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Rechtsfragen des Technologietransfers Technologierecht II RA Univ.Lekt. Dr. Leonhard Reis Hausmaninger Kletter Rechtsanwälte [email protected] SS 2012

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Rechtsfragen des Technologietransfers

Technologierecht IIRA Univ.Lekt. Dr. Leonhard Reis

Hausmaninger Kletter Rechtsanwä[email protected]

SS 2012

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Technologietransfer I (Volkswirtschaft)

Technologietransfer i.e.S. ist ein volkswirtschaftlich wahrgenommener und beschriebener Prozess, in dem Ergebnisse von Forschung und Entwicklung, die bei Forschern und Forschungseinrichtungen als Prozessbeteiligten entstehen,an andere Prozessbeteiligte, insbesondere Wirtschaftsunternehmen, übergeben werden, die diese Ergebnisse in neue Produkte und Verfahrenstechniken umsetzen.

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Technologietransfer II

• Ziel: Innovative Technologien auf den Markt zu bringen, um industrielle Anwendung zu ermöglichen

• Wertschöpfung der Ergebnisse von Grundlagenforschung und angewandter Forschung

• Technologie: Patente (und Patentanmeldung), Gebrauchsmuster (und Gebrauchsmusteranmeldungen), Geschmacksmuster, Sortenschutzrechte, Topographien von Halbleitererzeugnissen, ergänzende Schutzzertifikate für Arzneimittel oder andere Produkte, für die solche Zertifikate erlangt werden können, Software-Rechte sowie Know-how

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Technologietransfer III

• Personaltransfer(Arbeitskräfteüberlassung, Einschulungen, Head-hunting, „Abwerben“, Konsulent, Consulting)

• Projektbezogener Transfer(Forschungskooperation, Forschungsauftrag, Entwicklungsauftrag, Joint Venture)

• Informationstransfer(Patente, Gebrauchsmuster und Know how)

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Technologietransfer IV –Informationstransfer

• Technologietransfer durch Wissenstransfer– Vorträge– Lehrveranstaltungen – Fortbildung

• Technologietransfer-Verträge– F&E-Kooperationsvertrag– Forschungsauftragsvertrag – Patentlizenzvertrag – Know how-Vertrag– Markenlizenzvertrag – Joint Venture-Vertrag

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Patentlizenzvertrag I: Patent

• § 1 Abs 1 PatG: „Für Erfindungen, die neu sind, sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben und gewerblich anwendbar sind, werden auf Antrag Patente erteilt.“

• § 1 und § 2 PatG: Einschränkungen der patentierbaren Erfindungen

• Neuheit (§ 3 Abs 1 PatG): E. gehört nicht zum Stand der Technik; Stand der Technik: alles, was der Öffentlichkeit vor dem Prioritätstag der Anmeldung zugänglich gemacht wurde

• Erfindungshöhe => Monopolrechte nur für außergewöhnliche erfinderische Schritte

• Gewerbliche Anwendbarkeit: Wiederholbarkeit und Ausführbarkeit

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Patentlizenzvertrag II§ 22 PatG

(1) Das Patent berechtigt den Patentinhaber andere davon auszuschließen, den Gegenstand der Erfindung betriebsmäßig herzustellen, in Verkehr zu bringen, feilzuhalten oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen. […](2) Ist das Patent für ein Verfahren erteilt, so erstreckt sich die Wirkung auch auf die durch dieses Verfahren unmittelbar hergestellten Erzeugnisse.(3) Das Patent hat ferner die Wirkung, dass es jedem Dritten verboten ist, ohne Zustimmung des Patentinhabers anderen als den zur Benützung der Erfindung berechtigten Personen Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen, zur Benützung der Erfindung anzubieten oder zu liefern, wenn der Dritte weiß oder es aufgrund der Umstände offensichtlich ist, dass diese Mittel dazu geeignet und bestimmt sind, für die Benützung der Erfindung verwendet zu werden.

[…]

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Erteilung des Patents• Schriftliche Anmeldung eines Patentanspruchs (mit Beschreibung)

beim Patentamt• Tag der Anmeldung: Recht der Priorität• Prüfung durch Patentamt• Tag der Veröffentlichung der Anmeldung: Einstweiliger Rechtsschutz• Abschluss der Prüfung, Veröffentlichungsgebühr => Patenterteilung

mittels Beschluss• Eintragung im Patentregister (alle dinglichen Rechte an Patenten

werden mit der Eintragung in das Patentregister erworben und werden gegen Dritte wirksam).

Wirkung des Patents• Absolutes Ausschließungsrecht • Rechtsgeschäftliche Verfügungsbefugnis

Übertragung d. Patents (jedoch nicht Erfindernennung), Verpfändung oder Lizenzierung

Patentlizenzvertrag III: Patenterteilung u. -wirkung

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Patentlizenzvertrag IV: Allgemeines

• Patent berechtigt nach § 22 Abs 1 PatG, andere davon auszuschließen, den Gegenstand der Erfindung betriebsmäßig herzustellen, in Verkehr zu bringen, feilzuhalten oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen

• Dritter benötigt Technologie; Patentinhaber nicht in der Lage, Produkte herzustellen oder zu vertreiben; Interesse an aufwandslosem Einkommen

Erlaubnis der entgeltlichen Nutzung der Erfindung

• § 35 PatG: Der Patentinhaber ist berechtigt, die Benützung der Erfindung dritten Personen für das ganze Geltungsgebiet des Patents oder für einen Teil desselben mit oder ohne Ausschluss anderer Benützugsberechtigter zu überlassen (Lizenz).

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Patentlizenzvertrag V: Rechtsnatur der Patentlizenz

• Freiwillige Einräumung

• Positive Lizenz (Befugnis zur Verletzungsabwehr)

• Jud: quasidingliches Benützungsrecht

• Vertragstyp sui generisallgemeine Regeln über Vertragsabschlüsse (§§ 861ff ABGB)Prinzip der Vertragsfreiheit

• Dauerschuldverhältnis

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Patentlizenzvertrag VI: Arten von Lizenzen

• Exklusivlizenz (Patentinhaber: nur Recht der Innehabung, auch exclusive licence)

• Alleinlizenz (Patentinhaber ist berechtigt, das Patent zu verwenden)• Einfache Lizenz (Patentinhaber sowie mehrere Lizenznehmer sind

berechtigt, das Patent zu verwenden)

Weitere Unterscheidungen (§ 22 PatG)• Produktionslizenz• Vertriebslizenz• Gebrauchslizenz

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Patentlizenzvertrag VII: Rechtsfragen

• Zeitpunkt des Rechterwerbs: Bestimmungen des bürgerlichen Rechts

• Nichtigerklärung des Patents: Wegfall der Geschäftsgrundlage

• Übertragung von Lizenzen: Grundsätzlich nur mit Zustimmung des Patentinhabers; ohne Zustimmung nur gemeinsam mit dem lizenzberechtigten Teil des Unternehmens

• Keine Rechtsgeschäftsgebühr nach GebG

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Patenztlizenvertrag VIII: § 43 PatG

(1) Das Patentrecht (§ 33), das Pfandrecht und die sonstigen dinglichen Rechte an Patentrechten werden mit der Eintragung in das Patentregister erworben und gegen Dritte wirksam.

(2) Für den Zeitpunkt der Erwerbung der Lizenzrechte bleiben die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes maßgebend. Dritten Personen gegenüber werden die Lizenzrechte erst mit der Eintragung in das Patentregister wirksam.

(3) Die Rangordnung der vorgenannten Rechte wird durch die Reihenfolge der an das Patentamt gelangten Eingaben um Eintragung bestimmt, vorausgesetzt, daß die Eingabe zur Eintragung führt.

(4) Gleichzeitig eingelangte Eingaben genießen die gleiche Rangordnung. (5) Die Eintragungen in das Patentregister nach den Abs. 1 und 2 sowie die Eintragung des

Erlöschens der in das Patentregister eingetragenen Rechte an Patentrechten geschehen auf schriftlichen Antrag eines der Beteiligten oder auf gerichtliches Ersuchen.

(6) Mit dem Antrag auf Eintragung ist die Urkunde, auf Grund der die Eintragung geschehen soll, in Urschrift oder in ordnungsgemäß beglaubigter Abschrift vorzulegen. Wenn die Urkunde keine öffentliche ist, muß sie mit der ordnungsgemäß beglaubigten Unterschrift des über sein Recht Verfügenden versehen sein.

(7) Der Eintragungsantrag und die Urkunde unterliegen nach Form und Inhalt der Prüfung des Patentamtes.

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Patentlizenzvertrag IX: Rechtsfragen

Eintragung im Patentregister

• Lizenzrecht wird schon mit dem Abschluss des Rechtsgeschäfts erworben

• Schutzwirkung für Dritte erst durch Eintragung im Patentregister

• Erfordernis: inhaltlich und formal unbedenkliche Urkunden erforderlich

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Patentlizenzvertrag X: Leistungspflichten

LIZENGEBER

• Verpflichtung zur Aufrechterhaltung des Patents• Haftung für Sach- und Rechtsmängel

LIZENZNEHMER

• Lizenzgebühr • Kennzeichnungspflicht• Angriffsverbot – wenn vertraglich vereinbart (jedoch kartellrechtlich

problematisch)

Jedoch: Keine Verpflichtung zur Aufrechterhaltung!

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Patentlizenzvertrag XI: Lizenzgebühr

• Naturallizenz

• Finanzielle Vergütung

EinmalzahlungStücklizenzgebührPauschallizenzgebührMindestlizenzgebühr

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Know how-Vertrag: Know how I

• Internationale Vereinigung für den Gewerblichen Rechtsschutz „Kenntnisse und Erfahrungen technischer, kommerzieller, administrativer oder anderer Natur, die im Betrieb eines Unternehmens oder in Ausübung eines Berufes anwendbar sind.“

• TT-GVO (Art 1 lit i)geheim (nicht allgemein bekannt und nicht leicht zugänglich)wesentlich (für die Produktion der Vertragsprodukte von

Bedeutung und nützlich)identifiziert (umfassend genug beschrieben,

Überprüfung von „geheim“ und „wesentlich“möglich)

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Know how-Vertrag: Know how II

• Vertragsgegenstand: Vermittlung und Überlassung gewerblich nutzbarer Kenntnisse und Fertigkeiten

• „industrial know how“ und „commercial know how“• Ausklammerung der gewerblichen Schutzrechte• Wesentlich und typisch: Geheimnischarakter• Beispiele:

Erfindungsleistungen, Konstruktionspläne, Versuchsergebnisse, Fabrikationsverfahren, Absatzstrategien, Organisationskonzepte, Werbekonzept

• Schutz durch die Rechtsordnung im Lauterkeitsrecht (§§ 11f UWG: Verletzung von Geschäfts- und Berufsgeheimnissen) und im Strafrecht (§§123f: Auskundschaftung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen)

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Grundstruktur von Patentlizenzverträgen I

• Vertragsgrundlagen, Vertragspartner• Unternehmensgegenstand und Marktanteil der Parteien• Spezifizierung des Vertragsgegenstands, Art und Umfang der Lizenz,

Zulässigkeit von Sublizenzen• Vertragsgebiet• Eintragung der Lizenz in Registern• Technischer Support• Veränderungen und Verbesserungen durch Lizenznehmer• Haftung, Gewährleistung bzw Haftungsausschluss• Aufrechterhaltung der Vertragsschutzrechte• Verteidigung des Schutzrechtes• Rechtsfolgen einer etwaigen Nichtigerklärung des Schutzrechts

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Grundstruktur von Patentlizenzverträgen II

• Lizenzgebühr• Konkurrenzverbot• Kontrollrechte des Lizenzgebers• Geheimhaltungspflicht• Nichtangriff• Weiterentwicklung• Vertragsdauer und Kündigung• Pflichten nach Vertragsende• Schlussbestimmungen

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Kartellrecht - Allgemeines

Aufgabe des Kartellrechts: Sicherung des freien und funktionsfähigen Wettbewerbs

Immaterialgüterrechte stehen damit in einem scheinbaren Widerspruch

Unterscheidung zwischen Imitations- und Substitutionswettbewerb

Ausschließlichkeitsrechte beschränken nur den Imitationswettbewerb

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Kartellrecht - Allgemeines

Kartellverbot § 1 KartGArt 101 AEUV (ex Art 81 EGV)

Missbrauchsverbot einer marktbeherrschenden Stellung§§ 4 KartG ffArt 102 AEUV (Art 82 EGV)

Zusammenschlusskontrolle (§§ 7ff FusionskontrollVO)

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Missbräuchliche Ausübung von Schutzrechten

Ausübung von Schutzrechten durch ein marktbeherrschendes Unternehmen kann keinen Missbrauch darstellen

MarktstrukturmissbrauchSicherung von marktrelevanten Technologien durch ausschließliche Lizenzverträge

AusbeutungsmissbrauchzB Preismissbrauch

BehinderungsmissbrauchVerhaltensweisen des Marktbeherrschers, die vom normalen Leistungswettbewerb abweichen und geeignet sind, durch die Präsenz des marktbeherrschenden Unternehmens geschwächten Wettbewerb zu beeinträchtigenBeispiel: Koppelung (Windows Media Player, Tetra Pak II)

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Missbräuchliche Ausübung von Schutzrechten

Lizenzbeschränkungen als missbräuchliche Ausübung von SchutzrechtenErhöhte sachliche RechtfertigungUnangemessene Ausübungs- und RücklizenzverpflichtungMengen- und KundenbeschränkungenGebiets- und Verwendungsbeschränkungen (Marktsicherungsinteresse des Marktbeherrschers)

Bezugspflichten und Koppelungen nur bei technischer Unabdingbarkeit zulässig oder zur QualitätssicherungMindestgebühren nur bei tatsächlicher und freiwilliger LizenznutzungNichtangriffsverpflichtung gar nicht zulässig

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Missbräuchliche Ausübung von Schutzrechten

Erwerb einer ausschließlichen LizenzKann unter bestimmten Umständen bereits Behinderungsmissbrauch darstellenTetra Pak I: Lizenzierung einer konkurrierenden Technologie zur Verfestigung des bereits bestehenden Markanteils von 90%Dauerhaftes Fernhalten vom MarktEuG T-51/89

Geschäftsverweigerung als MissbrauchKann die Verweigerung von Lizenzen missbräuchlich sein?Kann das marktbeherrschende Unternehmen zum Geschäftsabschluss gezwungen werden?

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Missbräuchliche Ausübung von Schutzrechten

Grundsätzlich muss auch marktbeherrschendes Unternehmen seine Vertragspartner frei wählen könnenBesondere Verantwortung zur Aufrechterhaltung des wirksamen Wettbewerbs

Abbruch bestehender Geschäftsbeziehungen Nichtaufnahme von Geschäftsbeziehungen bei bestehenden Vertragsbeziehungen zu DrittenVerweigerung der erstmaligen Aufnahme von Geschäftsbeziehungen

Kartellverbot

Art 101 AEUV (Art 81 EGV) - KartellverbotAbs 1

Verbot wettbewerbswidriger Absprachen, welche zur Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliederstaaten geeignet sind

Abs 2 Unter das Verbot fallende Vereinbarungen und Beschlüsse sind nichtig

Abs 3Materiell-rechtliche Voraussetzungen der Freistellung

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Kartellrecht -Gruppenfreistellungen

Verordnung iSd Art 288 AEUV (ex Art 249 EGV)

Bestimmte Gruppen von wettbewerbsbeschränkenden– Vereinbarungen zwischen Unternehmen– Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen– abgestimmte Verhaltensweisen

werden unter näher definierten Voraussetzungen vom grundsätzlichen Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen ausgenommen.

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Kartellrecht – TT-GVOVO (EG) 772/2004 seit 31.3.2006

• ANWENDUNGSBEREICH

Technologietransfer-Vereinbarungen zwischen zwei Unternehmen, welche die Herstellung von Produkten ermöglichen, welche die lizenzierte Technologie enthalten oder mit ihrer Hilfe produziert werden können. Der Transfer erfolgt dabei durch Gewährung von Lizenzen, ausnahmsweise auch durch Übertragung aller Rechte, sofern das mit der Verwertung der Technologie verbundene Risiko zT beim Veräußerer verbleibt (zB umsatz- oder mengenabhängige Gegenleistung).

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Kartellrecht – TT-GVOVO (EG) 772/2004 seit 31.3.2006

• Aus wettbewerbspolitischer Sicht ist Technologietransfer zu begrüßen und zu fördern.

• Positiveffekte sind die Verbreitung von Technologie, Reduzierungredundanter Forschung und Entwicklung, Anreizwirkung zu F&E-Tätigkeit, Stärkung von Anschlussinnovationen und Wettbewerbsintensivierung auf Produktmärkten.

• Die Anerkennung der grundsätzlich wettbewerbsfördernden Wirkung des Technologietransfers stellt die zentrale Prämisse für die kartellrechtliche Kontrolle dar.

• Diese Beurteilung darf allerdings nicht zu der Maxime „jeder Technologietransfer ist besser als keiner“ im Sinne der früheren Wettbewerbseröffnungstheorie verleiten. Technologietransfer-Vereinbarungen bergen von Natur aus ein Wettbewerbsbeschränkungspotenzial in sich.

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Kartellrecht – TT-GVOVO (EG) 772/2004 seit 31.3.2006

• Das Dilemma des Lizenzgebers, sich durch Lizenzierung selbst Wettbewerb zu schaffen, kann nur durch Beschränkungen des Lizenznehmers gemildert oder aufgelöst werden.

• Entscheidend ist jedoch, dass durch Technologietransfer-Vereinbarungen in der Regel ein wettbewerblicher Positivsaldo herbeigeführt wird. Ziel der TT-VO ist es daher, eine Balance zwischen erwünschter Technologieverbreitung und Innovationsanreizen einerseits und der Sicherstellung effektiven Wettbewerbs andererseits herzustellen..

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Kartellrecht – TT-GVOVO (EG) 772/2004 seit 31.3.2006

• Die TT-GVO behandelt sowohl den Technologienwettbewerb (inter brand) als auch den technologieinternen Wettbewerb (intra brand).

• Die kartellrechtliche Beurteilung kann laut Kommission mit zwei Kontrollfragen eröffnet werden.

• Für den Technologienwettbewerb ist zu fragen, ob die Technologietransfer-Vereinbarung den tatsächlichen oder potenziellen Wettbewerb einschränkt, der ohne die fragliche Vereinbarung bestanden hätte.

• Für den technologieinternen Wettbewerb ist zu fragen, ob die Vereinbarung den tatsächlichen oder potenziellen Wettbewerb beschränkt, der ohne die vereinbarten Beschränkungen (zwischen verschiedenen Lizenznehmern) bestanden hätte.

• Fallen die Antworten positiv aus, fällt die Vereinbarung unter Umständen unter Art. 101 Abs 1 AEUV und bedarf einer eingehenden kartellrechtlichen Überprüfung

Kartellrecht – TT-GVOVO (EG) 772/2004 seit 31.3.2006

• ANWENDUNGSBEREICH

Technologietransfer-Vereinbarungen zwischen zwei Unternehmen, welche die Herstellung von Produkten ermöglichen, welche die lizenzierte Technologie enthalten oder mit ihrer Hilfe produziert werden können. Der Transfer erfolgt dabei durch Gewährung von Lizenzen, ausnahmsweise auch durch Übertragung aller Rechte, sofern das mit der Verwertung der Technologie verbundene Risiko zT beim Veräußerer verbleibt (zB umsatz- oder mengenabhängige Gegenleistung).

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Kartellrecht – TT-GVO

• TECHNOLOGIE iSd TT-GVOPatente und Patentanmeldung, Gebrauchsmuster und Gebrauchsmusteranmeldungen, Geschmacksmuster, Sortenschutzrechte, Topographien von Halbleitererzeugnissen, ergänzende Schutzzertifikate für Arzneimittel oder andere Produkte, für die solche Zertifikate erlangt werden können (vgl Art 1 Abs 1 lit h), Software-Rechte sowie Know-howGruppenweise freigestellt sind auch Bestimmungen in TT-Vereinbarungen, die nicht den Hauptgegenstand dieser Vereinbarungen bilden, aber mit der Anwendung der lizenzierten Technologie unmittelbar verbunden sind (zB Lizenzierung von Marken).

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Kartellrecht – TT-GVO

• MARKTANTEILSSCHWELLE UND RELEVANTER MARKT Die Freistellung durch die TT-GVO kommt nur bei einer begrenzten Marktmacht der Vertragsparteien auf den relevanten Märkten zur Anwendung (vgl Art 3). Marktanteilsschwelle bei konkurrierenden Unternehmen: 20 Prozentauf dem betroffenen relevanten Technologie- und Produktmarkt, wobei die Marktanteile beider Parteien zusammenzurechnen sind. Bei nicht konkurrierenden Unternehmen darf der individuelle Anteil der Parteien auf dem relevanten Technologie- und Produktmarkt 30 Prozent nicht überschreiten.

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Kartellrecht – TT-GVO

• KERNBESCHRÄNKUNGEN (bes. schwerwiegende Wettbewerbsbeschränkungen)Kernbeschränkungen umfassen: + Beschränkungen der Möglichkeit einer Partei, den Verkaufspreis selbst festzusetzen, + Beschränkungen des Outputs, + Vereinbarungen über die Zuweisung von Märkten oder Kunden + die Beschränkung der Möglichkeit des Lizenznehmers, seine eigenen Technologien zu verwerten oder F&E-Arbeiten durchzuführen.

KEINE FREISTELLUNG

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Kartellrecht – TT-GVO

• ENTZUG DER FREISTELLUNG Gruppenweise Freistellung kann im Einzelfall sowohl durch die EuK als auch durch die nationale Wettbewerbsbehörde entzogen werden(insb dann, wenn Innovationsanreize eingeschränkt werden oder der Marktzugang erschwert wird (vgl Art 6))

Darüber hinaus kann die TT-GVO durch Verordnung der EuK für jene Fälle für nicht anwendbar erklärt werden, in denen mehr als 50 Prozent des Marktes von parallelen Netzen gleichartiger TT-Vereinbarungen erfasst werden (vgl Art 7).

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Kartellrecht – TT-GVO

• FREISTELLUNGDAUEREine Freistellung ist solange möglich, solange die Rechte an der lizenzierten Technologie nicht abgelaufen, erloschen oder für ungültig erklärt worden sind, im Falle von Know-how-Vereinbarungen, solange das Know-how geheim bleibt (vgl Art 2 Abs 2).

Insgesamt gilt die TT-GVO bis 30. 4. 2014 (vgl Art 11).

Umfangreiche Leitlinien sind zu beachten (Abl C 101/2 vom 27.4.2004).

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KartellrechtAußerhalb der TT-GVO sind die Leitlinien ebenfalls beachtlich.Einzelprüfung nach Art 101 AEUV beruhend auf Einzelabwägung

• Verletzung des Art 101 AEUV außerhalb der Kernbeschränkungen unwahrscheinlich, wenn es neben den von den Vertragsparteien kontrollierten Technologien vier oder mehr von Dritten kontrollierte Technologien gibt.

• Berücksichtigung von negativen Wirkungen (Verringerung des Technologiewettbewerbs, Zutrittsschranken wie Kostensteigerungen, Verringerung des technologieinternen Wettbewerbs) von Lizenzbeschränkungen und positiven Lizenzbeschränkungen (Effizienzförderung)

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

RA Univ.Lekt. Dr. Leonhard ReisHausmaninger Kletter Rechtsanwälte

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21. März 2012