Reflex 08, Ausgabe April 2005

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APRIL 2005 15 Jahre Kieser Training in Deutschland Begonnen hat die Geschichte von Kieser Training in Deutschland vor 15 Jahren, als im April 1990 der erste Pilotbetrieb mitten im Bahnhofsviertel in Frankfurt am Main eröffnete. Aber selbst 5 Jahre danach schien dem F.A.Z.-Magazin die Idee, Krafttraining für alle anzubieten und bis zum Jahr 2000 weitere 100 Kieser Training-Betriebe in Deutschland zu eröffnen, reichlich «spleenig». «Kieser war in Deutschland praktisch unbekannt und medizinische Aspekte spielten damals noch keine Rolle», erin- nert sich Unternehmensberater Klaus Ehl, ein Kunde der ersten Stunde in Frankfurt. Der damals 33-Jährige war auf der Suche nach einer effektiven Trai- ningsmöglichkeit, um gesundheitlichen Problemen vorzubeugen. «Allerdings war Krafttraining durch das Attribut ‹Muckibude› eher negativ besetzt. Das Image entsprach dem des muskelbe- packten Mannes mit einem im umge- kehrten Verhältnis stehenden IQ.» «Der Anfang war nicht leicht. Wir mussten den Leuten klar machen, dass Krafttraining nicht gerade ein Vergnügen ist, aber dass es nützt.» (Werner Kieser) Kein Vergnügen? Und dennoch zahlen? Beinahe missionarisch erläuterte Werner Kieser den Hintergrund seines reduktio- Das Kundenmagazin von Kieser Training Editorial: Was nützt unserer Gesundheit wirklich? 2 Aktuelles: Training statt Tabletten! 3 Themen der Zeit: Wann kommt die artgerechte «Menschen- haltung»? 4 Persönlichkeiten: Mehr Kraft Kontrollierte Ernährung Mehr Bewegung 6 Dialog: Körperkult? 7 Kolumne: Spieglein, Spieglein an der Wand 8 Reflex 08 nistischen Konzeptes, das inzwischen nie- mand mehr als «spleenig» bezeichnet. Die rund 203.000 Kunden in insgesamt 112 deutschen Betrieben jedenfalls haben den Grundsatz ‹Erfolg statt Vergnügen› angenommen. So auch Klaus Ehl: «Ich bleibe Kunde, so lange es geht, da ich von der Methode überzeugt bin. Mein Kör- pergewicht stimmt mich zufrieden und das Verhältnis von Muskelmasse und Fett ist laut Aussage meines Arztes sehr gut. Ich bin praktisch beschwerdefrei.» 15 Jahre Kieser Training in Deutsch- land – während die Gesellschaft immer neuen Modetrends folgt, hat sich bei Kieser Training nur wenig geändert, aber vieles weiterentwickelt. Klaus Ehl: «Es gibt eine Reihe von neuen Trainings- geräten, viele Geräte sind optimiert wor- den. Es scheint, als sei die Entwicklung hier noch nicht zu Ende. Auffällig ist ein höherer Anteil älterer Kunden. Hier zeigen sich eine bessere Aufklärung der Bevölkerung und ein viel positiveres Image des Krafttrainings.» 15 Jahre Krafttraining – Kieser Trai- ning-Kunde Klaus Ehl hat es geschafft, seine Leistungsfähigkeit über die Jahre zu erhalten und damit die Zeit ein bisschen «auszutricksen». Auch deshalb wünscht er seinem ‹Heimat-Betrieb› in Frankfurt, dass er möglichst lange in der jetzigen Mitarbeiterbesetzung erhalten bleibt. TEXT: DIE KIESER TRAINING-REDAKTION «Werner Kieser. Verspricht Anstrengung und Schweiß, versteht sich als Produzent von Mager- masse: Ein Schweizer will Krafttraining auch in Deutschland gesellschaftsfähig machen», so hieß es noch vor 10 Jahren im F.A.Z.-Magazin (Heft 795, 26.05.1995). Sandra Döringer, Geschäftsleiterin Kieser Training Frankfurt-Innenstadt, im Gespräch mit Klaus Ehl

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APRIL 2005

15 Jahre Kieser Trainingin Deutschland

Begonnen hat die Geschichte von KieserTraining in Deutschland vor 15 Jahren,als im April 1990 der erste Pilotbetriebmitten im Bahnhofsviertel in Frankfurtam Main eröffnete. Aber selbst 5 Jahredanach schien dem F.A.Z.-Magazin dieIdee, Krafttraining für alle anzubietenund bis zum Jahr 2000 weitere 100 KieserTraining-Betriebe in Deutschland zueröffnen, reichlich «spleenig».

«Kieser war in Deutschland praktischunbekannt und medizinische Aspektespielten damals noch keine Rolle», erin-nert sich Unternehmensberater KlausEhl, ein Kunde der ersten Stunde inFrankfurt. Der damals 33-Jährige war auf der Suche nach einer effektiven Trai-

ningsmöglichkeit, um gesundheitlichenProblemen vorzubeugen. «Allerdingswar Krafttraining durch das Attribut‹Muckibude› eher negativ besetzt. DasImage entsprach dem des muskelbe-packten Mannes mit einem im umge-kehrten Verhältnis stehenden IQ.»

«Der Anfang war nicht leicht. Wirmussten den Leuten klar machen,dass Krafttraining nicht gerade einVergnügen ist, aber dass es nützt.»(Werner Kieser)

Kein Vergnügen? Und dennoch zahlen?Beinahe missionarisch erläuterte WernerKieser den Hintergrund seines reduktio-

Das Kundenmagazin von Kieser Training

Editorial: Was nützt unserer Gesundheit wirklich? 2

Aktuelles: Training statt Tabletten! 3

Themen der Zeit: Wann kommtdie artgerechte «Menschen-haltung»? 4

Persönlichkeiten: Mehr KraftKontrollierte ErnährungMehr Bewegung 6

Dialog: Körperkult? 7

Kolumne: Spieglein, Spieglein an der Wand 8

Reflex 08

nistischen Konzeptes, das inzwischen nie-mand mehr als «spleenig» bezeichnet. Dierund 203.000 Kunden in insgesamt 112deutschen Betrieben jedenfalls habenden Grundsatz ‹Erfolg statt Vergnügen›angenommen. So auch Klaus Ehl: «Ichbleibe Kunde, so lange es geht, da ich vonder Methode überzeugt bin. Mein Kör-pergewicht stimmt mich zufrieden unddas Verhältnis von Muskelmasse und Fettist laut Aussage meines Arztes sehr gut.Ich bin praktisch beschwerdefrei.»

15 Jahre Kieser Training in Deutsch-land – während die Gesellschaft immerneuen Modetrends folgt, hat sich beiKieser Training nur wenig geändert,aber vieles weiterentwickelt. Klaus Ehl:«Es gibt eine Reihe von neuen Trainings-geräten, viele Geräte sind optimiert wor-den. Es scheint, als sei die Entwicklunghier noch nicht zu Ende. Auffällig ist einhöherer Anteil älterer Kunden. Hier zeigen sich eine bessere Aufklärung derBevölkerung und ein viel positiveresImage des Krafttrainings.»

15 Jahre Krafttraining – Kieser Trai-ning-Kunde Klaus Ehl hat es geschafft,seine Leistungsfähigkeit über die Jahrezu erhalten und damit die Zeit ein bisschen «auszutricksen». Auch deshalbwünscht er seinem ‹Heimat-Betrieb› inFrankfurt, dass er möglichst lange in derjetzigen Mitarbeiterbesetzung erhaltenbleibt.

TEXT: DIE KIESER TRAINING-REDAKTION

«Werner Kieser. Verspricht Anstrengung und

Schweiß, versteht sich als Produzent von Mager-

masse: Ein Schweizer will Krafttraining auch in

Deutschland gesellschaftsfähig machen», so

hieß es noch vor 10 Jahren im F.A.Z.-Magazin

(Heft 795, 26.05.1995).

Sandra Döringer, Geschäftsleiterin Kieser Training Frankfurt-Innenstadt, im Gespräch mit Klaus Ehl

2 / EDITORIAL

Unser Körper befindet sich in einem ständigen Abbau-, Umbau- und Aufbauprozess. Täglich sterbenBillionen von Zellen ab und werden durch neue ersetzt. Innerhalb der Zellen müssen ständig Eiweißstoffesynthetisiert werden. Diese stetige Erneuerung des Körpers läuft auch dann ab, wenn wir inaktiv sind undbenötigt wie die Aufrechterhaltung unserer Körpertemperatur auch in Ruhe ständig Energie. Dieser alsGrundumsatz bezeichnete Ruhe-Energiebedarf liegt beim Erwachsenen in einer Größenordnung von ca.1.500 bis 2.000 Kalorien. Die individuelle Höhe des Grundumsatzes hängt wesentlich von der fettfreienKörpermasse ab, also vor allem von der Muskulatur. Je mehr Muskulatur wir besitzen, desto höher istunser Grundumsatz. Körperliche Aktivität erfordert zusätzliche Energie. So verbrauchen wir bei einerhalben Stunde Walking (5 km/h) ca. 150, beim Jogging (10 km/h) ca. 400 und beim Kieser Training ca. 120Kalorien zusätzlich.

Die Energieversorgung durch die Ernährung ist in den westlichen Industriestaaten praktisch immer undüberall gewährleistet – oft im Übermaß. Dementsprechend haben hier immer mehr Menschen einProblem, überschüssig aufgenommene Energie, die der Körper im Fettgewebe abspeichert, wieder loszu-werden. Wenn das nicht gelingt, droht ständige Gewichtszunahme verbunden mit Fett- undZuckerstoffwechselstörungen sowie Bluthochdruck. Hierbei ist das Risiko der Gefäßverkalkung mitHerzinfarkt und Schlaganfall massiv erhöht. Für das Fett gibt es kein Filterorgan wie die Niere, es verlässtden Körper nur durch Verbrennung. Der Ofen ist dabei in erster Linie die Muskulatur. Wer wenigMuskeln hat, kann auch wenig Fett verbrennen; eine kräftige Muskulatur ist eine Grundvoraussetzung für Stoffwechselstabilität.

Der Ausweg wird oft in Abmagerungskuren gesehen, also einer kurzfristigen, massiven Kalorien-reduktion. Hungerdiäten führen jedoch nicht in erster Linie zum Fettabbau, sondern zum Eiweißverlust.Mit anderen Worten: Muskulatur geht verloren und der Ofen für das Fett wird kleiner. Nach derRückkehr zu den alten Essgewohnheiten erfolgt daher eine beschleunigte Gewichtszunahme. Das ist derbekannte Jo-Jo-Effekt.Wer mehr Fett verbrennen will, muss seine Muskulatur vergrößern und zwar durchTraining. Im Hinblick auf die Ernährung lautet eine erfolgreiche und gesunde Empfehlung, die Zufuhrkonzentrierter Kohlenhydrate (stärkehaltige Lebensmittel wie Brot, Kartoffeln, Nudeln, Reis) einzu-schränken und stattdessen mehr Eiweiß, gesunde Fette sowie Kohlenhydrate in Form von Gemüse,Salaten und Obst in den Speiseplan aufzunehmen, wie dies bei der so genannten LOGI-Kost* der Fall ist.Eine derartige Ernährung, die gleichzeitig schmackhaft, kalorienreduziert und sättigend ist, setzen wir inunserer Klinik Überruh in Kombination mit intensivem Krafttraining und Ausdauertraining ein. Wirerzielen damit sehr gute Erfolg bei der Behandlung der oben genannten Zivilisationskrankheiten. In denletzten Jahren konnten wir nachweisen, dass sich so Stoffwechsel und Leistungsfähigkeit entscheidendverbessern lassen und viele lebenswerte Jahre hinzugewonnen werden können.

Machen Sie mit, es lohnt sich.

Dr. P. Heilmeyer, Ärztlicher Leiter der Klinik für Rehabilitation ÜberruhÜberruh 1, D-88316 Isnywww.rehaklinik-ueberruh.de

*) LOGI-Kost = LOw Glycemic Index-Kost, eine von der Harvard-University in Boston entwickelte und empfohlene Ernährung bei Übergewicht und Stoffwechselerkrankungen.

RedaktionTania Schneider, RedaktionsleitungLucile SteinerDr. Sven [email protected]

GestaltungProcess AGSamariterstraße 7CH-8030 Zürichwww.process.ch

DruckGraphische Betriebe STAATS GmbHRoßfeld 8D-59557 Lippstadt

ErscheinungsturnusAlle zwei Monate

Onlineversionwww.kieser-training.com

ImpressumHerausgeberKieser Training AGSystemzentraleKanzleistrasse 126CH-8026 Zürich

Vertretungsberechtigter GeschäftsführerWerner Kieser

Fit in den Frühling Schlank in den Sommer

Vital in den Herbst Gesund durch den Winter ...

Was nützt unserer Gesundheit wirklich?

AKTUELLES / 3

Die Bedeutung der Skelettmuskulaturgeht weit über ihre Funktion als Motorder Bewegungsorgane hinaus. Heutebesteht kein Zweifel mehr, dass dieMuskulatur auch eine Schlüsselpositionbei der Aufrechterhaltung eines gesun-den Stoffwechsels im menschlichenOrganismus einnimmt. Eine atrophierte,zu schwache Muskulatur ist in derKombination mit einem zu hohemKörperfettanteil die Hauptursache fürdas Auftreten einer komplexen Stoff-wechsel-Entgleisung. Sie tritt in den westlich geprägten Zivilisationen bei ent-sprechender Veranlagung immer häufi-ger und früher auf und macht bereitsKinder zu Patienten. In den USA wirddie Erkrankung «Syndrome X» oder«Deadly Quartet» genannt: das gemein-same Auftreten von Diabetes Typ II(Alterszucker), Hypercholesterinämie(erhöhte Cholesterinwerte im Blut),Hypertonie (Bluthochdruck) und Adi-positas (Fettleibigkeit).

Das Problem: falsche Ernährung undunzureichende muskuläre BelastungFalsche und zu reichliche Ernährungsowie mangelnde muskuläre Belastungführen dazu, dass immer mehr Menschenzu dick und unbeweglich werden. Einmassives Übergewicht verursacht schwe-re, dem Alter vorauseilende Verschleiß-

erkrankungen der Wirbelsäule und Ge-lenke bei einer gleichzeitig schleichendund über Jahre unbemerkt verlaufendenStoffwechselstörung mit fatalen Folgen.Beständig überhöhte Glucosekonzentra-tionen (Traubenzucker) im Blut in Kom-bination mit zu hohen Cholesterinwertenund Bluthochdruck schädigen massiv dieBlutgefäße und Organe. Das Risikoschwerwiegender Durchblutungsstörun-gen, Schlaganfälle, koronarer Herzer-krankungen und Herzinfarkte steigt.Amputationen, Erblindung und Impo-tenz drohen, der Mensch beginnt frühzei-tig zu altern. Die Folgen liegen nicht nurauf Seiten der Patienten. Durch medizini-sche Versorgung und soziale Absicherungentstehen unserem Gesellschaftssystemimmense Kosten.

Die Ursache: muskuläreInsulinresistenzBei der Entstehung von Diabetes Typ IIbesteht wissenschaftlich Einvernehmendarüber, dass die Hauptursache in derzunehmenden Unempfindlichkeit derMuskelzelle gegenüber dem BotenstoffInsulin liegt. Das in der Bauchspeichel-drüse produzierte Insulin regelt dieGlucosekonzentration im Blut. Es sorgtdafür, dass Glucose in der Muskulaturverbraucht oder bei fehlender muskulä-rer Belastung als Glykogen gespeichert

wird. Überschüssige Glucose wird inForm von Fett eingelagert. Nimmt dieSensibilität der Muskelzellen gegenüberdem Insulin ab, muss der Organismusimmer mehr Insulin produzieren, um die-sen Regelkreislauf aufrecht zu erhalten.Schließlich erschöpft sich die Leistungs-fähigkeit der Bauchspeicheldrüse undder Mensch erkrankt definitiv.

Medikamentöse Ansätze stimulierenentweder die Leistungsfähigkeit derBauchspeicheldrüse oder verbessern dieEmpfindlichkeit der Muskelzelle aufInsulin. Eine ursächliche Verbesserungoder gar Heilung gelingt hierdurch nicht.Die Erkrankung liegt primär in derMuskulatur und muss auch über derenRehabilitation beeinflusst werden.

Die Lösung: gesundheitsorientiertesKrafttrainingZahlreiche Langzeitstudien konntenzweifelsfrei die positive Wirkung kör-perlicher Aktivität und kontrollierterErnährung nachweisen. Gegenüber deralleinigen Medikamenteneinnahme be-einflussten sie die Stoffwechselaktivitätder Muskelzelle nachhaltig. Dabei ist«mehr Bewegung» nicht ausreichend,sondern es ist eine erschöpfende Bela-stung der Skelettmuskulatur notwendig.Nach vier Monaten Krafttraining konntedie Medikation bei Typ-II-Diabetikern

Medizinischer Strategiewechsel in Vorsorge und Therapie des Syndrom X

Training statt Tabletten!

um durchschnittlich 72 % reduziert wer-den (Castaneda und Mitarbeiter, 2002,Tufts University, Boston). Blutdruck undKörperfettanteil sanken und der labor-chemische Messwert für die Qualität derDiabetes-Einstellung (HbA1c-Wert) ver-besserte sich um über 10 %.

Ein konsequent umgesetzter, medizi-nischer Strategiewechsel mit präventivoder therapeutisch eingesetztem Kraft-training kann zu einer erfolgreichenBekämpfung des Syndrom X beitragen.

Im Vergleich zu den vorigen Jahrhunderten ist der durchschnittliche Kalorienverbrauch pro Tag deutlich gesunken und die Kalorienzufuhr durcheine veränderte Ernährung gestiegen. Dieser Fluch und Segen der Technik kann eine Entwicklung in Gang setzen, die mit schweren Schäden derBlutgefäße und Organe endet.

TEXT: DR. MED. FRANZ J. LINNENBAUM,ARZT FÜR ORTHOPÄDIE

IN EIGENER SACHE

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4 / THEMEN DER ZEIT

Seit der industriellen Revolution habensich aber die Umweltbedingungen radikal gewandelt. Inzwischen leben diemeisten Menschen weitgehend bewe-gungsfrei. Wir sitzen im Flugzeug, inAutos, am Schreibtisch, vor unserenComputern. Wenn nicht, sitzen wir in«Sitzungen». Zwischendurch sitzen wirbeim Geschäftsessen und nach getanerArbeit verbringen wir den größten Teilunserer Freizeit sitzend vor dem Fern-seher.

Keine SoftwareDie evolutionäre Einheit – Ernährungdurch Bewegung – ist im letzten Jahr-hundert völlig auseinandergerissen wor-den. Unsere Gene hatten keine Chance,sich der radikalen Wandlung der Lebens-umstände in dieser kurzen Zeit anzu-passen. Es ist, als wären wir per Zeit-maschine in die «schöne neue Welt»«gebeamt» worden. Nun leben wir mitSteinzeit-Genen in einer High-Tech-Welt.

Fehlende körperliche Aktivität istgenetisch nicht vorgesehen. Der Körperverfügt entsprechend nur über Software,die allein unter der Bedingung «täglichekörperliche Aktivität» optimal läuft.Die herrschende Diskordanz verursachtständige Störungen im körperlichenBetriebssystem und Abstürze im Stoff-wechsel sind nicht zu vermeiden.

Es kann noch ein paar tausend Jahredauern, bis brauchbare Updates für unse-re Gene verfügbar sind. Bis dahin bleibtals Support vor allem eines: Bewegung!

Nur wer täglich oder an den meistenTagen der Woche ein gewisses Maß ankörperlicher Aktivität absolviert, kannsein genetisches Potential zum Erhalt derGesundheit und Leistungsfähigkeit nutz-bar machen.

Was die Bewegung betrifft, so ist dieheutige Sichtweise falsch justiert. Kör-perliche Aktivität wird von den meistenso eingeschätzt, als würde man damitetwas Zusätzliches für die Gesundheittun. Doch sind tägliche körperlicheAnstrengungen aus genetischer Sicht«normal». Damit erst stellt der Körpersicher, dass seine Hardware und seineSoftware aufeinander abgestimmt sindund alles normal funktioniert. Sport istalso nicht «gesund», sondern Bewegungs-mangel ungesund.

Bewegung verhindert ZunehmenRegelmäßige anstrengende Bewegungs-aktivität ist die wichtigste Maßnahme, umdas Körpergewicht zu kontrollieren. Denganzen Tag sitzend nehmen wir in allerRegel mehr Energie auf, als wir benöti-gen. Zudem wird bei Bewegungsmangeldie Essenskontrolle weniger von innerenSignalen des Hunger- und Sättigungs-zentrums beeinflusst, sondern über äuße-re Bedingungen wie Emotionen, Uhrzeitoder Langeweile verstärkt. Ein Mindest-maß an körperlicher Aktivität ist jedochnotwendig, um den aufgenommenenEnergieüberschuss wieder abzubauen.Die Mindestanforderungen an den Kalo-rienverbrauch durch zusätzliche körperli-che Aktivität liegen täglich bei etwa

Wann kommt die artgerechte«Menschenhaltung»?

Bis in die Neuzeit hinein waren Ernährung und Bewegung immer untrennbar

miteinander verknüpft: Jagen und sammeln, um essen und überleben zu können.

Was auch immer sonst noch zu tun war, alles konnte man nur mit eigener

Hände Arbeit erledigen. Muskelkraft und Ausdauer waren folglich die entscheidenden

Koordinaten des täglichen Lebens. Und dementsprechend war die körperliche

Ausstattung unserer frühzeitlichen Vorfahren: schlank, muskulös und fit.

Illustration: Stefanie Harjes

THEMEN DER ZEIT / 5

etwa 45 Prozent aus Kohlenhydratenbezogen auf den Energiegehalt dergesamten Ernährung. Was passiert mitdiesem Haufen an Brot, Nudeln, Kar-toffeln, Reis und Zucker? Alle verdau-lichen Kohlenhydrate werden durch dieVerdauung so lange chemisch aufge-schlossen und umgebaut, bis daraus dieGlukose entstanden ist. Speichern kannder Körper Glukose in der Muskulaturoder in der Leber in Form von Glykogen.

Wenn Sie die gängigen Ernährungs-empfehlungen (25 Prozent Fett, 15 Pro-zent Eiweiß und 60 Prozent Kohlen-hydrate) artig befolgen, füllen sich Ihreuntätigen Muskelzellen täglich mit demTreibstoff Glukose. Zwar benötigt jedeKörperzelle als Energiequelle Glukose,allerdings können Muskelzellen auchEnergie aus der Verbrennung von Fettbeziehen. Dafür braucht es jedoch einehöhere Bereitstellung von Sauerstoff.Die Fettverbrennung ist aufwendiger undlangsamer als die direkte Glukosever-brennung. Die energetische Bewältigungder Bürobelastung würden wir lockerauch mit Fettverbrennung abdecken.Werden aber ständig Kohlenhydratenachgeschoben, müssen diese auch stän-dig verbrannt werden, da ihre Speicherkaum zu vergrößern sind. Dafür muss dieFettverbrennung entsprechend zurückge-stellt werden. Eine kohlenhydratreiche,fettarme Kost regt den Körper zur Ei-gensynthese von Fett an. Kurioserweisewerden dann speziell die «bösen» gesät-tigten Fettsäuren gebildet, die maneigentlich mit einer fettarmen Kost los-werden wollte. Und bei einer positivenEnergiebilanz, wenn man also mehrKalorien zuführt als verbraucht, wird ausKohlenhydraten sogar eine ganze MasseFett gebildet.

«Artgerechte» ErnährungZur Prävention und Therapie von Über-gewicht und dessen bedrohlich gesund-heitlichen Folgen bietet sich eine Ernäh-rungsmodifikation an. Wie eine Vielzahlkontrollierter Studien belegen, ist derAbnahmeeffekt tatsächlich umso größer,je niedriger der Kohlenhydratanteil ist.Andererseits erschweren rigorose Koh-lenhydratreduktionen (Low-Carb) dasDurchhaltevermögen, so dass der Lang-zeiterfolg ähnlich fraglich ist, wie der vonFettreduktionen (Low-Fat). Vor diesemHintergrund versprechen «sanfte» For-men der Kohlenhydratreduktion mitAnteilen von etwa 20 bis 30 Prozent anKohlenhydraten auf Dauer größerenErfolg. Das Ausmaß ihrer präventivenund therapeutischen Wirkung einer sol-chen Ernährungsform in Bezug aufMorbidität und Mortalität wird zurzeit anverschiedenen Forschungszentren derWelt untersucht.

Dass die physiologische Wirkung vonkohlenhydratreduzierten Kostformen sogünstig ausfällt, dürfte kein Zufall sein:

Die Menschheit hat Millionen Jahre langin ihrer Entwicklungsgeschichte «Low-Carb» gelebt. Dass wir auch heute daranimmer noch optimal adaptiert sein könn-ten, dass dies also eine «artgerechte»Ernährung darstellt, ist eine biologischplausible These, deren Erforschung zu-kunftsweisend sein wird.

11 Kilokalorien pro Kilogramm Körper-gewicht.

Bewegung verhindertStoffwechselstörungenMit regelmäßiger und ausreichend inten-siver körperlicher Aktivität werdenMuskeln aufgebaut. Das Training beein-flusst die Fettsäurenzusammensetzungder Muskelzellen und ihrer Membranenpositiv und ist somit eine wichtigeMaßnahme, um dem Syndrom X vorzu-beugen. Die gefürchtete Insulinresistenzkann gemindert und die Glukose-aufnahme in die Zellen erhöht werden.Nicht zuletzt bewirkt körperliche Be-wegung vor dem Essen, dass die Fette ausder nachfolgenden Mahlzeit verstärkt indie Muskelzellen geschleust werden.Damit kann man der Blutfetterhöhungnach den Mahlzeiten entgegenwirken.Zusätzlich hilft Bewegung, Stresshor-mone und damit den Ärger des Tagesabzubauen. Durch Anhebung des «Gute-Laune-Hormons» Serotonin hellt sie dasseelische Befinden auf.

Bewegung senkt die SterblichkeitDutzende von Langzeitstudien haben aufdie segensreiche Wirkung von körper-licher Aktivität hingewiesen: Man senktdamit nicht nur die Risikofaktoren fürdas Syndrom X, man erkrankt auch – trotz Übergewicht – sehr viel seltener.Die Wahrscheinlichkeit, dass ein gestör-ter Zuckerstoffwechsel zum Diabetesmellitus Typ 2 (Altersdiabetes) führt,wird gesenkt.

Die Sterblichkeit in Bezug auf Herz-und Hirninfarkte wird deutlich gemin-dert, unabhängig davon, ob jemand über-gewichtig ist oder nicht. Gut trainierteÜbergewichtige haben sogar ein niedri-geres Herzinfarktrisiko als Untrainiertemit Idealgewicht. Selbst das Risiko fürBrust- und Darmkrebs wird durch eineAktivitätssteigerung in Arbeit und Frei-zeit zurückgedrängt.

Krafttraining noch immer unterschätztBei «gesundem Sport» denken die mei-sten immer noch an die Herz-Kreislauf-Gesundheit. Dabei gibt es heute keinenZweifel mehr, wie wichtig auch dasKrafttraining für die gesunde Körper-funktion ist – und zwar bis ins hohe Alter.Ohne regelmäßiges Training schwindetdie Muskelmasse über die Lebensspanneum ca. 10 bis 13 Kilogramm. Stattdessenlagert der Körper vermehrt Binde- undFettgewebe ein. Nicht nur um die eigeneMobilität zu erhalten, sondern auch, umdie wertvolle stoffwechselaktive Mus-kulatur vor einem vorzeitigen Abbau zuschützen, sollte ein systematisches Kraft-training zum Alltag gehören.

Die KohlenhydratfalleZurzeit besteht die «westliche Kost» zu

TEXT: NICOLAI WORM

5. Auflage 2004, Systemed Verlag Lünen, ISBN 3-927372-23-4Illustration: Stefanie Harjes

DIALOG / 7

Ja, denn der Mensch kämpft nicht nurum sein «Überleben», sondern – wie wirdurch die Philosophie wissen – ebensoum «Erkenntnis» und «Anerkennung»(Hegel). Es ist uns allen (und einigenganz besonders) wichtig, von unserer«sozialen Gruppe» wertgeschätzt zu werden. Dazu gehört auch, attraktivgefunden zu werden. Im Verständnisunserer Alltagssprache wird «Eitelkeit»häufig als übersteigerte Gefallsucht dis-kreditiert. Sie als ein Grundbedürfnisnach Resonanz durch andere zu deuten,mag helfen, unsere Selbstakzeptanz zufördern. Krafttraining hilft, ein positivesKörperempfinden zu entwickeln. Diesesgute Körpergefühl hebt die Stimmung.Und in guter Stimmung fallen viele Kon-takte leichter.

Nein, denn Krafttraining ist keineswegseine Erfindung der «dekadenten» zeitge-nössischen Zivilisationsgesellschaft, inder der Schein oft mehr zu zählen ver-mag als das Sein. Krafttraining hat weit-reichende historische Wurzeln. Die über-zeitliche Perspektive veranschaulicht,dass mit dem Training der Muskeln mehrals rein äußerliche – «eitle» – Ziele ver-bunden waren und sind.

Verändert hat sich im Verlauf derZeit natürlich die Technik zur Kräftigung

Idee, durch Handeln, Fühlen und Wollen,also durch Körper, Seele und Geist einkomplexes Ganzes zu bilden, scheint unsnicht vollständig verlassen zu haben.

Der Nutzen des Krafttrainings heuteist weniger in Bildungsidealen zu veror-ten. Stattdessen gewinnt die Realität anBedeutung, die Voraussetzungen eigenerGesundheit pragmatisch selbst zu steu-ern. Ein schöner Körper ist ein gesunderKörper – ein gesunder Körper verfügtüber genau die Kraft, die er zur Be-wältigung seines Daseins braucht unddie ihm dieses Dasein erleichtert.

Krafttraining so als ein historisches

Körperkult?

Phänomen aufgefasst zeigt, dass dasBewusstsein, als «ganzer» Mensch überKraft zu verfügen, kein Modewahn ist,sondern eine «kultische» Handlung imbesten Sinne: Körperpflege! Pflegen Siealso Ihren Körper mit Krafttraining.Kultivieren Sie diese Pflege, indem Sieein- bis zweimal in der Woche trainieren.Und freuen Sie sich über Ihre Kraft!

der Muskulatur. Stemmten die Men-schen vor zweitausend Jahren Stein-tafeln, so bewegen sie heute variable undfein dosierbare Widerstände. WennTraining zu konkreten Ergebnissen füh-ren soll, ist das häufig auch Quälerei.Daran ändert die Technik wenig. Esbraucht einen gewissen «Stoizismus», umKrafttraining durchzuhalten und vielehaben gerade daran ihre Freude. Beianderen beginnt das gute Gefühl erstnach dem Training: wenn sie alleMuskeln durchblutet spüren und mitgestärktem und aufrechtem Gang sich anLeonardos «Goldenen Schnitt» erinnertfühlen.

Ein gesellschaftliches Schönheitsidealist nichts Neues. Wir finden es beispiels-weise im «Kalokagathie-Gedanken» derGriechen. Kalokagathie bedeutete die«Schöngutheit» als Einheit von Adel,Reichtum und körperlicher Leistungs-fähigkeit. Im deutschen Idealismuswurde diese Idee zum Inbegriff einerguten körperlichen und geistigen Bil-dung. Heute sprechen wir häufig von«Ganzheitlichkeit», wenn wir ausdrückenwollen, dass wir mit der Reduktion desMenschen auf ein «neuronales Netz-werk» ebenso unzufrieden sind wie mitder Perspektive, primär eine «wirtschaft-liche Produktivkraft» darzustellen. Die

Leonardo da Vinci, Proportionskanon des Menschen, (ca. 1492), Accademia, Venedig, © year Photo SCALA, Forence

«Körperkult» – als Begriff eher kritisch

beäugt, in der Sache ein Phänomen mit

zurzeit medialer Hochkonjunktur. Die

Zuschauerresonanz auf die verschiedenen

TV-Serien, in denen der Körper und

seine – operative – Veränderbarkeit Thema

sind, mag dies bestätigen. Und Krafttraining?

War nicht auch Krafttraining immer schon

eine mehr oder weniger subtile Form,

die eigene Eitelkeit zu befriedigen und

damit das Bedürfnis zu stillen, einen

«zeitgerechten» Körper zu besitzen?

Ja und Nein!

TEXT: VOLKER POMMERENINGQUALITÄTSKONTROLLE/

FÜHRUNGSAUSBILDUNG KTAG

8 / KOLUMNE

Was zählt, ist nicht primär das Körper-gewicht, sondern die Körperzusammen-setzung. Fehlen Energiezufuhr undmuskuläre Belastung, greift der Körperauf Energiebausteine in der Muskulaturzurück, was letztendlich zum Muskel-abbau führt. Hätte mein Freund währendder Fastenkur trainiert, hätte er im We-sentlichen Fett verloren, seine Muskelnaber weitgehend bewahrt. Im Klartext:Ohne kräftigendes Training bleibt dasFett und die Muskeln schwinden.

Um die Körperzusammensetzung zuobjektivieren, wurden verschiedene Me-thoden und Technologien entwickelt.Eine praktikable, wenn auch nicht ganzeinfache Methode, ist die oben geschil-derte «Impedanz-Messung». Dabei wirdüber den elektrischen Hautwiderstandder Wassergehalt des Körpers berechnetund der Magermassenanteil ermittelt.Dieser wird vom Gesamtgewicht subtra-hiert; der Rest ist die Fettmenge desKörpers.

Aber auch die Impedanz-Messung hatihre Tücken. Je nach Tageszeit variiert

«Fünf Kilo weniger!» So lautete das beeindruckende Resultat einer mehrwöchigen Fastenkur

eines Freundes. Doch war seine Freude von kurzer Dauer. Diese wurde «Opfer» meiner

Bestrebungen, ein Verfahren zur Feststellung der Körperzusammensetzung in Europa

einzuführen. Der Test mit dem neuen Gerät stellte die Dinge richtig. Verlust an Magermasse:

vier Kilogramm. Verlust an Fett: ein Kilogramm. Biologisch gesehen ein schlechtes Geschäft.

Zwar hatte er Gewicht verloren, aber durch den Muskelmassenverlust auch Kraft.

Spieglein, Spieglein an der Wand

der Hautwiderstand. Faktoren wie voran-gegangene Flüssigkeitsaufnahme oderder Feuchtigkeitsgrad der Hautober-fläche beeinflussen beispielsweise dasErgebnis. Sind die Messbedingungenjedoch stets gleich, lassen sich dieVeränderungen der Körperzusammen-setzung gut verfolgen. Dies zeigt meinepersönliche Erfahrung mit einer solchen«Waage».

Viel eindrücklicher – wenn auch nichtin Zahlen – zeigt mir mein Spiegel dieVeränderungen meines Körpers. So kom-plex sie technisch zu ermitteln sind, soeinfach sind sie zu sehen, denn sie zeigensich an der Oberfläche. Die «Form» folgtauch hier der «Funktion». Wir kennenunsere «Schwachstellen». Sie nicht zukennen, wäre ein Versäumnis. Der kriti-sche Blick in den Spiegel hat nichts zutun mit Eitelkeit oder «Narzissmus».Nein, er gehört schlicht und einfach zurQualitätskontrolle unseres wichtigstenVehikels: unseres Körpers.

TEXT: WERNER KIESER

Werner KieserFett oder Muskeln? Das ist hier die Frage

Kieser TrainingDen Menschen, der bewegungsarm,plagt Rückenschmerz, dass Gott erbarm,bis dass der Schmerz dann immer fieser und er trainiert mit Fleiß bei Kieser.Seitdem, und das erfreut ihn sehr,spürt er den Rücken gar nicht mehr.Jochen Schmidt (Jg. 1922), Kunde in Essen-Ost