Reformiertes · Bücher zum Umgang mit der Umwelt wurden Bestseller, wie „Die Wolke“ (1987),...

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INHALTSVERZEICHNIS Seite Tschernobyl 30 – Fukushima 5 1-2 Flüchtlingsdienst Diakonie 3 Die Tradition der Toleranz: Die Regierungszeit Kaiser Franz Josephs I. 4–5 Gottesdienste/Veranstaltungen/ 6–7 Religion im Radio 8 Jürgen Moltmann – Theologie als Widerspruch9 Glaubensflüchtlinge in der Reformationszeit 10 Dorothea/Bücher 11 Erinnert: Cornelius Hell 12 Reformiertes Kirchenblatt Wien/Österreich 94. Jg Mai 2016 Heft 5/2016 Euro 1,50 Tschernobyl 30 – Fukushima 5 30 Jahre nach Tschernobyl Vor 30 Jahren, am Samstag, den 26. April 1986, ereignete sich im Atomkraft- werk Tschernobyl (heute Ukraine, da- mals UdSSR) die bis dahin verhängnis- vollste Nuklearkatastrophe. Es kam zum Super-GAU. Die Explosion des Reaktors und die anschließende Kontaminierung der Luft, des Bodens und des Wassers hat erstmals die Definition eines „größten anzunehmenden Unfalls“ überstiegen. Aufgrund technisch bedingter Baufehler und zeitgleich getroffener Fehlentschei- dungen kam es zu einer Kernschmelze und Explosion, die schwerwiegende Aus- wirkungen auf weite Teile Europas hatte und hat. Weißrussland, die Ukraine und als entferntes Land auch Österreich galten als stark betroffen. Neben den Strahlenopfern gibt es heute noch psy- chische und physische Langzeitfolgen. Bei den Opferzahlen dieser größten Ka- tastrophe der zivilen Atomgeschichte rei- chen die Schätzungen von 8.000 bis zu einer Million. Faszinosum und Fanal Tschernobyl In der Wiener Karlsplatz-Passage kann man täglich erfahren, wie viele Tage es noch bis zur Wiederbewohn- barkeit von Tschernobyl dauert. Der Künstler Ken Lum hat in einer Instal- lation neben der Zahl Pi auch „facto- ids“ zum Stand der Weltbevölkerung, zur weltweiten Anzahl unterernährter Kinder und eben auch zur Zeit bis zur Wiederbewohnbarkeit Tschernobyls installiert. Es sollte uns schockieren, dass wir mit unseren Erfindungen die- sem Planeten einen so schweren und irreparablen Schaden zufügen kön- nen. Und der „Mär vom günstigen Atomstrom“ wird in Fachkreisen seit jeher vehement widersprochen. „Endzeit …?“ Vor 30 Jahren sickerten nur langsam Informationen über das Ausmaß der Katastrophe von Tschernobyl an die Öffentlichkeit durch. Die Kinder soll- ten auch in Österreich nicht draußen spielen und vor bestimmten Gemüse- und Obstsorten wurde gewarnt. Mög- licherweise verstrahlte Milch wurde bei uns aus dem Handel genommen und angeblich als Milchpulver an är- mere Regionen verschickt. Kritische Bücher zum Umgang mit der Umwelt wurden Bestseller, wie „Die Wolke“ (1987), ein Jugendroman von Gu- drun Pausewang. Sie schildert darin das fiktive Schicksal der 14-jährigen Janna-Berta, die nach einem Reaktor- unfall in Deutschland zum Strahlen- opfer wird. Bedenklich bleibt in ih- rem Roman, dass Pausewang die Atomenergie mit den Gefahren des Nationalsozialismus vergleicht und zum Widerstand gegen die „Atomma- fia“ aufruft, sowie vor einem „Öko- zid“ warnt. Umweltpolitisches Um- denken wurde jedenfalls lautstark von der Zivilgesellschaft eingefordert. Der Wien, Karlsplatzpassage: © wikimedia

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I N H A L T S V E R Z E I C H N I S Seite

Tschernobyl 30 – Fukushima 5 1-2

Flüchtlingsdienst Diakonie 3

Die Tradition der Toleranz: Die Regierungszeit Kaiser Franz Josephs I. 4–5

Gottesdienste/Veranstaltungen/ 6–7

Religion im Radio 8

Jürgen Moltmann – Theologie als Widerspruch9

Glaubensflüchtlinge in der Reformationszeit 10

Dorothea/Bücher 11

Erinnert: Cornelius Hell 12

ReformiertesK i r chenb la t t

Wien/Österreich 94. Jg Mai 2016Heft 5/2016Euro 1,50

Tschernobyl 30 – Fukushima 530 Jahre nach Tschernobyl

Vor 30 Jahren, am Samstag, den 26.April 1986, ereignete sich im Atomkraft-werk Tschernobyl (heute Ukraine, da-mals UdSSR) die bis dahin verhängnis-vollste Nuklearkatastrophe. Es kam zumSuper-GAU. Die Explosion des Reaktorsund die anschließende Kontaminierungder Luft, des Bodens und des Wassers haterstmals die Definition eines „größtenanzunehmenden Unfalls“ überstiegen.Aufgrund technisch bedingter Baufehlerund zeitgleich getroffener Fehlentschei-dungen kam es zu einer Kernschmelzeund Explosion, die schwerwiegende Aus-wirkungen auf weite Teile Europas hatte

und hat. Weißrussland, die Ukraine undals entferntes Land auch Österreichgalten als stark betroffen. Neben denStrahlenopfern gibt es heute noch psy-chische und physische Langzeitfolgen.Bei den Opferzahlen dieser größten Ka-tastrophe der zivilen Atomgeschichte rei-chen die Schätzungen von 8.000 bis zueiner Million.

Faszinosum und Fanal TschernobylIn der Wiener Karlsplatz-Passagekann man täglich erfahren, wie vieleTage es noch bis zur Wiederbewohn-barkeit von Tschernobyl dauert. Der

Künstler Ken Lum hat in einer Instal-lation neben der Zahl Pi auch „facto-ids“ zum Stand der Weltbevölkerung,zur weltweiten Anzahl unterernährterKinder und eben auch zur Zeit bis zurWiederbewohnbarkeit Tschernobylsinstalliert. Es sollte uns schockieren,dass wir mit unseren Erfindungen die-sem Planeten einen so schweren undirreparablen Schaden zufügen kön-nen. Und der „Mär vom günstigenAtomstrom“ wird in Fachkreisen seitjeher vehement widersprochen.

„Endzeit …?“Vor 30 Jahren sickerten nur langsamInformationen über das Ausmaß derKatastrophe von Tschernobyl an dieÖffentlichkeit durch. Die Kinder soll-ten auch in Österreich nicht draußenspielen und vor bestimmten Gemüse-und Obstsorten wurde gewarnt. Mög-licherweise verstrahlte Milch wurdebei uns aus dem Handel genommenund angeblich als Milchpulver an är-mere Regionen verschickt. KritischeBücher zum Umgang mit der Umweltwurden Bestseller, wie „Die Wolke“(1987), ein Jugendroman von Gu-drun Pausewang. Sie schildert darindas fiktive Schicksal der 14-jährigenJanna-Berta, die nach einem Reaktor-unfall in Deutschland zum Strahlen-opfer wird. Bedenklich bleibt in ih-rem Roman, dass Pausewang dieAtomenergie mit den Gefahren desNationalsozialismus vergleicht undzum Widerstand gegen die „Atomma-fia“ aufruft, sowie vor einem „Öko-zid“ warnt. Umweltpolitisches Um-denken wurde jedenfalls lautstark vonder Zivilgesellschaft eingefordert. DerW

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THEMA

Umweltschutzgedanke wurde gesell-schaftsfähig und das Schlagwort „Be-wahrung der Schöpfung“ hatte Hoch-saison. Über pro und contra Kern-kraft wurde heiß diskutiert.

Bevor der Sarkophag lecktVieles über Tschernobyl ist bis heutenicht bekannt. Über das gesundheitli-che Schicksal der evakuierten Bevöl-kerung und der HelferInnen, die inder „verbotenen Zone“ von Tscherno-byl eingesetzt wurden, weiß man we-nig. Uninformiert sind zehntausendeArbeiterInnen in die Zone geschicktworden, darunter Piloten, Heerscha-ren von Wehrpflichtigen, Feuerwehr-leute und ÄrztInnen. Dazu kamen die„Liquidatoren“, jene Bergleute, Klet-terer, Betonarbeiter und Helfer, dieauf das Dach steigen mussten, um imLaufschritt ein paar verstrahlte Bro-cken in den Schlund des Reaktors zuwerfen. Aus der ganzen damaligenSowjetunion wurden Wehrpflichtigefür einen kurzen, vielleicht ein paarSekunden dauernden „heldenhaftenEinsatz“ nach Tschernobyl gebrachtund sofort wieder fortgeschickt. Auchein Schutzmantel um den Reaktorwurde gebaut. Inzwischen ist diesersogenannte Sarkophag zur Abschir-mung des radioaktiven Lecks 30 Jahrealt. Die notdürftige Errichtung gingmit baulichen Mängeln einher undimmer noch stecken 200 Tonnen ge-schmolzenen Kernbrennstoffs undUnmengen radioaktiven Staubs in dermaroden Hülle. Bräche der Sarko-phag zusammen, könnten weite Re-gionen Europas durch den Wind kon-taminiert werden. Mit dem Bau einerneuen Schutzhülle wurde 2007 be-gonnen, jedoch stocken die Arbeiten.

Das sicherste Atomkraftwerk derWeltIm österreichischen Zwentendorfsteht das sicherste AKW der Welt. Am4. November 1978 sprach sich eineMehrheit von 50,5% bei der erstenVolksabstimmung der Nachkriegsge-schichte gegen die Inbetriebnahmedieses neu errichteten Kernkraftwerksaus. Seither zählt Österreich zu den

Pionieren der atomkritischen Stim-men, bleibt aber von DutzendenAKWs umgeben. Nur im Wiener Pra-ter gibt es seit 1962 einen For-schungsreaktor für wissenschaftlicheZwecke. Weltweit gibt es im Jahr2015 433 betriebsfähige Kernkraft-werke, davon 99 in den USA, 58 inFrankreich, 43 in Japan, etwa 8 inDeutschland und 6 in der Tschechi-schen Republik. Selbst die Nuklear-katastrophe von Fukushima vor 5 Jah-ren, zurückzuführen auf ein Erdbebenund menschliches Versagen, wie im-mer wieder auftretenden Störfälle inanderen AKWs haben die Atomener-giewirtschaft bisher nicht einbremsenkönnen. Sogar Japan blieb nicht beimAtomausstieg und hat 3 Jahre nachFukushima beschlossen, weiter Nu-klearstrom zu nutzen.

Müll ohne DeponieDie Gefahren und Gefährdungszeit-räume von Atommüll entziehen sichunserer Vorstellung. Nach kurzer Zeitzerfällt zwar manch radioaktives Ma-terial. Andere radioaktive Substanzenbenötigen Jahre, wiederum andere ra-dioaktive Gifte haben extrem langeHalbwertszeiten. Bei Jod-129 liegtdie Halbwertszeit bei 17.000.000Jahren. Ein atomares Endlager müssteSicherheit über Zeiträume gewähren,die unser Vorstellungsvermögen spren-gen. Gegenwärtig sind in 19 der 41Länder, die Kernenergie nutzen, End-lager für schwach- und mittelradioak-tive Abfälle in Betrieb. Für hoch-radioaktive langlebige Abfälle gibt esderzeit kein einziges Endlager! Ge-plant sind sie in den USA, in Finn-land und in Schweden. Atomkraft-technisch gesehen gibt es kein „Landder Seligen“, wie es sich nach der Re-aktorkatastrophe in Fukushima aufetlichen Pazifikinseln und an der

Westküste der USA gezeigt hat. Daalle Lebensräume unserer Erde mitdem Wasserkreislauf verbunden sind,bleiben die rund 300 Tonnen hoch-radioaktiven Wassers, das täglich vonFukushima aus ins Meer fließt, einökologischer Wahnsinn. Auch dieGefahren seitens terroristischer An-schläge oder „schmutziger Bomben“mit radioaktivem Material sind nichtabzuschätzen.

Reformierte Stimmen gegenAtomkraftAuf der 24. Generalversammlung desReformierten Weltbundes in Accra,Ghana, wurde 2004 das „Bekenntnisdes Glaubens im Angesicht von wirt-schaftlicher Ungerechtigkeit und öko-logischer Zerstörung“ beschlossen.Unter dem Punkt „Die Zeichen derZeit erkennen“ heißt es: „Hohe Ra-dioaktivitätswerte bedrohen Gesund-heit und Umwelt.“ Dass ein Reforma-tor wie Johannes Calvin schon im 16.Jh. einen gebührlichen Umgang mitder Umwelt einmahnt, zeigt sich inseiner Institutio: „Lass denjenigen,der ein Feld besitzt, die Früchte soernten, dass der Boden nicht durchseine Nachlässigkeit Schaden nimmt.Lass ihn das Land seiner Nachkom-menschaft so, wie er es empfangenhat, oder sogar in besserem Zustandweitergeben. … Mehr noch: mögenVerantwortung und Achtsamkeitgegenüber all den guten Dingen, dieGott uns gibt, unter uns herrschen,sodass jeder sich in allem, was er be-sitzt, als Haushalter Gottes versteht.Dann wird niemand sich maßlos ver-halten und durch Missbrauch dieDinge verderben, die Gott erhaltenwill.“ Tschernobyl und Fukushimakönnen überall jederzeit wieder pas-sieren.

HARALD KLUGE ■

REFORMIERTES KIRCHENBL ATT 5/2016

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© Graphik Novel, Egmont-Verlag 2016

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BERICHTE

Flüchtlingsdienst DiakonieHat Österreich so wenig Problemlösungskraft?

Diakonie warnt: Notstand darfnicht ohne Not ausgerufenwerdenLaut Gutachter Walter Obwexerbefinde sich Österreich „gegen-wärtig in einer tatsächlichen underheblichen Gefahr, die einGrundinteresse der Gesellschaftberührt“. Diese Gefahr „beein-trächtigt bereits das Funktionie-ren der Einrichtungen des Staa-tes und seiner wichtigen öffent-lichen Dienste, sowie das Über-leben der Bevölkerung“. So stehtes im Gutachten, und ein sol-cher Zustand muss laut ständi-ger Rechtssprechung des Euro-päischen Gerichtshofs eingetre-ten sein, um das umzusetzen,was die österreichische Regie-rung nun vorschlägt: Die teil-weise Aussetzung des Europa-rechts und Schnellverfahren zurZurückweisung ohne Asylver-fahren an der Grenze.

Ein Prozent mehrÖsterreich beherbergt derzeit86.700 Schutzsuchende. Dasentspricht einem Prozent derGesamtbevölkerung. Die Anzahlder Grundversorgten ist im Laufder vergangenen Woche sogarum 550 Personen gesunken. „Wenn der Anstieg der Bevölke-rung um einen Prozentpunkttatsächlich bereits das Funktio-nieren des gesamten Staatsgebil-des aus den Angeln heben wür-de, wäre es um Österreich wirk-lich übel bestellt. Der Staats-Notstand darf nicht ohne Notausgerufen werden“, so Diako-nie Direktor Michael Chalupka.

Ursachen bekämpfen undnicht FlüchtlingeEs ist höchst bedenklich, wenndie Bundesregierung ihre eigene

Problemlösungskraft so geringeinschätzt, dass Österreich nurdann noch regierbar erscheint,wenn es in einem permanentenNot- und Krisenzustand gesehenwird.„Insgesamt wird keine österrei-chische Gesetzesänderung jemalsetwas daran ändern können, dasswir es derzeit mit mehrerenKonfliktherden zu tun haben,die Menschen auf die Fluchtzwingen“, betont Chalupka.„Deshalb müssen Österreichund die anderen europäischenStaaten damit aufhören, Flücht-linge zu bekämpfen, anstatt dieFluchtursachen“.

Abschottung ist VerlagerungAlle Abschottungsmaßnahmenführen nur dazu, dass sichFluchtrouten verlagern und im-mer mehr Flüchtlinge in dieHände von Schleppern getrie-ben werden, die Menschen wie-der auf immer gefährlicherenWegen nach Europa schleusenwerden. Das „Dichtmachen“ derGrenzen führt dazu das Geschäftder Schlepper anzuheizen, unddass Fluchtwege verschleiert undAsylverfahren verlängert werden.

Kein Notstand„Österreich befindet sich nichtim Notstand. Asyl und Men-schenrechte dürfen deshalb auchnicht ausgesetzt werden. Öster-reich hat – so wie alle andereneuropäischen Staaten – die Ver-pflichtung, sein Asylsystem an-zuwenden. Die Lösung liegtnach wie vor in einem gemeinsa-men und solidarischen Auftretender EU-Länder und nicht im Se-paratismus“, so der DiakonieDirektor abschließend.

FLÜCHTLINGSDIENST DIAKONIE ■

REFORMIERTES KIRCHENBL ATT 5/2016

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„Haus Papageno“ bietet minderjährigenFlüchtlingen Schutz

30 junge Burschen leben in der neuen Einrichtungdes Diakonie Flüchtlingsdienstes

Wien (epdÖ) – Seit Februar wohnen 30 junge Bur-schen im Alter von 14 bis 18 Jahren im „Haus Papage-no“ in der Wienerbergstraße in Wien-Meidling. AmMittwoch, 20. April, wurde nun die neue Einrichtungdes Diakonie Flüchtlingsdienstes feierlich eröffnet.Dass diese Einrichtung für unbegleitete minderjährigeFlüchtlinge ihren Betrieb aufnehmen konnte, sei ein„starkes Zeichen der gelebten Willkommenskultur“,hieß es unisono bei der Eröffnung.Der Name des Hauses Papageno signalisiert die Ver-bindung zur Volksoper. Dort haben KünstlerInnen undMitarbeiterInnen beschlossen, monatlich mit einem Teilihrer Gage bzw. ihres Gehalts das Haus Papageno zuunterstützen. „Wir wollten statt einer einmaligen Sachelangfristig helfen“, betonte Volksopern-Direktor RobertMeyer, dessen Mitarbeiter und Musiker auch bei derEinrichtung des Hauses tatkräftig mitgeholfen haben.Meyer: „Wir hoffen, dass diese jungen Menschen ein-mal wieder genauso heiter sein können wie Papagenoauf der Bühne.“

***Baden: Paul-Weiland-Haus des Diakonie-

Flüchtlingsdienstes eröffnet

Sicheres Zuhause für Familien und unbegleiteteminderjährige Flüchtlinge

Baden (epdÖ) – Das Paul-Weiland-Haus des Diako-nie Flüchtlingsdienstes ist am Mittwochvormittag, 6.April, feierlich eröffnet worden. Benannt ist das Hausin der Wiener Straße 70 in Baden nach dem evangeli-schen Superintendenten der Diözese Niederösterreich,der im August des Vorjahres plötzlich verstorben ist. ImPaul-Weiland-Haus, dem ehemaligen Landespflege-heim, erhalten Menschen mit Fluchthintergrund ein si-cheres Zuhause auf Zeit. Betreut werden in demGrundversorgungsquartier Familien, unbegleiteteminderjährige Flüchtlinge sowie Menschen mit erhöh-tem Betreuungsbedarf.

© Diakonie/Gasser“

Zwei Bewohner in der Küche des Hauses Papageno

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GESCHICHTE

Die Tradition der ToleranzDie Regierungszeit Kaiser Franz Josephs I. und seine Beziehung zu den evangelischenKirchen

Von 1848 bis 1916 war „seine Apostoli-sche Majestät“ Kaiser Franz Joseph I. dasstaatliche Gegenüber für die österreichi-schen Protestanten: 68 Jahre hat dieserKaiser die beiden evangelischen Kirchenin Österreich geprägt. Weder vor- nochnachher hat eine evangelische Kirche indieser Ambivalenz von „AllerhöchstemWohlwollen und Allerhöchster Last“ ge-lebt. Für moderne Josephinisten mag eswie ein Sakrileg klingen, aber für dieevangelischen Christen war Franz JosephI. durch diese lange Regierungszeit viel-leicht sogar bedeutender als Joseph II.

Lange schien es, als wäre der My-thos, zu dem Franz Joseph längstgeworden ist, eher ein negativer.

Seine eiserne Disziplin war berühmt.Seine Pedanterie soll so arg gewesensein, dass er den Arzt, der an sein To-desbett geeilt war, auf dessen unkor-rekte Kleidung hingewiesen habe.Allerdings wirkt es fast absurd, ihn ei-nen unmodernen Menschen zu nen-nen, wenn man bedenkt, wie viel undwas seine Regierungszeit uns hinter-lassen hat: Er war ein entschiedenerGegner des Antisemitismus, ist damitaber fast allein geblieben. Über seinpolitisches Handeln sagte er offen:„Wir waren sehr anständig, aber sehrdumm.“ Mit seinem schon sprich-wörtlich gewordenen „Es war sehrschön, es hat mich sehr gefreut.“ hielter sich auch Opportunisten undSchmeichler jedweder Weltanschau-ung vom Leib. Wer jetzt danach fragt,wie dieser schillernde Kaiser mit sei-nen „braven“ evangelischen Kirchenzusammengelebt hat, bekommtSchwierigkeiten. Schon deshalb, weildiese Frage kaum kulturpolitischuntersucht wurde, sondern höchstensvon einem innerkirchlichen Stand-punkt aus.

RechtlicheSchritte derAnnäherungEin „AllerhöchstesPatent“ vom 2.Dezember 1848verkündete dieneue Regierungs-maxime des jun-gen Kaisers FranzJoseph I: „auf denGrundlagen derwahren Freiheit,auf den Grundla-gen der Gleichbe-rechtigung aller Völker des Reichesund der Gleichheit aller Staatsbürgervor dem Gesetz, …, wird das Vater-land neu erstehen, ….“ Ein bishernicht beachteter Erlass des Ministeri-ums des Inneren vom 31. Dezember1849 beweist, dass die große Hoff-nung der evangelischen Kirchen be-rechtigt war: In Zukunft soll bei derAusstellung von Reisedokumentendie Angabe des Religionsbekenntnis-ses unterbleiben. Das Religionsbe-kenntnis ist also nicht mehr ein „äu-ßeres“ Merkmal eines echten Öster-reichers. Und eine Allerhöchste Ent-scheidung vom 26. Dezember 1948trifft zugunsten der Evangelischen fol-gende provisorische Verfügung: „Diebeiden … protestantischen Confes-sionsverwandeten in Oesterreich sindkünftig in amtlicher Beziehung mitdem Namen Evangelische der Augs-burger oder Evangelische der helveti-schen Confession zu bezeichnen. DerÜbertritt von einem christlichen Be-kenntnisse zu einem anderen steht Je-dermann frei, der das achtzehnte Jahrzurückgelegt hat. Die Tauf-, Trau-ungs- und Sterbebücher werden vonden Seelsorgern evangelisch-augsbur-gerischer oder evangelisch-helveti-

scher Kirchengemeinden über die vonihnen vorgenommenen kirchlichenActe ebenso geführt und … mit der-selben Rechtswirksamkeit erfolgt, wiediese bei den katholischen Seelsorgernder Fall ist.“ Damit wurde zum größ-ten Teil den Wünschen entsprochen,die die „Konferenz evangelischerGeistlicher und Weltlicher“ vom Au-gust 1848 zum Ausdruck gebrachthat. Das kaiserliche Patent vom 4.März 1849 baut die Freiheiten u.a.wie folgt aus: „§1: Die volle Glau-bensfreiheit, das Recht der häuslichenAusübung des Religionsbekenntnissesist jederman gewährleistet. … §2:Jede gesetzlich anerkannte Kirche …hat das Recht der gemeinsamen öf-fentlichen Religionsausübung, ordnetund verwaltet ihre Angelegenheitenselbstständig, bleibt im Besitze undGenusse der für ihre Cultus-, Unter-richts- und Wohltätigkeitszwecke be-stimmten Anstalten, Stiftungen undFonde, …“ Unbeschreiblicher Jubelin den Gemeinden war die Folge die-ser Entwicklung.

1861 – Magna Charta der FreiheitDas kaiserliche Patent vom 8. April1861, womit die Angelegenheiten der

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4Franz Joseph I., 1910

© wikimedia

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GESCHICHTE

Evangelischen Kirche Augsburgischenund Helvetischen Bekenntnisses gere-gelt werden, insbesondere die staats-rechtlichen Beziehungen, brachte denEvangelischen die „Magna Charta“ihrer Freiheiten! „§1: Die Evangeli-schen… sind berechtigt, ihre kirch-lichen Angelegenheiten selbstständigzu ordnen, zu verwalten und zu leiten.§2: Die volle Freiheit des evangeli-schen Glaubensbekenntnisses, sowiedas Recht der gemeinsamen öffent-lichen Religionsausübung ist ihnenfür immerwährende Zeiten von Unszugesichert. …“ Der „k.k. evangeli-sche Oberkirchenrath“ schreibt in sei-nem Erlass vom 24. April 1861 ansämtliche evangelische Kirchenge-meinden: „Wir stehen damit an ei-nem großartigen Zeitabschnitte, aufden unsere Väter vergeblich hingear-beitet haben. … Uns, ihren Nachfol-gern, ist ungleich Größeres und Herr-licheres zu Theil geworden durch Sei-ne k.k. Apostolische Majestät, unse-ren allergnädigsten Kaiser und Herrn,der sich am 8. April 1861 als obersterSchutz- und Schirmherr der evangeli-schen Kirche Oesterreichs seinen alle-zeit getreuen evangelischen Untertha-nen unauslöschlich in die Herzen ge-schrieben hat.“ Und am 6. Januar1866 erfolgte mit Allerhöchster Er-schließung die Genehmigung der vonder evangelischen Generalsynode1864 auf presbyterianisch-synodalerGrundlage beschlossenen Kirchenver-fassung.

Evangelisches Leben unter demKaiser„Aber Kirche ist auch außerhalb derKirche!“, sagt Dorothee Sölle. Manunterschätze nicht den Anteil der Pro-testanten an der bürgerlich-liberalenRevolution von 1848 – schon garnicht die Tätigkeit vieler Protestantenvon Weltruf in Wien. 90 Prozent derArchitekten, die Franz Joseph mit derErbauung seiner Ringstraße beauftrag-te, waren evangelisch. Ausgerechnetfreiheitsliebende Protestanten bauendem letzten großen Habsburger Kaiserdie imperiale Prunkstraße. Pfarrer undleitende Laien waren oft auch zur Hof-

tafel geladen. Und der Kaiser konntegut zuhören. Ungezählte Male hat erden (Pfarr-)Gemeinden und derenPfarrern finanziell geholfen.

Ein gemeinsames Ritual derAudienzDie kontinuierliche Rechtsentwick-lung zugunsten der evangelischen Kir-che hat zu einer Art Dauerkontaktzwischen Kaiser und evangelischenUntertanen geführt. Auf Grund derBeratungen der Generalsynoden hatsich ein eigenes Ritual herausgebildet:Die Delegationen, die dem Kaiserihre Aufwartung machten, wurdenvon den Generalsynoden gewählt.Der Text der Huldigung wurde denGeneralsynoden zur Kenntnis ge-bracht und in der Audienz beim Kai-ser vorgetragen. Anschließend wurdeder Text in einer ästhetischen schöngestalteten Form dem Kaiser über-

geben. Dann hielt der Kaiser eine kur-ze Ansprache – zugleich eine Art Her-ausforderung für die evangelischen„Hofburg-Astrologen“. Der nächstenGeneralsynode wurde dann wörtlichgenau berichtet. Allfällige kirchenpo-litische Konsequenzen wurden in denSitzungen des Oberkirchenrates undden Generalsynoden gezogen.Hier haben kirchliche und kaiserliche„Funktionäre“ nicht nur ihre Pflichterfüllt, sondern hier wurden mit ei-nem verlässlichen Ritual fruchtbare,gute Beziehungen aufgebaut und ge-fördert. Den kirchlichen Vertreternhat es nicht geschadet, in einem dau-ernden Prozess des Dankens zu ste-hen, und auch für den Kaiser war esanregend, ein Bewusstsein zu entwi-ckeln, dass er „seinen Protestanten“etwas bieten müsse.

PETER KARNER

Beitrag gekürzt von M.H. ■

REFORMIERTES KIRCHENBL ATT 5/2016

5Patent 1861 ©

wikimedia

Verband ÖsterreichischerZeitungsherausgeber und

Zeitungsverleger

Auflage kontrolliert. Normalprüfung

Veröffentlichung im Pressehandbuch

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Gottesdienste in der Reformierten Kirche Mai 2016T E R M I N E

6

WIEN – Innere StadtReformierte Stadtkirche

I, Dorotheerg. 16

10:00 Kluge/AM

Konfirmanden-GDKluge/AM

KonfirmationLanghoff

Kluge/AM EmpfangLanghoff

KiGD-TeeniGDKluge

Chor Cappella CasimirianaLanghoff/AM

WIEN – WestZwinglikirche

XV, Schweglerstr. 39

10:0019:00 Hennefeld

Hennefeld/AMEhrenkonfirmation

Németh

Hennefeld/AM

H.Kluge

Juhász/AMGeschichtenkiste

19.00 Hennefeld

WIEN – SüdErlöserkirche

X, Wielandg. 9

10:00Wittich

Konfi-PräsentationWittich/AM

KonfirmationJuhász/AM

ung.-dt. GD, KiGDRohrmoser/AM

Musik-GDJuhász, Mernyi

Diakonie-GDHennefeld

Kanzeltausch W-West

9:30 FaschingKanzeltausch: Perchtoldsd.

OBERWART7400 Oberwart

Ref. Kircheng. 16

09:30Gúthy dt.spr.

Gúthyung.spr., KiGDGúthy, zw.spr.Konfirmation

9:30 Gúthy, ung., KiGD16:30 Eisenstadt

Gúthy dt.spr., KiGD

Gúthyung.spr., KiGD

LINZ4060 Leonding

Haidfeldstraße 6

09:30C. TodterKK, KiGD

18:00 Schreiber

Schreiber

Schreiber/AM

Schreiber

Schreiber

SchreiberKonfi-Vorstellung

Datum01.05.

05.05.

08.05.

15.05.

22.05.

29.05.

05.06.

GD = Gottesdienst KiGD = KinderGD FaGD = FamilienGD AM = Abendmahl KK = Kirchenkaffee TeeniGo = TeenagerGD

WIEN – INNERE STADTCamerata Musica

Frühlingskonzert mit Musik vonZ. Fibich, H. J. Baermann, L. Spohr, F. Liszt

Donnerstag, 19. 5., 19:00

TAGESFAHRT

KRÄFTE-REICHSt. Jakob im Walde

Unsere Tagesfahrt führt uns heuer in die Steiermark. Wir beginnen mitdem Besuch im Kräftereich St. Jakob im Walde. Dort werden wir durch

die Erlebnisausstellung und den hauseigenen Kräutergarten durch das Thema Kraft geführt.

Am Nachmittag fahren wir weiter auf ’s Alpl und begeben uns auf die Spuren von Peter Rosegger. Nach dem gemütlichen

Tagesausklang beim gemeinsamen Abendessen begeben wir uns wieder auf die Heimfahrt.

Das genaue Programm und die Kostenerfahren Sie bei Schwester Elisabeth

unter 0699/18877067

Anmeldeschluss 31. Mai 2016

4. Juni 2016

WIEN – WESTGlaubensgespräch

Darf sich der Mensch Bilder machen? Was ist der Sinn des biblischen Bilderverbots?

(Impuls: Pfr. Németh)

Dienstag, 10.5., 19:00

Großer SommerflohmarktSamstag, 21.5., 09:00 – 17:00

WIEN – SÜDRUPRECHTSKIRCHE: „GOING TO SEE THE KING“

Erlöserkirche-Gospelchorkonzert mit LesungRenate Stockreiter, Lesung

Michael Bünker, DrumsMartin Gyenge, E-Bass

Martin A. Seidl, Klavier/LeitungEintritt frei – Spende willkommen

Ort: 1010, Ruprechtskirche

Samstag, 21. Mai, 19:30

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7Gemeindeveranstaltungen Mai 2016 T E R M I N E

BREGENZKreuzkirche am Ölrain

Kosmus-Jenny-Str.1

09:30Stoffers/AM

KiGD

Stoffers/TaufGDKiGD

Stoffers&Team/AM Konfirmation

Stoffers/AM und TaufeKiGD

JaquemarKiGD

10:00 Stoffers/Mairökum.GD am Kornmarktplatz

DORNBIRN Heilandskirche

Rosenstr. 8

10:00 Meyer

KK

Olschbauer/AMKiGD, KK

Meyer/AMKonfirmation

MeyerFaGD, KK

Meyer/AMKK

MeyerKK

FELDKIRCHPauluskirche

Bergmanng. 2

09:30 Wedam

KKJung/Wedam

JacqemarKK

WedamKonfirmation1)

FrankeKK

WedamKK

WedamKK

BLUDENZKirche zum guten Hirten

Oberfeldweg 13

10:00Franke

Konf-VorstellungFranke

FrankeKiGD, KK

Franke/AMKonfirmation, Agape

18:00 Franke

Franke

Franke

Datum01.05.

05.05.

08.05.

15.05.

22.05.

29.05.

05.06.

WIEN Innere StadtReform. Stadtkirche

I , Dorotheerg.16

VIENNACOMMUNITY

CHURCHSunday 12:00 a.m.

Service in English

UNGARISCHERGOTTESDIENST

jeden So 17:00(außer 1. So im Monat)

MOTIVE aus dem evangelischenLeben Ö1 Jeden So 19:05 bis 19:30

Erfüllte ZeitJeden So 7:04–8:00

Predigttextauslegung:1.05. Johannes Wittich

5.06. Ines Knoll

ZWISCHENRUFjeden So Ö1 06:55 bis 07:00

01.05. Christine Hubka08.05. Marco Uschmann15.05. Michael Chalupka22.05. Hermann Miklas29.05. Thomas Hennefeld05.06. Johannes Wittich

MORGENGEDANKENÖreg

Mo–Sa 05:40 bis 05:42

So 06:05 bis 06:07

1.–7.05. Gisela Ebmer29.5.–4.6. Michael Bünker

BREGENZ VORSCHAUAusstellung

MATTHIAS KLEMM – BEGEGNUNGEN

Mit Matthias Klemm kommt ganz besondere Kunst nach Bregenz undVorarlberg. Evangelisch geprägt war sein Werk von Anfang an. Seit der

„Wende“ ist sein Werk endlich auch für uns besser wahrnehmbar. Viele Ausstellungen und Preise begleiten sein Schaffen.

Lassen Sie sich auf eine Begegnung ein, mit Matthias Klemm und seinenWerken – ob Eröffnung, Führungen, Gemeindenachmittag sowie eine

Bildpredigt (am 12. Juni 2016) über ein noch unveröffentlichtes Werk.Alle Veranstaltungen werden angekündigt und ausgehängt.

Eröffnung: Sonntag, 5. 6., 19:00

DORNBIRNGesunde Ernährung

Dr. Johannes Rimpf, Arzt für homöopatische Medizin, erklärt uns dieZusammenhänge was gesunde Ernährung für unseren Körper ausmacht.

Dabei muss gesunde Ernährung nicht mit kompliziertem Kochengleichgesetzt werden.

Pfarrgemeindezentrum Dornbirn

Mittwoch, 11.5., 19:00

FELDKIRCHBachkantaten

Geistliches Konzert unter der Leitung von Günther Simonott

Sonntag, 29.5., 17:00

1) Samstag, 14.5., um 19:00, Abendmahl zur KonfirmationLUSTENAU: 8.5. um 8:30 Olschbauer/AM; 22.5. um 8:30 Meyer

HOHENEMS: 1.5. um 8:30 Meyer/AM; 5.6. um 8:30 Meyer

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GEDANKEN für den Tag

Mo 9.5. – Sa 14.5. um 6:56 „Jedes Wort hinterlässt eine Spur“ –

Zum 100. Todestag des Dichters Scholem Alej-chem von Topsy Küppers

Scholem Alejchem – Friede sei mit Euch! DiesenAlltagsgruß russischer Juden nahm der DichterSchalom Rabinowicz als Pseudonym an. DerDichter starb am 13. Mai 1916 in ziemlicher Ar-mut in New York. Sein Humor und seine Le-bensweisheiten, die er in unzähligen in Jiddischverfassten Geschichten verpackt hat, wirken bisheute fort. Gestaltung: Alexandra Mantler

Mo 17.5. – Sa 21.5. um 6:56 „Freiheit und Verantwortung“ von

Gerhard Weißgrab, Präsident der Buddhisti-schen Religionsgesellschaft in Österreich

Anlässlich des größten buddhistischen Festes,Vesakh, macht sich Gerhard Weißgrab, Präsi-dent der Buddhistischen Religionsgesellschaft inÖsterreich, Gedanken über Freiheit und Verant-wortung aus der Sicht der Lehre des Buddha:Freiheit bedingt Eigenverantwortung. Um Ver-antwortung übernehmen zu können, bedarf esder Einsicht in die Natur der Dinge. Einsicht,Weisheit und Mitgefühl sind die Grundpfeilerder buddhistischen Lehre und damit zugleichVoraussetzung für Freiheit. Beides, Freiheit undVerantwortung, sind wiederum Grundpfeiler fürFrieden. Gestaltung: Alexandra Mantler

Mo 23.5. – Sa 28.5. um 6:56 „Kinderliteratur als Fenster zur Welt“

– Zum 90. Geburtstag von James Krüss von Heidi Lexe, Germanistin und Leiterin derSTUBE, der Studien- und Beratungsstelle fürKinder- und Jugendliteratur der Erzdiözese WienKinderliteratur entspricht den Regeln der Ein-fachheit. Ist sie deswegen von geringerem lite-rarischen Wert? Und worin liegt der Reiz derKinderliteratur – auch als Lektüre für Erwachse-ne? Gestaltung: Alexandra Mantler

TAO – aus den Religionen der Welt

Sa 7.5. um 19:05 „Von Flussvölkern und heiligen

Wäldern“ – Der religiöse Schmelztiegel imNordosten Indiens

Der Nordosten Indiens unterscheidet sichsprachlich, kulturell und ethnisch stark vomübrigen Indien. Dieser kulturelle Schmelztiegelbeherbergt auch die unterschiedlichsten Religio-nen: verschiedene Hindu-Religionen, Christen-tum, Islam, Buddhismus und vor allem zahlrei-

che alte, indigene Religionen. Ihre Riten undTraditionen spielen hier eine große Rolle. Nebenindigenen Gruppen, die Flussgeistern Opfer dar-bringen, sind in dieser Gegend auch Kulturenanzutreffen, wie es sie nur noch ganz selten aufder Welt gibt: alte, matrilineare Gesellschaften,die ihre Mütter und Töchter im Fokus haben undFrauen im Allgemeinen einen besonderen Stel-lenwert zusprechen. Ein Tao am Vorabend desMuttertags. Gestaltung: Kerstin Tretina

LOGOS – Theologie und Leben

Sa 14.5. um 19:05 „Wie wirkt Gott im Menschen und in der

Welt?“ – Von absurden Sackgassen undspirituellen Wegen

Blickt man in die Bibel, so ist dort die Rede voneinem Gott, der wie ein metaphysischer Hand-werkskünstler die Erde schafft, ins Leben ein-greift und Menschen einsetzt für seine Sache.Was in einem vormodernen Kontext ganz natür-lich erschien, wird für einen modern denkendenZeitgenossen zwangsläufig zum Problem. Unddennoch: Die christliche Theologie hält an derÜberzeugung fest, dass Gott ein Handelnder ist,der das Leben der einzelnen – und die Schöp-fung insgesamt – zur Vollendung führen will. Johannes Kaup hat dazu Christine Büchner,die erste katholische Theologieprofessorin ander Universität Hamburg, gefragt.

Sa 21.5. um 19:05 „Was glauben Sie?“ – Die Psycho-

analytikerin Veronica GradlSie wollte deutlich machen, was Seele ist, wo-nach sie strebt und auf welche vielfältigen Wei-sen sich seelisches Leben ausdrückt. Das führteVeronica Gradl von ihrer ersten Tätigkeit alsSchauspielerin zu ihrem Beruf als Ärztin undletztlich in ihre eigentliche Berufung: der Arbeitals Psychoanalytikerin. Überregional bekanntwurde Gradl durch die Arbeit mit ihren Traum-gruppen. Träume sind für Veronica Gradl „wieein Sextant für den Kapitän auf hoher See“ und„Gottes vergessene Sprache“, die man aller-dings lesen lernen muss. Eine Besonderheit ih-rer psychoanalytischen Arbeit liegt in der inten-siven Auseinandersetzung mit biblischen Textenund Motiven. Gestaltung: Johannes Kaup

Sa 28.5. um 19:05 „Kühn – inklusiv – relevant“

– Neue Wege in der SeelsorgeKirchen werden verschenkt, Pfarrgemeinden in„Seelsorgeräumen“ zusammengelegt – und ge-leitet wird das Ganze nicht mehr von einem

Pfarrer, sondern von einem „Team“ mit pries-terlicher Beteiligung: Die römisch-katholischeKirche ist in ganz Österreich im Umbruch. Wiegeht es weiter mit der größten Religionsgemein-schaft des Landes, die Österreich so tief geprägthat? Vorbilder gibt es beispielsweise in denUSA, wo das religiöse Leben insgesamt nocheine ganz andere Qualität hat. Die „Urban Vil-lage Church“ (eine methodistische Kirche in Chi-cago, Illinois) formuliert in ihrem Motto, wieeine zukunftstaugliche Gemeinde sein sollte:„Bold, inclusive, relevant“ – kühn, inklusiv undrelevant. Gestaltung: Markus Veinfurter

MEMO – Ideen, Mythen, Feste

Mo 16.5. um 19:05 „Vom Wehen des Geistes“ – Bildung und

WeltreligionenDas christliche Pfingstfest erinnert daran, dassdie Jünger Jesu vom Heiligen Geist erfüllt wur-den. Durch den Heiligen Geist konnten sie plötz-lich in anderen Sprachen sprechen. Das steht für den Geburtstag der weltweiten Kir-che mit der weltweiten Missionierung. Es stehtaber auch für die Bedeutung von Bildung undWissen für die Menschen. Ausgehend von denmittelalterlichen Domschulen und der lange Zeitreligiös geprägten Wiener Universität soll dieFrage nach dem Stellenwert der Bildung in denmonotheistischen Weltreligionen Christentum,Islam und Judentum thematisiert werden. Gestaltung: Wolfgang Slapansky

Do 26.5. um 19:05 „Menschen unterwegs. Der Wiener

Graben“ Bereits im Mittelalter war der Graben eine be-lebte Straße und ein Marktplatz. Später wurdeer zur Flanier- und Promenadenstraße des Adelsund des Großbürgertums. Er war auch Tummel-platz von Prostituierten, „Grabennymphen“ ge-nannt. Ab dem 19. Jahrhundert wurde der Gra-ben zur luxuriösen Einkaufsstraße. Im 20. Jahr-hundert sind immer mehr die Autos zum Pro-blem geworden. So wurde 1971 am Graben dieerste Fußgängerzone Wiens eingerichtet. DerGraben wurde zur touristischen Luxusmeile desmodernen Wiens. Die Flanierstraße war aberimmer auch schon ein Repräsentationsort fürKirche und Kaiser. Hier gab es häufig Erbhuldi-gungsfeiern. Die katholische Fronleichnamspro-zession findet hier seit 1438 statt. In den Zeitender Gegenreformation gab es jeden Tag eineMesse bei der Pestsäule und fast jede Wocheeine Prozession. Gestaltung: Wolfgang Slapansky

Ö1Religionim Radio

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THEMA

Jürgen Moltmann – Theologie als WiderspruchDer streitbare Theologe wird 90 Jahre alt

Theologie zu betreiben bedeutetfür Jürgen Moltmann, sich ein-zumischen. Daran hält der Han-

seat, der zu den bedeutendsten evan-gelischen Theologen des 20. Jahrhun-derts zählt, bis ins hohe Alter fest.Ganz egal, ob es um Ökologie, Men-schenrechte oder die Zukunft der Kir-che geht. Am 8. April wurde der inTübingen lebende Theologieprofessor90 Jahre alt.

Krieg und Gefangenschaft Krieg und Gefangenschaft haben den1926 in Hamburg geborenen Theolo-gen geprägt. Im Zweiten Weltkrieg er-lebte er als junger Flakhelfer den Todeines Schulfreundes aus unmittelbarerNähe. „In dieser Nacht habe ich zumersten Mal in meinem Leben nachGott geschrien und mein Leben inGottes Hände gelegt“, schrieb er spä-ter in seiner Autobiografie. In briti-scher Kriegsgefangenschaft beschäf-tigte sich Moltmann, der aus eineratheistischen Lehrerfamilie stammt,intensiv mit der Bibel. Über seine Zeitin dem Studien-GefangenenlagerNorton Camp sagte er einmal, er habenie mehr in seinem Leben so intensivTheologie erlebt wie in den zwei Jah-ren in Kriegsgefangenschaft.

Theologie der HoffnungBekannt wurde Moltmann durch sei-ne „Theologie der Hoffnung“, die er1964 veröffentlichte. In dem Buchmacht er – inspiriert durch „das Prin-zip Hoffnung“ des jüdischen Philoso-phen Ernst Bloch – die christlicheHoffnung für die Erneuerung vonKirche und Gesellschaft fruchtbar.„Wer auf Christus hofft, kann sichnicht mehr abfinden mit der gegebe-nen Wirklichkeit, sondern beginnt anihr zu leiden, ihr zu widersprechen“,schreibt Moltmann.Das Werk, das in mehrere Sprachenübersetzt wurde, traf die Fragen der

Zeit. „Moltmann propagiert ein um-stürzlerisches, gesellschaftsverändern-des – wie er sagt, ursprüngliches –Christentum und offeriert damitChristen und Kirchen eine Theologie,die zur aktiven, ja aggressiven Ausein-andersetzung mit der politischenGegenwart ermächtigt und anfeuert“,urteilt im Jahr 1968 das HamburgerMagazin „Der Spiegel“.

Politisch relevantChristlicher Glaube, so die Überzeu-gung Moltmanns, hat stets gesell-schaftliche Relevanz. Während desPrager Frühlings nahm der Theologein der damaligen Tschechoslowakeiam christlich-marxistischen Dialogteil. Nach den Terroranschlägen aufdas World Trade Center 2001 in denUSA geißelte er den dabei zum Aus-druck kommenden lebensvernichten-den Nihilismus. Scharf kritisierte erim vergangenen Jahr die Hinrichtungder US-Amerikanerin Kelly Gissenda-ner, mit der er mehrere Jahre lang eineBrieffreundschaft unterhalten hatte.

EngagementMoltmann äußert sich bis heute zurÖkologie, engagiert sich in jüdisch-christlichen Gesprächen und in derÖkumene. In seinem Buch „Der Ge-kreuzigte Gott“ entfaltete er 1972eine Theologie nach Auschwitz undfragte nach der Bedeutung des TodesChristi für die Gegenwart. 2010 ver-öffentlichte er – 46 Jahre nach der„Theologie der Hoffnung“ – seine„Ethik der Hoffnung“. Darin be-schreibt er die Grundlinien des ethi-schen Handelns, das für sein Lebenleitend war und ist. Noch mit knapp90 reiste er Anfang dieses Jahres zumWeltkirchenrat, wo er für mehr Enga-gement der Christen in dieser Weltwarb.Als Professor für Dogmengeschichtearbeitete der Theologieprofessor zu-

nächst an der Kirchlichen Hochschu-le Wuppertal, ehe er 1963 nach Bonnberufen wurde. Von 1967 bis zu sei-ner Emeritierung 1994 lehrte er inTübingen, wo er bis heute lebt. Molt-mann ist mit der feministischen The-ologin Elisabeth Moltman-Wendelverheiratet und hat vier Kinder.

Neugier und Fantasie für das ReichGottesDer Theologe hat zahlreiche Aus-zeichnungen und mehrere Ehrendok-tortitel erhalten. Die Stadt Ludwigs-hafen verlieh ihm den Ernst-Bloch-Preis. Im Jahr 2000 wurde er mit demUS-amerikanischen „Grawemeyer Re-ligion Award“ geehrt. Der Theologegelte als „einer der aufregendsten undangesehensten Theologen der Welt“,hieß es in der Begründung des mit200.000 Euro dotierten Kulturprei-ses. „Meine theologische Tugend“, hatMoltmann einmal gesagt, „war nichtDemut, sondern nur die Neugier undFantasie für das Reich Gottes.“

BARBARA SCHNEIDER (epd)

Buch zum 90. Geburtstag:Jürgen Moltmannim Gespräch mitEckart Löhr,Hoffnung für eineunfertige Welt. 112 Seiten, 14,99 Euro. Patmos, Ostfildern

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Der Theologe Jürgen Moltmann in seinem Arbeitszim-mer in Tübingen. © epd-Bild/Gerhard Bäuerle

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GESCHICHTE

Es gibt sehr unterschiedliche Gründe,weshalb Menschen flüchten müssen. Inder Zeit der Reformation und Gegenre-formation war ein wesentlicher Grund dieeigene Glaubensüberzeugung. Wo sichdie Machtverhältnisse änderten, wurdenführende Persönlichkeiten der Reforma-tion oft von einem Tag zum anderen zuVerfolgten. Hier stellen wir Ihnen drei reformiertePersönlichkeiten vor, die alle aufgrundihres Glaubens zu Flüchtlingen wurden.

Johannes a Lasco (1499–1560)Johannes a Lasco war ein aus Polenstammender bedeutender Reforma-tor, Diplomat und Kirchenpolitiker.Die Konfessionsstreitigkeiten undKriege in Europa zwangen ihn immerwieder zur Flucht. Nach dem Bruchmit der Römisch-katholischen Kirchefloh er vor der Inquisition von Polennach Ostfriesland, wo ihm die Stelleeines Superintendenten angebotenwurde. Als sich die Machtverhältnisseänderten, floh er von dort nach Eng-land, wo er die Leitung der LondonerFlüchtlingsgemeinde übernahm.Nach der blutigen RekatholisierungEnglands floh er mit ungefähr 170Gemeindegliedern nach Dänemark,eine lebensgefährliche Reise über diestürmische Nordsee. Als Reformierterwurde ihm im lutherischen Däne-mark Asyl verwehrt. Über Umwegegelangte er wieder nach Emden inOstfriesland. Die Hafenstadt Emdengelangte zu besonderer Blüte und zugroßem Reichtum durch den Zuzugvon Flüchtlingen aus halb Europa,vor allem aus England, Frankreichund den Niederlanden. Zuletzt war aLasco Superintendent in Polen, wo erauch starb.

Jean Calvin (1509–1564)Auch Jean Calvin war in seinem Le-ben mehrmals von der Situation be-troffen, seinen Wohnort „fluchtartig“

verlassen zumüssen. Bereits1533 floh derdamals 24-jäh-rige nach einemTumult um dieRede eines reformatorisch gesinntenFreundes aus seinem Studienort Paris.Nach einer kurzen Rückkehr 1534musste er, der bereits als bekennenderAnhänger des evangelischen Glaubensbekannt war, Paris endgültig verlas-sen, nachdem öffentlich aufgehängtePlakate gegen die Messe den König zugewaltvollen Maßnahmen gegen Re-formatoren übergehen ließen („Pla-kataffäre“). Über Straßburg gelangteCalvin 1535 nach Basel, wo er sichunter dem Decknamen „MartianusLucianus“ niederließ. Ursprünglichnur als eine Station auf der Durchrei-se gedacht, kam er 1536 nach Genfund blieb dort auf Drängen des Pre-digers Guillhaume Farel, um bei derDurchsetzung der Reformation zuhelfen. Doch nach der Eskalation ei-ner Auseinandersetzung mit demGenfer Stadtrat wurde er 1538 derStadt verwiesen und musste dieseinnerhalb von drei Tagen verlassen. Erging nach Straßburg, wo er als Profes-sor und Seelsorger der dortigenFlüchtlingsgemeinde wirkte, bevor er1541 wieder nach Genf zurückkehrenund dort bis zu seinem Tod 1564 blei-ben konnte.

Georg Erasmus Tschernembl(1567–1626)Zu den Reformierten auf der Fluchtgehört auch der oberösterreichischeAdlige Georg Erasmus Tschernembl,der einer lutherischen Familie ent-stammte. Seine Kavalierstour führteihn 1586 nach Genf, wo er demNachfolger Calvins, Theodor Beza,begegnete und das Anliegen der fran-zösisch-reformierten (hugenotti-schen) Rechtsgelehrten kennen lern-

te, die für das Recht auf Widerstandeintraten. Tschernembl kehrte 1591als überzeugter Reformierter in seineHeimat zurück. Im Jahr 1600 veröf-fentlichte er eine Schrift, in der er voneiner verfassungsmäßigen Vereinba-rung zwischen dem Fürsten und demVolk schrieb und darauf verwies, dassdie Stände die Einhaltung dieser Ver-einbarung zu überwachen und auchdas Recht zur Gehorsamsverweige-rung und zum Widerstand hätten,wenn der Fürst diese Vereinbarungverletze. Dieser Fall trete besondersdann ein, wenn der Fürst die Reli-gionsfreiheit missachte, denn „Reli-gion und libertas hangen aneinan-der“. Seine schriftlichen Vorstellun-gen wurden bald zur Realität. Tscher-nembl wurde zum Wortführer deroberösterreichischen Stände zur Zeitdes Bruderzwistes im Haus Habs-burg. 1608 stand er an der Spitze desHorner Bundes gegen König Mathias,und er strebte auch ein Bündnis mitden Ständen Böhmens, Mährens undUngarns an. 1619 verweigerten unterseinem Einfluss die Stände von Ober-österreich Kaiser Ferdinand II., derdie Gegenreformation mit allen Mit-teln durchsetzen wollte, die Huldi-gung und schlossen ein Bündnis mitden Ständen in Böhmen. Nachdemdie kaiserlichen Truppen im Sommer1620 Oberösterreich besetzten, flüch-tete Tschernembl nach Prag und nachder Schlacht am Weißen Berg (8. No-vember 1620) über Heidelberg nachGenf, wo er 1626 verarmt starb,nachdem alle seine Güter konfisziertworden waren.

T.H./B.N./M.H.

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Flucht und SegenGlaubensflüchtlinge in der Reformationszeit

Flucht der Hugenotten Ausschnitt aus dem Kupferstich von Jan Luiken 1696

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Graphic Novel über TschernobylVor 30 Jahren kam es im Atomkraftwerkin Tschernobyl zum Supergau. Zwei spa-nische KünstlerInnen, der Autor Francis-co Sánchez und die Zeichnerin NatachaBustos, verarbeiten die Katastrophe 2016nun in einer Graphic Novel, die die gan-ze Tragik und die persönlichen Verlusteder Anwohner greifbar macht. Das Jahr1986 war höchst ereignisreich. DieRaumfähre Challenger mit siebenköpfi-ger Besatzung explodierte kurz nach demStart, in Tschernobyl in der Ukraine fand,zunächst von der Regierung vertuscht,eine atomare Katastrophe statt, und derKalte Krieg war noch aufgeheizt. Bis heu-te blieb das Thema Kernkraft hochak-tuell. Fukushima war 2011 der Anlass fürweitere hitzige Diskussionen rund um dasThema Atomkraft. Die neue GraphicNovel „Rückkehr ins Niemandsland“interessiert sich für die Auswirkungen, diedas Unglück auf die Menschen in der Re-gion hatte und weniger für die politischeSeite der Thematik. Die Graphic Novelfolgt drei Generationen und ihrenSchicksalen und ist beklemmend aberauch ein Mahnzeichen für alle Zukunft.

H.K. ■

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Das „Kerngeschäft“In regelmäßigen Intervallen, meist um christliche hohe Feiertageherum, werden Umfrageergebnisse zum Stellenwert von Religionveröffentlicht und diese kommentiert. Im Kommentar einer öster-reichischen Tageszeitung war zu lesen, dass sich die Kirchen – beiallem Respekt vor ihrem Engagement für Flüchtlinge und andereRandgruppen – hauptsächlich um ihr „Kerngeschäft“ kümmernsollten. Das bestünde in der Vermittlung des Seelenheils. Und an-dere Stimmen sind der Meinung, Kirche solle sich gar nicht in diePolitik einmischen. Es begab sich zu jener Zeit, dass ein großes Wehklagen anhob un-ter den Schriftgelehrten, Pharisäern und wohlmeinenden Ratge-bern der Kirchen, weil sich diese immer mehr von ihrem „Kernge-schäft“ entfernten. Sie meinten, allein zu wissen, nach welchemStandard diese zu leben hätten. Es wäre nämlich vor allem derenAufgabe, die Glaubensinhalte weiterzugeben und damit die Gläu-bigen zu erbauen. Die Glaubensinhalte seien aber innerhalb derKirchenmauern zu lehren und zu leben. Was außerhalb vorgehe, obin der Welt draußen nach den Geboten des Herrn gelebt werdeoder nicht, sei nicht zu kommentieren, da es nur ablenke. Inner-halb der Kirche gelte, deine Rede sei ja ja und nein nein, außerhalbaber nur: deine Rede sei ja ja, ein nein sei von Übel.Es scheint, als würden sich manche auf einen verschollenen Vindo-bonenser Brief des Apostels Paulus an die Gemeinden zwischen Pan-nonien und Rätien berufen, in dem geschrieben steht: „Ecclesia taci-at in mondo“ (Die Kirche schweige in der Welt). Thomas Morusund Thomas Müntzer könnten heute noch leben, wenn sie sichmehr um das „Kerngeschäft“ ihrer Kirchen gekümmert hätten, stattdie Welt verbessern zu wollen. Und selbst der Papst schaut zu wenigzu den Seinen. Gerade bei ihm müssen die Alarmglocken läuten,wenn in Österreich die Kinder nicht mehr an den Osterhasen glau-ben. Kein Wunder, wenn auch die Erwachsenen nur noch zu 55 Pro-zent an eine unsterbliche Seele glauben. Auch die Flüchtlingsströme lenken die Kirchen ab, obwohl es sich dameist gar nicht um Christen handelt. Und der Klimawandel? Aberwenn die Arche mit den letzten Christen auf dem Berg Araratgestrandet sein wird, besteht noch immer die Chance, dass sich dieKirchen endlich auf ihr „Kerngeschäft“ besinnen. dorothea ■

dorothea

Francisco Sánchez und Natacha Bustos:

Tschernobyl. Rückkehr ins Niemandsland.

Egmont Manga Verlag 2016,

192 Seiten, EUR 19,99

BücherBücher

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Viel Freude beim Lesen Ihr Harald Kluge, Chefredakteur

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12Erinnert

Max Frisch war einer der literari-schen Säulenheiligen meinerJugend. Kaum zu glauben,

dass es am 4. April schon 25 Jahrewaren, dass er gestorben ist. Es gabeine Zeit, da ich alles von ihm lesenwollte.

Ich bin nicht StillerSeinen Roman „Stiller“ habe ich alsStudent auf eine lange Fahrt mitge-nommen und dann das ausgeleseneBuch im Orangensaft ertränkt, der inmeiner Tasche ausgelaufen war. Sohabe ich jetzt zwar eine Ausgabe, dierecht apart und neu aussieht, aber ichfinde darin die Sätze nicht, an die ichmich erinnere, denn sie sind ja nichtangestrichen. Einer der wichtigstenSätze steht freilich gleich am Beginndes Romans „Ich bin nicht Stiller!“Da wehrt sich einer gegen das Ge-fängnis einer Identität, die ihm vonseiner Umgebung, der eigenen Frau,dem Bruder und den Freunden, auf-gezwungen und von Dokumentenfestgeschrieben wird. „Das Ich wirdein Kriminalfall“, wie Max Frischs be-rühmter Kollege Friedrich Dürren-matt über diesen Roman geschriebenhat.

Identität„Stiller“ ist 1954 erschienen und be-deutete Max Frischs Durchbruch alsSchriftsteller; seine komplexe Erzähl-weise, die es ermöglicht, dieselben Er-eignisse und Erlebnisse aus verschie-denen Perspektiven zu spiegeln, warin der deutschsprachigen Literatur

unerhört neu. Vorallem die Unter-schiede in der Wahr-nehmung Stillersund seiner Frau Juli-ka Stiller-Tschudybrechen in quälen-der Deutlichkeit auf.Gegen Ende des Ro-mans stirbt Julika.Und der Roman en-det mit einem letz-ten Satz, der so lapi-dar ist wie der erste: „Stiller blieb inGlion und lebte allein.“ Am Ende, inder schmerzhaften Erstarrung, wehrtsich Stiller nicht mehr gegen die ihmzugeschriebene Identität. Und ausdem Bildhauer, dem Künstler, ist derKunsthandwerker, der Töpfer gewor-den. Ein Satz des Philosophen Ador-no könnte einem dazu einfallen: „Werbloß identisch ist mit sich, ist ohneGlück.“

BefreitGlück gedeiht nur, wo ein Menschnicht festgelegt wird. Max Frisch wen-det in seinen Tagebüchern das in derhebräischen Bibel auf Gott bezogeneGebot „Du sollst dir kein Bildnis ma-chen“ auf den Menschen an undschreibt: „Wir wissen, dass jederMensch, wenn man ihn liebt, sich wieverwandelt fühlt, wie entfaltet, unddass auch dem Liebenden sich allesentfaltet, das Nächste, das lange Be-kannte. Vieles sieht er wie zum erstenMale. Die Liebe befreit es aus jegli-chem Bildnis.“

CORNELIUS HELL

Übersetzer und Essayist, Literaturkritiker.Dieser Beitrag wurde von Ö1 in „Gedanken

für den Tag“ am 1. April ausgestrahlt.

Impressum: Medieninhaber & Herausgeber: Evangelischer Ober-kirchenrat H.B. in Wien. E mail: [email protected]: Pfr. Mag. Harald Kluge ([email protected]), Maga. Theol. Sonja Bredel, Pfr.Mag. Thomas Hennefeld, HR Pfr. Mag. Peter Karner, Pfr. Dr.Balázs Németh, Milena HeusslerVerwaltung und Anzeigenannahme: Alle in 1010 Wien,Dorotheerg. 16, Tel. 01/513 65 64, Fax 01/512 44 90Medienhersteller: Donau Forum Druck, 1230 Wien. Layout und Grafiken: Eva GeberBank:Schoellerbank AG, 1010 Wien, BIC: SCHOATWWIBAN: AT95 1920 0615 1117 9004Jahresabonnement 15 Euro. Erscheint 10 Mal im Jahr.DVR. 0418056(005)Medienrichtung: Ein Verkündigungs , Informations undDiskussionsforum der Reformierten Kirche in Österreich.. Alle namentlich gezeichneten Beiträge geben nicht unbe-dingt die Meinung der Redaktion wieder und fallen in dieVerantwortung des Autors/der Autorin. AuszugsweiserNachdruck gegen Zusendung von zwei Belegexemplaren.

Cornelius Hell zu Max Frisch

P.b.b. – Verlagspostamt 1010 Wien – 11Z038962MErscheinungsort Wien

René Magritte, La Reproduction interdite, 1937

Am 4. April jährte sich der Todestag vonMax Frisch zum 25. Male. Mit demRoman „Stiller“ gelang ihm 1954 der schriftstellerische Durchbruch.

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