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Regelungstechnische Optimierung der Steuerung eines Brennstoffzellensystems im dynamischen Betrieb Dissertation zur Erlangung des Grades Doktor-Ingenieur der Fakult¨ at f¨ ur Maschinenbau der Ruhr-Universit¨ at Bochum von Martin Arendt aus Alfeld Bochum 2012

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Regelungstechnische Optimierung der

Steuerung eines Brennstoffzellensystems im

dynamischen Betrieb

Dissertation

zur

Erlangung des Grades

Doktor-Ingenieur

der

Fakultat fur Maschinenbau

der Ruhr-Universitat Bochum

von

Martin Arendt

aus Alfeld

Bochum 2012

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punkt weiss

Dissertation eingereicht am: 07.03.2012

Tag der mundlichen Prufung: 06.09.2012

Erster Referent: Prof. Dr.-Ing. Martin Monnigmann

Zweiter Referent: Prof. Dr.-Ing. Thomas von Unwerth

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Eidesstattliche Erklarung

Ich versichere hiermit an Eides statt, dass ich die vorliegende Dissertation allein und

nur unter Verwendung der angegebenen Literatur verfasst habe. Die Arbeit hat bisher noch

nicht zu Prufungszwecken gedient.

Isenbuttel, 07.03.2012

Die Ergebnisse, Meinungen und Schlusse dieser Dissertation sind nicht notwendigerweise die

der Volkswagen AG.

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Vorwort

Diese Dissertation entstand wahrend meiner Tatigkeit als Doktorand in der Abteilung

Brennstoffzellensysteme der Konzernforschung der Volkswagen AG.

Ich mochte mich bei Herrn Prof. Dr.-Ing. Martin Monnigmann fur die Betreuung, die

interessanten Diskussionen und die vielen Anregungen zum Gelingen dieser Arbeit bedanken.

Weiterhin bedanke ich mich bei Herrn Prof. Dr.-Ing. Thomas von Unwerth fur die Ubernahme

des zweiten Referats.

Mein besonderer Dank gilt Herrn Dr.-Ing. Heiko Turner fur die Betreuung dieser Ar-

beit seitens der Volkswagen AG. Des Weiteren danke ich ihm fur seine Anregungen und die

Bereitstellung seines umfangreichen Hintergrundwissens, welches zur erfolgreichen Erstellung

dieser Arbeit beitrug.

Weiterhin mochte ich mich bei allen Mitarbeitern der Volkswagen Konzernforschung

bedanken, die mir fachlich bei der Durchfuhrung meiner Experimente sowie der Korrektur

meiner Dissertation zur Seite standen. Insbesondere bedanke ich mich bei ihnen fur das

außergewohnlich angenehme Arbeitsklima wahrend meiner Zeit als Doktorand.

Ganz herzlich mochte ich mich bei meiner Verlobten Christiane Weigel fur ihr Verstandnis und

die Geduld wahrend der dreijahrigen Zeit als Doktoranden bedanken. Trotz der raumlichen

Trennung wahrend dieser Zeit, hat sie mir stets mit viel Kraft und Liebe zur Seite gestanden.

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Kurzfassung

Das Ziel dieser Arbeit ist die regelungstechnische Optimierung der Steuerung eines Brennstoff-

zellensystems (BZ-System) im dynamischen Betrieb mittels des Softwareentwicklungsprozesses

des Rapid Control Prototyping (RCP). Erstens wird eine modellgefuhrte Steuerung der

H2-Konzentration mittels eines N2-Diffusionsmodells entwickelt und vorgestellt. Zweitens wird

die Optimierung der Regelung des Kuhlsystems anhand einer Storgroßenaufschaltung gezeigt

und drittens wird eine Betriebsstrategie, bestehend aus einer Pumpgrenzuberwachung und der

Regelung des Verdichter- und Kathoden-Luftmassenstroms, entworfen.

Die erste regelungstechnische Herausforderung ist die Entwicklung der modellgefuhrten

Steuerung der H2-Konzentration. Hierfur wird zunachst ein Finite-Volumen-Methode-Modell

(FVM-Modell) der Wasserstoffversorgung inklusive eines N2-Diffusionsmodells zur Abbildung

der Verunreinigung der Wasserstoffversorgung aufgebaut und validiert. Mittels dieses FVM-

Modells wird ein Zwei-Punkt-Regler entworfen, der die H2-Konzentration am Anodenaustritt

des BZ-Systems einstellt. Diese modellgefuhrte Steuerung der H2-Konzentration wird mittels

MiL- und HiL-Simulationen getestet und anschließend im Laborsystem eingesetzt.

Die Optimierung der Regelung des Kuhlsystems fuhrt zur Entwicklung einer

Storgroßenaufschaltung auf die Stellgroße der Regelung der Kuhlmitteleintrittstemperatur. Die

Kuhlmitteltemperaturdifferenz uber die Brennstoffzelle wird als Storgroße auf die Regelung

der Kuhlmitteleintrittstemperatur identifiziert und durch ein variables Totzeitglied verzogert.

Die entworfene Storgroßenaufschaltung wird mit dem RCP entwickelt und getestet. Das

Uberschwingen der Regelgroße bei großen Lastsprungen wird im Vergleich zur Regelung mittels

eines PID-Reglers von bis zu 4 % auf 1 % reduziert.

Die dritte mittels des RCP entwickelte Steuerungsfunktion ist die erarbeitete Betriebsstrategie

fur den Einsatz eines Turboverdichters im behandelten BZ-System. Diese Betriebsstrategie

beinhaltet zum einen eine Pumpgrenzuberwachung zur Gewahrleistung des sicheren Betriebes

des Turboverdichters uber den gesamten Betriebsbereich des Brennstoffzellensystems. Zum

anderen wird die Bereitstellung des erforderlichen Luftmassenstroms fur die Kathode durch die

Regelung eines Waste-Luftmassenstroms gewahrleistet.

Diese Arbeit leistet einen Beitrag zur Verbesserung der Leistungsfahigkeit und Zu-

verlassigkeit des betrachteten BZ-Systems. Die modellgefuhrte Steuerung der H2-Konzentration

und die Betriebsstrategie fur den Turboverdichter sind Losungen fur die aus der neuen

Systemarchitektur des untersuchten BZ-Systems entstandenen Herausforderungen an die

Steuerung. Die Optimierung der Regelung des Kuhlsystems ist eine Weiterentwicklung der bis

dahin bestandenen Regelung und fuhrt zu einer Verbesserung der Leistungsfahigkeit.

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Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis v

Tabellenverzeichnis ix

Abkurzungsverzeichnis xi

1 Einleitung 1

2 Grundlagen der Steuerung eines Brennstoffzellensystems 5

2.1 Grundlagen der Brennstoffzellentechnologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

2.1.1 Funktionsweise einer Brennstoffzelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

2.1.2 Aufbau eines Brennstoffzellensystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

2.2 Struktur der Steuerung und Regelung des Brennstoffzellensystems . . . . . . . 18

2.2.1 Prozessgefuhrte Ablaufsteuerung des Brennstoffzellensystems . . . . . 20

2.2.2 Aufbau der Steuerung eines Teilsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

2.2.3 Regelung der Teilsysteme des Brennstoffzellensystems . . . . . . . . . 25

2.2.4 Fehlerbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

3 Umsetzung der Steuerungssoftware auf der Zielhardware 31

3.1 Entwicklungsprozess des Rapid Control Prototyping . . . . . . . . . . . . . . 31

3.1.1 Grafische Modellierung und Reglerentwurf . . . . . . . . . . . . . . . 35

3.1.2 Test der Steuerungssoftware mittels einer Hardware in the Loop Simulation 39

3.1.3 Applikation der Steuerungssoftware am Laborsystem . . . . . . . . . . 41

3.2 Realisierung der Steuerungssoftware auf der Zielhardware . . . . . . . . . . . . 44

3.2.1 Anforderungen an das Modell der Steuerung . . . . . . . . . . . . . . 46

3.2.2 Schnittstellen zwischen der Software und der Hardware der Steuerung . 47

3.2.3 Portierung des Modells der Steuerung auf die Zielhardware . . . . . . . 48

4 Modellgefuhrte Steuerung der Wasserstoffkonzentration 51

i

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ii INHALTSVERZEICHNIS

4.1 Motivation zur Entwicklung einer modellgefuhrten Steuerung . . . . . . . . . . 52

4.2 Entwurf eines Modells zur Ermittlung der Wasserstoffkonzentration . . . . . . 54

4.2.1 Modell der Wasserstoffversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

4.2.2 Stickstoff-Diffusionsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

4.2.3 Validierung des Modells der Wasserstoffversorgung . . . . . . . . . . . 66

4.3 Modellgefuhrte Steuerung der Wasserstoffkonzentration . . . . . . . . . . . . 71

4.3.1 Aufbau des modellgefuhrten Steuerungskonzeptes . . . . . . . . . . . 71

4.3.2 Modell in the Loop Simulation der modellgefuhrten Steuerung . . . . . 75

4.4 Einsatz der modellgefuhrten Steuerung am Laborsystem . . . . . . . . . . . . 76

4.4.1 Test der modellgefuhrten Steuerung am Laborsystem . . . . . . . . . . 78

4.4.2 Bewertung der Ergebnisse der modellgefuhrten Steuerung im Einsatz

am Laborsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

5 Optimierung der Regelung des Kuhlsystems 83

5.1 Storgroßenaufschaltung fur die Regelung der Kuhlmitteleintrittstemperatur . . 85

5.1.1 Validierung des Simulationsmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86

5.1.2 Identifizierung der Storgroßen des Kuhlsystems . . . . . . . . . . . . . 91

5.1.3 Entwurf der Storgroßenaufschaltung auf die Stellgroße . . . . . . . . . 94

5.2 Implementierung der Storgroßenaufschaltung in die Steuerungssoftware . . . . 101

5.2.1 Entwurf einer variablen Totzeit fur den Einsatz auf der Zielhardware . . 102

5.2.2 Test der optimierten Regelung mittels Hardware in the Loop Simulation 107

5.3 Einsatz des Reglers fur die Kuhlmitteleintrittstemperatur am Laborsystem . . . 110

5.3.1 Gegenuberstellung der unterschiedlichen Regelungskonzepte . . . . . . 110

5.3.2 Untersuchung der Regelung am Beispiel eines realen Fahrzyklusses . . . 112

6 Entwicklung einer Betriebsstrategie fur den Einsatz eines Turboverdichters 115

6.1 Instationarer Betrieb an der Pumpgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117

6.1.1 Definition eines Parameters zur Pumpgrenzuberwachung . . . . . . . . 121

6.1.2 Entwurf der Pumpgrenzuberwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124

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INHALTSVERZEICHNIS iii

6.2 Steuerung und Regelung der Luftversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128

6.2.1 Entwurf der Regelung des Kathoden-Luftmassenstroms . . . . . . . . . 131

6.2.2 Entwurf der Regelung des Waste-Luftmassenstroms . . . . . . . . . . 135

6.3 Test der entwickelten Betriebsstrategie auf der Zielhardware im Laborsystem . 139

7 Zusammenfassung und Ausblick 143

8 Lebenslauf 147

A Anhang 149

A.1 Aufbau der Simulationsmodelle fur den Reglerentwurf . . . . . . . . . . . . . 149

A.1.1 Modell des Kuhlsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149

A.1.2 Modell der Luftversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151

A.2 Berechnung der Kenngroßen des Laborsystems zur Berechnung des B-Parameters155

A.3 Dampftapfel fur den Sattigungszustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157

A.4 Berechnung des Durchflusses fur ein Stellventil nach der Richtlinie VDI/VDE2173158

A.5 Berechnung der Gaszusammensetzung anhand einer Ultraschall Messsonde . . 159

Literaturverzeichnis 167

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ABBILDUNGSVERZEICHNIS v

Abbildungsverzeichnis

2.1 Prinzipieller Aufbau eines Brennstoffzellen-Fahrzeuges . . . . . . . . . . . . . 5

2.2 Prinzipieller Aufbau einer einzelnen Brennstoffzelle . . . . . . . . . . . . . . . 10

2.3 Einflusse der einzelnen Uberspannungen auf die reversible Zellspannung, Strom-

Spannungs-Kennlinie nach [48] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

2.4 Prinzipieller Aufbau des behandelten Brennstoffzellensystems . . . . . . . . . . 13

2.5 Gegenuberstellung der Energiestrome eines BZ-Fahrzeuges und eines Dieselfahr-

zeuges [17] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

2.6 Struktur der Steuerung des behandelten Brennstoffzellensystems . . . . . . . . 19

2.7 Legende der Zustandsautomaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

2.8 Zustandsautomat des Hauptablaufes der Steuerung . . . . . . . . . . . . . . . 22

2.9 Zustandsautomat des Teilsystems Luftversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . 23

2.10 Struktur der Regelung des Drucksystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

3.1 Entwicklungsprozess nach der Methodik des V-Modells nach [1] . . . . . . . . 32

3.2 Entwicklungsprozess des Rapid Control Prototyping anhand der

Brennstoffzellensystem-Steuerung nach [34] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

3.3 Struktur der Modellbibliothek der Matlab/Simulink R© Toolkette . . . . . . . . 35

3.4 Beispiel einer Modellierung mit Stateflow R© . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

3.5 Block des PID-Reglers inklusive seiner Eingabemaske . . . . . . . . . . . . . . 37

3.6 Aufbau der HiL-Simulation mit dSpace HiL-Simulator, VW-FCC und Fahrzeug-

Kabelbaum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

3.7 Bild des verwendeten Laborsystems fur den Rapid Control Prototyping Prozess 41

3.8 Allgemeine Strukur einer Steuergerate-Software . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

3.9 Bild der Zielhardware VW-FCC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

3.10 Prozess der automatischen Programmcode Generierung vom graphischen Modell

bis hin zum Steuergerat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

4.1 Kennlinie einer Strahlpumpe bei realen Betriebsbedingungen . . . . . . . . . . 51

4.2 Aufbau des Modells der Wasserstoffversorgung zur Bestimmung der Wasser-

stoffkonzentration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

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vi ABBILDUNGSVERZEICHNIS

4.3 Prinzipieller Aufbau des FVM-Modells inklusive der Bezeichnungen der Volu-

menelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

4.4 Prinzipieller Aufbau des getriggerten Modells der Wasserstoffversorgung . . . . 67

4.5 Vergleich indirekt gemessener Konzentrationswerte mit Simulationsergebnissen

zur Validierung des FVM-Modells [5] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68

4.6 Vergleich des Messwertes fur die H2-Konzentration mit dem simulierten Wert

wahrend eines NEDC [60] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

4.7 Struktur der modellgefuhrten Steuerung der H2-Konzentration . . . . . . . . . 72

4.8 Struktur des Modells der Wasserstoffversorgung innerhalb der modellgefuhrten

Steuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

4.9 Einfluss der H2-Konzentration auf den StackHealth . . . . . . . . . . . . . . . 74

4.10 Verlauf der Regel- und Stellgroße der modellgefuhrten Steuerung in der MiL-

Simulation [60] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

4.11 Verhaltnis der Rechenzeit zur Anzahl der Volumenelemente . . . . . . . . . . 77

4.12 Verhalten der modellgefuhrten Steuerung bei unterschiedlichen Betriebspunkten

des Brennstoffzellensystems am Laborsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78

4.13 Vergleich des Messwertes fur die H2-Konzentration mit dem simulierten Wert

wahrend eines NEDC inklusive der Darstellung des Stellsignals des Purgeventils 79

4.14 Vergleich der gemittelten Messwerte fur die H2-Konzentration mit dem ge-

mittelten simulierten Wert wahrend eines NEDC inklusive der Darstellung des

Stellsignals des Purgeventils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80

5.1 Messung des Regelverhaltens einer PID-Regelung der

Kuhlmitteleintrittstemperatur am Laborsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . 84

5.2 Prinzipieller Aufbau des Kuhlsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86

5.3 Vergleich von realen Messdaten fur die Kuhlmitteleintritts- und austrittstempe-

ratur und Werte des Simulationsmodells fur unterschiedliche Stellsignale der

Aktuatoren des Kuhlsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88

5.4 Prozentualer Fehler zwischen den gemessenen Werten der Kuhlmitteleintritts-

und austrittstemperatur und den Werten des Simulationsmodells fur die in

Abbildung 5.3 aufgetragenen Werte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

5.5 Messung der Temperaturmessstellen zur Verdeutlichung der im Kuhlsystem

befindlichen Totzeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

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ABBILDUNGSVERZEICHNIS vii

5.6 Blockschaltbild einer Storgroßenaufschaltung nach [43] . . . . . . . . . . . . . 95

5.7 Resultate der MiL-Simulation zum Vergleich PID-Regler gegen PID-Regler mit

Storgroßenaufschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99

5.8 Darstellung eines FIFO Speichers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

5.9 Aufstellung der verfugbaren Blocke zur Darstelluung von Totzeiten in Simulink R© 102

5.10 Blockschaltbild einer variablen Totzeit aus n-Integer Delays . . . . . . . . . . 103

5.11 Simulink R©Modell einer variablen Totzeit fur den Einsatz auf der Zielhardware 103

5.12 Zustandautomat zur Generierung des Triggersignals . . . . . . . . . . . . . . 104

5.13 Verlauf des Trigger-Signals in Abhangigkeit der Parameter x1 und x2 . . . . . 104

5.14 Blockschaltbild der Regelung des Kuhlsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . 107

5.15 Resultate der HiL-Simulation zum Vergleich PID-Regler gegen PID-Regler mit

Storgroßenaufschaltung und MiL-Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109

5.16 Vergleich der Messdaten der Regelung mit und ohne Storgroßenaufschaltung

am Laborsystem bei einem maximalen Lastsprung der Brennstoffzellenleistung . 111

5.17 Messungen der Brennstoffzellenleistung und der Regelgroße wahrend eines

Teilabschnittes eines realitatsnahen Fahrzyklusses am Laborsystem . . . . . . . 112

6.1 Vermessenes Kennfeld eines Turboverdichters . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

6.2 Prinzipieller Verlauf eines Pumpzyklus innerhalb eines Kennfeldes . . . . . . . 118

6.3 B-Parameter und Helmholtz-Frequenz fur unterschiedliche VP und LV bei zwei

Verdichterdrehzahlen 20000 1min

und 70000 1min

. . . . . . . . . . . . . . . . . 120

6.4 Darstellung des Effektes des Rotating Stall im Laborsystem bei 20000 1min

. . . 122

6.5 Struktur der Pumpgrenzuberwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

6.6 Aktive Pumpgrenzuberwachung im betrachteten Laborsystem bei einem Last-

sprung von der maximalen Leistung bis zur Leerlauf-Leistung . . . . . . . . . . 126

6.7 Grundlegender Aufbau der Regelung der Luftversorgung . . . . . . . . . . . . 130

6.8 Sprungantwort der Luftversorgung auf vier verschiedene Verdichterdrehzahlen . 131

6.9 Bode-Diagramm der offenen Regelstrecke der Luftversorgung G(s)25% . . . . . 132

6.10 Bode-Diagramm des offenen Regelkreises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133

6.11 Sprungantwort des Waste-Luftmassenstroms auf das Stellsignal der Waste-Klappe135

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viii ABBILDUNGSVERZEICHNIS

6.12 Pol/Nullstellen Bild der Ubertragungsfunktion G(s)2,5% . . . . . . . . . . . . 137

6.13 Wurzelortskurve der offenen Regelstrecke inklusive des PI-Reglers fur G(s)2,5% 138

6.14 Struktur der entworfenen Regelung des Luftmassenstroms . . . . . . . . . . . 139

6.15 Messung der Luftmassenstrome und ihrer Sollwerte eines Volllastsprungs von

uTurbo = 20000 1min

auf uTurbo = 70000 1min

im Laborsystem . . . . . . . . . 140

6.16 Messung der Luftmassenstrome und ihrer Sollwerte wahrend eines realen Fahr-

zyklusses im Laborsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

A.1 Simulink R©-Modell der Kuhlmittelpumpe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150

A.2 Prinzipieller Aufbau der Luftversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151

A.3 Aufbau des Simulink R©-Modells des Turboverdichters . . . . . . . . . . . . . . 152

A.4 Simulink R©.Modell des Befeuchters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152

A.5 Simulink R©-Modell des Volumens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153

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TABELLENVERZEICHNIS ix

Tabellenverzeichnis

2.1 Brennstoffzellentypen und ihre Eigenschaften nach [16, 20, 41, 66] . . . . . . . 7

2.2 Kennzahlen von Brennstoffzellen-Fahrzeugen ausgewahlter Hersteller [2, 15, 28,

40, 57] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

2.3 Vor- und Nachteile verschiedener Verdichter in Bezug auf die Anforderungen

eines mobilen Brennstoffzellensystems [35, 50] . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

2.4 Anforderungen an die Steuerung des Brennstoffzellensystems in Bezug auf die

Betriebsstrategie, die Regelung und die Fehlerbehandlung . . . . . . . . . . . 18

2.5 Aufstellung der Regel- und Stellgroßen eines Brennstoffzellensystems . . . . . 25

2.6 Großen in Abbildung 2.10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

2.7 Fehlerreaktionen und ihre Auswirkungen auf das Brennstoffzellensystem . . . 29

3.1 Grundlegende Unterschiede zwischen Softwareanwendungen auf einem PC und

einem Steuergerat nach [9] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

3.2 Datentypen und die dazugehorigen Wertebereiche . . . . . . . . . . . . . . . 47

4.1 Messgroßen der Messstellen aus Abbildung 4.2 inklusive ihrer Einheiten . . . . 55

4.2 Einfluss der Volumenelemente auf die Rechenzeit des FVM-Modells auf der

Zielhardware . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76

5.1 Stoffwerte [64] fur die Berechnungen von Qi und dTClnt,i . . . . . . . . . . . 92

5.2 Berechnete Temperaturdifferenzen der einzelnen Warmequellen und -senken des

Kuhlsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93

6.1 Kenngroßen der Luftversorgung des betrachteten Brennstoffzellensystems zur

Ermittlung des B-Parameters, siehe Anhang A.2 . . . . . . . . . . . . . . . . 119

6.2 Kenngroßen der eingesetzten Messtechnik im betrachteten Laborsystem [25,

30, 49] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122

6.3 Anstiegsgeschwindigkeiten des Verdichteraustrittsdrucks und des Verdichter

Luftmassenstroms beim Rotating Stall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123

6.4 Anstiegsgeschwindigkeiten des Verdichteraustrittsdrucks und des Verdichter

Luftmassenstroms bei unterschiedlichen Betriebsweisen . . . . . . . . . . . . . 124

6.5 Variable Reglerverstarkung in Abhangigkeit der angeforderten Brennstoffzellen-

Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134

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x TABELLENVERZEICHNIS

A.1 Dampfdruckkurve fur Wasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157

A.2 Messgroßen und Stoffwerte inklusive ihrer Einheiten zur Berechnung der Gaszu-

sammensetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159

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TABELLENVERZEICHNIS xi

Abkurzungs- und Formelzeichenverzeichnis

Abkurzungen

ABS Antiblockiersystem

AFC Alkaline Fuel Cell

APU Auxiliary Power Unit

AS Air System

BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft

BP Betriebspunkt

BZ Brennstoffzelle

CAN Controller Area Network

CCS Carbon Dioxid Capture and Storage

CEP Clean Energy Partnership

DC Direct Current

DMFC Direct Methanol Fuel Cell

DOE Departement of Energy

EEPROM Electrically Erasable Programmable Read-Only Memory

ESD Emergency Shutdown

ESP Eletronisches Stabilitatsprogramm

ETAS Engineering Tools, Application and Services

FCEV Fuel Cell Electric Vehicle

FCHV Fuel Cell Hybrid Vehicle

FEV Forschungsgesellschaft fur Energietechnik und Verbrennungs-

motoren GmbH

FIFO First In – First Out

FTP Federal Test Procedure

FVM Finite Volumen Methode

GDE Gas Diffusions Elektrode

GM General Motors

GNU GNU´s not Unix

GUI Graphical User Interface

HiL Hardware in the Loop

HV Hochvolt

i.O. in Ordnung

I/O Input/Output

IEA International Energy Agency

MCFC Molten Carbonate Fuel Cell

MiL Model in the Loop

NEDC New European Driving Cycle

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xii TABELLENVERZEICHNIS

NTU Number of Transfer Unit

PAFC Phosphoric Acid Fuel Cell

PC Precontrol

PEM Polymer Elektrolyt Membran

PEMFC Polymer Electrolyt Membrane Fuel Cell

PTFE Polytetrafluorethylen

PWM Pulsweitenmodulation

RCP Rapid Control Prototyping

RTW Real Time Workshop

SFC Smart Fuel Cell

SGA Storgroßenaufschaltung

SiL Software in the Loop Simulation

SM StateManager des Simulink R© Steuerungsmodells

SOFC Solid Oxid Fuel Cell

SSK Strom Spannungs Kennlinie

UDDS Urban Dynamometer Driving Schedule

UN United Nation

VE Volumenelement

VES Verkehrswirtschaftliche Energiestrategie

VKM Verbrennungskraftmaschine

VW Volkswagen

VW FCC Volkswagen Fuel Cell Controller

WT Warmetauscher

ZEV Zero Emission Vehicle

Formelzeichen

∆G0 freie Gibb´sche Reaktionsenthalpie

∆p Druckdifferenz

∆T Temperaturdifferenz

δ Differenz

m Massenstrom

n Stoffstrom

Q Warmeleistung

ε Porositat des durchstromten Korpers

λ Stochiometrie Verhaltnis

ω Kreisfrequenz

π Druckverhaltnis

ρ Dichte

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TABELLENVERZEICHNIS xiii

ρN Dichte bei Normbedigungen

τ Verschlingungsgrad oder Tortuositat

ϕ relative Feuchte

A Flache

a Schallgeschwindigkeit

AV Austritts-Querschnittsflache

B B-Parameter

BP Betriebspunkt

c Konzentration

cp spezifische Warmekapazitat bei konstantem Druck

D Dicke

D Diffusionskoeffizient

E0 reversible Zellspannung

F Faraday-Konstante

f Frequenz

G(s) Ubertragungsfunktion der Regelstrecke

Gyd(s) Ubertragungsfunktion der Storgroße

I Stromstarke

i Stromdichte

J Molenstromdichte

J Tragheitsmoment

K(s) Regler der Storgroßenaufschaltung

Kd(s) Steuerglied der Storgroßenaufschaltung

kp Verstarkungsfaktor des Regels

Ks Verstarkungsfaktor der Ubertragungsfunktion der Regelstre-

cke

KV Durchflusskoeffizient

Kyd Verstarkungsfaktor der Ubertragungsfunktion der Storgroße

l Lange

LV effektive Kanallange

M Molare Masse

m Masse

N Anzahl

n Stoffmenge

P Leistung

p Druck

Pi Port eines Multi Port Switch

pS Sattigungsdampfdruck

Q Ladungsmenge

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xiv TABELLENVERZEICHNIS

QN Durchfluss bei Normbedingungen

Ru universale Gaskonstante

si Pole

s0,i Nullstelle

SH StackHealth

T Temperatur

t Zeit

tD Abweichung der variablen Totzeit

Tt Totzeit

Tt,var variable Totzeit

TTau Taupunkt-Temperatur

U Spannung

u Stellgroße

u Umfangsgeschwindigkeit

U(s) Stellgroße des Reglers

V Volumen

x1 Parameter des Triggers einer variablen Totzeit

x2 Parameter des Triggers einer variablen Totzeit

Y (s) Ausgangsgroße der Regelstrecke

Indizes

H2 Wasserstoff

H2O Wasser oder Wasserdampf

N2 Stickstoff

O2 Sauerstoff

An Anode

BZ Brennstoffzellenstapel

Clnt Kuhlmittel

Diff Diffusion

eff effektiver

elek elektrisch

erf erforderlich

FU Frequenz Umrichter

Ges Gesamt

H2S Wasserstoffversorgung

i Indize 1

in Eintritt

Ist Ist-Wert

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TABELLENVERZEICHNIS xv

j Indize 2

Ka Kathode

Kon Konzentration

Luft Luftversorgung

max maximal

Mem Membran

min minimal

Mot Motor

MU Messonde Ultraschall

opt optimal

out Austritt

Pumpe Kuhlmittelpumpe

Rkt Reaktion

Soll Sollwert

SSK Strom Spannungs Kennlinie

Sys System

Tau Taupunkt

Thermo Thermostatventil

Turbo Turboverdichter

Umgeb Umgebung

Umlauf Umlauf innerhalb der Wasserstoffversorgung

var variabel

VKM Verbrennungskraftmaschine

Vtl Ventil

WT Warmeubertrager

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Einleitung 1

1 Einleitung

Die International Energy Agency (IEA) erklart im World Energy Outlook 2010 [33] das Ziel,

die globale Erderwarmung auf maximal 2 ◦C uber das vorindustrielle Temperaturniveau zu

minimieren. Die Realisierung dieses Ziels kann nur erreicht werden, wenn im Schnitt alle Lander

bis 2050 ihre CO2-Emissionen um wenigsten 50 % reduzieren [69]. Auf der UN Klimakonferenz

in Kopenhagen im Dezember 2009 beschlossen die Industriestaaten und viele weitere Lander,

sich unverbindliche Emissionsziele fur 2020 zu setzen [31, 33]. Die Europaische Union will ihre

Treibhausgasemissionen bis 2020 um 20 % und bis 2050 um 60 bis 80 % unter das Niveau von

1990 reduzieren [31]. Diese Anstrengung soll zum einen durch den Ausbau und die Erweiterung

der regenerativen Energieerzeugung und zum anderen durch die Steigerung der Effizienz der

bestehenden, auf fossilen Energietragern beruhenden Kraftwerkstechnik bewaltigt werden. Des

Weiteren wird die CO2-Abscheidung und Speichertechnologie (CCS1) in einigen Staaten auf

die Machbarkeit im industriellen Maßstab anhand von Pilotanlagen untersucht [69].

Im Bereich der erneuerbaren Energien weisen Photovoltaik, konzentrierende solarther-

mische Kraftwerke, Windenergie und Meeresenergie große Potenziale zum Erreichen der

anvisierten Ziele fur die erneuerbare Stromgewinnung auf [69]. Nach dem Bundesverband der

Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (BDEW) lag 2010 der Anteil der erneuerbaren Energien

am gesamten Primarenergieverbrauch in Deutschland bei 9,4 % [12]. Hingegen hangt der

Verkehrssektor in Europa noch zu 97 % von fossilen Brennstoffen ab [69]. Jedoch zeichnet sich

ein Trend zur Elektrifizierung des Antriebsstranges von Fahrzeugen ab, dieses wird durch das

stetig zunehmende Angebot an Hybrid, Plug-in-Hybrid und batterieelektrischen Fahrzeugen auf

dem Automarkt verdeutlicht.

Fur die nachhaltige Reduzierung des CO2-Ausstoßes von Fahrzeugen bieten alternati-

ve Kraftstoffe aus Biomasse und die Elektromaschine mit regenerativ erzeugtem Strom,

gespeichert in einer Traktionsbatterie oder uber die Brennstoffzelle aus regenerativ erzeugtem

Wasserstoff, eine Alternative zu den fossilen Kraftstoffen an. Das lokale emissionslose

Fahren kann nur mit einem batterieelektrischen oder brennstoffzellenbetriebenen Fahrzeug

gewahrleistet werden. Der Antrieb erfolgt bei beiden Konzepten uber eine Elektromaschine.

Die derzeitig angewandte Lithium-Ionen-Batterietechnologie erlaubt Reichweiten bis

zu 150 km (Mitsubishi MiEV) [46]. Brennstoffzellen-Fahrzeuge weisen Reichweiten bis zu

830 km (Toyota FCHV adv.) [57] auf. Somit konnen die moglichen Einsatzgebiete fur

diese beiden Technologien wie folgt beschrieben werden: Batterieelektrische Fahrzeuge sind

fur den Stadtverkehr, fur die Kurzstrecke und fur die tagliche Fahrt zur Arbeit geeignet.

1CCS steht für Carbon Dioxid Capture and Storage und bezeichnet die Abscheidung von Kohlendioxidüberwiegend aus Verbrennungsabgasen zur behälterlosen Speicherung in unterirdischen Gesteinsschichtenauf unbegrenzte Zeit [32].

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2

Brennstoffzellen-Fahrzeuge (BZ-Fahrzeuge) konnen noch zusatzlich die Langstreckenmobilitat

abdecken.

Bis zum Jahr 2020 mochte die deutsche Bundesregierung 1 Million elektrisch angetriebene

Fahrzeuge auf deutschen Straßen sehen [69]. In Bezug auf BZ-Fahrzeuge wird seit 2003

das Demonstationsprojekt Clean Energy Partnership CEP2 von der Bundesregierung unterstutzt.

Am CEP in Berlin nehmen die Automobilhersteller Daimler, Ford, GM/Opel, Toyota,

Honda und der Volkswagen Konzern teil. Zum derzeitigen Zeitpunkt sind bis zu 40 BZ-

Fahrzeugen aller Automobilhersteller in Berlin im Einsatz. In den Fahrzeugen des Volkswagen

Konzerns ist die 3. Generation Brennstoffzellensysteme der Volkswagen Aktiengesellschaft

verbaut, daher werden diese Systeme HyMotion3 genannt. Hy steht fur die englische

Bezeichnung des Wasserstoffs Hydrogen und Motion folgt der Firmenstrategie der Marke

Volkswagen, die Motion zur Wiedererkennung ihrer Technologien einsetzt.

In der nachsten Generation von BZ-Fahrzeugen mochte der Volkswagen Konzern den

ersten, vollstandig eigenentwickelten Brennstoffzellen-Stapel (Zusammenschluss vieler einzelner

Brennstoffzellen) einsetzen. Dieser Stapel wird uber eine ebenfalls selbstentwickelte Peripherie

mit den erforderlichen Medien Wasserstoff, Luft und Kuhlflussigkeit versorgt. Der BZ-Stapel

und die Peripherie bilden zusammen ein Brennstoffzellensystem. Werden die Peripherie und der

Stapel unter dem Gesichtspunkt der optimalen Bauraumausnutzung konstruiert, so wird von

einem Brennstoffzellen-Aggregat (BZ-Aggregat) gesprochen.

In der Volkswagen Konzernforschung wird der Hauptforschungsschwerpunkt bei den

nachsten Prototypen BZ-Fahrzeugen derzeit auf die Optimierung und Weiterentwicklung

des ersten selbstentwickelten BZ-Aggregates gelegt. Im Gegensatz zu dieser Erstentwicklung

steht fur den Betrieb dieser Aggregate eine sich uber zwei Generationen weiterentwickelte

Brennstoffzellensystem-Steuerung zur Verfugung.

Die grundlegende Ablaufsteuerung und Regelung der Peripherie wurde schon bei der

HyMotion2-Generation in der Entwicklungsumgebung Ascet erfolgreich umgesetzt, fur

HyMotion3 weiterentwickelt und fur diverse Systemanderungen angepasst. Zu Beginn dieser

Arbeit wurde die HyMotion3-Brennstoffzellensystem-Steuerung auf die Entwicklungsumgebung

Matlab/Simulink R© von The MathWorks portiert, auf das zu untersuchende Brenn-

stoffzellensystem angepasst und getestet. Diese Arbeit baut somit auf eine funktionierende und

2Das CEP ist ein Demonstrationprojekt, welches nach den Empfehlungen der VerkehrswirtschaftlichenEnergiestrategie (VES) von Fahrzeugherstellern, Energielieferanten und der deutschen Bundesregierungmit der Version einer neuen nachhaltigen emissionsfreien Mobilität mittels Wasserstoff- und Brennstoffzel-lentechnologie im Jahre 2003 gestartet wurde [13]. Das CEP befindet sich zurzeit in der dritten Phase mitdem Fokus auf die Marktvorbereitung [14].

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Einleitung 3

getestete Brennstoffzellensystem-Steuerung fur das hier betrachtete Brennstoffzellensystem

auf.

Das BZ-Aggregat der nachsten Generation entwickelt sich nicht nur hinsichtlich der

Brennstoffzellen- und Peripherie-Hardware weiter, sondern soll auch in Bezug auf die

Brennstoffzellensystem-Steuerung weiter optimiert und verbessert werden. Der Fokus

wird hier zum einen auf regelungstechnische Herausforderungen und zum anderen auf die

Verbesserung des Software-Entwicklungsprozesses gelegt. Die Losung der regelungstechnischen

Herausforderungen zielt auf eine Verbesserung der Betriebsweise des Systems, auf die

Minimierung des Wasserstoffverbrauchs und auf die Erhohung der Lebensdauer ab. Der

angewandte Software-Entwicklungsprozess des Rapid-Control-Prototyping wird in Kapitel 3

erlautert und stellt das Werkzeug zur Verfugung, mit dem die regelungstechnische Optimierung

der Steuerung durchgefuhrt wird.

Die Wasserstoffversorgung der nachsten Brennstoffzellensystem-Generation wird im

Gegensatz zur vorherigen ohne eine aktive Rezirkulation mittels eines Seitenkanalgeblases

ausgestattet. In den HyMotion3-Fahrzeugen wird mit Hilfe eines Simulationsmodells, basierend

auf einem Modell des Seitenkanalgeblases, die Gaszusammensetzung bestimmt und gezielt

darauf gesteuert. Damit wird eine Reduzierung des Wasserstoffverbrauchs um 5,33 % im

Verbrauchszyklus New European Driving Cycle (NEDC) erzielt [52].

Der Wegfall des Seitenkanalgeblases im betrachteten Brennstoffzellensystem erfordert

eine Alternative zur Bestimmung der Gaszusammensetzung, damit die Verbrauchsersparnisse

weiterhin fur die neue Fahrzeug-Generation erhalten bleiben. Daher wird in Kapitel 4

eine modellgefuhrte Steuerung der Wasserstoffkonzentration entworfen, die auf einem

Stickstoff-Diffusionsmodell zur Ermittlung der Gaszusammensetzung aufbaut. Hier steht die

Funktionalitat des Simulationsmodells zur Darstellung der Machbarkeit der modellgefuhrten

Steuerung im Vordergrund.

In Kapitel 5 wird die Regelgute der Regelung des Kuhlsystems mittels einer

Storgroßenaufschaltung verbessert. Die aus HyMotion3 ubernommene Regelung der

Kuhlmitteleintrittstemperatur weist bei großen Lastsprungen Abweichung von bis zu 4 % auf.

In Verbindung mit dem eigenentwickelten Brennstoffzellen-Stapel fuhrt dies zu einer starkeren

Beeinflussung der Leistungsfahigkeit im Gegensatz zum HyMotion3-System und kann zudem

die Lebensdauer reduzieren.

Des Weiteren hat die Kuhlmittelein- und -austrittstemperatur einen Einfluss auf die

relative Feuchte der Reaktionsgase. Das Einstellen dieser Feuchten ermoglicht die Steigerung

der Zuverlassigkeit und die Verbessung des BZ-Wirkungsgrads, daher wird zurzeit an der

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4

Entwicklung einer Feuchte-Regelung gearbeitet. Eine Reduzierung der Regelabweichung der

Kuhlmitteltemperaturregelung verringert die moglichen Storeinflusse auf eine Feuchte-Regelung

oder bietet im Umkehrschluss die Moglichkeit einer weiteren Stellgroße fur die Regelung

der Feuchte. Die erforderliche Verbesserung der Regelgute des Kuhlsystems wird durch den

Entwurf der Storgroßenaufschaltung in Kapitel 5 realisiert.

Die Versorgung der Brennstoffzelle mit dem notigen Luftsauerstoff wird bei vielen Au-

tomobilherstellern durch den Einsatz eines Turboverdichters realisiert [50]. Das Kennfeld eines

Turboverdichters wird durch die”Pumpgrenze“ beschrankt. Die Verletzung dieser Grenze

kann zu einer mechanischen Beschadigung des Verdichters fuhren. Das Zusammenspiel des

eingesetztes Turboverdichters mit dem Brennstoffzellen-Stapel fuhrt wahrend des Betriebes

den Verdichter nahe an seine Pumpgrenze heran. Damit wahrend des Betriebes keine

Beschadigung des Verdichters auftritt, wird in Kapitel 6 eine Betriebsstrategie entwickelt, die

den sicheren Einsatz des Turboverdichters gewahrleistet. Diese Betriebsstrategie beinhaltet

neben einer Pumpgrenzuberwachung auch die Regelung zweier Luftmassenstrome. Im

unteren Lastbereich des Brennstoffzellensystems fordert der Turboverdichter einen hoheren

Luftmassenstrom als die Brennstoffzelle benotigt, daher muss zum einen der Luftmassenstrom

des Turboverdichters und zum anderen der Luftmassenstrom der Brennstoffzelle geregelt werden.

Abschließend werden die Ergebnisse dieser Arbeit in Kapitel 7 zusammengefasst. Im

Ausblick dieses Abschnittes werden die Schritte vorgestellt, die absolviert werden mussen, um

die optimierte Steuerung fur den Fahrzeugeinsatz zu ertuchtigen.

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Grundlagen der Steuerung eines Brennstoffzellensystems 5

2 Grundlagen der Steuerung eines Brennstoffzellensys-tems

Der Einsatz einer Brennstoffzelle fur automobile Anwendungen dient der Umwandlung

der chemisch gebundenen Energie des Wasserstoffs in elektrische Energie, die fur den

Antrieb eines rein elektrisch betriebenen Fahrzeuges (E-Fahrzeug) genutzt wird oder als

Hilfsenergiequelle (APU) fur das Fahrzeug eingesetzt werden kann. Der Wasserstoff wird

uber einen Onboard-Reformer aus z.B. Methanol gewonnen oder direkt in flussiger oder

gasformiger Form in einem Tank mitgefuhrt. Daher ist die Brennstoffzelle und die von ihr

benotigte Peripherie ein wichtiger Bestandteil des Antriebsstranges eines E-Fahrzeuges mit

Brennstoffzellen-Antrieb.

In Abbildung 2.1 wird der prinzipielle Aufbau eines Brennstoffzellen-Fahrzeuges darge-

stellt. Der elektrische Antrieb des Brennstoffzellen-Fahrzeuges umfasst die Elektromaschine,

den dazugehorigen Umrichter und das Getriebe. Neben dem Brennstoffzellensystem und

dem Wasserstoffspeicher ist eine Hochvolt (HV) Batterie integriert, die verschiedene

Hybridfunktionen realisieren kann. Das Brennstoffzellensystem setzt sich aus der Brennstoffzelle

und seiner Peripherie zusammen. Das 12 Volt Bordnetz und die HV Batterie sind jeweils mit

einem Umrichter an das Traktionsnetz des Fahrzeuges angeschlossen. Dieses Traktionsnetz

verbindet die Energiespeicher bzw. Energiewandler mit der Elektromaschine.

Im Konzept des Brennstoffzellen-Fahrzeuges dient das Brennstoffzellensystem hauptsachlich

als Stromerzeuger fur den elektrischen Antriebsmotor, wahrend die HV Batterie nur zur

Unterstutzung des Brennstoffzellensystems und als Speichermedium fur rekuperierte Energie

Brennstoffzellensystem

Frequenz-

Umrichter

~

=

Batteriesystem

Peripherie Brennstoffzelle

H2-

Tank

HV

12V

DC/DC

=

=

E-Antrieb,

Getriebe

M3~

DC/DC

=

=

Abbildung 2.1: Prinzipieller Aufbau eines Brennstoffzellen-Fahrzeuges

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6

verwendet wird. Daher muss das Brennstoffzellensystem mit seiner Steuerung zuverlassig

arbeiten und fur unterschiedlichste Umgebungsbedingungen einen sicheren Betrieb des

Fahrzeuges gewahrleisten.

Im Hinblick auf die Dynamik des gesamten Antriebsstranges hat zusatzlich zur Dyna-

mik des Brennstoffzellensystems die Kapazitat und die kurzfristige, maximal mogliche

Leistungsabgabe der Batterie einen entscheidenden Einfluss. Daher sollte die Auswahl der

Batterie in Bezug auf die erwahnten Parameter Kapazitat und kurzfristige Leistungsfahigkeit

im Zusammenspiel mit einem intelligenten Hybridmanagementsystem getroffen werden.

Dieser Hybridmanager entscheidet, inwieweit das Brennstoffzellensystem in Beschleu-

nigungsphasen unterstutzt wird, der Lastpunkt des Brennstoffzellensystems positiv fur den

Gesamtwirkungsgrad des Antriebsstranges verschoben wird und wieviel zusatzliche Energie

durch Rekuperieren beim Bremsen und normalen Verzogern zuruckgewonnen wird [3, 59]. Dies

fuhrt zu einer Verbesserung des Wirkungsgrads des Antriebsstranges, zur Verlangerung der

Lebensdauer des Brennstoffzellensystems und zu einer Minimierung des Wasserstoffverbrauchs

[3, 59]. Aufgrund der erwahnten Anforderungen an das Brennstoffzellensystem dient die Steue-

rung eines Brennstoffzellensystems in erster Linie der Gewahrleistung der Betriebssicherheit

und der Erfullung der dynamischen Anforderungen des elektrischen Antriebsstranges an das

Brennstoffzellensystem.

Eine Brennstoffzelle benotigt fur den Einsatz als elektrische Energiequelle eines Fahr-

zeugantriebsstranges eine Peripherie, die die benotigten Edukte Wasserstoff und Sauerstoff

schnellstmoglich bereitstellt und die produzierte Warme abfuhrt. Diese Peripherie besteht bei

dem in dieser Arbeit betrachteten Brennstoffzellensystem aus der Wasserstoffversorgung, der

Luftversorgung, dem Kuhlsystem, dem Tanksystem und dem Hochvoltsystem. Der genaue

Aufbau des in dieser Arbeit untersuchten Brennstoffzellensystems und der dazugehorigen,

entwickelten Steuerung wird in diesem Kapitel erlautert. Bei der Beschreibung der Steuerung

wird auf die globale Struktur der Steuerung eines Fahrzeug-Brennstoffzellensystems, die

Anforderungen an die Regelung des Gesamtsystems, inklusive seiner Teilsysteme und den

Ablauf der Steuerung eingegangen. Zusatzlich wird das Thema Fehlerbehandlung nahergehend

vorgestellt. Die Fehlerbehandlung ist ein wichtiger Bestandteil der Steuerung, der einen

zuverlassigen und robusten Betrieb des Brennstoffzellensystems gewahrleistet und somit die

Verfugbarkeit des Brennstoffzellenfahrzeuges entscheidend verbessern kann.

Bevor die Steuerung zum Thema dieses Kapitels wird, werden zunachst die Grundlagen der

Brennstoffzellentechnologie kurz erlautert und auf die verwendete Polymer-Elektrolyte-Membran

(PEM)-Brennstoffzelle eingegangen. Hier werden die Vorteile aber auch die Herausforderungen

der PEM-Technologie hinsichtlich der Anwendung fur den automobilen Sektor herausgestellt.

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Grundlagen der Steuerung eines Brennstoffzellensystems 7

2.1 Grundlagen der Brennstoffzellentechnologie

Das Prinzip der Brennstoffzelle als elektrochemischer Energiewandler wurde erstmals vom

deutsch-schweizerischen Chemiker Christian Friedrich Schonbein im Jahre 1839 in der

Januarausgabe des Philosophical Magazine erlautert [41]. Ebenfalls im Jahre 1839 unter

Kenntnisnahme der Arbeit von Schonbein entwickelte der englische Naturwissenschaftler und

Jurist Sir William Grove sein Grovsches Element, welches zur damaligen Zeit als Gasbatterie

bezeichnet wurde.

Tabelle 2.1: Brennstoffzellentypen und ihre Eigenschaften nach [16, 20, 41, 66]

technische DatenBrennstoffz.typ Elektrolyt ReaktantenBetriebstemp.in ◦C

Leistung inkW

Leistungs-dichte in W

cm2

PEMFCPolymerelektrolyt-Membran Brenn-stoffzelle

feste, perfluorie-te und sulfoniertePolymermembran

Wasserstoff,Sauerstoff, Luft

60 – 801

120 – 1802mW–500 0,6

AFCAlkalische Brenn-stoffzelle

Kaliumhydroxid inWasser gelöst

Wasserstoff,Sauerstoff

20 – 90 5 – 150 0,3

DMFCDirektmethanol-Brennstoffzelle

protonleitendeMembran

Methanol, Luft 60 – 130 < 5 –

PAFCPhosporsaureBrennstoffzelle

Phosporsäure Wasserstoff,Sauerstoff, Luft

160 – 220 < 11000 0,2

MCFCKarbonatschmelzen-Brennstoffzelle

schmelzflüssigeAlkalikarbonate ineiner keramischenMatrix

reformierterWasserstoff,Sauerstoff,Carbondioxid

620 – 850 < 10000 0,1

SOFCFestoxid-Brennstoffzelle

Ytrium-dotiertesZirkondioxid

reformierterWasserstoff,Sauerstoff, Luft

800 – 1000 < 10000 0,4

In den darauf folgenden Jahrzehnten werden die Brennstoffzelle und ihre unterschiedlichen

Typen weiter erforscht, und fur einige Anwendungen, wie z.B. die EFOY-Brennstoffzelle der

SFC Energy3 wird die Brennstoffzelle in Serie gefertigt. In Tabelle 2.1 sind die sechs wichtigsten

Brennstoffzellentypen nach dem verwendeten Elektrolyten unterteilt und ihre technischen

fahrzeugrelevanten Daten aufgelistet.

1Niedertemperatur2Hochtemperatur3Firmenhomepage:http://www.sfc.com/de

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8 2.1 Grundlagen der Brennstoffzellentechnologie

Fur den Einsatz der Brennstoffzellentechnologie im automobilen Sektor stellt die NT-

PEM-Brennstoffzelle die beste Losung dar [10, 21, 41]. Die NT-PEM-Brennstoffzelle weist

laut Tabelle 2.1 die hochste Leistungsdichte bezogen auf die aktive Zellflache auf und die

Betriebstemperatur liegt in einem vergleichbaren Bereich mit den Ol- und Kuhlkreislaufen in

Verbrennungskraftmaschinen fur automobile Anwendungen, somit kann mit vergleichbaren

Aufheizzeiten gerechnet werden. MCFC und SOFC benotigen ca. 30 bis 60 Minuten um auf

ihre notwendige Betriebstemperatur zu kommen. Zahlreiche Automobilhersteller wie z.B.

Daimler, Hyundai, Honda, Toyota, GM, Ford, Nissan und Volkswagen berucksichtigen bei

ihrer Entwicklung einer E-Mobilitat Brennstoffzellenfahrzeuge. Diese Brennstoffzellenfahrzeuge

werden ausschließlich mit NT-PEM-Brennstoffzellen ausgerustet.

Die PEM-Technologie erfullt uberwiegend alle Bedingungen und Herausforderungen

der Automobilindustrie. Das Department of Energy (DOE) hat fur die USA Zielwerte,

DOE-Targets, fur einige Anforderungsparameter fur Brennstoffzellen-Fahrzeuge bis 2015

festgesetzt [63]. Des Weiteren gibt die Zero Emission Vehicle (ZEV) Gesetzgebung aus

Kalifornien Vorgaben fur den Einsatz von BZ-Fahrzeugen an [36]. Die wichtigsten DOE-Targets

und ZEV-Vorgaben sind hier erwahnt:

• Dynamik des Brennstoffzellensystems von 1 Sekunde bei einem 10-90 % Lastsprung

• Reichweite aus ZEV-Gesetzgebung fur maximale Credits (UDDS-Zyklus)4 > 300 mi =

483 km

• Minimale Starttemperatur bei -40 ◦C Umgebungstemperatur und einer Haltezeit von 8

Stunden

• Lebensdauer von 5000 Betriebsstunden bei 10 % Spannungsdegradation bei PBZ,max

• Kosten des Brennstoffzellensystems von 30 $/kW bei einer Stuckzahl von 500000 pro

Jahr

Bei den beiden letztgenannten Punkten Lebensdauer und Kosten mussen zurzeit noch Abstriche

gemacht werden, aber die Daimler AG und die japanischen Automobilhersteller Honda, Toyota

und Nissan prognostizieren diese Herausforderungen bis 2015 gelost zu haben [4, 38, 47, 58].

Des Weiteren beabsichtigen Honda, Toyota, Hyundai und Daimler nach eigenen Angaben ab

2015 bzw. 2014 Brennstoffzellenfahrzeuge in Kleinserien zu produzieren [4, 35, 38, 40, 47].

4UDDS: Urban Dynometer Driving Schedule, US-amerikanischer Stadtzyklus

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Grundlagen der Steuerung eines Brennstoffzellensystems 9

Die in derzeitigen Prototypenfahrzeugen verwendeten Brennstoffzellensysteme konnen eine

maximale elektrische Aggregateleistung von bis zu 100 kW an die Elektromaschine abgeben

und werden bei einer Betriebstemperatur von 60 – 80 ◦C betrieben. Die Tabelle 2.2 fasst

die wichtigsten Prototypenfahrzeuge mit den entsprechenden Kennzahlen der verschiedenen

Hersteller zusammen.

Tabelle 2.2: Kennzahlen von Brennstoffzellen-Fahrzeugen ausgewählter Hersteller[2, 15, 28, 40, 57]

Fahrzeug-bezeichnung

BZ-Aggregate-leistung

0 –100km/h

Maximal-geschw.

Wasserstoff-verbrauch

Reich-weite

Tankinhalt

in kW in s in km/h in kg/100km in km in kg (bar)5

VW HyMotion3 85 12,6 140 1,36 230 3,6 (700)

Daimler F-Cell 80 11,4 170 1,16 >400 ca. 4,3 (700)

Toyota FCHV adv. 907 10,9 155 0,88 830 6,5 (700)

Honda Clarity 100 9 161 0,969 386 3,92 (350)

GM HydroGen4 93 12 160 1,39 320 4,2 (700)

Hyundai-Kia FCEV - 12,8 160 1,0410 758 7,9 (700)

5Tankdruck bei maximalem Füllstand6Verbrauch im NEDC-Zyklus; New European Driving Cycle7Leistung des Elektromotors8Verbrauch im 10-15 Mode; Japanischer Fahrzyklus9Verbrauch im FTP75-Zyklus; Amerikanischer Fahrzyklus

10Verbrauch bei realen Fahrbedingungen

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10 2.1 Grundlagen der Brennstoffzellentechnologie

2.1.1 Funktionsweise einer Brennstoffzelle

Fur ein besseres Verstandnis der Funktionsweise der PEM-Brennstoffzelle wird in Abbildung

2.2 der Aufbau einer einzelnen PEM-Brennstoffzelle, im folgenden nur Brennstoffzelle

genannt, dargestellt. Die Brennstoffzelle setzt sich aus den Komponenten Bipolarplatte,

Gasdiffusionsschicht, Elektrode und Membran zusammen.

Abbildung 2.2: Prinzipieller Aufbau einer einzelnen Brennstoffzelle

In Abbildung 2.2 ist auf beiden Seiten der protonendurchlassigen Polymermembran

jeweils eine Gasdiffusionselektrode (GDE) und eine Bipolarplatte angebunden. Eine Gasdif-

fusionselektrode besteht als Dreischichtelektrode aus einer hydrophoben, aus Kohlefasern

bestehenden Tragerschicht, einer mikroporosen Diffusionsschicht aus Kohle und Polytetrafluo-

rethylen (PTFE) sowie einer Katalysatorschicht aus kohlegetragerten Platinmetallpartikeln und

einem Polymerelektrolyten z.B. Nafion R©[39].

Der Katalysator dient als Initialisator der elektrochemischen Reaktion in der Brenn-

stoffzelle. Die in der Abbildung 2.2 links angeordnete wasserstofffuhrende Seite der Membran

wird als Anode bezeichnet, die rechts angeordnete sauerstofffuhrende Seite wird in der

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Grundlagen der Steuerung eines Brennstoffzellensystems 11

Elektrochemie als Kathode bezeichnet. In die an die GDEs angrenzenden Bipolarplatten

sind Flussfelder aufgepragt oder eingeatzt, sie dienen der optimalen Zufuhr der Medien

Wasserstoff, Luft und Kuhlflussigkeit [41]. Werden die einzelnen Brennstoffzellen gasseitig

parallel und spannungsseitig in Serie geschaltet, entsteht ein sogenannter Brennstoffzellenstapel.

In der Brennstoffzelle wird die chemisch gebundene Energie des Wasserstoffs unter

Zufuhr von Sauerstoff direkt in elektrische Energie umgewandelt. Anhand der Abbildung

2.2 und im Folgenden aufgefuhrten Redoxreaktion [41] wird die chemische Reaktion verdeutlicht:

⊕ Kathode 12O2 + 2H+ + 2e− H2O E0 = 1, 23 V

Anode H2 2H+ + e− E0 = 0 V

2H2 +O2

Brennstoffzelle

Elektrolyse2H2O ∆E0 = 1, 23 V

An der Anode oxidiert das Wasserstoffmolekul H2 in zwei Protonen H+ und zwei Elektronen

e−. Die Protonen oder Wasserstoffionen diffundieren durch die protonenleitfahige Membran

und reagieren mit Hilfe eines Katalysators an der Kathode mit den dort aus dem gespaltenen

Luftsauerstoffmolekul O2 reduzierten Sauerstoffionen O2− zu Wasser in flussiger oder

gasformiger Form. Die Elektronen mussen von der Anode uber einen elektrischen Verbraucher,

in Abbildung 2.2 als Gluhlampe dargestellt, zur Kathode wandern, um das Sauerstoffmolekul in

Sauerstoffionen zu reduzieren. Das Produktwasser fallt auf der Kathode an und wird mittels

des Luftmassenstroms aus der Brennstoffzelle abtransportiert. Ein Teil des Produktwassers

verbleibt in der hydrophoben Schicht der GDE und dient dort dem internen Wassermanagement

der Brennstoffzelle [27, 41].

Anhand der Redoxreaktion betragt die maximal nutzbare Zellspannung E0 = 1, 23 V. Diese Zell-

spannung entspricht der Gibbs’schen Freien Reaktionsenthalpie von ∆G0 = −237, 13 kJ/mol

fur das Produkt flussiges Wasser. Durch Effekte bezuglich der Kinetik der Brennstoffzelle wird

die Zellspannung E0 durch Spannungsverluste verringert.

Die theoretische Zellspannung E0 kann nur im reversiblen Gleichgewicht erreicht wer-

den. Sie ist vergleichbar mit der Ruhespannung bei einer Batterie. Sobald ein Strom

fließt, treten Verluste in Form von Uberspannungen auf. Diese Uberspannungen teilen

sich in Durchtrittsuberspannung UD, Konzentrationsuberspannung UKon und Ohm’schen

Spannungsabfall UOhm auf. Diese Uberspannungen haben in Abhangigkeit der Stromdichte

unterschiedliche Einflusse.

Jede Brennstoffzelle ist durch eine Strom-Spannungs-Kennlinie gekennzeichnet. Sie

charakterisiert das Verhalten einer Brennstoffzelle in Abhangigkeit von der Stromdichte. Die

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12 2.1 Grundlagen der Brennstoffzellentechnologie

Ohm´scher

Spannungsabfall UOhm

Stromdichte in A/cm2

Ze

llsp

an

nu

ng

in V

reversible Zellspannung

Konzentration-

überspannung UKon

U0 Durchtritts-

überspannung UD

Elektrische Leistung

Wärme

E0

Abbildung 2.3: Einflüsse der einzelnen Überspannungen auf die reversible Zellspan-nung, Strom-Spannungs-Kennlinie nach [48]

Abbildung 2.3 stellt die Einflusse der einzelnen Uberspannungen auf die reversible Zellspannung

E0 dar. Abbildung 2.3 zeigt den typischen Verlauf einer Strom-Spannungs-Kennlinie. In

der Strom-Spannungs-Kennlinie wird die Spannung einer Einzelzelle uber die Stromdichte,

die dem Quotienten aus Stromstarke und aktiver Zellflache entspricht, aufgetragen. Der

charakteristische Verlauf einer Strom-Spannungs-Kennlinie ist ein Resultat aus der Differenz

zwischen reversibler Zellspannung E0 und der Summe der Uberspannungen UGes

E(i) = E0 − UGes,

= E0 − (UD − UKon − UOhm). (2.1)

Im Ruhezustand i = 0 beginnt der Verlauf bei einer Spannung U0 unterhalb der reversiblen Zell-

spannung E0, da die Kathodenreaktion im Ruhezustand irreversibel verlauft. Im Bereich geringer

Belastung bzw. niedriger Stromdichte fallt der Verlauf aufgrund der Durchtrittsuberspannung

UD stark ab. Im Teillastbereich stellt sich ein linearer Verlauf ein. Hier uberwiegt der Ohm’sche

Spannungsabfall UOhm. Die Konzentrationsuberspannung UKon begrenzt die maximale Strom-

dichte der Brennstoffzelle.

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Grundlagen der Steuerung eines Brennstoffzellensystems 13

2.1.2 Aufbau eines Brennstoffzellensystems

Ein Brennstoffzellensystem setzt sich aus einer Brennstoffzelle inklusive dem dazugehorigen

Hochvoltsystem und ihrer Peripherie bestehend aus den vier Teilsystemen der Medien

Wasserstoff, Luft und Kuhlmedium zusammen. Die Abbildung 2.4 zeigt den prinzipiellen

Aufbau des behandelten Brennstoffzellensystems mit den erwahnten Teilsystemen.

Die Brennstoffzelle bestehend aus Anode und Kathode ist als zentrales Element mit-

tig dargestellt, das Hochvoltsystem umfasst neben der Brennstoffzelle jeweils ein Schutz fur

den positiven und den negativen elektrischen Anschluss der Brennstoffzelle an das Hochvoltnetz

des Traktionsnetzes und einen DC/DC-Umrichter, der uber einen Spannungssollwert die

abzugebende Brennstoffzellenleistung einstellt. Diese Schutze dienen als Sicherheitseinrichtung,

um im Fehlerfall oder bei Nichtbetrieb des Brennstoffzellensystems die Brennstoffzelle von dem

Rest des Traktionsnetzes trennen zu konnen.

Das Teilsystem der Wasserstoffversorgung ist orange, der Luftversorgung hellblau, des

Kuhlsystems grun, des Tanksystems gelb und des Hochvoltsystems grau hinterlegt.

Kühlsystem

M

Kühlmittel-

pumpe

Kühler

Thermostatventil

Lüfter

Rezirkula-

tionseinheit

Purgeventil

Druckregelventil

Luft-

versorgung

LuftfilterVerdichter

Drossel-

klappe

M

Wärme-

übertrager

Befeuchter

Waste-

klappe

Befeuchter-

klappeH2O Ausgleichs-

behälter

H2-Tank

+

-Schütze

Hochvoltsystem

Tankventil

Brennstoffzelle

Anode

Kathode

H2O-Abscheider

Tanksystem

Wasserstoffversorgung

DC/DC

Umrichter=

=

Abbildung 2.4: Prinzipieller Aufbau des behandelten Brennstoffzellensystems

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14 2.1 Grundlagen der Brennstoffzellentechnologie

Wasserstoffversorgung und Tanksystem

Der erforderliche Wasserstoff zur Generierung der elektrischen Energie wird an Bord eines

Fahrzeuges gasformig in einem Drucktank bei 350 bar oder 700 bar gespeichert, siehe

Tabelle 2.2. Uber Tankventile wird der Wasserstoff der Wasserstoffversorgung zugefuhrt und

mittels des Druckregelventils stellt die Steuerung den Anodeneintrittsdruck ein. In der Re-

zirkulationseinheit wird der Frischwasserstoff aus dem Tank mit dem Abgas der Anode vermischt.

Die Rezirkulationseinheit wird aus einem Rezirkulationsgeblase, einer oder mehreren

Strahlpumpen oder einer Kombination aus Rezirkulationsgeblase und Strahlpumpe gebildet

[52, 59]. In dem hier behandelten System wird eine Strahlpumpe betrachtet, die passiv uber

einen hohen Eintrittsdruck des Wasserstoffes die angesaugten Gase beschleunigen und somit

in Abhangigkeit des Massenstroms des zugefuhrten Wasserstoffes eine definierte Menge an

Anodenabgas rezirkulieren kann. Innerhalb der Wasserstoffversorgung fallt in Abhangigkeit von

der Betriebsweise flussiges Wasser an, welches im Wasserabscheider aufgefangen wird und

mittels eines Ventils an die Umgebung abgeschieden werden kann.

Der Wasserdampf- und Stickstoffpartialdruckunterschied zwischen der Anode und der

Kathode uber die Polymermembran fuhrt zu einer Diffusion des Stickstoffs und des Wasser-

dampfes von der Kathode zur Anode. Diese auftretenden Verunreinigungen (Stickstoff und

Wasserdampf) reichern sich innerhalb der Wasserstoffversorgung aufgrund der Rezirkulation an.

Die damit verbundene Verringerung der Wasserstoffkonzentration fuhrt zu einer Abnahme des

Brennstoffzellenwirkungsgrads. Diesem Effekt kann durch das Offnen des Purgeventils (vgl.

Abb. 2.4) entgegengewirkt werden, da das verunreinigte Gasgemisch der Wasserstoffversorgung

uber das Purgeventil ausgetragen werden kann. Durch den nachstromenden reinen Wasserstoff

wird die Wasserstoffkonzentration wieder angehoben.

Das Bestimmen des Diffusionsstroms der Verunreinigungen und der Wasserstoffkon-

zentration zur Entwicklung einer modellgefuhrten Steuerung der Wasserstoffkonzentration wird

im Kapitel 4 bearbeitet.

Luftversorgung

Der erforderliche Sauerstoff fur die elektrochemische Reaktion innerhalb der Brennstoffzelle

wird aus der Umgebungsluft uber die Luftversorgung bereitgestellt. Die Luft wird zunachst in

der Luftversorgung gefiltert und anschließend mit einem Luftverdichter auf den erforderlichen

Betriebsdruck erhoht, um nach der Durchstromung des Befeuchters und der Brennstoffzelle

den Luftmassenstrom wieder der Umgebung zuzufuhren.

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Grundlagen der Steuerung eines Brennstoffzellensystems 15

Die Bereitstellung von Sauerstoff geschieht bei mobilen Brennstoffzellenanwendungen

durch die Zufuhr von Luftsauerstoff uber ein Geblase, einen Turboverdichter, einen Schrauben-

verdichter oder uber andere Bauarten von Luftverdichtern. Die Tabelle 2.3 stellt die Vor- und

Nachteile der einzelnen Luftverdichter den Anforderung eines Brennstoffzellensystems an die

Luftversorgung gegenuber. Das in der Tabelle aufgefuhrte Druckverhaltnis π entspricht dem

Quotienten aus dem Verdichteraustrittsdruck und dem Druck der angesaugten Luft.

Tabelle 2.3: Vor- und Nachteile verschiedener Verdichter in Bezug auf die Anforde-rungen eines mobilen Brennstoffzellensystems [35, 50]

Bauart Druckverhältnisπ

Wirkungsgradin %

Bauraum Akustik

BZ-Anforderungen

bis 2,5 ⊕ ⊕ ⊕

Schrauben-verdichter

bis 3 65 � �

Turbo-verdichter

bis 3,5 75 ⊕ ⊕

Rootsgebläse bis 2 55 �

Aufgrund des hohen Wirkungsgrads, des passenden Druckverhaltnisses und des geringsten

Bauraumes der aufgefuhrten Verdichterbauarten bietet sich der Turboverdichter fur die

Luftversorgung eines Brennstoffzellensystems an. Ein weiterer entscheidender Vorteil des

Turboverdichters ist die Akustik. Aufgrund des Verdichtungsprinzips einer Stromungsmaschine

erzeugt der Turboverdichter eine gleichmaßige Stromung mit einer geringeren Schallemission

als der Schraubenverdichter. Der Schraubenverdichter verursacht als Verdrangermaschine

eine pulsierte Stromung mit einem hoheren Schallpegel [45]. Somit tragt der Turboverdichter

zu einer kaum wahrnehmbaren Gerauschemission des Brennstoffzellensystems in einem

BZ-Fahrzeug bei.

Der verdichtete Luftmassenstrom wird im Anschluss des Turboverdichters in Abhangigkeit der

Verdichteraustrittstemperatur im Warmeubertrager auf die gewunschte Betriebstemperatur

gekuhlt oder erwarmt. Die verdichtete und temperierte Luft wird anschließend dem Befeuchter

auf der kathodenzugewandten Seite zugefuhrt. Das entstehende Produktwasser der Brennstoff-

zelle fallt fast ausschließend an der Kathode an, wird vom Luftmassenstrom aufgenommen und

durchstromt anschließend den Befeuchter auf der kathodenabgewandten Seite.

Innerhalb des Befeuchters gibt das feuchte Kathodenabgas einen Teil des gasformigen

Produktwassers an den trockenen verdichteten Luftmassenstrom vom Turboverdichter

kommend ab. Nach der Durchstromung der Brennstoffzelle stellt mit der anschließenden

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16 2.1 Grundlagen der Brennstoffzellentechnologie

Drosselklappe die Steuerung den erforderlichen Eintrittsdruck der Kathode ein.

Aufgrund komponentenbedingter Betriebszustande des Turboverdichters muss in unte-

ren Betriebspunkten ein Teil des geforderten Luftmassenstroms an der Brennstoffzelle vorbei

uber die Wasteklappe geleitet werden. Zusatzlich kann beim Betrieb eines Turboverdichters

das Instabilitatsproblem des”Pumpens“ auftreten. Aufgrund dieser Tatsachen wird eine

geeignete Betriebsstrategie fur einen Turboverdichter innerhalb des zu untersuchenden

Brennstoffzellensystems in Kapitel 6 erarbeitet und diskutiert.

Kuhlsystem

Die elektrochemische Reaktion innerhalb einer Brennstoffzelle ist ein exothermer Prozess und die

dabei entstehende Warme muss aus der Brennstoffzelle abgefuhrt werden, um die gewunschte

Betriebstemperatur einhalten zu konnen. Die anfallende Warme des Brennstoffzellensystems

wird mittels des Kuhlsystems analog zum Verbrennungsmotor an die Umgebung abgegeben.

Die auftretenden Energiestrome der Energiewandlungsprozesse eines Brennstoffzellenfahrzeuges

und eines Dieselfahrzeuges werden qualitativ in der Abbildung 2.5 gegenuber gestellt. Die rechte

Seite der Abbildung 2.5 stellt die Energiestrome eines Dieselfahrzeuges dar. Die Energiestrome

sind so skaliert, dass der Betrag der mechanischen Antriebsarbeit beim Dieselfahrzeug

der mechanischen Antriebsarbeit eines BZ-Fahrzeuges identisch ist [17]. Somit muss das

Dieselfahrzeug aufgrund des schlechteren Wirkungsgrads der Verbrennungskraftmaschine ca.

35% mehr Energie fur die selbe mechanische Leistung einsetzen.

Die im Wasserstoff chemisch gebundene Energie wird in einem Brennstoffzellensystem

Abbildung 2.5: Gegenüberstellung der Energieströme eines BZ-Fahrzeuges undeines Dieselfahrzeuges [17]

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Grundlagen der Steuerung eines Brennstoffzellensystems 17

zu ca. 50 % in elektrische Energie zum Antrieb eines BZ-Fahrzeuges umgewandelt. Die restliche

Energie muss in Form von Warme aus dem System abtransportiert werden [50]. Aufgrund der

geringen Temperaturdifferenz zwischen dem Kathodenabgas und der Umgebungstemperatur

wird nur ca. 5 bis 10 % der Warme uber das Abgas ausgetragen [8]. Somit muss das

Kuhlmedium des Kuhlsystems 40 bis 45 % der Warme aufnehmen und uber den Fahrzeugkuhler

an die Umgebungsluft wieder abgeben.

Die hohen auftretenden Brennraumtemperaturen bei einer Verbrennungskraftmaschine

(VKM) fuhren dazu, dass ein großer Teil der Prozesswarme uber das Abgas abgefuhrt

werden kann. Die eingesetzte Energie teilt sich somit in drei etwa gleichgroße Teile auf:

Antriebsenergie, Abwarme uber das Abgas und Abwarme uber die Kuhlung sowie Reibverluste,

Strahlung und Ladeluftkuhlung. Dies zeigt auf, dass trotz des besseren Systemwirkungsgrads

eines Brennstoffzellensystems gegenuber einer Verbrennungskraftmaschine, das Kuhlsystem

eines BZ-Fahrzeuges eine großere Warmemenge abtransportieren muss. Hinzu kommt noch

die geringere Betriebstemperatur der Brennstoffzelle 50 ◦C > TBZ < 80 ◦C im Vergleich

zur Verbrennungskraftmaschine 80 ◦C > TV KM < 120 ◦C und damit ist eine kleinere

Temperaturdifferenz uber den Fahrzeugkuhler zur Umgebungstemperatur verbunden.

Die Regelung auf eine konstante Kuhlmitteleintrittstemperatur ist fur die Einstellung

der relativen Feuchte der Kathode und Anode, die optimale Leistungsfahigkeit und

Gewahrleistung einer langen Lebensdauer der Brennstoffzelle ein wichtiger Bestandteil [8].

Zusatzlich zu der Eintrittstemperatur des Kuhlmittels ist fur die Einstellung der relativen

Feuchte und den Abtransport des Produktwassers die Temperaturdifferenz des Kuhlmittels

uber die Brennstoffzelle entscheidend. Das Kuhlmittel fließt innerhalb der Bipolarplatten im

Gleichstrom zum Kathoden-Luftmassenstrom und fuhrt durch die Aufnahme der BZ-Abwarme

zu einer gleichzeitigen Erhohung der Austrittstemperatur des Kathodengases und des

Kuhlmittels.

Die Kuhlmittelpumpe fordert das Kuhlmittel innerhalb des Kuhlsystems und kann uber die

Variation der Drehzahl den Temperaturgradienten uber die Brennstoffzelle verandern. Die

Kuhlmitteleintrittstemperatur wird mittels des Thermostatventils auf eine gewunschte Betriebs-

temperatur eingestellt. Des Weiteren umfasst das Kuhlsystem einen Ausgleichsbehalter, der

ein Ausgleichsvolumen zur Aufnahme des durch Erwarmung ausgedehnten Kuhlmediums vorhalt.

Die Regelung der Kuhlmitteleintrittstemperatur wird durch mehrere Faktoren so stark

beeinflusst, das eine Optimierung der bestehenden Regelung der derzeitigen Brennstoffzel-

lensysteme bei Volkswagen in Betracht gezogen werden muss. In Kapitel 5 werden diese

Einflussfaktoren naher vorgestellt und eine Losung dieser Herausforderung erarbeitet, getestet

und anschließend bewertet.

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18 2.2 Struktur der Steuerung und Regelung des Brennstoffzellensystems

2.2 Struktur der Steuerung und Regelung des Brennstoffzellensys-tems

Der Einsatz eines Brennstoffzellensystems zur Bereitstellung der elektrischen Energie fur den

Antrieb eines BZ-Fahrzeuges stellt hohe Anforderungen an die Steuerung des Brennstoffzel-

lensystems. Diese Anforderungen setzen sich zum einen aus der sicheren und dynamischen

Regelung des Brennstoffzellensystems bei unterschiedlichen Betriebsstrategien zusammen.

Zum anderen muss die Steuerung die Betriebssicherheit des Systems gewahrleisten und eine

Kommunikation mit den beteiligten Systemen des Fahrzeuges und des Brennstoffzellensystems

bereitstellen.

Diese Anforderungen werden in der Tabelle 2.4 konkretisiert und hinsichtlich der An-

forderungen an die Betriebsstrategie, die Regelung und die Fehlerbehandlung untergliedert.

Tabelle 2.4: Anforderungen an die Steuerung des Brennstoffzellensystems in Bezugauf die Betriebsstrategie, die Regelung und die Fehlerbehandlung

Anforderungen an die Betriebsstrategie

Optimale Betriebsweise hinsichtlich Zuverlässigkeit und Wirkungsgrad

Vermeidung von lebensdauerschädlichen Zuständen

Schnelles Erreichen der Betriebsbereitschaft bei Kaltstart, Froststart und Start-Stopp

Anforderungen an die Regelung

Einstellen der Partialdrücke der Reaktanten

Einstellen der relativen Feuchte der Reaktanten

Einstellen der Betriebstemperatur

Einstellen der Lastspannung

Anforderungen an die Fehlerbehandlung

Überwachen und Einhalten der Betriebsgrenzen

Diagnose

Die in Abbildung 2.6 dargestellte Struktur der Steuerung des behandelten Brennstoffzellensys-

tems stellt ein strukturelles Gerust bereit, um die an die Steuerung des Brennstoffzellensystems

gestellten Anforderungen aus Tabelle 2.4 bestmoglich erfullen zu konnen.

Oben angestellt ist die Plattform der Zustandssteuerung, die die unterschiedlichen

Betriebsstrategien und die Ablaufsteuerung des Gesamtsystems beinhaltet. Diese Zu-

standssteuerung greift in die weiteren Plattformen, wie die Fehlerbehandlung und die

Regelung/Steuerung-Plattform ein und kommuniziert uber die Kommunikationsplattform mit

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Grundlagen der Steuerung eines Brennstoffzellensystems 19

Kommunikationsplattform

Bus-Kommunikation Digital-Kommunikation Analog-Kommunikation

Fehlerbehandlung

Kommunikation Grenzwerte Fehlerreaktionen

Zustandssteuerung

Betriebsstrategie

E-Fahrzeug

Fahrzeugsteuerung

Regelung / Steuerung

Luftversorgung

• Turboverdichter• Befeuchterklappe• Wasteklappe

H2-Versorgung

• Purgeventil•Wasserabscheider

Kühlsystem

• Thermostatventil

• Kühlmittelpumpe

• Kühlerlüfter

Drucksystem

• Drosselklappe• H

2-Druckregelventil

Hochvoltsystem

• BZ-Schütze

• DC/DC-WandlerTanksystem

• Tankventile

BZ-System

Ablaufsteuerung

• Pumpgrenzüberwachung

• Leistungsreduktion

• Druckdifferenz Membran

Kühlsystem

Tanksystem

Hochvoltsystem

WasserstoffversorgungLuftversorgung

Abbildung 2.6: Struktur der Steuerung des behandelten Brennstoffzellensystems

den Komponenten des Brennstoffzellensystems und mit der Fahrzeugsteuerung.

Die Plattform der Regelung/Steuerung umfasst die Regelung der Peripherie des Brennstoff-

zellensystems. Die hohe Komplexitat der Regelung der Gasdrucke fuhrt zu einem eigenen

Regelungssystem, dem Drucksystem. Die Regelung/Steuerung-Plattform wird von der

Fehlerbehandlung uberwacht, ubergeordnet von der Zustandssteuerung angesteuert und ist

uber die Kommunikationsplattform mit den Systemkomponenten verbunden.

Komplexere Steuerungsalgorithmen, die hinter den in Abbildung 2.6 farblich gekennzeichneten

Begriffen stehen, wie Pumpgrenzuberwachung, Druckdifferenz Membran und Leistungs-

reduktion setzen sich neben ihrer regelungstechnischen Funktion auch aus Funktionen

der Betriebsstrategie und Fehlerbehandlung zusammen. Diese Zusammenhange konnen

nicht entkoppelt und in die jeweilige Plattform unterbracht werden, daher sind diese drei

Steuerungsaufgaben in der Plattform Regelung/Steuerung untergebracht.

Die bereits erwahnte Fehlerbehandlung dient der Uberwachung von festen Grenzwer-

ten fur die Betriebsparameter des Brennstoffzellensystems, der Detektierung auftretender

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20 2.2 Struktur der Steuerung und Regelung des Brennstoffzellensystems

Fehler in der Kommunikation, z.B. Kabelbruch oder Fehler in der Bus-Kommunikation, und

der Ausfuhrung einer definierten Fehlerreaktion bei der Identifikation eines Fehlers. Die

Fehlerbehandlung ist der Zustandssteuerung untergeordnet, uberwacht die gesamte Plattform

der Steuerung/Regelung und ist mit der Kommunikationsplattform vernetzt.

Die Kommunikationsplattform dient als Schnittstelle zwischen den Plattformen Rege-

lung/Steuerung, Fehlerbehandlung und den Aktuatoren und Systemkomponenten des

Brennstoffzellensystems. Zusatzlich wird uber diese Plattform die Kommunikation mit der

Fahrzeugsteuerung hergestellt. Die Kommunikation kann analog, digital oder uber den

CAN-Bus (Controller Area Network) erfolgen.

2.2.1 Prozessgefuhrte Ablaufsteuerung des Brennstoffzellensystems

In der ubergeordneten Zustandssteuerung wird unterschieden zwischen der Betriebsstrategie

und der Ablaufsteuerung. Unter der Betriebsstrategie ist das unterschiedliche Verhalten der

Steuerung auf veranderte Randbedingungen und Anforderungen an das Brennstoffzellensys-

tem zu verstehen. Hier sind exemplarisch einige Situationen aufgefuhrt, die unterschiedliche

Betriebsstrategien erfordern, wie z.B. extreme Witterungsbedingungen, Start-Stopp, Tanken

und sportliches Fahren. Fur die Bewaltigung dieser unterschiedlichen Randbedingungen muss

die Betriebsstrategie eng mit der Ablaufsteuerung verknupft sein, um die Sollwerte oder die

Dynamik der Regelung der Teilsysteme zu variieren, Grenzwerte zu verschieben und Fehlerreak-

tionen der Fehlerbehandlung zu andern. Zusatzlich kann eine veranderte Strategie den Ablauf

so beeinflussen, dass einige Situationen zu parallelen Pfaden in der Ablaufsteuerung fuhren.

Daher wird die Betriebsstrategie auf der obersten Plattform der Steuerung auf eine Ebene mit

der Ablaufsteuerung gesetzt.

Anfang

/Ende

Aktion

EntscheidungZustandswechsel

Abbildung 2.7: Legende der Zustandsautomaten

Bei der Erlauterung der Ablaufsteuerung wird nicht auf die Auswirkung der unterschiedli-

chen Betriebsstrategien eingegangen, sondern der Ablauf bei Normal-Bedingungen dargestellt.

Die Ablaufsteuerung wird als eine prozessgefuhrte Ablaufsteuerung bezeichnet, da ihre Zu-

standsanderungen von den Signalen des gesteuerten Systems (Prozess) abhangen [1]. Die

Programmierung der prozessgefuhrten Ablaufsteuerung wird mittels Stateflow R© von Ma-

thworks durchgefuhrt. Innerhalb dieser Arbeit wird fur die Ubersichtlichkeit und ein besseres

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Grundlagen der Steuerung eines Brennstoffzellensystems 21

Verstandnis die Ablaufsteuerung anhand von Zustandsautomaten erlautert. Die Abbildung 2.7

dient als Legende fur die folgenden Zustandsautomaten.

• Ein Quadrat mit abgerundeten Ecken steht fur einen Start- oder Endzustand eines

Zustandsautomaten. Dieser Zustand wird nur einmal eingenommen.

• Ein Quadrat mit scharfen Ecken steht fur einen Zustand, der eine Aktion zur Folge hat.

Dieser Zustand kann mehrfach eintreten.

• Ein Rhombus ist ein Entscheidungszustand, entweder eine Ja/Nein Abfrage oder eine

logische Abfrage (><≤≥≡).

• Ein Pfeil verbindet die einzelnen Zustande und bezeichnet die Zustandsanderung oder

das Ergebnis einer Abfrage.

In der Abbildung 2.8 wird der Hauptablauf der Steuerung des Brennstoffzellensystems

aufgezeigt, dieser Zustandsautomat wird in der Steuerungssoftware in Simulink R© als

StateManager (SM) bezeichnet. Die Zustande des StateManagers sind allein fur das Starten,

Abfahren und Betreiben des Gesamtsystems samt seiner Teilsysteme verantwortlich. Die

Darstellung der Pfeile fur die Zustandsanderungen unterscheidet sich in Form und Farbe nach

dem Verursacher der jeweiligen Zustandsanderung.

Die Steuerung des Brennstoffzellensystems wird von der ubergeordneten Fahrzeugsteuerung

gestartet und fuhrt zunachst eine Prufung auf Wasserstoff im Fahrzeug durch. Hierbei werden

die Messwerte der im gesamten Fahrzeug verbauten Wasserstoffsensoren uberpruft und bei einer

Uberschreitung der festgesetzten Grenzwerte wird das Brennstoffzellensystem in den sicheren

OFF-Modus versetzt. Dieser Zustand gewahrleistet geschlossene Tank- und Wasserstoffab-

sperrventile, sodass kein Wasserstoff aus den Tanks in das Brennstoffzellensystem stromen kann.

Nach einer erfolgreichen Prufung auf Wasserstoff im Fahrzeug entscheidet der Fahrer

uber den Betriebszustand des Brennstoffzellensystems, diese Entscheidung wird uber die

Fahrzeugsteuerung der System-Steuerung mitgeteilt. Fur das Betanken des Fahrzeuges mit

Wasserstoff stellt die Steuerung den Tank Modus bereit und fur den Normalzustand Fahren

mit Brennstoffzelle wird in den BZ Modus gewechselt.

Wahrend des Tank Modus wird der eigentliche Tankvorgang und die Kommunikation

mit dem Tanksystem von der Steuerung uberwacht. Aus dem Zustand Tank Modus kann nur

uber den OFF Modus, also Fahrzeug ist abgestellt in den Zustand BZ Modus zuruckgekehrt

werden. Dies soll ein ungewolltes Starten des Brennstoffzellensystems oder das Losfahren

wahrend des Tank Modus verhindern.

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22 2.2 Struktur der Steuerung und Regelung des Brennstoffzellensystems

Start BZ

System

Wasserstoff

Prüfung

BZ Modus Tank

Modus

Startprozedur

Betrieb

Abfahrprozedur

OFF-Modus

Auswahl des Betriebszustandes der BZ

i.O.

nicht i.O.

Zustandsänderung in den Off-Zustand auf Grund eines

Fehlers im BZ-System oder im Fahrzeug

Zustandsänderung durch die Fahrzeugsteuerung

Zustandsänderung durch die BZ-Steuerung

Abbildung 2.8: Zustandsautomat des Hauptablaufes der Steuerung

Wenn der BZ Modus ausgewahlt wurde, wird die Startprozedur aus dem BZ Modus

heraus fur das Brennstoffzellensystem eingeleitet und nach erfolgreichem Abschluss dieser

Prozedur wird der Zustand Betrieb erreicht. Dieser Zustand wird verlassen, falls der Fahrer

das Fahrzeug abstellen mochte oder falls das System aufgrund eines Fehlers im Brennstoff-

zellensystem oder im Fahrzeug das System sicher runter gefahren werden muss. Wenn diese

Zustandsanderung nicht aufgrund eines Fehlers stattfindet, wird die Abfahrprozedur durchlaufen

und anschließend der OFF Modus eingestellt. Einige Fehler veranlassen den StateManager die

Abfahrprozedur zu umgehen und direkt den OFF Modus fur die Brennstoffzelle einzustellen.

2.2.2 Aufbau der Steuerung eines Teilsystems

Die Teilsysteme besitzen jeweils einen ahnlichen Zustandsautomaten wie der des Hauptablaufes

in Abbildung 2.8. Der Aufbau der Zustandssteuerung eines Teilsystems wird beispielhaft

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Grundlagen der Steuerung eines Brennstoffzellensystems 23

anhand der Luftversorgung (AS steht fur Air System) in der Abbildung 2.9 verdeutlicht. Die

Zustandsanderungen werden vom Zustandsautomaten der Hauptsteuerung oder durch Ereignisse

innerhalb des eigenen Teilsystems ausgelost. Diese unterschiedlichen Auslosemechanismen sind

farblich kenntlich gemacht und der Abbildung 2.9 zu entnehmen.

Der Zustandsautomat eines Teilsystems startet im Standby Zustand, der alle Aktua-

toren und Komponenten des Teilsystems deaktiviert halt. Durch die Aufforderung des

StateManagers SM stStartAS wird das Teilsystem gestartet und in den Start Modus

gefuhrt. Innerhalb dieses Modus werden die Befeuchterklappe und die Wasteklappe sowie der

Turboverdichter initialisiert und in einen betriebsbereiten Zustand gebracht. Anschließend

wird der Turboverdichter gestartet und ein Start-Luftmassenstrom soll eingeregelt werden.

Wenn die Regelabweichung hinreichend gering ist wird dem StateManager der Steuerung die

Einsatzfahigkeit der Luftversorgung gemeldet. Falls die Luftversorgung Gegenteiliges meldet,

wird die Hauptsteuerung die Startprozedur unterbrechen und in den OFF Modus wechseln,

Standby AS

AS OFF-Modus

SM_stStartAS

Zustandsänderung durch ein Ereignis eines Teilsystems

Zustandsänderung durch die Hauptsteuerung

Start Turboverdichter

Start Luftmassenstromregelung

Ist die

Luftmassenstromregelung

in Ordnung?

AS meldet SM i.O. AS meldet SM nicht i.O.

Nein

Ja

Betrieb AS

SM_state==Run

Stopp Turboverdichter

Stopp Luftmassenstromregelung

SM_state==Idle OR Discharge OR Shutdown

SM_state==Off

Zustandsänderung in den Off-Zustand auf Grund eines

Fehlers im BZ-System oder im Fahrzeug

Abbildung 2.9: Zustandsautomat des Teilsystems Luftversorgung

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24 2.2 Struktur der Steuerung und Regelung des Brennstoffzellensystems

siehe Abbildung 2.8. Es wird ein Fehlereintrag in den Fehlerspeicher geschrieben, um eine

spatere Auswertung und Fehlerverfolgung zu ermoglichen, siehe Kapitel 2.2.4.

Alle Teilsysteme des Brennstoffzellensystems mussen ihre Einsatzfahigkeit der Haupt-

steuerung melden. Wenn dies erfolgreich geschehen ist, wechselt der StateManager in den

Zustand Betrieb und meldet dies mit SM state==Run den Teilsystemen. Damit befinden sich

alle Teilsysteme im Betrieb und konnen ihre Regelungs- und Steuerungsaufgaben erfullen.

Den Zustand Betrieb mussen die Teilsysteme verlassen, wenn der StateManager der

Hauptsteuerung das Runterfahren des Brennstoffzellensystems einleitet. Anhand der Meldung

SM state==Idle OR Discharge OR Shutdown wird die Abfahrprozedur der Teilsysteme

begonnen. Im Falle der Luftversorgung, siehe Abbildung 2.9, wird der Turboverdichter

angehalten und somit die Luftmassenstromregelung beendet. Die Hauptsteuerung uberwacht

die Abfahrprozedur der Teilsysteme und in deren Anschluss wird das gesamte Brennstoffzellen-

system in den OFF Modus gesetzt. Die direkte Zustandsanderung in den OFF Modus kann

jeder Zeit auch aufgrund eines Fehlers im Brennstoffzellensystem oder im Fahrzeug aus den

ubrigen Zustanden durchgefuhrt werden.

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Grundlagen der Steuerung eines Brennstoffzellensystems 25

2.2.3 Regelung der Teilsysteme des Brennstoffzellensystems

Die Aufgabe einer Regelung eines dynamischen Systems, der Regelstrecke, besteht in der

Einhaltung messbarer Großen, der Regelgroßen, auf einen konstanten oder zeitlich veranderbaren

Sollwert durch die außere Beeinflussung von weiteren Großen, den Stellgroßen. Des Weiteren

soll die Auswirkung von Storgroßen auf die Regelgroßen ausgeregelt werden [43]. Die einzelnen

Regel- und Stellgroßen und die dazugehorige Regelstrecke des Brennstoffzellensystems sind in

der Tabelle 2.5 vorgestellt.

Tabelle 2.5: Aufstellung der Regel- und Stellgrößen eines Brennstoffzellensystems

Regelstrecke Regelgröße Stellgröße

Wasserstoff-versorgung

·H2-Konzentration ·Öffnungszeit und -intervall desPurgeventils

Luftversorgung · Luftmassenstrom durch die BZ ·Öffnung der Wasteklappe

· Luftmassenstrom des Verdichters ·Drehzahl des Luftverdichters

Kühlsystem ·Kühlmitteleintrittstemperatur derBrennstoffzelle

· Stellung des Thermostatventils

·Kühlmitteltemperaturdifferenzüber die Brennstoffzelle

· Drehzahl der Kühlmittelpumpe

Drucksystem ·H2-Druck am Anodeneintritt ·Öffnung des H2 Regelventils

· Luftdruck am Kathodeneintritt ·Öffnung der Drosselklappe

Hochvoltsystem · Leistung der Brennstoffzelle · Soll-Spannung des DC/DC-Unrichter

In dieser Arbeit wird die Regelung eines Brennstoffzellensystems in die funf Teilsysteme

Wasserstoffversorgung, Luftversorgung, Drucksystem, Kuhlsystem und Hochvoltsystem

aufgeteilt. Das sechste Teilsystem, das Tanksystem der Regelung/Steuerung Plattform

aus Abbildung 2.6 beinhaltet reine Steuerungsaufgaben und ist somit fur die Betrachtung

der Regelung eines Brennstoffzellensystems irrelevant. Die Einfuhrung eines Drucksystems

ist der Komplexitat der regelungstechnischen Anforderungen an die Gasdrucke geschuldet.

Aufgrund der Einhaltung einer vorgegebenen Druckdifferenz uber der Membran ist immer

ein Sollwert eines Gases direkt an den Istwert des anderen Gasen gekoppelt. Somit muss

diese Wechselwirkung berucksichtigt werden und mundet in einer mehrdimensionellen

Regelungsaufgabe.

Die Struktur und der Entwurf der Regelung der Teilsysteme Wasserstoffversorgung,

Luftversorgung und Kuhlsystem und die zu losenden Herausforderung bei der Implementierung

dieser Regelungen auf die Zielhardware sind Bestandteil der Kapitel 4, 5 und 6. Daher werden

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26 2.2 Struktur der Steuerung und Regelung des Brennstoffzellensystems

in den zwei folgenden Abschnitten die Teilsysteme Hochvoltsystem und Drucksystem nur kurz

erlautert und hinsichtlich der anderen Teilsysteme wird auf die Kapitel 4, 5 und 6 verwiesen.

Hochvoltsystem

Innerhalb des Hochvoltsystems wird die Spannung des fur das Brennstoffzellensystem

verantwortlichen DC/DC-Umrichters eingestellt, um die angeforderte Leistung dem Antriebs-

strang bereitstellen zu konnen. Zusatzlich werden hierzu die Sollwerte der Regelung der

Teilsysteme uber Kennlinien direkt von der Leistungsanforderung der Fahrzeugsteuerung an das

Brennstoffzellensystem erzeugt und den Teilsystemen zugefuhrt.

Mit der Regelung der Spannung wird gleichzeitig eine Leistungsfreigabe des Brenn-

stoffzellensystems berechnet und der Fahrzeugsteuerung zur Verfugung gestellt. Diese

Leistungsfreigabe gibt in Abhangigkeit der zu diesem Zeitpunkt bereitgestellten Gase die

maximal zu entnehmende Leistung an. Bei einem dynamischen Lastwechsel fuhrt der

sprunghafte Anstieg der angeforderten Leistung ebenfalls zu einem sprunghaften Anstieg der

Sollwerte der Regelung der Teilsysteme und somit werden die Gase schnellstmoglich in ihren

neuen angeforderten Zustand bezuglich Massenstrom und Druck eingestellt. Dementsprechend

folgt die Leistungsfreigabe mit der Dynamik des tragsten Systems und stellt damit immer die

Versorgung der Anode und Kathode mit den erforderlichen Gasen auch wahrend des Ubergangs

in einen neuen Betriebspunkt sicher.

Fur die Ermittlung der Sollwerte fur die Regelung der Teilsysteme wird uber eine ver-

messene P/I-Kennlinie des Brennstoffzellensystems direkt aus der angeforderten Leistung ein

Sollstrom fur das Brennstoffzellensystem errechnet. Mit Hilfe des Sollstroms lasst sich z.B.

der Sollwert fur die Regelung des Luftmassenstroms berechnen, siehe Kapitel 6.2.1, oder eine

stromabhangige Kennlinie fuhrt zu den Sollwerten fur die Regelung der ubrigen Regelgroßen

aus Tabelle 2.5.

Drucksystem

Innerhalb der Regelstrecke Drucksystem werden die Eintrittsdrucke der Anode und Kathode

eingestellt. Des Weiteren gilt die Anforderung des Einhaltens einer konstanten Druckdifferenz

uber die Membran. Dies fuhrt zu einer Koppelung von Regelgroßen und Sollwerten der beiden

Gasdrucke [59]. Die Abbildung 2.10 gibt einen Uberblick uber die Struktur der Regelung des-

Drucksystems mit einer integrierten Sollwertvorgabe. Die verwendeten Großen in der Abbildung

2.10 sind der Tabelle 2.6 zu entnehmen.

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Grundlagen der Steuerung eines Brennstoffzellensystems 27

Der vom Hochvoltsystem stammende leistungsabhangige Sollwert Anodeneintrittsdruck

pH2,BZin,Set wird dem PID-Eingroßenregler fur die Anode als Sollwert ubergeben. Fur den

Kathodeneintrittsdruck wird der Sollwert aus der Differenz von pH2,BZin,Set und ∆pLuft,H2,Set

ermittelt.

-Regelstrecke

PID-

Regler

inBZLuftp ,

-

inBZHp ,2+

IstBZm ,&

SetBZH inp ,,2

SetHLuftp ,, 2∆

+

uPurgeventil

RegelstreckePID-

Regler

K1(s)

K2(s)

-

uDruckregelventil

uDrosselklappe

Abbildung 2.10: Struktur der Regelung des Drucksystems

Tabelle 2.6: Größen in Abbildung 2.10

Größe Bezeichnung Einheit Größe Bezeichnung Einheit

pH2,BZinAnodeneintrittsdruck bar pH2,BZin,Set

Sollwert Anodenein-trittsdruck bar

pLuft,BZinKathodeneintrittsdruck bar ∆pLuft,H2,Set

Sollwert Druckdiffe-renz bar

mBZistKathodenluftmassen-strom

g/s uPurgeventil Stellsignal Purgeventil %

uDruckregelventil Stellsignal Druckregel-ventil

%

Der Regler des Anodeneintrittsdrucks pH2,BZinbedient sich einer proportionalen

Storgroßenaufschaltung K1(s) auf sein Stellsignal des Druckregelventils. K1(s) ist di-

rekt proportional zu dem Stellsignal des Purgeventils und gleicht den Einfluss des Offnens

des Purgeventils (sprunghafter Anstieg des Wasserstoffverbrauchs) auf pH2,BZindurch einen

sprunghaften Anstieg des Stellsignals des Druckregelventils aus.

Fur die Regelung des Kathodeneintrittsdrucks wird ebenfalls eine Storgroßenaufschaltung K2(s)

auf das Stellsignal der Drosselklappe des Reglers geschaltet. K2(s) ist direkt proportional zu

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28 2.2 Struktur der Steuerung und Regelung des Brennstoffzellensystems

dem Kathoden-Luftmassenstrom. Dies fuhrt zu der Kompensation des Einfluss eines schnellen

Anstieges des Luftmassenstroms auf den Druckaufbau in der Luftversorgung.

2.2.4 Fehlerbehandlung

Die Fehlerbehandlung gibt der Steuerung die Moglichkeit, ein System zu diagnostizieren, um

den Fahrer uber den Zustand des System zu informieren oder ein bestimmtes Betriebsverhalten

zur spateren Auswertung aufzuzeichnen. Des Weiteren kann die Fehlerbehandlung aktiv in die

Steuerung eingreifen und mittels einer Fehlerreaktion Komponenten vor lebendauerschadlichen

Betriebsweisen oder vor Zerstorung zu bewahren. Der wichtigste Aspekt ist der Schutz von

Leib und Leben von Personen. Dies soll durch fruhzeitige Erkennung moglicher Gefahren und

durch einer der Gefahr entsprechender Fehlerreaktion durch die Fehlerbehandlung gewahrleistet

werden.

Die Einsatzfahigkeit der Systemkomponenten wird in Abhangigkeit der eingesetzten

Kommunikationsschnittstelle uberpruft. Wird uber CAN-Bus kommuniziert, konnen die in der

CAN-Bus Kommunikation eingesetzten Sicherheitsmechanismen, wie Checksummenberechnung,

Timeout-Uberwachung oder Messagecounter, verwendet werden [9]. Aktuatoren, die analog

oder digital angesteuert werden, senden teilweise ein digitales oder analoges Statussignal

zuruck, welches zur Fehleruberwachung genutzt werden kann. Aktuatoren, die nicht uber eine

Status- oder Stellsignalruckmeldung verfugen, konnen nur indirekt uber das zu erwartende

Systemverhalten als Reaktion auf das Stellsignal uberpruft werden.

Sicherheitsrelevante Komponenten wie die Wasserstoffsensoren kommunizieren ausschließlich

uber den CAN-Bus mit der Steuerung und mussen die erwahnten Sicherheitsmechanismen

nutzten.

Die analoge Sensorik wird uber ihren physikalischen Messwert in Volt uberpruft. Die

eingesetzte Sensorik fur Druck, Temperatur und Massenstrommessung erzeugt ein Messsignal

mit einem Spannungsniveau von 0,5 bis 4,5 V. Die analogen Messeingange des verwendeten

Steuergerates konnen Spannungen von 0 bis 5 V auswerten. Werden die Grenzwerte 0 und 5 V,

die nicht von der Sensorik erzeugt werden konnen, von der Steuerung gemessen weist dies auf

einen Fehler hin. Wenn die Fehlerbehandlung die Spannungsversorgung der Sensorik, passive

Versorgung uber den Messeingang oder aktive uber einen eigenen Spannungsversorgung, mit

berucksichtigt kann ein Ruckschluss auf die Art des Fehlers gezogen werden.

Wird eine Spannung von 0 V gemessen, bedeutet dies einen Kurzschluss in der Verka-

belung eines Sensors mit passiver Spannungsversorgung oder direkt in diesem Sensor.

Gemessene 5 V weisen bei einer Sensorik mit passiver Spannungsversorgung auf ein durch-

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Grundlagen der Steuerung eines Brennstoffzellensystems 29

trenntes Kabel, ein nicht angeschlossener Sensor oder einen Defekt des Sensors hin. Bei der

Sensorik mit aktiver eigener Spannungsversorgung fuhren die gemessenen Grenzwerte von 0

und 5V genau zu den entgegengesetzten Schlussfolgerungen.

Jedes Uber- oder Unterschreiten eines Grenzwertes, der Ausfall einer Systemkompo-

nente oder der Sensorik fuhrt eine Fehlerreaktion nach sich und wird in dem Fehlerspeicher der

Zielhardware fur eine spatere Fehlerauswertung gespeichert. Diese Fehlerreaktion ist direkt mit

der Hauptablaufsteuerung des Brennstoffzellensystems verknupft und ist somit in der Lage, in

Abhangigkeit der Fehlerreaktion das System sofort in einen sicheren Zustand zu bewegen.

Die Art der Fehlerreaktion entscheidet, welche Auswirkung sie auf das Brennstoffzel-

lensystem hat. Diese Auswirkungen erstrecken sich von einer Information oder Warnung fur

den Fahrer uber eine Leistungsreduktion bis hin zu einem Emergency Shutdown (ESD). In der

Tabelle 2.7 sind die vier moglichen Fehlerreaktionen der Steuerung eines Brennstoffzellensystems

mit ihrer Bezeichnung und Auswirkung auf das System aufgefuhrt.

Ein ESD ist die letzte Moglichkeit, eine Gefahrdung fur das Leib und Leben von Personen

zu verhindern. Hier steht die Minimierung des Gefahrenpotentials durch Wasserstoffaustritt

oder eine eventuelle Brandgefahr im Vordergrund, wahrend der Schutz einzelner Komponenten

vor Zerstorung an zweiter Stelle steht. Daher werden die Schutze zuerst geoffnet, die

Abfahrprozedur missachtet und alle Systeme gleichzeitig ausgeschaltet.

Falls nicht sicherheitskritische Grenzen verletzt werden, sondern nur einige System-

komponenten geschutzt werden sollen, wird ein Shutdown, die normale Abfahrprozedur,

durchgefuhrt.

Tabelle 2.7: Fehlerreaktionen und ihre Auswirkungen auf das Brennstoffzellensystem

Fehlerreaktion Bezeichnung(engl.)

Auswirkungen auf das BZ-System

Warnmeldung Warning Meldung an den Fahrer; z.B. Werkstatt-Service

Leistungsreaktion P-Reduction Freigegebene Leistung des BZ-Systems wird in Ab-hängigkeit von Systemgrößen wie z.B. der Tempe-ratur reduziert

Runterfahren Shutdown BZ-System wird mit der Abfahrprozedur heruntergefahren

Notaus ESD Schütze des Hochvoltsystems werden geöffnet undalle Teilsysteme werden sofort in den OFF Modusversetzt

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30 2.2 Struktur der Steuerung und Regelung des Brennstoffzellensystems

Bevor das System aufgrund einer Grenzwertverletzung herunter gefahren werden soll,

erfolgt in den meisten Fallen eine Leistungsreduktion, die den Anstieg auf zu hohe

Temperaturen der Medien oder zu hohe Strome bzw. Spannungen verhindern soll.

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Umsetzung der Steuerungssoftware auf der Zielhardware 31

3 Umsetzung der Steuerungssoftware auf der Zielhard-ware

Die in Kapitel 2 beschriebene Steuerung des Brennstoffzellensystems ist mit einer auf

Matlab/Simulink R© basierenden Toolkette entwickelt worden. Dieser Entwicklungsprozess

beginnend mit der graphischen Modellierung der Steuerung bis hin zu der Umsetzung dieser

Steuerung auf einem fur automobile Fahrzeuganwendungen tauglichen Steuergerat durchlauft

mehrere Schritte. Die Erlauterung dieses Prozesses wird der Inhalt dieses Kapitels sein.

Zunachst wird der angewendete Entwicklungsprozess des Rapid Control Prototyping fur

graphisch modellierte Steuerungssoftware ganzheitlich beschrieben. Im weiteren Verlauf des

Kapitels werden die einzelnen Schritte, die diesen Prozess kennzeichnen, genauer unter die

Lupe genommen und anhand der Entwicklung der Steuerung des Brennstoffzellensystems

fur ein BZ-Prototypenfahrzeug verdeutlicht. Des Weiteren wird die erforderliche Toolket-

te erklart und samtliche aufgetretene Herausforderungen werden samt ihrer Losungen aufgezeigt.

Des Weiteren ist zu erwahnen, dass die entwickelte und hier beschriebene Steuerung

des Brennstoffzellensystems auf dem Volkswagen Brennstoffzellen-Steuergerat VW-FCC11

umgesetzt wird und in den zukunftigen Brennstoffzellenfahrzeugen zum Einsatz kommt.

3.1 Entwicklungsprozess des Rapid Control Prototyping

In den Entwicklungsprozessen heutiger Systeme im automobilen Sektor, wie z.B. Mo-

torsteuerung, ABS, ESP, automatische Klimatisierung und ahnliches, ziehen zunehmend

mechatronische Systeme ein. Mit dem Zusammenspiel von mechanischen und elektronischen

Komponenten bekommt die Steuerungs-, Regelungs- und Automatisierungstechnik eine

immer hohere Bedeutung [1]. Dies fuhrt zu der Entwicklung von neuen Entwurfsmethoden

im Bereich der Steuerungs- und Regelungstechnik, die der Komplexitat und zunehmenden

Funktionsvielfalt Rechnung tragen. Ein bewahrter Entwicklungsprozess der Steuerungs- und

Regelungstechnik ist das”Rapid Control Prototyping“ (RCP) [1, 9]. Das Rapid Control

Prototyping ist ein integrierter, rechnergestutzter Entwicklungsprozess fur mechatronische

Systeme. Dieser Entwicklungsprozess basiert auf einem klassischen Entwicklungsprozess fur

Automatisierungslosungen, welcher nach dem so genannten V-Modell beschrieben wird [29].

Im linken Zweig des V-Modells in Abbildung 3.1 wird auf einem hohen Abstraktions-

niveau z.B. mit der Beschreibung der Aufgabenstellung oder eines Lastenheftes begonnen.

Mit zunehmender Annaherung zur unteren Spitze nimmt der Detaillierungsgrad bis hin

zum Programmcode der Regelungs- und Steuerungsalgorithmen auf der Zielhardware zu.

11Der VW-FuelCellController ist ein von Volkswagen in Zusammenarbeit mit der IAV GmbH eigenent-wickeltes, automotivtaugliches Brennstoffzellensteuergerät

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32 3.1 Entwicklungsprozess des Rapid Control Prototyping

Systemdesign

Analyse

Modellierung

Simulation

Reglerentwicklung

Reglererprobung

Codierung

Implementierung

Iterations-

zyklen

Regler-Spezifikation Regler

Test des

Gesamtsystems

Test von

Teilsystemen (z.B.

Kühlsystem)

Komponententests

(Diffusionsmodell)

Abbildung 3.1: Entwicklungsprozess nach der Methodik des V-Modells nach [1]

Aufsteigend auf dem rechten Zweig des V-Modells nimmt der Detaillierungsgrad wieder

ab, auf diesem Pfad befinden sich zunachst Tests der einzelnen Komponenten, gefolgt von

Teilsystemen bis hin zum Gesamtsystem und der abschließenden Erfullung des Lastenhefts. Die

Abarbeitung der beschriebenen Schritte der beiden Zweige erlauben das Uberspringen oder

Auslassen von einzelnen Schritten und jederzeit konnen sich Iterationsschleifen ergeben.

Nachteilig fur den Entwicklungsprozess nach dem klassischen V-Modell ist das Iterieren

nur in vertikaler Richtung. Zum Beispiel konnen erst Fehler bei den Test der Teilsysteme

erkannt werden, wenn alle voran gegangenen Entwicklungsschritte durchgefuhrt worden sind.

Weiterhin stehen zurzeit fur alle in Abbildung 3.1 beschriebenen Schritte Softwarewerkzeuge

zur Verfugung, aber die Kompatibilitat der einzelnen Werkzeuge untereinander ist in den

meisten Fallen nicht gegeben. Aus diesen Nachteilen heraus wurde der Prozess des Rapid

Control Prototyping entwickelt. Er vereint die Vorteile des gut strukturierten Vorgehens des

V-Modells und bietet Moglichkeiten zur Losung der erwahnten Nachteile.

Eine unabdingbare Voraussetzung fur das RCP ist eine durchgangige Toolkette, die

ein reibungsloses Abarbeiten der einzelnen Schritte ermoglicht und daruber hinaus auch

Iterationsschleifen in horizontaler Richtung erlaubt. Beispielsweise kann ein entworfener Regler

fur ein Teilsystem auch ohne die dafur vorgesehene Zielhardware innerhalb einer Software in the

Loop Simulation (SiL) getestet werden. Somit werden dem Entwickler mehrere zeitaufwendige

Schritte erspart und dadurch konnen fruhzeitig Fehler erkannt und behoben werden.

Rapid Control Prototyping unterstutzt somit einen schnellen und zuverlassigen Entwurf der

Automatisierungsfunktionen fur eine Steuerung z.B. eines Brennstoffzellensystems. Am Beispiel

des betrachteten Brennstoffzellensystems werden die einzelnen Entwicklungsschritte anhand

der Abbildung 3.2 aufgezeigt und sehen wie folgt aus:

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Umsetzung der Steuerungssoftware auf der Zielhardware 33

Sy

ste

ma

bd

eck

un

g

Grafische

Modellierung und

Reglerentwurf

MiL-Simulation

Kompo-

nenten

Sub-

system

Gesamt-

system

Simulation

PC

HiL-

Simulation

HiL-Simulator

Simulation

reale HW

Applikation

am Fahrzeug

nur reale

HW

Fahrzeug

Laborsystem

mit E-Fahrzeug-

simulation

Laborsystem

Simulation

reale HW

VW-

FCC

VW-

FCC

VW-

FCC

Abbildung 3.2: Entwicklungsprozess des Rapid Control Prototyping anhand derBrennstoffzellensystem-Steuerung nach [34]

1. Grafische Modellierung und Simulation der Aufgabenstellung mit anschließendem Regler-

entwurf und Model in the Loop Simulationen (MiL-Simulation)

2. Test der entworfenen Regler auf der Zielhardware mittels einer Hardware in the Loop

Simulation (HiL-Simulation) der einzelnen Teilsysteme und des gesamten Brennstoffzel-

lensystems

3. Erprobung der Steuerung auf der Zielhardware am Laborsystem mit einer integrierten

E-Fahrzeugsimulation

4. Applikation der Steuerung auf der Zielhardware im Prototypenfahrzeug

Im unteren Bereich der Abbildung 3.2 ist fur jeden Entwicklungsschritt die geleistete

Systemabdeckung des Brennstoffzellensystems in Simulation durch Software oder Einsatz von

realer Hardware aufgeteilt.

Die umfangreiche und komplexe Aufgabe der grafischen Modellierung und Simulation

des Brennstoffzellensystems samt der Verifikation und Validierung wird mit dem ebenfalls

arbeitsaufwendigen Entwurf der Regelung und Steuerung, inklusive der erforderlichen Tests, zu

einem Schritt zusammengefasst. Diese Zusammenfuhrung wurde, durch das bereits vorhan-

dene funktionsfahige, validierte Simulationsmodell des HyMotion3-Brennstoffzellensystems

ermoglicht. Die hohe Ahnlichkeit im Bereich der Verschaltung und des Aufbaus des

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34 3.1 Entwicklungsprozess des Rapid Control Prototyping

HyMotion3-Systems mit dem hier untersuchten Brennstoffzellensystem fuhrte zu einem

Aufbau eines Simulationsmodells basierend auf das HyMotion3-Simulationsmodell mit vielen

Uberschneidungen. Dieser Modellaufbau mit anschließender Verifizierung und Validierung wurde

im Vorfeld dieser Arbeit bereits durchgefuhrt. Der erste Schritt des Rapid Control Prototyping

Prozesses im Rahmen dieser Arbeit besteht daher hauptsachlich aus dem Reglerentwurf und

bedient sich weitestgehend validierter Modelle.

Im nachsten Schritt des Entwicklungsprozesses wird die erste Stufe auf dem Weg zu

einer kompletten Systemabdeckung mit realer Systemhardware bestiegen. Das VW-FCC

kommt mit der im ersten Schritt entworfenen Steuerung des Brennstoffzellensystems

innerhalb der HiL-Simulationen zum Einsatz. Die entworfenen Ablaufsteuerungen und Regler

werden zu einem Modell zusammengefasst und als Assembler-Code auf die Zielhardware

das VW-FCC aufgespielt, siehe nachfolgendes Kapitel 3.2. Das VW-FCC wird uber einen

Kabelbaum mit einem HiL-Simulator verbunden. Dieser HiL-Simulator ist ein echtzeitfahiger

Hochleistungsrechner, der das Brennstoffzellensystem in seinen zu regelnden Prozessen

in Echtzeit beschreibt. Die HiL-Simulation dient der Uberprufung der Steuerung auf

vollstandige Funktionsfahigkeit, Robustheit und Sicherheit [1]. Vorteile der HiL-Simulation

sind automatisierbare und kostengunstige Funktionstests und die einfache Variation der

Regelstrecken in ihrem Verhalten.

Nach einem erfolgreichen Abschluss der Funktionstests mittels HiL-Simulationen wird

der HiL-Simulator gegen ein reales System, in diesem Falle das betrachtete Laborsystem,

ausgetauscht. Dieser Schritt dient der Uberprufung der Ergebnisse der HiL-Simulation, um

abschließende Validierungszyklen einzuleiten oder die Validierung zu beenden. Des Weiteren

kann die HiL-Simulation auch nur begrenzt die Realitat abbilden und abschließende Tests mit

dem realen Gesamtsystem durfen nicht ausgelassen werden, sondern sind ein sehr wichtiger

Bestandteil des Entwicklungsprozesses RCP. Fur einige Steuerungs- und Regelungsalgo-

rithmen wird keine HiL-Simulation benotigt, wahrend andere aufgrund nicht existierender

Simulationsmodelle, wie z.B. bei der Modellierung des Pumpens eines Turboverdichters

siehe Kapitel 6, nicht durch einen HiL-Simulator dargestellt werden konnen. In diesen Fallen

kann die HiL-Simulation ausgelassen werden und die entworfenen Algorithmen werden

sofort am Laborsystem getestet. Innerhalb dieses Schrittes wird eine hohe Systemabdeckung

durch reale Hardware erreicht. Die einzige simulative Komponente ist der Prufstand, der

mit dem Laborsystem verbunden ist. Dieser Prufstand simuliert die Leistungsanforderung,

die CAN-Kommunikation und das Lastprofil realer oder synthetischer Fahrzyklen eines

brennstoffzellenbetriebenen E-Fahrzeuges.

Ein Entwicklungszyklus innerhalb des RCP-Prozesses wird durch die Applikation der

Zielhardware in einem Prototypenfahrzeug abgeschlossen. Innerhalb dieser Arbeit kann aufgrund

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Umsetzung der Steuerungssoftware auf der Zielhardware 35

der Tatsache, dass kein Prototypenfahrzeug mit dem untersuchten Brennstoffzellensystem

verfugbar war, dieser Schritt nicht behandelt werden. Zurzeit des Abschlusses dieser

Arbeit befand sich das Brenstoffzellenfahrzeug der nachsten Generation im Aufbau. Die

Erprobung der entwickelten Steuerung und des entwickelten VW-FCC innerhalb einer realen

Fahrzeugumgebung stellt nichtsdestotrotz eine vollstandige Systemabdeckung durch reale

Hardware dar und rundet die Test- und Erprobungsphase einer mittels des RCP entwickelten

Steuerung ab.

3.1.1 Grafische Modellierung und Reglerentwurf

Die Grundvoraussetzung fur den Einsatz des Entwicklungsprozesses RCP besteht in der

Bereitstellung einer durchgangigen Toolkette, die aus der grafischen Modellierung heraus

den Reglerentwurf, die Validierung und die automatische Programmcode-Generierung fur die

Zielhardware ermoglicht. Der Entwurf der Steuerung des Brennstoffzellensystems wird mit

einer eigens fur diese Anwendung entwickelte Toolkette basierend auf Matlab/Simulink R©

durchgefuhrt. Diese Toolkette beinhaltet eine Modellbibliothek BZ Tools Blockset fur die

Software/Hardwareschnittstellen zwischen dem Simulationsmodell des Brennstoffzellensystems

und den Anschlussen der Zielhardware VW-FCC. Die in dieser Modellbibliothek enthaltenen

Modelle dienen dem Simulationsmodell der Steuerung als Ein- bzw. Ausgangsgroßen und

enthalten fur eine spatere Kompilierung in den Programmcode die dafur notigen Informationen.

Die Abbildung 3.3 gibt einen Uberblick uber den Aufbau und das Aussehen der erwahnten

Bibliothek BZ Tools Blockset. Sie beinhaltet Blocke fur die CAN-Kommunikation, fur die

Diagnosefunktionen der Fehlerbehandlung, der I/O-Schnittstellen und weitere nutzlicher Blocke

Abbildung 3.3: Struktur der Modellbibliothek der Matlab/Simulink R© Toolkette

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36 3.1 Entwicklungsprozess des Rapid Control Prototyping

unter Utilities, siehe Kapitel 3.2.

Das Simulationsmodell des betrachteten Brennstoffzellensystems nutzt die Simulink R©-

Bibliothek und die speziell fur Brennstoffzellen entwickelte FEV-Bibliothek der Firma FEV

GmbH12 [18]. Dieses Modell ist mittels einer dSpace-Bibliothek mit Schnittstellen fur den

Einsatz auf dem HiL-Simulator ausgestattet und kann gleichzeitig auch mit dem Modell

der Steuerung zu einem einzigen Modell zusammengefasst werden, um fur erste Tests der

entworfenen Regelungs- und Steuerungsalgorithmen MiL-Simulationen durchfuhren zu konnen.

Die Ablaufsteuerung der Hauptsteuerung und der Steuerung der Teilsysteme wird in-

nerhalb Simulink R© mit Stateflow R© aufgebaut, diese Toolbox ermoglicht die grafische

Modellierung eines Zustandsautomaten mit einer einfachen Bedieneroberflache. Die Zustande

und Zustandsubergange, auch Transitionen genannt, sind in der Abbildung 3.4 dargestellt. Die

Zustande sind als Quadrate mit abgerundeten Ecken ausgefuhrt und durch Pfeile (Transitionen)

miteinander verbunden. Die Transitionen sind mit einer Bedingung verknupft, die, wenn

sie erfullt, sind zu einer Zustandsanderung fuhren. Der Aufbau der Ablaufsteuerung ist

im Kapitel 2.2.1 beschrieben und die Abbildung 3.4 dient allein der Anschaulichkeit des

Modellierungswerkzeuges Stateflow R©.

Abbildung 3.4: Beispiel einer Modellierung mit Stateflow R©

Fur die Regelung der einzelnen Teilsysteme soll hauptsachlich ein PID-Regler verwendet

werden, der auch als PI-Regler ausgelegt werden darf. Die Verwendung von Eingroßenreglern

fur den Einsatz in einem Steuergerat bietet den Vorteil einer einfachen Implementierung auf

der Zielhardware VW-FCC. Aufgrund ihrer einfachen Struktur fuhrt dies weiterhin zu einem

uberschaubaren Rechenaufwand. Durch die geringe Anzahl von einstellbaren Parametern

lasst sich der Regler nach seinem Entwurf und Vorparametrierung leicht am realen System

applizieren [59]. Die Abbildung 3.5 zeigt den Simulink R©-Block, der den PID-Regler beinhaltet,

sowie alle Ein- und Ausgangsgroßen.

12Forschungsgesellschaft für Energietechnik und Verbrennungsmotoren GmbH in Aachen homepa-ge:http://www.fev.com/content/public/

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Umsetzung der Steuerungssoftware auf der Zielhardware 37

Abbildung 3.5: Block des PID-Reglers inklusive seiner Eingabemaske

Die Regelgroße wird mit der Control Variable verbunden und der Sollwert mit dem

Setpoint-Eingang. Der PID-Regler kann uber den Enable aktiviert werden, weiterhin besteht

die Moglichkeit, den Integral-Anteil mit Reset zuruckzusetzten. Uber den Upper - und

Lower -Eingang werden die Grenzen fur eine Stellgroßenbeschrankung angegeben. Des Weiteren

wird durch den Hold-Eingang die Stellgroße des Reglers festgehalten. Im untersten Eingang

kann eine Vorsteuerung PC (Precontrol) oder eine Storgroßenkompensation auf das Stellsignal

angeschlossen werden. Der einzige Ausgang Out steht fur die Stellgroße des PID-Reglers. Die

Eingange Enable, Reset und Hold mussen mit dem Datentyp boolean eingesetzt werden. Die

restlichen Eingange und der Stellgroßenausgang arbeiten mit Gleitkommazahlen.

Neben dem Simulink R©-Block des PID-Reglers ist die Eingabemaske des Blockes dar-

gestellt. Uber dieses GUI13 werden die Reglerparameter, der Anti-Windup-Faktor Windup

factor, der Startwert Initial Value, der Ruhewert Off Value und ein Faktor Precontrol fur die

Vorsteuerung eingegeben.

Die Struktur und die Definition der Reglerparameter des Reglers ist nach Unbehauen

[62] aufgebaut. Demnach muss fur den Proportinal-Anteil ein Verstarkungsfaktor KR,

die Nachstellzeit des Integrators TI , die Vorhaltezeit des Differential-Anteils TD und die

13Graphical User Interface

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38 3.1 Entwicklungsprozess des Rapid Control Prototyping

Verzogerung T angegeben werden. Bei den Entwurfen der Regler in Kapitel 5 und Kapitel 6

mussen die theoretisch ermittelten Reglerparameter gegebenenfalls fur den Einsatz auf der

Zielhardware VW-FCC in die entsprechenden Reglerparameter nach Unbehauen umgerechnet

werden.

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Umsetzung der Steuerungssoftware auf der Zielhardware 39

3.1.2 Test der Steuerungssoftware mittels einer Hardware in the Loop Simulation

Eine entwickelte Steuerungssoftware wird auf eine Zielhardware, z.B. ein Motorsteuergerat

oder das VW-FCC aufgespielt und mit einem Echtzeit-Simulationsrechners verbunden. Auf

diesem Echtzeit-Simulationsrechners sind die zu steuernden Prozess simulativ abgebildet.

Die ersten Tests und Untersuchungen der entwickelten Steuerungssoftware mit Hilfe ei-

nes Echtzeit-Simulationsrechners wird als Hardware in the Loop (HiL) Simulation verstanden [1].

Die HiL-Simulation hat die Aufgabe, die entwickelten Funktionen und Steuerungsalgo-

rithmen auf ihre Funktionalitat, Robustheit und Sicherheit zu uberprufen [1]. Diese Uberprufung

kann anhand von automatisierten Test kostengunstig, risikofrei, einfach und schnell durchgefuhrt

werden [1].

Diese Vorteile, insbesondere die Risikofreiheit, erlauben eine vollstandige Uberprufung

der in Kapitel 2.2.4 beschriebenen Fehlerbehandlung. Das Erkennen einer Grenzwertverletzung,

das Starten und die Ausfuhrung der Fehlerreaktion kann somit hinsichtlich der Funktion,

aber auch Korrektheit uberpruft werden. Mit der Korrektheit ist die Uberprufung auf eine

falsche Fehlererkennung, eine verfruhte Auslosung einer Fehlerreaktion oder die Auslosung

einer falschen Fehlerreaktion gemeint.

Das Verhalten der Regelung der Teilsysteme kann mit der HiL-Simulation auf das

Einwirken von Storgroßen auf die Regelgroßen untersucht werden und gegebenenfalls daraufhin

verbessert werden. Hierbei muss nicht auf eventuelle Instabilitaten im Systemverhalten geachtet

werden. zudem konnen die Extremwerte von Storgroßen, die am realen System zu einem

moglichen Schaden fuhren konnen, getestet werden.

Fur diese Arbeit ist die entwickelte Brennstoffzellensystem-Steuerung auf dem VW-

FCC verwendet worden. Das komplette Brennstoffzellensystem, welches in Kapitel 2.1.2

genauer beschrieben wird, ist als verifiziertes und validiertes Simulink R©-Modell auf einem

echtzeitlauffahigen dSpace HiL-Simulator verfugbar und wurde in Verbindung mit dem

VW-FCC fur die HiL-Simulation genutzt.

Das Simulink R©-Modell des Brennstoffzellensystems beinhaltet eine rudimentare

Langsdynamiksimulation eines BZ-Fahrzeuges, um die Leistungsanforderung an das

Brennstoffzellensystem realistisch abbilden zu konnen. Die Kommunikation zwischen der

zukunftigen Steuerung des BZ-Fahrzeugs mit der Steuerung des Brennstoffzellensystems wird

ebenfalls von dem HiL-Simulator ubernommen, sodass der Einsatz des Brennstoffzellensystems

und seiner Steuerung in einem spateren Prototypenfahrzeug hinreichend realistisch getestet

werden kann.

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40 3.1 Entwicklungsprozess des Rapid Control Prototyping

Abbildung 3.6 zeigt den verwendeten HiL-Simulator, das VW-FCC und die Verbindung uber ein

Fahrzeug-Kabelbaum. Innerhalb des Rapid Control Prototyping Entwicklungsprozesses wird

mit der HiL-Simulation erstmalig reale Hardware namlich das VW-FCC und der Kabelbaum

eingesetzt und mit in die Tests eingeschlossen.

Zielhardware VW-FCC

HiL-Simulator

Kabelbaum

Abbildung 3.6: Aufbau der HiL-Simulation mit dSpace HiL-Simulator, VW-FCCund Fahrzeug-Kabelbaum

Der HiL-Simulator simuliert nicht nur die Prozesse eines Brennstoffzellensystems, sondern

auch den CAN-Bus, die analogen Sensorsignale und die digitalen Signale. Des Weiteren

muss der HiL-Simulator die vom Steuergerat gesendeten Signale (PWM, Digital und Analog)

verarbeiten und fur die Simulation nach ihrer Bestimmung hin aufbereiten. Hiermit soll auch

die Funktionalitat der Zielhardware und ihrer Basissoftware getestet werden.

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Umsetzung der Steuerungssoftware auf der Zielhardware 41

3.1.3 Applikation der Steuerungssoftware am Laborsystem

Im beschriebenen Entwicklungsprozess des Rapid Control Prototyping folgt der HiL-Simulation

der Einsatz der Steuerung des Brennstoffzellensystems an der real zu steuernden Hardware.

Diese Hardware liegt zunachst in Form eines Laborsystems vor. In dieser Phase des

Entwicklungsprozesses wird nun der großte Teil an realer Hardware abgedeckt. Die Leistungs-

anforderung wird uber eine elektrische Last simuliert und bildet auch die Kommunikation mit

der Fahrzeugsteuerung nach.

Das betrachtete Laborsystem (siehe Abb. 3.7) ist in seinem verfahrenstechnischen

Aufbau eine genaue Umsetzung des beschriebenen Brennstoffzellensystems aus Kapitel 2.2.3.

Die durchgefuhrten Messungen an diesem Laborsystem liefern die erforderlichen Daten zur

Verifizierung und Validierung des HiL-Simulationsmodells.

Abbildung 3.7: Bild des verwendeten Laborsystems für den Rapid Control Prototy-ping Prozess

Die einzelnen Komponenten des Laborsystems sind zueinander mit hinreichend großen

Abstanden aufgebaut worden, um die Integration zusatzlicher Sensorik zu ermoglichen.

Die Funktion der Komponenten sollte durch Zusatzsensorik nicht beeintrachtigt und das

Systemverhalten im Vergleich zu einem kompakteren Fahrzeug-Aggregat nicht zu stark

beeinflusst werden, damit die Ubertragbarkeit gewonnener Erkenntnisse und der entwickelten

Steuerung auf ein Brennstoffzellen-Aggregat gewahrleistet bleibt.

Die mittels der HiL-Simulation getesteten Funktionen der Brennstoffzellensystem-Steuerung

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42 3.1 Entwicklungsprozess des Rapid Control Prototyping

auf dem VW-FCC werden am Laborsystem erstmalig in einem realen Brennstoffzellensystem

eingesetzt. Hier erfolgt die Feineinstellung der Regelparameter. Treten große Abweichungen

zwischen dem Systemverhalten der realen Regelstrecken im Laborsystem zu dem simulierten

Systemverhalten der HiL-Simulation auf, wird das HiL-Simulationsmodell entsprechend weiter

entwickelt und validiert.

Anhand der umfangreichen Tests am HiL-Simulator hinsichtlich der Funktionalitat,

Robustheit und Sicherheit der programmierten Funktionen sinkt das Risiko, dass Komponenten

durch eine falsche Betriebsweise beschadigt werden konnen. Die bis zu diesem Schritt schon

mittels MiL- und HiL-Simulationen getestete Steuerung stellt jetzt ein gutes Werkzeug dar,

um das Brennstoffzellensystem mit seinen Komponenten auf ihre Funktionalitat zu testen.

Dadurch kann in einer Versuchsplanung fur das Laborsystem mehr Zeit darauf verwendet wer-

den, dass die neue Generation der Brennstoffzelle getestet, bewertet und verbessert werden kann.

In Kombination mit der validierten Steuerung kann am Laborsystem der Fokus auf

die Uberprufung und Optimierung der Leistungsfahigkeit und Lebensdauer des Brennstoffzellen-

systems sowie auf die Entwicklung der neuen Generation von Brennstoffzellen gelegt werden.

Die Leistungsanforderungen an das Brennstoffzellensystem werden mittels einer

Langsdynamiksimulation fur verschiedene Fahrzyklen wie NEDC, FTP75 usw. bestimmt und

konnen dann uber die Applikationssoftware der elektrischen Last dem Laborsystem aufgepragt

werden. Hierfur wird die im zukunftigen Fahrzeug verwendete Kommunikationsstruktur

nachgebildet und ebenfalls getestet.

Neben der Moglichkeit, das Verhalten und den Wasserstoffverbrauch des Brennstoff-

zellensystems bei unterschiedlichen Fahrzyklen zu testen und zu optimieren, werden auch 0 auf

100 % Lastsprunge abgefahren, um die Dynamikanforderungen an das System und die Steuerung

zu untersuchen. Weiterhin werden in regelmaßigen Abstanden Strom-Spannungs-Kennlinien

aufgenommen, um die Einflusse vorgenommener Systemanderungen auf das Gesamtsystem

evaluieren zu konnen.

Durch den verteilten Aufbau des Laborsystems konnen Alternativen hinsichtlich Bau-

große und Funktionsweise einzelner Komponenten bewertet werden. Der Test einer neuen

Komponente fuhrt meistens zu einer Anderungen der Kommunikationsschnittstelle mit dem

Steuergerat, diese kann durch den Entwicklungsprozess des Rapid Control Prototyping schnell

eingepflegt und am HiL-Simulator getestet werden. Diese Anderung vollzieht sich innerhalb

von Stunden und benotigt in vielen Fallen dieselbe Zeit, wie der Umbau der Komponente in

Anspruch nehmen wurde.

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Umsetzung der Steuerungssoftware auf der Zielhardware 43

Einsatz der Steuerungssoftware am Fahrzeug

Die Integration des Brennstoffzellensystems und der Steuerung in eine reale Fahrzeugumgebung

ist die vierte Phase des Rapid Control Prototyping. Vorweg kann gesagt werden, dass in dieser

Arbeit diese Phase nicht betrachtet werden kann. Der jetzige Entwicklungsstand der neusten

BZ-Fahrzeug Generation ist noch nicht soweit fortgeschritten, dass aussagekraftige Ergebnisse

fur diese Arbeit bereitgestellt werden konnen.

Daher wird an dieser Stelle erlautert, was dieser Schritt im Entwicklungsprozess des

Rapid Control Prototyping beinhalten sollte. Im Fahrzeug-Einsatz besteht eine 100 %

Systemabdeckung mit Hardware-Komponenten. Die am Laborsystem getestete Kommunikation

zwischen der Steuerung des Brennstoffzellensystems und der Fahrzeugsteuerung wird

anschließend mittels Fahrten auf einem Rollenprufstand in Betrieb genommen. Wenn ein

festgelegter Testplan abgearbeitet worden ist, werden die ersten Testfahrten auf der Straße

absolviert.

Zu den Tests auf einem Rollenprufstand gehoren neben den grundlegenden Funktions-

tests, wie Kommunikationstests, Start und Stopp des gesamten Fahrzeuges, Notauskette und

normales Fahren auch die Volllastbeschleunigung und das Abfahren von Verbrauchszyklen.

Bei den Fahrten auf der Straße soll die Alltagstauglichkeit, die Lebensdauer und die

Standhaftigkeit des Brennstoffzellensystems inklusive seiner Steuerung unter Beweis gestellt

werden. Die Steuerung muss nun zuverlassig auf veranderte Randbedingungen, wie Variation

der Umgebungstemperatur, reagieren und das Brennstoffzellensystem innerhalb seiner

Betriebsparameter betreiben.

Das Auftreten von unerwarteten Fehlern, System- oder Steuerungsverhalten kann nun

wiederum mittels des Prozesses des Rapid Control Prototyping schnell analysiert werden und

Losungsmoglichkeit konnen risikofrei, schnell und kostengunstig entwickelt werden.

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44 3.2 Realisierung der Steuerungssoftware auf der Zielhardware

3.2 Realisierung der Steuerungssoftware auf der Zielhardware

Das in der ersten Phase des Entwicklungsprozesses entworfene Modell der Steuerung

eines Brennstoffzellensystems lauft bei einer MiL-Simulation auf dem selben Rechner wie

das zu steuerende Simulationsmodell des Brennstoffzellensystems. Wahrend der Simu-

lation auf einem PC muss sich der Funktionsentwickler zunachst keine Gedanken uber

Kommunikations-Schnittstellen mit anderen Komponenten, Sensoren und Steuergeraten und

der Echtzeitlauffahigkeit machen.

Die Tabelle 3.1 stellt die grundlegenden Unterschiede zwischen der Softwareanwen-

dung auf einem PC und einem Steuergerat nach [9] gegenuber. Aufgrund der Unterschiede in

der Bedienung der Software und der Anbindung dieser Software an externe Komponenten wird

ein Werkzeug benotigt, welches die Verbindung der Steuerungssoftware an die Aktuatoren und

die Sensorik ermoglicht, die Echtzeitfahigkeit gewahrleistet und eine Schnittstelle anbietet,

uber die der Anwender einen Zugriff auf die Zielhardware, das VW-FCC, bietet.

Tabelle 3.1: Grundlegende Unterschiede zwischen Softwareanwendungen auf einemPC und einem Steuergerät nach [9]

PC Steuergerät

Aufgabe wird in undefinierter Zeit been-det.

Aufgabe wird in definierter Zeit beendet (Echt-zeit).

Gerät mit wenigen externen Schnittstellen. Viele externe Schnittstellen, Reaktion auf äußereEreignisse.

Viele Aufgaben gleichzeitig ausgeführt. Aufgaben werden in Endlos-Schleife ständig wie-derholt.

Zugang über Bildschirm und Tastatur. Kein direkter Zugang, nur über Hilfsmittel.

Software-Fehler sind ärgerlich. Software-Fehler können tödlich sein.

Die entwickelte Steuerungssoftware wird auf den Mikrocontroller des VW-FCC aufgespielt

und ist elektrisch mit den Hardware-Bausteinen der Zielhardware verbunden. Die in Kapitel

3.1.1 vorgestellten Blocke zur Anbindung der Software an die I/O-Schnittstellen beinhalten

die Informationen, die eine nachfolgende Ubersetzung der Steuerungssoftware in einen

Maschinencode benotigt, um die dem Software-Block zugewiesene I/O-Schnittstelle mit dem

entsprechenden Pin des Steuergerates zu verknupfen.

Auf der Steuergerate-Software existiert eine Trennung verschiedener Applikationsdaten

von der eigentlichen Steuerungssoftware. Die Applikationsdaten setzen sich aus festen

Konstanten (Stoffwerte, Versionnummer), applizierbaren Parametern (Regelparameter,

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Umsetzung der Steuerungssoftware auf der Zielhardware 45

Sollwerte) und Messsignalen (Stellgroßen, Temperaturen, Drucke) zusammen. Uber eine

weitere angeschlossene Hardware wie z.B. Laptop und Diagnosetester und einer Applikations-

software konnen die Daten wahrend des Betriebes ausgelesen und variiert werden, ohne die

Steuerungssoftware antasten zu mussen.

Die Abbildung 3.8 stellt die allgemeine Struktur der modular aufgebauten Steuergerate-Software

dar. Die Applikationsdaten kommunizieren mit der Steuerungssoftware, die wiederum hat

Zugriff auf die Hardwareschnittstellen der Zielhardware.

Applikationsdaten

Konstanten Parameter Messsginale

Steuerungssoftware

Hardware

IO-Sensorik CAN-Kommunikation

Abbildung 3.8: Allgemeine Strukur einer Steuergeräte-Software

Die in dieser Arbeit verwendete Zielhardware inklusive der auf Matlab/Simulink R©

basierenden Toolkette ist von Volkswagen und einer Zulieferfirma entwickelt worden. Die

Abbildung 3.9 zeigt ein Bild der Zielhardware VW-FCC.

Abbildung 3.9: Bild der Zielhardware VW-FCC

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46 3.2 Realisierung der Steuerungssoftware auf der Zielhardware

3.2.1 Anforderungen an das Modell der Steuerung

Die Toolkette, die mit der Zielhardware zusammen entwickelt wurde, stellt Anforderungen an

das Simulink R©-Modell der Steuerungssoftware und benotigt weitere Toolboxen von The Ma-

thWorks. Die Toolboxen beinhalten Simulink R©, Stateflow R©und die dazugehorigen Compiler.

Auf der Zielhardware berechnet die Steuergerate-Software die gesamte Steuerungssoft-

ware in einem 10 ms-Task. Daher muss das Simulink R©-Modell zeitdiskret mit einer

Simulationszeit von 0, 01 s konfiguriert werden. Daraus ergibt sich die Tatsache, dass nur

Bibliotheksblocke verwendet werden durfen, die eine zeitdiskrete Berechnung zulassen.

Die verwendete Zielhardware beinhaltet kein Betriebssystem, welches eine exakte Ab-

arbeitung eines Tasks zu einer garantierten Zeiten z.B. 10 ms nicht gewahrleisten kann. Daher

kann ein komplexes und umfangreiches Modell zu Rechenzeiten der einzelnen Tasks von

uber 10 ms fuhren. Daher muss nach jeder Ubersetzung gepruft werden, ob die aktuelle und

maximale Rechenzeit der Steuergerate-Software den 10 ms-Task einhalt.

Die mogliche Uberschreitung des 10 ms-Tasks fuhrt dazu, dass bei der Modellierung

auf die Verwendung einfacher Rechenoperationen, wie addieren, subtrahieren, multiplizieren

und dividieren, geachtet werden muss. Komplexe Polynome sollten vermieden werden und kom-

plexe physikalische Zusammenhange vorwiegend durch Kennlinie oder -felder dargestellt werden.

Die Zielhardware besitzt neben dem Mikrocontroller mit einer begrenzten Rechenge-

schwindigkeit auch einen begrenzten Speicherplatz. Somit muss bei der Definition von

Kennlinien und -feldern ihre Große in Abhangigkeit einer hinreichend genauen Auflosung

gekoppelt werden, sodass nicht verschwenderisch mit dem Speicherplatz umgegangen wird.

Dies gilt auch fur die Bestimmung des Datentypes fur Messsignale, Stellsignale und weitere

verwendete Großen innerhalb der Steuerungssoftware.

Tankzyklenzahler, allgemeine Zahler, Timer und Parameter, die Modi beschreiben,

konnen den Datentyp Integer z.B. Int8, Int16 oder UInt8, UInt16 etc. erhalten. Integer ist

ein Datentyp, der ganzzahlige Werte speichern kann und einen endlichen Wertebereich in

Abhangigkeit seiner nachgestellen Zahl besitzt. Zusatzlich konnen durch Bestimmung des

Vorzeichens bei U Int die Grenzen des Wertebereiches verschoben werden.

Parameter, die eine Wahr/Unwahr-Information, z.B. auf/zu oder True/False, enthal-

ten, werden mit dem boolean Datentyp beschrieben. Parameter die durch Gleitkommazahlen,

wie Temperaturen, Drucke und Stellgroßen, beschrieben werden mussen, erhalten den Datentyp

Single32.

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Umsetzung der Steuerungssoftware auf der Zielhardware 47

Die Tabelle 3.2 enthalt die Wertebereiche der in der Steuerungssoftware verwendeten

Datentypen fur Applikationsdaten und in der Stuerungssoftware verwendete Großen. Wenn

die grafische Modellierung der Steuerung mit Blick auf die Anforderungen hinsichtlich der

diskreten Berechnung, der Rechenzeit und des Speicherbedarfes durchgefuhrt wird, sinkt die

Wahrscheinlichkeit, dass die Steuerungssoftware nicht korrekt auf der Zielhardware lauft.

Tabelle 3.2: Datentypen und die dazugehörigen Wertebereiche

Datentyp Vorzeichen Grenzen des Wertebereiches

min max

Int8 signed -128 127

UInt8 unsigned 0 255

Int16 signed -32768 32767

UInt16 unsigned 0 65535

Boolean - 0 1

Single3214 - -16777216 16777215

3.2.2 Schnittstellen zwischen der Software und der Hardware der Steuerung

Auf der Seite der Steuerungssoftware wird in Kapitel 2.2 die Kommunikationsplattform erwahnt,

uber diese Plattform ubermittelt die Steuerung ihre Stellgroßen an die Komponenten und

liest die Sensorik aus. Die Kommunikationsplattform stellt drei Kommunikationsvarianten zur

Verfugung anloge, digitale und CAN-Bus Kommunikation.

Die analogen Ein- und Ausgange werden als AD bzw. DA-Wandler realisiert und die

dazugehorigen Blocke der Software Toolkette werden mit Werte mit einer 16bit Auflosung belie-

fert und geben sie aus. Der 16bit Wertebereich beschreibt den Spannungsbereich von 0 bis 5 Volt.

Digitale Ein- bzw. Ausgange werden als High-Side- oder Low-Side- Schalter (schaltet

gegen Masse oder 12 Volt) ausgefuhrt. Das Spannungsniveau liegt bei 12 Volt. Einige

Digitale Ein- und Ausgange konnen zur Pulsweitenmodulation (PWM) genutzt werden. Die

Pulsweitenmodulation generiert eine Spannung die zwischen 0 und 12 Volt wechselt mit einer

festen Frequenz. Die Modulierung des Signal erfolgt durch die Variierung der Breite des Impulses.

Fur die PWM-Messung ist in ein gangiger Bereich von 1 Hz bis mehreren Hundert

14nach IEEE754 [56] kann der Wertebereich eingeschränkt werden. Bei Matlab werden die erwähntenGrenzen verwendet.

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48 3.2 Realisierung der Steuerungssoftware auf der Zielhardware

kHz moglich und als Ausgang kann eine Frequenz zwischen ca. 1 Hz und bis zu mehreren

kHz geschaltet werden. Die digitalen Ausgange konnen bei einigen Steuergeraten Strome bis

10 Ampere schalten.

Die CAN-Kommunikation wird mit CAN-Tranceiver auf der Zielhardware realisiert.

Die Funktionsweise wird in der Literatur [67, 9] beschrieben und ist fur diese Arbeit nicht

relevant.

Die Hardware-Bausteine zur elektronischen Umsetzung der analogen, digitalen und

CAN-Kommunikation werden von der Steuerungssoftware im 10 ms Task ausgelesen und mit

Signalen versorgen. Die analogen Ein- bzw. Ausgangen sind mit 16 bit aufgelost und werden in

der Steuerungssoftware mit dem Datentyp Single32 versehen. Die digitalen Schnittstellen sind

als boolean Großen in der Steuerungssoftware definiert und die Verwendung als PWM-Signal

ist wie bei den analogen Signal mit 16 bit aufgelost und als Single32 Datentyp in der

Steuerungssoftware wieder zufinden. Die Signale der CAN-Kommunikation sind durch die

Datenbasis des CAN-Protokolls definiert.

3.2.3 Portierung des Modells der Steuerung auf die Zielhardware

Ein Modell der Brennstoffzellensystem-Steuerung, welches nach den Anforderungen aus Kapitel

3.2.1 und der Herangehensweise aus Kapitel 3.1.1 modelliert wurde, muss fur die Einsatz auf

der Zielhardware in einen fur die Zielhardware verstandlichen Maschinencode ubersetzt werden.

Die fur den Prozess des RCP verwendete Toolkette generiert den Maschinencode fur

die Zielhardware VW-FCC aus dem grafischen Simulink R©-Modell der Brennstoffzellensystem-

Steuerung heraus. Der Prozess der Code-Generierung wird automatisch mittels der Toolkette

durchgefuhrt und wird in der Abbildung 3.10 schematisch dargestellt.

Graphisches Modell C-Code Maschinencode

Automatische Codeerzeugung

VW-FCC

Abbildung 3.10: Prozess der automatischen Programmcode Generierung vom gra-phischen Modell bis hin zum Steuergerät

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Umsetzung der Steuerungssoftware auf der Zielhardware 49

Das grafische Simulink R©-Modell der Steuerungssoftware wird mittels der

Matlab/Simulink R© Toolbox Realtime Workshop embedded Coder in einen C-Code

ubersetzt. Anschließend fuhrt der Freeware Compiler GNU-Compiler15 die Ubersetzung des

C-Codes in den Maschinencode aus und liefert eine fur die Zielhardware verwertbare Dateityp

des Maschinencodes.

Diese Datei der Steuerungssoftware in Maschinencode wird uber die Applikationssoft-

ware INCA R© der Firma ETAS R© auf die Zielhardware gespielt und ist anschließend einsatzfahig.

Aus dem Ubersetzungsprozess aus Abbildung 3.10 wird neben der Datei des Maschinencodes

eine weitere Datei erzeugt, die speziell fur INCA R© angepasst ist.

Mit Hilfe dieser Datei kann wahrend des Betriebes des Steuergerates, z.B. am Labor-

system oder zu einem spateren Zeitpunkt im Fahrzeug, auf die Steuerungssoftware Einfluss

genommen werden. Diese Einflussnahme kann passiv durch das Auslesen von Messgroßen und

Stellsignalen sein oder aktiv gestaltet werden, wenn Reglerparameter, Sollwerte oder weitere

Applikationsparamter variiert werden.

Die Portierung der Steuerungssoftware auf die Zielhardware schließt den Kreis des

Prozesses des RCP. Hiermit wird der durchgangige Entwicklungsprozess mittels einer Toolkette

vervollstandigt und tragt dazu bei, dass das RCP ein schnelles und zuverlassiges Werkzeug fur

die Softwareentwicklung darstellt.

15http://gcc.gnu.org/

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50 3.2 Realisierung der Steuerungssoftware auf der Zielhardware

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Modellgeführte Steuerung der Wasserstoffkonzentration 51

4 Modellgefuhrte Steuerung der Wasserstoffkonzentrati-on

Fur die Notwendigkeit einer Steuerung der Wasserstoffkonzentration wird zunachst die Funktion

der Wasserstoffversorgung des betrachteten Brennstoffzellensystems erlautert und anschließend

die Motivation dargelegt, welchen Einschrankungen andere Losungen einer Steuerung der

Wasserstoffkonzentration unterliegen.

Die Wasserstoffversorgung des betrachteten Brennstoffzellensystems ist mit einer pas-

siven Rezirkulationseinheit ausgestattet. Die Rezirkulationseinheit in Abbildung 2.4 ist eine

Strahlpumpe und sorgt fur eine uberstochiometrische16 Wasserstoffversorgung der Anode.

Diese Uberversorgung kann mittels des Wasserstoffverhaltnisses λH2 quantifiziert werden.

λH2 beschreibt das Verhaltnis aus dem bereitgestellten Wasserstoffmassenstrom und dem

erforderlichen Wasserstoffmassenstrom:

λH2 =mbereitgestellt

merforderlich

. (4.1)

Ein λH2 > 1 bewirkt einen besseren Abtransport des in der Anode auskondensierten

Wassers und tragt zur Homogenisierung des Wasserstoffs im Flussfeld der Anode bei [52].

Fur den optimalen Betrieb des untersuchten Brennstoffzellensystems wird ein Wert fur

den Wasserstoffuberschuss von λH2,min ≥ 1, 5 angestrebt. Die eingesetzte Strahlpumpe ist

fur diese Anforderung entwickelt worden und fuhrt zu der in Abbildung 4.1 dargestellten

Kennlinie des λH2 uber die normierte Brennstoffzellenleistung. Der angestrebte minimale

Wasserstoffuberschuss ist als Strich-Punkt-Linie zusatzlich eingezeichnet.

Im unteren Lastbereich kann die passive Rezirkulation mittels der verwendeten Strahl-

16Einer chemischen Reaktion wird mindestens ein Edukt im Überschuss bereitgestellt.

0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 11

1.25

1.5

1.75

2

normierte Leistung

λ H2

Abbildung 4.1: Kennlinie einer Strahlpumpe bei realen Betriebsbedingungen

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52 4.1 Motivation zur Entwicklung einer modellgeführten Steuerung

pumpe nicht das gewunschte Lambda aufgrund des zu geringen Energiegehaltes des

Treibstrahles an reinem Wasserstoff einstellen. Diese Tatsache wird in der Betriebsweise des

Brennstoffzellensystems insofern berucksichtigt, als dass der Betrieb im unteren Teillastbereich

mittels einer Lastpunktverschiebung und einer Start-Stopp Strategie gemieden werden kann.

Die Rezirkulation des Anodenabgases fuhrt zur Aufkonzentration von Verunreinigun-

gen, die von der Kathode uber die Membran zur Anode diffundieren. Dies fuhrt zum einen

zu einer Verringerung des Rezirkulationsvermogens der Strahlpumpe und zum anderen zu

einer Reduzierung des BZ-Wirkungsgrads. Als hauptsachliche Verunreinigungen sind Stickstoff

und Wasserdampf zu nennen [52]. Die Partialdruckdifferenz uber die Membran der einzelnen

Gas-Komponenten und der stoffspezifische Diffusionskoeffizient ist fur die Diffusionsmenge

maßgeblich verantwortlich.

Die Regelung der Wasserstoffversorgung hat daher die Aufgabe, die Anreicherung der

Verunreinigungen zu ermittelt und bei einem festgesetzten Grenzwert der H2-Konzentration

mittels des Purgeventils diese Verunreinigungen am Anodenaustritt auszutragen. Fur die

Bestimmung der Verunreinigung Stickstoff wird die Herleitung eines N2-Diffusionsmodells

innerhalb dieses Kapitels erlautert und eine darauf aufbauende modellgefuhrte Steuerung der

Wasserstoffkonzentration entwickelt.

4.1 Motivation zur Entwicklung einer modellgefuhrten Steuerung

In Schwarz [52] wurde der Einfluss der Verunreinigungen auf den Wirkungsgrad und

Betriebszustand des HyMotion3-Brennstoffzellensystems mit einer aktiven Rezirkulationseinheit,

bestehend aus Strahlpumpe und Rezirkulationsgeblase, untersucht. Ein wichtiges Ergebnis ist,

dass die Anreicherung des Stickstoffs auf uber 50 % am Anodenaustritt zu einer Verringerung

des Brennstoffzellenwirkungsgrads um ca. 1,5 % fuhrt und durch Entmischungsvorgange

der Gase der Anode der stabile Betrieb des Brennstoffzellensystems beeintrachtigt werden

kann [52]. Des Weiteren nimmt durch die Anreicherung von Wasserdampf und Stickstoff die

Dichte des Anodengases zu und verringert dadurch das λH2 und erschwert in der Anode

den Wasserabtransport. Dies kann im schlimmsten Fall zu einer Unterversorgung einzelner

Brennstoffzellen durch auskondensiertes Wasser fuhren und somit eine Abschaltung des

gesamten Brennstoffzellensystems nach sich ziehen.

Innerhalb seiner Arbeit entwickelte Schwarz ein Simulationsmodell, welches die Stick-

stoffkonzentration innerhalb der Wasserstoffversorgung abschatzt. Dieses Modell wird

dazu verwendet, eine bestimmte Stickstoffkonzentration fur den optimalen Betrieb des

Brennstoffzellensystems einstellen zu konnen. Dieser Steuerungsalgorithmus wird in [52]

bedarfsgerechte Purgestrategie genannt. Das Simulationsmodell berechnet anhand einer

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Modellgeführte Steuerung der Wasserstoffkonzentration 53

dimensionslosen Kennlinie des Rezirkulationsgeblases und bekannter Systemgroßen wie Druck

und Temperatur in der Anode sowie der Drehzahl des Geblases die Stickstoffkonzentration

am Anodenaustritt. Die Einfuhrung der bedarfsgerechten Purgestrategie fuhrte im Gegensatz

zu einer zeitgesteuerten Purgestrategie zu einer Reduzierung des Wasserstoffverlustes durch

Purgen. In Zahlen ausgedruckt wird eine Reduzierung der Purgeverluste von 9 % auf 3,4 % er-

zielt und verringert den Gesamtwasserstoffverbrauch um 5,33 % im NEDC-Zyklussverbrauch [52].

Das im Rahmen dieser Arbeit betrachtete System verfugt uber eine Wasserstoffver-

sorgung ohne eine aktive Rezirkulationseinheit wie das Rezirkulationsgeblase. Daher kann

die bedarfsgerechte Purgestrategie basierend auf einem Simulationsmodell des Rezirkulati-

onsgeblases nicht in der Brennstoffzellensystem-Steuerung verwendet werden. Der durch

die bedarfsgerechte Purgestrategie begrundete Verbrauchsvorteil soll trotzdem fur die

BZ-Fahrzeuge der nachsten Generation erhalten bleiben. Daher wurde eine Alternative zur

Ermittlung der Stickstoffkonzentration in der Wasserstoffversorgung gesucht.

Um den Verbrauchsvorteil auch fur das betrachtete System zu erhalten, wird in diesem Kapitel

eine alternative Simulation entwickelt, die geeignet ist, die Wasserstoffkonzentration des

Anodengases zu bestimmen. Anhand dieser Losung wird im Folgenden eine modellgefuhrte

Steuerung fur die bedarfsgerechte Purgestrategie entwickelt und getestet. Des Weiteren muss

auf die Zuverlassigkeit und Genauigkeit des erarbeiteten Modells eingegangen werden, um

mogliche Fehler wahrend des Betriebes bewerten und gegebenenfalls beheben zu konnen.

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54 4.2 Entwurf eines Modells zur Ermittlung der Wasserstoffkonzentration

4.2 Entwurf eines Modells zur Ermittlung der Wasserstoffkonzentra-tion

Die Modellierung der Wasserstoffversorgung umfasst neben der Berechnung des Eintrages

von Verunreinigungen in die Anode, das Verhalten der Brennstoffzelle, die Zufuhr von reinem

Wasserstoff und die Storung des Systems durch das Offnen eines der verbauten Ventile. Nur die

genaue Abbildung der gesamten Wasserstoffversorgung kann die Anreicherung von Stickstoff

und Wasserdampf realistisch simulieren. Des Weiteren muss berucksichtigt werden, dass das

Modell der Wasserstoffversorgung hinsichtlich der Echtzeitlauffahigkeit auf die Zielhardware

portiert werden kann.

4.2.1 Modell der Wasserstoffversorgung

Abbildung 4.2 zeigt den Aufbau des Modells der Wasserstoffversorgung zur Bestimmung der

Wasserstoffkonzentration. Dieser Aufbau beinhaltet die Komponenten, die einen Einfluss auf

die H2-Konzentration in der Anode haben und die zur Verfugung stehenden Messgroßen, die

mit in die Berechnung der H2-Konzentration einfließen werden. In der Tabelle 4.1 sind die

Messstellen mit den Messgroßen inklusive ihrer Einheiten aufgelistet.

Das Modell zur Bestimmung der H2-Konzentration setzt sich aus zwei Teilen zusammen. Der

eine Teil beinhaltet die Berechnung des N2-Diffusionsstroms durch die Membran von der Katho-

de zur Anode. Der zweite Teil des Modells umfasst die Modellierung der Wasserstoffversorgung

hinsichtlich der Anreicherung des diffundierten Stickstoffes.

I

p1

T1

p2

T2

p3

T3

p4

T4

Druckregler Strahlpumpe

Purgeventil Wasserabscheider

Brennstoffzelle

Abbildung 4.2: Aufbau des Modells der Wasserstoffversorgung zur Bestimmung derWasserstoffkonzentration

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Modellgeführte Steuerung der Wasserstoffkonzentration 55

Tabelle 4.1: Messgrößen der Messstellen aus Abbildung 4.2 inklusive ihrer Einheiten

Messstelle Messgröße Einheit Messstelle Messgröße Einheit

T1 TAn,in◦C T2 TAn,out

◦C

T3 TKa,out◦C T4 TKa,in

◦C

p1 pAn,in bar p2 pAn,out bar

p3 pKa,out bar p4 pKa,in bar

m mKa,ings

ϕ TTau,An,out◦C

I IBZ A

Zunachst werden die Einflusse der Komponenten der Wasserstoffversorgung auf die N2-

Anreicherung bzw. auf die Veranderung der H2-Konzentration genau bestimmt. Im Anschluss

wird der Entwurf des N2-Diffusionsmodells durchgefuhrt.

Druckregelventil und Strahlpumpe

Uber das Druckregelventil wird zur Regelung eines konstanten Drucks im stationaren Betrieb

die Menge an Wasserstoff dem System zugefuhrt, die von der Brennstoffzelle verbraucht wird.

Wahrend eines dynamischen Ubergangs, wenn sich der Sollwert des H2-Drucks erhoht, wird

fur den Druckaufbau kurzfristig ein hoherer H2-Massenstrom im Vergleich zum verbrauchten

Massenstrom dem System zugefuhrt. Im umgekehrten Fall des Ubergangs in einen niedrigeren

Betriebspunkt, somit auch geringeren Solldrucks, wird zum Abbau des Drucks kurzfristig ein

geringerer H2-Massenstrom uber das Druckregelventil der Wasserstoffversorgung bereitgestellt.

Fur die Bestimmung des H2-Massenstroms durch das Druckregelventil existieren ver-

schiedene Moglichkeiten. Erstens kann der Durchfluss des Druckregelventils mit einem

physikalischen Modell basierend auf der Blendengleichung nach [65] modelliert werden.

Zweitens kann der H2-Massenstrom uber ein vermessenes Kennfeld des Druckregelventils

abgebildet werden oder drittens der bereitgestellte H2-Massenstrom der Wasserstoffversorgung

dem verbrauchten H2-Massenstrom der Brennstoffzelle gleichgesetzt werden. Dies wird dann

mittels des Brennstoffzellenstroms uber das Faraday´sche Gesetz berechnet.

Fur die Bestimmung des H2-Massenstroms mittels der Blendengleichung nach [65]

und anhand eines Kennfeldes wird die Druckdifferenz uber das Ventil und das Stellsignal

des Ventils benotigt. Der Druck hinter dem Druckregelventil wird im betrachteten Brenn-

stoffzellensystem nicht gemessen. Des Weiteren setzt die Bestimmung der Durchflussmenge

einen eindeutigen Zusammenhang zwischen Stellsignal und Offnungswinkel voraus. Das

verwendete Druckregelventil besitzt eine Hysterese im Stellsignal, diese musste ebenfalls

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56 4.2 Entwurf eines Modells zur Ermittlung der Wasserstoffkonzentration

bei einer Vermessung identifiziert und bei der Erstellung des Kennfeldes berucksichtigt

werden. Dies wurde zu einem sehr großen Vermessungsaufwand und zu einem fehleranfalligen

mehrdimensionalen Kennfeld fuhren, welches schwer auf der Zielhardware zu implementieren

ware.

Die dritte Moglichkeit, den zugefuhrten H2-Massenstrom dem verbrauchten gleich zu-

setzen, sodass uber das Faraday´sche Gesetz der H2-Massenstrom berechnet werden kann, gilt

nur mit der Annahme nach [52], dass der Massenstrom an Wasserstoff, der durch die Membran

auf die Kathode diffundiert, zu vernachlassigen ist.

Die erwahnten Effekte eines Unterschiedes zwischen dem zugefuhrten und dem ver-

brauchten H2-Massenstrom bei dynamischen Ubergangen zum Druckauf bzw. -abbau, konnen

ebenfalls vernachlassigt werden. Denn die Mittelung der H2-Massenstromunterschiede bei den

Betriebspunktwechseln wurde uber einen langeren Zeitraum gegen Null tendieren.

Das Faraday´sche Gesetz nach Gleichung 4.2 beschreibt, dass die elektrolytisch abge-

schiedene Stoffmenge n eines z-wertigen Ions direkt proportional zu der eingesetzten

Ladungsmenge Q unter Berucksichtigung der Faraday-Konstante F ist [19]

Q = n · z · F. (4.2)

Durch die Umstellung des Faraday´schen Gesetzes nach der Masse m, mit

m = M · n (4.3)

ergibt sich die erforderliche Masse mH2,erf an Wasserstoff fur den BZ-Strom IBZ und der

Anzahl der Brennstoffzellen NBZ zu

mH2,erf =MH2 · IBZ · t ·NBZ

z · F(4.4)

bzw. der Wasserstoffmassenstrom, der uber das Druckregelventil geliefert wird, zu

mH2 =MH2 · IBZ ·NBZ

z · F. (4.5)

Der Brennstoffzellenstrom IBZ wird gemessen und die anderen Parameter werden durch die

bekannten Konstanten, wie MH2 = 2, 01588 gmol

und F = 96485 Cmol

, beschrieben [6]. Zur

Bestimmung des H2-Massenstroms durch das Druckregelventil wird im Folgenden auf die

Modellierung des Druckregelventils verzichtet und stattdessen mit Gleichung 4.5 berechnet.

Die Bestimmung des eintretenden H2-Massenstroms in die Anode hangt neben dem

Brennstoffzellenstrom auch von dem Rezirkulationsverhalten der Strahlpumpe ab. Daher ist die

Kennlinie aus Abbildung 4.1 der Strahlpumpe in der Steuerungssoftware hinterlegt und fuhrt

uber die Beziehung

mH2,An,in = λH2(PBZ) · mH2 (4.6)

zu dem eintretenden H2-Massenstrom mH2,An,in in die Anode.

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Modellgeführte Steuerung der Wasserstoffkonzentration 57

Wassergehalt der Wasserstoffversorgung

Der Wasserdampf als ein Bestandteil des Gases der Wasserstoffversorgung hat einen direkten

Einfluss auf die H2-Konzentration und muss somit in der Modellierung der Wasserstoffversor-

gung berucksichtigt werden. Innerhalb des behandelten Brennstoffzellensystems wird Wasser

ausschließlich uber die Membran von der Kathode, an der das Produktwasser entsteht, zur Anode

transportiert. Verschiedene Mechanismen beeinflussen nach [53, 55, 70, 71] den Wasseranteil

an der Anode und den Wasserhaushalt der Membran. Hier sind die wichtigsten Mechanismen

in der Reihenfolge ihrer Bedeutung nach aufgefuhrt:

• Diffusion

• Elektroosmose

• Wassergehalt der Membran

• Wasserpartialdruck der Reaktionsgase

• Volumenstrome der Kathode und Anode

Diese unterschiedlichen Einflussgroßen auf den Wasserhaushalt einer Brennstoffzelle bzw.

auf den Wasseranteil des Anodengases sind nach dem derzeitigen Stand der Technik noch

nicht vollstandig verstanden [70]. Die verfugbaren Modelle sind sehr komplex, mussen mit

zahlreichen Parametern angepasst werden und erfordern eine Vielzahl von Experimenten an

Einzelzellen und Mehrzellern. Die Genauigkeit dieser Modelle ist dennoch nur gering und sie

erfordern hohe Rechenleistungen fur die Berechnung eines stationaren Betriebspunktes. Somit

wird auf die Modellierung des Wasserhaushalts in dieser Arbeit verzichtet.

Daher wird zur Ermittlung des Wasseranteils in der Wasserstoffversorgung eine Messstelle

fur die Bestimmung des Taupunktes am Brennstoffzellenaustritt in die Wasserstoffversorgung

integriert. Mit Hilfe dieses Messwertes kann der Massenanteil des Wassers bestimmt werden

und somit auch indirekt die Wasserbeladung am Eintritt der Brennstoffzelle. Mit der

Taupunkttemperatur Ttau,An,out und dem Sattigungsdampfdruck pS(TTau,An,out) nach [68] wird

die relative Feuchte am Anodenaustritt zu

ϕAn,out =pS(TTau,An,out)

pAn,out(4.7)

bestimmt. Der Sattigungsdampfdruck wird mittels einer Dampftafel in Abhangigkeit

der Temperatur als Kennlinie auf der Zielhardware hinterlegt, siehe Anhang A.3. Der

Sattigungsdampfdruck konnte ebenfalls mittels der Antoine-Gleichung [7] bestimmt werden.

Dies wurde aber einen hoheren Rechenaufwand fur das Steuergerat bedeuten und wurde daher

als Alternative verworfen.

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58 4.2 Entwurf eines Modells zur Ermittlung der Wasserstoffkonzentration

Wenn die relative Feuchte ϕAn,out < 1 ist, steht der Sattigungsdampfdruck bei Ttau,An,out auch

fur den Partialdruck des Wassers am Anodenaustritt

pH2O,An,out = pS(Ttau,An,out). (4.8)

Das Verhaltnis der Patialdrucke zum Gesamtdruck ist gleich dem Verhaltnis der Partialstoff-

strome zum Gesamtstoffstrom. Daher kann die Stoffmenge des Wassers uber das Verhaltnis

des Wasserpartialdrucks und des Anodenaustrittsdrucks bestimmt werden

nH2O,An,out

nAn,out=

pH2O,An,out

pAn,out(4.9)

nH2O,An,out = nAn,out ·pH2O,An,out

pAn,out. (4.10)

Mittels der Stoffmenge nH2O,An,out und der Molaren Masse von Wasser MH2O wird der Was-

sermassenstrom berechnet zu

mH2O,An =nH2O,An,out ·MH2O

t. (4.11)

Zusammen mit dem H2-Massenstrom aus Gleichung 4.5 und dem Massenstrom mAn,out, der im

N2-Diffusionsmodells ermittelt wird, kann der Anodeneintrittsmassenstrom berechnet werden

zu

mAn,in = mH2 + mAn,out + mH2O,An. (4.12)

Innerhalb der Strahlpumpe wird das Gasgemisch des Anodenaustrittes mittels des zugefuhrten

Wasserstoffs angesaugt und vermischt. Daher muss nur uberpruft werden, ob der Wassermas-

senstrom mH2O,An vom Gas am Anodeneintritt aufgenommen werden kann oder ob Wasser in

oder kurz nach der Strahlpumpe auskondensiert. Mit Hilfe der folgenden Fallunterscheidung:

WennnH2O,An

nAn,in<

pS(TAn,in)

pAn,in(4.13)

dann ist nH2O,An = nH2O,An,out (4.14)

BeinH2O,An

nAn,in≥ pS(TAn,in)

pAn,in(4.15)

dann ist nH2O,An = nAn,in ·pS(TAn,in)

pAn,in. (4.16)

kann der Wasseranteil und der Wasserstoffmassenstrom am Eintritt der Brennstoffzelle bestimmt

werden.

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Modellgeführte Steuerung der Wasserstoffkonzentration 59

Ventile

Durch das Offnen des Purgeventils oder des Ventils im Wasserabscheider wird ein Teil des

rezirkulierten Massenstroms aus der Wasserstoffversorgung abgefuhrt und dem Kathoden-

abgas zugefuhrt. Die entnommene Gasmenge muss in der Bilanzierung der Massenstrome

berucksichtigt werden.

Der Querschnitt des Purgeventils wird mit der Pramisse ausgelegt, dass bei dem mi-

nimalen Kathodenabgas-Massenstrom und dem Offnen des Purgeventils die H2-Konzentration

im Kathodenabgas nicht zu einem zundfahigen Gasgemisch fuhrt [52]. Die Lange und der

Zeitpunkt des Offnungsintervalls des Purgeventils kann also ohne Berucksichtigung der

H2-Konzentration im Abgas bestimmt werden.

Das Ventil des Wasserabscheiders soll hauptsachlich flussiges Wasser ausgetragen

werden. Die Steuerung uberwacht anhand eines Fullstandssensors den Wasserstand im

Wasserabscheider und offnet fur ein festgelegtes Zeitintervall das Ventil und fuhrt somit

flussiges Wasser ab. Da nicht ausschließlich die flussige Phase des Wassers aufgrund der

Stromungsverhaltnisse im Wasserabscheider abgeschieden wird, wird ebenfalls Anodenabgas

aus der Wasserstoffversorgung ausgetragen.

Zur Berechnung der austretenden Massenstrome am Purgeventil und am Ventil im

Wasserabscheider wird die Blendengleichung nach [65] (siehe Anhang A.4) herangezogen:

QN = KV · 514 ·

√p2 ·∆pρN · T1

. (4.17)

Fur diese Gleichung werden die KV -Werte der eingesetzten Ventile, die Dichte des Gases, der

Druck und die Temperatur am Anodenaustritt benotigt. Der Druck und die Temperatur am

Anodenaustritt sind Messgroßen, die KV -Werte sind bekannt und die Dichte wird im Modell

der Wasserstoffversorgung berechnet.

Die Gleichung 4.17 gilt nur fur unterkritische Stromungen bei:

p2 >p12. (4.18)

Fur die betrachteten Ventile Purgeventil und Ventil am Wasserabscheider beschreibt p2 den

Umgebungsdruck und p1 den Anodenaustrittsdruck pAn,out. Unter der Annahme, dass der

Umgebungsdruck 1 bar ist, muss fur die Einhaltung der Bedingung fur unterkritische Stromungen

aus Gleichung 4.18 folgende Bedingung fur den Anodenaustrittsdruck pAn,out gelten:

pAn,out < 2 bar. (4.19)

Fur das betrachtete Brennstoffzellensystem ist Gleichung 4.18 in jedem Betriebspunkt erfullt.

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60 4.2 Entwurf eines Modells zur Ermittlung der Wasserstoffkonzentration

Somit ergibt sich mit der Dichte ρAn,out, der Stellgroße des i-ten Ventils uV tl,i folgen-

der Massenstrom in Abhangigkeit des KV,i-Wertes des i-ten Ventils:

mV tl = uV tl,i ·KV,i · 514 ·

√pUmgeb · (pAn,out − pUmgeb)

ρN · TAn,out. (4.20)

Die Regelung des Anodeneintrittsdrucks kompensiert den ausgetragenen Massenstrom

zur Einstellung des Anodeneintrittsdrucks durch die Zufuhr von Wasserstoff. Daher muss

der Gleichung 4.6 der gleiche Massenstrom mH2,V tl = mV tl an Wasserstoff hinzu addiert

werden. Somit ergibt sich bei geoffnetem Purgeventil und/oder Ventil im Wasserabscheider ein

Wasserstoffmassenstrom am Anodeneintritt zu:

mH2,An,in = λH2(PBZ) · mH2 + mH2,V tl. (4.21)

4.2.2 Stickstoff-Diffusionsmodell

Innerhalb der Membran und der GDE einer Brennstoffzelle finden verschiedene Transport-

vorgange von H2-Ionen, Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff und Wasser statt. Um alle Effekte

zu berucksichtigen, musste ein komplexes Modell aufgebaut werden.

In Kapitel 4.2.1 wird die Moglichkeit der Modellierung des Wasserhaushalts hinter-

fragt und durch die Messung des Taupunktes am Anodenaustritt ersetzt. Des Weiteren konnen

einige Phanomene vernachlassigt oder hinreichend genaue Annahmen fur die Steuerung eines

Brennstoffzellensystems getroffen werden.

Der auf die Kathode diffundierte Wasserstoff kann nach [52] bei der Berechnung des

Wasserstoffmassenstroms nach [52] vernachlassigt werden. Die Diffusion des Sauerstoffs

von der Kathode auf die Anode fuhrt zu einer sofortigen Reaktion mit dem Wasserstoff am

Katalysator der Anode zu Wasser. Die aus dieser Reaktion anfallende Wassermenge und der

abreagierte Wasserstoff ist so gering, dass dieser ebenfalls vernachlassigt werden kann [52].

Somit verbleibt als wesentlicher Parameter die Bestimmung des diffundierten Stickstoffs in die

Anode.

Fur die Modellierung der N2-Diffusion von der Kathode uber die Membran in die An-

ode wird ein FVM17-Modell ausgewahlt. Ein FVM-Modell bietet zum einen die Moglichkeit die

Wasserstoffversorgung ortlich aufzulosen und zum anderen kann das FVM-Modell als Embedded

M-Function (vgl. Kap. 4.2.3 und 4.4) mit wenig Rechenaufwand in ein Simulink R©-Modell

integriert werden [54].

17FVM steht für die Modellierung nach der Finite-Volumen-Methode [44]

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Modellgeführte Steuerung der Wasserstoffkonzentration 61

In der Abbildung 4.3 ist der prinzipielle Aufbau des FVM-Modells inklusive der Bezeichnungen

der finiten Volumenelemente (VE) dargestellt. Komponenten der Wasserstoffversorgung, die

eine Anderung der Gaszusammensetzung und/oder der Stoffstrome hervorrufen, werden durch

ein Volumenelement (Strahlpumpe, Ventile) dargestellt. Die Beeinflussung des Anodenabgases

durch das Purgeventil und das Ventil im Wasserabscheider wird in einem Volumenelement

zusammengefasst.

Die Brennstoffzelle wird zunachst mit 12 VE modelliert, in der Abbildung 4.3 zu

Gunsten der Ubersichtlichkeit jedoch nur durch 4 VE dargestellt. Die Festlegung auf 12 VE

wird in Kapitel 4.4 naher erlautert. Die Verbindungsleitungen zwischen den Ventilen, der

Strahlpumpe und der Brennstoffzelle werden jeweils durch ein VE reprasentiert.

VE1-12

VE13

VE14

VE15

VE16

Strahlpumpe

Brennstoffzelle

Leitung1

Ventile

Leitung2

An Ka

Reaktion

Diffusion

Abbildung 4.3: Prinzipieller Aufbau des FVM-Modells inklusive der Bezeichnungender Volumenelemente

Fur ein besseres Verstandnis uber die Art der Stoffstromanderung innerhalb jedes Volumenele-

ments werden in der folgenden Auflistung alle VE nochmals kurz erlautert:

• Brennstoffzelle: Redoxreaktion der beteiligten Gase und Diffusion des Stickstoffs

• Ventile: Austrag von Anodenabgas an die Umgebung (Purgeventil und Ventil des

Wasserabscheiders)

• Leitung2: Keine Anderung der Gaszusammensetzung, notwendig fur die korrekte ortliche

und zeitliche Auflosung des Modells

• Strahlpumpe: Mischung des Anodenabgases mit dem zugefuhrten Wasserstoff

• Leitung1: Keine Anderung der Gaszusammensetzung, notwendig fur die korrekte ortliche

und zeitliche Auflosung des Modells

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62 4.2 Entwurf eines Modells zur Ermittlung der Wasserstoffkonzentration

Fur die Berechnung der Diffusion von Gasen durch porose Festkorper wie z.B. die PEM

existiert zum einen die Maxwell-Stefan Gleichung [55] und zum anderen der Fick´sche Ansatz

[6]. Fur den Einsatz der Maxwell-Stefan Gleichung muss die Geometrie der Membran bekannt

sein und die Diffusion aller Komponenten eines Gases durch die Membran berechnet werden.

Somit mussen alle Diffusionskoeffizienten der beteiligten Gase bestimmt werden und die

Wechselwirkungen der verschiedenen Diffusionsstrome untereinander berucksichtigt werden.

Der Fick´sche Ansatz berechnet mittels eines effektiven Diffusionskoeffizienten die

Diffusion eines Gases durch die Membran. Hierfur muss der effektive Diffusionskoeffizient

experimentell bestimmt werden und die Dicke der Membran muss bekannt sein.

Zu Beginn des Kapitels 4.2.2 wird als letzte fehlende Große zur Beschreibung der

Stoffstrome durch die Membran die Diffusion des Stickstoffs von der Kathodenseite auf die

Anodenseite identifiziert. Der Fick´sche Ansatz ist fur die Berechnung eines Diffusionsstroms

einer einzelnen Gaskomponente durch eine Membran besser geeignet als die Maxwell-Stefan-

Gleichung und wird somit im folgenden eingesetzt.

Der Fick´sche Ansatz beschreibt, dass durch Konzentrationsunterschiede δci eine mo-

lare Diffusion mit der Molenstromdichte Ji hervorgerufen wird [6]

J = Dij,effδciδz. (4.22)

Der Proportionalitatsfaktor D wird als effektiver Diffusionskoeffizient bezeichnet. Fur die

Betrachtung der N2-Diffusion in der Brennstoffzelle kann aufgrund der gleichgroßen Volumen-

elemente die Massenanderung der einzelnen Stoffe direkt uber die Differentialgleichungen der

Konzentrationen beschrieben werden. So ergeben sich fur die drei Stoffe Wasserstoff, Wasser

und Stickstoff fur die Anode folgende Differentialgleichungen:

δcH2

δt

∣∣∣∣cH2

(t=0)=cH2,in

= −δ(V E)

δx− IBZ

2F · VBZ+ σH2,frisch (4.23)

δcN2

δt

∣∣∣∣cN2

(t=0)=cN2,in

= −δ(V E)

δx+δ(JN2)

δz(4.24)

δcH2O

δt

∣∣∣∣cH2O

(t=0)=cH2O,in

= −δ(V E)

δx− δ(JH2O)

δz. (4.25)

Der erste Therm beschreibt jeweils den konvektiven Stofftransport und anschließend

folgen die Quellen- und Senketherme der einzelnen Stoffe [54]. In Gleichung 4.23 wird der

konsumierte Wasserstoff nach dem Faraday´schen Gesetz berechnet und subtrahiert. Der

uber das Druckregelventil zugefuhrte Wasserstoff wird addiert. In der Gleichung 4.24 ist

der N2-Diffusionstherm nach dem Fick´schen Ansatz enthalten. Die Wasser-Diffusion ist

in Gleichung 4.25 ebenfalls mittels des Fick´schen Ansatzes angegeben. Das diffundierte

Wasser wird im folgenden nicht anhand des Fick´schen Ansatzes berechnet, sondern uber die

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Modellgeführte Steuerung der Wasserstoffkonzentration 63

Messstelle des Taupunktes am Anodenaustritt ermittelt, siehe Kapitel 4.2.1.

Die Diskretisierung in der x-Richtung entspricht den finiten Volumenelementen VE

[54]. Die z-Richtung der Diffusion verlauft senkrecht durch die Membran und steht ortho-

gonal zur x-Richtung. Mittels der Stromungsgeschwindigkeit durch ein Volumenelement

wird die Zeit ermittelt, die das entsprechende Gasmolekul durch das finite Volumen benotigt [54].

Die gesamten Stoffstrome fur den Anoden- und Kathodenein- bzw. austritt ergeben

sich zu:

nAn,in = nH2,erf + nAn,out − nV tl (4.26)

nAn,out = nAn,in − nH2,Rkt + nDiff,N2 (4.27)

nKa,in = nKa,O2,in + nKa,N2,in + nKa,H2O,in (4.28)

nKa,out = nKa,in − nO2,Rkt − nDiff,N2 + nH2O,Rkt (4.29)

Innerhalb des FVM-Modells wird mit der Berechnung im ersten Volumenelement begonnen.

Hier muss zunachst die Benennung der Indizes bestimmt werden. Neben den Indizes fur die

Kathode und Anode Ka,An und der Richtung mit in, out wird ein Zahlerindex eingefuhrt.

Der Zahlerindex l beschreibt den linken Rand und r den rechten Rand des berechneten

Volumenelements. Im Ubergang zu einem benachbarten Element werden die Zustandsgroßen

des Gases gleichgesetzt, somit gilt l = r − 1. Die positive Stromungsrichtung ist von links

nach rechts definiert.

Zunachst wird die Redoxreaktion aus Kapitel 2.1.1 fur die beteiligten Stoffstrome fur

die Elemente 1− 12 der Brennstoffzelle bestimmt. Die Edukte und Produkte mussen durch

die Anzahl der finiten Volumenelemente der Brennstoffzelle NV E geteilt werden, um den

Stoffstrom fur ein Element zu bestimmen.

nH2,An,in(r + 1) = nH2,An,in(r)− IBZzH2 · F ·NV E

(4.30)

nO2,Ka,in(r + 1) = nO2,Ka,in(r)− IBZzO2 · F ·NV E

(4.31)

nH2O,Ka,Rkt(r) = nH2O,Ka,Rkt(l) +IBZ

zH2O · F ·NV E

(4.32)

Nach der Bestimmung der Stoffstrome, hervorgerufen durch die Redoxreaktion, folgt die

Bestimmung des N2-Diffusionsstroms. Hierfur wird der Fick´schen Ansatz aus Gleichung

4.22 verwendet, wobei die Konzentrationanderung in z-Richtung durch die Polymer-Membran

der Dicke DMem betrachtet wird. Fur die Annahme eines konstanten Diffusionskoeffizienten

uber die Membran wird ein lineares Konzentrationsprofil angenommen. Daher werden die

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64 4.2 Entwurf eines Modells zur Ermittlung der Wasserstoffkonzentration

Randkonzentrationen der Membran z1 und z2 betrachtet [54].

JN2 = Deffδc

δz(4.33)

= Deffc2 − c1z2 − z1

(4.34)

= DeffcN2,Ka − cN2,An

DMem

(4.35)

Die Konzentrationen cN2,Ka und cN2,An konnen anhand des Idealgasgesetzes errechnet werden,

da fur ein definiertes Volumen unter Kenntnis der Temperatur und des Drucks die Konzentra-

tionen direkt ermittelt werden kann. Fur die Kathode und Anode fuhrt dies zu:

cN2,An,out(r) =nN2,An,out(r) + nN2,Diff (l)

nN2,An,out(r) + nN2,Diff (l) + nH2,An,in(r)· pAnRu · TAn

(4.36)

cN2,Ka,out(r) =nN2,Ka,in(r)− nN2,Diff (l)

nN2,Ka,in(r)− nN2,Diff (l) + nO2,Ka,in(r) + nH2O,Rkt(r)

· pKaRu · TKa

. (4.37)

p und T beschreiben fur die jeweilige Seite der Membran den gemittelten Wert aus den Ein- und

Austrittsmessgroßen aus Abbildung 4.2. Werden die Gleichungen 4.36 und 4.37 in Gleichung

4.35 eingesetzt und mit der Kontaktflache AV E des Volumenelements mit der aktiven Flache

ABZ der Membran multipliziert, ergibt sich der Diffusionsstrom fur Stickstoff:

nN2,Diff (r) = DeffcN2,Ka,out(r)− cN2,An,out(r) · AV E

DMem

(4.38)

mit:

AV E =ABZNV E

. (4.39)

Der Diffusionskoeffizient fur Stickstoff DN2 durch eine mit Wasser gesattigte Polymermembran

kann nach [53] und [54] als Stefan-Maxwell Diffusionskoeffient zu

DN2 = 5, 88 · 10−17 · TAn ·√

2, 6 ·MH20

(ηAn · vDH2O)0,6

(4.40)

berechnet werden. In Gleichung 4.40 wird die Diffusion der Komponente Stickstoff betrachtet

und fur die Berechnung des realen Diffusionsstroms muss der effektive Diffusionskoeffizient von

Stickstoff Deff,N2 verwendet werden [53] mit

Deff,N2 =ε

τ·DN2 . (4.41)

ε beschreibt in der Gleichung 4.41 die Porositat des durchstromten Korpers als Verhaltnis

des Gasraumes zum Gesamtvolumen der Membran [53]. τ wird als Verschlingungsgrad oder

Tortuositat bezeichnet. Die Tortuositat beschreibt die Verlangerung des Diffusionsweges durch

die porose Schicht.

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Modellgeführte Steuerung der Wasserstoffkonzentration 65

Mit dem Stickstoff-Diffusionsstrom nach Gleichung 4.38 konnen die Stickstoff-Stoffstrome fur

das Folgeelement (r + 1) berechnet werden

nN2,An,out(r + 1) = nN2,An,out(r) + nN2,Diff (r) (4.42)

nN2,Ka,in(r + 1) = nN2,Ka,out(r)− nN2,Diff (r) (4.43)

Anschließend werden die Stoffstrome der Kathode und Anode am Austritt aus Gleichung 4.27

und 4.29 mit den Gleichungen 4.30, 4.31, 4.32 und 4.38 fur jedes Element der Brennstoffzelle

berechnet.

Mit diesen Stoffstromen wird die Gaszusammensetzung am Anodenaustritt (Volumen-

element 12) bestimmt zu:

yN2,An(12) =nN2,An,out(12)

nN2,An,out(12) + nH2O,An,out(12) + nH2,An,out(12)(4.44)

yH2O,An(12) =nH2O,An,out(12)

nN2,An,out(12) + nH2O,An,out(12) + nH2,An,out(12)(4.45)

yH2,An(12) =nH2,An,out(12)

nN2,An,out(12) + nH2O,An,out(12) + nH2,An,out(12). (4.46)

Das 13. Volumenelement beschreibt die Stoffstrome, die beim Offnen des Purgeventils oder des

Ventils im Wasserabscheider aus der Wasserstoffversorgung durch diese Ventile ausgetragen

werden. Zusammen mit den Gleichungen 4.20 und 4.44 bis 4.46 mussen die Verluststoffstrome

der einzelnen Gaskomponenten bestimmt werden und ergeben zusammen:

nAn(13) = nAn(12)−2∑i=0

nV tl. (4.47)

Die Leitungselemente 14 und 16, in denen keine Anderung des Gaszustands stattfindet, dienen

der genauen Abbildung der Umlaufzeit des Gases durch den Rezirkulationskreis.

Im Volumenelement 15 wird der Anode Wasserstoff uber die Strahlpumpe hinzugefugt (siehe

Gleichung 4.6). Somit ergibt sich folgender Stoffstrom am rechten Rand des Volumenelements

15:

nAn(15) = nN2,An(14) + nH2O,An(14) +mH2,An,in

MH2

. (4.48)

Mit der Bestimmung der Stoffstrome im Volumenelement 15 kann innerhalb des FVM-Modells

die Gaszusammensetzung an jedem Ort der Wasserstoffversorgung ermittelt werden.

Abschließend wird die Umlaufzeit des Gases durch den Rezirkulationskreis bestimmt.

Diese Zeit ist erforderlich, um in den folgenden Abschnitten das FVM-Modell an die

Rechentasks der Steuerungssoftware auf der Zielhardware anzupassen. Diese Umlaufzeit wird

durch den Quotienten aus Volumen VH2S zu Volumenstrom der Wasserstoffversorgung

tUmlauf =VH2S · ρAn,outmAn,out

(4.49)

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66 4.2 Entwurf eines Modells zur Ermittlung der Wasserstoffkonzentration

berechnet. Die Dichte ρAn,out des Anodenabgases wird mittels der bekannten Gaszusammen-

setzung und des Idealgasgesetztes bestimmt.

Im Simulationsmodell darf das FVM-Modell der Wasserstoffversorgung fur die berechnete

Umlaufzeit nur eine Berechnung der Volumenelemente durchfuhren, um die N2-Anreicherung

zeitlich richtig aufzulosen. Im unteren Lastbereich bei einem λH2 ≈ 1 kann tUmlauf bis zu 20

Sekunden annehmen (geringe bis keine Rezirkulation). Wenn das FVM-Modell 20 Sekunden

angehalten wurde, wurde das FVM-Modell eine mogliche Variation der Last innerhalb dieser 20

Sekunden, den damit einhergehenden erhohten H2-Verbrauch und der hoheren N2-Diffusion

oder das Offnen oder Schließen eines Ventils nicht berucksichtigen. In diesem Fall wurde das

FVM-Modell eine große Abweichung zur Realitat aufweisen.

Daher muss eine maximale Umlaufzeit tUmlauf,max so definiert werden, dass in dieser

Zeit durch schnelle Lastwechsel die Genauigkeit des FVM-Modells nicht erheblich beeintrachtigt

wird. Die im folgenden Abschnitt eingesetzte Umlaufzeit fur die Validierung des Modells der

Wasserstoffversorgung wurde experimentell bestimmt.

Beim Erreichen von tUmlauf,max wird das Modell erneute einmal gerechnet und der

diffundierte Stickstoff-Molstrom wird dann anteilig im Verhaltnis tUmlauf,max zu tUmlauf neu

bestimmt

nN2,Diff (r) = nN2,Diff (r) ·tUmlauf,maxtUmlauf

. (4.50)

Fur die erste Berechnung muss das FVM-Modell mit einer Gaszusammensetzung der Kathode

und Anode initialisiert werden. Fur die Feuchte der Gase werden keine Anfangswerte benotigt,

da der relevante Wassergehalt uber eine Taupunkttemperaturmessung am Anodenaustritt

berechnet wird. Auf der Kathodenseite wird die Eintrittskonzentration fur Sauerstoff auf 21 %

und fur Stickstoff auf 79 % festgesetzt.

Die Gaszusammensetzung der Anode wird uber die Vermessung der Startprozedur er-

mittelt. Zu Beginn der Startprozedur wird die Wasserstoffversorgung durch das Offnen des

Wasserabscheider-Ventils fur einen konstanten Zeitabschnitt mit Wasserstoff gespult. Dies

fuhrt immer zu derselben Anfangskonzentration an Wasserstoff cH2,An,in,Start und Stickstoff

in Abhangigkeit des berechneten Wassergehaltes am Anodenaustritt. Hiermit sind alle

Anfangsbedingungen bekannt und das FVM-Modell kann mit definierten Anfangsbedingungen

gestartet werden.

4.2.3 Validierung des Modells der Wasserstoffversorgung

Das vorgestellte FVM-Modell wird innerhalb der Simulink R© Umgebung als Embedded M-File

programmiert und in eine Simulink R© Testumgebung zur Validierung integriert. Das beschriebe-

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Modellgeführte Steuerung der Wasserstoffkonzentration 67

ne Antriggern des FVM-Modells wird in der Abbildung 4.4 prinzipiell dargestellt.

Das Embedded M-File des FVM-Modells ist in einem Enabled -Subsystem, Modell der Wasser-

stoffversorgung, eingebunden. Die berechnete Umlaufzeit tUmlauf wird auf 0 und tUmlauf,max

begrenzt und anschließend mit Hilfe eines Integer-Delay und einer Summation als ttotal aufinte-

griert. Im Trigger -Block lauft ebenfalls ein Zahler der Gesamtzeit tSt der Steuerung mit. Die

Zeiten ttotal und tSt beginnen beide beim Start der Steuerung bei Null. Somit gelten folgende

Beziehungen im Trigger-Block:

Wenn tSt > ttotal (4.51)

⇒ Trigger = ON (4.52)

Wenn tSt < ttotal (4.53)

⇒ Trigger = OFF (4.54)

Trigger auf”ON“ startet die Berechnung des FVM-Modells fur einen Umlauf und

”OFF“

setzt das Triggersingal zuruck. Die Berechnung der Volumenelemente wird mittels ei-

ner for -Schleife nacheinander ausgefuhrt. Die Anzahl der finiten Volumenelemente ist

bestimmend fur die Berechnungszeit auf der Zielhardware. Die Beeinflussung der Anzahl

der Volumenelemente auf die Berechnungszeit des Modells wird im Kapitel 4.4 naher untersucht.

Begonnen wird mit der Validierung des Modells fur stationare Betriebspunkte. Die

Messung zur Validierung der N2-Anreicherung ausschließlich durch die N2-Diffusion in der

Wasserstoffversorgung wird daher mit standig geschlossenem Purgeventil und Ventil im

Wasserabscheider durchgefuhrt.

Fur diese Validierungsmessung wird eine Ultraschall Messsonde der Firma FuelCon18 in das

Laborsystem am Anodenaustritt integriert. Die Ermittlung des Laufzeitunterschieds zweier

18http://www.fuelcon.com/cms/

Modell der

Wasserstoffversorgung

t total

Trigger

t Umlauf, max up

lo

z-1

+

+0

t Umlauf

StartinAnHc ,,,2

BZI

Membran,BZp∆

Eintritt,BZt

Ventileu

Abbildung 4.4: Prinzipieller Aufbau des getriggerten Modells der Wasserstoffver-sorgung

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68 4.2 Entwurf eines Modells zur Ermittlung der Wasserstoffkonzentration

entgegengesetzter Ultraschallimpulse fur eine definierte Messstrecke dient mit Hilfe der Tau-

punkttemperatur am Anodenaustritt der rechnerischen Bestimmung der Gaszusammensetzung,

siehe Anhang A.5.

Die Abbildung 4.5 zeigt den Vergleich der aus der Messung der Ultraschall Messson-

de berechneten Werte der Konzentrationen fur N2, H2 und H2O mit den simulierten Werten

des FVM-Modells fur einen Betriebspunkt. Stickstoff wird in grun, Wasserstoff in blau und

Wasser in schwarz dargestellt. Die simulierten Werte sind gestrichelt gekennzeichnet. Die

Konzentration ist auf 1 normiert und die Zeit ist auf die Lange der Messung normiert. Zunachst

ist zu erkennen, das der Verlauf der simulierten Werte die indirekt gemessenen Werte der

Konzentrationen sehr gut wiedergeben [60].

Die N2- und H2O-Konzentration am Ende der betrachteten Zeit weichen jeweils um

ca. 7 % ab. Aufgrund der mathematischen Beziehung, die Summe aller Konzentrationen muss

Eins ergeben und dass die”Messwerte“ uber eine Berechnung indirekt bestimmt werden, kann

die Ursache der Abweichung nicht eindeutig bestimmt werden. Berucksichtigt man, dass die

Messzeit mehrere Minuten betragt, ist eine Abweichung von bis zu 7 % fur eine modellgefuhrte

Steuerung hinreichend genau. Des Weiteren werden die erwarteten Purgeintervalle um ein

0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 10

0.25

0.5

0.75

1

1.25

normierte Zeit

no

rmie

rte

Ko

nze

ntr

ati

on

gemessene c

H2,An

gemessene cN

2,An

gemessene cH

2O,An

simulierte cH

2,An

simulierte cN

2,An

simulierte cH

2O,An

Abbildung 4.5: Vergleich indirekt gemessener Konzentrationswerte mit Simulati-onsergebnissen zur Validierung des FVM-Modells [5]

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Modellgeführte Steuerung der Wasserstoffkonzentration 69

0 30 60 90 120 150 180 210 240 270 3000.4

0.5

0.6

0.7

0.8

0.9

1

1.1

Zeit in s

no

rmie

rte

Ko

nze

ntr

ati

on

gemessene cH

2,An

simulierte cH

2,An

gemessene(gemittelt) cH

2,An

simulierte(gemittelt) cH

2,An

Abbildung 4.6: Vergleich des Messwertes für die H2-Konzentration mit dem simu-lierten Wert während eines NEDC [60]

vielfaches geringer ausfallen als die hier aufgezeigte Messzeit.

Der Validierung fur stationare Betriebspunkte folgt der Vergleich des Simulationsmo-

dells mit Messwerten eines dynamischen Fahrzyklusses. Hierfur wird ein NEDC-Zyklus

herangezogen, bei dem ebenfalls keines der beiden Schaltventile der Wasserstoffversorgung zur

Vorbeugung der Verfalschung der N2-Anreicherung betatigt wird.

Fur die Ubersichtlichkeit der Abbildung 4.6 werden nur die H2-Konzentrationen der

indirekten Messung und der Simulation gegenubergestellt. Der simulierte Wert der H2-

Konzentration bildet den Verlauf des gemessenen Wertes gut ab. Die Konzentrationsanderungen

aufgrund der lastpunktwechselbedingten Druck- und Massenstromanderungen werden in der

Simulation gut abgebildet.

Auffallig sind die temporaren bis zu 10 % großen Differenzen zwischen den simulier-

ten und gemessenen Werten. Dabei muss hier jedoch beachtet werden, dass der Messwert

eine indirekt berechnete Große ist, die auf die Laufzeitunterschiede zweier Ultraschallsignale

zuruckgeht. Diese Berechnung kann nur in Abhangigkeit von der Messfrequenz der Messsonde

durchgefuhrt werden. Wie im Anhang A.5 erlautert betragt die Aktualisierungsrate 0, 75 Hz,

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70 4.2 Entwurf eines Modells zur Ermittlung der Wasserstoffkonzentration

somit werden nur alle 1,5 Sekunden neue Messwerte generiert.

Zusatzlich zu dieser Tatsache kommt die Eigenschaft, dass das Simulationsmodell die

Gaszusammensetzung in der Anode berechnet und somit die tatsachliche, theoretische

Konzentration im Flussfeld bestimmt. Dies fuhrt bei geringen λH2-Werten, zu einer lokalen

hohen berechneten N2-Konzentration in der Anode. Die Ultraschall-Messsonde ist ausserhalb

der Brennstoffzelle in dem Anodenabgas positioniert, demzufolge werden die Konzentrationen

an unterschiedlichen Bereichen der Wasserstoffversorgung simuliert und indirekt berechnet.

Um die Ergebnisse der Simulation hinsichtlich des Einflusses der Dynamik auf die N2-

Anreicherung besser bewerten zu konnen, werden die Werte der H2-Konzentration uber

einen großeren Zeitraum gemittelt. Diese Graphen sind zusatzlich in der Abbildung 4.6

aufgetragen und weisen eine sehr gute Ubereinstimmung auf. Uber den Zeitraum von 5

Minuten wird die Verringerung der H2-Konzentration von 1 auf 0,9 mit einer Genauigkeit

von 1,31 % simuliert. Dies zeigt, dass das Simulationsmodell im dynamischen Verlauf die

Veranderung der Konzentrationen qualitativ wie quantitativ abbilden kann und demzufolge fur

eine modellgefuhrte Steuerung geeignet ist [5].

Das grundsatzliche Problem bei der Validierung von Modellen zur Bestimmung von

Gaszusammensetzungen liegt in der schwierigen messtechnischen Erfassung der tatsachlichen

Konzentrationen der Gaskomponenten. Daher wurde der Vergleich der gemittelten Werte uber

langere Zeitraume zur Validierung herangezogen. Fur das hier vorgestellte Simulationsmodell

fuhrt dies zu dem Ergebnis, dass das FVM-Modell fur die modellgefuhrte Steuerung eingesetzt

werden kann.

Als Weiterentwicklung des Modells wurde ein Algorithmus, der eine Veranderung der

N2-Diffusion mit der Alterung der Brennstoffzelle und die potentiellen Undichtigkeiten mit

berucksichtigen kann, die Genauigkeit des Modells uber die Lebenszeit des BZ-Stapels weiter

verbessern.

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Modellgeführte Steuerung der Wasserstoffkonzentration 71

4.3 Modellgefuhrte Steuerung der Wasserstoffkonzentration

Die in Abbildung 4.1 gezeigte Kennlinie der Strahlpumpe der passiven Rezirkulation hangt von

der Dichte des Anodenabgases ab. Im Idealfall ist die Anode mit 100 % Wasserstoff gefullt.

Interne Untersuchungen in der Konzernforschung von Volkswagen haben eine untere Grenze

der Wasserstoffkonzentation ermittelt, bei der die Kennlinie der Strahlpumpe fur den Betrieb

des Brennstoffzellensystems noch oberhalb des λH2,min liegt und nur gering von der Kennlinie

aus Abbildung 4.1 abweicht. Zwischen dieser Untergrenze und dem Idealfall wurde eine Wasser-

stoffkonzentration cH2,An,opt bestimmt, bei der das Brennstoffzellensystem betrieben werden soll.

Fur das untersuchte Brennstoffzellensystem wird das bestimmte cH2,An,opt in den nachfolgenden

Untersuchungen und Erlauterung auf den Wert 1 aus Grunden der Geheimhaltung gesetzt.

Die modellgefuhrte Steuerung wird mit einen Zwei-Punkt-Regler umgesetzt und mittels einer

MiL-Simulation getestet. Die HiL-Simulation kann als Entwicklungswerkzeug nicht eingesetzt

werden, da die Transportmechanismen in der Membran der Brennstoffzelle nicht in dem

HiL-Simulationsmodell berucksichtigt werden.

4.3.1 Aufbau des modellgefuhrten Steuerungskonzeptes

In der Abbildung 4.7 wird der strukturelle Aufbau der modellgefuhrten Steuerung gezeigt.

Mittels gegebener Anfangsbedingungen fur die H2-Konzentration cH2,An,in,Start und der

aktuellen Messgroßen der Brennstoffzelle wie Stromstarke, Temperatur und Differenzdruck

uber die Membran sowie der Stellsignale des Purge- und Wasserabscheiderventils simuliert das

Modell der Wasserstoffversorgung aus Kapitel 4.2.1 die aktuelle Wasserstoffkonzentration.

In dem Modell der Wasserstoffversorgung ist ein N2-Diffusionsmodell integriert, wel-

ches die Diffusion des Stickstoffs uber die Membran berechnet und somit eine Verringerung der

H2-Konzentration verursacht.

Wahrend des Betriebs des Brennstoffzellensystems wird der StackHealth SHBZ (Erlauterung

folgt in Gleichung 4.55) der Brennstoffzelle ermittelt. Zusammen mit einer experimentell

bestimmten, von diesem StackHealth abhangigen Kennlinie wird die berechnete H2-

Konzentration korrigiert. Somit kann anschließend ein korrigierter Wert der H2-Konzentration

zur modellgefuhrten Steuerung der H2-Konzentration herangezogen werden.

Durch das Abgleichen der korrigierten H2-Konzentration mit dem Sollwert wird mittels

eines Zwei-Punkt-Reglers das Purgeventil angesteuert und die H2-Konzentration innerhalb

eines festgelegten Bereiches um den Sollwert eingestellt. Das Funktionsprinzip dieses

Zwei-Punkt-Reglers sieht wie folgt aus:

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72 4.3 Modellgeführte Steuerung der Wasserstoffkonzentration

Modell der

Wasserstoffversorgung inkl. N2

Diffusionsmodell

-Regelstrecke

StartinAnHc ,,,2

BZI

Membran,BZp∆

Eintritt,BZt korrigierter WertoutAnHc ,,2

optAnHc ,,2

lPurgeventiu

BZSH

heiderWasserabscu

Abbildung 4.7: Struktur der modellgeführten Steuerung der H2-Konzentration

• Sinkt der korrigierte Wert unter die festgelegte Abweichung nach unten vom Sollwert,

wird das Steuersignal”Purgeventil offnen“ gegeben.

• Steigt der korrigierte Wert uber die festgelegte Abweichung nach oben vom Sollwert,

wird das Steuersignal”Purgeventil schließen“ gegeben.

Die Namensgebung”modellgefuhrte Steuerung“ ist zum einen durch die nicht gemessene

Regelgroße H2-Konzentration begrundet und zum anderen wird der StackHealth nicht als ein

Beobachter gesehen. Der StackHealth wird nur eingesetzt, um die fehlende Ruckfuhrung einer

großer werdenden Regelabweichung zu ersetzen. Weicht der StackHealth von dem erwarteten

Wert stark ab, kann korrigierend eingriffen werden.

Das Modell der Wasserstoffversorgung ist in die drei Module Diffusionsmodell, Modell

der Wasserstoffstrecke und Korrektur der simulierten H2-Konzentration aufgeteilt, siehe Abbil-

dung 4.8. Die beiden erstgenannten Module simulieren mittels der in Kapitel 4.2.1 aufgefuhrten

Gleichungen und Verfahrensweise die Gaszusammensetzung in der Wasserstoffversorgung.

Aufgrund von Storungen wie temporar veranderte H2 bzw. N2-Diffusion oder einer externen

Leckage von der Wasserstoffversorgung an die Umgebung, kann der simulierte Wert von

dem realen Wert abweichen. Dies konnte zu einer ungewollt geringeren oder hoheren

H2-Konzentration in der Wasserstoffversorgung fuhren. Eine zu gering simulierte Konzentration

wurde ein verfruhtes Purgen nach sich ziehen, was außer eines leicht erhohten H2-Verbrauches

keine negativen Einflusse auf den Betrieb und die Steuerung des Brennstoffzellensystems hat.

Der Fall eines zu hohen Simulationswertes wurde zu einem Betrieb des Brennstoffzel-

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Modellgeführte Steuerung der Wasserstoffkonzentration 73

Diffusions-

Modell

Korrektur der simulierten H2

Konzentration mittels des

StackHealth BZ

BZI

Membran,BZp∆

Eintritt,BZt

Modell der

Wasserstoff-

strecke

korrigierter

Wert

simoutAnHc ,,,2

diffNn ,2&

outAnHc ,,2

StartinAnHc ,,,2

BZSH

Ventileu

Abbildung 4.8: Struktur des Modells der Wasserstoffversorgung innerhalb der mo-dellgeführten Steuerung

lensystems mit verminderten Brennstoffzellen-Wirkungsgrad fuhren. Im schlimmsten Fall

summieren sich die Abweichungen auf und die Differenz steigt soweit weiter an bis aufgrund

der geringen H2-Konzentration der stabile Betrieb des BZ-Systems nicht mehr gewahrleistet

ist. Daher wird zunachst der StackHealth SHBZ der Brennstoffzelle definiert zu

SHBZ =USSK(IBZ)

UBZ(IBZ). (4.55)

SHBZ steht fur das Verhaltnis aus der gemessenen Spannung UBZ(IBZ) zu der vermesse-

nen Spannung USSK(IBZ) der Referenz-Strom-Spannungs-Kennlinie bei der eingestellten

Stromstarke IBZ . Die Referenz-Strom-Spannungs-Kennlinie wird fur jeden BZ-Stapel nach

seiner Erstinbetriebnahme aufgenommen. Sie dient fur den nachfolgenden Betrieb als Indikator

fur den Zustand des Stapels hinsichtlich seiner Effizienz. Somit wird der”Gesundheitliche

Zustand“ des BZ-Stapels im Vergleich zur Erstinbetriebnahme ermittelt.

Zur Erlauterung des StackHealths, wird als Beispiel angenommen, dass bei einer gewunschten

Stromstarke der SHBZ = 0, 9 sei. Ein SHBZ = 0, 9 besagt, dass bei der eingestellten

Stromstarke eine 10 % geringere Spannung sich einstellt, als nach der Referenz-Strom-

Spannungs-Kennlinie zu erwarten ware. Mit der Beziehung fur die elektrische Leistung

P = U · I wird somit eine 10 % geringere Leistung bereitgestellt.

Somit musste die Stromstarke um den Faktor 10,9

bzw. um 11,11 % erhoht werden,

um bei gleichbleibender Spannung die gleiche Leistung abzugeben. Die um 11,11 % erhohte

Stromstarke bewirkt gemaß der Faraday-Beziehung auch einen um 11,11 % großeren

H2-Verbrauch. Die Erhohung der Stromstarke geht aufgrund des charakteristischen Verlaufes

der Strom-Spannungs-Kennline aus Abbildung 2.3 einher mit einer Reduzierung der Spannung.

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74 4.3 Modellgeführte Steuerung der Wasserstoffkonzentration

0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 1

0.65

0.7

0.75

0.8

0.85

0.9

0.95

1

1.05

normierte Zeit

Sta

ck

He

alt

h

StackHealth

H2 Konzentration

Abbildung 4.9: Einfluss der H2-Konzentration auf den StackHealth

Die Reduzierung der Spannung ist um eine Großenordung geringer als die der Stromstarke und

kann somit bei dieser uberschlagigen Betrachtung vernachlassigt werden. Im realen Betrieb

wurde somit ein SHBZ = 0, 9 einen mindestens 11,11 % großeren H2-Verbrauch bedeuten.

In Abbildung 4.9 ist der qualitative Verlauf des Einflusses der H2-Konzentration auf den

StackHealth fur einen normierten Zeitraum wiedergegeben. Hier geht die Verringerung der

H2-Konzentration um 20 % einher mit einer Verminderung des StackHealths um 5 %. Gemaß

der der Definition des StackHealths aus Gleichung 4.55 steigt der H2-Verbrauch um mindestens

5,3 % an.

Der dargestellte Einfluss der H2-Konzentration auf den StackHealth ist als Kennlinie

in der Steuerungssoftware hinterlegt. Die Brennstoffzelle soll wahrend des Betriebs einen

StackHealth von SHBZ > 0, 97 einnehmen. Sinkt der StackHealth unter diese Grenze, wird

der simulierte Werte nach unten korrigiert.

Fuhrt dies nicht zu einer Verbesserung des SHBZ wird das Modell durch das Offnen

des Ventils im Wasserabscheider fur eine definierte Zeit auf seine Anfangsbedingungen

initialisiert (großer Querschnitt bewirkt schnellen Austrag der Verunreinigungen). Somit wird

der sichere Betrieb des Brennstoffzellensystems gewahrleistet und fuhrt im schlechtesten Falle

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Modellgeführte Steuerung der Wasserstoffkonzentration 75

zu einem zyklischen Purgen mittels des Ventils im Wasserabscheider mit einem erhohten

Wasserstoffverbrauch.

4.3.2 Modell in the Loop Simulation der modellgefuhrten Steuerung

Die MiL-Simulation wird durch die direkte Koppelung des Modells der Wasserstoffversorgung

als Enabled-Subsystem, (siehe Kapitel 4.2.3) und eines Zwei-Punkt-Regler-Blockes in

einem Simulink R©-Modell realisiert. Die MiL-Simulation umfasst nicht die Simulation der

Luftversorgung und des Kuhlsystems. Fur die MiL-Simulation relevanten Systemgroßen wie die

Drucke der Reaktanten, die Kuhlmitteleintrittstemperatur und der Luftmassenstrom werden

die betriebspunktabhangigen Sollwerte der jeweiligen Großen idealisiert als Ist-Werte fur

die Simulation verwendet. Die Regelung des Anodeneintrittsdrucks wird ebenfalls als ideal

angenommen und somit wird der zugefuhrte H2-Massenstrom dem verbrauchten Massenstrom

gleichgesetzt.

Getestet wird der Ablauf der modellgefuhrten Steuerung und die Simulation der Gaszusam-

mensetzung unter Berucksichtigung des Stellwertes fur das Purgeventil. In der Abbildung

4.10 sind zum einen die simulierten Werte der H2- und N2-Konzentration und das Stellsignal

0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 10

0.25

0.5

0.75

1

1.25

1.5

normierte Zeit

Ko

nze

ntr

ati

on

simulierte c

H2,An

simulierte cN2,An

Stellsignal Purgeventil

Min. u. Max-Werte

Abbildung 4.10: Verlauf der Regel- und Stellgröße der modellgeführten Steuerungin der MiL-Simulation [60]

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76 4.4 Einsatz der modellgeführten Steuerung am Laborsystem

des Purgeventils abgebildet und zum anderen sind der obere und untere Grenzwert des

Zwei-Punkt-Reglers eingezeichnet.

Der Verlauf der Konzentrationen verdeutlicht sehr gut die Funktion des Zwei-Punkt-

Reglers. Erreicht der simulierte Wert der H2-Konzentration den minimalen Grenzwert offnet der

Zwei-Punkt-Regler das Purgeventil, das FVM-Simulationsmodell simuliert korrekt einen Anstieg

der H2- bzw. eine Verringerung der N2-Konzentration. Wird der maximale Grenzwert durch die

simulierte H2-Konzentration erreicht, schließt der Zwei-Punkt-Regler das Purgeventil und das

Simulationsmodell errechnet erwartungsgemaß eine N2-Anreicherung. Die unterschiedlichen

Steigungen im Verlauf der Konzentrationen und die Variation in der Lange der Purgeintervalle

lassen auf die eingestellten Veranderungen des Betriebspunktes schließen. Das Lastprofil ist

jedoch wegen der Ubersichtlichkeit nicht mit in der Abbildung 4.6 dargestellt.

Diese MiL-Simulation bestatigt die grundsatzliche Funktionalitat der modellgefuhrten

Steuerung der H2-Konzentration. Somit kann als nachster Schritt des Entwicklungsprozesses

im Rapid Control Prototyping der Einsatz der modellgefuhrten Steuerung im Laborsystem

erfolgen.

4.4 Einsatz der modellgefuhrten Steuerung am Laborsystem

Die entworfene modellgefuhrte Steuerung muss mit einem moglichst geringen Rechenaufwand

auf der Zielhardware umgesetzt werden. Die gesamte Brennstoffzellensystem-Steuerung muss

innerhalb eines 10 ms Tasks gerechnet werden. Unter diesem Aspekt durfen Teilfunktionen,

wie die Regelung eines Teilsystems, die Fehlerbehandlung, die Ablaufsteuerung oder die

modellgefuhrte Steuerung nur mit einer sehr geringen Rechenzeit z.B. unter 0, 5 ms gerechnet

werden.

Daher wurde eine Sensitivitatsanalyse hinsichtlich des Einflusses der Anzahl der Volumenele-

mente des FVM-Modells der Wasserstoffversorgung auf die Rechenzeit der modellgefuhrten

Steuerung auf der Zielhardware durchgefuhrt. Die Tabelle 4.2 beinhaltet die Ergebnisse dieser

Analyse, die in der Abbildung 4.11 graphisch visualisiert sind. Die Rechenzeit wird in ms

angegeben.

Tabelle 4.2: Einfluss der Volumenelemente auf die Rechenzeit des FVM-Modells aufder Zielhardware

Anzahl der Volumenelemente 0 10 25 50 100 200 300 500

maximale Rechenzeit in ms 0,143 0,223 0,442 0,594 0,903 1,641 2,130 -

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Modellgeführte Steuerung der Wasserstoffkonzentration 77

0 10 25 50 100 200 300

0

0.2

0.6

1

1.4

1.8

2.2

Anzahl der Volumenelemente

Re

ch

en

ze

it in

ms

Abbildung 4.11: Verhältnis der Rechenzeit zur Anzahl der Volumenelemente

Der Zusammenhang zwischen der Rechenzeit und der Anzahl der Volumenelemente

ist annahernd linear. Das FVM-Modell mit 500 finiten Volumenelementen war nicht mehr

auf der Zielhardware lauffahig und fuhrte so zu keinem Ergebnis. Der erste Wert bei 0

Volumenelementen der Tabelle 4.2 zeigt die minimale Rechenzeit der Steuerungssoftware der

modellgefuhrten Steuerung ohne das Antriggern des FVM-Modells an.

Das FVM-Modell wird mit 16 Volumenelementen (VE) mit hinreichender Genauigkeit aufgelost,

fur jede Verbindungsleitung 1 VE, Anbindung der Ventile 1 VE, Strahlpumpe 1 VE und 12 VE

fur die Diskretisierung der Brennstoffzelle. Damit wird eine Rechenzeit von ca. 0, 3 ms benotigt.

Aufgrund der Annahme einer konstanten Diffusion und eines linearen Temperaturver-

laufes entlang der Flussrichtung der Membran, wurde ein Volumenelement fur die Modellierung

der Brennstoffzelle ausreichen. Durch eine inhomogene Stromdichteverteilung kann es

zu einer nichtlinearen Temperaturverteilung kommen und weiterhin kann aufgrund einer

unterschiedlichen Wasserbeladung der PEM-Membran der N2-Diffusionsstrom uber das

Flussfeld variieren.

Daher bieten die 12 VE zukunftig die Moglichkeit die Diffusion oder den Temperatur-

verlauf innerhalb der Brennstoffzelle nichtlinear abbilden zu konnen. Die Verringerung der VE

auf die minimal erforderlichen 5 VE wurde die Rechenzeit nicht mehr stark verringern. Daher

wird eine Anzahl der Volumenelemente von 16 VE auf der Zielhardware beibehalten.

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78 4.4 Einsatz der modellgeführten Steuerung am Laborsystem

4.4.1 Test der modellgefuhrten Steuerung am Laborsystem

Der Test der modellgefuhrten Steuerung am Laborsystem erfolgt in zwei Schritten. Im ersten

Schritt wird das Verhalten der modellgefuhrten Steuerung bei unterschiedlichen stationaren

Betriebspunkten untersucht. Der zweite Schritt beinhaltet den Test der modellgefuhrten

Steuerung wahrend des NEDC Fahrzyklusses.

Fur die erste Untersuchung wurden mehrere Punkte der Strom-Spannungs-Kennlinie

am Laborsystem eingestellt. Der Verlauf des simulierten Wertes und der berechneten Messwerte

der H2-Konzentration sind als Strich-Punkt bzw. durchgezogene Linie in der Abbildung 4.12

dargestellt. Der qualitative Verlauf der Leistungsaufnahme des Brennstoffzellensystems ist

als rote Linie abgebildet. Das Stellsignal des Purgeventils wird durch die blaue Linie in der

Abbildung dargestellt. Hier wird nur zwischen”geoffnet“ bei 0,5 und “geschlossen“ bei 0

unterschieden.

Im vorderen Bereich bis ca. 40 % der normierten Zeit wird auf das cH2,An,opt gesteuert und im

weiteren Zeitbereich auf ca. 90 % des cH2,An,opt. Der Zwei-Punkt-Regler der modellgefuhrten

Steuerung offnet bzw. schließt das Purgeventil an seinen festgelegten Grenzwerten und

0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 10

0.25

0.5

0.75

1

1.25

normierte Zeit

no

rmie

rte

Ko

nze

ntr

ati

on

gemessene cH2,An

simulierte cH2,An

Stellsignal Purgeventil

Betriebspunkt BZ

Abbildung 4.12: Verhalten der modellgeführten Steuerung bei unterschiedlichenBetriebspunkten des Brennstoffzellensystems am Laborsystem

Page 103: Regelungstechnische Optimierung der Steuerung eines ...€¦ · 3.2.1 Anforderungen an das Modell der Steuerung ... 2.6 Struktur der Steuerung des behandelten Brennsto ... 2.8 Zustandsautomat

Modellgeführte Steuerung der Wasserstoffkonzentration 79

bestatigt somit die Erkenntnisse aus der MiL-Simulation. Der Verlauf Betriebspunkte BZ zeigt

vier unterschiedliche Betriebspunkte an und ist nicht mit der y-Achse in Verbindung zu stellen.

Des Weiteren stimmen die Verlaufe der simulierten und gemessenen Werten gut uber ein,

weisen jedoch beim Schließen des Purgeventils Abweichungen auf.

Diese Abweichungen sind in der maximalen Auspragung der H2-Anreicherung wahrend

eines geoffneten Purgeventils zu beobachten. Der gemessene Wert wird durch die

Stromungsverhaltnisse in der Messsonde, durch die Messwertaufbereitung und durch die

Messfrequenz beeinflusst. Dies fuhrt zu einem stufenformigen und leicht verzogerten Verlauf

der H2-Konzentration.

Dem gegenuber steht das proportionale Verhalten des FVM-Simulationsmodells der Steuerung,

welches durch den linearen Verlauf des Graphen der simulierten H2-Konzentration in der

Abbildung 4.12 gekennzeichnet wird. Innerhalb des FVM-Modells der Wasserstoffversorgung

wird das Stromungs- und Mischverhalten der Gase nicht berucksichtigt und die N2-Diffusion

wird als linear angenommen. Dies wird durch das beschriebene Verhalten des simulierten

Wertes des FVM-Modells deutlich.

0 200 400 600 800 1000 12000.65

0.7

0.75

0.8

0.85

0.9

0.95

1

1.05

1.1

Zeit in s

no

rmie

rte

Ko

nze

ntr

ati

on

gemessene cH

2,An

simulierte cH

2,An

Purgeventil

Abbildung 4.13: Vergleich des Messwertes für die H2-Konzentration mit dem simu-lierten Wert während eines NEDC inklusive der Darstellung desStellsignals des Purgeventils

Page 104: Regelungstechnische Optimierung der Steuerung eines ...€¦ · 3.2.1 Anforderungen an das Modell der Steuerung ... 2.6 Struktur der Steuerung des behandelten Brennsto ... 2.8 Zustandsautomat

80 4.4 Einsatz der modellgeführten Steuerung am Laborsystem

Abschließend kann grundsatzlich die Funktionalitat der modellgefuhrten Steuerung der

H2-Konzentration fur unterschiedliche stationare Betriebspunkte bestatigt werden.

Die Abbildung 4.13 zeigt den Verlauf des simulierten, indirekt gemessenen Wertes

und die Abbildung 4.14 ihre gemittelten Werte der H2-Konzentration wahrend eines NEDC am

Laborsystem. Die H2-Konzentration wurde mit Hilfe des indirekten Messwertes eingestellt. Des

Weiteren ist das Stellsignal des Purgeventils dargestellt.

Zunachst werden die Erkenntnisse aus der Validierung des Modells der Wasserstoffversorgung

bestatigt, dass der qualitative Verlauf des Messwertes im Verlauf des simulierten Wertes leicht

wieder zuerkennen ist. Aber im Gegensatz zur Abbildung 4.6 ergeben sich speziell im Anfangs-

bereich bei geringer Leistung und zum Ende des NEDC bei großen Leistungen etwas großere

Differenzen beim Absolutwert der gemittelten Werte der indirekten Messung und der Simulation.

Zu Beginn des Fahrzyklusses werden sehr geringe Leistungen mit langeren Idle-Phasen

abgefahren, dies fuhrt zu einer hohen N2-Anreicherung der simulierten Werte im Flussfeld der

Anode, bedingt durch die geringe Rezirkulation in diesem Betriebspunkt. Die aus der Messung

0 200 400 600 800 1000 12000.65

0.7

0.75

0.8

0.85

0.9

0.95

1

1.05

1.1

Zeit in s

no

rmie

rte

Ko

nze

ntr

ati

on

gemessene(gemittelt) cH

2,An

simulierte(gemittelt) cH

2,An

Purgeventil

Abbildung 4.14: Vergleich der gemittelten Messwerte für die H2-Konzentration mitdem gemittelten simulierten Wert während eines NEDC inklusiveder Darstellung des Stellsignals des Purgeventils

Page 105: Regelungstechnische Optimierung der Steuerung eines ...€¦ · 3.2.1 Anforderungen an das Modell der Steuerung ... 2.6 Struktur der Steuerung des behandelten Brennsto ... 2.8 Zustandsautomat

Modellgeführte Steuerung der Wasserstoffkonzentration 81

am Anodenaustritt berechneten Werte konnen, aufgrund der außerhalb der Brennstoffzelle

liegenden Messstelle, die simulierten Werte nicht bestatigen. Ab 180 Sekunden nach dem

Start des NEDC nahert sich der simulierte Wert der Messung an. Nach ca. 400 Sekunden

weisen die gemittelten Werte aus Messung und Simulation nur noch geringe Abweichungen auf.

Daraus ist zu schließen, dass der anfangs wahrend der Idle-Phasen in die Wasserstoffversorgung

diffundierte Stickstoff jetzt homogen uber der gesamten Wasserstoffversorgung verteilt ist.

Ab etwa 900 Sekunden nach dem Start stellt sich eine bleibende Abweichung ein, die

sich zum Ende des NEDC auf 6 % aufsummiert hat. Unter der Verwendung des simulierten

cH2,An-Wertes fur die modellgefuhrte Steuerung wurden die Purgeintervalle großer ausfallen und

die Korrektur uber den StackHealth musste greifen. Begrundet liegt diese Tatsache darin, dass

die Messung einige Betriebsstunden nach der Validierung des FVM-Modells aufgenommen wurde.

Der stetige Einfluss der Alterung auf das Systemverhalten der Wasserstoffversorgung

hinsichtlich der H2-Konzentration fuhrt zu nicht zufriedenstellenden Ergebnissen, um die

modellgefuhrte Steuerung mittels des FVM-Modells der Wasserstoffversorgung im dynamischen

Betrieb des betrachteten Brennstoffzellensystems weiter zuverlassig einsetzen zu konnen.

4.4.2 Bewertung der Ergebnisse der modellgefuhrten Steuerung im Einsatz amLaborsystem

Die vollstandige Abbildung der Veranderung der Gaszusammensetzung eines 3-Komponenten-

Gemisches mit der messtechnischen Erfassung nur einer Komponente setzt eine modellbasierte

Ermittlung von mindestens einer weiteren Komponente voraus. Fur die Steuerung eines

Brennstoffzellensystems ist die Kenntnis und das gezielte Einstellen der H2-Konzentration von

großer Bedeutung. Daher ist ein Simulationsmodell entworfen worden, bestehend aus einem

FVM-Modell der Wasserstoffversorgung mit integriertem N2-Diffusionsmodell und einer auf

diesem Modell basierenden Steuerung der H2-Konzentration.

Ein Problem hat sich bei den Tests der modellgefuhrten Steuerung am Laborsystem

gezeigt. Die Gaszusammensetzung uber die gesamte Lebensdauer eines Brennstoffzellensystems

speziell die H2- und N2-Konzentration konnen nicht allein anhand von Anfangsbedingungen und

den zufließenden und abfließenden Stoffstromen, bedingt durch Ventile, Verbrauch und Diffusion

berechnet werden. Der untersuchte BZ-Stapel kann aufgrund von Alterungserscheinungen sein

Systemverhalten im Hinblick auf die Diffusion, Einfluss der Feuchte, Druck und Temperatur

auf den StackHealth stark andern.

Dies hat zur Folge, dass zur Korrektur der simulierten H2-Konzentration nicht allein

der StackHealth dienen kann. Viel mehr muss die Veranderung des Diffusionsverhaltens in

Page 106: Regelungstechnische Optimierung der Steuerung eines ...€¦ · 3.2.1 Anforderungen an das Modell der Steuerung ... 2.6 Struktur der Steuerung des behandelten Brennsto ... 2.8 Zustandsautomat

82 4.4 Einsatz der modellgeführten Steuerung am Laborsystem

Abhangigkeit verschiedener Effekte der Alterung oder auch unterschiedlicher Umgebungsbedin-

gungen direkt erkannt werden. Dies muss zusatzlich mit einem geringen Rechenaufwand fur die

Zielhardware umzusetzen sein.

Daher kann als erster Ansatz der Einfluss verschiedener messbarer Großen wie Druck,

Temperatur, Luftmassenstrom und Feuchte auf den Diffusionskoeffizienten empirisch anhand

zahlreicher Messreihen ermittelt und mittels eines Kennfeldes in die Steuerung integriert

werden. Diese Vorgehensweise muss an unterschiedlichen Stapeln vorgenommen werden, um

einer moglichen Beeinflussung der Ergebnisse aufgrund von starken Bauteilstreuungen zwischen

den BZ-Stapeln entgegen zu wirken.

Nichtsdestotrotz sind die bis hierher erzielten Ergebnisse vielversprechend und fuhren

in der ersten Phase der Inbetriebnahme neuer Stapel und beim Betrieb wahrend der ersten

Betriebsstunden dazu, dass die modellgefuhrte Steuerung der H2-Konzentration zum Einsatz

kommen wird. Aber die Korrektur des simulierten Wertes wird zunachst mit der gemessenen

Große durchgefuhrt. Dadurch werden Erfahrungen gesammelt, die zusammen mit der

erfolgreichen Umsetzung der beschriebenen Maßnahmen mit einiger Zuversicht zu einer

zuverlassigen modellgefuhrten Steuerung fuhren wird. Dies sollte dann zu einer Streichung des

zurzeit eingesetzten H2-Konzentrationssensors fur den zukunftigen Einsatz in BZ-Fahrzeugen

ohne eine aktive Rezirkulation in der Wasserstoffversorgung fuhren.

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Optimierung der Regelung des Kühlsystems 83

5 Optimierung der Regelung des Kuhlsystems

Das Kuhlsystem dient der Abfuhrung der innerhalb der Brennstoffzelle entstehenden

Reaktionswarme. Die Warme wird uber das Kuhlmedium innerhalb des Kuhlers an die

Umgebungsluft abgegeben.

In Kapitel 2.2.3 wird die Notwendigkeit einer konstanten Kuhlmitteleintrittstemperatur

fur das Einstellen der relativen Feuchte der Kathode und Anode, die optimale Leis-

tungsfahigkeit und der Gewahrleistung einer langen Lebensdauer angefuhrt. Des Weiteren

ist die Variation der Kuhlmitteltemperaturdifferenz uber die Brennstoffzelle entscheidend

fur den Abtransport des Produktwassers aus der Kathode. Die Eintrittstemperatur des

Kuhlmittels soll auf einen konstanten Wert eingestellt werden, somit steht zur Beeinflus-

sung der Temperaturdifferenz bei einer konstanten abzufuhrenden Warmemenge nur die

Stellgroße des Kuhlmittelvolumenstroms bzw. die Drehzahl der Kuhlmittelpumpe zur Verfugung.

Aufgrund der erwahnten Anforderung an die Ein- und Austrittstemperaturen des Kuhlmittels

ist die Verwendung eines passiven Stellgliedes, wie des Dehnstoffthermostats einer VKM,

aufgrund seines P-Regler Verhaltens nicht zielfuhrend. Der Einsatz eines Dehnstoffthermostaten

wurde immer zu einer bleibenden Regelabweichung und zu großen Uberschwingungen bei

Lastsprungen fuhren. Diese starken Schwankungen der Kuhlmitteleintrittstemperatur wurde

das Einstellen der relativen Feuchte der Reaktionsgase stark erschweren oder sogar verhindern.

Des Weiteren kann die Betriebstemperatur des Brennstoffzellensystems nicht variiert werden,

um dem Austrocknen der Membran oder dem Auskondensieren von Wasser in dem Flussfeld

der Bipolarplatten aktiv entgegen zu wirken.

Daher wird die Kuhlmitteleintrittstemperatur aktiv mit einem elektrisch angesteuertes

Thermostatventil geregelt und die Kuhlmitteltemperaturdifferenz wird uber die Drehzahl einer

elektrisch betriebenen Kuhlmittelpumpe eingestellt.

Die derzeitige Regelung der Kuhlmitteleintrittstemperatur basierend auf einem PID-

Regler der HyMotion3-Steuerung fuhrt zu dem in Abbildung 5.1 dargestellten Ergebnis bei

einem maximalen Lastsprung am untersuchten Laborsystem. Die Regelgroße TClnt,BZ,in (linke

y-Achse) ist auf den Sollwert und die Brennstoffzellen Leistung PBZ,ist (rechte y-Achse) auf

ihren Maximalwert normiert.

Die Regelgroße weist nach einer zeitlichen Verzogerung von ca. 5 Sekunden ein Uberschwingen

des Sollwertes um 4 % bzw. ca. 3 Kelvin auf. Die Anderung der Kuhlmitteleintrittstemperatur

bewirkt ebenfalls eine Erhohung der Kathodeneintrittstemperatur, weiterhin wird mittels

der Dampfdruckkurve, siehe Anhang A.3, die relative Feuchte um ca. 10 % reduziert. Der

Page 108: Regelungstechnische Optimierung der Steuerung eines ...€¦ · 3.2.1 Anforderungen an das Modell der Steuerung ... 2.6 Struktur der Steuerung des behandelten Brennsto ... 2.8 Zustandsautomat

84

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 200.95

0.975

1

1.025

1.05

Zeit in s

no

rmie

rte

Te

mp

era

tur

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 200

0.25

0.5

0.75

1

no

rmie

rte

Le

istu

ng

TClnt, Bypass

ohne Störgrößenaufschaltung

PBZ,ist

Abbildung 5.1: Messung des Regelverhaltens einer PID-Regelung der Kühlmitte-leintrittstemperatur am Laborsystem

eigenentwickelte Brennstoffzellenstapel wird im Gegensatz zum HyMotion3-Stapel starker

in seiner Leistungsfahigkeit durch eine Feuchteanderung beeinflusst. Dies fuhrte zu einer

Verscharfung der Anforderung an die Regelung der Kuhlmitteleintrittstemperatur. Die

Feuchteanderung aufgrund von Kuhlmitteltemperaturschwankungen soll auf unter 3 %

minimiert werden. Daraus ergibt sich eine maximale Regelabweichung von 1,5 % fur die

Regelung der Kuhlmitteleintrittstemperatur. Dieser Anforderung kann die Regelung mit einem

PID-Regler nicht erfullen.

Ausgangslage fur die Optimierung der Regelung wird der PID-Regler aufgrund seiner

einfachen Implementierung auf die Zielhardware und der leicht zu applizierenden Regelpara-

meter sein (vgl. Kapitel 3.1.1). Daher empfiehlt sich eine Storgroßenaufschaltung auf den

vorhanden PID-Regler zur Kompensierung einer noch zu identifizierenden Storgroße mit einer

großen zeitlichen Verzogerung.

Grundlage der Untersuchungen in dieser Arbeit ist ein Laboraufbau eines Brennstoffzellen-

Fahrzeugsystems. Zur Warmeabfuhr ist das System im Gegensatz zu einem Gas-Flussig

Fahrzeugkuhlers an einen Flussig-Flussig Warmeubertrager des Prufstandes angeschlossen. Das

grundlegend unterschiedliche Warmeubertragungsverhalten dieser beiden Kuhlervariationen

Page 109: Regelungstechnische Optimierung der Steuerung eines ...€¦ · 3.2.1 Anforderungen an das Modell der Steuerung ... 2.6 Struktur der Steuerung des behandelten Brennsto ... 2.8 Zustandsautomat

Optimierung der Regelung des Kühlsystems 85

beeinflusst stark das Systemverhalten des Kuhlsystems und somit auch den Reglerentwurf.

Daher ist das Simulationsmodell des Kuhlsystems im HiL-Simulationsmodell fur das

Laborsystem fur einen Flussig-Flussig Warmeubertager angepasst worden. Das angepasste

Simulationsmodell des Kuhlsystems wird in diesem Kapitel validiert, da es zur Optimierung der

Regelung erforderlich ist. Die Regelung wird am Beispiel des Laborsystems optimiert und muss

fur den zukunftigen Einsatz in einem BZ-Fahrzeug noch angepasst werden.

5.1 Storgroßenaufschaltung fur die Regelung der Kuhlmitteleintritts-temperatur

Zunachst mussen die relevanten Storgroßen fur eine Storgroßenaufschaltung identifiziert werden.

Aus den Erfahrungen des Betriebes der HyMotion3-Fahrzeuge haben sich vier Storgroßen heraus

kristallisiert.

1. Warmeeintrag des Brennstoffzellensystems in Abhangigkeit der abgegebenen elektrischen

Leistung

2. Fahrgeschwindigkeit des Fahrzeuges

3. Steigerung der Kuhlleistung durch die Kuhlerlufter

4. Volumenstromanderung durch Drehzahlanderung der Kuhlmittelpumpe

Am untersuchten Laborsystem wird ein feststehender Flussig-Flussig Warmeubertrager

eingesetzt, somit kann der Einfluss eines Kuhlerlufters oder die Variation der Kuhlleistung in

Abhangigkeit der Fahrgeschwindigkeit nicht untersucht werden. Daher werden nur die Einflusse

des Warmeeintrages des Brennstoffzellensystems und die Veranderung des Volumenstroms

durch die Kuhlmittelpumpe auf die Regelstrecke bewertet.

Bevor mit der Optimierung der Regelung begonnen werden kann, muss das auf Flussig-Flussig

Warmeubertrager angepasste Simulationsmodell des Kuhlsystems anhand von Messungen am

Laborsystem validiert werden.

Anschließend kann mittels des Simulationsmodells der Einfluss der Storgroßen auf das

Kuhlsystem untersucht werden. Daraufhin erfolgt die Erarbeitung einer Storgroßenaufschaltung

und gegebenenfalls mussen weitere Erweiterungen der Reglerstruktur vorgenommen werden.

Page 110: Regelungstechnische Optimierung der Steuerung eines ...€¦ · 3.2.1 Anforderungen an das Modell der Steuerung ... 2.6 Struktur der Steuerung des behandelten Brennsto ... 2.8 Zustandsautomat

86 5.1 Störgrößenaufschaltung für die Regelung der Kühlmitteleintrittstemperatur

5.1.1 Validierung des Simulationsmodells

Die Validierung des angepassten Kuhlsystems wird mit dem erwahnten Laborsystem

durchgefuhrt. Die Abbildung 5.2 zeigt den prinzipiellen Aufbau des Kuhlsystems als ein

Teilmodul des Laborsystems. Der Hauptvolumenstrom wird durch die Kuhlmittelpumpe (1)

erzeugt und stromt anschließend durch die Brennstoffzelle (2). Dann teilt das Thermostatventil

(3) den Hauptvolumenstrom in zwei Stromungszweige auf. Der eine fuhrt uber den Kuhler (4)

und der andere wird im Bypass um den Kuhler herum gefuhrt. Nach der Zusammenfuhrung

beider Zweige wird das Kuhlmittel der Kuhlmittelpumpe wieder zugefuhrt.

1

2

3

4

6

5

7

1 Kühlmittelpumpe

2 Brennstoffzelle

3 Thermostatventil

4 Kühler

5 Wärmeübertrager Luft

6 Wärmeübertrager H2

7 Turboverdichtereinheit

8 Ausgleichsbehälter

T3

M

T2 T1

8

Abbildung 5.2: Prinzipieller Aufbau des Kühlsystems

An drei Stellen im Kuhlsystem wird ein kleiner Volumenstrom abgezweigt, um entweder Warme

abzufuhren oder aufzunehmen. Der Warmeubertrager H2 (6) heizt den zugefuhrten Wasserstoff

fur die Wasserstoffversorgung vor, der Warmeubertrager Luft (5) entzieht der komprimierten

Luft bei TTurbo,out > TClnt,BZ,in Warme oder fuhrt der Luft bei TTurbo,out < TClnt,BZ,in Warme

zu. Des Weiteren dient das Kuhlmittel dem elektrischen Antrieb des Turboverdichters (7) als

Kuhlung und fuhrt Warme ab. Weiterhin ist eine Entluftungsleitung am Brennstoffzellenstapel

angebracht und fuhrt zum Ausgleichsbehalter (8) des Kuhlsystems.

Zusatzlich zu den Komponenten des Kuhlsystems sind die drei Messstellen T1 bis T3

der Temperatursensoren in Abbildung 5.2 eingezeichnet. Die Ein- und Austrittstemperatur des

Kuhlmittels am Brennstoffzellenstapel T1 = TClnt,BZ,in und T2 = TClnt,BZ,out werden am

Stapel gemessen. Als dritte Temperatur wird die Mischtemperatur T3 = TClnt,Bypass nach

der Zusammenfuhrung der Teilvolumenstrome durch den Kuhler und im Bypass zum Kuhler

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Optimierung der Regelung des Kühlsystems 87

gemessen.

Die Validierung des Kuhlsystem Simulationsmodells, siehe Anhang A.1.1, bezieht sich

hauptsachlich auf den Einfluss der beiden Stellgroßen des Kuhlsystems Offnungswinkel

Thermostatventil und die Drehzahl der Kuhlmittelpumpe auf die Regelgroßen

Kuhlmitteleintrittstemperatur und Kuhlmitteltemperaturdifferenz.

Hierzu wurde zur Erfassung geeigneter Messdaten jeweils nur eine Einflussgroße am Laborsystem

variiert. In Abbildung 5.3 wird die Variation der Einflussgroße Offnungswinkel Thermostatventil

bei drei unterschiedlichen Leistungsbereichen der Brennstoffzelle und korrespondierenden

Drehzahlen der Kuhlmittelpumpe durchgefuhrt. Im unteren Teil der Abbildung 5.3 sind die

Stellsignale uThermo,Pumpe des Thermostatventils und der Kuhlmittelpumpe als gestrichelte

Linie dargestellt. Die Leistung der Brennstoffzelle PBZ verlauft als durchgezogene Linie parallel

zur Drehzahl der Kuhlmittelpumpe. Im Verlauf des Offnungswinkels uThermo sind die Sprunge

im Bereich von 30 bis 100 % des Absolutwertes zu erkennen. Eine Variation der Stellgroße

uber den gesamten Stellbereich war nicht durchfuhrbar, da die Austrittstemperatur uber den

erlaubten Temperaturbereich hinaus ansteigen wurde.

Im oberen Teil der Abbildung 5.3 sind die Graphen der Messstellen T1 und T2 als

schwarze durchgezogene Linien aufgetragen. Der Graph mit den absolut großeren Werte steht

fur die Messstelle T2 der Kuhlmittelaustrittstemperatur. Die roten Strich-Punkt Linien stellen

die korrespondierten Simulationsergebnisse zu den beiden Messstellen dar. Im mittleren Teil ist

die Temperaturdifferenz uber die Brennstoffzelle mit derselben Farbe und Strichart fur die

Messwerte und Simulationsergebnisse dargestellt. Die Absolutwerte der Temperaturen wurden

auf die Betriebstemperatur normiert und die Temperaturdifferenz wird in Kelvin angegeben.

In der Abbildung 5.4 ist der prozentuale Fehler zwischen den simulierten und gemes-

senen Werten der Messstellen T1 und T2 aufgetragen. Bei großen Stellsignalanderungen nimmt

der Fehler Werte von ca. ± 20 % an. In der Darstellung konstanter Absoluttemperaturen

betragt die maximale Differenz zwischen den Ergebnissen des Simulationsmodells und der

Realitat + 10 %, bei ca. t = 600 s, und ist großtenteils der Messzeit kleiner als ± 5 %.

Die Abweichung der Messdaten zu den Simulationsergebnissen Temperaturdifferenz weist eine

maximale Differenz von 3 Kelvin auf und ist uber zwei Drittel des Messbereiches kleiner als 0,5

Kelvin. Das Ubertragungverhalten des realen Kuhlsystems hinsichtlich des Warmeeintrages der

Brennstoffzelle und des Einflusses der Stellglieder auf die Regelgroßen spiegelt sich gut in den

Ergebnissen der Simulation wieder.

Eine weitere wichtige Große zur Chrakterisierung des Ubertragunsgverhalten des Kuhlsystems

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88 5.1 Störgrößenaufschaltung für die Regelung der Kühlmitteleintrittstemperatur

0 200 400 600 8000.4

0.6

0.8

1

1.2

no

rm.

Te

mp

.

Zeit in s

gemessen TClnt,BZ,in

simuliert TClnt,BZ,in

gemessen TClnt,BZ,out

simuliert TClnt,BZ,out

0 200 400 600 800-3

0

3

6

9

12

Zeit in s

∆ T

in

K

gemessenes ∆ TBZ

simuliertes ∆ TBZ

0 200 400 600 8000

0.25

0.5

0.75

1

Zeit in s

PB

Z u

nd

uT

he

rmo

.,P

um

pe

PBZ

uThermostat

uPumpe

Abbildung 5.3: Vergleich von realen Messdaten für die Kühlmitteleintritts- undaustrittstemperatur und Werte des Simulationsmodells für unter-schiedliche Stellsignale der Aktuatoren des Kühlsystems

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Optimierung der Regelung des Kühlsystems 89

0 200 400 600 800-20

-10

0

10

20

Fe

hle

r ∆ m

ess

, si

m in

%

Zeit in s

∆Clnt, BZ, in

∆Clnt, BZ, out

Abbildung 5.4: Prozentualer Fehler zwischen den gemessenen Werten derKühlmitteleintritts- und austrittstemperatur und den Werten desSimulationsmodells für die in Abbildung 5.3 aufgetragenen Werte

sind die auftretenden Verzogerungen, um die eine Ausgangsgroße xa(t) einer Eingangsgroße

xe(t) nacheilt [62]. Die zeitliche Verzogerung wird als Totzeit Tt beschrieben, siehe Gleichung

5.1.

xa(t) = xe(t− Tt) (5.1)

Im Kuhlsystem treten Totzeiten bei der Ausbreitung einer Temperaturveranderung aufgrund

einer Warmequelle oder -senke innerhalb des Systems auf. Wird zum Beispiel der Offnungswinkel

des Thermostatventil uThermo verringert und somit der Volumenstrom uber den Kuhler erhoht,

konnen anhand der Abbildung 5.5 die Totzeiten zwischen den einzelnen Messstellen T1 bis T3

des Kuhlsystems abgelesen werden.

Der blaue Graph zeigt die sprunghafte Anderung des Stellsignals des Thermostatven-

tils bei t = 142 s, die gestrichelte Linie der Messstelle T3 der Mischtemperatur TClnt,Bypass

zeigt nach 0,8 Sekunde die erste negative Temperaturanderung. Als zweite Messstelle verringert

TClnt,BZ,in bzw. T1 nach 1,5 Sekunden ihren Temperaturmesswert. 4,4 Sekunden nach der

Stellsignalanderungen des Thermostatventils sinkt der Messwert der TClnt,BZ,out bei T2.

Diese Totzeiten werden nicht durch konstante Werte beschrieben, sondern variieren mit der

Durchflussgeschwindigkeit des Kuhlmittels bzw. sind direkt proportional zur Drehlzahl der

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90 5.1 Störgrößenaufschaltung für die Regelung der Kühlmitteleintrittstemperatur

140 142 142.8 143.5 146.4 1480.8

0.9

1

1.1

no

rmie

rte

Te

mp

era

tur

Zeit in s

TClnt, BZ, in

TClnt, BZ, Bypass

TClnt, BZ, out

uThermostat

Abbildung 5.5: Messung der Temperaturmessstellen zur Verdeutlichung der imKühlsystem befindlichen Totzeiten

Kuhlmittelpumpe.

Anhand der in Abbildung 5.3 dargestellten Ergebnisse des Vergleiches des Simulati-

onsmodells mit Messdaten des Laborsystem kann das Simulationsmodell als hinreichend genau

validiert gelten. Somit kann die folgende Identifizierung der Storgroßen und die Auslegung der

Storgroßenaufschaltung mit Hilfe des Simulationsmodells durchgefuhrt werden.

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Optimierung der Regelung des Kühlsystems 91

5.1.2 Identifizierung der Storgroßen des Kuhlsystems

Als Storgroße eines Kuhlsystems konnen alle Warmequellen und -senken bezeichnet werden. In

der Abbildung 5.2 sind insgesamt neben der Brennstoffzelle drei weitere Warmequellen bzw.

-senken aufgefuhrt.

Um abschatzen zu konnen welche Warmequellen oder -senken als Storgroßen in Be-

tracht kommen, wird eine Sensitivitatsanalyse der vier in Frage kommenden Komponenten

Brennstoffzelle, Warmeubertrager H2, Warmeubertrager Luft und Turboverdichtereinheit auf

die Regelgroße Kuhlmitteleintrittstemperatur durchgefuhrt.

Zur Bestimmung des Einflusses der vier Komponenten auf die Regelgroße TClnt,BZ,in

werden die Warmeleistungen der einzelnen Komponenten und die daraus resultierende

Temperaturdifferenz ∆TClnt,i uber diese vier Bauteile berechnet. Um die Vergleichbarkeit der

Temperaturdifferenzen gewahrleisten zu konnen, wird angenommen, dass durch alle Bauteile

der gleiche Kuhlmittelmassenstrom mClnt,BZ gefordert wird. Dieser Vergleich wird fur drei

Betriebspunkte (BP) BPklein, BPmittel und BPgross durchgefuhrt.

Als erste Komponente wird die Brennstoffzelle betrachtet. Die erzeugte Prozesswarme ergibt

sich direkt aus der Strom-Spannungs-Kennlinie aus Abbildung 2.3. Mittels des elektrischen

Wirkungsgrads wird die abzufuhrende Warmeleistung der elektrochemischen Reaktion bestimmt

[41]

QBZ = PBZ ·1− ηBZ,elekηBZ,elek

. (5.2)

Die Temperaturdifferenz uber den Stapel berechnet sich mit der spezifischen Warmekapazitat

cp und dem Massenstrom m des Kuhlmittels nach [68] zu:

∆TClnt,BZ =QBZ

cp,Clnt · mClnt,BZ

. (5.3)

Der Warmeubertrager H2 soll den zugefuhrten Wasserstoff auf die Betriebstemperatur der

Brennstofzelle vorwarmen. Fur die Berechnung der entnommenen Warmeleistung QWT,H2 aus

dem Kuhlsystem wird eine konstante Kuhlmitteltemperatur TClnt,BZ,in vorrausgesetzt, der

Wasserstoffmassenstrom wird in Abhangigkeit des Lastpunktes bestimmt.

Fur die Sensitivitatsanalyse werden die Warmeubertrager als ideal betrachtet, d.h.

der Wasserstoff und die Luft in den entsprechenden Warmeubertragern nehmen die Temperatur

des Kuhlmittels an. Diese Annahme fuhrt zu folgenden Beziehungen fur die Warmeleistung

und die Verringerung der Temperatur des Kuhlmittels fur den Warmeubertrager H2:

QWT,H2 = cp,H2 · mH2 · (TH2,Sys,in − TClnt,BZ,in) (5.4)

∆TClnt,WT,H2 =QWT,H2

cp,Clnt · mClnt,BZ

. (5.5)

Page 116: Regelungstechnische Optimierung der Steuerung eines ...€¦ · 3.2.1 Anforderungen an das Modell der Steuerung ... 2.6 Struktur der Steuerung des behandelten Brennsto ... 2.8 Zustandsautomat

92 5.1 Störgrößenaufschaltung für die Regelung der Kühlmitteleintrittstemperatur

Der Warmeubertrager Luft wird analog zum Warmeubertrager H2 betrachtet. Die Massenstrome

der Medien Luft und Kuhlmittel werden in Abhangigkeit des Lastpunktes bestimmt. Somit

errechnen sich die Warmeleistung und die Temperaturdifferenz zu:

QWT,Luft = cp,Luft · mKa,in · (TTurbo,out − TClnt,BZ,in) (5.6)

∆TClnt,WT,Luft =QWT,Luft

cp,Clnt · mClnt,BZ

. (5.7)

Fur den Warmeubertrager Luft ergibt sich in Abhangigkeit des Vorzeichens der Temperaturdif-

ferenz zwischen der Austrittstemperatur des Turboverdichters und der Kuhlmitteltemperatur

eine Warme- oder Kuhlleistung.

In der Turboverdichtereinheit aus Abbildung 5.2 ist die Kuhlung des elektrischen An-

triebes und des Frequenz-Umrichters des Turboverdichters als eine Warmequelle vereint. Die

abzugebene Warmemenge an das Kuhlsystem wird durch die elektrische Leistungsaufnahme

des Turboverdichters und den Wirkungsgrad des Antriebes ηTurbo,Mot und Umrichters ηTurbo,FU

bestimmt. Die Leistungsaufnahme Pelek,Turbo wurde fur die drei Betriebspunkte bestimmt und

die Wirkungsgrade wurden dem Datenblatt des Herstellers entnommen. Somit ergibt sich fur

die Warmeleistung und die resultierende Temperaturdifferenz:

QTurbo = Pelek,Turbo ·(1− ηTurbo,Mot · ηTurbo,FU)

ηTurbo,Mot · ηTurbo,FU(5.8)

∆TClnt,Turbo =QTurbo

cp,Clnt · mClnt,BZ

. (5.9)

Die fur die Berechnung der Warmeleistung erforderlichen Stoffwerte der Medien sind in der

Tabelle 5.1 aufgefuhrt.

Tabelle 5.1: Stoffwerte [64] für die Berechnungen von Qi und dTClnt,i

cp,Clnt 3, 58 kJ(kgK)

cp,H2 14, 304 kJ(kgK)

cp,Luft 1, 005 kJ(kgK)

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Optimierung der Regelung des Kühlsystems 93

Tabelle 5.2: Berechnete Temperaturdifferenzen der einzelnen Wärmequellen und-senken des Kühlsystems

Betriebspunkt ∆TClnt,BZ ∆TClnt,WT,H2 ∆TClnt,WT,Luft ∆TClnt,Turbo

in K in K in K in K

klein 2, 19 −0, 066 −0, 32 0, 076

mitel 8, 33 −0, 10 −0, 06 0, 242

groß 11, 53 −0, 124 0, 43 0, 35

Die Tabelle 5.2 stellt die Ergebnisse fur die drei Betriebspunkte der Gleichungen 5.2 bis 5.9

gegenuber.

In allen drei Betriebspunkten hat die Brennstoffzelle den großten Einfluss auf die Re-

gelgroße. Wird der Einfluss der drei anderen Komponenten ins Verhaltnis zum Einfluss

der Brennstoffzelle auf die Regelgroße gesetzt, ergibt sich fur BPklein, dass der Einfluss

des Warmetauschers Luft um das 7-fache geringer ist. Der Einfluss der beiden anderen

Komponenten ist sogar um das 33-fache kleiner. Fur die Betriebspunkte BPmittel und

BPgross ist der Einfluss des Warmeubertragers H2 bzw. Luft und der Turboverdichtereinheit

um das 33 bis 100-fache kleiner als der Einfluss der Brennstoffzelle auf die Regelgroße TClnt,BZ,in.

Somit konnen die Warmeubertrager H2 und Luft und die Turboverdichtereinheit als

Storgroßen ausgeschlossen werden und die Brennstoffzelle verbleibt als einzige Storgroße. Die

von der Brennstoffzelle verursachte Temperaturerhohung kann erst nach der Durchstromung

des Kuhler Bypasses durch die Messstelle T3 erfasst werden. Dadurch besteht nicht mehr

die Moglichkeit die Warmemenge abzufuhren und bewirkt dadurch ein Uberschwingen der

Regelgroße.

Zusatzlich mussen die in Kapitel 5.1.1 ermittelten Totzeiten zwischen den Messstellen in

Abhangigkeit der Kuhlmittelpumpendrehzahl bei dem Entwurf der Storgroßenaufschaltung

berucksichtigt werden.

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94 5.1 Störgrößenaufschaltung für die Regelung der Kühlmitteleintrittstemperatur

5.1.3 Entwurf der Storgroßenaufschaltung auf die Stellgroße

Einschleifige Regelsysteme konnen nicht immer die an sie gestellten Guteanforderungen

einhalten. Dies ist meistens der Fall, wenn eine große Storung auf die Regelstrecke einwirkt

und zwischen dem Messglied und dem Stellglied eine große Verzogerung auftritt oder eine

Totzeit vorhanden ist [62]. Aufgrund dieser zeitlichen Verzogerung kann die Storung durch die

Regelung nur sehr langsam ausgeregelt werden, obwohl der Regler sehr schnell reagieren kann

[43].

Dem beschriebenen Verhalten kann durch die Verkurzung des Signalweges zwischen

dem Storeingriff und der Messstelle entgegengewirkt werden, sodass der Regler schnellstmoglich

Informationen uber die Storung erhalt [43]. Diese Maßnahme kann direkt umgesetzt werden.

In Kapitel 5.1.1 wird festgestellt, dass die Messstelle T3 eine Temperaturanderung aufgrund

einer Warmezufuhr durch die Brennstoffzelle fast um den Faktor 2 schneller erkennen kann als

die Messstelle T1. Zweitens tritt zwischen der Messstelle T3 und T1 keine weitere Storung

der Temperatur auf (Kap. 5.1.2). Somit kann die Regelung der Kuhlmitteleintrittstemperatur

anhand der Messgroße T3 = TClnt,Bypass durchgefuhrt werden.

Des Weiteren kann durch ein Kompensationsglied die Storung bereits vor dem Ein-

tritt in die Regelstrecke kompensiert werden. Dies ist nur moglich wenn die Storung messbar

und uber ein Stellglied beeinflussbar ist [62]. Da die produzierte Warme des Brennstoffzellen-

systems nur indirekt aus der Spannung, der Stromstarke und des elektrischen Wirkungsgrads

berechnet werden kann, aber die Auswirkung auf die Temperatur des Kuhlmittels direkt

durch die Messung der Kuhlmittelein- und Austrittstemperaturen bekannt ist, wird die

Kuhlmitteltemperaturdifferenz ∆TClnt,BZ als messbare Storung definiert und fur den Entwurf

einer Storgroßenaufschaltung herangezogen.

Eine Voraussetzung fur eine Storgroßenaufschaltung ist die Messbarkeit der Storgroße

[51]. Durch die Messung der Storgroße wird der Regler uber die Große und Art der Storung

im Voraus informiert, nicht erst wenn der Einfluss der Storung am Ausgang der Regelstrecke

gemessen wird [43]. Die erhaltenen Informationen konnen zur Berechnung einer Stellgroße

genutzt werden, um die Storung zu kompensieren [43]. In der Literatur werden verschiedene

Varianten der Storgroßenaufschaltung beschrieben. Die Storgroßenaufschaltung kann auf den

Regler oder die Stellgroße aufgeschaltet werden, oder dem Regelkreis kann eine Hilfsregelgroße,

wenn die Storgroße nur mittelbar gemessen werden kann, zur Verfugung gestellt werden

[62, 43, 51].

In dem behandelten System ist die Kuhlmitteltemperaturdifferenz als messbare Storgroße

schon identifiziert und fuhrt somit zu einer Storgroßenaufschaltung auf die Stellgroße. Diese

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Optimierung der Regelung des Kühlsystems 95

-K(s)

-W

Kd(s)

G(s)

Gyd(s)

D

UY

Regelstrecke

Abbildung 5.6: Blockschaltbild einer Störgrößenaufschaltung nach [43]

Variante wurde, im Gegensatz zur Aufschaltung auf den Regler, gewahlt um den Regler beim

Entwurf der Storgroßenaufschaltung nicht berucksichtigen zu mussen. Dies wurde zu einem

großeren Rechenaufwand der Storgroßenaufschaltung auf der Zielhardware fuhren.

In Abbildung 5.6 ist die Storgroßenaufschaltung auf die Stellgroße eines einschleifigen

Regelkreises, bestehend aus der Regelstrecke G(s), dem Regler K(s) und der Ruckfuhrung

der Ausgangsgroße Y (s), dargestellt. Der Standardregelkreis wird durch die Storgroße D und

dem Kompensationsglied Kd(s) erweitert, indem der Ausgang des Kompensationsgliedes

Kd(s) der Stellgroße des Reglers K(s) aufgeschaltet wird. Der Einfluss der Storgroße auf

das Verhalten der Regelstrecke wird mit Gyd(s) dargestellt. Dieser Einfluss wird durch das

Kompensationsglied durch die Aufschaltung auf die Stellgroße des Reglers nun kompensiert.

Das Blockschaltbild fuhrt nach [43] zu den Beziehungen:

Y (s) = Gyd(s)D(s) +G(s)U(s) (5.10)

U(s) = −Kd(s)D(s) +K(s)(W (s)− Y (s)). (5.11)

Durch einige Umstellungen erhalt man

Y (s) = Gw(s)W (s) +GD(s)D(s) (5.12)

mit

Gw(s) =G(s)K(s)

1 +G(s)K(s)(5.13)

Gd(s) =Gyd(s)−G(s)Kd(s)

1 +G(s)K(s). (5.14)

Die Fuhrungsubertragungsfunktion Gw(s) ist dem eines Standardregelkreises gleich und somit

besitzen der Standardregelkreis und das Regelsystem mit Storgroßenaufschaltung dieselbe

charakteristische Gleichung und Stabilitatseigenschaften [43].

Wird die Storgroßenaufschaltung zu

Kd(s) =Gyd(s)

G(s)(5.15)

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96 5.1 Störgrößenaufschaltung für die Regelung der Kühlmitteleintrittstemperatur

ausgelegt, wird die Storung vollstandig kompensiert und am Ausgang nicht sichtbar [62, 43].

Das errechnete Kd(s) muss zur technischen Realisierbarkeit nach [43] folgende Bedin-

gung

GradNyd(s)− GradZyd(s) ≥ GradZ(s)− GradN(s) (5.16)

erfullen. Diese Bedingung schließt somit ein Kd(s) mit einem idealen, aber technisch nicht

realisierbaren, PD-Verhalten aus [51, 62]. Wenn die dynamische Kompensation nach 5.16 nicht

moglich ist, kann eine statische Kompensation nach [62] mit einem P-Glied zu

Kd(s) =Kyd

Ks

(5.17)

durchgefuhrt werden. Zur Berechnung der Verstarkung des P-Gliedes werden die

Verstarkungsfaktoren der Ubertragungsfunktionen Gyd(s) und G(s) herangezogen.

Zur Auslegung der Storgroßenaufschaltung mussen die Ubertragungsfunktionen Gyd(s) der

Kuhlmitteltemperaturdifferenz und der Regelstrecke G(s) des Kuhlsystems auf die Regelgroße

identifiziert werden.

Mittels der Matlab System Identifikation Toolbox und des vorhandenen Simulink R©-

Modells des Kuhlsystems ist bei verschiedenen Betriebspunkten BPi (klein, mittel, groß) die

Ubertragungsfunktion Gyd(s) der Storgroße ∆TClnt,BZ auf die Regelgroße TClnt,BZ,in bei

einem konstanten Wert der Stellgroße ermittelt worden.

Gyd,klein(s) = e−14,1s · (−2, 6275 · 10−8)(s− 118800)

(s+ 1, 005)(s+ 0, 003182)(5.18)

Gyd,mittel(s) = e−6,0s · (−3, 2203 · 10−7)(s− 114900)

(s+ 1, 007)(s+ 0, 03723)(5.19)

Gyd,gross(s) = e−2,2s · (−5, 6023 · 10−7)(s− 106900)

(s+ 1, 069)(s+ 0, 05321)(5.20)

Die Ubertragungsfunktion G(s) mit der Eingangsgroße Stellglied Thermostatventil und Aus-

gangsgroße Kuhlmitteleintrittstemperatur wurde unter Zuhilfenahme desselben Werkzeugs eben-

falls errechnet. Die Storgroße ∆TClnt,BZ wurde konstant gehalten. Die Ubertragungsfunktionen

sind ebenfalls fur die drei Betriebspunkte BPi aufgenommen worden.

Gklein(s) = e−22,3s · (−1, 6612 · 10−8)(s− 120900)

(s+ 1, 005)(s+ 0, 001074)(5.21)

Gmittel(s) = e−9,4s · (−2, 2208 · 10−7)(s− 117300)

(s+ 1, 005)(s+ 0, 01801)(5.22)

Ggross(s) = e−4,7s · (−4, 8843 · 10−7)(s− 109000)

(s+ 1, 05)(s+ 0, 05123)(5.23)

Zunachst wird die Bedingung auf technische Realisierbarkeit nach Gleichung 5.16 uberpruft.

2− 1 = 2− 1 (5.24)

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Optimierung der Regelung des Kühlsystems 97

Der Poluberschuss beider Ubertragungsfunktionen ist gleich, somit gilt die Bedingung als erfullt.

Kd(s) hat demnach keinen eigenen Polluberschuss. Wird Kd(s) ohne Berucksichtigung der

Totzeitglieder beispielsweise fur BPklein mittels der Gleichung 5.15 gebildet

Kd,klein(s) =−2, 6275 · 10−8 (s−118800)

(s+1,004)(s+0,003182)

−1, 6612 · 10−8 (s−120900)(s+1,005)(s+0,001074)

(5.25)

= 1, 58(s− 118800)(s+ 1, 005)(s+ 0, 001074)

(s+ 1, 004)(s+ 0, 003182)(s− 120900)(5.26)

ergibt sich ein Nullstelle weit rechts in der realen Halbebene. Dies fuhrt zu einem instabilen

Verhalten des Steuergliedes Kd(s). Die Berechnung von Kd(s) fur die beiden anderen

Betriebspunkt ergeben dasselbe Ergebnis. Demzufolge kann dieses Steuerglied nicht zur

Storgroßenkompensation eingesetzt werden.

Da die Einsatzfahigkeit eines Steuergliedes nicht gegeben ist, wird eine statische Kompen-

sation durch ein P-Glied als Storgroßenaufschaltung nach Gleichung 5.17 bestimmt. Der

Verstarkungsfaktor Kd(0) fur die drei betrachteten Betriebspunkte ergeben sich zu:

Kd,klein(0) =−2, 6275 · 10−8 (−118800)

(1,004)(0,003182)

−1, 6612 · 10−8 (−120900)(1,005)(0,001074)

(5.27)

= 0, 525 (5.28)

Kd,mittel(0) =−3, 2203 · 10−7 (−114900)

(1,007)(0,03723)

−2, 2208 · 10−7 (−117300)(1,005)(0,01801)

(5.29)

= 0, 686 (5.30)

Kd,gross(0) =−5, 6023 · 10−7 (−106900)

(1,069)(0,05321)

−4, 8843 · 10−7 (−109000)(1,05)(0,05123)

(5.31)

= 1, 064. (5.32)

Die Ergebnisse zeigen, dass die Verstarkung von Kd(s) in einem kleinen Bereich von 0,5 bis 1

fur alle Warmeleistungen liegt. Des Weiteren ergibt sich aus dem Quotient der Totzeit-Glieder

von Gyd(s) und G(s) eine variable Totzeit Tt fur Kd(s)

Tt,klein = 8, 2 (5.33)

Tt,mittel = 3, 4 (5.34)

Tt,gross = 2, 5. (5.35)

Demnach ergibt sich fur Kd(s) ein P-Regler mit einem konstanten Verstarkungsfaktor von

kp = 0, 75, als Mittelwert des Bereiches von 0,5 bis 1, und einer variablen Totzeit Tt,var

Kd(s) = kp · e−Tt,vars. (5.36)

Die variable Totzeit Tt,var steht fur die Zeit, die das Kuhlmittel von der Messstelle T2 der

Kuhlmittelaustrittstemperatur zum Stellglied Thermostatventil benotigt. Daher wird die

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98 5.1 Störgrößenaufschaltung für die Regelung der Kühlmitteleintrittstemperatur

Totzeit durch den Volumenstrom, somit indirekt durch die Drehzahl der Kuhlmittelpumpe,

dem Leitungsquerschnitt und der Leitunsgslange bestimmt.

Die Zeit Tt,var, die das Kuhlmittel mit dem Volumenstrom VClnt fur die Leitungslange lL mit

dem Querschnitt AL benotigt, ergibt sich zu

Tt =AL · lL · 60

VClnt. (5.37)

Mit der Leitungslange von lL = 2, 3 m, dem Leitungsquerschnitt AL = 0, 001134 m2 und

der direkten Proprotionalitat der Kuhmittelpumpendrehzahl zu VClnt kann die Steuerung die

variable Totzeit zu jedem Zeitpunkt bestimmen und somit Kd(s) berechnen.

Bevor die Storgroßenaufschaltung auf der Zielhardware umgesetzt werden kann, wird

diese inklusive des PID-Reglers zur Einstellung der Kuhlmitteleintrittstemperatur in Verbindung

mit dem validierten Simulink R©-Modell des Kuhlsystems in einer MiL-Simulation getestet und

der Regelung anhand eines einfachen PID-Regler gegenuber gestellt.

Hierzu werden große Lastsprunge in einer Frequenz von 0, 5 Hz und 0, 25 Hz simuliert,

die große Temperaturdifferenzen nach sich ziehen, um das Verhalten der Regelung mit

Storgroßenaufschaltung zu testen. Im oberen Teil der Abbildung 5.7 ist der Verlauf des Last-

profils, sowie die resultierende Temperaturdifferenz der Regelung mit Storgroßenaufschaltung

aufgetragen. Im mittleren Teil wird die Ersatzregelgroße TClnt,Bypass und im unteren Teil der

Abbildung die Stellgroße uThermo der beiden Regler dargestellt, SGA bezeichnet den PID-Regler

mit der Storgroßenaufschaltung und PID den reinen PID-Regler. Die Temperaturdifferenz

∆TClnt,BZ wird in Kelvin angegeben, die ubrigen Großen sind auf ihre Maximalwerte bzw.

Stellbereiche normiert.

Die hohen Lastwechsel bei 20 s < t < 34 s mit einer Frequenz von 0, 25 Hz bewirken

eine hohere Amplitude in der Temperaturdifferenz als Lastwechsel mit der doppelten

Frequenz im Zeitbereich von 42 s < t < 46 s. Die große Warmekapazitat des Stapels

dampft die Temperaturanderung bei den Lastwechseln mit der doppelten Frequenz so

stark, dass die Auswirkung auf die Temperaturdifferenz geringer ausfallt als mit einfacher

Frequenz. Die produzierte Warme wird zunachst in den Bipolarplatten und den befeuch-

teten Membranen aufgenommen. Bei sehr kurzen Lastspitzen kann diese Warme nicht an

das Kuhlmittel ubergeben werden, bevor der Betrag der produzierten Warme wieder stark abfallt.

In diesem Bereich der maximalen Storung schwingt die Regelgroße mit dem einfa-

chen PID-Regler mit einer Amplitude von 4 % uber. Mittels der Storgroßenaufschaltung

reagiert der Regler pradiktiv auf die Storung. Dies ist an der schnellen Reaktion der Stellgroße

zu erkennen und fuhrt zur fast kompletten Dampfung des Uberschwingers. Des Weiteren ist

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Optimierung der Regelung des Kühlsystems 99

0 10 20 30 40 50 60-0.25

0

0.25

0.5

0.75

1

1.25

no

rm.

Leis

tun

g

Zeit in s

0 10 20 30 40 50 60-2

0

2

4

6

8

10

∆ T

Cln

t,B

Z in

K

sim. ∆ TClnt,BZ

0 10 20 30 40 50 600.925

0.95

0.975

1

1.025

1.05

Zeit in s

no

rm.

Te

mp

era

tur

TClnt,Bypass,PID

TClnt,Bypass,SGA

0 10 20 30 40 50 600.7

0.8

0.9

1

Zeit in s

no

rm.

Ste

llg

röß

e

uThermo,PID

uThermo,Bypass,SGA

Abbildung 5.7: Resultate der MiL-Simulation zum Vergleich PID-Regler gegenPID-Regler mit Störgrößenaufschaltung

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100 5.1 Störgrößenaufschaltung für die Regelung der Kühlmitteleintrittstemperatur

im Verlauf der Regelgroße des PID-Reglers nach Beendigung der Lastwechsel bei t = 45 s

ein einmaliges Uberschwingen von ca. 5% zu verzeichnen. Dieses Verhalten wird durch den

Einsatz der Storgroßenaufschaltung eliminiert, denn aufgrund der Verringerung der Storgroße

wird die Stellgroße reduziert, bevor der Einfluss der Storgroße auf die Regelgroße erkennbar wird.

Dieses Ergebnis bestatigt den Nutzen einer Storgroßenaufschaltung zur Optimierung

der Regelung des Kuhlsystems. Als nachsten Schritt muss fur den Einsatz auf der Zielhardware

die Storgroßenaufschaltung angepasst werden und anschließend mittels einer HiL-Simulation

getestet werden. Eine große Herausforderung wird die Portierung der variablen Totzeit

Tt,var des P-Regler Kd(s) der Storgroßenaufschaltung in eine diskrete variable Totzeit zur

Implementierung auf die Zielhardware.

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Optimierung der Regelung des Kühlsystems 101

5.2 Implementierung der Storgroßenaufschaltung in die Steuerungs-software

Der vorgestellte Entwurf der Strorgroßenaufschaltung wird fur die Steuerungssoftware in

eine zeitdiskrete Form uberfuhrt. Die Implementierung einer zeitdiskreten Totzeit in die

Steuerungssoftware, die zugleich variabel und in einen Maschinencode ubersetzbar fur die

Zielhardware sein muss, stellt wie bereits erwahnt eine Herausforderung fur die Modellierung

der Totzeit dar.

Die Funktionsweise eines Totzeit-Blocks in einer graphischen Modellierungsoberflache

zur Umsetzung auf einem Steuergerat bedient sich eines First In – First Out Speichers

(FIFO), der die Eingangsgroße fur die Lange der angegebenen Totzeit speichert und diese

anschließend um die Totzeit verzogert wieder ausgibt. Die Abbildung 5.8 zeigt die Darstellung

eines FIFO-Speichers. Die in den FIFO-Speicher geschriebenen Werte werden genau in der

Reihenfolge ausgelesen, in der sie zuvor geschrieben worden sind. In diesem Beispiel wird A B

C geschrieben und nach einer Verzogerung von zwei weiteren Arbeitsschritten wird begonnen A

B C auszulesen.

A A

B

B

C

CA

B

C

A B

1

2

3

4

A B

C

C

Abbildung 5.8: Darstellung eines FIFO Speichers

Wird eine konstante Totzeit mittels eines Integer Delay Blockes (Abb. 5.9) fur die zeitdiskrete

Simulationsumgebung der Toolkette festgelegt, wird fur diese angegebene Totzeit unter

Berucksichtigung der eingestellten Berechnungszeit eines Tasks, hier 10 ms, und des

angegebenen Datentyps ein definierter Speicherbereich durch den GNU-Compiler auf dem

Mikroprozessor der Zielhardware zugewiesen. Der mittels des GNU-Compilers erzeugte

Maschinencode wird auf das Steuergerat gespielt und fur die Darstellung der Totzeit ist nun

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102 5.2 Implementierung der Störgrößenaufschaltung in die Steuerungssoftware

ein fester Speicherbereich verantwortlich, somit kann diese Totzeit nicht mehr variiert werden.

Innerhalb der Simulink R© Umgebung stehen die drei auf der rechten Seite der Abbil-

dung 5.9 abgebildeten Simulink R©-Blocke zur Darstellung einer konstanten Totzeit oder

Verzogerung zur Verfugung. Auf der linken Seite sind drei weitere verfugbare Simulink R©-Blocke

fur Verzogerungs- und Totzeitglieder aufgefuhrt, die aufgrund ihrer Variabilitat oder

kontinuierlichen Rechenweise nicht in Betracht gezogen werden durfen. Der Memory und Unit

Delay Block ist aufgrund der Tatsache, dass alle Blocke in demselben Task gerechnet werden

mussen, nur in der Lage die Eingangsgroße um einen Task zu verzogern. Der Integer Delay

Block steht auf beiden Seiten, da ein konstanter Wert eingetragen werden darf, aber kein

Applikationsparameter.

Abbildung 5.9: Aufstellung der verfügbaren Blöcke zur Darstelluung von Totzeitenin Simulink R©

Die drei variablen Totzeit-Blocke (linke Seite Abb. 5.9) der Simulationsumgebung, durfen

aufgrund der Tatsache, dass der GNU-Compiler zum Zeitpunkt des”Compilierens“ nur

einen festen Speicherbereich fur einen Totzeit-Block zuweisen kann und diskret gerechnet

werden muss, nicht verwendet werden. Daher wird zunachst ein Modell einer variable Totzeit

entwickelt, der fur den Einsatz auf der Zielhardware geeignet ist, und auf seine Funktionalitat

untersucht. Anschließend wird die entworfene Storgroßenaufschaltung mit der variablen Totzeit

mittels einer HiL-Simulation getestet bevor sie im Laborsystem zum Einsatz kommt.

5.2.1 Entwurf einer variablen Totzeit fur den Einsatz auf der Zielhardware

Fur die Umsetzung einer variablen Totzeit werden auf der Zielhardware mehrere gleichgroße

Speicherbereiche auf dem Mikroprozessor reserviert, die nacheinander beschrieben werden. Die

Große eines Speicherbereiches ist maßgeblich fur die Auflosung der Totzeit.

In Abbildung 5.10 ist eine Reihenschaltung von n-Integer Delay Blocken mit einer

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Optimierung der Regelung des Kühlsystems 103

1te Int. Delay

z-m

2te Int. Delay

z-m

3te Int. Delay

z-m

4te Int. Delay

z-m

nte Int. Delay

z-mx(t)

x(t-m*n*dt)

Totzeit 1/m

Abbildung 5.10: Blockschaltbild einer variablen Totzeit aus n-Integer Delays

Verzogerung von m-Tasks dargestellt. Mittels eines Multi Port Switch kann an der entspre-

chenden Stelle die Ausgangsgroße abgegriffen werden, die der gewunschter Totzeit entspricht.

Durch die Wahl eines geeigneten m kann die Auflosung bestimmt werden und die maximal

darstellbare Totzeit betragt mit n,m ∈ {IN} und dt = 10 ms

Tt,max = n ·m · dt. (5.38)

Die maximale zeitliche Abweichung der resultierenden Totzeit tD,max von der geforderten

Totzeit betragt:

tD,max =m · dt

2. (5.39)

Durch die alleinige Variation der Verzogerung des ersten Blockes besteht die Moglichkeit eine

minimale Totzeit zu bestimmen und somit kann der Bereich der Totzeit verschoben werden.

Der benotigte Rechenaufwand und Speicherbedarf kann durch einen großen Totzeitbereich

enorm ansteigen, daher kann durch eine zeitabhangige Triggerschaltung, wie in Abbildung 5.11,

die Effektivitat gesteigert werden.

Jedes Triggered Subsystem beinhaltet ein Integer Delay mit der maximal erforderlichen

Auflosung der variablen Totzeit. Fur eine Temperaturmessung ist eine Auflosung von 100 ms,

Abbildung 5.11: Simulink R©Modell einer variablen Totzeit für den Einsatz auf derZielhardware

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104 5.2 Implementierung der Störgrößenaufschaltung in die Steuerungssoftware

Trigger = fallende Flanke

Trigger = steigende Flanke

x1==Anzahl Rechentasks x2==Anzahl Rechentasks

Abbildung 5.12: Zustandautomat zur Generierung des Triggersignals

dem 10-fachen der Abtastrate, hinreichend genau. Somit ist m = 10.

Fur das Modell einer variablen Totzeit werden 5 Triggered Subsystems verwendet, so-

mit kann uber das Trigger-Signal die Verzogerung des Eingangssignals eingestellt werden. Die

Triggered Subsystems werden nur bei steigender und fallender Flanke des Trigger-Signals

gerechnet. Das Trigger-Signal wird mit dem Zustandautomaten SM Trigger (Abbildung 5.11)

in Abhangigkeit der ganzzahligen Parameter x1 und x2 generiert, die sich nur um den Wert 1

unterscheiden durfen.

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 1000

0.5

1

1.5

Zeit in ms

Tri

gg

er

x1=1; x2=1

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 1000

0.5

1

1.5

Zeit in ms

Tri

gg

er

x1=1; x2=2

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 1000

0.5

1

1.5

Zeit in ms

Tri

gg

er

x1=2; x2=2

Abbildung 5.13: Verlauf des Trigger-Signals in Abhängigkeit der Parameter x1 undx2

Page 129: Regelungstechnische Optimierung der Steuerung eines ...€¦ · 3.2.1 Anforderungen an das Modell der Steuerung ... 2.6 Struktur der Steuerung des behandelten Brennsto ... 2.8 Zustandsautomat

Optimierung der Regelung des Kühlsystems 105

Das Trigger-Signal vollzieht einen Flankenwechsel, wenn die Steuerungssoftware x1 oder

x2 Tasks gerechnet hat, siehe Abbildung 5.12. In der Abbildung 5.13 ist das Verhalten des

Trigger-Signals in Abhangigkeit der ganzzahligen Parameter x1 und x2 dargestellt. Nehmen x1

und x2 den Wert Eins an, werden die Triggered SubSystems in jedem 10 ms Task angetriggert,

siehe erster Teil der Abbildung. Ist der zustandige Parameter fur die fallende Flanke x2 = 2

um Eins großer als x1 = 1, wird die fallende Flanke nach 2 Tasks bzw. nach 20 ms ausgelost

und die darauffolgende steigende Flanke nach einem Task bzw. 10 ms, siehe zweiter Teil der

Abbildung 5.13, somit werden die Triggered SubSystems im Schnitt alle 15 ms angetriggert.

Im dritten Teil der Abbildung sind beide Parameter gleich x1 = x2 = 2, hier erfolgt der

Flankenwechsel, steigend wie fallend, alle 2 Tasks bzw. 20 ms.

Durch die Auswahl von zwei Parametern zur Generierung des Trigger-Signals ist die

Moglichkeit gegeben, die Flankenwechsel fur fallende und steigende Flanken unabhangig

voneinander zu gestalten.

Die ganzzahligen Parameter x1 und x2 werden mit der Totzeit Tt und der Anzahl

der Triggered Systems xTr.SubSys berechnet. x1 wird mathematisch auf eine ganze Zahl

gerundet und x2 wird mit der Gaußklammer [11] auf die kleinste ganze Zahl, die großer oder

gleich dem Ergebnis fur xi als reelle Zahl ist, aufgerundet.

x1 =Tt ·m

xTr.SubSys(5.40)

x2 = d Tt ·mxTr.SubSys

e (5.41)

In Abhangigkeit von x1 und x2 wird der Port Pi des Multi Port Switch bestimmt und das

Eingangssignal wird mit einer Abweichung zur gewunschten Totzeit verzogert.

Pi =Tt ·m

0.5(x1 + x2)+ 1 (5.42)

Der Port ergibt sich aus dem normal gerundeten Wert fur Pi. Die modellierte variable Totzeit

Tt,var mit der Auflosung von 0, 1 s betragt

Tt,var = (x1 + x2

2− 1) · 0, 1 · (Pi − 1) + 0, 1 · (Pi − 1). (5.43)

Durch die Rundung der Werte x1, x2 und PI ergibt sich eine Abweichung. Diese Abweichung

tD berechnet sich fur Tt mit einer Auflosung von 0, 1 s zu

tD = |(Tt − Tt,var)| (5.44)

=

∣∣∣∣(Tt − (x1 + x2

2− 1) · 1

m· (Pi − 1) +

1

m· (Pi − 1))

∣∣∣∣ . (5.45)

Die maximale Abweichung wird durch die Verzogerung eines Flankenwechsels durch die Werte

x1, x2 bestimmt, im Folgenden werden die auftretenden Totzeiten des untersuchten Kuhlsystems

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106 5.2 Implementierung der Störgrößenaufschaltung in die Steuerungssoftware

berechnet, woraus sich eine maximale Abweichung tD,max berechnen lasst.

tD,max =x1 + x2

2· dt. (5.46)

Die Totzeit Tt steht fur die Zeit, die das Kuhlmittel von der Messstelle T2 der

Kuhlmittelaustrittstemperatur zum Stellglied Thermostatventil benotigt. Daher wird

die Spreizung des Zeitbereiches der Totzeit durch den Volumenstrom bei der maximalen und

minimalen Drehzahl der Kuhlmittelpumpe, dem Leitungsquerschnitt und der Leitunsgslange

bestimmt.

Die Zeit Tt, die das Kuhlmittel mit dem Volumenstrom VClnt fur die Leitungslange lL

mit dem Querschnitt AL benotigt, ergibt sich zu

Tt =AL · lL · 60

VClnt. (5.47)

Mit dem maximalen Volumenstrom VClnt,max = 0, 151 m3

minbzw. dem minimalen VClnt =

0, 0132 m3

min, der Leitungslange von lL = 2, 3 m und dem Leitungsquerschnitt AL = 0, 001134 m2

lassen sich

Tt,max = 11, 85 s (5.48)

Tt,min = 1, 03 s (5.49)

berechnen. Mit Tt,max und den Gleichungen 5.40 und 5.41 ergeben sich fur:

x1 = 24 (5.50)

x2 = 24 (5.51)

und durch Einsetzen der Werte fur x1 und x2 in die Gleichung 5.46 ergibt sich die maximale

Abweichung von:

tD,max =x1 + x2

2· dt (5.52)

=24 + 24

2· 10ms (5.53)

= 240ms. (5.54)

Die Abweichung von 240 ms bei einer maximalen Totzeit Tt,max = 11, 85 s bedeutet eine

Abweichung von 2, 03 % des absoluten Wertes. Dieser Wert ist im Hinblick auf die Tragheit

des Warmeeintrages eine hinreichend geringe Abweichung. Somit wird das in Abbildung 5.11

erlauterte Simulink R©- Modell einer variablen Totzeit in der Brennstoffzellensystem-Steuerung

fur die Storgroßenaufschaltung auf die Stellgroße der Kuhlmitteleintrittstemperatur Regelung

eingesetzt.

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Optimierung der Regelung des Kühlsystems 107

5.2.2 Test der optimierten Regelung mittels Hardware in the Loop Simulation

Das Blockschaltbild aus Abbildung 5.14 stellt die Umsetzung der entworfe-

nen Storgroßenaufschaltung aus Kapitel 5.1.3 zusammen mit der Steuerung der

Kuhlmitteltemperaturdifferenz ∆TClnt,BZ dar. Diese Struktur wurde in Simulink R©

umgesetzt unter Zuhilfenahme der vorgestellten variablen Totzeit aus Abschnitt 5.2.1 und des

PID-Regler Blockes aus Kapitel 3.1.1.

Die Steuerung von ∆TClnt,BZ erfolgt anhand des Sollwertes fur die Leistunganforderung der

Brennstoffzelle. Durch die Umstellung der Gleichung 5.3 nach mClnt,BZ mit der gewunschten

Kuhlmitteltemperaturdifferenz ∆TClnt,BZ,Set zu

mClnt,BZ =QBZ

cp,Clnt ·∆TClnt,BZ,Set(5.55)

wird der erforderliche Kulmittelmassenstrom berechnet. Die Vermessung der Kuhlmittelpumpe

in dem betrachteten Kuhlsystem fuhrt zu einer Kennlinie fur den Kuhlmittelmassenstrom in

Abhangigkeit von der Pumpendrehzahl. Somit ergibt sich fur K2(s) ein P-Glied mit einem

kennfeldbasierenden Verstarkungsfaktor kp.

K2(s) = kp(PBZ) (5.56)

Das eingestellte ∆TClnt,BZ mittels der Steuerung K2(s) weicht mit einer Genauigkeit von nur

±1 % vom gewunschten Sollwert ab. Dies erfullt die Anforderung an das Kuhlsystem, um das

produzierte Wasser auszutragen oder eine erforderliche Feuchte einzustellen.

G2(s)

Sollwert inBZ,Clnt,T

IstBZ,Clnt,T∆

BypassClnt,TThermou

SetBZ,P

-

K2(s)

G1(s)+

K1(s)

Kd(s)

kP

Tt,var

outBZ,Clnt,T

-StoerBZ,T∆

GPumpe

(s)T

t,var(u

1,Pumpe)

Pumpeu Pumpe1,u

-

inBZ,Clnt,T

Reglung des Kühlsystems Regelstrecke des Kühlsystems

Abbildung 5.14: Blockschaltbild der Regelung des Kühlsystems

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108 5.2 Implementierung der Störgrößenaufschaltung in die Steuerungssoftware

Das Ubertragungsverhalten der Kuhlmittelpumpe GPumpe(s) wird durch ein PT1-Glied in der

Steuerung dargestellt und dient der Verzogerung des Stellsignale der Pumpendrehzahl uPumpe.

Das verzogerte Stellsignal u1,Pumpe ist die Eingangsgroße der Storgroßenaufschaltung fur die

Berechnung der variablen Totzeit Tt,var.

Die in Kapitel 5.1.3 beschriebene und entworfene Storgroßenaufschaltung Kd(s) ist

mit den entsprechenden Ein- und Ausgangsgroßen ebenfalls in der Abbildung 5.14 dargestellt.

Die Totzeit wird mit Gleichung 5.37 und der Kenntnis der Abhangigkeit des Volumenstroms

von der Drehzahl der Kuhlmittelpumpe mit der Funktion Tt,var(u1,Pumpe) berechnet.

Die vorgestellte Struktur der Regelung der Kuhlmitteleintrittstemperatur mit

Storgroßenaufschaltung wird zusammen mit der Steuerung der Kuhlmitteltemperaturdifferenz

mittels HiL-Simulationen auf ihre Funktionalitat und Robustheit getestet.

Hierzu wird dasselbe Lastprofil, wie bei den MiL-Tests in Kapitel 5.1.3 gewahlt, um

den Einfluss der Zeitdiskretisierung auf dem Steuergerat auf die Regelgute zu untersuchen. Des

Weiteren kann hiermit die Funktion der variablen Totzeit im Bezug auf die gewahlte Auflosung

und Genauigkeit getestet werden.

Die Darstellung ist analog zu Abbildung 5.7 aufgebaut und gibt hier die Ergebnisse der

MiL und HiL-Simulationen der PID-Regler mit Storgroßenaufschaltung wieder. Zusatzlich

ist das Verhalten des Regelkreises mit einem reinen PID-Regler in der HiL-Simulation abgebildet.

Der oberere Teil der Abbildung 5.15 zeigt dasselbe Lastprofil der MiL-Simulation mit

der resultierenden Temperaturdifferenz der Regelung mit Storgroßenaufschaltung. Im

zweiten Teil ist die Ersatzregelgroße TClnt,Bypass fur die drei Regelkreise, PID-Regler und

Storgroßenaufschaltung mit MiL (blau), PID-Regler und Storgroßenaufschaltung mit HiL

(schwarz) und PID ohne Storgroßenaufschaltung mit HiL (rot) dargestellt.

Die Verlaufe der Ersatzregelgroße TClnt,Bypass der Regler mit Storgroßenaufschaltung

sind fast uber den gesamten Zeitbereich deckungsgleich. Dies spiegelt sich auch in den

Graphen der Stellgroßen wieder. Der einzige Unterschied lasst sich in den Messwerten der

HiL-Simulation bei Abwartstransienten der Temperaturdifferenz identifizieren. Die Graphen

der Temperaturdifferenz und der Stellgroßen weisen einen Peak auf. Dieser Peak veranlasst

die beiden am HiL eingesetzten Regler zu einem großeren Uber- bzw. Unterschwingen der

Regelgroße im Vergleich zur MiL-Simulation. Der Peak und die sprunghafte Anderung der

Temperaturdifferenz ist auf ein leicht verandertes Verhalten des Simulationsmodells auf dem

HiL-Simulator zuruckzufuhren.

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Optimierung der Regelung des Kühlsystems 109

0 10 20 30 40 50 60-0.25

0

0.25

0.5

0.75

1

1.25

no

rm.

Leis

tun

g

Zeit in s

0 10 20 30 40 50 60-2

0

2

4

6

8

10

∆ T

Cln

t,B

Z in

K

sim. ∆ T

Clnt,BZ

0 10 20 30 40 50 600.6

0.7

0.8

0.9

1

1.1

Zeit in s

no

rm.

Te

mp

./S

tellg

r.

TClnt,Bypass,SGA,HiL

TClnt,Bypass,SGA,MiL

TClnt,Bypass,PID,HiL

uThermo,SGA,HiL

uThermo,Bypass,SGA,HiL

uThermo,Bypass,SGA,MiL

Abbildung 5.15: Resultate der HiL-Simulation zum Vergleich PID-Regler gegenPID-Regler mit Störgrößenaufschaltung und MiL-Simulation

Die HiL-Simulation veranschaulicht sehr gut die Funktionsweise der Strogroßenaufschaltung.

Das Uber- bzw. Unterschwingen der Regelgroße bei Lastwechsel werden stark bis ganz gedampft.

Somit kann anhand der HiL-Simulationen gesagt werden, dass die entworfene

Storgroßenaufschaltung fur den PID-Regler der Kuhlmitteleintrittstemperatur ohne ei-

ne Veranderung aus dem Entwurfsprozess mittels einer MiL-Simulation ubernommen werden

kann. Somit kann der beschriebene Entwicklungsprozess des Rapid Control Prototyping bis zur

Phase:”Tests mittels einer HiL-Simulation“ fur die Optimierung der Regelung des Kuhlsystems

eingesetzt werden.

Page 134: Regelungstechnische Optimierung der Steuerung eines ...€¦ · 3.2.1 Anforderungen an das Modell der Steuerung ... 2.6 Struktur der Steuerung des behandelten Brennsto ... 2.8 Zustandsautomat

110 5.3 Einsatz des Reglers für die Kühlmitteleintrittstemperatur am Laborsystem

5.3 Einsatz des Reglers fur die Kuhlmitteleintrittstemperatur am La-borsystem

Als letzter Schritt im Entwicklungsprozess des Rapid Control Prototyping steht der Einsatz

der optimierten Regelung des Kuhlsystems in einer realen Umgebung bevor. Die erfolgreich

am HiL-Simulator getestete Regelung wird ohne Veranderung auf der Zielhardware VW-FCC

am Laborsystem eingesetzt. Mittels der E-Fahrzeugsimulation wird zunachst ein maximaler

Lastsprung erzeugt, um den Vorteil der Storgroßenaufschaltung auch am Laborsystem

nachweisen zu konnen.

Anschließend wird das Verhalten der optimierten Regelung des Kuhlsystem beim Ab-

fahren eines realen Fahrzyklusses untersucht. Hier steht die Regelgute hinsichtlich des

Einschwingverhaltens des Reglers mit Storgroßenaufschaltung im dynamischen Betrieb im

Vordergrund. Diese Untersuchung soll die praktische Einsatzfahigkeit der mittels des Rapid

Control Prototyping Prozesses optimierten Regelung unter Beweis stellen. Zum Abschluss

wird auf die weiterfuhrenden Schritte hingewiesen, die unternommen werden mussen, um die

Regelung des Kuhlsystems fur den Einsatz im Fahrzeug anzupassen.

5.3.1 Gegenuberstellung der unterschiedlichen Regelungskonzepte

Der Vergleich der Regelungskonzepte PID-Regler mit und ohne Storgroßenaufschaltung

wird anhand eines maximalen Lastsprunges untersucht. Die HiL-Simulationen haben gezeigt,

das wiederkehrende Lastsprunge ein Uber- bzw. Unterschwingen der Regelgroße im Bezug

zum Sollwert hervorrufen. Somit ist die Untersuchung anhand eines Lastsprunges fur die

Gegenuberstellung der Regelungskonzepte aussagekraftig.

Die Abbildung 5.16 zeigt der Verlauf der Ersatzregelgroße TClnt,Bypass fur die Rege-

lung mit und ohne Storgroßenaufschaltung und die tatsachliche elektrische Leistung der

Brennstoffzelle auf eine sprunghafte Leistungsanforderung aus dem Leerlauf auf ca. 95 % der

maximal zulassigen Leistung. Der Leistungsprung wird leicht verzogert und der stationare

Endwert wird nach ca. 1, 2 s erreicht. Der Sollwert und die Ersatzregelgroße TClnt,Bypass

sind auf den Sollwert normiert (linke y-Achse) und die Brennstoffzellenleistung ist auf seine

maximale BZ-Leitung PBZ,max (linke y-Achse) normiert.

Der Leistungssprung bewirkt einen Anstieg der abzufuhrenden Warme um den Faktor 100.

Die Regelgroße TClnt,Bypass des einfachen Regelkreises mit PID-Regler steigt nach einer

Verzogerung von ca. 5 Sekunden an und schwingt bis zu 4 % uber den einzustellende Sollwert.

Eine Regelabweichung von < 1% wird nach weiteren 5 Sekunden erreicht. Die Regelgroße

schwingt mit einer Periodendauer von weiteren 5 Sekunden. Die ist ein Merkmal fur die

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Optimierung der Regelung des Kühlsystems 111

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 200.95

0.975

1

1.025

1.05

Zeit in s

no

rmie

rte

Te

mp

era

tur

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 200

0.25

0.5

0.75

1

no

rmie

rte

Le

istu

ng

TClnt, Bypass

ohne Störgrößenaufschaltung

TClnt, Bypass

mit Störgrößenaufschaltung

PBZ,ist

Abbildung 5.16: Vergleich der Messdaten der Regelung mit und ohne Störgrößen-aufschaltung am Laborsystem bei einem maximalen Lastsprungder Brennstoffzellenleistung

Existenz einer nicht berucksichtigten Totzeit von ca. 5 Sekunden.

Der PID-Regler mit Storgroßenaufschlatung lasst die Regelgroße zunachst leicht mit

0,075 % uberschwingen und regelt anschließend die Regelgroße ein. Dies zeigt den Vorteil

der Strogroßenaufschaltung; namlich dass die Storung anhand der messbaren Warmemenge

pradiktiv kompensiert werden kann und dadurch die Kuhlmitteleintrittstemperatur konstant

eingestellt bleibt.

Das Ergebnis verdeutlicht sehr gut die Verbesserung der Regelgute der Regelung der

Kuhlmitteleintrittstemperatur. Große Lastsprunge fuhren nicht mehr zu einem Uberschwingen

der Regelgroße. Das Schwingen um ±4 % der Betriebstemperatur wurde, wie eingangs des

Kapitels erwahnt, eine Anderung der relative Feuchte um ±10 % bewirken. Dies wiederum

beeinflusst die Leistungsfahigkeit im ungunstigsten Falle soweit, dass einzelne Zellen mit

flussigem Wassser geflutet werden und somit die Spannung dieser Zellen einbricht.

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112 5.3 Einsatz des Reglers für die Kühlmitteleintrittstemperatur am Laborsystem

5.3.2 Untersuchung der Regelung am Beispiel eines realen Fahrzyklusses

Die Optimierung der Regelung des Kuhlsystem mittels einer Storgroßenaufschaltung auf

die Stellgroße eines PID-Reglers wird abschließend mit dem Abfahren eines Fahrzyklusses

auf das Verhalten im dynamischen Betrieb untersucht. Dieser Fahrzyklus wurde von

Volkswagen fur Lebensdaueruntersuchungen und zur Durchfuhrung von Dynamiktests eines

Brennstoffzellensystems entwickelt [22].

Dieser Fahrzyklus umfasst ein Programm aus Stadtverkehr, Uberland- und Autobahn-

fahrten. Fur die Untersuchungen hinsichtlich der Regelgute wird ein dynamischer Teil des

Zyklusses herausgegriffen und eingehend untersucht. Diese Zeitbereich umfasst 2 Minuten

und umfasst ein Leistungsspektrum von Leerlauf-Phasen bis zu 85 % der Maximalleisung des

Brennstoffzellensystems.

In der Abbildung 5.17 ist die abgegebene Brennstoffzellenleistung (roter Graph) und die

Regelgroße TClnt,BZ,in (blauer Graph) aufgetragen. Beide Messgroßen sind normiert, die

Regelgroße auf ihren Sollwert (linke y-Achse) und die Brennstoffzellenleistung auf ihren

0 20 40 60 80 100 1200.95

0.975

1

1.025

1.05

Zeit in s

no

rmie

rte

Te

mp

era

tur

0 20 40 60 80 100 1200

0.25

0.5

0.75

1

no

rmie

rte

Le

istu

ng

TClnt,Bypass

PBZ

Abbildung 5.17: Messungen der Brennstoffzellenleistung und der Regelgröße wäh-rend eines Teilabschnittes eines realitätsnahen Fahrzyklusses amLaborsystem

Page 137: Regelungstechnische Optimierung der Steuerung eines ...€¦ · 3.2.1 Anforderungen an das Modell der Steuerung ... 2.6 Struktur der Steuerung des behandelten Brennsto ... 2.8 Zustandsautomat

Optimierung der Regelung des Kühlsystems 113

Maximalwert (rechte y-Achse).

Wahrend des gesamten Zeitbereiches bewegt sich die Regelabweichung innerhalb ei-

nes Bandes von ±1 % um den geforderten Sollwert. Nach der starken Verringerung der

Brennstoffzellenleistung bei ca 70 Sekunden schwingt die Regelgroße kurz unter den Sollwert

und fuhrt danach ein Uberschwingen des Sollwertes mit der maximalen Amplitude von ca. 1 %

aus. Dies zeugt von einer geringen Uberkompensation der Storgroße.

Der Entwurf der Storgroßenaufschaltung mittels des Rapid Control Prototyping ist er-

folgreich bis zur letzten Phase Einsatz im Fahrzeug durchgefuhrt worden und erfullt die

gestellte Anforderung einer maximalen Regelabweichung von 1,5 %.

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114 5.3 Einsatz des Reglers für die Kühlmitteleintrittstemperatur am Laborsystem

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Entwicklung einer Betriebsstrategie für den Einsatz eines Turboverdichters 115

6 Entwicklung einer Betriebsstrategie fur den Einsatz ei-nes Turboverdichters

Fur die elektrochemische Reaktion innerhalb der Brennstoffzelle muss auf der Seite der

Kathode Sauerstoff bereitgestellt werden. Die Bereitstellung von Sauerstoff geschieht bei

dem behandelten Brennstoffzellensystem durch die Zufuhr von Luftsauerstoff uber einen

Turboverdichter, siehe Kapitel 2.1.2.

Der Turboverdichter besitzt, wie alle Luftverdichter, ein begrenztes Betriebskennfeld,

in dem er betrieben werden darf. In Abbildung 6.1 ist das vermessene Kennfeld eines

Turboverdichters dargestellt. In dem Kennfeld ist das normierte Druckverhaltnis π uber

den normierten, geforderten Luftmassenstrom fur verschiedene Drehzahlen aufgetragen.

Das Kennfeld ist auf die schwarz eingezeichnete Betriebskennlinie des Brennstoffzellensys-

tems normiert. Maximal erforderlicher Luftmassenstrom beim einzustellenden Solldruck

bei PBZ,max entspricht 1. Das Kennfeld wird bei hohen Druckverhaltnissen und gleichzei-

tig geringen Luftmassenstromen durch die Stabilitatsgrenze bzw. Pumpgrenze begrenzt [24, 61].

Die Uberschreitung dieser Pumpgrenze fuhrt den Verdichter in instabile Betriebsberei-

che. Der gefahrlichste Zustand ist das”Pumpen“. Beim Pumpen treten hohe mechanische

0,5

0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2 1,4 1,6 1,8

70000

70000

60000

60000

55000

55050000

5000045000

45000

40000

35000

30000

65000

65000

00

25000

20000

Pu

mp

gren

ze

normierter Luftmassenstrom

no

rmie

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s D

ruck

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= p

Tu

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ein

0,25

0

0,75

1

1,25

1,5

Betriebs-

kennlinie

Isolinien Wirkungsgrad

Verdichterdrehzahlen

Abbildung 6.1: Vermessenes Kennfeld eines Turboverdichters

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116

Belastungen auf, diese konnen zu einer Beschadigung des Verdichters fuhren [61].

Der Bereich des besten isentropen Wirkungsgrads eines Turbovedichters befindet sich

nach [61] in den meisten Fallen in der Nahe der Pumpgrenze. Dieses trift auch fur den in dieser

Arbeit betrachteten Turboverdichter zu. Die entsprechenden Isolinien des Wirkungsgrads sind

in der Abbildung 6.1 durch gestrichelte Linien kenntlich gemacht.

Eine Optimierung des Systemwirkungsgrads des betrachteten Brennstoffzellensystems

fuhrte zu der schwarzen Betriebskennlinie des Brennstoffzellensystems in Abbildung 6.1. Im

mittleren bis oberen Bereich des Kennfeldes liegt sie in sicherer Entfernung zur Pumpgrenze

und befindet sich im Bereich des optimalen Wirkungsgrads des Turboverdichters. Im unteren

Bereich liegt die Betriebskennlinie in der Nahe der Pumpgrenze und teilweise links neben

der Pumpgrenze im instabilen Betriebsbereich des Verdichters und kann somit nicht ohne

zusatzliche Veranderungen am System von dem Turboverdichter eingestellt werden.

Der verwendete Turboverdichter ist bauartbedingt nicht in der Lage, die gewunschten

Luftmassenstrome bei den festgelegten Drucken bereitzustellen. Die Verdichterwelle

des elektrischen Antriebsmotors ist mit einem olfreien Luftlager ausgestattet, um die

angesaugte Luft fur die Kathode nicht mit olhaltigen Betriebsstoffen, wie sie z.B. in

fett- oder olgeschmierten Walz- oder Gleitlagern verwendet werden, zu verunreinigen.

Gelangen diese Betriebsstoffe uber den geforderten Luftmassenstrom in die Brennstoffzelle,

schranken sie die Leistungsfahigkeit der Brennstoffzelle ein und verkurzen ihre Lebensdauer stark.

Nach dem Start der Luftversorgung muss daher der Turboverdichter uber eine be-

stimmte Drehzahl, die sogenannte Abhebe- oder Leerlaufdrehzahl, beschleunigt werden, um

den tragfahigen Luftfilm innerhalb des Luftlagers aufzubauen. Die fur einen luftgelagerten

Turboverdichter erlaubte Leerlaufdrehzahl fuhrt im untersuchten Brennstoffzellensystem zu

einem deutlich hoheren Luftmassenstrom, als die Brennstoffzelle im unteren Lastbereich

benotigt. Daher muss im unteren Lastbereich des Brennstoffzellensystems zur Einstellung der

Betriebskennlinie der uberschussig bereitgestellte Luftmassenstrom des Turboverdichters uber

einen Bypass mittels der Waste-Klappe an der Kathode vorbei gefuhrt werden.

Dies fuhrt zu einer veranderten Betriebskennlinie des Turboverdichters, schwarz gestri-

chelte Linie in Abbildung 6.1, im Gegensatz zur Kennlinie des Brennstoffzellensystems. Die

Luftmassenstrom-Differenz zwischen der durchgezogen und der gestrichelten Kennlinie bei

einem festen Druckverhaltnis muss uber die Waste-Klappe abgefuhrt werden. In Abbildung

6.1 kennzeichnet das schraffierte Dreieck den Bereich, in dem ein Luftmassenstrom uber die

Waste-Klappe abgefuhrt werden muss.

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Entwicklung einer Betriebsstrategie für den Einsatz eines Turboverdichters 117

Aus der Existenz einer Pumpgrenze und des im unteren Lastbereich abzufuhrenden

uberschussigen Luftmassenstroms ergeben sich zwei Anforderungen an die

Brennstoffzellensystem-Steuerung:

1. Ermoglichen des Betriebes uber den gesamten Betriebsbereich, insbesondere Regelung

des Waste-Luftmassenstroms, um im unteren Lastbereich die Betriebskennlinie der

Brennstoffzelle einzustellen

2. Vermeidung des Uberschreitens der Pumpgrenze im stationaren und dynamischen Betrieb

Zum Entwurf einer Betriebsstrategie fur den Einsatz eines Turboverdichters in einem Brennstoff-

zellensystem wird neben dem Entwurf der Regelung des Kathoden- und Waste-Luftmassenstroms

zusatzlich eine Pumpgrenzuberwachung entworfen, um den Turboverdichter wahrend des Be-

triebes vor dem Uberschreiten seiner Stabilitatsgrenze zu schutzen. Die Erarbeitung dieser

Pumpgrenzuberwachung wird zunachst erlautert und anschließend wird auf den Entwurf der

angesprochenen Regler eingegangen. Abschließend werden die Implementierung der Betriebss-

trategie auf das Steuergerat und die damit verbundenen Tests beschrieben und bewertet.

6.1 Instationarer Betrieb an der Pumpgrenze

Die Abbildung 6.2 zeigt den Verlauf eines Pumpzyklusses in dem Verdichterkennfeld. Der Punkt

A beschreibt einen stabilen, stationaren Betriebspunkt. Durch eine Androsselung des Systems

wird bei konstanter Drehzahl der Betriebspunkt an die Stabilitatsgrenze A’ verschoben. Der

Effekt des Pumpens beginnt dann durch das teilweise bis komplette Abreißen der Stromung

(1) an den einzelnen Verdichterschaufeln, dies fuhrt zu einer Verringerung des geforderten

Luftmassenstroms und verursacht schließlich die Ruckstromung (2) schon verdichteter Luft

[61]. Diese Ruckstromung entlastet den Verdichter und fuhrt unmittelbar zu einer Senkung des

Drucks [24]. Dadurch kann sich die Stromung wieder an die Schaufel anlegen (3) und der

Druck wird wieder aufgebaut.

Bei unveranderten Randbedingungen, wie Drehzahl, Druckniveau und Luftmassenstrom

wiederholt sich dieser Effekt zyklisch und somit stellt sich kein stabiles Druckverhaltnis mehr

ein. Vor- und Ruckstromung erfolgen in schneller Abfolge aufeinander, so dass dabei das

charakteristische”Pump-Gerausch“ entsteht [24, 61]. Durch einen Druckabbau oder eine durch

Drehzahlerhohung verursachte Luftmassenstromzunahme kann der Zyklus unterbrochen und

der Turboverdichter wieder in einen stabilen Betriebspunkt versetzt werden.

Dem eigentlichen Pumpen geht noch der Effekt des Rotating Stall voraus [24, 61]. Rotating

Stall beschreibt das Ablosen der Stromung an einigen Zellen oder Schaufeln des Verdichters

und ist daher noch ein stabiler Zustand [37]. Greitzer [23] entwickelte einen dimensionslosen

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118 6.1 Instationärer Betrieb an der Pumpgrenze

Dru

ckv

erh

ält

nis

π

Luftmassenstrom m

Betriebspunkt A

A‘Strömungsabriß (1)

Rückströmung (2) Strömungsaufbau (3)

Abbildung 6.2: Prinzipieller Verlauf eines Pumpzyklus innerhalb eines Kennfeldes

Parameter B fur die Vorhersage von Rotating Stall und Pumpen jenseits der Stabilitatsgrenze

bei Axialverdichtern [37]. Hansen [26] bewies die Ubertragbarkeit des B-Parameters auf

Radialverdichter [24]. Der betrachtete Turboverdichter ist ein Radialverdichter und somit kann

der B-Parameter auf die betrachtete Luftversorgung angewandt werden.

Der B-Parameter ist ein Maß fur das Verhalten eines dynamischen Systems beste-

hend aus einem Verdichter mit der Austritts-Querschnittsflache AV , der effektiven Kanallange

LV zwischen Verdichteraustritt und seinem nachgeschalteten Plenumvolumen Vp, seiner

Umfangsgeschwindigkeit u und der Schallgeschwindigkeit a. Zunachst gilt die Definition

B =u

2ωHLV(6.1)

mit der Helmholtz-Resonanzfrequenz ωH , die die Eigenfrequenz (Kreisfrequenz des Pumpzyklu-

ses) des beschriebenen Systems beschreibt. Mit der Eigenfrequenz

ωH = a ·√

AVVPLV

(6.2)

ergibt sich

B =u

2a·√

VPAVLV

. (6.3)

Nach Greitzer ist fur Werte B > 0, 7 beim Uberschreiten der Stabilitatsgrenze hauptsachlich

mit Pumpen zu rechnen, wahrend fur Werte B < 0, 6 nur Rotating Stall zu erwarten ist. Der

Bereich von 0, 6 < B < 0, 7 wird als Unsicherheitsbandbreite bezeichnet, da der B-Parameter

aus einem einfachen Modell abgeleitet wird [37].

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Entwicklung einer Betriebsstrategie für den Einsatz eines Turboverdichters 119

Fur die Luftversorgung des betrachteten Brennstoffzellensystems wird der Einfluss des

Plenumvolumens und der Kanallange fur zwei unterschiedliche Turboverdichterdrehzahlen

20000 1min

und 70000 1min

auf die Helmholtz-Resonanzfrequenz und den B-Parameter untersucht.

Anhand der linearen Abhangigkeit des B-Parameters von der Umfangsgeschwindigkeit kann mit

den beiden Verdichterdrehzahlen, die die Extremwerte fur den Betrieb des Turboverdichters

reprasentieren, uberpruft werden, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass der Effekt des

Pumpens wahrend des Betriebes im Brennstoffzellensystem auftreten kann.

In der Tabelle 6.1 stehen die Werte der Luftversorgung fur die relevanten Kenngroßen des

B-Parameters. Die Umfangsgeschwindigkeit ist fur beide Drehzahlen berechnet worden. Der

B-Parameter nach Greitzer ist fur ein System bestehend aus einem Verdichter mit einer

anschließender Rohrverbindung LV zu einem Volumen VP mit anschließender Drosselstelle

entwickelt worden [23]. Diesen einfachen Aufbau stellt das betrachtete Laborsystem nicht dar.

Daher werden folgende Annahmen getroffen:

• Das Plenumvolumen VP umfasst das Volumen der Kathode, des Befeuchters sowie die

Verbindung zwischen den beiden Komponenten.

• Das Volumen des Ladeluftkuhlers wird vernachlassigt und stellt einen Teil der Strecke

der effektiven Kanallange LV des Verdichters zwischen Befeuchtereintritt und Verdichter-

austritt dar.

uTurbo,1 Umfangsgeschwindigkeit Verdichter bei 70000 1min

183, 26 ms

uTurbo,2 Umfangsgeschwindigkeit Verdichter bei 20000 1min

52, 36 ms

AV Querschnittsfläche Verdichterrad 0, 00049 m2

VP Plenumvolumen der Kathode 0, 0156 m3

LV effektive Kanallänge 2, 35 m

a Schallgeschwindigkeit für 20 ◦C und 1013 hPa 343 ms

Tabelle 6.1: Kenngrößen der Luftversorgung des betrachteten Brennstoffzellensys-tems zur Ermittlung des B-Parameters, siehe Anhang A.2

Abbildung 6.3 zeigt die Ergebnisse der Untersuchung des Einflusses des Plenumvolumens

und der Kanallange bei den zwei unterschiedlichen Turboverdichterdrehzahlen auf die

Helmholtz-Resonanzfrequenz und den B-Parameter. VP und LV wurden in einem realistischen

Bereich um den tatsachlichen Wert variiert. Im Falle des Plenumvolumens liegt dieser zwischen

10 l und 200 l und im Fall der effektiven Kanallange zwischen 1m und 4m. Die Ergebnisse fur

beide Verdichterdrehzahlen sind farblich kenntlich gemacht: 70000 1min

schwarz und 20000 1min

blau. Zusatzlich ist die Schwelle B = 0, 7 eingetragen.

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120 6.1 Instationärer Betrieb an der Pumpgrenze

0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 1.2 1.4 1.6 1.8 2 2.2 2.4 2.60

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

B-Parameter

He

lmh

olt

z-F

req

ue

nz

in H

z

Vp = 10 l

Vp = 30 l

Vp = 50 l

Vp = 100 l

Vp = 200 l

70000 1/min

20000 1/min

Pumpen Rotating Stall

4 m > Lv > 1 m

Laborsystem

Abbildung 6.3: B-Parameter und Helmholtz-Frequenz für unterschiedliche VP undLV bei zwei Verdichterdrehzahlen 20000 1

minund 70000 1

min

Das Vergroßern des Plenumvolumens fuhrt zu einer exponentiellen Verringerung der Frequenz

mit einer einhergehenden Zunahme des B-Parameters. Somit wurde das System bei

einem Volumen von großer als ca. 20 l und einer Drehzahl von mindestens 30000 1min

beim

Uberschreiten der Pumpgrenze in ein Pumpen ubergehen und unterhalb dieser Werte kame es

zu einem Rotating Stall. Die Verringerung von LV hingegen fuhrt zu einem linearen Anstieg

der Frequenz und des B-Parameters. Des Weiteren hat die Variation von VP und LV nicht nur

einen Einfluss auf die Auswirkung des Uberschreitens der Pumpgrenze, sondern fuhrt zusatzlich

zu einer Verschiebung der Pumpgrenze [24].

Die Berechnung fur den B-Parameter mit den angegebenen Werten aus Tabelle 6.1

ergeben fur eine Verdichterdrehzahl von 20000 1min

ein BSys = 0, 1403 und fur 70000 1min

ergibt BSys = 0, 4912. Diese Werte sind in der Abbildung 6.3 hervorgehoben und beschriftet.

Somit tritt uber den gesamten Drehzahlbereich kein starkes verdichterbelastendes Pumpen auf.

Beim Uberschreiten der Stabilitatsgrenze wird nach Greitzer durch die Bedingung BSys � 0, 7

Rotating Stall eintreten.

Fur das betrachtete System konnte die Verkleinerung des Kathodenvolumens oder die

Verlangerung des Verdichterein- und -auslaufes zu einer Minimierung der Auswirkung des

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Entwicklung einer Betriebsstrategie für den Einsatz eines Turboverdichters 121

Ubertretens der Pumpgrenze fuhren. Aufgrund der nicht veranderbaren Geometerie des

untersuchten Brennstoffzellensystems ist eine weiterfuhrende Untersuchung fur mogliche

Verbesserungen nur fur zukunftige Systemgenerationen vorgesehen.

6.1.1 Definition eines Parameters zur Pumpgrenzuberwachung

Die genaue Erfassung der Pumpgrenze eines Turboverdichters, der in einem System eingebunden

ist, erweist sich als schwierig. Die eingezeichnete Pumpgrenze im Verdichterkennfeld des

Turboverdichters aus Abbildung 6.1 ist an einem Vedichterprufstand ohne die reale Strecke

der Luftversorgung vermessen worden. Die Ergebnisse aus Kapitel 6.1 zeigen den Einfluss des

Kathodenvolumens und der effektiven Kanallange des Verdichters auf das Verhaltens des

Verdichters an seiner Pumpgrenze, weiter hangt nach [24] sogar der Verlauf der Pumpgrenze

von diesen Parametern ab. Daher ist die messtechnische Erfassung der Annaherung an die

Pumpgrenze und die Vermeidung ihres Uberschreitens im Betrieb eine wichtige Anforderung

an die Steuerung des Brennstoffzellensystems, um den Verdichter vor Beschadigungen zu

schutzen.

Das Uberschreiten der Pumpgrenze zeichnet sich durch die Stromungsabrisse aus, die-

se wiederum fuhren zu starken Schwankungen des Druckverhaltnisses und des geforderten

Luftmassenstroms des Verdichters [24, 37]. In speziell fur die Detektierung des Pumpens

und des Rotating Stall ausgestatteten Messeinrichtungen wird eine hochauflosende Sensorik

in das Verdichtergehause integriert, um die entstehenden Druckoszillationen direkt am

Entstehungsort zu erfassen. Die Messung eines Massenstroms im Verdichtergehause ist

aufgrund des zusatzlichen Bauraums fur die benotigte Sensorik nicht moglich. Somit werden fur

die Erfassung der ersten Anzeichen fur den Stromungsabriss Indizierdruckaufnehmer mit einer

Abtastfrequenz von mehreren kHz in Umlaufrichtung des Vedichterlaufrades eingesetzt [24].

Diese Messungen finden an stationaren Einrichtungen statt und sind nicht direkt ubertragbar

auf mobile Anwendungen.

Das verwendete Steuergerat verfugt uber analoge Eingange, die mit einer maximalen

Abtastfrequenz von 100 Hz arbeiten. Daher wird zunachst uberpruft, ob die eingesetzte

Sensorik fur Druck-, Temperatur- und Massenstromerfassung fur die Detektierung des Rotating

Stall geeignet ist. Die eingesetzten Druckaufnehmer, Temperatursensoren und Massen-

stromsensoren aus dem Laborsystem sind mit ihren Kenngroßen in Tabelle 6.2 zusammengefasst.

Mit der Gleichung 6.2 lasst sich die Kreisfrequenz von ωH = 39, 69 Hz bzw. mit

f =ω

2π(6.4)

eine Frequenz von fH = 6, 32 Hz fur die Luftversorgung des Brennstoffzellensystems berechnen.

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122 6.1 Instationärer Betrieb an der Pumpgrenze

Sensortyp Ansprechzeit t0,9 Gesamtfehler Messbereich

Relativdrucksensor 1, 5 ms ±1% 0 → 2, 5 bar

Temperatursensor 6 s 0, 3% −40 → 200 ◦C

Luftmassenmesser 30 ms ±2 % 0 → 250 kgh

Tabelle 6.2: Kenngrößen der eingesetzten Messtechnik im betrachteten Laborsystem[25, 30, 49]

Fur die Abtastung einer Schwingung mit einer Frequenz ω1 ist nach dem Abtasttheo-

rem von Shannon mindestens eine Frequenz von ω > 2 ·ω1,max erforderlich, um eine Reduktion

der Frequenz des abgetasteten Signals durch den Abtastvorgang zu verhindern [42]. Somit kann

der Drucksensor mit einer Ansprechzeit von 1, 5 ms ⇒ 666, 67 Hz und der Abtastfrequenz

von 100 Hz fur die Detektierung des Rotating Stall eingesetzt werden. Der Luftmassenmesser

ist mit 30 ms ⇒ 33, 33 Hz ebenfalls in der Lage, die Schwingungen des Rotating Stall

eindeutig zu erfassen. Somit kann auf eine zusatzlich hochauflosende Sensorik verzichtet werden.

Abbildung 6.4 zeigt den Verlauf des Luftmassenstroms und des Verdichteraustritts-

8 9 10 11 12 131.1

1.11

1.12

1.13

Luftmassenstrom in g/s

Dru

ck in

ba

r

11 12 13 14 151.1

1.11

1.12

1.13

Zeit in s

Dru

ck in

ba

r

5 Hz

Abbildung 6.4: Darstellung des Effektes des Rotating Stall im Laborsystem bei20000 1

min

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Entwicklung einer Betriebsstrategie für den Einsatz eines Turboverdichters 123

drucks wahrend eines Rotating Stall bei 20000 1min

. Die errechnete Frequenz von 6, 32 Hz

bzw. ωH = 39, 69 Hz stimmt mit der gemessenen Frequenz von 5 Hz bzw. ωH = 31, 4 Hz

nicht exakt uberein. In Betracht der getroffenen Annahmen hinsichtlich der Kenngroßen der

Luftversorgung aus Tabelle 6.1 bewegen sich die errechneten Wert von 6, 32 Hz gut in dem

Bereich um 5 Hz.

Dieser Rotating Stall zeichnet sich durch den quasi stationaren Zustand aus, dass ein

Luftmassenstrom 10 gs

stabil mit einer Amplitude von ± 1 gs

bzw. ± 10 % gefordert wird und

das Druckverhaltnis ebenfalls stabil um π = 1, 115 mit ± 0, 005 schwingt. Des Weiteren geht

das Rotating Stall einher mit starken negativen Druck- und Luftmassenstromanstiegsgeschwin-

digkeiten. Die Anstiegsgeschwindigkeit fur den Verdichteraustrittsdruck dpdt

wird in bars

und fur

den Luftmassenstrom wird dmdt

in gs2

angegeben.

In der Tabelle 6.3 sind die gemessenen Werte der Anstiegsgeschwindigkeiten des Ver-

dichteraustrittsdrucks und des Verdichter Luftmassenstroms beim Einsetzen eines Rotating

Stall bei zwei unterschiedlichen Betriebsweisen aufgefuhrt.

Betriebsweise dpdt

in bars

dmdt

für mLuft

in gs2

Rotating Stall bei Lastsprung 100 auf 0 % PBZ,max −4, 2 −305

Rotating Stall (Minimalwerte) −2, 5 −250

Tabelle 6.3: Anstiegsgeschwindigkeiten des Verdichteraustrittsdrucks und des Ver-dichter Luftmassenstroms beim Rotating Stall

Das Einsetzten des Rotating Stall soll wahrend des Betriebes des Brennstoffzellensystems

durch die Steuerung der Luftversorgung vermieden werden. Um festlegen zu konnen, ob die

ermittelten Minimalwerte zur Detektierung des Rotating Stall aus Tabelle 6.3 zuverlassig sind,

wurden die Anstiegsgeschwindigkeiten bei unterschiedlichen Betriebspunkten, unterschiedliche

Lastsprungen und wahrend eines dynamischen Lastzyklusses, des Verdichters aufgenommen.

Die Tabelle 6.4 zeigt die erfassten Maximalwerte der Anstiegsgeschwindigkeiten fur die

Lastsprunge auf und gibt zusatzlich die ermittelten Werte an, in denen Rotating Stall einsetzt.

Die Untersuchungen wurden mit der kompletten Brennstoffzellensystem-Steuerung durch-

gefuhrt. Die Regelung des Druck- und Hochvoltsystems arbeitete nach der Erlauterung in

Kapitel 2.2.3. Die Luftversorgung wurde mit der in diesem Kapitel entworfenen Betriebss-

trategie betrieben. Fur die Messung des Pumpens wurde die Pumpgrenzuberwachung deaktiviert.

Die Ergebnisse zeigen, dass sich ein Stromungsabriss durch ein negatives dpdt

von klei-

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124 6.1 Instationärer Betrieb an der Pumpgrenze

Betriebsweise dpdt

in bars

dmdt

für mLuft

in gs2

Lastsprung 0 auf 100 % PBZ,max < 1, 67 < 186, 23

Lastsprung von 20 % PBZ,max < 0, 68 < 60

Lastsprung 100 auf 0 % PBZ,max ±0, 4 < −54

Dynamischer Lastzyklus −0, 9 − +1, 2 −65 − +125

Rotating Stall bei Lastsprung 100 auf 0 % PBZ,max −4, 2 −305

Rotating Stall (Minimalwerte) −2, 5 −250

Tabelle 6.4: Anstiegsgeschwindigkeiten des Verdichteraustrittsdrucks und des Ver-dichter Luftmassenstroms bei unterschiedlichen Betriebsweisen

ner −2, 5 bars

und ein negatives dmdt

von kleiner −250 gs2

auszeichnet. Die maximale

Anstiegsgeschwindigkeit bei einem stabilen Lastsprung liegt fur den Verdichteraustrittsdruck

bei 1, 67 bars

und fur den Luftmassenstrom bei 186, 23 gs2

. Bei einer Abwartstransiente mit

PBZ,max uberdeckt das Messrauschen von dpdt

von ±0, 4bars

einen moglichen Ausschlag des

Messwertes und der Gradient des Luftmassenstromes erreicht minimal < −54 gs2

.

Wahrend eines dynamischen Lastzyklusses, also der Simulation eines reales Fahrpro-

fils, werden die erfassten Werte der Anstiegsgeschwindigkeiten bei einem Volllastsprung

nicht uberschritten. Zwischen den Werten der Anstiegsgeschwindigkeiten fur einen stabilen

Betrieb des Verdichters und den instabilen Betriebszustanden existiert ein deutlicher Abstand,

daher kann eindeutig anhand des Messwertes zwischen einem stabilen und instabilen Betrieb

des Verdichters unterschieden werden. Somit konnen die Anstiegsgeschwindigkeiten des

Verdichteraustrittsdrucks und des geforderten Luftmassenstroms als Parameter zur Detektierung

des Beginns des Rotating Stall oder Pumpens herangezogen werden.

6.1.2 Entwurf der Pumpgrenzuberwachung

Es existieren zwei Moglichkeiten, um das Rotating Stall schon beim Einsetzen zu unterbinden:

die Drosselung muss abgebaut oder der Luftmassenstrom bei gleichbleibendem Druck erhoht

werden. Die Erhohung des Luftmassenstroms bei gleichbleibenden Stromungsbedingungen

vom Verdichteraustritt bis zur Drosselklappe wurde auch eine Druckerhohung nach sich

ziehen. Uber die vorhandene Waste-Klappe konnte ein zusatzlicher Luftmassenstrom abgefuhrt

werden und der Druck bei erhohtem Verdichter-Luftmassenstrom konnte konstant gehalten

werden. Dies wurde zu einer Storung des Regelkreises Waste-Luftmassenstrom fuhren und das

aktive Erhohen des Verdichter-Luftmassenstroms kann nur mit der Dynamik des Verdichters

bereitgestellt werden.

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Entwicklung einer Betriebsstrategie für den Einsatz eines Turboverdichters 125

Die zweite Moglichkeit besteht im sofortigen Druckabbau durch das Offnen der Dros-

selklappe, sofern diese nicht zum Zeitpunkt des Stromungsabrisses vollstandig geoffnet ist.

Dies hat sofort eine Auswirkung auf das Betriebsverhalten des Verdichters und hangt nicht von

der Dynamik des Verdichters ab. Aufgrund dieser Tatsachen wird der sofortige Druckabbau zur

Unterbindung des Rotating Stall im Weiteren verfolgt. Die Betriebskennlinie des Verdichters

wird so gewahlt, dass im stationaren Betrieb immer ein Abstand zur Pumpgrenze gehalten

wird und die Drosselklappe immer aktiv zum Druckaufbau beitragt.

Die Struktur der Druckregelung wurde in Kapitel 2.2.3 beschrieben. Diese Struktur wird nur

indirekt beeinflusst. Die verwendeten PID-Regler beinhalten eine Stellgroßenbeschrankung von

0 % (geschlossen) bis 100 % (vollstandig geoffnet) ihres Stellsignals.

Die zu entwerfende Pumpgrenzuberwachung wird die Werte der Stellgroßenbeschrankung

zu ihren Gunsten so variieren, dass bei der Detektierung eines Stromungsabrisses der Druck

schnellstmoglich abgebaut werden kann.

Rate Limiter

maximale Stellgröße

Pumperkennung

minimale Stellgröße

PID-

Regler

boolean

Stellgrößen-

beschränkung

up

lo

Abbildung 6.5: Struktur der Pumpgrenzüberwachung

In Abbildung 6.5 ist die Struktur der Pumpgrenzuberwachung vereinfacht dargestellt. Bei

der Uberschreitung der festgesetzten Grenzwerte fur die Gradienten dpdt

und dmdt

wird ein

Pumperkennungs-Bit auf”TRUE“(1) gesetzt und setzt uber einen Schalter die minimale

Grenze der Stellgroße dem maximalen Wert gleich. Der nachgeschaltete Rate-Limiter Block

beinhaltet eine sehr hohe Steigrate fur aufsteigende Werte von 1000%s

und fuhrt somit zu einer

schnellen Offnung der Drosselklappe, wodurch der Druck an der Kathode und somit auch am

Vedichteraustritt abgebaut wird.

Der Druckabbau unterbindet den Fortschritt des Pumpzyklusses, das Pumperkennungs-Bit

schaltet wieder auf”FALSE“ (0) und der minimale Werte fur die Stellgroßenbeschrankung

wird wieder aktiv. Durch den Rate-Limiter wird der untere Wert durch eine Rampe mit einer

geringen Steigung von −50%s

auf seinen ursprunglichen Wert herabgesetzt, vergroßert langsam

den Stellbereich des Reglers und beugt so einem schnellen Druckanstieg am Verdichteraustritt

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126 6.1 Instationärer Betrieb an der Pumpgrenze

vor.

Die Abbildung 6.6 zeigt den Eingriff der Pumpgrenzuberwachung beim Beginn eines

instabilen Verdichterbetriebes wahrend einer Abwartstransiente von PBZ,max auf die Leerlauf-

Leistung. Die oberste Grafik zeigt den Verlauf des Betriebspunktes des Verdichters in seinem

Kennfeld, im zweiten Teil der Abbildung sind Verdichteraustrittsdruck (gestrichelt) und

Luftmassenstrom (durchgezogen) uber die Zeit aufgetragen, die dritte Darstellung beinhaltet

die Verlaufe der Anstiegsgeschwindigkeiten dpdt

(gestrichelt) und dmdt

(durchgezogen) uber die

Zeit. In der untersten Grafik ist das Stellsignal der Drosselklappe uber die Zeit angefuhrt. Der

0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6

0.55

0.65

0.75

0.85

normierter Luftmassenstrom

no

rmie

rte

r D

ruck

49 50 51 52 53

0.55

0.65

0.75

0.85

Zeit in s

no

rmie

rte

r D

ruck

49 50 51 52 53

0.1

0.3

0.5

0.7

no

rmie

rte

r Lu

ftm

ass

en

stro

m

Druck

Luftmassenstrom

49 50 51 52 53-3

-1.5

0

1.5

3

Zeit in s

dp

/dt

in b

ar/

s

49 50 51 52 53-300

-150

0

150

300

dm

/dt

in g

/s2

dp/dt

dm/dt

49 50 51 52 53

20

40

60

80

100

Zeit in s

Ste

llsig

na

l in

%

Abbildung 6.6: Aktive Pumpgrenzüberwachung im betrachteten Laborsystem beieinem Lastsprung von der maximalen Leistung bis zur Leerlauf-Leistung

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Entwicklung einer Betriebsstrategie für den Einsatz eines Turboverdichters 127

Druck und der Luftmassenstrom sind auf die Betriebskennlinie normiert (vgl. Abb. 6.1).

Die Marken unterschiedlicher Form weisen in jedem Graph auf den gleichen Zeitpunkt und

markieren:

• Das starke Absinken des Drucks und des Luftmassenstroms beginnt.

+ Minimum im Druckverlauf dpdt

< −2, 5 bars

, Drosselklappe wird auf 100 % geoffnet,

Luftmassenstrom sinkt weiter.

∗ Minimum im Verlauf des Luftmassenstroms dmdt

< −250 gs2

, leichter Druckanstieg.

� Lokales Druckmaximum, danach wirkt sich die Offnung der Drosselklappe aus: DerDruck sinkt und der Massenstrom steigt schnell an.

? Stabiler Betriebspunkt, der Minimalwert der Stellgroßenbeschrankung wird linearverringert und der Betriebspunkt fur die Idle-Leistung wird eingestellt.

Die Zeitspanne von dem Beginn des Pumpens an uber die Pumperkennung und den aktiven

Steuerungseingriff bis hin zum Wiedererreichen eines stabilen Arbeitspunktes betragt 380 ms.

Anhand dieser Abbildung wird der Einsatz der Pumpgrenzuberwachung am Laborsystem gut

veranschaulicht und die Funktionalitat nachgewiesen.

Die Pumpgrenzuberwachung ist ein fester Bestandteil der Brennstoffzellensystem-Steuerung

geworden und bietet nun die Moglichkeit, das Verhalten des Brennstoffzellensystems beim

Verlassen der erarbeiteten Betriebskennlinie in der Nahe der Pumpgrenze zu untersuchen.

Die Pumpgrenzuberwachung ist ein wichtiges Werkzeug der Steuerung, um neue Turbo-

verdichter ohne ein genau bekanntes Kennfeld inklusive der Pumpgrenze innerhalb eines

Brennstoffzellensystems in Betrieb nehmen zu konnen. Des Weiteren kann nach einem Umbau

der Luftversorgung der Turboverdichter vor einer hohen mechanischen Belastung geschutzt

werden, falls sich die Pumpgrenze verschoben hat und die ursprungliche Betriebskennlinie die

Stabilitatsgrenze verletzt.

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128 6.2 Steuerung und Regelung der Luftversorgung

6.2 Steuerung und Regelung der Luftversorgung

Die Hauptaufgabe der Luftversorgung ist die Bereitstellung von Luftsauerstoff fur die

elektrochemische Reaktion an der Kathode. Daher muss jeder angeforderten Leistung ein

eindeutiger Sollwert fur die Luftversorgung zugewiesen werden. Diese Sollwerte werden

innerhalb des Hochvoltsystems berechnet und der Regelung der Luftversorgung ubermittelt.

Fur ein besseres Verstandnis der hier behandelten Absolutwerte des Luftmassenstroms wird

zunachst der Bezug zwischen der Leistungsanforderung und dem Sollwert fur die Luftversorgung

hergestellt.

Uber das Faraday´sche Gesetz nach Gleichung 4.2 wird in Kapitel 4.2.1 der erforderli-

che H2-Massenstrom mit der hergeleiteten Gleichung 4.5 berechnet. Wird in die Gleichung 4.5

fur z der entsprechende Wert fur Sauerstoff eingesetzt und die molare Masse MO2 ergibt sich

der erforderliche Sauerstoffmassenstrom zu

mO2,erf =MO2 · IBZz · F

. (6.5)

Somit wird nach Gleichung 6.5 fur einen konstanten Strom IBZ , mit der molaren Masse fur

Sauerstoff MO2 = 32, 0 gmol

, der Wertigkeit z = 4 und der Faraday-Konstante F = 96485 Cmol

der Massenstrom mO2,erf fur eine Brennstoffzelle benotigt. Der Massenanteil von Sauerstoff in

der Atmosphare betragt nach [64] ξO2,atm = 0, 23135 und somit ergibt sich der erforderliche

Luftmassenstrom zu

mLuft,erf = mO2,erf · ξO2,atm ·NBZ . (6.6)

Zur Berechnung des erforderlichen Luftmassenstroms des gesamten Brennstoffzellensystems

wird in der Gleichung 6.6 noch die Anzahl der Brennstoffzellen NBZ eines Stapels als Faktor

eingefugt.

Die Brennstoffzelle wird mit einen Sauerstoffuberschuss betrieben. Zur Quantifizie-

rung des Uberschusses wird das Luftverhaltnis Lambda λLuft als Quotient aus bereitgestelltem

Luftmassenstrom zu erforderlichem Luftmassenstrom

λLuft =mbereitgestellt

mLuft,erf

(6.7)

definiert. Im besonderen Falle:

mbereitgestellt = mLuft,erf (6.8)

betragt λLuft = 1 und die Brennstoffzelle wird stochiometrisch mit Luftsauerstoff versorgt.

Im Betrieb derzeitiger Brennstoffzellensysteme werden Lambda-Werte von ca. 1,5 bis

3 eingestellt [48, 59]. Begrundet ist diese Tatsache in der Zunahme des Partialdrucks von

Page 153: Regelungstechnische Optimierung der Steuerung eines ...€¦ · 3.2.1 Anforderungen an das Modell der Steuerung ... 2.6 Struktur der Steuerung des behandelten Brennsto ... 2.8 Zustandsautomat

Entwicklung einer Betriebsstrategie für den Einsatz eines Turboverdichters 129

Sauerstoff uber das Flussfeld der Kathode durch eine vermehrte Zufuhr von Luftsauerstoff.

Wird der Lambda-Wert von λLuft = 1 an erhoht, steigt der Partialdruck ebenfalls am

Kathodenaustritt an. Der gestiegene Partialdruck und die gesteigerte Verfugbarkeit von

Sauerstoff an der Kathode verbessert den Brennstoffzellenwirkungsgrad [59], somit steigt

die Leistung bei gleichbleibender Stromstarke. Beim Erreichen eines Optimalwertes fur

λLuft ∈ {1, 5� 3} steigt der Leistungsbedarf des Verdichters schneller an als die Steigerung

der Brennstoffzellenleistung.

Das Hochvoltsystem generiert die Sollwerte fur die Regelung der Teilsysteme des

Brennstoffzellensystems, siehe Kapitel 2.2.3. Fur die Luftversorgung wird mittels einer

Kennlinie ein Lambda-Sollwert in Abhangigkeit der angeforderten Leistung ausgegeben.

Anhand des Lambda-Sollwertes und unter Zuhilfenahme der Gleichungen 6.5 und 6.6 wird der

absolute Luftmassenstrom-Sollwert fur die Regelung des Kathoden-Luftmassenstroms berechnet.

Bezug nehmend auf die Abbildung 6.1 ergibt sich im unteren Lastbereich eine weite-

re Regelgroße fur die Luftversorgung. Die fur den luftgelagerten Turboverdichter erlaubte

Leerlaufdrehzahl fuhrt im Brennstoffzellensystem zu einem hoheren Luftmassenstrom als die

Brennstoffzelle im unteren Lastbereich benotigt. Daher muss im unteren Lastbereich des

Brennstoffzellensystems zur Einstellung der Betriebskennlinie uberschussig bereitgestellte Luft

des Turboverdichters uber einen Bypass mittels der Waste-Klappe an der Kathode vorbei

gefuhrt werden.

In Kapitel 3 wurde auf die Verwendung von klassischen Eingroßenregler als erste

Losung fur einen Reglerentwurf hingewiesen. Daher wird auch hier zunachst ein PI-Regler

fur die Regelung des Kathoden-Luftmassenstroms mit der Drehzahl des Turboverdichters als

Stellgroße entworfen und anschließend wird ein zweiter PI-Regler fur die Regelung des Waste-

Luftmassenstroms mit der Stellgroße Stellwinkel der Waste-Klappe entwickelt. Dabei wird

auf eine mogliche Querkopplung mit der Regelung des Kathoden-Luftmassenstroms eingegangen.

Die Abbildung 6.7 zeigt den grundlegenden Aufbau der Regelung der Luftversorgung.

Zwei Anforderung an die Regelung mussen erfullt werden. Zum einen soll der Kathoden-

Luftmassenstrom auf den Sollwert mBZ,Set mit dem Stellglied uTurbo Drehzahl des

Turboverdichters geregelt werden und zum anderen soll ein Waste-Luftmassenstrom, der an

der Brennstoffzelle vorbei gefuhrt werden soll, auf den Sollwert mWaste,Set mit der Stellgroße

uWaste Offnungswinkel Waste-Klappe eingestellt werden.

Die Luftmassenstrom-Differenz zwischen der durchgezogen und der gestrichelten Kennlinie

aus Abbildung 6.1 bei einem festen Druckverhaltnis ergibt den Sollwert fur die Waste-

Luftmassenstrom Regelung und ist in der Kennlinie KL(mBZ,Set) hinterlegt.

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130 6.2 Steuerung und Regelung der Luftversorgung

-

- IstWastem ,&

SetBZm ,& IstBZm ,&

SetWastem ,&Wasteu

Turbou

Regelstrecke

LuftversorgungPI- Regler

Regelstrecke)SetBZmKL ,( &

Vorsteuerung

+

Turboπ

1,Turbou

2,Turbou

PI- Regler

Turboπ

Abbildung 6.7: Grundlegender Aufbau der Regelung der Luftversorgung

Die Regelung des Kathoden-Luftmassenstroms wird durch einen im nachsten Abschnitt zu

entwerfenden PI-Regler und einer Vorsteuerung realisiert. Am Laborsystem weist das Messsignal

der Luftmassenmesser bei konstanten Stellgroßen fur die Drehzahl des Turboverdichters und

fur alle Offnungswinkel der Klappen in der Luftversorgung Schwankungen auf. Das Schwanken

des Messsignal ist auf folgende Ursachen zuruckzufuhren:

• Das Messsingal weist ein Messrauschen auf.

• Ein konstantes Ansteuersignal an den Turboverdichter fuhrt zu leichten Drehzahlschwan-

kungen, bedingt durch die Regelgute des Frequenz-Umrichters, diese bewirken ein leichtes

Oszillieren des Luftmassenstroms.

Ein schwankendes Messsginal einer Regelgroße bei konstanter Stellgroße kann bei entspre-

chenden Reglerverstarkungen eines PI-Reglers den Regelkreis zum Schwingen anregen oder

sogar den Regelkreis instabil werden lassen. Wenn der Proportionalfaktor verkleinert wird, um

das Ubertragen der statischen, kleinen Schwingungen des Messsignales auf den Regelkreis zu

minimieren, verhalt sich der Regler trager und das Erreichen eines Sollwertes wird verzogert.

In Abbildung 6.7 ist die Vorsteuerung mit den Eingangsgroßen Druckverhaltnis des

Turboverdichters πTurbo und Sollwert der Kathoden-Luftmassenstrom Regelung mBZ,Set und

der Ausgangsgroße Drehzahlvorgabe uTurbo,2 fur den Turboverdichter dargestellt. Zusammen

mit dem Druckverhaltnis πTurbo und dem Sollwert mBZ,Set wird mit Hilfe eines Kennfeldes eine

Drehlzahlvorgabe fur den Turboverdichter vorgegeben und fuhrt zu einem Stellsignalsprung

der Stellgroße. Das Kennfeld ist ein invertiertes Kennfeld des Turboverdichter aus Abbildung 6.1.

Die Implementierung dieser sollwertabhangigen Vorsteuerung auf das Stellsignal des

Reglers kompensiert die Minimierung der Reglerverstarkung und der Integral-Anteil des

PI-Reglers gewahrleistet die Sollwertfolge.

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Entwicklung einer Betriebsstrategie für den Einsatz eines Turboverdichters 131

6.2.1 Entwurf der Regelung des Kathoden-Luftmassenstroms

Fur Tests und den Entwurf der Brennstoffzellensystem-Steuerung am HiL-Simulator existiert

ein Simulink R©-Modell, welches aufgrund seines modularen Aufbaus die Moglichkeit bietet

Teilsysteme, wie die Luftvorsorgung, autark als Simulationsmodell nutzen zu konnen. Anhand

des Modells der Luftversorgung wird der Reglerentwurf beider Luftmassenstrome durchgefuhrt.

Im Anhang A.1.2 sind der Aufbau des Modells der Luftversorgung und die zugrunde liegenden

Gleichungen, Formeln oder Kennfelder detaillierter erlautert.

Mit dem bestehenden Simulationsmodell der Luftversorgung wurde zunachst das Sys-

temverhalten an vier unterschiedlichen Betriebspunkten erfasst. Mittels der System

Identification Toolbox von Mathworks wird das Ubertragungsverhalten der Regelstrecke

der Luftversorgung fur die Stellgroße Drehzahl des Turboverdichters auf die Regelgroße

Kathoden-Luftmassenstrom ermittelt.

Die Abbildung 6.8 zeigt das Systemverhalten des Kathoden-Luftmassenstroms bei vier

unterschiedlichen Betriebspunkten 25 %, 50 %, 75 % und 90 % der Maximalleistung der

Brennstoffzelle bei einer 10 %-igen Stellsignalanderung. Des Weiteren sind die ermittelten

0 0.5 1 1.5 2 2.5 30

0.2

0.4

0.6

0.8

1

Zeit in sno

rmie

rte

Ve

rdic

hte

rdre

hza

hl u

nd

no

rmie

rte

r K

ath

od

en

-Lu

ftm

ass

en

stro

m

Sprung der Drehzahlvorgabe

Sprungantwort der Luftversorgung

Sprungantwort von G(s)i

Abbildung 6.8: Sprungantwort der Luftversorgung auf vier verschiedene Verdichter-drehzahlen

Page 156: Regelungstechnische Optimierung der Steuerung eines ...€¦ · 3.2.1 Anforderungen an das Modell der Steuerung ... 2.6 Struktur der Steuerung des behandelten Brennsto ... 2.8 Zustandsautomat

132 6.2 Steuerung und Regelung der Luftversorgung

Ubertragungsfunktionen in der Abbildung als rote Graphen dargestellt. Die Verdichterdrehzahl

ist auf ihre maximale Drehzahl normiert und der Kathoden-Luftmassenstrom auf den maximalen

Betriebspunkt des Brennstoffzellensystems. Die Waste-Klappe wird geschlossen gehalten und

die Druckregelung ist nicht im Einsatz.

Die vier Ubertragungsfunktionen bilden das reale Systemverhalten mit einer Genauig-

keit von > 97 % ab und weisen alle zwei Pole und eine Nullstelle auf. Weiterhin liegen die

einzelnen Pole und Nullstellen der vier Ubertragungsfunktionen in gleichen Bereich, somit kann

fur den Reglerentwurf fur die Regelung des Luftmassenstroms nur eine Ubertragungsfunktion

wie z.B. G(s)25% herangezogen werden. Die vier Ubertragungsfunktionen lauten

G(s)25% = 54, 48 · (s+ 2, 84)

(s+ 49, 48)(s+ 3, 509), (6.9)

G(s)50% = 63, 61 · (s+ 2, 44)

(s+ 49, 96)(s+ 3, 238), (6.10)

G(s)75% = 60, 75 · (s+ 2, 96)

(s+ 50, 11)(s+ 3, 529)und (6.11)

G(s)90% = 59, 90 · (s+ 2, 11)

(s+ 49, 97)(s+ 2, 439). (6.12)

100

101

102

-90

-60

-30

0

Frequenz in rad/s

Ph

ase

in d

eg

-10

-8

-6

-4

-2

0

Ma

gn

itu

de

in d

B

53.35

Abbildung 6.9: Bode-Diagramm der offenen Regelstrecke der LuftversorgungG(s)25%

Page 157: Regelungstechnische Optimierung der Steuerung eines ...€¦ · 3.2.1 Anforderungen an das Modell der Steuerung ... 2.6 Struktur der Steuerung des behandelten Brennsto ... 2.8 Zustandsautomat

Entwicklung einer Betriebsstrategie für den Einsatz eines Turboverdichters 133

In der Abbildung 6.9 ist das Bode-Diagramm der offenen Regelstrecke der Ubertragungsfunktion

G(s)25% dargestellt. Der Amplitudengang der Regelstrecke besitzt die Knickfrequenz ω1 =

8, 65 Hz bzw. 54.35 rads

. Durch die Verwendung eines PI-Reglers

K(s) = kP · (1 +1

TIs) (6.13)

mit kP = 1 und TI = 1ω1

entsteht das Frequenzkennliniendiagramm in Abbildung 6.10 fur die

offene Regelstrecke.

Die Luftversorgung besitzt im niederfrequenten Bereich ein integrales Verhalten und weist

somit fur die geschlossene Regelstrecke fur sprunghafte Fuhrungs- und Storsignale keine

bleibende Regelabweichung auf [43].

Des Weiteren ergibt sich mit

TI =1

ω1

=1

2π · 8, 65=

1

54, 35(6.14)

die Pol-Nullstellen Darstellung des PI-Reglers zu

K(s) = kP (var) · (s+ 54, 35)

s. (6.15)

Frequenz in rad/sec

100

101

102

-92

-90

-88

-86

Ph

ase

in d

eg

-10

0

10

20

30

40

Ma

gn

itu

de

in d

B

Abbildung 6.10: Bode-Diagramm des offenen Regelkreises

Page 158: Regelungstechnische Optimierung der Steuerung eines ...€¦ · 3.2.1 Anforderungen an das Modell der Steuerung ... 2.6 Struktur der Steuerung des behandelten Brennsto ... 2.8 Zustandsautomat

134 6.2 Steuerung und Regelung der Luftversorgung

Die Nullstelle des PI-Reglers aus Gleichung 6.15 kompensiert somit den dominierenden

Streckenpol der Ubertragungsfunktionen G(s)25,50,75,100%. Die Reglerverstarkung kP wird so

eingestellt, dass sich fur jeden Sollwertsprung die gleiche Zeit t90% < 1 s einstellt.

Daher ergibt sich eine Vorsteuerung des Reglers K(s) mittels einer variable Regler-

verstarkung kP (var) in Abhangigkeit der angeforderten Brennstoffzellen-Leistung PBZ,Set,

siehe Tabelle 6.5. Dies fuhrt zu einer Erweiterung der vorgestellten Reglerstruktur in Abbildung

6.7 aus Kapitel 6.2 durch eine Vorsteuerung. Die erweiterte Struktur wird ausfuhrlich im

Kapitel 6.3 beschrieben.

Tabelle 6.5: Variable Reglerverstärkung in Abhängigkeit der angefordertenBrennstoffzellen-Leistung

PBZ,Set 0% 10% 25% 50% 75% 100%kP (var) 3 2 1 0,75 0,6 0,5

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Entwicklung einer Betriebsstrategie für den Einsatz eines Turboverdichters 135

6.2.2 Entwurf der Regelung des Waste-Luftmassenstroms

Aus Abbildung 6.1 ergibt sich im unteren Lastbereich ein abzufuhrender, uberschussiger

Luftmassenstrom, der uber eine Waste-Klappe an der Brennstoffzelle vorbeigefuhrt werden soll.

Die Luftmassenstrom-Differenz zwischen der durchgezogen und der gestrichelten Kennlinie bei

einem festen Druckverhaltnis ergibt den Sollwert fur die Waste-Luftmassenstrom Regelung.

Der Sollwert wird zu null, wenn der bei der Leerlaufdrehzahl geforderte Luftmassenstrom fur

eine angeforderte Leistung vollstandig durch die Kathode gefuhrt werden kann.

Fur den Reglerentwurf wird mit dem verfugbaren Simulationsmodell des betrachteten

Brennstoffzellensystems der Einfluss des Stellwinkels der Waste-Klappe auf den Waste-

Luftmassenstrom bei konstanter Turboverdichterdrehzahl mit Hilfe von Sprungantworten

untersucht. In der Simulation wurde der Stellwinkel der Waste-Klappe aus der 0 % Stellung

heraus zu 2,5, 10, 20, 40, 50 und 100 % sprunghaft geoffnet. Die Drehzahl des Turboverdichters

wurde auf die Leerlaufdrehzahl eingestellt. In Abbildung 6.11 sind der sprunghafte Anstieg

der Stellsignalanderung, der resultierende Waste-Luftmassenstrom und die ermittelten

Ubertragungsfunktionen G(s)i dargestellt.

0 0.5 1 1.5 2 2.5 30

0.25

0.5

0.75

1

Zeit in s

no

mie

rte

Ste

llsi

gn

al W

ast

e-K

lap

pe

un

d n

orm

iert

er

Wa

ste

-Lu

ftm

ass

en

stro

m

Sprungantwort Waste-Luftmassenstrom

Sprung Waste-Klappe

Sprungantwort von G(s)i

Abbildung 6.11: Sprungantwort des Waste-Luftmassenstroms auf das Stellsignalder Waste-Klappe

Page 160: Regelungstechnische Optimierung der Steuerung eines ...€¦ · 3.2.1 Anforderungen an das Modell der Steuerung ... 2.6 Struktur der Steuerung des behandelten Brennsto ... 2.8 Zustandsautomat

136 6.2 Steuerung und Regelung der Luftversorgung

Die System Identification Toolbox von Mathworks liefert fur die aufgenommenen

Sprungantworten folgende Ubertragungsfunktionen mit einer Genauigkeit von > 94 %:

G(s)100% = 0, 7047 · (s2 − 102.4s+ 42630)

(s+ 233, 6)(s+ 65, 88)(s+ 11, 46)(6.16)

G(s)50% = 0, 2662 · (s2 − 49, 74s+ 56270)

(s+ 11, 39)(s2 + 94, 9s+ 4226)(6.17)

G(s)40% = 0, 2472 · (s2 − 43, 93s+ 57030)

(s+ 10, 92)(s2 + 81, 6s+ 3465)(6.18)

G(s)20% = 0, 2088 · (s2 − 35, 46s+ 58140)

(s+ 9, 21)(s2 + 64, 0s+ 2142)(6.19)

G(s)10% = 0, 1992 · (s2 − 33, 22s+ 58460)

(s+ 8, 09)(s2 + 60, 2s+ 1590)(6.20)

G(s)2,5% = 0, 3390 · (s2 − 39, 03s+ 57980)

(s+ 7, 35)(s2 + 73, 57s+ 1944)(6.21)

Das Stellsignal der Waste-Klappe und der Waste-Luftmassenstrom sind normiert auf der

Ordinate aufgefuhrt. Das Stellsignal ist auf den maximalen Offnungswinkel von 100 %

normiert und der Waste-Luftmassenstrom auf den Verdichter-Luftmassenstrom bei seiner

Leerlaufdrehzahl mTurbo,Idle.

Die Sprungantwort auf 40, 50 und 100 % Stellsignalanderung und die Ubertragungsfunktionen

G(s)40%, G(s)50% sowie mit einem geringen Abstand G(s)100% weisen als stationaren Endwert

ein mWaste von 80 bis 90 % des mTurbo,Idle auf. Somit hat ein Offnungswinkel der Waste-Klappe

von mehr als 50 % keine signifikante Auswirkung mehr auf den Waste-Luftmassenstrom. Dies

lasst sich durch den geringen Luftmassenstrom bei der Leerlaufdrehzahl des Verdichters im

Verhaltnis zum Stromungsquerschnitt der Drosselklappe erklaren. Eine Querschnittserweiterung

von großer als 50 % erwirkt keine nennbare Entdrosselung des Waste-Luftmassenstroms.

Daher wird fur die Regelung des Waste-Luftmassenstroms eine Stellgroßenbeschrankung von

maximal 50 % eingefuhrt. Der Reglerentwurf wird anhand der Ubertragungsfunktionen fur

2,5 % Offnungswinkelanderung durchgefuhrt.

Fur G(s)2,5% ist in Abbildung 6.12 das Pol/Nullstellen Bild dargestellt. Die dominierende Pol-

stelle liegt bei s20% = −7, 35 und ein komplexes Polpaar liegt bei s01,2,5% = −36, 68± 24, 19i.

Das komplexe Nullstellenpaar s1,2,5% = 19, 51± 240i liegt in der positiven realen Halbebene.

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Entwicklung einer Betriebsstrategie für den Einsatz eines Turboverdichters 137

-120 -100 -80 -60 -40 -20 0 20 40 60-250

-200

-150

-100

-50

0

50

100

150

200

250

Reale Achse

Ima

gin

äre

Ach

se

Abbildung 6.12: Pol/Nullstellen Bild der Übertragungsfunktion G(s)2,5%

Fur die Regelung des Waste-Luftmassenstroms wird ein PI-Regler verwendet. Daher wird ein

Pol auf den Nullpunkt gesetzt und eine Nullstelle in die Nahe des dominierenden Poles. Die

Nullstelle des PI-Reglers muss fur jedes Ubertragungsverhalten von G(s)2,5% bis G(s)100% den

Pol kompensieren:

Dominierende Pole von G(s)i:

s1,100% = −11, 46 (6.22)

s1,50% = −11, 39 (6.23)

s1,40% = −10, 92 (6.24)

s1,20% = −9, 21 (6.25)

s1,10% = −8, 09 (6.26)

s1,2,5% = −7, 35 (6.27)

Die Abbildung 6.13 zeigt die Wurzelortskurve der offenen Regelstrecke G(s) inklusive des

PI-Reglers K(s)PI :

Gw(s) = K(s)PI ·G(s) (6.28)

Gw(s) = kP ·s+ s0,P I

s·G(s)2,5% (6.29)

Die Nullstelle des PI-Reglers s0,P I = −15 wird so gelegt, dass sie immer links von den

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138 6.2 Steuerung und Regelung der Luftversorgung

-50 -40 -30 -20 -10 0

-50

-40

-30

-20

-10

0

10

20

30

40

50

Ima

gin

äre

Ach

se

Reale Achse

Abbildung 6.13: Wurzelortskurve der offenen Regelstrecke inklusive des PI-Reglersfür G(s)2,5%

dominierenden Polen der Ubertragungsfunktionen liegt. Der Verstarkungsfaktor wird zu

kP = 0, 788 bestimmt, damit der Dampfungsfaktor fur Stellgroßenanderungen mit geringen

Offnungswinkeln immer d > 0, 5 und fur große Offnungswinkelanderungen d = 1 ist.

Somit fuhrt der entworfene PI-Regler bei kleinen Sollwertanderungen zu einer geringfugigen

Uberschwingen und bei großen Sollwertsprungen verhalt sich das Regelsystem gedampft. Die

Regelverstarkung ist so gewahlt, dass das Regelsystem in keinem Fall instabil werden kann.

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Entwicklung einer Betriebsstrategie für den Einsatz eines Turboverdichters 139

6.3 Test der entwickelten Betriebsstrategie auf der Zielhardware imLaborsystem

Die Abbildung zeigt die umgesetzte Struktur des Luftversorgungs-Regelsystems auf dem

Steuergerat mit ihren Ein- und Ausgangsgroßen. Die PI-Regler aus Kapitel 6.2.1 und 6.2.2 sind

hier mit den dazugehorigen Regel- und Stellgroßen aufgefuhrt.

+

+

PGAbsm&

SetBZm ,&

1,,SetWastem&

var,Pk

Sollwert-

bestimmung

-

- IstWastem ,&

IstBZm ,&

SetWastem ,&

Wasteu

Turbou

Regelstrecke

Luftversorgung

Regelstrecke

Vorsteuerung

+

Turboπ

1,Turbou

2,Turbou

PI-Regler

Turboπ

SetBZP ,

PI-

Regler

IstBZm ,&

Abbildung 6.14: Struktur der entworfenen Regelung des Luftmassenstroms

Auf der linken Seite der Abbildung 6.14 werden im Block Sollwertbestimmung anhand des

geforderten Brennstoffzellenleistung PBZ,Set und des anliegenden Druckverhaltnisses πTurbo

uber den Turboverdichter die Sollwerte fur den Waste- und Kathoden-Luftmassenstrom

errechnet.

In der Sollwertbestimmung ist die Pumpgrenze hinterlegt und mittels des πTurbo wird

ein minimal zu fordernder Luftmassenstrom bestimmt. Weicht dieser Wert vom Ist-Wert

mBZ,Ist ab, wird ein zusatzlicher Massenstrom mPGAbs auf den Sollwert des Waste-

Luftmassenstroms addiert. Somit wird die Kathode mit dem gewunschten Luftmassenstrom

beliefert und der Turboverdichter innerhalb seines Kennfeldes betrieben.

Der PI-Regler des Kathoden-Luftmassenstroms ist mit einer Vorsteuerung ausgestat-

tet. Diese Vorsteuerung erzeugt in Abhangigkeit der angeforderten Brennstoffzellen-Leistung

PBZ,Set einen variabler Verstarkungsfaktor kP,var.

In Abbildung 6.15 ist der Verlauf der Sollwerte und der Messwerte der Luftmassenstrome

bei einem Volllastsprung des Laborsystems dargestellt. Die Sollwerte der Regelung der

Luftmassenstrome sind strichpunktiert ausgefuhrt. Das Regelverhalten der Kathoden-

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140 6.3 Test der entwickelten Betriebsstrategie auf der Zielhardware im Laborsystem

0 1 2 3 4 5 60

16

32

48

64

80

96

Zeit in s

Luft

ma

sse

nst

rom

in g

/s

Kathoden-Luftmassenstrom

Sollwert Kathoden-Luftmassenstrom

Waste-Luftmassenstrom

Sollwert Waste-Luftmassenstrom

Abbildung 6.15: Messung der Luftmassenströme und ihrer Sollwerte eines Voll-lastsprungs von uTurbo = 20000 1

minauf uTurbo = 70000 1

minim

Laborsystem

Luftmassenstrom Regelung wird durch die schwarzen Linie verdeutlicht und die Regelung des

Waste-Luftmassenstroms ist in grau dargestellt.

Der Sollwert fur den Kathoden-Luftmassenstrom von 80 gs

wird innerhalb einer Sekun-

de erreicht und weist ein leichtes Uberschwingen auf. Der Waste-Luftmassenstrom reagiert

leicht verzogert und steigt sogar zunachst leicht an und wird nach der selben Zeit zu ungefahr

Null eingestellt. Die Verzogerung der Waste-Luftmassenstrom Regelung und der leichte

Anstieg der Regelgroße ist auf den Anstieg des gesamten Luftmassenstroms zuruckzufuhren.

Denn die Beschleunigung des Turboverdichters durch die Kathoden-Luftmassenstrom

Regelung zieht trotz der Stellsignalanderung der Waste-Klappe zunachst eine Erhohung des

Waste-Luftmassenstroms nach sich.

Der Messwert des Waste-Luftmassenstrom zeigt einen geringen Luftmassenstrom an,

dies ist in einem Leckmassenstrom uber die geschlossene Waste-Klappe begrundet. Das hier

dargestellte Verhalten des Regelkreises erfullt die Dynamikanforderungen nach der DOE von

t90 < 1 s, siehe Kapitel 2.1.

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Entwicklung einer Betriebsstrategie für den Einsatz eines Turboverdichters 141

0 10 20 30 40 50 60 700

16

32

48

64

Zeit in s

Luft

ma

sse

nst

rom

in g

/s

Kathoden-Luftmassenstrom

Sollwert Kathoden-Luftmassenstrom

Waste-Luftmassenstrom

Sollwert Waste-Luftmassenstrom

Abbildung 6.16: Messung der Luftmassenströme und ihrer Sollwerte während einesrealen Fahrzyklusses im Laborsystem

Das Verhalten der Regelung der Luftversorgung wahrend eines dynamischen realen

Fahrzyklusses wird in der Abbildung 6.15 dargestellt. Der Verlauf der Sollwerte und

Luftmassenstrome der Luftversorgung ist uber einen Zeitraum von ca. einer Minute aufgetragen.

Die Leistungsanforderung des elektrischen Antriebsstranges eines BZ-Fahrzeuges an das

Brennstoffzellensystem wird mit Hilfe einer Langsdynamiksimulation berechnet und durch

eine elektrische Last am Laborsystem nachgefahren, sodass dem Brennstoffzellensystem

ein realistisches Lastprofil aufgepragt wird. Die Langsdynamiksimulation ist nicht Bestand

dieser Arbeit, daher ist fur diese beschriebene Untersuchung ein vorhandenes Lastprofil zur

Anwendung gekommen.

Die Luftmassenstrome sind in derselben Weise gekennzeichnet wie in Abbildung 6.15. Bei

Aufwarts-Transienten folgt die Regelgroße Kathoden-Luftmassenstrom sehr genau seiner

Sollwertvorgabe, der Waste-Luftmassenstrom, hier Abwarts-Transiente, hinkt mit einer

kleinen Verzogerung seinem Sollwert hinterher. Dies ist fur das Systemverhalten irrelevant,

da die Regelgroße Kathoden-Luftmassenstrom entscheidend fur die Bereitstellung der

Brennstoffzellen-Leistung ist.

Abschließend ist zu sagen, dass die entworfene Pumpgrenzuberwachung und Regelung

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142 6.3 Test der entwickelten Betriebsstrategie auf der Zielhardware im Laborsystem

der Luftmassenstrome getestet und mit der Brennstoffzellen-Steuerung auf dem VW-FCC

erfolgreich umgesetzt worden ist. Somit ist die Brennstoffzellensystem-Steuerung in der Lage,

den Einsatz eines Turboverdichters fur untere Lastbereiche zu ermoglichen und gewahrleistet

unter unterschiedlichsten Randbedingungen einen sicheren Betrieb des Turboverdichters.

Page 167: Regelungstechnische Optimierung der Steuerung eines ...€¦ · 3.2.1 Anforderungen an das Modell der Steuerung ... 2.6 Struktur der Steuerung des behandelten Brennsto ... 2.8 Zustandsautomat

Zusammenfassung und Ausblick 143

7 Zusammenfassung und Ausblick

Das Ziel dieser Arbeit ist die regelungstechnische Optimierung der Steuerung eines Brennstoff-

zellensystems im dynamischen Betrieb. Drei Themenbereiche mit Optimierungspotential sind

innerhalb der Steuerung eines Brennstoffzellensystems fur diese Arbeit identifiziert worden.

Inhalt dieser Arbeit ist die Untersuchung der identifizierten Optimierungspotentiale und die

anschließende Umsetzung der Potentiale zur Verbesserung der Steuerung im dynamischen

Betrieb. Erstens wird eine modellgefuhrte Steuerung der Wasserstoffkonzentration mittels

eines N2-Diffusionsmodells entwickelt und vorgestellt. Zweitens wird die Optimierung der

Regelung des Kuhlsystems anhand einer Storgroßenaufschaltung gezeigt und drittens wird

eine Betriebsstrategie, bestehend aus einer Pumpgrenzuberwachung und der Regelung des

Verdichter- und Kathoden-Luftmassenstroms, entworfen.

Zunachst wird in Kapitel 2 die Funktionsweise einer Brennstoffzelle erlautert. Darauf

folgt die Vorstellung des in dieser Arbeit behandelten Brennstoffzellensystems inklusive

seiner aus den Teilsystemen Wasserstoffversorgung, Luftversorgung, Kuhlsystem und

Hochvoltsystem bestehenden Peripherie. Fur das grundlegende Verstandnis der Steuerung

und der Anforderungen an die Regelung des Brennstoffzellensystems wird die dreigeteilte

Struktur der Steuerung erklart. Die Steuerung umfasst eine ubergeordnete Ablaufsteuerung,

die die Aktionen der Fehlerbehandlung und der Regelung der Teilsysteme lenkt und uber

eine Kommunikationsplattform mit der Fahrzeugsteuerung und dem Brennstoffzellen-

system in Verbindung steht. Die Fehlerbehandlung gibt der Steuerung die Moglichkeit,

das BZ-System zu diagnostizieren, den Fahrer zu informieren oder gegebenenfalls zu

warnen und das System mittels einer Fehlerreaktion, wie z.B. einer Leistungsreduktion,

vor lebensdauerschadlichen Betriebsweisen oder vor Zerstorung zu bewahren. Die dritte

Komponente der Steuerung umfasst die Regelung der Teilsysteme zur schnellstmoglichen

Bereitstellung der elektrischen Leistung der Brennstoffzelle in einem elektrischen Antriebsstrang.

Das Kapitel 3 befasst sich mit der Umsetzung der Steuerungssoftware auf der Ziel-

hardware und dem Softwareentwicklungsprozess des Rapid Control Prototyping (RCP).

Zunachst wird auf die einzelnen Phasen des RCP, namlich grafische Modellierung und Regler-

entwurf, Test der Steuerungssoftware mittels HiL-Simulation, Applikation am Laborsystem und

Einsatz im Fahrzeug, eingegangen. Ein entscheidender Vorteil des RCP fur die Optimierung der

Steuerung besteht in der durchgangigen, auf Matlab/Simulink R© basierenden Toolkette.

Somit entsteht die Moglichkeit, eine am PC entwickelte und mittels MiL-Simulation getestete

Funktion mit wenigen”Mausklicks“ anhand dieser Toolkette unkompliziert auf der Zielhardware

umzusetzen.

Die drei in dieser Arbeit behandelten Optimierungsschwerpunkte werden zwar aus-

Page 168: Regelungstechnische Optimierung der Steuerung eines ...€¦ · 3.2.1 Anforderungen an das Modell der Steuerung ... 2.6 Struktur der Steuerung des behandelten Brennsto ... 2.8 Zustandsautomat

144

schließlich mit dem Rapid Control Prototyping entwickelt, jedoch werden einige Phasen des

Entwicklungsprozesses aufgrund von Besonderheiten der bearbeiteten Thematik ubersprungen.

Der instabile Betriebszustand des Pumpens oder Rotating Stall eines Turboverdichters wird in

der HiL-Simulation nicht abgebildet, somit ist die Pumpgrenzuberwachung ohne Tests am

HiL-Simulator sofort erstmalig am Laborsystem zum Einsatz gekommen.

Die erste regelungstechnische Herausforderung wird in Kapitel 4 mit der Entwicklung

der modellgefuhrten Steuerung der Wasserstoffkonzentration behandelt. Hierfur wird zunachst

ein FVM19-Modell der Wasserstoffversorgung inklusive eines N2-Diffusionsmodells zur

Abbildung der Verunreinigung der Wasserstoffversorgung aufgebaut und validiert. Die Nutzung

eines FVM-Modells wird wegen der Einfachheit der ortlichen Auflosung und des geringen

Rechenaufwands favorisiert. Die Validierung des FVM-Modells wahrend eines NEDC ergab

fur einen 5-minutigen Ausschnitt eine Genauigkeit von 1,31 %. Dieses Ergebnis unterliegt

der Einschrankung, dass das behandelte Laborsystem aufgrund von Alterungserscheinungen

und fortschreitenden Undichtigkeiten sein Systemverhalten hinsichtlich der N2-Anreicherung

veranderte. Dies fuhrt zu dem Ergebnis, dass die anfangs erfolgreich getestete modellgefuhrte

Steuerung bei stationaren Betriebspunkten fur den spateren dynamischen Betrieb noch mit

dem indirekten Messwert der H2-Konzentration einer Ultraschall-Messsonde korrigiert werden

muss.

Dennoch kann in dieser Arbeit gezeigt werden, dass grundsatzlich der Wegfall einer

bedarfsgerechten Purgestrategie zur Minimierung des Wasserstoffverbrauchs, basierend auf dem

aktiven Rezirkulationsgeblase des HyMotion3-Systems, durch eine modellgefuhrte Steuerung

der H2-Konzentration mittels eines N2-Diffusionsmodells ersetzt werden kann. Dadurch konnen

die gewonnenen Verbrauchsvorteile einer bedarfsgerechten Purgestrategie erhalten bleiben.

Das Kapitel 5 beschaftigt sich mit der Optimierung der Regelung des Kuhlsystems

im Hinblick auf die Vermeidung von lebensdauerschadlichen Zustanden und der Ver-

besserung der Leistungsfahigkeit des Brennstoffzellensystems. Diese Herausforderungen

fuhrten zur Entwicklung einer Storgroßenaufschaltung auf die Stellgroße der Regelung der

Kuhlmitteleintrittstemperatur. Die Kuhlmitteltemperaturdifferenz wird als Storgroße auf die

Regelung der Kuhlmitteleintrittstemperatur identifiziert und durch ein variables Totzeitglied

verzogert. Fur die Umsetzung der variablen Totzeit der Storgroßenaufschaltung auf der

Zielhardware wird ein Simulink R©-Modell bestehend aus mehreren Triggered Subsystems

entwickelt. Dieses Modell weist aufgrund seiner Modellstruktur eine maximale Auflosung von

100 ms auf. Bei der maximalen Totzeit von 11, 85 s entsteht eine Abweichung des Modells der

variablen Totzeit von 2, 03 %. Im Hinblick auf die Tragheit des Kuhlsystems ist die erzielte

Genauigkeit bei der maximalen Totzeit und die Auflosung von 100 ms hinreichend genau

19Fenite Volumen Methode

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Zusammenfassung und Ausblick 145

fur die Storgroßenaufschaltung. Die entworfene Storgroßenaufschaltung auf die Stellgroße

der Regelung Kuhlmitteleintrittstemperatur wird mit dem RCP entwickelt und getestet. Das

Uberschwingen der Regelgroßen bei großen Lastsprungen wird im Vergleich zur Regelung

mittels eines PID-Reglers von bis zu 4 % auf 1 % reduziert.

Das genaue Einstellen der Eintrittstemperatur und indirekt somit auch der Austritt-

stemperatur bietet auch die Moglichkeit mit dieser Temperatur einen Einfluss auf die Steuerung

oder Reglung der relativen Feuchte der Brennstoffzelle zu nehmen. Die Variation der Ein-

und Austrittstemperaturen wurde den Wasserhaushalt der Brennstoffzelle soweit beeinflussen

konnen, dass mittelfristigen lebensdauerschadliche Effekte, wie einer moglichen Austrocknung

oder Uberfeuchtung entgegengewirkt werden konnten.

Die dritte mittels des RCP entwickelte Steuerungsfunktion ist die in Kapitel 6 erarbeitete

Betriebsstrategie fur den Einsatz eines Turboverdichters im behandelten Brennstoffzellensystem.

Diese Betriebsstrategie beinhaltet zum einen eine Pumpgrenzuberwachung zur Gewahrleistung

des sicheren Betriebes des Turboverdichters uber den gesamten Betriebsbereich des BZ-Systems.

Zum anderen wird die Bereitstellung des erforderlichen Luftmassenstroms fur die Kathode

durch die Regelung eines Waste-Luftmassenstroms im Bypass zur Brennstoffzelle gewahrleistet.

Die Pumpgrenzuberwachung erkennt uber die Auswertung der Anstiegsgeschwindigkeiten des

Verdichter-Austrittsdrucks und des Verdichter-Luftmassenstroms eindeutig das Einsetzen eines

instabilen Betriebszustandes des Verdichters und leitet einen Druckabbau in der Luftversorgung

ein. Dies geschieht uber das Aussetzen der Kathodeneintrittsdruckregelung mittels eines

sofortigen Offnens der Drosselklappe. Dadurch wird der Verdichter vor einer mechanischen

Beschadigung geschutzt und somit kann die Lebendauer des gesamten Brennstoffzellensystems

verlangert werden.

Aufgrund der Abhebedrehzahl des Verdichters zur Generierung eines tragfahigen Luft-

films innerhalb des Luftlagers, muss im unteren Lastbereich des BZ-Systems ein zusatzlicher

Luftmassenstrom uber eine Waste-Klappe an die Umgebung abgefuhrt werden. Die Regelung

dieses Waste-Luftmassenstroms und des Kathoden-Luftmassenstroms wird mittels des RCP

durchgefuhrt. Die Waste-Luftmassenstrom Regelung weist bei sprunghaften Sollwertanderung

ein Allpassverhalten auf, welches aus regelungstechnischer Sicht gelost werden konnte, aber die

entscheidende Regelung des Kathoden-Luftmassenstroms nicht negative beeinflusst.

Fur die modellgefuhrte Steuerung der H2-Konzentration und der verbesserten Rege-

lung des Kuhlsystems mussen noch weiterfuhrende Untersuchungen durchgefuhrt werden, um

diese Betriebsweisen nachhaltig in einem Brennstoffzellenfahrzeug einsetzten zu konnen.

Fur den nachhaltigen und zuverlassigen Einsatz der modellgefuhrten Steuerung der

Page 170: Regelungstechnische Optimierung der Steuerung eines ...€¦ · 3.2.1 Anforderungen an das Modell der Steuerung ... 2.6 Struktur der Steuerung des behandelten Brennsto ... 2.8 Zustandsautomat

146

H2-Konzentration uber einen gesamten Lebenszyklus muss zukunftig die Veranderung des Diffu-

sionsverhaltens einer Brennstoffzelle in Abhangigkeit unterschiedlicher Alterungserscheinungen

untersucht und bestimmt werden. Anschließend mussen diese Erkenntnisse als Kennfeld oder

anhand einer Berechnung in der Steuerung zur langfristigen Korrektur des Simulationsmodells

hinsichtlich des alterungsbedingten veranderten N2-Anreicherungsverhaltens hinterlegt werden.

Eine zukunftige Herausforderung fur die entworfene Regelung der Kuhlmitteltemperatur am

Brennstoffzelleneintritt ist die Anpassung der Regelung auf die Anwendung im Fahrzeug.

In einem Fahrzeug mussen die zu Beginn des Kapitels 5.1 erwahnten Storgroßen, wie

Fahrgeschwindigkeit, Kuhlerlufter und Verhalten eines Gas-Flussig Warmeubertragers

berucksichtigt werden. Diese weiteren Storgroßen konnen zu einer Entkopplung verschiedener

Stellgroßen z.B. der Kuhlerlufter Regelung, zur Erweiterung der Storgroßenaufschaltung oder

zu einem Mehrgroßenregelsystem fuhren. Die entwickelte Storgroßenaufschaltung dient somit

als Ausgangsbasis fur die kommenden Herausforderungen und kann durch Weiterentwicklung

bzw. Erweiterung zukunftig im Fahrzeug zum Einsatz kommen.

Diese Arbeit leistet einen Beitrag zur Verbesserung der Leistungsfahigkeit und Zu-

verlassigkeit der aktuellen Brennstoffzellensystem-Generation der Volkswagen Aktiengesellschaft.

Die modellgefuhrte Steuerung der H2-Konzentration und die Betriebsstrategie fur den

Turboverdichter sind Losungen fur die aus der neuen Systemarchitektur des untersuchten

Brennstoffzellensystems entstandenen Herausforderungen an die Steuerung. Die Optimierung

der Regelung des Kuhlsystems wird als Weiterentwicklung der bis dahin bestandenen Regelung

zur Verbesserung der Leistungsfahigkeit definiert.

Zusatzlich zu der regelungstechnischen Optimierung der Steuerung des Brennstoff-

zellensystems ist das Werkzeug des Rapid Control Prototyping basierend auf einer

Matlab/Simulink R©-Toolkette erstmalig bei der Softwareentwicklung einer Steuerung in der

Brennstoffzellen-Forschung eingesetzt worden. Diese Arbeit hat den RCP-Entwicklungsprozess

fur die Brennstoffzellensystem-Steuerung anhand des erfolgreichen Einsatzes zur Losung dreier

regelungstechnischen Herausforderungen etabliert.

Page 171: Regelungstechnische Optimierung der Steuerung eines ...€¦ · 3.2.1 Anforderungen an das Modell der Steuerung ... 2.6 Struktur der Steuerung des behandelten Brennsto ... 2.8 Zustandsautomat

Lebenslauf 147

8 Lebenslauf

Personliche Daten

Name Martin Arendt

Geburtsdatum/-ort Alfeld/Leine

Nationalitat deutsch

Schulbildung

1982 – 1986 Grundschule Lauenburg

1986 – 1995 Otto-Hahn-Gymnasium Geesthacht

Wehrdienst

1996 – 1997 182. Panzergrenadier Bataillion Bad Segeberg

Studium

1997 – 2006 Technische Universitat Hamburg-Harburg

Studiengang Maschinenbau, Flugzeug-Systemtechnik

Abschluss Diplom-Ingenieur (TU)

Berufliche Laufbahn

2006 – 2007 Philotech GmbH im Auftrag von Airbus Deutschland GmbH

seit 2008 Volkswagen AG

Betreuung der Promotion Prof. Dr.-Ing. Martin Monnigmann, Fakultat fur Maschi-

nenbau, Lehrstuhl fur Regelungstechnik und Systemtheorie,

Ruhr-Universitat Bochum

Dr.-Ing. Heiko Turner, Volkswagen AG

Veroffentlichungen M. Arendt, H. Turner, M. Monnigmann, Rapid Control Proto-

typing for Automotive Fuel Cell Systems, Fuel Cells Science &

Technology 2010, Parallel Sessions 1B: Modelling and Control,

2010 Zaragoza

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148

S. Voss, R. Steinbruck, M. Kautz, E. Schießwohl, M. Arendt,

J. Tom Felde, J, Volkert, D. Trimis, Premixed hydrogen-air

combustion system for fuel cell systems, International Journal

of Hydrogen Energy Volume 36, Issue 5, Seiten 3697-3703,

Marz 2011

H. Turner, M. Arendt, Simulationsgestutzte Steuerungsent-

wicklung fur Brennstoffzellensysteme, 13. MTZ-Fachtagung,

Virtual Powertrain Creation, 2011

Patente DE 102008039782 A1 / WO 2010026024 A2, Marz 2010,

Zonentemperaturregelung an Bord eines Flugzeuges mit-

tels Brennstoffzellenabwarme, A. Westenberger, L. Frahm,M.

Arendt, T. Marquardt

DE 102008006742 A1 / WO 2009095218 A1, August

2009, EP 2238639 A1, Oktober 2010, Luftfahrzeug-

Brennstoffzellensystem, A. Westenberger, L. Frahm, M. Arendt,

T. Marquardt

DE 102007019820 A1, November 2008, Kuhlsystem durch

Grenzschichtabsaugung, A. Westenberger, L. Frahm, M.

Arendt, T. Marquardt, G. Schrauf

DE 102007013345 A1 / WO 2008113850 A2, September 2008,

EP 2137776 A2, Dezember 2009, Energieregelvorrichtung fur

ein Flugzeug, M. Arendt, A. Westenberger, L. Frahm

DE 102005061574 A1, Juni 2007, Hybridsystem von Brenn-

stoffzelle und Verbrennungsmotor, A. Westenberger, M. Arendt,

L. Frahm, J. Bleil

Page 173: Regelungstechnische Optimierung der Steuerung eines ...€¦ · 3.2.1 Anforderungen an das Modell der Steuerung ... 2.6 Struktur der Steuerung des behandelten Brennsto ... 2.8 Zustandsautomat

Anhang 149

A Anhang

A.1 Aufbau der Simulationsmodelle fur den Reglerentwurf

Fur das behandelte Brennstoffzellensystem existiert ein Simulink R©-Modell, welches hin-

sichtlich des zeitlichen Verhaltens und der quantitativen Ergebnisse validiert ist. Dieses

Simulink R©-Modell wird fur den Entwurf und den Test der Brennstoffzellensystem-Steuerung am

HiL-Simulator eingesetzt. Das Simulationsmodell ist modular aufgebaut und jedes Teilsystem

ist in einem Subsystem als Modul abgebildet. Somit ist es moglich ein Teilsystem aus dem

gesamten Simulationsmodell herauszulosen und als StandAlone-Modell zum Reglerentwurf zu

nutzen.

Des Weiteren basieren großere Komponenten der Teilsysteme wie z.B. Ventile, Dros-

selklappen, Verdichter, Warmeubertrager und Pumpen oder im Falle der Brennstoffzelle das

ganze Teilsystem auf der FEV-Bibliothek [18].

Fur den Entwurf der Storgroßenaufschaltung fur die Regelung der Kuhlmitteleintrittstemperatur

in Kapitel 5 und der Entwicklung einer Betriebsstrategie fur den Einsatz eines Turboverdichters

in Kapitel 6 ist ein Modell des jeweiligen Teilsystems des Brennstoffzellensystems in der

Entwicklungsumgebung Matlab/Simulink R©eingesetzt worden.

A.1.1 Modell des Kuhlsystems

Der prinzipieller Aufbau des Kuhlsystems wird in der Abbildung 5.2 im Kapitel 5.1.1 erlautert.

Alle dargestellten Komponenten des Kuhlsystems exklusive der Brennstoffzelle sind aus der

FEV-Bibliothek entnommen. Fur den Entwurf der Storgroßenaufschaltung in Kapitel 5.1 ist

nur der Warmeeintrag der Brennstoffzelle in Abhangigkeit des Lastpunktes entscheidend.

Daher wird fur die Modellierung der Brennstoffzelle im Kuhlsystem die Berechnung des

Warmeeintrages aus Gleichung 5.2 herangezogen.

Das Verhalten der Kuhlmittelpumpe wird anhand von Kennfelder modelliert. Das Kennfeld fur

den Kuhlmittelmassenstrom wird in Abhangigkeit der Drehzahl und des Druckverhaltnisses der

Kuhlmittelpumpe ermittelt. Die Leistungsaufnahme der Kuhlmittelpumpe wird ebenfalls mit-

tels eines Kennfeldes in Abhangigkeit von der Drehzahl und von dem Druckverhaltnis dargestellt.

Abbildung A.1 zeigt das Simulink R©-Modell mit dem FEV-Modell der Kuhlmittelpumpe und

das Kennfeld der elektrischen Leistungsaufnahme der Kuhlmittelpumpe. Das zeitliche Verhalten

wird mittels eines PT1-Gliedes dargestellt.

Page 174: Regelungstechnische Optimierung der Steuerung eines ...€¦ · 3.2.1 Anforderungen an das Modell der Steuerung ... 2.6 Struktur der Steuerung des behandelten Brennsto ... 2.8 Zustandsautomat

150 A.1 Aufbau der Simulationsmodelle für den Reglerentwurf

Abbildung A.1: Simulink R©-Modell der Kühlmittelpumpe

Die Warmeubertrager Luft, Wasserstoff und Kuhler sind als Kreuzstromwarmeubertrager

ausgefuhrt. Die Berechnung der Warmeubertrager wird mittels der NTU-Methode (Number of

Transfer Unit) durchgefuhrt [6].

Die Anzahl der thermischen Ubertragungseinheiten NTU wird mit dem

Warmedurchgangskoeffizienten k, der Ubertragungsflache A fur ein Massenstrom m

mit der Warmekapazitat cp nach [6] zu

NTU =k · Am · cp

=∆T

∆ϑ(A.1)

berechnet. Die Temperaturdifferenz ∆T steht fur die Temperaturerhohung des Massentroms

m bei einer logarithmischen Temperaturdifferenz ∆ϑ der Ubertragungsflache A.

Basierend auf diese NTU-Methode existiert ein Modell fur Warmeubertrager in der

FEV-Bibliothek und wird fur die bereits erwahnten Warmeubertrager im Kuhlsystem eingesetzt.

Das zeitliche Verhalten der Warmeubertrager wird ebenfalls, wie bei der Kuhlmittelpumpe

durch ein PT1-Glied dargestellt. Die jeweilige Zeitkonstante hangt von der thermischen Masse

des Warmeubertragers und des darin enthaltenden Kuhlmediums ab.

Das Verhalten des Thermostatventils ist uber die KV -Werte der beiden Blenden fur

die zwei Stromungswege des Ventils bestimmt. Der Massenstrom wird mit den KV -Werten

und der Blendengleichung nach [65] fur Fluide errechnet und stellt die Grundlage des Blockes

fur Ventile aus der FEV-Bibliothek fur Fluide dar

m = KV · 31, 6 ·

√∆p

ρ. (A.2)

Die identifizierten Totzeiten zwischen den einzelnen Komponenten des Kuhlsystems werden

durch variable TransportDelay-Blocke der Simulink R©-Bibliothek abgebildet.

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Anhang 151

A.1.2 Modell der Luftversorgung

Die Luftversorung wird in Kapitel 2.1.2 als ein Teil des gesamten Brennstoffzellensystems

vorgestellt und der Aufbau der Luftversorgung ist ein Bestandteil der Abbildung 2.4. Die

folgende Abbildung A.2 zeigt den prinzipiellen Aufbau des Subsystems Luftversorgung des

Simulink R©-Modells des Brennstoffzellensystems.

H2O

M

1 Luftfilter

2 Turboverdichter inkl. Motor

3 Wärmeübertrager Kühlsystem

4 Befeuchter Bypassklappe

5 Brennstoffzelle

6 Befeuchter

7 Drosselklappe

8 Wasteklappe

1

2

3

4

5 6

7

8

Abbildung A.2: Prinzipieller Aufbau der Luftversorgung

Der Luftfilter (1) hat einen vernachlassigbaren kleinen Einfluss auf das Verhalten der

Temperatur, des Drucks und des Massenstroms vor dem Eintritt in den Turboverdichter (2),

somit wird er nicht im Simulationsmodell berucksichtigt.

Das Verhalten des Turboverdichters wird analog zur Kuhlmittelpumpe mittels Kennfelder

simuliert. Experimentelle Untersuchungen ergaben ein Massenstrom- und Leistungsaufnahme-

kennfeld fur den Turboverdichter in Abhangigkeit des Druckverhaltnisses und der eingestellten

Drehzahl. Abbildung A.3 zeigt das Simulink R©-Modell des Verdichters mit einem Block fur das

Massenstrom-Kennfeld und ein Block fur die Dynamik des Turboverdichters.

Die Sprungantwort der Turboverdichterdrehzahl auf einen Auf- bzw. Abwartsvolllastsprung

verhalt sich annahert linear. Somit wird das dynamische Verhalten durch einen dynamischen

RateLimiter -Block anhand der Parameter nmax und der Zeit t90 aus der Simulink R©-Bibliothek

abgebildet.

Die elektrische Leisungsaufnahme des Turboverdichters wird in dem Block Dynamik

des Turboverdichters mit

Pelek = ηMot · (Pstat +1

2· (JV er + JMot) · (

60)2 · (δuV er

δt)2) (A.3)

mittels der statischen Leistung Pstat, der Tragheitsmomente des Verdichters JV er und des

elektrischen Antriebsmotors JMot und des elektrischen Wirkungsgrades des Antriebsmotors

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152 A.1 Aufbau der Simulationsmodelle für den Reglerentwurf

Abbildung A.3: Aufbau des Simulink R©-Modells des Turboverdichters

ηMot bestimmt.

Zur Berechnung der Massenstrome der Drossel- (7), Befeuchter- (4) und Wasteklap-

pe (8) wird die Blendengleichung aus A.4 mit den spezifischen KV -Werten verwendet. Das

Verhalten des Warmeubertragers (3) wird ebenfalls nach der NTU-Methode aus Gleichung A.1

bestimmt.

Das Simulationsmodell des Befeuchters wird vollstandig aus der FEV-Bibliothek ubernommen

und setzt sich aus einem Warmeubertrager und einem Wasserubertrager zusammen. Im Modell

des Wasserubertragers, siehe Abbildung A.4, wird mittels der Wasserbeladung der Frisch- und

Wasserübertrager Wärmeübertrager

Abbildung A.4: Simulink R©.Modell des Befeuchters

Page 177: Regelungstechnische Optimierung der Steuerung eines ...€¦ · 3.2.1 Anforderungen an das Modell der Steuerung ... 2.6 Struktur der Steuerung des behandelten Brennsto ... 2.8 Zustandsautomat

Anhang 153

Abluft ein Gutegrad berechnet und anschließend wird im alternate Mixer die Wasserubertragung

von der feuchten Brennstoffzellenabluft auf die frische Brennstoffzellenzuluft berechnet.

Das Modell des Warmeubertragers im Befeuchtermodell beschreibt den Warmetransport

zwischen der feuchten Brennstoffzellenabluft und der frischen Brennstoffzellenzuluft. Das Ver-

halten dieses Warmeubertragers wird mittels der NTU-Methode, siehe Gleichung A.1, berechnet.

Das zeitliche Verhalten der Luftversorgung wird uber das Volumen der Verbindungs-

elemente und der Komponenten innerhalb der Luftversorgung bestimmt. Das Modell

der Luftversorgung wird in drei Volumina aufgeteilt, sodass einige Komponenten und

Verbindungslemente in ein Volumen zusammengefasst werden konnen. Die Reduzierung der

Volumina beeinflusst nicht das zeitliche Verhalten des daraus resultierenden Modells [59].

Das zeitliche Verhalten des Turboverdichters, der Wasteklappe, des Warmeubertragers Luft

und die dazu gehorigen Verbindungselemente werden in einem Volumen zusammengefasst.

Das zweite Volumen beinhaltet die Bypassklappe, den Befeuchter, die Brennstoffzelle und die

entsprechenden Verbindungselemente. Das dritte Volumen steht fur die Abluftstrecke inklusive

der Drosselklappe.

Abbildung A.5: Simulink R©-Modell des Volumens

Page 178: Regelungstechnische Optimierung der Steuerung eines ...€¦ · 3.2.1 Anforderungen an das Modell der Steuerung ... 2.6 Struktur der Steuerung des behandelten Brennsto ... 2.8 Zustandsautomat

154 A.1 Aufbau der Simulationsmodelle für den Reglerentwurf

In der Abbildung A.5 ist das Simulink R©-Modell eines Volumen dargestellt. Das Mo-

dell des Volumen umfasst die Energiespeicher der Gassysteme fur die Zustandsgroßen Masse

und Temperatur. Die Große des Volumens bestimmt das zeitliche Verhalten des Volumens

hinsichtlich der Temperatur und des Drucks [59].

Anhand des Gleichungssystems fur die Großen Massenstrom m, Temperatur T und

Druck p

dm

dt= min − mout (A.4)

dToutdt

=cp · Tin · min − cp · Tout · mout − cv(Tout) · Tout · (min − mout)

cv(Tout) ·mges

(A.5)

pout =mges ·Rges · Tout

V(A.6)

wird das zeitliche Verhalten dieser drei Zustandsgroßen fur ein Volumen mit dem Rauminhalt

V bestimmt.

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Anhang 155

A.2 Berechnung der Kenngroßen des Laborsystems zur Berechnungdes B-Parameters

Berechnung der Umfangsgeschwindigkeit uTurbo des Turboverdichters in Abhangigkeit der

Drehzahl nTurbo und des mittleren Umfangs des Verdichterrades U des Turboverdichters.

uTurbo = U · nTurbo (A.7)

Mit dem mittleren Durchmesser d = 0, 025 m des Verdichterrades ergibt sich fur U :

U = 2π · d (A.8)

= 0, 1571m. (A.9)

Mit den beiden Drehzahlen nTurbo,1 = 70000 1min

und nTurbo,2 = 20000 1min

ergeben sich

folgende Umfangsgeschwindigkeiten:

uTurbo,1 = 0, 1571m · 70000

60 s(A.10)

= 183, 26m

s(A.11)

uTurbo,2 = 0, 1571m · 20000

60 s(A.12)

= 52, 36m

s. (A.13)

Die Querschnittflache des Verdichterrades AV ergibt sich mit d zu:

AV =d2 · π

4(A.14)

= 0, 00049m2. (A.15)

Das Plenumvolumen VP der Kathode ist die Summe aus dem Volumen der Kathode, des

Befeuchters und der Verbindungselemente zwischen den Komponenten Befeuchter und Kathode.

VP = VKa + VBef + VV erbindung (A.16)

Das Volumen der Kathode berechnet sich auch den Einzelvolumina VFlussfeld,Ka des Flussfeldes

der Kathode einer Bipolarplatte multipliziert mit der Anzahl der Brennstoffzellen NBZ .

VKa = VFlussfeld,Ka ·NBZ (A.17)

= 0, 00001491m3 · 370 (A.18)

= 0, 00552m3 (A.19)

Der Befeuchter ist aus zwei baugleichen Modulen mit den effektiven Abmaßen von 185x270x65

zusammengesetzt, somit belauft sich VBef auf:

VBef = 2 · (0, 185 · 0, 27 · 0, 065)m3 (A.20)

= 0, 00649m3. (A.21)

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156 A.2 Berechnung der Kenngrößen des Laborsystems zur Berechnung des B-Parameters

Das Volumen der Verbindungselemente wird mit der summierten Lange und dem Durchmesser

der Elemente bestimmt. Mit der summierte Lange LV erbindung = 1, 83 m und dem Durchmesser

dV erbindung = 0, 05 m ergibt sich fur VV erbindung:

VV erbindung = LV erbindung ·d2V erbindung · π

4(A.22)

= 1, 83m · 0, 052 · π4

(A.23)

= 0, 00359m3. (A.24)

Die Gleichung A.16 ergibt nun fur das Plenumvolumen VP :

VP = 0, 00552m3 + 0, 00649m3 + 0, 00359m3 (A.25)

= 0, 0156m3. (A.26)

Die effektive Kanallange LV wurde am Laborsystem ausgemessen.

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Anhang 157

A.3 Dampftapfel fur den Sattigungszustand

Die Tabelle A.1 stellt den Sattigungsdampfdruck fur Wasser nach [68] dar und gibt dem

Temperaturbereich und die Stutzstellen an, die in der Steuerungssoftware auf der Zielhardware

hinterlegt sind.

Tabelle A.1: Dampfdruckkurve für Wasser

ϑ ps◦C bar

10 0.012281

20 0.023388

30 0.042455

40 0.073814

50 0.12344

60 0.19932

70 0.31176

80 0.47373

90 0.70117

100 1.0132

110 1.4324

120 1.9848

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158 A.4 Berechnung des Durchflusses für ein Stellventil nach der Richtlinie VDI/VDE2173

A.4 Berechnung des Durchflusses fur ein Stellventil nach der Richt-linie VDI/VDE2173

Die Berechnung des Durchflusses fur das Purgeventil, das Ventil des Wasserabscheiders und

der Klappen der Luftversorgung wird nach der Richtlinie fur Stromungstechnische Kenngroßen

von Stellventilen und deren Bestimmung VDI/VDE2173 [65] durchgefuhrt.

Der Durchflusskoeffizient KV ist ein spezifischer Volumendurchfluss eines Ventils bei

einem festgelegten Hub, bei einem Druckverlust von 105 Pa und das Medium ist Wassser mit

einer Temperatur zwischen 278 K und 315 K [65].

Fur die Bestimmung des KV -Wertes fur Gase wird folgende Gleichung verwendet:

KV =QN

519 · p1 · Y

√ρN · T1 · Z

x(A.27)

QN beschreibt den Durchfluss unter Normbedingungen, p1 und T1 den Eingangsdruck bzw.

-temperatur und ρN die Normdichte des Gases. Des Weiteren gilt:

x =∆p

p1(A.28)

und der Expansionsfaktor Y betragt:

Y = 1− x

3 · Fγ · xT(A.29)

Fγ =γ

1, 4(A.30)

xT = ∆pmax. (A.31)

γ beschreibt das Verhaltnis der spezifischen Warmekapazitaten cp und cv des Anodengases. Da

γ fur Wasserstoff und Stickstoff 1,41 bzw. 1,4 betragt, wird das γ des Anodengase zu 1,4

gesetzt, somit betragt Fγ Eins.

xT steht fur das Differenzdruckverhaltnis bei dem eine Durchflussbegrenzung eintritt.

Z ist der Realgasfaktor und kann bei den betrachteten Temperaturen und Drucke zu Eins

gesetzt werden.

Werden die getroffenen Annahmen in den Gleichungen A.28 bis A.31 berucksichtigt,

anschließend in Gleichung A.27 eingesetzt und dann nach QN umgestellt, folgt:

QN = KV · 514 ·

√p2 ·∆pρN · T1

. (A.32)

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Anhang 159

A.5 Berechnung der Gaszusammensetzung anhand einer UltraschallMesssonde

Die Messonde der Firma FuelCon ist fur Messungen in Gasen entwickelt worden. Das

Messprinzip besteht darin, dass die Laufzeit von Ultraschallsignalen in und gegen die

Stromungsrichtung des Messmediums gemessen wird. Die Laufzeitdifferenz beider Signale

ist ein Maß fur die Stromungsgeschwindigkeit des Messmediums, wahrend die mittlere

Singallaufzeit Ruckschlusse auf die Zusammensetzung des Gasgemisches zulasst.

Die folgenden Messgroßen in Tabelle A.2 liegen fur die Berechnung der Gaszusam-

mensetzung zu Grunde:

Tabelle A.2: Messgrößen und Stoffwerte inklusive ihrer Einheiten zur Berechnungder Gaszusammensetzung

Messgröße Bezeichnung Einheit

Laufzeit 1 t12 µs

Messstrecke 1 D12 m

Laufzeit 2 t21 µs

Messstrecke 2 D21 m

Gastemperatur Messsonde TMU◦C

Gasdruck Messsonde pMU bar

Taupunkttemperatur Messonde TTau,MU◦C

Stoffwerte Bezeichnung Wert mit Einheit

spez. Wärmekapazität Wasserstoff cp,H2 14, 3 kJ(kgK)

spez. Gaskonstante Wasserstoff Rs,H2 4124, 3 J(kgK)

spez. Wärmekapazität Stickstoff cp,N2 1, 039 kJ(kgK)

spez. Gaskonstante Stickstoff Rs,N2 296, 8 J(kgK)

spez. Wärmekapazität Wasserdampf cp,H2O 1, 865 kJ(kgK)

spez. Gaskonstante Wasserdampf Rs,H2O 461, 5 J(kgK)

Der Gasdruck pMU und die Taupunkttemperatur TTau,MU der Messsonde werden den

Messgroßen pAn,out und TTau,An,out der Steuerung gleichgesetzt. Die Gastemperatur der

Messsonde TMU , Laufzeit 1 t12 und Laufzeit 2 t12 werden von der Messonde gemessen und mit

einer Aktualisierungrate von 0, 75Hz bzw. 1, 5 s uber eine CAN-Kommunikationsschnittstelle

der Brennstoffzellensystem-Steuerung ubermittelt.

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160 A.5 Berechnung der Gaszusammensetzung anhand einer Ultraschall Messsonde

Die nachfolgend beschriebene Berechnung der Gaszusammensetzung am Anodeaustritt wird

mittels Simulink R© grafisch programmiert und ist auf der Zielhardware umgesetzt.

Zunachst wird anhand der gemessenen Laufzeiten und der bekannten Messstrecken

die mittlere Schallgeschwindigkeit cMU innerhalb der Messsonde berechnet

cMU =1

2· (D12

t12+D21

t21). (A.33)

Mit der mittleren Schallgeschwindigkeit, dem Gasdruck der Messsonde bzw. Anodenaustritts-

drucks und dem Kappa des Anodenabgases κMU wird die mittlere Dichte uber die Beziehung:

c =√κ ·Rm · T =

√p

ρm(A.34)

zu:

ρMU =κMU

pMU · c2MU

(A.35)

bestimmt. Die Berechnung des κMU erfolgt zu einem spateren Zeitpunkt.

Durch die Berechnung der Dichte jeder einzelner Gaskomponente ρi mit den Partialdrucken

der einzelnen Gaskomponenten pi mittels:

ρi =pi

Rs,i · TMU

(A.36)

kann uber das Verhaltnis:

ξi =ρiρMU

(A.37)

der Massenanteil der Gaskomponenten ξi bestimmt werden. Die Partialdrucke werden uber die

Beziehung:

pMU = pH2 + pH2O + pN2 (A.38)

betimmt. Der Partialdruck fur Wasserdampf pH2O aus Gleichung A.38 wird uber die Dampf-

druckkurve A.1 und dem Messwert TTau,MU mit:

pH2O = ps(TTau,MU) (A.39)

berechnet. Nun kann durch die Bestimmung eines zweiten Partialdrucks der dritte anhand der

Gleichung A.38 berechnet werden. Die Bestimmung des zweiten Partialdrucks z.B. pH2 erfolgt

uber dieses Gleichungssystem:

pMU = pH2 + pH2O + pN2 (A.40)

1 = ξH2 + ξH2O + ξN2 . (A.41)

Fur die Bestimmung der Massenanteile ξi werden ebenfalls die Partialdrucke pi benotigt. Dies

fuhrt zu einer Iteration, die mit einem Startwert fur pH2 begonnen wird. Daraus ergibt sich im

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Anhang 161

ersten Schritt durch das bekannte pH2O ein pN2 . Mit den drei nun definierten Partialdrucken

konnen die ersten Werte fur die Massenanteile ξi bestimmt werden. Ergibt sich die Summe aus

Glechung A.40 nicht zu eins wird pH2 vom Startwert her leicht verandert.

Die Ermittlung des richtigen Partialdrucks pH2 zur Losung der beiden Gleichungen

A.40 und A.41 erfolgt durch einen PI-Regler.

Der Regelkreis besteht aus der Regelgroße, Summe aller Massenanteile∑ξi, der

Stellgroße H2-Partialdruck pH2 und die Regelstrecke wird aus den Gleichungen A.40 und A.41

gebildet. Dem PI-Regler wird als Sollwert fur die Regelgroße∑ξi die physikalisch richtigte

Losung 1 vorgegeben.

Der PI-Regler wird so eingestellt, dass innerhalb eines Abtastschrittes von 1,5 Sekun-

den die Regelabweichung kleiner 0,1 % liegt.

Mit den iterativ bestimmten Massenanteilen lasst sich nun die mittlere spezifische

Warmekapazitat cp,m und die mittlere spezifische Gaskonstante Rs,m bestimmen

cp,m = ξH2 · cp,H2 + ξH2O · cp,H2O + ξN2 · cp,N2 (A.42)

Rs,m = ξH2 ·Rs,H2 + ξH2O ·Rs,H2O + ξN2 ·Rs,N2 . (A.43)

Mit cp,m und Rs,m kann nun das kappa κMU aus Gleichung A.35 uber die Beziehung:

κMU =cp,m

(cp,m −Rs,m)(A.44)

bestimmt werden.

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