters auf kostenlose Überlassung von Hilfsmitteln (BGH, Urt. v. 04.05.2011, VIII ZR 10/10 und VIII ZR 11/10)

SachverhaltEin Unterhandelsvertreter stritt mit seinem Ge-schäftsherrn (Handelsvertreter, Unternehmer) da-rüber, inwieweit ein Anspruch auf kostenlose Überlassung von Hilfsmitteln besteht, die bei der Vermittlung von Finanzprodukten zum Einsatz kom-men. Der Prinzipal (Handelsvertreter) bot seinen (Unter-)Handelsvertretern kostenpflichtige Schu-lungs- und Fortbildungsmaßnahmen an. Gegen Entgelt konnten die Unterhandelsvertreter verschie-dene Artikel wie Briefpapier, Visitenkarten, Datener-hebungsbögen und Werbegeschenke mit dem Logo des Handelsvertreters (Prinzipals) erwerben. Der Prinzipal gab auch eine Zeitschrift „Finanzplaner“ heraus, die die Unterhandelsvertreter für die von ih-nen betreuten Kunden bestellen konnten. Aufgrund eines gesondert abgeschlossenen Vertrages wurde den Unterhandelsvertretern die Nutzung der Ver-triebssoftware des Prinzipals gegen Zahlung eines monatlichen Entgelts ermöglicht. Mit den jeweils entstandenen Kosten wurden die Provisionskonten belastet. Die klagenden Unterhandelsvertreter ver-langten die Zahlung der einbehaltenen Beträge.

EntscheidungGemäß § 86a Abs. 1 HGB muss ein Unternehmer (Prinzipal) dem Handelsvertreter die zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Unterlagen kostenlos zur Verfügung stellen. Der Begriff der erforderlichen Unterlagen wird in der Gesetzesnorm durch einige Beispiele näher eingegrenzt. Im konkreten Fall hatte

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der BGH einen Anspruch auf kostenlose Überlassung von Hilfsmitteln nur für das Softwarepaket bejaht. Dieses enthielt Komponenten, ohne die eine Ver-mittlungstätigkeit der Unterhandelsvertreter nicht möglich gewesen wäre. Demgegenüber habe ein Handelsvertreter die in seinem Geschäftsbetrieb an-fallenden Aufwendungen selbst zu tragen. Dazu ge-hören insbesondere die Büroausstattung, aber auch Werbegeschenke sowie die Zeitschrift „Finanzplaner“, die im konkreten Fall nicht als Produktbroschüre an-zusehen war, sondern zur allgemeinen Kundenpflege eingesetzt werden sollte. Auch Schulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen muss ein Prinzipal den Handelsvertretern nicht kostenlos gewähren, soweit es nicht um die Vermittlung von Produktin-formationen geht, sondern um den Erwerb zu-sätzlicher Qualifikationen, damit beispielsweise das Tätigkeitsfeld erweitert werden konnte.

FazitMit dieser Entscheidung hat der BGH sowohl der Rechtsprechung des OLG Celle als auch des OLG Köln eine Absage erteilt, die bei der Beurteilung von Hilfsmitteln als notwendigen Unterlagen einen großzügigeren Maßstab angewandt hatten. Spezi-ell bei Werbegeschenken und Kundenzeitschriften sollten Handelsvertreter künftig im Auge behalten, dass es sich hierbei um keine kostenlosen Hilfsmittel handelt, sondern vom Unternehmen Entgelte gefor-dert werden können.

9. Der Handelsvertreterausgleichsanspruch erhöht den laufenden Gewinn (BFH, Urt. v. 09.02.2011, IV R 37/08)

SachverhaltEine vormals allein als Vermittlerin von Versiche-rungsverträgen, Bausparverträgen, Darlehen und Immobilien tätige Finanzdienstleisterin schloss sich mit einer weiteren Person zu einer GbR zusammen. Der Versicherungsbestand wurde in die GbR einge-bracht. Nach dem altersbedingten Ausscheiden aus der GbR, die nur aus zwei Personen bestand, führte der verbleibende Gesellschafter die Geschäfte fort. Im Jahr nach dem Ausscheiden wurde ein Handels-vertreterausgleichsanspruch von knapp 148.000,00 € fällig. Das Finanzamt errechnete diesen Ausgleichs-anspruch bereits den Einkünften aus Gewerbebe-trieb des Vorjahres zu und verneinte eine Tarifbe-günstigung nach § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG.

EntscheidungDer BFH hob die die Klage des Steuerpflichtigen abweisende Entscheidung des Finanzgerichts be-reits wegen Verletzung von Formverstößen auf. In materiell-rechtlicher Hinsicht wies der BFH darauf

hin, dass es sich bei dem Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB um eine Forderung handele, deren Ent-stehung einkommensteuerrechtlich dem laufenden Gewinn zuzuordnen ist und nicht dem Aufgabe- oder Veräußerungsgewinn. Dies gelte auch dann, wenn die Beendigung des Vertragsverhältnisses mit der Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs eines Handelsvertreters zusammenfalle. Der Ausgleichs-anspruch diene der Abgeltung einer bereits gelei-steten Tätigkeit. Deshalb scheide auch die Annah-me eines firmenwertähnlichen Rechts (immaterielles Wirtschaftsgut) aus, dessen stille Reserven anlässlich einer Betriebsaufgabe aufzulösen wären.

Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters nach § 89b HGB entsteht bereits mit Beendigung des Ver-tragsverhältnisses. Er ist deshalb grundsätzlich auch zu diesem Zeitpunkt zu aktivieren. Damit ist aller-dings noch nichts darüber gesagt, in welcher Höhe solche Ausgleichsansprüche in den Bilanzen anzu-setzen sind. Hierfür gilt der allgemeine Grundsatz, dass alle Umstände zu berücksichtigen sind, die bis zur Aufstellung der Bilanz bekannt werden.

FazitDer BFH bekräftigt seine Rechtsprechung, dass der Handelsvertreterausgleichsanspruch zu laufendem Gewinn führt. Soweit der Ausgleichsanspruch zu außerordentlichen Einkünften im Sinne des § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG führt, ist eine Steuerbegünstigung nur nach Maßgabe des Absatzes 1 der Vorschrift zu gewähren (sog. Fünftel-Regelung). Die in § 34 Abs. 3 EStG geregelte Steuerbegünstigung kommt nicht in Betracht, denn sie wird auf Antrag nur für Ver-äußerungsgewinne im Sinne von § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG gewährt. Eine Verfassungswidrigkeit dieser Fünftel-Regelung hat der BFH verneint. Auch die Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils wird dem Steuerpflichtigen im Ergebnis mithin nicht zu einem Sieg verhelfen.

10. Zur Frage, ob Versicherungsvermittler für die Nachbetreuung von Versicherungsverträgen Rückstellungen bilden dürfen (BFH, Urt. v. 19.07.2011, X R 26/10, X R 8/10, X R 9/10 und X R 48/08)

SachverhaltVersicherungsvertreter hatten in ihren Steuererklä-rungen Rückstellungen für die Verpflichtung zur Nachbetreuung von Versicherungsverträgen ge-bildet. Die Finanzverwaltung lehnte eine Rückstel-lungsbildung ab, da diese Bildung eine ungewisse Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten voraus-setze. Außerdem setze eine Rückstellungsbildung voraus, dass der Verpflichtete aus wirtschaftlicher

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Sicht „wesentlich“ belastet werde. Die Nachbe-treuung laufender Lebensversicherungsverträge stelle für den Versicherungsvermittler jedoch keine wirtschaftlich „wesentliche“ Belastung dar.

EntscheidungGemäß § 5 Abs. 1 EStG sind für ungewisse Ver-bindlichkeiten Rückstellungen zu bilden. Insoweit entspricht es der gefestigten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, dass Rückstellungen we-gen Erfüllungsrückstandes zu bilden sind, wenn ein Versicherungsvertreter die Abschlussprovision nicht nur für die Vermittlung der Versicherung, sondern auch für die weitere Betreuung des Versicherungsvertrages erhält (z.B. BFH, Urt. v. 28.07.2004, XI R 63/03). Nach Ansicht des BFH in den jetzt veröffentlichten Urteilen lässt sich den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung und den Regelungen des EStG keine Beschrän-kung der Pflicht zur Bildung von Rückstellungen auf „wesentliche“ Verpflichtungen entnehmen. Für die Beurteilung der Wesentlichkeit ist nicht auf die künftigen Betreuungsaufwendungen für den einzelnen Vertrag, sondern auf die im Un-ternehmen des Steuerpflichtigen künftig insge-samt anfallenden Aufwendungen für die Betreu-ung abzustellen. Die Bildung einer Rückstellung für die Pflicht zur Nachbetreuung von Versiche-rungsverträgen setzt insoweit voraus, dass eine

rechtliche Verpflichtung besteht. Außerdem dürfen nur Leistungen für die Betreuung bereits abgeschlos-sener Verträge einbezogen werden. Werbeleistungen mit dem Ziel, Kunden zu neuen Vertragsabschlüssen zu veranlassen, sind nicht rückstellbar. Dies gilt auch bei Bestandskunden, die für Neuabschlüsse geworben werden sollen.

Für die Höhe der Rückstellung ist der jeweilige zeit-liche Aufwand für die Betreuung pro Vertrag und Jahr von entscheidender Bedeutung. Der Steuerpflichtige muss den voraussichtlichen Zeitaufwand im Einzelnen darlegen. Die Aufzeichnungen müssen so konkret und spezifiziert sein, dass eine angemessene Schätzung der Höhe der zu erwartenden Betreuungsaufwen-dungen möglich ist. Die Aufwendungen sind vertrags-bezogen zu führen. Darlegungs- und beweisbelastet ist der Steuerpflichtige.

FazitDie vom BFH in den jüngsten Urteilen gegebenen Hin-weise sind für alle Steuerpflichtigen von großer Bedeu-tung, die aufgrund von Rechtspflichten zur Nachbe-treuung von vermittelten Verträgen verpflichtet sind. Vor allem hat der BFH auch klargestellt, dass die bishe-rigen Aussagen zum Wesentlichkeitsgrundsatz nicht tragend sind und kein Argument gegen eine Rückstel-lungsbildungsmöglichkeit sind.

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V. Versicherung

Der umfassenden Beratung bei Eindeckung des Versicherungsschutzes kommt eine wichtige Rolle zu, denn es geht vor allem um die Frage des pas-senden Versicherungsschutzes. Dennoch gilt gerade bei Abschluss von Versicherungsverträgen auch der Grundsatz der Eigeninformationspflicht eines Ver-sicherungsnehmers. Grundsätze, die bei der Bera-tung anderer Kapitalanlagen heute selbstverständ-lich sind, lassen sich deshalb nicht 1:1 auf Fragen im Zusammenhang mit dem Abschluss von Versi-cherungsverträgen übertragen. Zwei Oberlandesge-richte verneinten dies beispielsweise im Hinblick auf die Frage, ob die Grundsätze der Kick-Back-Recht-sprechung zu beachten sind.

1. Kick-Back-Rechtsprechung gilt bei fondsge-bundener Lebensversicherung nicht (OLG Köln, Beschl. v. 29.10.2010, 20 U 100/10)

SachverhaltVersicherungsnehmer und Versicherungsgesellschaft stritten über Ansprüche aus einem Lebensversiche-rungsvertrag. Der Versicherungsnehmer verlangte die Rückzahlung gezahlter Versicherungsbeiträge und machte u.a. geltend, er habe einen Bereiche-rungsanspruch, weil er den im Jahr 2004 abgeschlos-senen Versicherungsvertrag auch noch im Jahr 2008 wirksam hätte widerrufen können. Au-ßerdem sei er beim Abschluss der Versicherung nicht versiche-rungsnehmergerecht beraten worden. Insbesondere sei er nicht auf Kick-Backs hingewiesen worden, die es von den Investmentgesellschaften geben würde.

EntscheidungDas OLG Köln bestätigt die die Klage abweisende Entscheidung des Landgerichts. Ein Widerrufsrecht habe dem Versicherungsnehmer im Jahr 2008 nicht mehr zugestanden. Europarechtliche Bedenken ge-

gen die Bestimmungen des § 5a VVG a.F. bestünden nicht. Ein Recht zum Widerspruch erlischt spätestens ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie.

Soweit der Versicherungsnehmer beanstandet, er sei nicht ordnungsgemäß über den Rückkaufswert und die Verwendung der Abschluss- und Verwal-tungskosten und die damit verbundenen finanzi-ellen Nachteile unterrichtet worden, scheidet eine zu einem Schadenersatzanspruch führende Pflicht-verletzung von vornherein aus. Eine Aufklärung ist zwar geboten. Sie erfolgt aber regelmäßig über die schriftlichen Verbraucherinformationen nach § 10a VAG a.F. Eine Beratungspflichtverletzung ergebe sich auch nicht aus dem nicht erfolgten Hinweis, nicht auf sog. Kick-Backs hingewiesen worden zu sein. Die vom BGH im Zusammenhang mit Anlage-beratungsverträgen herangezogene Interessenkol-lision bestehe für einen Versicherer nicht. Diesem stehe es frei, in welche Fonds er die Versicherungs-beiträge der Versicherungsnehmer investiere.

FazitAktuell wird immer wieder versucht, Ansprüche von Versicherungsnehmern auf Beitragsrückzahlungen mit Verstößen gegen § 5a VVG a.F. zu begründen. In solchen Fällen wird dann stets vorgebracht, die-se Vorschrift verstoße gegen Europarecht. Des Wei-teren wird auch wiederholt versucht, die Parallele zwischen den Anforderungen an Aufklärungspflich-ten bei der Vermittlung von Versicherungsverträ-gen und der Vermittlung anderer Anlageprodukte, insbesondere Investmentfonds oder geschlossene Fondsbeteiligungen, zu ziehen. Das OLG Köln ver-neint einen solchen Anspruch, weil es einer Versi-cherung frei stünde, in welche Investmentfonds die zur Anlage bestimmten Beitragsteile investiert wer-den sollen. Erst Recht müssen diese Grundsätze gel-

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ten, wenn der Versicherungsnehmer selbst die Wahl hat, bestimmte Investmentfonds auszuwählen. Bei zahlreichen Fondspolicen ist dies der Fall.

2. Kick-Back-Rechtsprechung ist auf die Ver-mittlung einer Lebensversicherung durch einen Versicherungsagenten nicht übertragbar(OLG Stuttgart, Urt. v. 23.12.2010, 7 U 187/10)

SachverhaltEin Versicherungsnehmer hatte im Juni 1989 eine Lebensversicherung für die Dauer von 30 Jahren ab-geschlossen. Zuvor deckte er von dritter Seite ein Darlehen zur Finanzierung einer Immobilie ein. Der Darlehensgeber hatte vorgeschlagen, die Finanzierung mit einer Kapital-Lebensversicherung zu kombinieren und vermittelte den Kontakt zu einem Versiche-rungsvermittler.

Nach Beitragsfreistellung ab April 2004 kündigte der Versicherungsnehmer die Versicherung im Jahr 2009 und erhielt einen Rückkaufswert. Mit seiner Klage forderte er die Rückerstattung der Beiträge und Leistung von Nutzungs- sowie Schadenersatz. Bei Abschluss der Versicherung sei er nicht über die Nachteile einer vorzeitigen Kündigung, die Kosten-struktur, den Unterschied zwischen der garantierten Rendite und der Überschussbeteiligung, die Zillmerung und die Vertriebsprovision für den Vermittler in Höhe von 3 % aufgeklärt worden.

EntscheidungDas OLG Stuttgart wies die Klage ab. Es vernein-te dabei einen Schadenersatzanspruch wegen Ver-letzung von Auskunfts- bzw. Beratungspflichten. Im konkreten Fall sei von einer Auskunfts-, keinem Beratungsvertrag auszugehen. Der Versicherungsa-

gent hatte sich ausdrücklich als Vermittler bezeichnet. Wenn eine Beratung stattgefunden haben sollte, dann zuvor bei Eindeckung der Finanzierung. Der Versicherungsvermittler wurde im konkreten Fall hinzu gerufen, um Informationen über eine Kapital-Lebensversicherung zu erteilen, nachdem die Bank eine Kombination zwischen Darlehen und Kapital-Lebensversicherung empfohlen hatte.

Das Gericht verwies insoweit auch auf den im Ver-sicherungsrecht geltenden Grundsatz der umfas-senden Eigeninformationspflicht eines Versiche-rungsnehmers. Besondere Informationspflichten bestehen regelmäßig nur auf Fragen des Versiche-rungsnehmers bzw. dann, wenn für den Versiche-rer aus anderen Gründen erkennbar weiterer Infor-mationsbedarf des Versicherungsnehmers besteht. Konkret sei der Vermittler auch nicht verpflichtet gewesen, über die Höhe seiner Vertriebsprovision aufzuklären. Die Kick-Back-Rechtsprechung des BGH sei auf einen Fall wie den vom Gericht zu be-urteilenden nicht übertragbar. Die vom BGH bejahte Informationspflicht von Anlageberatern, über Provi-sionen oder sonstige Sondervorteile aufzuklären, er-gebe sich aus der Notwendigkeit, den Interessenten mögliche Interessenkonflikte der Berater bewusst zu machen, wenn diese Anlageempfehlungen nicht nur nach den Kriterien anleger- und objektgerechter Beratung, sondern zumindest auch im eigenen In-teresse zum Erhalt hoher Rückvergütungen geben. Entsprechende Interessenkonflikte setzten aber zum einen eine gewisse Höhe der Rückvergütungen und zum anderen voraus, dass es sich um eine unabhän-gige Beratung allein im Kundeninteresse handeln sollte.

Insoweit sei der Hinweis im Versicherungsantrag, dass dem Versicherer Abschlusskosten entstehen, ausreichend. Daraus konnte die Zahlung von Ver-mittlungsprovisionen abgeleitet werden.

Das Gericht verneinte auch eine Aufklärungspflicht-verletzung hinsichtlich der Nachteile vorzeitiger Kündigung sowie über Zillmerung und Überschuss-beteiligung. Über diese Punkte sei teilweise in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB’s) in-formiert worden und über die Zillmerung und die Funktionsweise der Lebensversicherung im Hinblick auf die Überschussbeteiligung war jedenfalls im konkreten Fall nicht aufzuklären, denn im konkreten Fall war ein Versicherungsvertrag aus der Zeit vor der Deregulierung betroffen. Damals erfolgte die Bestimmung der Abzüge für die Rückkaufswerte sowie die Festsetzung der jährlichen Boni der Über-schussanteile nach dem vom Bundesaufsichtsamt für Versicherungen genehmigten Geschäftsplan.

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FazitDas Gericht befasste sich mit der Frage von Auf-klärungspflichtverletzungen aus einem Altvertrag (vor 1994 abgeschlossen) und in Bezug auf einen Versicherungsvermittler. Da - wie auch der BGH wiederholt festgestellt hat - allgemein bekannt ist, dass für den Abschluss von Versicherungsverträgen Abschlusskosten anfallen, ist die Entscheidung des OLG Stuttgart eine Bestärkung dieses Grundsatzes, solange sich die Abschlusskosten im üblichen Rah-men halten.

3. Zur Frage der Haftung eines Versicherungs-maklers, der gezillmerte Tarife für einen Direkt-versicherungsvertrag empfahl (OLG Köln, Urt. v 01.06.2010, 9 U 11/10)

SachverhaltEin Arbeitgeber bot im Jahr 2003 seinen Arbeit-nehmern die Möglichkeit der betrieblichen Altersversorgung durch Entgelt-Umwandlung. Ein Versicherungsmakler vermittelte mehrere Direkt-versicherungen. Der Arbeitgeber schloss als Versi-cherungsnehmer die Versicherungsverträge jeweils auf das Leben der Mitarbeiter ab. Die Mitarbeiter kritisierten in der Folgezeit die Verträge, insbeson-dere hinsichtlich ihres geringen Rückkaufswerts, möglicher Nachteile bei Wechsel des Arbeitgebers, mangelnder Transparenz der Kostenstrukturen, mangelnder Transparenz der Anlageperformance und der fehlenden Möglichkeit der Beitragsfrei-

stellung. Nach Einstellung sämtlicher Prämienzah-lungen kündigte die Versicherung die Verträge. Zahlungen von etwas mehr als 20.000,00 € standen Rückkaufswerte von etwas mehr als 11.500,00 € gegenüber. Der Arbeitgeber und einer der Versiche-rungsnehmer nahmen den Makler auf Schadener-satz in Anspruch.

EntscheidungDas Gericht verneint eine Pflichtverletzung des Ver-sicherungsmaklers und damit einen Anspruch auf Schadenersatz. Dass ein gezillmerter Tarif Verwen-dung fand, verletzte nicht das Wertgleichheitsgebot von § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG. Die Direktversicherung bilde einen Durchführungsweg für die betriebliche Altersversorgung. Direktversicherungen dienten nicht der Vermögensbildung, sondern in erster Li-nie der Abdeckung biometrischer Risiken. Direkt-versicherungen zur Abwicklung einer betrieblichen Altersversorgung sind demnach auch von privaten Lebensversicherungen zu unterscheiden. Insbeson-dere führe die Zillmerung nicht zur Unwirksamkeit der Entgelt-Umwandlungsvereinbarung (vgl. hierzu auch BAG v. 15.09.2009, 3 AZR 17/09).

Eine Pflichtverletzung des Maklers sei auch nicht da-durch gegeben, dass die vermittelten Direktversiche-rungsverträge keine Beitragsfreistellungsregelung vorsehen. Die Direktversicherung sei auf längerfri-stige und dauerhafte Prämienzahlung ausgerichtet. Bei Kündigung des Arbeitsverhältnisses sehe § 2 Abs. 2 BetrAVG vor, dass sich die Versicherung in eine prämienfreie Versicherung umwandle. Insoweit blieben nach näherer Maßgabe die Beiträge stehen und würden nach Ende der Laufzeit ausbezahlt.

Die Portabilität war dadurch gewährleistet, dass der Arbeitnehmer das Recht hatte, die Versicherungen mit eigenen Beiträgen fortzuführen.

Dass durch die Kündigung der Lebensversicherungs-verträge Nachteile entstanden seien, beruhe auf dem Entschluss des Arbeitgebers, die Versicherungs-verträge nicht mehr zu bedienen. Im Wirtschaftsleben tätigen Personen müsse es bekannt sein, dass eine vorzeitige Beendigung eines Lebensversicherungs-vertrages nachteilhaft ist. FazitAuch wenn die Entscheidung einen Sachverhalt aus der Zeit vor der VVG-Reform betrifft und die heutigen Anforderungen an den Kostenausweis wesentlich strenger sind, stellt das Gericht insbe-sondere zwei Dinge fest: Ein gezillmerter Lebens-versicherungstarif führt nicht zur Unwirksamkeit der Entgelt-Umwandlung. Ein Versicherungsmakler, der einen gezillmerten Lebensversicherungsvertrag

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empfiehlt, macht sich deshalb nicht von vornherein schadenersatzpflichtig (vorbehaltlich besonderer Umstände und erkennbarem Beratungsbedarf im Einzelfall).

Außerdem stellt das Gericht noch einmal explizit fest, dass es im Wirtschaftsleben tätigen Personen bekannt sein dürfte, dass eine vorzeitige Beendi-gung eines Lebensversicherungsvertrages nachteil-haft ist.

4. Anforderungskriterien für die Nachbearbei-tung notleidender Versicherungsverträge (BGH, Versäumnisurteil v. 01.12.2010, VIII ZR 310/09)

SachverhaltEs entspricht auch heute noch allgemein gängiger Praxis in der Versicherungswirtschaft, dass Provisi-onen und Courtagen für Lebens- und Rentenversi-cherungsverträge diskontiert bezahlt werden und sich erst anschließend pro rata temporis verdienen. Ein Versicherungsunternehmen stritt mit einem durch eine Courtagevereinbarung angebundenen und als Versicherungsmakler registrierten Vermittler um die Rückzahlung von Courtage- und Organisati-onszuschüssen. Solche Organisationszuschüsse wer-den häufig bezahlt, wenn über die bloße Vermitt-lungsleistung hinaus zur Entlastung des Versicherers weitergehende Aufgaben übernommen werden.

Der Versicherungsmakler wandte ein, vom Versi-cherer nicht, jedenfalls nicht rechtzeitig, darüber informiert worden zu sein, dass bestimmte Verträge notleidend geworden sind. Nachdem er die vom Versicherer geforderten Courtagevorschüsse und Organisationszuschüsse nicht zurückbezahlt hatte, erhob der Versicherer Klage.

EntscheidungDie die Klage abweisenden Entscheidungen der Vorinstanzen hob der BGH auf und wiederholte insoweit schon seit langem geltende Grundsätze, welche Nachbearbeitungsmaßnahmen erforder-lich sind und von wem sie durchzuführen sind. Mit Rücksicht auf die Besonderheiten, die sich aus der Natur des Versicherungsverhältnisses ergeben, ist anerkannt, dass das Versicherungsunternehmen im Regelfall nicht gehalten ist, im Klagewege gegen säumige Versicherungsnehmer vorzugehen, wenn außergerichtliche Maßnahmen erfolglos geblieben sind. Entscheidend ist allerdings, dass notleidende Verträge im gebotenen Umfang „nachbearbeitet“ wurden. Hier kann das Versicherungsunternehmen entweder eigene Maßnahmen zur Stornoabwehr ergreifen oder sich darauf beschränken, dem Ver-

sicherungsvertreter durch eine Stornogefahrmittei-lung Gelegenheit zu geben, den notleidend gewor-denen Vertrag selbst nachzubearbeiten.

Diese Pflicht gilt - kraft Gesetzes - für einen Versi-cherungsvertreter. Inwieweit sie auf einen Versiche-rungsmakler zu übertragen ist, ist umstritten, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab und ist regel-mäßig in den Tatsacheninstanzen (erste und zweite Instanz, nicht BGH) festzustellen. Nachdem des OLG Celle eine Schutzwürdigkeit des Versicherungsmak-lers im konkreten Fall bejaht hatte, ging der BGH im Weiteren von diesem Umstand aus. Er verwies in diesem Zusammenhang auf die konkrete Ausgestal-tung in der Vereinbarung über die Zusammenarbeit, nach der nicht lediglich Courtagen geschuldet wa-ren, sondern auch Organisationszuschüsse bezahlt werden sollten. Der Versicherer hatte behauptet, den Vermittler rechtzeitig durch Stornogefahrmittei-lungen über notleidend gewordene Versicherungs-verträge informiert zu haben. Außerdem seien die Versicherungsnehmer gemahnt worden.

Die üblichen Mahnschreiben einer Versicherung an Versicherungsnehmer reichen - so der BGH - aller-dings als Maßnahme zur Störfallbearbeitung nicht aus. Wenn sich ein Versicherungsunternehmen ent-schließt, eigene Maßnahmen zur Stornoabwehr zur ergreifen, ist es im Regelfall erforderlich, dass der Unternehmer/Versicherer aktiv tätig wird und den Versicherungsnehmer zur Erfüllung seiner Vertrags-pflichten ernsthaft und nachdrücklich anhält. Auf das Provisionsinteresse des Versicherungsvermitt-lers ist Rücksicht zu nehmen. Entschließt sich ein Versicherer, bei Stornogefahr dem Versicherungs-vertreter (oder hier Versicherungsmakler) eine Stor-nogefahrmitteilung zu übermitteln, muss er dies so rechtzeitig tun, dass bei normalem Verlauf mit dem rechtzeitigen Eingang einer solchen Mitteilung beim Vermittler zu rechnen ist und dieser seiner Pflicht zur Stornogefahrabwehr in ausreichendem Maße nachkommen kann. Übersendet der Versi-

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cherer Stornogefahrmitteilungen durch die Post, so darf er grundsätzlich darauf vertrauen, dass die Postsendung ordnungsgemäß befördert wird und am folgenden Werktag ausgeliefert wird. Geht eine Stornogefahrmitteilung ausnahmsweise auf dem Postweg verloren, so ist dies ein Umstand, den ein Versicherer nicht im Sinne des § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB zu vertreten hat.

FazitDer BGH führt noch einmal aus, welche Pflichten einem Versicherer gegenüber den für ihn tätigen Versicherungsvermittlern auferlegt sind, soweit es um die „Rettung des Vermittlerverdienstes“ geht. Nicht selten wurde von betroffenen Vermittlern im-mer eingewandt, Stornogefahrmitteilungen über-haupt nicht erhalten zu haben. Hier entlastet der BGH nunmehr die Versicherer, die nachweisen kön-nen, dass sie Stornogefahrmitteilungen rechtzeitig zur Post gegeben haben. Gleiches dürfte gelten, wenn die Mitteilungen auf anderem Wege, z.B. durch Telefax oder E-Mail, versandt werden, sofern der Versicherer ein den Versand an die richtige Faxnummer bestätigendes Sendeprotokoll vorlegen kann oder er nachweisen kann, dass er eine Mitteilung per E-Mail an die richtige E-Mailadresse versandt hat.

5. Zur Frage, ob bei unterjährlicher Zahlung von Versicherungsbeiträgen und Erhebung von Ratenzahlungszuschlägen deren Höhe und der effektive Jahreszins anzugeben sind (OLG Hamburg, Urt. v. 18.11.2011, 9 U 103/11, nrkr.)

SachverhaltEin Verbraucherschutzverein fordert von einer Versi-cherungsgesellschaft, in den Allgemeinen Versiche-rungsbedingungen die Möglichkeit unterjährlicher Zahlungen zu ermöglichen, für die Ratenzuschläge erhoben werden, ohne deren Höhe und ohne den effektiven Jahreszins, der für die Zuschläge zu ent-richten ist, anzugeben.

EntscheidungDas Gericht verneinte sowohl einen Verstoß gegen

Vorschriften der Preisangabenverordnung als auch einen Verstoß gegen § 506 BGB. Auch wenn der Begriff des Anbietens im Sinne von § 1 Preisanga-benverordnung (PAngV) weit zu fassen ist, dienen Allgemeine Versicherungsbedingungen dazu, Re-gelungen oder Informationen für eine Vielzahl von Verträgen vorzuhalten. Sie stellen deshalb kein An-bieten im weitesten Sinn dar. § 6 PAngV ist auf Ver-sicherungsverträge, die eine während des Bestands des Versicherungsvertrages wiederkehrende Bei-tragszahlung vorsehen, ebenso wenig anzuwenden wie die Regeln des BGB über den Verbraucherkredit-vertrag.

Das Gericht weist des Weiteren darauf hin, dass die Widerrufsrechte von Versicherungsverträgen und Verbraucherkreditverträgen unterschiedlich ausge-staltet sind. Würden Versicherungsverträge in den Anwendungsbereich des § 506 BGB einbezogen, entstünden nur schwer lösbare Widersprüche.

Im Übrigen liegt auch kein entgeltlicher Zahlungs-aufschub vor. Ein Zahlungsaufschub ist das Hinaus-schieben der vereinbarten Fälligkeit der vom Ver-braucher geschuldeten Zahlung gegenüber der sich aus dem dispositiven Recht ergebenden Leistungs-zeit, um ihm die Zahlung des vereinbarten Preises zu erleichtern. Durch die Vereinbarung unterjährlicher Prämienzahlung wird aber keine vom dispositiven Recht abweichende Bestimmung der Fälligkeit im Sinne eines entgeltlichen Zahlungsaufschubs vorge-nommen.

Insoweit ist es genügend, wenn in Allgemeinen Ver-sicherungsbedingungen darauf hingewiesen wird, dass bei unterjährlicher Beitragszahlung Ratenzah-lungszuschläge erhoben werden. Dies genügt dem Transparenzgebot. Angaben zur Höhe der Raten-zahlungszuschläge sind nicht erforderlich.

FazitDie praktische Bedeutung dieser - noch nicht rechts-kräftigen - Entscheidung ist enorm. Ratenzahlungs-zuschläge bei unterjährlicher Zahlungsweise sind in Versicherungsverträgen weit verbreitet. Aufsichts-rechtlich sind die Versicherer verpflichtet, alle Versi-cherungsnehmer gleich zu behandeln. Die in Raten gezahlte Jahresprämie trägt nicht in gleichem Um-fang zu Ergebnissen einer Lebensversicherung oder Rentenversicherung bei wie die zu Beginn des Versi-cherungsjahres gezahlte Jahresprämie. Ohne einen Zuschlag würde der Ratenzahler also einen höheren Ertrag erhalten als der Jahreszahler. Auch wenn das OLG Hamburg diese tragenden Gesichtspunkte de-tailliert herausgearbeitet hat, bleibt abzuwarten, wie sich der BGH zu diesen Grundsätzen äußern wird.

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I. Haftungsrechtsprechungaktuell

1. Prospekthaftung im engeren und im weiteren Sinn, Prospektverantwortung

2. Rechtsprechung zu Kick-Backs und Rückvergütungen

3. Sonstige Aufklärungs-, Nachforschungs- und Informationspflichten

4. Zur Frage des Zeitpunkts, wann die Aufklärung gegenüber dem Anlageinteressenten geschuldet wird

5. Haftung aus unerlaubter Handlung

6. Zusammenwirken zwischen Bank und Vertrieb

7. Eintretenmüssen für Fehlverhalten Dritter

8. Haftungsbegrenzung

9. Schadensberechnung und Mitverschulden

10. Verjährung

11. Gerichtsstand

Anlage 1

II. AnlegerrechteundAnlegerpflichten(einschl.Anlegerhaftungund Nachschusspflichten)

III. ImmobilienundFinanzierung

IV. Vermittler-undMaklerrecht

V. Versicherung

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Recht und Urteile 12/2011

Nr. Gericht Az. Datum Thema1. BGH II ZR 202/09 17.05.2011 Zur Verantwortlichkeit eines Gründungsgesellschafters für Prospektmängel

und zur Kausalität bei einem Entscheidungskonflikt

2. BGH II ZR 16/10 01.03.2011 Zur Frage der Prospekthaftung eines Gründungskommanditisten in einer Publikums-Personengesellschaft

3. OLG Hamm I-8 U 51/11I-8 U 55/11I-8 U 71/11I-8 U 72/11

07.011.2011 Gründungsgesellschafter der „Dubai 1000-Hotel-Fonds Gesellschaft“ haften auf Schadenersatz

4. BGH III ZR 103/10 17.11.2011 Zur Prospekthaftung von Prominenten bei Werbung für eine Kapitalanlage

5. BGH XI ZR 232/09 21.09.2010 Zur Frage, wann ein finanzierende Bank für Prospektfehler haftet, über die sie einen Anleger bei Finanzierung von dessen Fondsbeteiligung nicht aufgeklärt hat

6. OLG Ffm. 17 U 52/10 26.01.2011 Prospektfehler und unterbliebene Korrektur des Fehlers durch eine Bank bei Empfehlung eines Medienfonds

7. OLG Hamburg 13 U 221/09 29.10.2010 Zu den Voraussetzungen einer uneigentlichen Prospekthaftung (Prospekthaftung im weiteren Sinn)

I. Haftungsrechtsprechungaktuell

I. 1. Prospekthaftung im engeren und im weiteren Sinn, Prospektverantwortung

Nr. Gericht Az. Datum Thema1. BGH III ZR 170/10 03.03.2011 BGH bestätigt seine Kick-Back-Rechtsprechung für freie (unabhängige)

Finanzdienstleister

2. BGH XI ZR 191/10 09.03.2011 BGH nimmt zur Abgrenzung von aufklärungspflichtigen Rückvergütungen und Innenprovisionen Stellung

3. BGH XI ZR 191/10 19.07.2011 Zur schuldhaften Verletzung der Pflicht der anlageberatenden Bank,

über Rückvergütungen aufzuklären

4. BGH XI ZR 191/10 24.08.2011 BGH zum Dritten: Zur Frage der schuldhaften Verletzung der Pflicht einer anlageberatenden Bank, über Rückvergütungen aufzuklären

5. BGH II ZR 277/09 20.09.2011 Zur Frage der Aufklärungspflicht einer Bank über Provisionen bei Begründung einer Innengesellschaft

6. OLG München 5 U 2100/10 27.07.2010 Provisionsaufklärungspflichten und Einbeziehung Dritter in den Schutzbereich eines Beratungsvertrages

7. OLG München 19 U 5240/09 12.07.2010 Bankenhaftung wegen Nichtaufklärung über die Höhe ihrer Rückvergütungen

8. OLG Ffm. 19 U 150/10 22.12.2010 Zur Frage einer notwendigen Aufklärung über Rückvergütungen

bei der Anlageberatung durch eine Bank

9. OLG Köln 13 U 165/10

XI ZR 289/11

04.05.2011 Zum Umfang der Aufklärungspflicht einer Bank bei einem Festpreisgeschäft

10. OLG Stuttgart 6 U 2/10 30.11.2010 Die Pflicht zur Aufklärung über Rückvergütungen bei einer Anlage-beratung besteht für eine Bank unabhängig vom Zahlungsfluss

I. 2. Rechtsprechung zu Kick-Backs und Rückvergütungen

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Recht und Urteile 12/2011

Nr. Gericht Az. Datum Thema1. LG Berlin 12 O 587/09 17.02.2011 Zur Aufklärungspflicht bei einem Kapitalanlagevermittlungsvertrag und

Täuschung des Kapitalanlegers durch Prospektfehler

2. BGH XI ZR 33/10 22.03.2011 Bei Empfehlung eines von einer Bank konstruierten Zinssatz-Swap-Geschäftes muss die Bank ihren Kunden auf Augenhöhe beraten und auf bestehende Interessenkonflikte hinweisen

3. OLG Hamm III ZR 144/10 17.02.2011 Pflicht zur Plausibilitätsprüfung schließt auch ein Berechnungsbeispiel ein

4. BGH 19 U 22/10 08.12.2010 Die Pflicht, über Risiken einer Anlageform vollständig und richtig aufzuklären, gilt auch gegenüber einem erfahrenen Anleger

5. BGH XI ZR 178/10

XI ZR 182/10

27.09.2011 BGH: Lehman-Insolvenz war für beratende Bank nicht erkennbar

I. 3. Sonstige Aufklärungs-, Nachforschungs- und Informationspflichten

Nr. Gericht Az. Datum Thema1. LG Berlin 10 O 36/10 11.11.2010 Aufklärung über Totalverlustrisiko kann durch rechtzeitige Übergabe des

Beteiligungsprospektes erfolgen

2. OLG München 19 U 690/11 24.05.2011 Zur Frage, wann ein Beteiligungsprospekt zu übergeben ist

I. 4. Zur Frage des Zeitpunkts, wann die Aufklärung gegenüber dem Anlageinteressenten geschuldet wird

Nr. Gericht Az. Datum Thema1. BGH VI ZR 303/09 09.11.2010 Zu den Voraussetzungen einer erlaubnispflichtigen gewerbsmäßigen

Finanzportfolio-Verwaltung

2. BGH XI ZR 28/09 13.07.2010 Vorsätzliche sittenwidrige Schädigung - Objektive und subjektive Voraussetzungen einer Beihilfe

3. BGH VI ZR 124/09 19.10.2010 Zur Frage der Sittenwidrigkeit einer Aufklärungspflichtverletzung im Rahmen des § 826 BGB

4. BGH 3 StR 506/10 20.07.2011 Zur Frage, ob irreführende Angaben in einer Presseerklärung als vorsätzliche Marktmanipulation zu werten sind

I. 5. Haftung aus unerlaubter Handlung

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Recht und Urteile 12/2011

Nr. Gericht Az. Datum Thema1. BGH XI ZR 232/09 21.09.2010 Zur Frage, wann eine finanzierende Bank für Prospektfehler haftet, über

die sie einen Anleger bei Finanzierung von dessen Fondsbeteiligung nicht aufgeklärt hat

2. OLG München 5 W 1997/10 06.09.2010 Zur arglistigen Täuschung durch eine Vermittlerfirma als Voraus-setzung für die Haftung einer Bank bei fehlgeschlagenen Anlage-modellen

I. 6. Zusammenwirken zwischen Bank und Vertrieb

Nr. Gericht Az. Datum Thema1. LG Ravensburg 4 O 428/10 11.08.2011 Eintretenmüssen für Beratungsfehler eines Erfüllungsgehilfen

2. OLG Dresden 7 U 1358/09 19.11.2010 Zur Frage, wann auch ein Versicherungsmakler Erfüllungsgehilfe des Versicherers sein kann

I. 7. Eintretenmüssen für Fehlverhalten Dritter

Nr. Gericht Az. Datum Thema1. OLG Hamm I-8 U 54/10 25.07.2011 (Kardinal-)Pflichten eines Treuhandkommanditisten

I. 8. Haftungsbegrenzung

Nr. Gericht Az. Datum Thema1. BGH XI ZR 96/09 01.03.2011 Zur Frage der Anrechnung von Steuervorteilen bei der Rückabwicklung

eines Steuersparmodells

2. OLG München 5 U 1843/11 05.07.2011 Bei einer von einem Anleger geäußerten Erwartung „Ertrag generieren“ ist eine Bank zur verlustfreien Geldanlage verpflichtet

3. OLG München 5 U 4349/10 13.05.2011 Zur Anrechnung von Steuervorteilen bei Rückabwicklung einer Kapitalanlage

I. 9. Schadensberechnung und Mitverschulden

I. 10. Verjährung

Nr. Gericht Az. Datum Thema1. BGH III ZR 81/10 24.03.2011 BGH nimmt zu Verjährungsfragen bei Aufklärungspfichtverletzungen

gegenüber Fondsanlegern Stellung

2. BGH III ZR 186/10 22.09.2011 Mehrere Beratungsfehler: Verjährung ist für jede Pflichtverletzung gesondert zu prüfen

3. BGH VI ZR 135/10 27.09.2011 Zur Frage der grob fahrlässigen Unkenntnis in Prospekthaftungs- und

Anlageberatungsfällen

4. OLG München 19 W 984/11 20.07.2011 Zur Verjährungshemmung durch Zustellung eines Mahnbescheids bei mehreren behaupteten Pflichtverletzungen

5. AG Heidelberg 29 C 139/10 28.07.2010 Zur Verjährung des Auskunftsanspruchs über Vertriebs- und Ver-triebsfolgeprovisionen aus einem Anlageberatungsvertrag

6. LG Köln 15 O 387/10 26.05.2011 Zur Frage, wann Schadenersatzansprüche wegen vom Anleger behaupteter Falschberatung verjähren; hier: Grobfahrlässiges Nichterkennen der Schieflage eines Fonds

7. LG Karlsruhe 5 O 229/10 22.10.2010 Zur Frage, wann Auskunftsansprüche aus einem Vermögensverwal-tungsvertrag verjähren

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Recht und Urteile 12/2011

Nr. Gericht Az. Datum Thema1. BGH II ZR 187/09 11.01.2011 Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen Treugeber einer Publikums-

Personengesellschaft Ansprüche auf Bekanntgabe anderer Treugeber haben und zugleich zur Frage, ob dies einschränkungslos gilt

2. LG Aachen 8 O 466/09 11.06.2010 Zur Frage, ob Treugeber einer Publikums-KG Anspruch auf Nennung von Namen und Anschriften von Mittreugebern und der unmittelbaren Gesellschafter haben

3. BGH II ZR 224/08 u.a. 22.03.2011 Zur Frage der Haftung von Treugebern einer KG und zur Frage der

unmittelbaren Inanspruchnahme der Treugeber

4. BGH II ZR 153/09 19.07.2011 Zur Auslegung von Abstimmungsregeln im Gesellschaftsvertrag einer

Publikums-KG

5. BGH II ZR 122/09 25.01.2011 Zur Treuepflicht von Gesellschaftern sanierungsbedürftiger Publikums-Personengesellschaften

6. BGH II ZR 186/08 07.06.2011 Zur Frage, ob und ggf. wann ein ausgeschiedener BGB-Gesellschafter unmittelbar auf Abfindung klagen kann

7. BGH II ZR 300/08 19.07.2011 Zur Frage der quotalen Haftung von Gesellschaftern einer

BGB-Publikums-Personengesellschaft für Darlehensverbindlichkeiten

II. Anlegerrechte und Anlegerpflichten (einschl. Anlegerhaftung und Nachschusspflichten)

Nr. Gericht Az. Datum Thema1. BGH XI ZR 306/10 05.07.2011 Zur Frage, wann ein aufklärungspflichtiger Wissensvorsprung einer

zwischenfinanzierenden Bank vorliegt

2. BGH II ZR 297/08 01.03.2011 Zur Frage, ob der kreditfinanzierte Erwerb von Genossenschafts-anteilen und das Finanzierungsdarlehen ein verbundenes Geschäft sind

3. LG Berlin 4 O 482/09 24.09.2010 Zu Hinweis- und Aufklärungspflichten einer Bank bei Anbahnung eines Immobilien-Darlehensvertrages

4. BGH XI ZR 365/09 05.04.2011 Zur Aufklärungspflicht einer finanzierenden Bank wegen eines schwerwiegenden Interessenkonflikts

5. OLG München 19 U 4014/08 02.08.2010 Zur Frage der Sittenwidrigkeit eines Immobilien-Kaufvertrages

6. OLG Naumburg 1 U 84/10 20.01.2011 Zur Frage, wann ein Hausbauvertrag mit einem Grundstückskaufver-trag eine rechtliche Einheit bildet

7. BGH V ZB 194/10 28.04.2011 Zur Eintragungsfähigkeit einer GbR im Grundbuch

8. BGH XI ZR 52/08 21.12.2010 Zinsänderungsklauseln müssen kalkulierbar sein

9. BGH XI ZR 3/10 07.12.2010 Klausel über Abschlussgebühren in AGB’s einer Bausparkasse ist wirksam

III. Immobilien und Finanzierung

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Recht und Urteile 12/2011

V. Versicherung

Nr. Gericht Az. Datum Thema1. OLG Köln 20 U 100/10 29.10.2010 Kick-Back-Rechtsprechung gilt bei fondsgebundener Lebensversicherung

nicht

2. OLG Stuttgart 7 U 187/10 23.12.2010 Kick-Back-Rechtsprechung ist auf die Vermittlung einer Lebens-versicherung durch einen Versicherungsagenten nicht übertragbar

3. OLG Köln 9 U 11/10 01.06.2010 Zur Frage der Haftung eines Versicherungsmaklers, der gezillmerte Tarife für einen Direktversicherungsvertrag empfahl

4. BGH VIII ZR 310/09 01.12.2010 Anforderungskriterien für die Nachbearbeitung notleidender Versicherungsverträge

5. OLG Hamburg 9 U 103/11 18.11.2011,nrkr.

Zur Frage, ob bei unterjährlicher Zahlung von Versicherungsbeiträgen und Erhebung von Ratenzahlungszuschlägen deren Höhe und der effektive Jahreszins anzugeben sind

Nr. Gericht Az. Datum Thema1. OLG Schleswig 6 U 19/10 25.05.2010 Registeranmeldung eine gebundenen Vermittlers gestattet auch die

Vermittlung nicht konkurrierender Produkte eines anderen Versicherers

2. OLG Hamm 18 U 26/08 08.10.2009 Versicherungsmakler oder Versicherungsvertreter - Im Verhältnis zum Kunden ist das Auftreten des Vermittlers entscheidend

3. OLG Celle 11 U 220/08 06.04.2009 Zum Pflichtenkreis eines Versicherungsmaklers

4. LG Hamburg 330 O 310/09 17.08.2010 Anforderungen an die Darlegungslast des Versicherers im Provisions-rückforderungsprozess

5. OLG Ffm. 4 U 76/10 03.12.2010 Zur Frage der Wirksamkeit einer Provisionsverzichtsklausel bei Vermittlung von Riesterverträgen

6. OLG Naumburg 10 U 14/10 29.10.2010 Zu den Voraussetzungen einer Nachweis-Maklertätigkeit

7. EuGH Rs C-203/09 28.10.2010 Zur Frage des Ausgleichsanspruchs eines Handelsvertreters, dem vom Unternehmer ordentlich gekündigt wird, wenn zugleich Gründe vor-liegen, die zur fristlosen Kündigung berechtigt hätten, die aber erst nach Vertragsende bekannt wurden

8. BGH VIII ZR 10/10

VIII ZR 11/10

04.05.2011 Zum Anspruch des Handelsvertreters auf kostenlose Überlassung von Hilfsmitteln

9. BFH IV R 37/08 09.02.2011 Der Handelsvertreterausgleichsanspruch erhöht den laufenden Gewinn

10. BFH X R 26/10X R 8/10X R 9/10X R 48/08

19.07.2011 Zur Frage, ob Versicherungsvermittler für die Nachbetreuung von Versicherungsverträgen Rückstellungen bilden dürfen

IV. Vermittler- und Maklerrecht

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Recht und Urteile 12/2011

1. ProspekthaftungimengerenSinn

Prospekthaftung für sog. „typisiertes“ Vertrauen; Anknüpfungspunkt: Verletzung von Sorgfalts- pflichten im Zusammenhang mit der Prospekterstellung Haftung der Initiatoren, Hintermänner pp.

2. ProspekthaftungimweiterenSinn Einstehenmüssen für Prospektfehler durch bestimmte Personen und Personengruppen, die im Zu- sammenhang mit der Emission einer Fondsbeteiligung bestimmte Aufgaben übernehmen, z.B. Treuhänder, Treuhandkommanditisten, Gründungsgesellschafter abgeleitet aus allgemeinen recht- lichen Bestimmungen (c.i.c. - Verschulden bei Vertragsverhandlungen oder pVV - positive Vertragsverletzung)

3.1. Rechtslage bis 31.05.2012:

Die HaftungnachVerkaufsprospektgesetz Haftung bei fehlerhaftem Prospekt - § 13 VerkProspG - sowie die Haftung bei fehlendem Prospekt - § 13a VerkProspG

3.2. Rechtslage ab 01.06.2012:

Die HaftungnachVermögensanlagengesetz Haftung bei fehlerhaftem Verkaufsprospekt - § 20 VermAnlG - sowie die Haftung bei fehlendem Verkaufsprospekt - § 21 VermAnlG - sowie neu: Haftung bei unrichtigem Vermögensanlagen- Informationsblatt - § 22 VermAnlG

4. HaftungausVertrag

Haftung aus einem - im Regelfall stillschweigend zustande gekommenen - Auskunfts- bzw. Beratungsvertrag

5. HaftungausDelikt

§ 826 BGB und § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. einem Schutzgesetz, z.B. § 263 StGB - Betrug - oder § 264a StGB - Kapitalanlagebetrug

Mögliche Grundlagen der Haftung bei gescheiterten Fondsbeteiligungen

Anlage 2

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Recht und Urteile 12/2011

1. Allgemeine Verjährungsvorschriften / Regelverjährung

Seit Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes (SMG) im Jahr 2002 beträgt die neue regelmäßige Verjährungsfrist 3 Jahre.

Die Frist beginnt nur, wenn der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Tatsachen und der Per-son des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlagen müssen (§ 199 BGB). Diese subjektive Anknüpfung soll dem Gläubiger die – faire (!) – Chance eröffnen, seinen Anspruch rechtzeitig vor Vollendung der Verjährung geltend zu machen. Im Interesse des Rechtsschutzes und des Rechtsfriedens endet die Verjährung unabhängig von der Erkennbarkeit der Anspruchsvorausset-zungen nach 10 bzw. 30 Jahren (30 Jahre bei Schadensersatzansprüchen, die die Verletzung von Leben, Gesundheit, Körper oder Freiheit betreffen; 10 Jahre bei sonstigen Schadenersatzansprüchen ohne Rück-sicht auf Kenntnis bzw. grob fahrlässiger Unkenntnis).

Die 10-Jahresfrist beginnt mit der Entstehung des Anspruchs und daher erst mit Eintritt des Schadens.

Die 30-Jahresfrist beginnt mit der Vornahme der Handlung.

Diese Verjährungsfristen gelten vorbehaltlich kürzerer spezialgesetzlicher Verjährungsvorschriften.

2. Spezialgesetzliche Vorschriften

2.1 Börsengesetz

Der Anspruch aus Prospekthaftung für einen unrichtigen oder unvollständigen Wertpapierprospekt ver-jährt nach § 46 BörsG in einem Jahr seit dem Zeitpunkt, zu dem der Erwerber von der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben des Prospekts Kenntnis erlangt hat, spätestens jedoch in drei Jahren seit der Veröffentlichung des Prospekts. Diese Regelung gilt allerdings nur noch für bis zum 31..05.2012 veröf-fentlichte Prospekte

2.2 Fehlerhafter oder fehlender Verkaufsprospekt nach dem Verkaufsprospektgesetz (gilt für bis zum 31.05.2012 erstmals veröffentlichte Prospekte)

a) § 13 VerkProspG (fehlerhafter Prospekt) i.V.m. § 46 BörsG

Ein Jahr seit dem Zeitpunkt, zu dem der Erwerber von der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben des Prospekts Kenntnis erlangt hat, spätestens jedoch in drei Jahren seit der Veröffentlichung des Prospekts.

b) § 13a Abs. 5 VerkProspG (fehlender Prospekt)

Ein Anspruch bei fehlendem Prospekt verjährt nach § 13a Abs. 5 Verk-ProspG in einem Jahr seit dem Zeitpunkt, zu dem der Erwerber Kenntnis von der Pflicht, einen Prospekt oder Verkaufsprospekt zu ver- öffentlichen, erlangt hat, spätestens jedoch in drei Jahren seit dem Abschluss des Erwerbsgeschäfts.

Kurzer Überblick über Verjährungsvorschriften

Anlage 3

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Recht und Urteile 12/2011

2.3 Fehlerhafter oder fehlender Verkaufsprospekt nach dem Vermögensanlagengesetz (gilt für ab dem 01.06.2012 erstmals veröffentlichte Verkaufsprospekte)

a) § 20 VermAnlG (fehlerhafter Verkaufsprospekt)

es gilt die Regelverjährung gem. BGB, wobei die Ausschlussfrist gem § 20 Abs. 1 (Dauer des öffentlichen Angebots, spätestens innerhalb von 2 Jahren nach dem ersten öffentlichen Angebot) zu beachten ist.

b) § 21 VermAnlG (fehlender Verkaufsprospekt)

Die kurze Sonderverjährungsfrist nach § 13a Abs. 5 VerkProspG wurde nicht übernommen. Es gilt die Regelverjährung gem. BGB

c) § 22 VermAnlG (unrichtiges Vermögensanlagen-Informationsblatt)

keine Sonderverjährungsfrist; es gilt die Regelverjährung gem. BGB

2.4 Investmentgesetz

Nach § 127 Abs. 5 InvG verjähren Ansprüche wegen Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit eines Verkaufspro-spektes einer Kapitalanlagegesellschaft oder ausländischen Investmentgesellschaft in einem Jahr seit dem Zeitpunkt, in dem der Käufer von der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Verkaufsprospekte Kenntnis erlangt hat, spätestens jedoch in drei Jahren seit dem Abschluss des Kaufvertrages. Diese Sondernorm gilt nur noch für vor dem 01.07.2011 entstandene Ansprüche

2.5 Verjährung nach dem Wertpapierübernahme- und Erwerbsgesetz (WpÜG)

Nach § 12 Abs. 1 WpÜG verjähren Ansprüche gegen Prospektverantwortliche in einem Jahr ab dem Zeit-punkt, zu dem der Anspruchsberechtigte von der Fehlerhaftigkeit der Angebotsunterlage Kenntnis erlangt, spätestens in drei Jahren seit der Veröffentlichung des Angebotsunterlage (§ 12 Abs. 4 WpÜG).

2.6 Sonderverjährung nach § 37a WpHG

§ 37a WpHG stellt eine Sonderverjährungsregel zugunsten von Wertpapierdienstleistungsunternehmen auf. Alle Schadenersatzansprüche wegen Verletzung einer Informationspflicht und wegen fehlerhafter Be-ratung im Zusammenhang mit einer Wertpapierdienstleistung oder Wertpapiernebendienstleistung, die nach dem 01.04.1998 entstanden sind, verjähren in drei Jahren nach dem Zeitpunkt ihrer Entstehung. § 37a WpHG wurde für Ansprüche, die nach dem 04.08.2009 entstehen, aufgehoben (vgl. Art. 4 Nr. 5 Schuldverschreibungsgesetz vom 31.07.2009, BGBl. I S. 2512).

2.7 Spezialgesetzliche Verjährung nach § 12 VVG a.F.

Nach § 12 Abs. 1 VVG in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung verjährten Ansprüche aus dem Versiche-rungsvertrag in zwei Jahren, bei der Lebensversicherung in fünf Jahren. Als Spezialvorschrift ging § 12 VVG a.F. den Regelungen des BGB vor. Mit der VVG-Reform wurde diese Sonderregelung aufgehoben. Auch für Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag gilt nunmehr die Regelverjährung von drei Jahren nach § 195 BGB.

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