regionalplan westsachsen 2008

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REGIONALPLAN WESTSACHSEN 2008 beschlossen durch Satzung des Regionalen Planungsverbandes vom 23.05.2008 genehmigt durch das Sächsische Staatsministerium des Innern am 30.06.2008 in Kraft getreten mit der Bekanntmachung nach § 7 Abs. 4 SächsLPlG am 25.07.2008 Teil 1 - Festlegungen mit Begründungen REGIONALER PLANUNGSVERBAND WESTSACHSEN

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REGIONALPLAN WESTSACHSEN 2008

beschlossen durch Satzung des Regionalen Planungsverbandes vom 23.05.2008

genehmigt durch das Sächsische Staatsministerium des Innern am 30.06.2008 in Kraft getreten mit der Bekanntmachung nach § 7 Abs. 4 SächsLPlG am 25.07.2008

Teil 1 - Festlegungen mit Begründungen

REGIONALER PLANUNGSVERBAND WESTSACHSEN

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Regionalplan Westsachsen 2008 Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Teil 1 – Festlegungen mit Begründungen SeiteInhaltsverzeichnis 1

Verfahrensübersicht 5

0 Einleitung 7

1 Leitbild zur nachhaltigen Ordnung und Entwicklung der Region 10

ÜBERFACHLICHE ZIELE UND GRUNDSÄTZE DER REGIONALPLANUNG 13

2 Raumstrukturelle Entwicklung 13 2.1 Allgemeine raumstrukturelle Entwicklung 13 2.2 Europäische Metropolregion „Sachsendreieck“ 16 2.3 Zentrale Orte und Verbünde 17 2.4 Gemeinden und Gemeinden mit besonderen Gemeindefunktionen 28 2.5 Raumkategorien 30 2.6 Regionale Achsen 31

3 Regionalentwicklung 34 3.1 Interkommunale Kooperation 34 3.2 Länder- und regionsübergreifende Zusammenarbeit 36 3.3 Räume mit besonderem landes- und regionalplanerischem Handlungsbedarf 37

FACHLICHE ZIELE UND GRUNDSÄTZE DER REGIONALPLANUNG 42

4 Schutz, Pflege und Entwicklung von Natur und Landschaft 42 4.1 Schutz der Landschaft 42 4.2 Arten- und Biotopschutz, ökologisches Verbundsystem 49 4.3 Wasser, Gewässer- und Hochwasserschutz 54 4.4 Bodenschutz und Altlasten 67 4.5 Luftreinhaltung und Klimaschutz 72

5 Siedlungsentwicklung 74 5.1 Siedlungswesen, Regionale Grünzüge und Grünzäsuren 74 5.2 Stadtentwicklung 80 5.3 Ländliche Entwicklung und Dorfentwicklung 81

6 Gewerbliche Wirtschaft und Handel 84 6.1 Gewerbliche Wirtschaft 84 6.2 Handel 88

7 Rohstoffsicherung und -gewinnung 92

8 Tourismus, Freizeit und Erholung 96 8.1 Erholungs- und Tourismusgebiete 96 8.2 Tourismusschwerpunkte 99 8.3 Thematische Tourismusangebote 101 8.4 Sport- und Freizeitanlagen, touristische Infrastruktur 105

9 Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft 109 9.1 Landwirtschaft 109 9.2 Forstwirtschaft 113

9.3 Fischereiwirtschaft 116

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Regionalplan Westsachsen 2008 Inhaltsverzeichnis

10 Verkehr 117 10.1 Gesamtverkehrskonzeption 117 10.2 Öffentlicher Personennahverkehr 118 10.3 Schienenverkehr 124 10.4 Straßenverkehr 128 10.5 Luftverkehr 133 10.6 Binnenschifffahrt/Güterverkehr/Kombinierter Verkehr 135 10.7 Radverkehr 136

11 Energieversorgung und erneuerbare Energien 138 11.1 Energetische Nutzung von Braunkohle 138 11.2 Energetische Nutzung von Biogas, Biomasse, Wasserkraft und solarer Strahlung 138 11.3 Energetische Windnutzung 141

12 Telekommunikation und technische Leitungssysteme 157

13 Wasserver- und Abwasserentsorgung 158

14 Abfall 161

15 Lärmschutz 162

16 Soziale und kulturelle Infrastruktur 164

17 Verteidigung 168

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Regionalplan Westsachsen 2008 Inhaltsverzeichnis ZEICHNERISCHE FESTLEGUNGEN UND ERLÄUTERUNGEN (KARTEN) Festlegungskarten Karte 1: Raumstruktur Karte 2: Siedlungsstruktur Karte 6: Räume mit besonderem landes- und regionalplanerischen Handlungsbedarf Karte 7: Unzerschnittene störungsarme Räume Karte 14: Raumnutzung Karte 15: Sanierungsbedürftige Bereiche der Landschaft Karte 16: Bereiche der Landschaft mit besonderen Nutzungsanforderungen Karte 17: Erholung und Tourismus Erläuterungskarten Karte 3: Mittelzentrale Verflechtungsbereiche (Mittelbereiche) Karte 4: Grundzentrale Verflechtungsbereiche (Nahbereiche) Karte 5: Regionalentwicklung Karte 8: Ökologisches Verbundsystem Karte 9: Schutzgebiete Natur und Landschaft Karte 10: Hochwasserschutz Karte 11: Wasserschutzgebiete Karte 12: Ausweisungsgrundlagen Regionaler Grünzüge Karten 13.1-13.18: Vorrang- und Eignungsgebiete Windenergienutzung (Detailkarten) ANHANG Anhang 1: Braunkohlenpläne (Verfahrensstand) A-1 Anhang 2: Vorrang- und Vorbehaltsgebiete oberflächennahe Rohstoffe A-3 Anhang 3: Fachplanerische Inhalte des Landschaftsrahmenplans A-7 Anhang 4: Schutzgebiete Natur und Landschaft A-71 Anhang 5: Vorrang- und Eignungsgebiete Windenergienutzung A-77 Karte A-1: Landschaftstypen Karte A-2: Landschaftserleben Karte A-3: Integriertes Entwicklungskonzept Landschaft ERLÄUTERUNG VON FACHBEGRIFFEN UND ABKÜRZUNGEN Erläuterung von Fachbegriffen G-1 Abkürzungen G-7 Teil 2 – Umweltbericht Teil 3 – Zusammenfassende Erklärung

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Regionalplan Westsachsen 2008 Verfahrensübersicht

Verfahrensübersicht

Beschluss der Verbandsversammlung (III/VV 17/01/2004) zur Gesamtfortschreibung nach § 24 Abs. 3 SächsLPlG

12.03.2004

Entwurfserstellung für die Beteiligung nach § 6 Abs. 1 SächsLPlG 03/2004-08/2005

Umwelt- und FFH-Erheblichkeitsprüfung - Scoping 16.12.2004

Beschluss der Verbandsversammlung (IV VV 04/01/2005) zur Einleitung der Beteiligung nach § 6 Abs. 1 SächsLPlG

06.10.2005

Beteiligung nach § 6 Abs. 1 SächsLPlG 08.11.2005-13.01.2006

Prüfung der vorgebrachten Anregungen, Bedenken und Hinweise 02/2006-06/2006

Beschluss der Verbandsversammlung (IV/VV 07/01/2006) zur Abwägung für die zu § 6 Abs. 1 SächsLPlG vorgebrachten Anregungen, Bedenken und Hinweise

07.07.2006

Erarbeitung des Planentwurfs nach § 6 Abs. 2 SächsLPlG 07/2006-08/2007

Beschluss der Verbandsversammlung (IV/VV 11/01/2007) zur Auslage des Entwurfs nach § 6 Abs. 2 SächsLPlG

12.10.2007

Auslage nach § 6 Abs. 2 SächsLPlG 19.11.2007-21.12.2007

Prüfung der vorgebrachten Anregungen, Bedenken und Hinweise 01/2008-03/2008

Beschluss der Verbandsversammlung (IV/VV 07/01/2006) zur Abwägung nach § 6 Abs. 3 SächsLPlG für die nach § 6 Abs. 2 SächsLPlG vorgebrachten Anregungen, Bedenken und Hinweise

28.03.2008

Beschluss der Verbandsversammlung (IV VV 04/01/2005) zur Einleitung der Beteiligung nach § 6 Abs. 4 SächsLPlG

28.03.2008

Auslage nach § 6 Abs. 4 SächsLPlG 04.04.2008-06.05.2008

Prüfung der vorgebrachten Anregungen, Bedenken und Hinweise

Beschluss der Verbandsversammlung (IV/VV/14/03/2008) zur Abwägung nach § 6 Abs. 3 SächsLPlG für die nach § 6 Abs. 4 SächsLPlG vorgebrachten Anregungen, Bedenken und Hinweise

05/2008

23.05.2008

Satzungsbeschluss der Verbandsversammlung (IV/VV/14/04/2008) nach § 7 Abs. 2 SächsLPlG

23.05.2008

Genehmigung durch die oberste Raumordnungs- und Landesplanungsbehörde nach § 7 Abs. 4 SächsLPlG

30.06.2008

Ausfertigung 11.07.2008

(letzte) Öffentliche Bekanntmachung nach § 7 Abs. 4 SächsLPlG 25.07.2008

Eintritt der Verbindlichkeit nach § 7 Abs. 4 SächsLPlG 25.07.2008

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Regionalplan Westsachsen 2008 0 Einleitung

0 Einleitung Am 01. Januar 2004 ist der novellierte Landesentwicklungsplan Sachsen in Kraft getreten. Nach § 4 Abs. 1 des Gesetzes zur Raumordnung und Landesplanung des Freistaats Sachsen (Landesplanungsgesetz – SächsLPlG) vom 14. Dezember 2001 (SächsGVBl. S. 716), das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 7. November 2007 (SächsGVBl. S. 478, 484) ge-ändert worden ist, ist der Regionale Planungsverband Westsachsen als Träger der Regionalplanung verpflichtet, den seit 20. Dezember 2001 verbindlichen Regionalplan Westsachsen gemäß § 6 Abs. 5 SächsLPlG der weiteren Entwicklung durch Fortschreibung anzupassen. Planungsgebiet ist die Planungsregion Westsachsen mit der kreisfreien Stadt Leipzig sowie den Landkreisen Delitzsch, Döbeln, Leipziger Land, Muldentalkreis und Torgau-Oschatz. Im Regionalplan sind die Grundsätze der Raumordnung nach § 2 Raumordnungsgesetz (ROG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. August 1997 (BGBl. I, S. 2081-2102), das zuletzt durch Artikel 10 des Gesetzes vom 09. Dezem-ber 2006 (BGBl. I, S. 2833) geändert wurde, sowie die Ziele und Grundsätze der Raumordnung des Landesentwicklungs-plans Sachsen, Verordnung der Sächsischen Staatsregierung über den Landesentwicklungsplan Sachsen (LEP 2003) vom 16. Dezember 2003 (SächsGVBl. S. 915) regionsspezifisch räumlich und sachlich ausgeformt. Nach § 4 (2) SächsLPlG ist zugleich der Landschaftsrahmenplan in den Regionalplan einbezogen. Der Regionalplan stellt somit den verbindlichen Rahmen für die räumliche Ordnung und Entwicklung der Region Westsachsen, insbesondere in den Bereichen der Ökologie, der Wirtschaft, der Siedlung und der Infrastruktur, dar. Der Regionalplan ist auf einen Zeithorizont von etwa zehn Jahren ausgerichtet und nach § 6 (5) SächsLPlG durch Fort-schreibung der weiteren Entwicklung anzupassen. Sein Hauptanliegen ist, den Handlungsrahmen für eine nachhaltige Regionalentwicklung zu geben, in dem sich die räumlich differenzierten Leistungspotenziale Westsachsens wirtschaftlich entfalten können, auf möglichst gleichwertige Lebensbedingungen in allen Teilen der Region hingewirkt wird und die natür-lichen Lebensgrundlagen der Bevölkerung dauerhaft gesichert werden können. Der Regionalplan enthält regionsweit bedeutsame Festlegungen als Ziele und Grundsätze der Raumordnung. Sein Regelungsinhalt sowie die Anforderungen an die Normqualität und die unterschiedliche Bindungswirkung der Ziele und Grundsätze ergeben sich aus den bundes- und landesrechtlichen Vorschriften des Raumordnungsgesetzes und des Gesetzes zur Raumordnung und Landesplanung des Freistaats Sachsen. Braunkohlenpläne, die für stillgelegte Tagebaue als Sanierungsrahmenpläne aufzustellen sind und zu denen eigenständige Verfahren nach § 6 SächsLPlG durchgeführt werden, bilden nach § 4 (4) SächsLPlG Teile des Regionalplans. Sie regeln insbesondere den Abbau von Braunkohle durch Ausweisung entsprechender Vorrang- bzw. Vorbehaltsgebiete und die Grundzüge zur Gestaltung der Bergbaufolgelandschaft. Insoweit sind neben den Zielen und Grundsätzen des Regionalplans die Ziele der Braunkohlenpläne bzw. der Sanierungsrahmenpläne zu beachten und deren Grundsätze zu berücksichtigen. Speziell enthalten die in Karte 14 „Raumnutzung“ dargestellten Gebiete der Braunkohlen- bzw. Sanierungsrahmenpläne „Bereiche mit Originärausweisungen der Braunkohlenpläne“. Dies sind die Bereiche bergbaulich verritzter und aufge-haldeter Flächen sowie unmittelbar angrenzende räumlich und sachlich durch die Bergbautätigkeit oder die Wiedernutz-barmachung berührte Gebiete. Innerhalb dieser Bereiche erfolgen in den Braunkohlen- bzw. Sanierungsrahmenplänen „Originärausweisungen“ für die Nutzungsarten Braunkohlenabbau, Natur und Landschaft, Erholung, Landwirtschaft, Wald-mehrung und Waldschutz sowie Hochwasserschutz (Rückhaltebecken) und Deponie. Für die Anwendung dieser „Originär-ausweisungen“ sind daher die jeweiligen Braunkohlenpläne maßgebend. Die Karte 14 „Raumnutzung“ enthält zu diesen Festlegungen somit lediglich eine nachrichtliche und generalisierte Darstellung, basierend auf dem jeweiligen Verfahrens-stand des Braunkohlenplans (vgl. Anhang 1). Zu später, durch Ausformungen im Zuge der Braunkohlesanierung entstan-denen Veränderungen topographischer Elemente, maßgeblich der Seekonturen, erfolgen bewusst keine Aktualisierungen in der Raumnutzungskarte gegenüber den verbindlichen Planständen, weil diese punktuell Verfälschungen von Originär-ausweisungen zur Konsequenz hätten. Im Zuge laufender bzw. künftiger Fortschreibungsverfahren von Braunkohlenplänen können erforderliche sachliche Anpassungen vorgenommen werden. Alle weiteren innerhalb des „Bereichs mit Originär-ausweisungen der Braunkohlenpläne“ enthaltenen Ausweisungen in der Raumnutzungskarte erfolgen stets originär im Regionalplan. Darüber hinaus sind in den Braunkohlenplänen aufgrund der Maßstabsebene und spezifischer Sanierungs-erfordernisse spezielle Ausweisungen enthalten. Sofern die Grenze des Plangebiets des Braunkohlenplans nicht identisch ist mit der Grenze des „Bereichs mit Originärausweisungen der Braunkohlenpläne“, wird diese im Braunkohlenplanverfahren festgelegt. Damit können bei Bedarf auch Änderungen an den Grenzen der Originärausweisungen vorgenommen werden, wenn diesbezüglich zugleich eine Teilfortschreibung des Regionalplans Westsachsen erfolgt. Mit der dargestellten Verfah-rensweise wird gesichert, dass die Originärausweisungen der Braunkohlenpläne jeweils als Module entsprechend dem letzten vorliegenden Verfahrensstand in Karte „Raumnutzung“ übernommen und bei Bedarf angepasst werden können, ohne selbst Gegenstand der Gesamtfortschreibung des Regionalplans zu sein. Eine Übersicht zu den Bearbeitungsständen der Braunkohlenpläne erfolgt in Anhang 1.

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Regionalplan Westsachsen 2008 0 Einleitung

Die Ziele des Regionalplans (Kennzeichnung mit Z) sind verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich be-stimmten oder bestimmbaren, abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums. Die Ziele des Regionalplans sind von öffentlichen Stellen bei ihren raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu beachten. Ziele, die die Bauleitplanung betreffen, begründen darüber hinaus eine An-passungspflicht für die Gemeinden nach § 1 Abs. 4 Baugesetzbuch (BauGB). Je nach Konkretisierungsgrad lassen die Ziele nachfolgenden Planungen Spielräume zur Ausformung und Umsetzung. Wenn ein Ziel im Regionalplan als „Ist-Ziel“ formuliert ist, bedeutet dies, dass die Festlegung zwingend verbindlich ist; sie kann nur im Rahmen eines Zielabweichungs-verfahrens (§ 17 SächsLPlG) überwunden werden. Wenn ein Ziel im Regionalplan als „Soll-Ziel“ formuliert ist, bedeutet dies, dass die Planaussage gleichfalls zwingend verbindlich ist, aber selbst ein so genanntes Restermessen enthält, das er-laubt, in atypischen Fällen ohne Zielabweichungsverfahren von der Planaussage abzuweichen (Regel-Ausnahme-Struktur). Ein atypischer Fall liegt dann vor, wenn bei objektiver Betrachtung des konkreten Einzelfalls ein Festhalten am Ziel unter Be-achtung der Gesamtaussage des Plans nicht gerechtfertigt erscheint. Diese Fälle sind in der Begründung mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit benannt. Wenn ein Ziel im Regionalplan als „Hinwirkungsziel“ for-muliert ist, kann darauf die Ablehnung einer anstehenden raumbedeutsamen Planung und Maßnahme regelmäßig nicht gestützt werden, es sei denn, es ist offensichtlich, dass hierdurch der Hinwirkungsauftrag konterkariert wird. „Hinwirkung“ bedeutet für den Adressaten bei der Verwirklichung der Zielaussagen ein breites in Betracht kommendes Spektrum an möglichen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen. Zulässig sind danach alle raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen, die die Zielaussage befördern oder die der Zielaussage nicht widersprechen. Die Grundsätze des Regionalplans (Kennzeichnung mit G) sind allgemeine Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums in oder aufgrund von § 2 ROG als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensent-scheidungen. Sie sind von öffentlichen Stellen bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen in der Abwägung oder bei der Ermessensausübung zu berücksichtigen. Im Übrigen richtet sich die Bindungswirkung der Grundsätze und Ziele nach dem Raumordnungsgesetz und den Fach-gesetzen in ihrer jeweils geltenden Fassung. Der Regionalplan erfüllt somit auch eine rahmensetzende Koordinierungs-funktion für fachliche Planungen und Maßnahmen. Der Regionalplan weist zeichnerische Festlegungen von Zielen und Grundsätzen zu Gebietsbezeichnungen, insbesondere im Freiraumbereich, aber auch im besiedelten Bereich, der Regionalplanung aus. Diese Gebietsbezeichnungen umfassen Vorrang-, Vorbehalts- und Eignungsgebiete. Vorranggebiete nach § 7 Abs. 4 Nr. 1 ROG sind Gebiete, die für bestimmte, raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen vorgesehen sind und andere raumbedeutsame Nutzungen ausschließen, soweit diese mit den vorrangigen Nutzungen, Funktionen oder Zielen der Raumordnung nicht vereinbar sind. Vorranggebiete sind Ziele der Raumordnung. Vorbehaltsgebiete nach § 7 Abs. 4 Nr. 2 ROG sind Gebiete, in denen bestimmten, raum-bedeutsamen Funktionen oder Nutzungen bei der Abwägung mit konkurrierenden raumbedeutsamen Nutzungen be-sonderes Gewicht beigemessen werden soll. Vorbehaltsgebiete sind Grundsätze der Raumordnung. Eignungsgebiete nach § 7 Abs. 4 Nr. 3 ROG sind Gebiete, die für bestimmte, raumbedeutsame Maßnahmen geeignet sind, die städtebaulich nach § 35 BauGB zu beurteilen sind und an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen werden. Gemäß § 2 Abs. 2 SächsLPlG darf die Ausweisung von Eignungsgebieten im vorgenannten Sinn nur in Verbindung mit der Ausweisung von Vorranggebieten zugunsten der betreffenden Nutzung erfolgen. Der Regionalplan besteht aus einem Text- und einem Kartenteil. Der Textteil gliedert sich in das Leitbild für die Entwicklung der Planungsregion Westsachsen sowie einen überfachlichen Teil mit Zielen und Grundsätzen und einen fachlichen Teil mit Zielen und Grundsätzen mit den dazugehörigen Begründungen. Er ist analog dem Landesentwicklungsplan Sachsen gegliedert. Der Kartenteil enthält zeichnerische Festlegungen von Zielen und Grundsätzen (Festlegungskarten) sowie Karten, die der Erläuterung dienen (Erläuterungskarten). Im Unterschied zu den Festlegungskarten enthalten die Erläu-terungskarten keine Inhalte mit Bindungswirkung nach § 4 ROG. Dem Plan ist eine Begründung beigefügt. Die Begründung beschränkt sich auf wesentliche Aussagen zum Regelungserfordernis und erzeugt keine unmittelbare Bindungswirkung. Den Festlegungen des Regionalplans ist ein Leitbild für die weitere Entwicklung der Planungsregion Westsachsen voran-gestellt. Es entfaltet keine Bindungswirkung nach § 4 ROG. Das Leitbild enthält Leitvorstellungen mit programmatischem Charakter für die allgemeine räumliche Entwicklung, die Maßstab und strategische Zielrichtung für die Inhalte der konkreten Ziele und Grundsätze des Regionalplans sind. Zugleich ist dieses auf die Zukunft, d. h. auch über den zeitlichen Geltungs-bereich des Regionalplans 2008 hinaus, gerichtete regionalpolitische Leitbild nicht statisch, sondern offen für künftige Ent-wicklungen. Das Leitbild soll zu einer regionsweiten, konsensbildenden Identifikation mit den regionalpolitischen Zielsetzun-gen des Regionalplans beitragen. Der Regionalplan übernimmt gemäß § 4 Abs. 2 Satz 3 SächsLPlG zugleich die Funktion des Landschaftsrahmenplans nach § 5 des Sächsischen Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (SächsNatSchG) in der Fassung der Bekannt-machung vom 03. Juli 2007 (SächsGVBl. S. 321). Der Regionalplan ist damit ein Instrument, mit dem gezielt auch land-schaftsrahmenplanerische Erfordernisse Verbindlichkeit erlangen. Die in § 4 Abs. 1 SächsNatSchG bestimmten Grundlagen

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Regionalplan Westsachsen 2008 0 Einleitung

und Inhalte der Landschaftsplanung sind als eigenständiger Fachbeitrag Naturschutz und Landschaftspflege zum Land-schaftsrahmenplan Planungsregion Westsachsen durch den Regionalen Planungsverband Westsachsen in Abstimmung mit der höheren Naturschutzbehörde als Fachbehörde zu erarbeiten. Die höhere Naturschutzbehörde (Regierungspräsidium Leipzig) erteilte mit Bescheid vom 27.08.2007 ihr Einvernehmen gemäß § 7 Abs. 2 SächsNatSchG zum vorliegenden Fach-beitrag. Im Rahmen der Gesamtfortschreibung des Regionalplans erfolgte eine Strategische Umweltprüfung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 SächsUVPG. Der Umweltbericht ist gesonderter Bestandteil der Begründung. Ein Anspruch, insbesondere gegen den Freistaat Sachsen oder kommunale Gebietskörperschaften, auf Realisierung, Finan-zierung oder finanzielle Förderung kann aus den Zielen und Grundsätzen nicht abgeleitet werden (§ 2 Abs. 4 SächsLPlG). Bei der Förderung im Geltungsbereich des Plans sind seine Ziele zu beachten und seine Grundsätze zu berücksichtigen. Weitergehende Vorschriften der einschlägigen Förderrichtlinien bleiben davon unberührt.

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Regionalplan Westsachsen 2008 1 Leitbild

1 Leitbild zur nachhaltigen Ordnung und Entwicklung der Region Ausgehend von den durch die Ministerkonferenz für Raumordnung (MKRO) beschlossenen Leitbildern und Handlungs-strategien für die Raumentwicklung in Deutschland vom 30.06.2006, dem „Leitbild der Landesentwicklung“ sowie in Um-setzung von Ziel 2.1.5 des Landesentwicklungsplans Sachsen 2003 werden im „Leitbild der Planungsregion Westsachsen“ strategische Entwicklungslinien für einen Betrachtungshorizont bis ca. 2020 im Sinne einer nachhaltigen Raumentwick-lung nach § 1 ROG gefasst bzw. konkretisiert. Der gewählte Zeitrahmen lehnt sich an einen derzeit mit einem hinreichenden Maß an Bestimmtheit überschaubaren Prognosehorizont insbesondere bezüglich der Auswirkungen des demografischen Wandels sowie der Entwicklung der öffentlichen Haushaltssituation (Solidarpakt II mit Laufzeit bis 2019) an. Mit dem Leitbild werden für die Planungsregion Westsachsen die Zielstellungen verfolgt, bei einer Sicherung von Aus-gewogenheit zwischen sozialen, Umwelt- und wirtschaftlichen Belangen die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln, Standortvoraussetzungen für wirtschaftliche Entwicklungen zu schaffen, für die Lebensverhältnisse rele-vante Ungleichgewichte innerhalb der Region zu mindern, die freie Entfaltung der Persönlichkeit in der Gemeinschaft zu unterstützen und dabei Verantwortung gegenüber künftigen Generationen zu übernehmen. Zur Entwicklung der Planungs-region ist die Anwendung regional differenzierter Förderinstrumentarien notwendig, innerhalb derer dem Oberzentrum Leipzig mit seinem umgebenden Kooperationsraum sowie strukturschwachen und peripher gelegenen ländlichen Räumen besonderes Gewicht einzuräumen ist. Im Sinne einer dauerhaften, regional ausgewogenen Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums sind Gestaltungs-möglichkeiten der Raumnutzung langfristig zu gewährleisten. Zugleich ist für eine zukunftsorientierte Einbindung der Planungsregion Westsachsen in überregionale, nationale und europäische Entwicklungen Sorge zu tragen. Wachstum und Innovation Die Entwicklung Westsachsens zu einer Region mit hoher wirtschaftlicher Attraktivität und Leistungskraft („Wirtschaftsregion Mitteldeutschland“ mit Ausdehnung nach Sachsen-Anhalt und Thüringen) bei einem Ausbau der Lagegunst durch die Verzahnung wichtiger Verkehrsachsen und -träger innerhalb von Deutschland und Europa („Mitteldeutsche Verkehrsdreh-scheibe“) soll vertieft werden. Dafür bildet die Festigung der Position der Stadt Leipzig als wirtschaftliche und kulturelle „Drehscheibe“ innerhalb der Metropolregion Sachsendreieck unter Nutzung ihrer Agglomerationsvorteile, bereits aus-geprägter Gateway-Funktionen, des Innovationspotenzials durch die breite Basis von Ausbildungs- und Forschungsstätten sowie der vielfältigen und hochwertigen Kultur-, Freizeit- und Erholungsangebote eine Grundvoraussetzung. Aufgrund spezifischer Erfahrungen bei der Ablösung der Plan- durch die Marktwirtschaft, relativer Nachbarschaft sowie bestehender Traditionen (Leipziger Messe) und Anknüpfungspunkte bietet auch die weitere Ausprägung einer Brückenfunktion in Richtung Mittel- und Osteuropa (Kompetenzzentrum) unter Ausrichtung auf den paneuropäischen Korridor IV (Berlin-Budapest) echte Zukunftschancen, die zielgerichtet zu nutzen sind. Die von der Stadt Leipzig ausgehenden Wachstumsimpulse sollen über Ausstrahlungseffekte auf das Umland und in strukturschwächere Räume Westsachsens hinein auch diesen zugutekommen. Für eine gute Vernetzung der Potenziale von Kernstadt und Umland ist der Ausbau partnerschaftlicher und zukunftsfähiger Formen der interkommunalen sowie regions- und länderübergreifenden Zusammenarbeit von Akteuren aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Verwaltung insbesondere bei der Industrie- und Gewerbeflächenvorsorge und beim Ausbau einer zukunftsfähigen technischen Infra-struktur erforderlich. Für die Stabilisierung und Entwicklung des ländlichen Raums sind der Abbau noch bestehender Verkehrsanbindungsdefizite in Teilregionen, die maßgebliche Einbeziehung von Land- und Forstwirtschaft z. B. Cluster Forst und Holz) bei Anknüpfung an Traditionen und Ausnutzung von verbreitet hohen Ertragspotenzialen der Böden sowie die Ausschöpfung touristischer Potenziale zielführend. Innerhalb der auf die Sicherung und den Ausbau von Beschäftigungswirkung und Wertschöpfung auszurichtenden regio-nalen Wirtschaftsstruktur bilden die Stärkung vorhandener und die Etablierung neuer Cluster mit hohem Entwicklungs- und Innovationspotenzial (Automobilbau, Chemieindustrie, Energie, Logistik, Gesundheit und Biotechnologie, Medien und Kommunikation) sowie Pflege und Ausbau des Bestands an Dienstleistungseinrichtungen mit den Schwerpunkten Ober-zentrum Leipzig und Mittelzentren Hauptanliegen. Zugleich ist eine Diversifizierung der regionalen Wirtschaftsstruktur mit der Etablierung von Wirtschaftkreisläufen und Wertschöpfungsketten erforderlich, um ererbte Monostrukturen in Teil-räumen zu überwinden und neuen Strukturschwächen zu begegnen.

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Regionalplan Westsachsen 2008 1 Leitbild

Die Stärkung der Innovationskraft der Planungsregion Westsachsen, geprägt durch die Fähigkeit zur Entwicklung und zum Austausch von Wissen, bildet mittelfristig voraussichtlich den entscheidenden Wachstumsfaktor im „Wettbewerb der Regionen“. Zu entwickelnde Kernelemente bilden dabei die Stärkung des Bildungs- und Wissenschaftsstandorts Leipzig unter Ausschöpfung von Synergieeffekten mit benachbarten Hochschulstandorten in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thürin-gen, die Förderung der Vernetzungen zwischen Wirtschaft und Wissenschaft durch die Ausprägung von Wissensclustern und die Ansiedlung auf Forschung und Entwicklung spezialisierter Unternehmen sowie eine vorausschauende, am Bedarf des Arbeitsmarkts orientierte Aus- und Weiterbildung der Bevölkerung vor dem Hintergrund eines absehbaren Fachkräfte-mangels in einzelnen Branchen. Daseinsvorsorge sichern Angesichts der absehbaren Auswirkungen des laufenden demografischen Wandels mit einem Rückgang der Bevölke-rungszahl und einer Alterung der Gesellschaft im Kern werden zunehmend geeignete Anpassungsstrategien zur Sicherung der Daseinsvorsorge erforderlich. Dabei ist in Rechnung zu stellen, dass sich die durch die Ergebnisse der 4. Regio-nalisierten Bevölkerungsprognose für den Freistaat Sachsen 2007 bestätigte Entwicklung innerhalb der Planungsregion Westsachsen zwischen dem Oberzentrum Leipzig als „Stabilitätsinsel“ und dem ländlichen Raum mit für Teilbereiche prog-nostizierten Einwohnerverlusten bis zu 15 % bis zum Jahr 2020 gegenüber 2005 differenziert vollzieht. Vor dem Hintergrund des erforderlichen Paradigmenwechsels weg von einer für die 1990er Jahre prägenden „Verteilung von Zuwächsen“ und hin zu Schrumpfung und Umbau werden Anpassungen von Raumentwicklung und technischer Infrastruktur an veränderte Rahmenbedingungen zunehmend zum maßgeblichen Faktor bei der Bewältigung der Anforderung einer „alternden Gesell-schaft“ und bei der Begrenzung des Umfangs der durch künftige Generationen zu tragenden Lasten. Dabei bilden die Gewährleistung familienfreundlicher und altersgerechter Bedingungen für alle Menschen in der Planungsregion sowie die behindertengerechte Gestaltung möglichst aller Lebensbereiche der Gesellschaft Grundanliegen. Bei der Aufrechterhaltung eines tragfähigen Standortsystems für die öffentliche Daseinsvorsorge mit der Sicherung an-forderungsgerechter Versorgungsqualitäten wird das mit diesem Plan durch die Einführung von Grundzentren modifizierte Zentrale-Orte-System mittelfristig voraussichtlich weiter an Bedeutung gewinnen. Neben der Stärkung des Oberzentrums Leipzig als „Leuchtturm“ mit überregionaler Ausstrahlung ist dabei die Konsolidierung leistungsfähiger Mittelzentren von ausschlaggebender Bedeutung für die Region. Für die Stabilisierung des ländlichen Raums bildet die Gewährleistung allgemeiner Zugangsmöglichkeiten zu den Einrichtungen der Daseinsvorsorge, insbesondere zu Bildungsangeboten, zur Ge-sundheitsversorgung und zu anderen sozialen bzw. technischen Bereichen auch dort, wo Tragfähigkeitsprobleme absehbar sind, eine Kernaufgabe. Dafür ist neben der Funktionssicherung von Grundzentren ggf. unter Berücksichtigung regionaler Besonderheiten vor allem in dünn besiedelten Räumen auch die Etablierung flexibler und mobiler Formen der Daseins-vorsorge unter Einbeziehung privater Anbieter erforderlich. Neben der Festlegung differenzierter Mindeststandards stehen im Rahmen integrierter Anpassungs- und Entwicklungs-strategien die Zusammenarbeit in Städte- und Gemeindeverbünden bzw. -netzen, freiwillige Gemeindezusammenschlüsse, Zweckverbände, interkommunale Verträge sowie die Entwicklung von Versorgungs- und Siedlungskernen innerhalb von Gemeinden zur Verfügung. Auch die Gewährleistung einer ausreichenden Mobilität außerhalb des Individualverkehrs, der Ausbau von Angeboten zum E-Government für Bürger mit Wohnsitz außerhalb der Verwaltungssitze sowie die Verfügbarkeit der infrastrukturellen Möglichkeiten für einen schnellen Informationsaustausch können zur Sicherung praktikabler Zugangs-voraussetzungen zu öffentlichen Dienstleistungen für jedermann beitragen. Im Sinne der Stärkung von Solidargemein-schaften wird es künftig erforderlich sein, vermehrt auch auf Formen des bürgerschaftlichen Engagements für Beiträge zur Daseinsvorsorge zurückzugreifen. Die „Empfehlungen zur Bewältigung des demografischen Wandels im Freistaat Sachsen“ gemäß Expertenbericht vom 08.11.2006 zeigen dafür Wege auf. Der Prozess des demografischen Wandels bietet bei allen dadurch bedingten Problemfeldern auch Chancen für die Ent-wicklung der Region. Grundvoraussetzung für deren Ausschöpfung ist die Erschließung neuer Zukunftsperspektiven für junge Menschen zunächst in Form hochwertiger Ausbildungsangebote von der Grundschule bis zur Universität, anschlie-ßend über Zugänge zum Arbeitsmarkt als Anreize für einen Verbleib in der Region. Das schrittweise Eintreten der geburten-schwachen Jahrgänge seit 1990 in die Lebensphase der Berufsausbildung und Erwerbstätigkeit bietet dafür in absehbarer Zeit verbesserte Rahmenbedingungen. Gleichermaßen wichtig ist der Ausbau familien- und kinderfreundlicher Angebote insbesondere auf kommunaler Ebene, um die Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Nachwuchs zu erleichtern. Schließlich können auch Zu- und Rückwanderungsimpulse zu einer Abmilderung der Auswirkungen des demografischen Wandels beitragen.

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Regionalplan Westsachsen 2008 1 Leitbild Ressourcen bewahren, Kulturlandschaften gestalten Die Planungsregion Westsachsen besteht aus reichen und vielgestaltigen Kulturlandschaften, die Naturressourcen, Land-schaften mit besonderem Naturschutzwert, abwechslungsreiche Stadt- und Dorfbilder sowie vielfältige Landnutzungs-möglichkeiten in sich vereinen. Die Sicherung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts, der Regenerations-fähigkeit und die nachhaltige Nutzungsfähigkeit der Naturgüter liegen zugleich im Interesse der Bewahrung und Fortent-wicklung einer regionalen Identität, der Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen und der weiteren Verbesserung der Lebensqualität. Dafür ist die Gestaltung einer ressourcenschonenden Raum- und Siedlungsstruktur mit einem Hinwirken auf regionstypische und landschaftsgerechte Bauweise im Rahmen der Dorfentwicklung ebenso wie die Bewahrung von Naturressourcen (z. B. Bodenschätze, Grundwasser) für nachfolgende Generationen und das Eingehen auf die Erforder-nisse des Klimaschutzes durch die Nutzung erneuerbarer Energien von grundlegender Bedeutung. Dazu sind die Be-wahrung schützenswerter Landschaften mit der Sicherung von Nutzungspotenzialen in Einklang zu bringen, die Fort-setzung der Sanierung ökologischer Schäden (z. B. Gewässer- und Bodenbelastungen, Altlasten und -standorte, Braun-kohlenbergbau) zu unterstützen, konkurrierende Raumnutzungen miteinander verträglich zu gestalten und im Zuge eines Monitorings erhebliche Auswirkungen der Durchführung des Regionalplans Westsachsen zu prüfen. Im Zuge der Gestaltung von Kulturlandschaften bildet die Entwicklung der Bergbaufolgelandschaften im Braunkohlen-plangebiet Westsachsen ein erstrangiges Anliegen für die Region. Mit den bis 2015 entstehenden neuen Standgewässern im „Leipziger Seenland“ sind beste Voraussetzungen für die Entwicklung freizeit- und tourismusbezogener Alleinstellungs-merkmale, die die Attraktivität des Oberzentrums Leipzig und ihres Umlands aufwerten und in hochwertigen Sport- und wassertouristischen Angeboten ihren Ausdruck finden, gegeben. Dabei bildet die Realisierung des „Gewässerverbunds Region Leipzig“ eine Schlüsselmaßnahme für die Tourismusentwicklung. „Landschaften nach der Kohle“ bieten darüber hinaus umfassende Möglichkeiten zur Waldmehrung in der Planungsregion Westsachsen, zur Verbesserung der bio-klimatischen Situation sowie zur Entwicklung von Sukzessionsarealen als Beitrag zum Natur- und Artenschutz. Zur Gewährleistung des Freiraumschutzes bildet der sorgsame Umgang mit der Ressource Fläche ein Schlüsselelement. Auch wenn sich die Flächeninanspruchnahme in der Region durch Abgrabung bzw. Überbauung aufgrund eines rückläufigen Entwicklungsdrucks seit dem Jahr 2000 deutlich reduziert hat, bleibt das Flächensparen zur Sicherung und Entwicklung des Freiraums und seiner Funktionen mit anteiliger Erfüllung des „30 ha-Ziels“ (Begrenzung der Flächeninanspruchnahme pro Tag bis 2020 auf Bundesebene) ein erstrangiges Anliegen im Interesse einer nachhaltigen Raumentwicklung. Als Umset-zungsinstrumentarien dafür sind insbesondere interkommunale Kooperationsmöglichkeiten zur Konzentration der Sied-lungstätigkeit auf Zentrale Orte und Achsen, die Korrektur überdimensionierter Bauleitplanungen, die Innenentwicklung von Wohnsiedlungen sowie die Revitalisierung bzw. Entsiegelung von Wohnungs-, von Industrie-, Gewerbe- und Militärbrachen auszubauen. Ausgehend von den Erfahrungen aus dem Katastrophenhochwasser vom August 2002 kommt zugleich einem vorbeugenden, auf komplette Flusseinzugsgebiete ausgerichteten Hochwasserschutz im Einklang mit der Sicherung groß-räumiger ökologische Verbünde im Bereich der Flussauen Elbe, Mulde und Weißer Elster eine herausragende Bedeutung zu. Planverwirklichung und Kooperation als Basis für die Zukunftsfähigkeit der Region Für die Bewältigung der Herausforderungen im Zuge der Regionalentwicklung wird es über die bestehende Moderations- und Koordinierungskompetenz der Regionalplanung und ein konventionelles Verständnis zur Verwirklichung von Raumord-nungsplänen nach § 19 SächsLPlG hinausgehend in Zukunft verstärkt darauf ankommen, integrierte und flexible Kon-zepte und Anpassungsstrategien Planungs- und Verwaltungsebenen übergreifend, in enger Abstimmung mit den Trägern der Fachplanungen sowie im Zusammenwirken von öffentlichem und privatem Engagement zu entwickeln und umzusetzen. Dazu ist eine konstruktive, angebotsorientierte Regionalplanung dem Grundanliegen, die partnerschaftliche Zusammen-arbeit zwischen den Teilregionen mit unterschiedlichen Belastungen und Entwicklungsvoraussetzungen im Sinne eines fairen und solidarischen regionalen Interessenausgleichs zu unterstützen, verpflichtet. Dazu können insbesondere die Fort-entwicklung eines vom Prinzip der Lebensnähe geprägten planerischen „Gegenstromprinzips“ zwischen den Partnern, die Verstetigung der Nutzung informeller Instrumente zur Regionalentwicklung sowie die Unterstützung von Aktionsräumen und Regionalinitiativen mit den Zielrichtungen, „Stärken zu stärken“ und „Hilfe zur Selbsthilfe“ zu geben, wirksam beitragen. Eine auf leistungsfähige Kommunen gestützte und dabei attraktive Planungsregion Westsachsen mit Leipzig als „Entwick-lungsmotor“ auch für die Metropolregion Sachsendreieck liegt nicht nur im eigenen Interesse. Über eine gleichermaßen auf Traditionen und Innovationen gestützte Außenwahrnehmung wird auch eine zukunftsorientierte Vermarktung des „Standorts Sachsen“ unterstützt und damit letztlich eine Stärkung der Position des Freistaats als dynamische und weltoffene Region in Europa bewirkt.

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Regionalplan Westsachsen 2008 2 Raumstrukturelle Entwicklung

Überfachliche Ziele und Grundsätze der Regionalplanung

2 Raumstrukturelle Entwicklung

2.1 Allgemeine raumstrukturelle Entwicklung Begriff Zentrale Orte, Gemeinden, Gemeinden mit besonderen Gemeindefunktionen, Raumkategorien und Achsen

sind Elemente der Raumstruktur. Sie werden in den jeweiligen Kapiteln erläutert.

G 2.1.1 In der Planungsregion Westsachsen sind unter den Bedingungen des demografischen Wandels in allen Teilräumen ausgewogene wirtschaftliche, soziale, kulturelle und ökologische Verhältnisse anzustreben und damit für alle Bewohner die Voraussetzungen für gleichwertige Lebens-bedingungen zu schaffen.

G 2.1.2 In der Planungsregion Westsachsen soll • die transeuropäische und nationale Anbindung der Region, insbesondere des Knotenpunkts

Leipzig im Luft-, Hochgeschwindigkeitsschienen- und Straßenverkehr sowie an interkontinentale Hochleistungsnetze der Telekommunikation, ausgebaut,

• die regionale wie überregionale Kooperation und funktionsteilige Vernetzung mit den Nachbar-regionen in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg entwickelt,

• die wirtschaftsnahe Infrastruktur sowie Forschung und Entwicklung zur Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen und zur Wertschöpfung gestärkt,

• die Lebensqualität in der Region, insbesondere ihre Umweltqualität und Wohnattraktivität sowie ihr Tourismus- und Freizeitangebot, verbessert und

• der Schutz der Umwelt als Lebensgrundlage auch für künftige Generationen sowie die Erhaltung der vielfältigen geistig-kulturellen Traditionen und kulturlandschaftlichen Besonderheiten der Region gesichert werden.

G 2.1.3 Es sollen Standortvoraussetzungen für • die Fortsetzung eines innovativen wirtschaftlichen Strukturwandels, • eine nachhaltige und diversifizierte Wirtschaftsentwicklung, • die Entwicklung des inner- und überregionalen Leistungsaustauschs, • den Ausbau anwendungsorientierter Forschungs-, Entwicklungs- und Ausbildungskapazitäten

zur Sicherung des regionalen Innovations- und Fachkräftepotenzials, • die Entwicklung des Mittelstands, insbesondere der Klein- und Mittelbetriebe des Gewerbes, • ein räumlich und sektoral attraktives Arbeitsplatzangebot sowie • eine leistungsfähige und nachhaltig umweltgerechte Land- und Forstwirtschaft als wichtiger

Wirtschaftsfaktor und zur Pflege der Kulturlandschaft geschaffen werden.

Die Standortpotenziale sollen insbesondere im Raum Leipzig-Halle länderübergreifend vernetzt werden.

G 2.1.4 In der Planungsregion Westsachsen soll durch die Verknüpfung von wirtschafts-, struktur-, technologie- und arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen ein ausreichendes, strukturell vielfältiges und räumlich ausgewogenes Angebot an Arbeitsplätzen sowie an Ausbildungs-, Umschulungs- und Fort-bildungskapazitäten geschaffen werden. Dabei sollen insbesondere Ausbildungs- und Erwerbsmög-lichkeiten für Jugendliche und Behinderte sowie familienfreundliche Beschäftigungsmöglichkeiten verbessert werden.

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Regionalplan Westsachsen 2008 2 Raumstrukturelle Entwicklung

Teilräume

G 2.1.5 Die Belange der Siedlungstätigkeit, der Freiraumsicherung und der Infrastrukturentwicklung sollen unter Berücksichtigung der spezifischen raumstrukturellen Bedingungen und des demografischen Wandels so miteinander abgestimmt werden, dass sie der harmonischen Gesamtentwicklung der Region dienen.

G 2.1.6 Die Stadt Leipzig soll in länderübergreifender Kooperation und eingebunden in die Entwicklung der europäischen Metropolregion „Sachsendreieck“ als internationale Handels- und Dienstleistungs-metropole mit Messe- und Medienkompetenz, als bundesweit bedeutender Gewerbestandort sowie als Wissenschafts-, Kultur-, und Sportzentrum, und damit als „Wachstumsmotor der Region“ mit Einbindung in eine attraktive Freizeit- und Erholungslandschaft gestärkt werden.

G 2.1.7 Im Umland des Oberzentrums Leipzig und im Umfeld des Schkeuditzer Kreuzes soll die Nutzung der wirtschaftlichen Entwicklungspotenziale unterstützt werden.

G 2.1.8 Der Raum Borna-Markkleeberg-Markranstädt soll zu einem attraktiven und zukunftsweisenden Lebens-, Kultur- und Wirtschaftsraum mit unverwechselbaren Kulturlandschaften umgestaltet und erschlossen werden. Dazu sollen insbesondere • attraktive, unverwechselbare Bergbaufolgelandschaften mit wassergebundenen Freizeitange-

boten unter Einbindung in den „Gewässerverbund Region Leipzig“ und neuen Naturrefugien ausgeprägt und daraus resultierend die Entwicklung des neuen Wirtschaftsfaktors Naherholung und Tourismus gefördert,

• der Industriestandort Böhlen-Lippendorf als Kraftwerksstandort im Verbund mit dem Tagebau Vereinigtes Schleenhain und als Bestandteil des Chemiedreiecks Buna-Böhlen-Leuna im länder-übergreifenden Verbund erhalten und ausgebaut,

• an den Altstandorten Espenhain und Thierbach günstige Voraussetzungen für die Ansiedlung von Gewerbe geschaffen und

• eine vielfältige Kultur- und Erholungslandschaft mit einem großen, funktional zusammen-hängenden Waldgebiet, das zugleich Teil des grünen Rings um Leipzig“ ist, gestaltet werden.

G 2.1.9 Im Ländlichen Raum um Frohburg und Geithain sollen • die durch Böden mit hohem Ertragspotenzial günstigen Voraussetzungen für eine leistungs-

fähige und nachhaltig umweltgerechte Landwirtschaft ausgeschöpft, • die Erholungsfunktion im Kohrener Land weiterentwickelt, • die Potenziale des Neubaus der BAB A 72 für die gewerbliche Entwicklung genutzt und • die Verflechtungsbeziehungen in das Altenburger und Rochlitzer Land regionsübergreifend

weiter vertieft werden.

G 2.1.10 Im Raum Delitzsch soll die charakteristische Raumstruktur mit den weithin offenen Agrargebieten, der sich entwickelnden Bergbaufolgelandschaft und den Gewerbeansiedlungen im Zuge der BAB A 9 und der BAB A 14 funktionsteilig weiterentwickelt werden. Dazu sollen insbesondere • die vom Verkehrsflughafen Leipzig/Halle ausgehenden Entwicklungsimpulse für gewerbliche

Ansiedlungen genutzt, • die durch ertragreiche Böden günstigen Voraussetzungen für eine leistungsfähige und nach-

haltig umweltgerechte Landwirtschaft ausgeschöpft, • die Ackerebenen landschaftlich aufgewertet und • eine attraktive Bergbaufolgelandschaft mit wassergebundenen Freizeitangeboten unter Ein-

bindung in das „Leipziger Neuseenland“ und neuen Naturrefugien ausgeprägt und daraus resultierend die Entwicklung des neuen Wirtschaftsfaktors Naherholung und Tourismus gefördert werden.

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Regionalplan Westsachsen 2008 2 Raumstrukturelle Entwicklung

G 2.1.11 Im Raum Eilenburg sollen die naturnahen Erholungslandschaften der Dübener Heide und der Muldenaue weiterentwickelt werden. Dazu sollen insbesondere • die günstigen Voraussetzungen für eine leistungsfähige und nachhaltig umweltgerechte Land-

und Forstwirtschaft ausgeschöpft, • die Erholungsinfrastruktur ausgebaut und der sanfte Tourismus in der Dübener Heide und

Prellheide-Noitzscher Heide entwickelt und • die Bereiche Gesundheitswirtschaft und –tourismus gestärkt werden.

G 2.1.12 Im Raum Grimma und Wurzen sollen die vielfältigen Nutzungen wie Naherholung, Landschafts-schutz, Trinkwassergewinnung, Land- und Forstwirtschaft und Rohstoffabbau raumverträglich ent-wickelt werden. Dazu sollen insbesondere • die Potenziale für die Gesundheitswirtschaft und den Gesundheitstourismus entwickelt und

genutzt, • die Standortqualität für Erholung und attraktives Wohnen bewahrt und ausgebaut, • die Naherholungsfunktion für den Verdichtungsraum Leipzig weiter ausgebaut, • die für die regionale Trinkwasserversorgung bedeutsamen Ressourcen gesichert, • gewerbliche Entwicklung wie die regionale Verarbeitung bzw. Veredlung und die regionale

Vermarktung der landwirtschaftlichen Produkte befördert, • die Potenziale des Muldenlandes erschlossen und insbesondere in Kooperation mit den

angrenzenden Räumen entwickelt und genutzt, • einer Überlastung einzelner Teilräume infolge der Konzentration von Abbaustätten für minera-

lische Rohstoffe unter dem Gesichtspunkt einer sparsamen Inanspruchnahme der Lagerstätten entgegengewirkt sowie

• im siedlungsstrukturell zersplitterten und strukturschwachen Gebiet östlich der Mulde die räum-lichen Voraussetzungen für eine leistungsfähige und nachhaltig umweltgerechte Landwirtschaft gesichert werden.

G 2.1.13 Der Döbelner Raum mit den urbanen Verdichtungsansätzen im Südteil und der stark zersplitterten ländlichen Siedlungsstruktur im Nordteil soll in seiner Wirtschaftskraft gestärkt werden. Dazu sollen insbesondere • die Verflechtungsbeziehungen in die Räume Leipzig, Chemnitz, Dresden regionsübergreifend

weiter vertieft („Brückenfunktion“), • die aus der Kreuzung der im Zuge der BAB A 14 und B 169 verlaufenden Überregionalen Verbin-

dungsachsen Leipzig-Döbeln-Dresden und Chemnitz-Döbeln-Berlin sowie aus seiner günstigen Lage inmitten der Metropolregion Sachsendreieck resultierenden Standortvorteile für die gewerbliche Ansiedlung genutzt,

• die interkommunale Zusammenarbeit der eng benachbarten Städte Döbeln, Leisnig, Hartha, Waldheim und Roßwein projektbezogen weiterentwickelt,

• die industriellen Kerne profiliert, • die durch ertragreiche Böden günstigen Voraussetzungen für eine leistungsfähige und umwelt-

gerechte Agrarproduktion ausgeschöpft, • Kompetenzen für zukunftsfähige Produkte der Landwirtschaft entwickelt und • die Erholungsfunktion im Gebiet Freiberger Mulde-Zschopau ausgebaut werden.

G 2.1.14 Der nordöstliche Teil der Planungsregion mit den Kernen Torgau und Oschatz, gekennzeichnet durch die Ferne zu Verdichtungsräumen, die land- und forstwirtschaftliche Flächennutzung, die überregionale Bedeutsamkeit der Elbaue für die Trinkwasserversorgung des Großraums Leipzig-Halle und überregional bedeutsame Tourismusgebiete, soll in seiner Eigenart gestärkt werden. Dazu sollen insbesondere • die Erreichbarkeit des Oberzentrums und des Verdichtungsraums Leipzig durch Ausbau der

Überregionalen Verbindungsachsen verbessert und die Mittelzentren Torgau und Oschatz besser an das europäische Autobahn- und Fernstraßennetz angebunden,

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Regionalplan Westsachsen 2008 2 Raumstrukturelle Entwicklung

• die Mittelzentren Torgau und Oschatz schwerpunktmäßig entwickelt, vor allem günstigere infra-strukturelle Standortvoraussetzungen für die Entwicklung des mittelständischen Gewerbes geschaffen,

• die strukturellen Rahmenbedingungen für eine umweltgerechte landwirtschaftliche Flächen-bewirtschaftung und Tierhaltung gesichert sowie

• die Landschaftspotenziale der Dübener, Dahlener und Annaburger Heide, der Elbaue und des Wermsdorfer Forstes erhalten und der Tourismus in Übereinstimmung mit der Natur als Wirt-schaftsfaktor entwickelt werden.

Begründung zu 2.1 Allgemeine raumstrukturelle Entwicklung Die hier aufgeführten Grundsätze einer räumlich geordneten, wirtschaftlich und sozial ausgewogenen wie ökologisch verträglichen Regionalentwicklung bilden die grundlegenden standortpolitischen Prämissen für die Nutzung und Entwicklung des regionalen Leistungs-potenzials. Sie formen die Grundsätze der Raumordnung (§ 2 ROG) und die Grundsätze zur allgemeinen raumstrukturellen Entwicklung des LEP Sachsen regionsspezifisch aus.

Eine wesentliche Leitvorstellung der Raumordnung stellt das Gegenstromprinzip dar, nach dem sich einerseits die Entwicklung und Ordnung der Teilräume in die Gegebenheiten und Erfordernisse des Gesamtraums einfügen, andererseits die Entwicklung und Ordnung des Gesamtraums auch die Gegebenheiten und Erfordernisse seiner Teilräume berücksichtigen soll (§ 1 Abs. 3 ROG).

Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels sind mittel- und langfristig regional differenzierte Entwicklungen zu erwarten. Eine ausgewogene Entwicklung der Region Westsachsen ist nur dann gewährleistet, wenn die unterschiedlichen Potenziale in den Teilräumen - aufeinander abgestimmt - funktionsteilig genutzt und gezielt weiterentwickelt werden und der regionale Leistungsaustausch weiter ausgeprägt wird. Für die Teilräume erfolgt keine gebietsscharfe Abgrenzung, die Räume bestimmen sich aus den genannten Zentralen Orten und den Gemeinden ihres Umlands, für deren Entwicklung in den Grundsätzen 2.1.5 bis 2.1.14 repräsentative gebietsspezifische Akzente setzen benannt werden.

2.2 Europäische Metropolregion „Sachsendreieck“ G 2.2.1 Das Oberzentrum Leipzig mit seinem Verflechtungsraum ist zu einem dynamischen Bestandteil der

europäischen Metropolregion Sachsendreieck mit hoher wirtschaftlicher Attraktivität und Leistungskraft, internationaler Anziehungskraft und spezifischen Brückenfunktionen zwischen den westeuropäischen Staaten und den Staaten Mittel- und Osteuropas in Anknüpfung an die traditionelle „Osteuropa-Kompetenz“ der Region zu entwickeln.

Begründung zu 2.2 Europäische Metropolregion „Sachsendreieck“ Nach LEP, Z 2.2.1 sollen sich die Städte Leipzig (gemeinsam mit Halle/Sachsen-Anhalt), Dresden, Chemnitz und Zwickau durch partner-schaftliche Zusammenarbeit zu einer europäischen Metropolregion „Sachsendreieck“ entwickeln, die im europäischen Wettbewerb von Metropolen fest etabliert ist. Metropolregionen bündeln mehrere höherwertige Funktionen (Agglomerationsvorteile). Die Metropolregion geht auf einen Beschluss der Ministerkonferenz für Raumordnung (MKRO) vom 08.03.1995 zum Raumordnungs-politischen Handlungsrahmen und der Festlegung über europäische Metropolregionen in Deutschland zurück. Die Städte des „Sachsen-dreiecks“ und die Stadt Halle wurden dabei als potenzielle europäische Metropolregion „Halle/Leipzig - Sachsendreieck“ eingestuft. Auf der 32. Ministerkonferenz für Raumordnung am 28.04.2005 in Berlin wurde beschlossen, dass das Konzept der Metropolregionen u. a. für den Wirtschaftsraum „Mitteldeutschland“ eine besondere Chance ist, sich im europäischen Wirtschaftsraum zu positionieren. Dazu sollten die Thüringer Städtereihe und die Oberzentren des Landes Sachsen-Anhalt in die Entwicklung der Metropolregion „Sachsendreieck“ einbe-zogen werden. Der gemeinsame Ausschuss, repräsentiert durch die Oberbürgermeister der fünf Kernstädte, beschloss in seiner 3. Sitzung am 02. Juli 2007 das Stimmrecht für die bis dato als Beobachterin agierende Thüringer Impuls-Region Erfurt-Weimar-Jena sowie die Stadt Gera und signalisierte, dass auch die Landeshauptstadt Magdeburg und das Oberzentrum Dessau-Roßlau in Sachsen-Anhalt als Kooperations-partner stärker in die Metropolregion „Sachsendreieck“ eingebunden werden sollen. Damit hat sich das räumliche Fenster für eine inter-kommunale, überregionale und länderübergreifende Kooperation bei der Entwicklung gemeinsamer Projekte mit nationaler und inter-nationaler Ausstrahlung erheblich erweitert.

Das Konzept der europäischen Metropolregionen in Deutschland ist eine räumliche Antwort auf Globalisierung und europäische Inte-gration. Für die Etablierung der Metropolregion „Sachsendreieck“ und die Teilnahme am Wettbewerb der europäischen Metropolregionen ist die entschlossene und verbindliche Initiative der regionalen Akteure gefragt. Die Metropolregion ist dabei kein statisches Konstrukt, sondern befindet sich im Prozess einer ständigen Weiterentwicklung. Die Großstädte sind die Initiatoren und maßgeblichen Träger der Metropolregion. Die metropolitane Kooperation festigt sich durch die Umsetzung von Projekten. Anzustreben ist eine thematische Zu-sammenarbeit in Projekten, die nicht an administrative Grenzen gebunden ist.

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Die Entwicklung der Metropolregionen ist zugleich ein besonderes Anliegen der am 30.06.2006 durch die MKRO verabschiedeten „Leit-bilder und Handlungsstrategien für die Raumentwicklung in Deutschland“. Darin werden die Metropolregionen als „Motoren der wirt-schaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung“ bezeichnet. Die Entwicklung der Metropolregion reduziert sich nicht auf die Zusammen-arbeit der Städte, sondern beinhaltet auch eine Verantwortungsgemeinschaft zwischen den Städten und ihrem jeweiligen Verflechtungs-raum. Die von der Metropolregion „Sachsendreieck“ ausgehenden Entwicklungsimpulse sollen künftig stärker im Verflechtungsraum des Oberzentrums Leipzig wirken. Die Ausstrahlungs- und Vernetzungseffekte, insbesondere in die Mittelzentren, sollen dauerhaft die Entwicklung in der Planungsregion Westsachsen befördern.

Vor dem Hintergrund des eigenen Selbstverständnisses als ein „Tor zum Osten“ und der mit der EU-Osterweiterung sich verstärkenden Nachfrage nach kompetenten Ansprechpartnern fördert die Stadt Leipzig die Nutzung, den Ausbau, die Vernetzung sowie die Außen-wirkung der in der Region vorhandenen „Mittel- und Osteuropakompetenz“. Leipzig besitzt traditionell eine hohe Kompetenz in Bezug auf Osteuropa und gilt heute als Tor zu den neuen EU-Beitrittsländern. So wurde 2006 in Leipzig das Mittelosteuropazentrum eröffnet. Die Universität der Stadt und die Fraunhofer-Gesellschaft betreiben diese Einrichtung, die einen Wissens- und Technologietransfer in die neuen EU-Mitgliedsstaaten organisiert. Mit dem Zentrum wird der Austausch zwischen Wirtschaft und Forschung gestärkt und ein Beitrag zu einem europäischen Forschungs- und Wirtschaftsraum geleistet.

2.3 Zentrale Orte und Verbünde Begriff Zentrale Orte sind Gemeinden, die aufgrund ihrer Einwohnerzahl und der Größe ihres Verflechtungs-

bereichs, ihrer Lage im Raum, ihrer Funktion und der Komplexität ihrer Ausstattung Schwerpunkte des wirt-schaftlichen, sozialen und kulturellen Lebens im Freistaat Sachsen bilden. Sie übernehmen entsprechend ihrer Funktion und Einstufung im zentralörtlichen System Aufgaben für die Gemeinden ihres jeweiligen über-gemeindlichen Verflechtungs- bzw. Wirkungsbereichs. Im LEP 2003 werden Ober- und Mittelzentren und in den Regionalplänen die Grundzentren ausgewiesen. Verbund von Zentralen Orten Verbünde von Grundzentren sind zwei oder mehrere Gemeinden, die aufgrund ihrer Nachbarschaftslage oder eines direkten baulichen Zusammenhangs, ihrer Funktionsteilung in Bezug auf die zentralörtliche Aus-stattung und einer verstetigten Zusammenarbeit nach § 204 Abs. 1 BauGB gemeinsam die Funktion eines Zentralen Orts ausüben. Versorgungs- und Siedlungskern (siehe Begriffsbestimmung im Abschnitt 5.1)

Karte Die im Landesentwicklungsplan für die Planungsregion Westsachsen ausgewiesenen Zentralen Orte (Ober-zentrum, Mittelzentren) sind in diesen Plan durch Darstellung in der Karte 1 „Raumstruktur“ nachrichtlich übernommen. Die Grundzentren der Planungsregion Westsachsen sind in der Karte 1 „Raumstruktur“ ausgewiesen.

Hinweis Die Versorgungs- und Siedlungskerne der Zentralen Orte sind im Abschnitt 5.1 und in Karte 2 „Siedlungs-struktur“ ausgewiesen.

Allgemeine Festlegungen

Z 2.3.1 Zentrale Orte sind für ihren jeweiligen räumlichen Verflechtungsbereich als Versorgungs- und Arbeitsplatzzentren, als Wohnstandorte sowie als Standorte für Bildung und Kultur zu sichern und zu stärken.

Z 2.3.2 Zentralörtliche Funktionen und dafür erforderliche Einrichtungen sollen in den Versorgungs- und Siedlungskernen der Zentralen Orte gebündelt werden.

Z 2.3.3 In den Zentralen Orten sollen die Standortvoraussetzungen für einen bedarfsgerechten überörtlichen Wohnungsbau in den Versorgungs- und Siedlungskernen geschaffen werden.

G 2.3.4 In den Zentralen Orten sollen die Standortvoraussetzungen für eine bedarfsgerechte Ansiedlung von Gewerbe vorrangig in den Versorgungs- und Siedlungskernen geschaffen werden.

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Regionalplan Westsachsen 2008 2 Raumstrukturelle Entwicklung

Z 2.3.5 Zentrale Orte sind zu Ziel- und Verknüpfungspunkten des ÖPNV zu entwickeln. Innerhalb der zentral-örtlichen Verflechtungsbereiche sind Verkehrsinfrastruktur und Verkehrsbedienung auf die Ver-sorgungs- und Siedlungskerne der Zentralen Orte auszurichten.

G 2.3.6 Die Mittel- und Grundzentren im Ländlichen Raum sind so zu entwickeln, dass sie die vom Ober-zentrum Leipzig ausgehenden Entwicklungsimpulse in schwächer strukturierte Räume vermitteln können.

Grundzentren

Z 2.3.7 Grundzentren der Planungsregion Westsachsen sind • die Städte Bad Düben, Bad Lausick, Colditz, Dahlen, Frohburg, Geithain, Roßwein und

die Verbünde Brandis/Naunhof, Groitzsch/Pegau und Hartha/Leisnig/Waldheim, • die Städte Markranstädt, Taucha und

der Verbund Böhlen/Zwenkau im Verdichtungsraum, • die Städte Belgern, Dommitzsch und Mügeln als Ergänzungsstandorte im Ländlichen Raum.

Z 2.3.8 Grundzentren sind als übergemeindliche oder lokale Versorgungs-, Wirtschafts- und Dienst-leistungszentren zu sichern und zu stärken.

Z 2.3.9 Grundzentren sollen mit Unterstützung der Fachplanungen die Grundversorgung für ihren Nah-bereich sicherstellen.

Z 2.3.10 Die Städte Markranstädt und Taucha sowie der Verbund Böhlen/Zwenkau sind unter Berück-sichtigung ihrer räumlichen Verflechtungen so zu entwickeln, dass Funktionen des Oberzentrums Leipzig nicht beeinträchtigt werden.

Z 2.3.11 Die Städte Belgern, Dommitzsch und Mügeln sollen ihre Versorgungs- und Dienstleistungs-funktionen im Zusammenwirken mit den benachbarten Mittelzentren erfüllen. Die Stadt Dommitzsch soll ihre Zusammenarbeit mit der Stadt Bad Schmiedeberg auf dem Gebiet der grundzentralen Versorgung intensivieren.

Z 2.3.12 Grundzentren sollen von der Bevölkerung ihres Nahbereichs durch den Öffentlichen Personennah-verkehr mit zumutbarem Zeitaufwand erreichbar und gut an höherrangige Zentrale Orte angebunden sein.

Begründung zu 2.3 Zentrale Orte und Verbünde

Zu Ziel 2.3.1 Das Zentrale-Orte-Konzept, gemäß SächsLPlG nunmehr 3-stufig, trägt dem Grundsatz des ROG (§ 2 Abs. 2 Nr. 2) Rechnung, die Sied-lungstätigkeit räumlich zu konzentrieren und auf ein System leistungsfähiger Zentraler Orte auszurichten. Es ist ein wichtiger Baustein für eine am Prinzip der Nachhaltigkeit ausgerichtete Siedlungsstruktur und stellt ein Steuerungsinstrument bei Entscheidungen über raumwirk-same Planungen und Maßnahmen dar.

Im LEP Sachsen 2003 werden den Zentralen Orten (Oberzentren, Mittelzentren, Grundzentren) gemäß ihrer jeweiligen Stufe Versorgungs- und Entwicklungsaufgaben für ihre räumlichen Verflechtungsbereiche zugewiesen (vgl. Begründung zu 2.3 LEP).

Unter den Rahmenbedingungen des demografischen Wandels und sich verknappender finanzieller Ressourcen ist zur dauerhaften Er-füllung dieser Aufgaben eine Stärkung der Zentralen Orte als Konzentrationspunkte von Wirtschaft, Wohnen und Daseinsvorsorge er-forderlich. Dieses Ziel ist insbesondere bei anstehenden Standortentscheidungen zu beachten. Zur Stärkung der Zentralen Orte sind die Verflechtungsbereiche bei der Schaffung leistungsfähiger und effizienter Gebiets- und Ver-waltungsstrukturen zu berücksichtigen.

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Regionalplan Westsachsen 2008 2 Raumstrukturelle Entwicklung

Die im LEP ausgewiesenen Ober- und Mittelzentren sowie die im Regionalplan ausgewiesenen Grundzentren sollen Arbeitsplätze, Ver-waltungs-, Dienstleistungs- und Versorgungsangebote für den jeweiligen räumlichen Verflechtungsbereich bereitstellen. Damit wird ihnen Verantwortung für die Stabilisierung und Entwicklung ihres Wirkungsbereiches übertragen. Die höherrangigen Zentralen Orte übernehmen gleichzeitig immer die Aufgaben und Funktionen der niedrigeren Stufen mit, d. h., ein Oberzentrum ist gleichzeitig Mittel- und Grundzentrum, ein Mittelzentrum gleichzeitig Grundzentrum. Dabei ist jedoch zwischen den grund-, mittel- und oberzentralen Aufgaben/Funktionen und deren Verflechtungsbereichen zu unterscheiden. Die grundzentralen Verflech-tungsbereiche werden entsprechend den Erreichbarkeitskriterien der täglichen Grundversorgung bestimmt und sind damit wesentlich kleiner als ein ober- oder mittelzentraler Verflechtungsbereich. Die Mittelzentralen Verflechtungsbereiche (Mittelbereiche), die vom SMI in Abstimmung mit den Regionalen Planungsverbänden bestimmt wurden, werden für die Planungsregion Westsachsen nachrichtlich in diesen Plan übernommen (Karte 3), die Grundzentralen Verflechtungsbereiche (Nahbereiche) werden in Karte 4 dargestellt.

Eine Überschreitung des jeweiligen Verflechtungsbereichs durch Ansiedlung, Erweiterung oder wesentliche Änderung von zentralörtlichen Einrichtungen, ist nur im Einvernehmen mit den betroffenen Zentralen Orten zulässig. Auch die Siedlungsentwicklung ist auf diese Verflechtungsbereiche auszurichten.

Die Ausstattungsmerkmale der Zentralen Orte zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben werden in den Begründungen des LEP 2003 zu Z 2.3.5/2.3.6 für Oberzentren, Z 2.3.7-2.3.9 für Mittelzentren und Z 2.3.12 für Grundzentren genannt.

Zu Ziel 2.3.2, Ziel 2.3.3, Grundsatz 2.3.4 und Ziel 2.3.5 Wichtige Voraussetzung für die Sicherung und Stärkung der Funktionsfähigkeit der Zentralen Orte ist die Konzentration von überörtlichen Versorgungseinrichtungen sowie Wohn- und Arbeitsstätten im zentralörtlichen Versorgungs- und Siedlungskern. Nur so kann vor dem Hintergrund des demografischen Wandels – wie in LEP Z 2.3.1 gefordert – die Versorgung der Bevölkerung des jeweiligen Verflechtungs-bereichs mit Gütern und Dienstleistungen gebündelt und in zumutbarer Entfernung sichergestellt werden.

Versorgungs- und Siedlungskerne der Zentralen Orte sind die Kernstädte (vgl. Festlegung in Ziel 5.1.5).

In der Regel sind in den als Zentrale Orte ausgewiesenen Städten die zentralörtlichen Einrichtungen bereits weitestgehend im Ver-sorgungs- und Siedlungskern konzentriert. Hier muss es gelingen, die vorhandenen Einrichtungen in den gewachsenen Versorgungs-kernen zu erhalten und auszubauen und die Errichtung neuer Einrichtungen dort zu konzentrieren.

Nach Einzelfallprüfung kann eine Ansiedlung auch außerhalb des Versorgungs- und Siedlungskerns zugelassen werden, sofern die zen-tralörtlichen Versorgungszentren nicht beeinträchtigt werden und ein anderer Gemeindeteil als geeignet eingeschätzt wurde. Dabei kann es sich regelmäßig nur um Standorte in städtebaulich integrierter Lage (z. B. bei der Revitalisierung innerörtlicher Brachflächen) handeln.

Sofern innerhalb des Verflechtungsbereichs ein überörtlicher Bedarf an Wohnbauflächen besteht, sollen Standortvoraussetzungen für eine bedarfsgerechte Ansiedlung ebenfalls in den zentralörtlichen Versorgungs- und Siedlungskernen geschaffen werden, um diese zu stärken. Die Strategische Umweltprüfung zum Regionalplan ergab, dass alle ausgewiesenen Versorgungs- und Siedlungskerne unter Einbezie-hung ihrer innerörtlichen Flächenreserven über ein hinreichendes umweltverträgliches Bauflächenpotenzial verfügen, das sie befähigt, die angestrebte Konzentration zentralörtlicher Funktionen im Geltungszeitraum des Regionalplans auch zu erfüllen.

Nach Einzelfallprüfung kann eine Ansiedlung auch außerhalb des Versorgungs- und Siedlungskerns zugelassen werden, sofern dieser andere Gemeindeteil aufgrund seiner Ausstattung und Verkehrsanbindung durch den ÖPNV die Voraussetzung für die Versorgung der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung bietet. Dabei kann es sich regelmäßig nur um Standorte zur Nachnutzung, Verdichtung oder maßvollen Abrundung des Siedlungskörpers handeln.

Mit der Konzentration von zentralörtlichen Einrichtungen und technischer Infrastruktur bieten die Versorgungs- und Siedlungskerne der Zentralen Orte besondere Standortvorteile für die Ansiedlung von Gewerbe. Über die Schaffung der Voraussetzungen für die Ansiedlung von öffentlichen und privaten Dienstleistungseinrichtungen und Gewerbebetrieben können Synergieeffekte genutzt und kurze Wege zwischen Wohnen und Arbeiten umgesetzt werden.

Zentrale Orte bilden aufgrund ihres herausragenden Angebots an Gütern und Dienstleistungen ein bevorzugtes Mobilitätsziel. Somit hat das System der Zentralen Orte für eine nachhaltige, an Verkehrsvermeidung orientierte Verkehrspolitik eine grundlegende Bedeutung.

Die Vorteile der Konzentration von Versorgungseinrichtungen und Arbeitsplätzen in den zentralörtlichen Versorgungs- und Siedlungs-kernen können für die Bevölkerung des Verflechtungsbereichs nur wirksam werden, wenn auch Verkehrsinfrastruktur und Verkehrs-bedienung auf den Versorgungs- und Siedlungskern der Zentralen Orte ausgerichtet sind. Damit werden sowohl eine absolute Verkehrs-entlastung innerhalb des Verflechtungsbereichs als auch günstige Voraussetzungen für eine effektive Gestaltung des ÖPNV geschaffen.

Zu Grundsatz 2.3.6 Die Mittel- und Grundzentren im Ländlichen Raum spielen eine wichtige Rolle bei der Entwicklung und Stabilisierung des Ländlichen Raums, insbesondere in den strukturschwachen, zum Oberzentrum peripher gelegenen Teilen. Die demografischen Veränderungen erfordern gerade hier infrastrukturelle Konzentrationspunkte, die die Anbindung an den Wachstums-raum Leipzig sichern. Dazu kann es erforderlich sein, zentralörtliche Einrichtungen oder ÖPNV-Verbindungen auch dann vorzuhalten, wenn deren Auslastung nicht im selben Maße sichergestellt wird wie in anderen Teilräumen.

Zu Ziel 2.3.7 Grundzentren, deren Ausweisung gemäß SächsLPlG durch die Regionalplanung erfolgt, bilden gemeinsam mit den höherrangigen Zentralen Orten (Ober- und Mittelzentren) ein flächendeckendes System zur Sicherung der Grundversorgung. Die Kriterien für die Aus-weisung gibt der LEP 2003 in Z 2.3.12 als Rahmen vor.

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Regionalplan Westsachsen 2008 2 Raumstrukturelle Entwicklung

Für die Ausweisung der Grundzentren wurden unter Beachtung dieser Vorgaben alle Gemeinden der Planungsregion hinsichtlich folgender, z. T. regionalspezifisch konkretisierter Kriterien geprüft: 1. Grundanforderungen:

Versorgungs- und Dienstleistungszentrum komplex mit zentralörtlichen Einrichtungen ausgestatteter Gemeindekern (vgl. Begründung zu Ziel 2.3.12 LEP) - Verwaltungssitz (selbstständige Gemeinde oder Verwaltungsgemeinschaft/Verwaltungsverband) - Grundschule - weiterführende Schule (Mittelschule, Schulversuch Gemeinschaftsschule) - qualifizierte medizinische Versorgung (praktischer Arzt, Zahnarzt, Apotheke, Facharzt) - Altenpflegeeinrichtung - Jugendfreizeitstätten - qualifizierte Einzelhandelsversorgung (mehrere Lebensmittel-Supermärkte/Discounter und Fachgeschäfte) - Sparkasse/Bank (Quelle: Gemeindebefragung, Verzeichnisse des Statistischen Landesamts, Verzeichnis der Pflegeeinrichtungen [RP Leipzig])

übergemeindlicher Verflechtungsbereich (oder in Ausnahmefällen im Ländlichen Raum Gemeindefläche > 50 km2) - Verwaltungsgemeinschaften/-verbände - Beschäftigungs-/Pendlereinzugsbereiche - Einzugsbereiche von Schulen - Versorgungsbereiche Handel, medizinische Versorgung, Kultur (Quelle: Gemeindebefragung, Daten des Statistischen Landesamts, der Sächsischen Bildungsagentur – Regionalstelle Leipzig und der Bundesanstalt für Arbeit)

Ergänzung der Ober- und Mittelzentren - Abbau von Erreichbarkeitsdefiziten zu einem Zentralen Ort in ihrem Verflechtungsbereich (Quelle: Fahrpläne des MDV 2004)

2. überwiegend zu erfüllende Kriterien:

Einwohner im Verflechtungsbereich - im Verdichtungsraum: 15 000 Einwohner, - im Ländlichen Raum: 7 000 Einwohner, davon 3 000 Einwohner im Zentralen Ort (Quelle: Daten und Prognosewerte des Statistischen Landesamts)

breit gefächertes/herausgehobenes Arbeitsplatzangebot - > 250 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze je 1 000 Ew. in der Gemeinde oder - im Verdichtungsraum: > 2 000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze in der Gemeinde - im Ländlichen Raum: > 1 000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze in der Gemeinde (Quelle: Daten des Statistischen Landesamts)

Erreichbarkeitsdefizite im ÖPNV - ÖPNV-Anbindung aus den Ortsteilen in 30 min an Mittel-/Oberzentrum nicht gegeben - Anschlussqualität auf Berufs-/Schülerverkehr ausgerichtet - Erreichbarkeit Mittel-/Oberzentrum nur mit mehrmaligem Umsteigen (Quelle: Fahrpläne des MDV 2004)

ÖPNV-Knotenpunkt - ÖPNV-Verknüpfungspunkte des MDV: Bedienung durch mindestens 2 Linien des ÖPNV, die im Taktverkehr sowie mindestens im

2-Stunden-Takt bzw. mit 8 Fahrtenpaaren an Werktagen verkehren und verkehrlich sinnvolles Umsteigen (Definition und Bestimmung ÖPNV-Knotenpunkt durch MDV als Fachplanträger 2005)

3. Prüfung raumstruktureller Besonderheiten

Raumstrukturelle Besonderheiten in der Planungsregion Westsachsen, insbesondere die Faktoren Lage im peripheren Ländlichen Raum, Nachbarschaft zu einem Ober- oder Mittelzentrum, Lage an einer Landesgrenze sowie Barrierewirkung von Bergbaufolgelandschaften oder des Elbestroms und damit verbundene Auswirkungen auf die Verflechtungsbereiche und die Erreichbarkeit höherrangiger Zentraler Orte, erforderten für Teilräume vertiefende Untersuchungen. Dabei waren im Ländlichen Raum die Städte Belgern, Dommitzsch und Kitzscher sowie im Verdichtungsraum die Stadt Taucha und der Verbund Böhlen/Zwenkau gezielter zu untersuchen. Dazu wurde durch den Regionalen Planungsverband Westsachsen die Expertise „Einzelfallprüfung zur Ausweisung von Grundzentren in der Planungsregion Westsachsen“ in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse dieser Expertise wurden im weiteren Verfahren berücksichtigt (vgl. auch Einzelbegründungen der Grundzentren). Im Ergebnis der genannten Prüfungsschritte werden 12 Städte und 4 Städteverbünde als Grundzentren ausgewiesen. Grundzentrale Verbünde stellen eine Sonderform der Grundzentren dar. Dabei handelt es sich um Kommunen mit räumlicher Nähe und/ oder funktionalen Verflechtungen, die gemeinsam die Funktion eines Zentralen Orts ausüben (vgl. Definition).

Den Ausweisungen Grundzentraler Verbünde liegt der Gedanke zugrunde, dass mit kooperativen Strukturen den aktuellen und zukünf-tigen Herausforderungen wirksamer begegnet werden kann, da durch eine Zusammenarbeit der Konkurrenz auf engem Raum entgegen-gewirkt und vorhandene Potenziale wirksamer genutzt werden können. Chancen bestehen insbesondere bei der gemeinsamen Aufgaben-

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Page 23: regionalplan westsachsen 2008

Regionalplan Westsachsen 2008 2 Raumstrukturelle Entwicklung

bewältigung durch Kooperation, Spezialisierung oder Funktionsteilung entsprechend den Stärken und Schwächen der Partner sowie des effektiven Ressourceneinsatzes.

Die bislang konkurrierenden Kommunen, die oft die Kriterien auch einzeln erfüllen, können gemeinsam ein stärkeres Gewicht im Raum entfalten und als Grundzentrale Verbünde langfristig den eigenen Entwicklungsspielraum erweitern. Wenn infolge der Unterauslastung durch Bedarfsrückgang und Verringerung der kommunalen Finanzmittel ein Rückbau zentralörtlicher Einrichtungen unausweichlich ist, können durch abgestimmtes Vorgehen die damit verbundenen Versorgungseinschnitte weniger einschneidend gestaltet werden. Die Ausweisung Grundzentraler Verbünde setzt eine tatsächlich wahrgenommene oder nachgewiesene Absicht der Zusammenarbeit voraus. Sie ist an zwei grundsätzliche Voraussetzungen gebunden: · eine Funktionsteilung in Bezug auf die zentralörtliche Ausstattung · eine verstetigte interkommunale Zusammenarbeit (Instrumente sind gemeinsamer Flächennutzungsplan bzw. qualitativ gleichwertige

Zusammenarbeit bei der Bauleitplanung, öffentlich-rechtlicher Vertrag) Die Grundzentralen Verbünde in der Region Westsachsen stehen noch am Beginn ihrer Zusammenarbeit. Daher sind bislang noch wenig praktische Ergebnisse vorzuweisen. Insbesondere ein gemeinsamer Flächennutzungsplan nach § 204 BauGB ist aufgrund unterschied-licher Verfahrensstände, neuer gesetzlicher Anforderungen (Umweltbericht) und der Mitgliedschaft in Verwaltungsgemeinschaften kurz-fristig nicht umsetzbar. Die konkreten Ansätze zur Zusammenarbeit werden in den Einzelbegründungen der Grundzentren dargelegt. Die Herausforderungen des demografischen Wandels führen in den verschiedenen Teilräumen zu unterschiedlichen Handlungs-erfordernissen. Während die Grundzentren im Verdichtungsraum von der dynamischen Entwicklung des Oberzentrums partizipieren und abgestimmte Stadt-Umland-Beziehungen erfordern, steht in den strukturschwachen, teilweise dünn besiedelten Gebieten des Ländlichen Raums die Sicherung der Grundzentren als Konzentrationspunkte für die erforderliche Daseinsvorsorge im Vordergrund. Dabei ist insbe-sondere zu berücksichtigen, dass durch die demografischen Veränderungen im Planungszeitraum (vgl. 4. Regionalisierte Bevölkerungs-prognose für den Freistaat Sachsen bis 2020) eine langfristige Kriterienerfüllung und Tragfähigkeit nicht in jedem Fall gesichert ist. Daher wird eine Differenzierung der Grundzentren hinsichtlich ihrer Lage im Raum, der funktionalen Bedeutung und der Ausprägung ihres räumlichen Verflechtungsbereichs (analog den Mittelzentren im LEP) den unterschiedlichen raumstrukturellen Gegebenheiten besser gerecht. Mit Z 2.3.10 und Z 2.3.11 werden dazu spezifische Plansätze formuliert.

Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklungen und sich weiter verknappender Ressourcen muss in Vorbereitung einer künftigen Fortschreibung des Regionalplans eine Evaluation der Grundzentren im Kontext mit den höherrangigen Zentralen Orten stattfinden. Dabei werden auch die räumlichen Wirkungen der differenzierten Ausweisungen in den strukturell unterschiedlichen Verflechtungsbereichen geprüft. EINZELBEGRÜNDUNGEN DER GRUNDZENTREN

Für die ausgewiesenen Grundzentren sind die o. g. Kriterien in Tabelle 2-1 dargestellt. Die zugrunde gelegten Verflechtungsbereiche (Nahbereiche) sind in Karte 4 dargestellt. Die Ausweisungen von Grundzentren erfolgen i. d. R. in Randbereichen der Mittelzentralen Verflechtungsbereiche, wo die Erreichbarkeit zu den höherrangigen Zentren deutlich abnimmt. Als Versorgungs-, Wirtschafts- und Dienstleistungszentren versorgen sie die Bevölkerung ihres Verflechtungsbereichs. Grundzentren im Ländlichen Raum

Die Grundzentren im Ländlichen Raum erfüllen alle Kriterien eines Grundzentrums. Sie verfügen in der Regel über eine gute Ausstattung mit Einrichtungen der Daseinsvorsorge, sind wirtschaftliche und infrastrukturelle Kerne im Ländlichen Raum, die die Grundversorgung für ihren Verflechtungsbereich sicherstellen. In der Regel sind sie selbst gut durch ÖPNV an das Oberzentrum Leipzig oder an Mittelzentren angebunden, während viele ländliche Ortsteile erhebliche Erreichbarkeitsdefizite verzeichnen.

Bad Düben Die Stadt Bad Düben am Rande der Dübener Heide gehört wegen der Entfernung zu den Mittelzentren Delitzsch und Eilenburg selbst zu einem Bereich mit Erreichbarkeitsdefiziten zu einem höherrangigen Zentralen Ort, so dass ihre Ausweisung als Grundzentrum in beson-derem Maß erforderlich ist. Zum weiteren Verflechtungsbereich gehören neben der Gemeinde Laußig teilweise die Gemeinden Löbnitz und Zschepplin.

Bad Lausick Die Stadt Bad Lausick nimmt mit ihren 12 Gemeindeteilen eine Fläche von 70 km² ein. Durch die erfolgten Eingemeindungen von Orts-teilen aus den ehemaligen Landkreisen Borna, Grimma und Leipzig wird ihre Lage und die Funktion, die Bad Lausick im „Zwischenraum“ einnimmt, verdeutlicht. Dem Verflechtungsraum sind außerdem die Gemeinden Eulatal und Otterwisch teilweise zugeordnet.

Colditz Die Stadt Colditz zählt die Gemeinde Zschadraß (17 von 18 Gemeindeteilen mit Erreichbarkeitsdefiziten) sowie den südlichen Teil der Ge-meinde Großbothen zu ihrem Verflechtungsbereich. Sowohl die Stadt Colditz als auch die Gemeinde Zschadraß haben einen Teil ihres Gebiets aus dem ehemaligen Landkreis Rochlitz eingemeindet, wo ebenfalls kein Mittelzentrum mit angemessenem Zeitaufwand erreich-bar ist. Die Ausweisung von Colditz als Grundzentrum verbessert die Erreichbarkeit eines Zentralen Orts aus dem Verflechtungsbereich erheblich.

Dahlen Die Stadt Dahlen liegt im strukturschwachen Ländlichen Raum, der durch eine relativ dünne Besiedelung mit relativ weit entfernten Orts-lagen geprägt ist. Der Verflechtungsbereich umfasst mit der Gemeinde Cavertitz und dem nördlichen Teil der Gemeinde Wermsdorf (ehe-malige Gemeinde Luppa) 25 Gemeindeteile.

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Page 24: regionalplan westsachsen 2008

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Einwohner im Verflechtungsbereich (VR: 15 000, LR: 7 000 (dav. 3 000 im ZO)

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Regionalplan Westsachsen 2008 2 Raumstrukturelle Entwicklung

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Ergänzung der Ober- und Mittelzentren (Abbau Erreichbark.defizite für > 1 000 Ew.)

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ÖPNV-Erreichbarkeitsdefizite im Verflechtungsbereich (> 1 000 Ew)

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Regionalplan Westsachsen 2008 2 Raumstrukturelle Entwicklung

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Regionalplan Westsachsen 2008 2 Raumstrukturelle Entwicklung

Frohburg Die Stadt Frohburg mit einer Fläche von 61 km² hat ihren Verflechtungsbereich bereits zum größten Teil in die Stadt eingemeindet (6 ehe-malige Umlandkommunen). Zum Verflechtungsbereich gehört außerdem teilweise die Stadt Kohren-Sahlis, deren 14 Gemeindeteile alle Erreichbarkeitsdefizite zu höherrangigen Zentren aufweisen, sowie teilweise die Gemeinde Eulatal.

Geithain Die Stadt Geithain als ehemalige Kreisstadt nimmt weiterhin Versorgungs- Wirtschafts- und Dienstleistungsfunktionen für ihr Umland wahr. Zu Ihrem Verflechtungsbereich zählen die Gemeinde Narsdorf sowie teilweise die Stadt Kohren-Sahlis und die Gemeinde Eulatal.

Roßwein Die Stadt Roßwein im Verdichteten Bereich im Ländlichen Raum hat beiderseits der Freiberger Mulde im Döbelner Lösshügelland einen eigenen Verflechtungsbereich herausgebildet. Neben der Gemeinde Niederstriegis, die mit der Stadt eine Verwaltungsgemeinschaft bildet, gehört die Gemeinde Tiefenbach (Planungsregion Chemnitz/Erzgebirge) teilweise zu ihrem Verflechtungsbereich.

Verbund Brandis/Naunhof Brandis und Naunhof sind benachbarte Städte vergleichbarer Größenordnung zwischen den Zentren Leipzig, Grimma und Wurzen. Ihre Stadtkerne liegen straßenseitig 7 km entfernt. Die Stadt Brandis nimmt die Grundversorgung für ihre Ortsteile sowie teilweise für die Gemeinde Machern wahr. Der Verflechtungsbereich der Stadt Naunhof umfasst neben den eigenen Ortsteilen die Gemeinden Belgershain und teilweise Parthenstein, die beide zur Verwaltungsgemeinschaft Naunhof gehören. Im REK Muldentalkreis stellt die „Interkommunale Kooperation und zentralörtliche Entwicklung“ eine Schlüsselaufgabe dar. Dabei wird das Projekt „Stärkung der Städte Naunhof und Brandis als kooperierendes Zentrum“ explizit benannt. Die Projektbeschreibung beinhaltet die Definition der Aufgaben des Parthelandes (Gebiet der Gemeinden Borsdorf, Machern, Parthenstein, Belgershain und der Städte Naunhof und Brandis), die Zuordnung der Aufgabenschwerpunkte auf Naunhof und Brandis und die Entwicklung gemeinsamer Entwicklungs-strategien der Städte Naunhof und Brandis. In der Projektgruppe „Zentren und Umland“ des REK MTL wurden konkrete Kooperations-ansätze in den Bereichen Bildung, Nahverkehr, Wirtschaftförderung und Kindertagesstätten gesehen. Bislang sind noch keine Festlegungen zur Funktionsteilung erfolgt. Der Planungsverband geht jedoch davon aus, dass sich diese länger-fristig entwickeln wird, da mit kooperativen Strukturen den zukünftigen Herausforderungen wirksamer begegnet werden kann und vor-handene Potenziale wirksamer genutzt werden können.

Verbund Groitzsch/Pegau Groitzsch und Pegau sind benachbarte Städte an der südwestlichen Landesgrenze zu Sachsen-Anhalt und Thüringen. Aufgrund der durch die Lage im Braunkohlenabbaugebiet eingeschränkten Erreichbarkeit des Mittelzentrums Borna hat die Stadt Groitzsch mit einer Fläche von 70 km² und 30 Gemeindeteilen einen starken eigenen Verflechtungsbereich herausgebildet. Die Stadt Pegau zählt die baulich an-grenzende Gemeinde Elstertrebnitz und überwiegend die Gemeinde Kitzen zu ihrem Verflechtungsbereich, die beide zur Verwaltungs-gemeinschaft Pegau gehören. Mit ihrem jeweiligen Verflechtungsbereich besitzen beide Städte eine vergleichbare Größenordnung. Groitzsch und Pegau werden nur durch die Aue der Weißen Elster getrennt. Ihre Stadtkerne liegen nur ca. 2 km per Fuß-/Radweg bzw. 4 km per Straße voneinander entfernt, so dass sich eine verstärkte Kooperation gleichsam anbietet. Als Handlungsfelder werden u. a. die Stärkung und Sicherung des Wirtschafts-, Wohn- und Schulstandorts, die Abstimmung und Ver-flechtung in den Bereichen Kultur, Sport, Tourismus und Marketing sowie die Betreibung kommunaler Einrichtungen benannt. Darüber hinaus werden ein gemeinsamer Flächennutzungsplan sowie ein Städtebauentwicklungskonzept angestrebt. Die Kommunen Groitzsch, Pegau, Elstertrebnitz und Kitzen erarbeiten gemeinsam das Integrierte Ländliche Entwicklungskonzept „Weiße Elster“. Im März 2007 wurde ein öffentlich-rechtlicher Vertrag zum Städtebund Groitzsch-Pegau geschlossen.

Verbund Hartha/Leisnig/Waldheim Die Städte Hartha, Leisnig und Waldheim sind benachbarte Städte vergleichbarer Größenordnung im Verdichteten Bereich im Ländlichen Raum. Während der Leisniger Stadtkern ca. 8 km vom Harthaer entfernt liegt, sind die Stadtgebiete Hartha und Waldheim über die Orts-lage und das Gewerbegebiet Richzenhain baulich nahezu zusammengewachsenen (Stadtkerne 4 km entfernt). Alle 3 Städte haben eigene nahräumliche Verflechtungsbereiche: Leisnig mit der Gemeinde Bockelwitz, Hartha mit einem Stadtgebiet > 50 km², Waldheim mit Teilen der Gemeinden Ziegra-Knobelsdorf und Kriebstein (Planungsregion Chemnitz/Osterzgebirge). Vor dem Hintergrund der Prognose des Statistischen Landesamts Sachsen, die bis 2020 einen Bevölkerungsrückgang um 13-17 % be-schreibt, werden Kooperation und Funktionsteilung künftig stärker an Gewicht gewinnen. Dazu haben sich die Städte bereits auf die Kooperationsfelder ärztliche Versorgung, Kultureinrichtungen, Bewirtschaftung von Sport- und Freizeiteinrichtungen, touristische Ver-marktung, Feuerwehr/Rettungsdienst/Katastrophenschutz, Abwasserentsorgung, Vermarktung der Gewerbegebiete und auf eine Funk-tionsteilung bei der Krankenhausversorgung in Leisnig, der Förderschule in Waldheim und dem Gymnasium in Hartha verständigt. Die Städte Hartha, Leisnig und Waldheim bilden mit der Stadt Geringswalde (Planungsregion Chemnitz/Erzgebirge) den Städtebund SachsenKreuz. Der öffentlich-rechtliche Vertrag zur Bildung des Städtebunds wurde im Dezember 2006 unterzeichnet. Derzeit wird ein interkommunales Handlungskonzept „Von der Städtekooperation zum Städteverbund – gemeinsam den demografischen Wandel gestal-ten“ erarbeitet. In Zusammenarbeit mit acht weiteren Kommunen wurde die ILEK-Region „SachsenKreuz+“ gebildet, die mit dem gemeinsamen Wett-bewerbsbeitrag „SachsenKreuz+ – Fluss aufwärts – Lust auf Land“ als ILE-Gebiet bestätigt wurde. Grundzentren als Ergänzungsstandorte im Ländlichen Raum

In den strukturschwachen, teilweise dünn besiedelten Gebieten des Ländlichen Raums steht die Sicherung der Daseinsvorsorge bei der Ausweisung von Grundzentren im Vordergrund. Dabei kommt dem Aspekt der Erreichbarkeit mit zumutbarem Aufwand besondere Be-deutung zu. Der ÖPNV ist in diesem Raum aufgrund relativ geringer Bevölkerungsdichte und Rentabilitätskriterien bereits ausgedünnt und konzentriert sich überwiegend auf den Schülerverkehr. Dies führt zu erheblichen Attraktivitätsverlusten dieser Räume, die weitere Bevölkerungs- und Funktionsverluste nach sich ziehen können. Daher sind entsprechend den raumstrukturellen Erfordernissen zur Sicherung einer flächendeckenden Grundversorgung in zumutbarer Entfernung im strukturschwachen Ländlichen Raum Grundzentren-Ausweisungen erforderlich, auch wenn die Ausweisungskriterien des LEP nicht in vollem Umfang erfüllt werden.

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Regionalplan Westsachsen - Gesamtfortschreibung 2 Raumstrukturelle Entwicklung

Diese „Grundzentren als Ergänzungsstandorte im Ländlichen Raum“ verfügen trotz geringerer Einwohnerzahl und Wirtschaftskraft in ihrem Stadtkern über eine weitgehend vorhandene Grundausstattung und sind für die Bevölkerung des Nahbereichs von erheblicher Bedeutung für die Versorgung. Dabei ist zu berücksichtigen, dass durch die demografischen Veränderungen im Planungszeitraum (vgl. 4. Regionalisierte Bevölkerungs-prognose für den Freistaat Sachsen bis 2020) eine langfristige Tragfähigkeit der Einrichtungen der Daseinsvorsorge nicht in jedem Fall gesichert ist.

Die „Grundzentren als Ergänzungsstandorte im Ländlichen Raum“ spielen jedoch eine wichtige Rolle bei der Stabilisierung des Ländlichen Raums; unter Beachtung der Entwicklung der öffentlichen Finanzen, der demografischen Veränderungen und einer sinkenden Nachfrage sind gerade hier infrastrukturelle Konzentrationspunkte erforderlich.

Belgern Im Ergebnis der Expertise „Einzelfallprüfung zur Ausweisung von Grundzentren …“ (USBECK 2005) gaben die Gutachter keine eindeutige fachliche Empfehlung ab, da gewichtige Argumente sowohl für als auch gegen ein Grundzentrum Belgern sprechen. Belgern liegt in einem relativ dünn besiedelten, strukturschwachen und äußerst peripher zum Oberzentrum Leipzig gelegenen Raum. Die Elbe wirkt als natürliche Barriere zwischen Belgern und dem ostelbischen Raum als potenziellem nordöstlichem Einzugsgebiet. Auch über die Landesgrenze hinweg sind keine Verflechtungen im grundzentralen Bereich vorhanden, da die Fährverbindung stabile und intensive Verflechtungen nicht ermöglicht. Die in Bau befindliche Brücke bei Mühlberg wird zwar die Erreichbarkeit verbessern, jedoch ist nicht zwin-gend davon auszugehen, dass Belgern seinen Verflechtungsbereich als Grundzentrum in den brandenburgischen Raum ausweiten kann. Trotz Defiziten in der Kriterienerfüllung, die mit zunehmenden Auslastungsschwierigkeiten der bestehenden Infrastrukturen verbunden sind, wird Belgern als Versorgungs- und Dienstleistungszentrum wirksam. Der Verflechtungsbereich umfasst die Stadt selbst (Fläche von 84 km² und 14 Gemeindeteile) sowie Teile der Gemeinde Pflückuff. Mit den ÖPNV-Verbindungen zwischen Belgern und den Ortsteilen in seinem Verflechtungsbereich kann Belgern das Netz der höher-rangigen Zentrale Orte ergänzen und hinsichtlich der Erreichbarkeit zentralörtlicher Einrichtungen deutliche Verbesserungen erreichen. Trotz Defiziten in der Kriterienerfüllung entschied der Regionale Planungsverband, die Stadt Belgern als „Grundzentrum als Ergänzungs-standort im Ländlichen Raum“ auszuweisen, da sie zur Stabilisierung des peripheren strukturschwachen Ländlichen Raums erforderlich ist.

Dommitzsch Im Ergebnis der Expertise „Einzelfallprüfung zur Ausweisung von Grundzentren …“ (USBECK 2005) empfahlen die Gutachter, die Stadt Dommitzsch als Grundzentrum auszuweisen. Dommitzsch liegt in einem relativ dünn besiedelten, strukturschwachen und äußerst peripher zum Oberzentrum Leipzig gelegenen Raum. Diese Struktur setzt sich im angrenzenden Land Sachsen-Anhalt fort. Die Elbe wirkt als natürliche Barriere zwischen Dommitzsch und Prettin in Sachsen-Anhalt und schneidet auch den nördlichen Bereich des ostelbischen Raums (Großtreben) als weiteren potenziellen Verflechtungsraum von Dommitzsch ab. Die Verkehrsverbindung kann nur mittels Fährbetrieb gewährleistet werden, was jedoch keine stabilen und intensiven Verflechtungen ermöglicht. Trotz Defiziten in der Kriterienerfüllung, die mit zunehmenden Auslastungsschwierigkeiten der bestehenden Infrastrukturen verbunden sind, wird Dommitzsch für seinen übergemeindlichen Verflechtungsbereich (Gemeinde Trossin und teilweise Gemeinde Elsnig) durchaus als Versorgungs- und Dienstleistungszentrum wirksam. Dommitzsch arbeitet im Rahmen des Städteverbunds Dübener Heide eng mit der Stadt Bad Schmiedeberg zusammen, die auf an-haltischer Seite grundzentrale Funktionen übernimmt. Diese Zusammenarbeit soll auf dem Gebiet der grundzentralen Versorgungs-funktionen intensiviert werden (vgl. auch Z 2.3.11). Durch eine solche grenzübergreifende Kooperation zweier Grundzentren können die strukturellen und funktionalen Defizite, die beide Orte als relativ schwache Zentren aufweisen, vermindert und zentralörtliche grenzübergreifende Versorgungsdefizite besser abgebaut werden. Ansätze für eine funktionsteilige Entwicklung sind z. B. im Bereich der medizinischen Grundversorgung und im Bildungssektor vorhanden. Der Empfehlung der Expertise zur Ausweisung der Stadt Dommitzsch trotz Defiziten in der Kriterienerfüllung ist der Regionale Planungs-verband mit der Ausweisung als „Grundzentrum als Ergänzungsstandort im Ländlichen Raum“ gefolgt, da sie zur Stabilisierung des peripheren strukturschwachen Ländlichen Raums erforderlich ist.

Mügeln Die Stadt Mügeln, im Ländlichen Raum zwischen Döbeln und Oschatz gelegen, ist das einzige Grundzentrum im interaxialen Raum. Aufgrund der zersplitterten Siedlungsstruktur am Rande des Döbelner Lösshügellands mit einer Vielzahl an Klein- und Kleinstsiedlungen bestehen hier hohe Erreichbarkeitsdefizite zu den Mittelzentren. Mügeln als Versorgungs- und Dienstleistungszentrum nimmt die Grundversorgung für ihre 11 Gemeindeteile sowie für die Gemeinde Sornzig-Ablaß mit 19 Gemeindeteilen wahr. Die Stadt Mügeln erfüllt derzeit die Kriterien zur Ausweisung von Grundzentren. Die langfristige Tragfähigkeit kann aufgrund der Ein-wohner- und Arbeitsplatzentwicklung (vgl. aktuelle Prognose) nicht als gesichert angesehen werden. Daher erfolgt eine Ausweisung als „Grundzentrum als Ergänzungsstandort im Ländlichen Raum“. Grundzentren im Verdichtungsraum

Der LEP sieht die Zentralen Orte im Verdichtungsraum als ein geeignetes Entwicklungsinstrument: „Der Verdichtungsraum ist als leistungsfähiger Siedlungs-, Wirtschafts-, Kultur- und Dienstleistungsraum insbesondere durch die Stärkung seiner Zentralen Orte weiter-zuentwickeln.“ (G 2.5.1 des LEP).

Die Ausweisung von Grundzentren ist nicht auf den Ländlichen Raum beschränkt. Im LEP werden gesonderte Kriterien für die Ausweisung von Grundzentren im Verdichtungsraum vorgegeben, die jedoch höhere Anforderungen als im Ländlichen Raum stellen. Die ausgewiesenen Grundzentren im Verdichtungsraum sind wirtschaftlich dynamische Städte, die aufgrund ihrer räumlichen Nähe zum Oberzentrum Leipzig und der allgemein guten Erreichbarkeit nur einen eingeschränkten Verflechtungsbereich ausbilden.

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Regionalplan Westsachsen 2008 2 Raumstrukturelle Entwicklung

Die bestehenden Versorgungs-, Dienstleistungs-, Wohn- und Arbeitsplatzstrukturen in den jeweiligen Städten werden von der Bevölkerung auch dort in Anspruch genommen. Ihre Verflechtungsbereiche bestimmen sich aus dem Angebot, der Erreichbarkeit und dem daraus re-sultierenden Nachfrageverhalten und sind daher auf die vom Oberzentrum abgewandte Seite in den Ländlichen Raum hinein ausgerichtet. Die Expertise „Einzelfallprüfung zur Ausweisung von Grundzentren aufgrund erheblicher Erreichbarkeitsdefizite und raumstruktureller Be-sonderheiten“ (USBECK 2005) empfiehlt, die wirtschaftsfördernde Wirkung der zentralörtlichen Einstufung als Argument für die Aus-weisung als Grundzentrum im Verdichtungsraum zu berücksichtigen. Die Bündelungs- und Konzentrationsfunktionen der Zentralen Orte werden perspektivisch auch im Verdichtungsraum an Bedeutung gewinnen. Zur Verbesserung der Stadt-Umland-Kooperation sollte die Entwicklung eines Regionalen Städtenetzes aus der Kernstadt und den Zentren des 1. Rings im Sinne eines kooperativen Gesamt-standorts verfolgt werden. Dabei sollten die Zentralen Orte innerhalb des Kooperationsraums die Bündelung der kommunalen Interessen ihres jeweiligen Verflechtungsraums übernehmen und im Rahmen des Kooperationsprozesses mit Leipzig vertreten (vgl. Kap.3).

Markranstädt Die Stadt Markranstädt, vom Oberzentrum Leipzig räumlich getrennt durch den Kulkwitzer See, besteht aus 7 ehemals selbstständigen Gemeinden mit 18 überwiegend ländlichen Ortsteilen. Seit der Eingemeindung von Großlehna 2006 (Ländlicher Raum) verfügt die Stadt Markranstädt über eine Fläche von 58 km², die nunmehr ihrem Verflechtungsbereich entspricht. Während die Kernstadt über eine gute Erreichbarkeit verfügt, sind 11 Gemeindeteile nicht ausreichend an das Oberzentrum angebunden, um dort ihre grundzentrale Versorgung zu sichern. Die Kernstadt Markranstädt als Wirtschafts-, Versorgungs- und Dienstleistungszentrum besitzt eine gute infrastrukturelle Ausstattung und nimmt die Grundversorgung für ihr gesamtes Stadtgebiet wahr. Der Stadtkern befindet sich ca. 4-5 km von den nächstgelegenen Leipziger Stadtteilzentren C-Zentrum Jupiterstraße, D-Zentrum Miltitzer Allee entfernt. Mit den Einrichtungen in den Bereichen Bildung, Sport und Naherholung besitzt Markranstädt wichtige Ergänzungsfunktionen, die jedoch nicht in die Belange des Oberzentrums eingreifen.

Taucha Trotz direkter Nachbarschaft zum Oberzentrum Leipzig empfehlen die Gutachter im Ergebnis der Expertise „Einzelfallprüfung zur Aus-weisung von Grundzentren …“ (USBECK 2005) die Ausweisung der Stadt Taucha als Grundzentrum im Verdichtungsraum mit der Maß-gabe, dass Funktionen des Oberzentrums Leipzig und des Mittelzentrums Eilenburg nicht beeinträchtigt werden. Taucha ist ein starkes und stabiles Zentrum im Verdichtungsraum und versorgt Teile der Gemeinde Jesewitz. Die Kernstadt besitzt eine sehr gute infrastrukturelle Ausstattung (einschließlich ÖPNV); die Erreichbarkeit des Oberzentrums Leipzig oder des Mittelzentrums Eilen-burg innerhalb 30 min ist in 4 Ortsteilen des Verflechtungsbereichs jedoch nicht gegeben. Mit der Lage innerhalb der wirtschaftlich prosperierenden „Nordschiene“ von Leipzig und den ansässigen Unternehmen hat die Stadt Taucha eine besondere Bedeutung im Verdichtungsraum. Als Versorgungs- und Dienstleistungszentrum erfüllt die Stadt Taucha vielfältige Versorgungsfunktionen. Mit den Einrichtungen in den Bereichen Bildung, Kultur, Sport, Freizeit, medizinische Versorgung und Nah-erholung besitzt Taucha wichtige Ergänzungsfunktionen. Die Stadt Taucha greift mit den genannten Funktionen nicht in die Belange benachbarter Zentraler Orte ein, da Eilenburg als Mittelzentrum zu weit entfernt ist und Leipzig insbesondere in den Bereichen Kultur, Sport und Freizeit selbst sehr stark ist und durch die Tauchaer An-gebote nicht gefährdet wird. Lediglich mit dem Gymnasialstandort könnte perspektivisch möglicherweise eine Beeinträchtigung der mittel-zentralen Funktionen der benachbarten Zentralen Orte Leipzig und Eilenburg verbunden sein. Hierzu ist Z 16.8 zu beachten. Mit der Parthenaue ist Taucha traditionell ein wichtiger Naherholungsraum für die Leipziger. Weitere Argumente der Expertise „Einzelfallprüfung zur Ausweisung von Grundzentren …“ (USBECK 2005) betreffen die wirtschaftlichen Entwicklungspotenziale: „Taucha ist ein für die Region bedeutender Wirtschaftsstandort, dessen Erfolg mit der guten infrastrukturellen Ausstattung und der Nähe zu Leipzig verbunden ist. Die wirtschaftlichen Entwicklungspotenziale, die perspektivisch in diesem Raum vor-handen sind, sollten mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln unterstützt und gefördert werden. Der grundzentrale Status besitzt mit seiner Imagewirksamkeit unterstützende und wirtschaftsfördernde Merkmale und sollte deshalb Anwendung finden.“ Der Empfehlung der Expertise zur Ausweisung der Stadt Taucha als Grundzentrum ist der Regionale Planungsverband gefolgt. Zwischen dem Oberzentrum Leipzig und dem Grundzentrum Taucha sollte eine gemeinsame, abgestimmte Entwicklung der wirtschaftlich prosperierenden Nordschiene Leipzigs und eine Zusammenarbeit bei der weiteren Verbesserung der Standortfaktoren und Ansiedlungs-bedingungen erfolgen.

Verbund Böhlen/Zwenkau Böhlen und Zwenkau sind benachbarte Städte, deren Stadtkerne ca. 5 km per Fuß-/Radweg bzw. 8 km per Straße voneinander entfernt liegen. Die Stadt Böhlen ist aus allen Richtungen gut erreichbar. Zu ihrem Verflechtungsbereich gehören neben der Stadt Rötha auch Gemeindeteile der Gemeinde Espenhain, die Erreichbarkeitsdefizite in der Anbindung an höherrangige Zentrale Orte aufweisen. Die Stadt Zwenkau ist durch die Bergbaufolgelandschaft des Tagebaus Zwenkau von den benachbarten Städten Leipzig und Markkleeberg getrennt. Die Kernstadt Zwenkau ist lediglich von Süden her erreichbar. Damit erhöht sich für die Bevölkerung der Erreichbarkeitsaufwand in höher-rangige Zentrale Orte. Für 5 Ortsteile besteht ein deutliches Erreichbarkeitsdefizit. Damit besteht trotz Nähe zu Markkleeberg und Leipzig durch die Barrierewirkung der Bergbaufolgelandschaft eine „Versorgungslücke“. Mit dem Industriestandort Böhlen-Lippendorf, der perspektivisch weitere Entwicklungspotenziale besitzt, und dem Gewerbegebiet Zwenkau sind beide Städte überregional und regional bedeutsame Wirtschafts- und Arbeitsplatzstandorte. Mit der langjährigen gemein-samen Entwicklung dieses Industriestandorts im Rahmen des Zweckverbands „Planung und Erschließung Industriestandort Böhlen-Lippendorf“ (gemeinsam mit Neukieritzsch) können sie eine verstetigte Zusammenarbeit nach § 204 Abs. 1 BauGB nachweisen. Bei einer perspektivisch noch stärkeren Kooperation lassen sich weitere Ansätze für eine Zusammenarbeit, z. B. auf den Gebieten Kultur, Sport und Freizeit sowie eine funktionsteilige Entwicklung mit den Schwerpunkten Bildung in Böhlen (Mittelschule, Berufsschulzentrum) und Gesundheit (HELIOS-Klinik, Ärztehaus) in Zwenkau erkennen. Im März 2008 wurde ein öffentlich-rechtlicher Vertrag zur Bildung des Städteverbundes Böhlen/Zwenkau geschlossen. Mit den spezifischen, regional bedeutsamen Einrichtungen und Angeboten in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Kultur (Berufliches Schulungszentrum in Böhlen, HELIOS-Klinik in Zwenkau, Kulturhaus in Böhlen, Stadthalle in Zwenkau) besitzen die Städte Einrichtungen, die über die Grundversorgung hinausgehen und damit die Angebote der Mittel- und Oberzentren funktional ergänzen. Eine Beeinträch-tigung der mittelzentralen Funktion der Stadt Markkleeberg durch diese Einrichtungen wird nicht gesehen, da Markkleeberg nicht über vergleichbare Einrichtungen verfügt bzw. die beiden Standorte des Berufsschulzentrums Leipziger Land in Markkleeberg und Böhlen

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Regionalplan Westsachsen - Gesamtfortschreibung 2 Raumstrukturelle Entwicklung

unterschiedliche Profile bzw. Schwerpunkte haben und damit keine direkte Konkurrenz entsteht. Oberzentrale Funktionen der Stadt Leipzig werden nicht berührt. Da die Städte Böhlen und Zwenkau im Verbund die Kriterien für Grundzentren im Verdichtungsraum erfüllen, wurde im Ergebnis der Ex-pertise „Einzelfallprüfung zur Ausweisung von Grundzentren …“ (USBECK 2005) die Ausweisung als Grundzentraler Verbund und der Ausbau der funktionsteiligen Entwicklung empfohlen. Dieser Empfehlung ist der Regionale Planungsverband gefolgt. Zur gemeinsamen Entwicklung der Bergbaufolgelandschaft zu einem attraktiven Tourismus- und Naherholungsgebiet sollte die bisherige Zusammenarbeit mit der Stadt Leipzig im Zweckverband Planung und Erschließung „Neue Harth“ fortgesetzt werden.

Zu Ziel 2.3.8 und Ziel 2.3.9 Die Grundzentren sollen als Versorgungs-, Wirtschafts- und Dienstleistungszentren die Grundversorgung für ihren jeweiligen Nahbereich sicherstellen. Ein Nahbereich ist der einem Zentralen Ort zugeordnete Verflechtungsbereich zur Deckung des Grundbedarfs (auch höherrangige Zentrale Orte weisen aufgrund ihrer gleichzeitigen Funktion als Grundversorgungszentren Nahbereiche auf).

Die Grundzentralen Verflechtungsbereiche (Nahbereiche) werden in Karte 4 dargestellt. Sie basieren auf der vorrangigen zentralörtlichen Orientierung der Gemeinden. Die Zuordnung zu Überschneidungsgebieten erfolgte für Gemeinden, deren Gemeindeteile sich überwiegend nach zwei unterschiedlichen Grundversorgungszentren orientieren. Einige Gemeinden wurden dem grundzentralen Verflechtungsbereich des Mittelzentrums zugeordnet und als Selbstversorger gekenn-zeichnet. Dabei handelt es sich um Gemeinden, die derzeit über eine Ausstattung an Infrastruktureinrichtungen verfügen, mit der die Grundversorgung der Bevölkerung weitgehend gesichert werden kann. Hier ist jeweils im Einzelfall zu prüfen, inwieweit die Gemeinden für einzelne Funktionen selbst die Versorgungsfunktion erfüllen oder dem dargestellten Verflechtungsbereich zugeordnet werden.

Im Gegensatz zu den höherrangigen Zentren, die aufgrund ihrer Größe über eine gute Ausstattung und dadurch einen stabilen Nahbereich verfügen, sind die Grundzentren in der Regel Kleinstädte mit einem kleinen Verflechtungsbereich. Ihre Nahbereiche umfassen meist nur wenige Gemeinden, in einigen Fällen auch nur das eigene Gemeindegebiet, so dass zum Teil bereits Tragfähigkeitsgrenzen von grund-zentralen Einrichtungen (z. B. Mittelschulen) unterschritten werden. Die Sicherung und Stärkung der Grundzentren ist daher erforderlich, um insbesondere im Ländlichen Raum ein erforderliches Mindestmaß an infrastruktureller Ausstattung zur Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten.

Aufgrund der z. T. begrenzten Leistungsfähigkeit ist die Unterstützung durch die Fachplanung erforderlich, um konkrete Möglichkeiten der Funktionssicherung zu erarbeiten. Das Ziel ist erforderlich, um die Unterstützung der Grundzentren durch die Fachplanung über die Raumordnungsklausel hinaus zu aktivieren (z. B. bei der Nahverkehrsplanung, Jugend-/Altenhilfeplanung).

Zu Ziel 2.3.10 Die Grundzentren Markranstädt, Taucha und der Verbund Böhlen/Zwenkau ergänzen das Netz zentralörtlicher Einrichtungen und An-gebote im Verdichtungsraum. Als einwohnerstarke, wirtschaftlich dynamische Städte stellen sie wichtige Standorte für Versorgungs- und Dienstleistungseinrichtungen dar. Aufgrund ihrer räumlichen Nähe zum Oberzentrum Leipzig haben sie nur einen „einseitigen“, von Leipzig abgewandten, Verflechtungsbereich ausgebildet, der auch ländliche Gemeinden bzw. Gemeindeteile umfasst.

Für die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Verdichtungsraums sind diese Funktionen in den Grundzentren zu sichern und unter Berücksichtigung der räumlichen Verflechtungen und ggf. einer Neuorganisation räumlicher Funktionsmuster weiterzuentwickeln (vgl. Kooperationsraum Kap. 3). Dabei müssen die siedlungsstrukturellen Erfordernisse des gesamten Verdichtungsraums berücksichtigt werden und eine enge Ab-stimmung und Kooperation mit dem Oberzentrum erfolgen. So kann sichergestellt werden, dass eine Beeinträchtigung des Oberzentrums z. B. durch überdimensionierte Einzelhandelseinrichtungen oder überdimensionierte neue Wohnbaustandorte nicht eintritt. Bei der Entwicklung der Nahversorgungsfunktionen in den genannten Zentren muss gesichert sein, dass benachbarte Stadtteilzentren in ihrer Funktionsfähigkeit nicht beeinträchtigt werden (§ 34 Abs. 3a BauGB).

Zu Ziel 2.3.11 Die Grundzentren Belgern, Dommitzsch und Mügeln ergänzen das Netz der Zentralen Orte im strukturschwachen Ländlichen Raum. Sie besitzen trotz ihrer geringeren Einwohnergröße einen auf ihre Funktion bezogenen grundzentralen Verflechtungsbereich; die Tragfähigkeit einiger grundzentraler Einrichtungen ist jedoch gefährdet oder bereits unterschritten. Die Ergänzungsstandorte im Ländlichen Raum spielen eine wichtige Rolle bei der Stabilisierung des Ländlichen Raums; unter Beachtung der Entwicklung der öffentlichen Finanzen, der demografischen Veränderungen und einer sinkenden Nachfrage sind gerade hier infra-strukturelle Konzentrationspunkte erforderlich. Aufgabe der genannten Grundzentren ist daher insbesondere der Erhalt der Versorgungs- und Dienstleistungsfunktionen. Dazu kann es erforderlich sein, solche Einrichtungen unter Einbeziehung von Vertretern der privaten Wirtschaft und bürgerschaftlichem Engagement auch dann vorzuhalten, wenn deren Auslastung nicht im selben Maß sichergestellt wird wie in anderen Teilräumen. Sofern das für einzelne Funktionen nicht möglich ist, sollen Möglichkeiten genutzt werden, diese Funktionen im Zusammenwirken mit den benachbarten Mittelzentren zu erfüllen (evtl. durch Außenstellen o. Ä.).

Für die Stadt Dommitzsch stellt die Zusammenarbeit mit dem sachsen-anhaltischen Grundzentrum Bad Schmiedeberg eine Alternative dar. Ein Ausbau der bestehenden Zusammenarbeit kann Ausstattungsdefizite mindern.

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Regionalplan Westsachsen 2008 2 Raumstrukturelle Entwicklung

Zu Ziel 2.3.12 Vor dem Hintergrund des Bevölkerungsrückgangs und der weiteren Reduzierung von Einrichtungen der Daseinsvorsorge wird sich die Problematik der ausreichenden Erreichbarkeit der Grundversorgung weiter verschärfen. Die Grundzentren als Konzentrationspunkte unterer Stufe sollen daher – soweit es die verkehrsorganisatorischen und finanziellen Möglichkeiten der Verkehrsträger zulassen – von der Bevölkerung ihres Nahbereichs innerhalb 30 min mittels ÖPNV und damit auch für nicht mobile Bevölkerungsgruppen erreichbar sein. Bei Bedarf sollen alternative Verkehrsangebote (Anrufbus usw.) erprobt werden. Für ÖPNV-Konzepte im Ländlichen Raum ist die lokale Bündelung von regional bedeutsamen Verkehrszielen eine wichtige Voraus-setzung, um die notwendige Mindestnachfrage nach öffentlichen Verkehrsleistungen zu erhalten.

Als ÖPNV-Verknüpfungspunkte des MDV (Bedienung durch mindestens 2 Linien des ÖPNV, die im Taktverkehr sowie mindestens im 2-Stunden-Takt bzw. mit 8 Fahrtenpaaren an Werktagen verkehren, und verkehrlich sinnvolles Umsteigen) sollen die Grundzentren eine gute Erreichbarkeit der höherrangigen Zentren sichern.

2.4 Gemeinden und Gemeinden mit besonderen Gemeindefunktionen Begriff Besondere Gemeindefunktionen sind Funktionen, die den wirtschaftlichen und sozialen Charakter einer

nichtzentralörtlichen Gemeinde dominieren und in ihrer raumstrukturellen Wirkung deutlich über die eigene Gemeinde hinaus gehen oder die in Grundzentren eine deutlich herausgehobene Funktion gegenüber den anderen Aufgaben eines Grundzentrums darstellen. Als besondere Gemeindefunktionen kommen insbesondere die Funktionen Bildung, Gewerbe, Fremden-verkehr, grenzübergreifende Kooperation und Verkehr in Betracht. Die entsprechenden Festlegungen er-folgen in der Regel in den Regionalplänen, sofern ein überörtliches Regelungserfordernis raumordnerisch begründet ist. Die Funktionen werden Gemeinden zugewiesen. Bei einem besonderen landesentwicklungspolitischen Interesse erfolgt diese Festlegung im Landesentwicklungsplan (Funktion als Standort für Aufgaben der Verteidigung). Mit der Sicherung oder der Entwicklung der Gemeindefunktion in Einklang stehende Maßnahmen sind in einem nichtzentralen Ort über den Rahmen der Eigenentwicklung (Begriffsbestimmung im Abschnitt 5.1) der Gemeinde hinaus zulässig.

Karte Die Gemeinden mit besonderen Gemeindefunktionen der Planungsregion Westsachsen sind in der Karte 1 „Raumstruktur“ ausgewiesen.

Hinweis Weitergehende Ausweisungen zu den Gemeinden mit besonderen Gemeindefunktionen erfolgen in den je-weiligen Fachkapiteln.

Z 2.4.1 In den Gemeinden ohne zentralörtliche Festlegung sollen vorhandene zentrale Funktionen im sozialen und kulturellen Bereich gesichert werden, sofern dadurch die Funktionsfähigkeit der Zentralen Orte nicht beeinträchtigt wird.

Z 2.4.2 In den Gemeinden mit besonderen Gemeindefunktionen ist die für die jeweilige Funktion erforder-liche infrastrukturelle Ausstattung zu sichern und zu entwickeln.

Z 2.4.3 Gemeinden mit besonderer Gemeindefunktion „Gewerbe“ sind Böhlen und Espenhain.

Z 2.4.4 Gemeinden mit besonderer Gemeindefunktion „Fremdenverkehr“ sind Bad Düben, Bad Lausick, Dahlen, Kohren-Sahlis und Naunhof.

Z 2.4.5 Gemeinden mit besonderer Gemeindefunktion „Medizinische Versorgung“ sind Bad Düben, Groß-weitzschen, Wermsdorf und Zschadraß.

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Regionalplan Westsachsen - Gesamtfortschreibung 2 Raumstrukturelle Entwicklung

Begründung zu 2.4 Gemeinden und Gemeinden mit besonderen Gemeindefunktionen

Zu Ziel 2.4.1 Die Lebensbedingungen in den Gemeinden werden wesentlich durch die vorhandenen Einrichtungen der Daseinsvorsorge geprägt (Bildungseinrichtungen, medizinische Versorgung, Sportplätze, Sozialeinrichtungen, Geschäfte, Gasthäuser u. a.). Daher soll gemäß Ziel 2.4.2 LEP die Ausstattung aller Gemeinden mit Versorgungseinrichtungen zur Deckung des örtlichen Bedarfs unter Beachtung ihrer Bevölkerungsentwicklung, ihrer Funktion und ihrer Lage im Raum gewährleistet werden.

Vorhandene Angebote an einzelnen überörtlichen Versorgungseinrichtungen im sozialen und kulturellen Bereich sollen zur besseren Versorgung auch in nichtzentralen Gemeinden gesichert werden, sofern dadurch unter Beachtung der demografischen Entwicklung diese Funktion in den benachbarten Zentralen Orten nicht beeinträchtigt wird.

Zu Ziel 2.4.2 Nach LEP Z 2.4.4 sind in den Regionalplänen Gemeinden mit besonderen Gemeindefunktionen auszuweisen. Damit sollen heraus-gehobene Gemeindefunktionen in einem regionsweiten Kontext bewertet und eine weitere funktionale Arbeitsteilung im Raum planerisch unterstützt werden. Die Ausweisung von Gemeinden mit besonderen Gemeindefunktionen richtet sich nach den Voraussetzungen gemäß der Begriffs-definition und den in der Begründung genannten Kriterien. Die Kriterien für die Ausweisung von Gemeinden mit besonderer Gemeinde-funktion, soweit sie der LEP als Rahmen vorgibt, werden überwiegend für zutreffend erachtet, z. T. regionalspezifisch konkretisiert. Da die Aufzählung der Gemeindefunktionen nicht abschließend ist, erfolgt eine Erweiterung der nach LEP Z 2.4.4 vorgesehenen Ausweisungen um die Gemeindefunktion Medizinische Versorgung.

Nach Prüfung der Gemeinden der Planungsregion werden im Regionalplan Westsachsen Ausweisungen von Gemeinden mit der be-sonderen Gemeindefunktion Gewerbe, Gemeinden mit der besonderen Gemeindefunktion Fremdenverkehr sowie von Gemeinden mit der besonderen Gemeindefunktionen Medizinische Versorgung als regionsspezifische Ausweisungen vorgenommen.

Gemeinden mit den besonderen Gemeindefunktionen Bildung, Verkehr oder grenzübergreifende Kooperation werden in der Planungs-region Westsachsen nicht ausgewiesen, da diese Funktionen in keinen Grundzentren oder Gemeinden ohne zentralörtlichen Status den wirtschaftlichen und sozialen Charakter dominieren.

Die Ausweisungen sollen die vorhandenen besonderen Eignungen von Standorten sichern. Dazu ist es erforderlich, die mit der jeweiligen Funktion verbundene infrastrukturelle Ausstattung zu sichern und zu entwickeln. Die in Z 2.4.3-2.4.5 benannten Gemeinden sollen den besonderen Gemeindefunktionen in ihren Planungen besonderes Gewicht ein-räumen.

Zu Ziel 2.4.3 Für die besondere Gemeindefunktion Gewerbe sind nach Begründung zu Z 2.4.4 LEP folgende Kriterien zu erfüllen: über 400 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze je 1 000 Einwohner in der Gemeinde und hoher Besatz mit verarbeitendem Gewerbe (Anteil der im Ort Beschäftigten im verarbeitenden Gewerbe über 30 %)

Im Regionalplan Westsachsen werden zusätzlich landesweit bedeutsame Industriestandorte

als Gemeinden mit der besonderen Gemeindefunktion Gewerbe ausgewiesen.

Als Gemeinden mit der besonderen Gemeindefunktion Gewerbe werden Böhlen und Espenhain ausgewiesen. Entsprechend den Daten des Statistischen Landesamts Sachsen (Stand 30.06.2006) werden in der Gemeinde Espenhain 1 260 sozial-versicherungspflichtige Arbeitsplätze bereitgestellt, das entspricht 471 Arbeitsplätzen pro 1 000 Einwohner. Davon sind 31 % im ver-arbeitenden Gewerbe und weitere 25 % im Bergbau/Gewinnung von Steinen und Erden/Energie- und Wasserversorgung angesiedelt. Die Revitalisierung des Altindustriestandorts Espenhain wird regionalplanerisch unterstützt (vgl. Z 6.1.7).

Die Stadt Böhlen erfüllt die Kriterien des LEP zur Arbeitsplatzbedeutung mit 2 542 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, das sind 366 Arbeitsplätze pro 1 000 Einwohner, nicht ganz. 35 % der Arbeitsplätze sind im verarbeitenden Gewerbe und weitere 16 % im Bergbau/ Gewinnung von Steinen und Erden/Energie- und Wasserversorgung angesiedelt. Der Industriestandort Böhlen-Lippendorf stellt den wichtigsten Chemiestandort des Freistaats Sachsen und zudem einen bedeutenden Standort der Energieerzeugung dar. Der Industrie- und Gewerbekomplex ist geprägt durch die Kraftwerks- und Industrieanlagen von Vattenfall Europe und Dow Chemical und verfügt über erschlossene Ansiedlungsflächen. Er liegt auf Flächen der Städte Böhlen und Zwenkau sowie der Gemeinde Neukieritzsch, die im Zweckverband Planung und Erschließung Industriestandort Böhlen-Lippendorf zu-sammenarbeiten. Der landesweit bedeutsame Industriestandort soll gestärkt und weiterentwickelt werden, zu diesem Zweck wird ein Vorranggebiet Industrie und Gewerbe ausgewiesen (vgl. Z 6.1.6).

Zu Ziel 2.4.4 Für die besondere Gemeindefunktion Fremdenverkehr sind nach Begründung zu Z 2.4.4 LEP folgende Kriterien zu erfüllen: Kurortstatus oder über 100 Übernachtungen pro Gästebett und Jahr und mindestens 50 000 Übernachtungen pro Jahr

Im Regionalplan Westsachsen werden nur Gemeinden berücksichtigt, in denen das Angebot an Gästebetten mindestens zu einem Drittel außerhalb von Reha-Kliniken besteht, um die besondere Gemeindefunktion Fremdenverkehr nicht zu einseitig an den Kliniken aus-zurichten.

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Regionalplan Westsachsen 2008 2 Raumstrukturelle Entwicklung

Folgende Gemeinden erfüllen die Kriterien für eine Ausweisung als Gemeinden mit besonderer Gemeindefunktion Fremdenverkehr:

Gemeinde Zentralität Kurortstatus Übernachtungen pro Jahr

Übernachtungen pro Gästebett

und Jahr*

Anteil der Betten in REHA-Kliniken

in % Bad Düben Grundzentrum X 101 868 216 56 Bad Lausick Grundzentrum X 175 960 196 46 Dahlen Grundzentrum - 141 428 183 58 Kohren-Sahlis ohne - 52 488** 243** 0 Naunhof Grundzentraler Verbund - 69 441 186 42

* Statistisches Landesamt, Gemeindestatistik 2006 ** Fremdenverkehrsverband Kohrener Land e. V. (04/2005)

Zu Ziel 2.4.5 Als Kriterium für die besondere Gemeindefunktion Medizinische Versorgung wird die Kategorie Fachkrankenhaus festgelegt, da diese in Ergänzung des funktional abgestuften Systems von Krankenhäusern der Regel-, Schwerpunkt- und Maximalversorgung in den Zentralen Orten regional bedeutsame Versorgungsfunktionen wahrnehmen. Vorsorge- und Rehabilitationskliniken zählen gemäß Statistik und Krankenhausplan nicht als Krankenhäuser, ihre Patienten zählen als Be-herbergungsgäste. Als Gemeinden mit der besonderen Gemeindefunktion Medizinische Versorgung werden die Gemeinden ausgewiesen, in denen sich ein Fachkrankenhaus mit über 100 Betten (Daten des Statistischen Landesamts Sachsen und Krankenhausplan) als überregional bedeut-same Einrichtung mit entsprechenden Arbeitsplätzen befindet. Bei dieser Größenordnung wird davon ausgegangen, dass eine damit verbundene infrastrukturelle Ausstattung zu sichern und zu entwickeln ist.

2.5 Raumkategorien Begriff Raumkategorien umfassen Räume, die eine weitgehend einheitliche Struktur aufweisen und deshalb hin-

sichtlich ihrer angestrebten Entwicklung einheitlich zu behandeln sind. Folgende Raumkategorien werden unterschieden: - Verdichtungsraum - Verdichteter Bereich im Ländlichen Raum - Ländlicher Raum

Die Raumkategorien ergänzen sich in ihren Funktionen. Bestehende strukturelle Unterschiede werden bei allen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen berücksichtigt. Verdichtungsräume sind großflächige Gebiete um die Oberzentren des „Sachsendreiecks“ mit einer hohen Konzentration von Bevölkerung, Wohn- und Arbeitsstätten, Trassen, Anlagen und Einrichtungen der tech-nischen und sozialen Infrastruktur sowie einer hohen inneren Verflechtung. Verdichtete Bereiche im Ländlichen Raum sind die Teile des Ländlichen Raums, die aufgrund ihrer histo-risch bedingten gewerblichen und industriellen Entwicklung bzw. der späteren extensiven Erweiterung der Industrie trotz fehlender großstädtischer Ballungskerne einen hohen Verdichtungsgrad aufweisen. Der Ländliche Raum umfasst die Teile Sachsens, die eine geringe Verdichtung aufweisen. Seine Wirt-schaftsstruktur ist durch industrielle und gewerbliche Einzelstandorte sowie einen gegenüber den anderen Räumen höheren Beschäftigtenanteil in der Land- und Forstwirtschaft geprägt.

Karte Die im Landesentwicklungsplan für die Planungsregion Westsachsen ausgewiesenen Raumkategorien sind in Anpassung an die aktuelle Gemeindegliederung in diesem Plan in der Karte 1 „Raumstruktur“ dargestellt.

Hinweis Durch Anpassung der Gebietskategorien an die aktuelle Gemeindegliederung ergeben sich nach den Kriterien des LEP für die Region folgende, mit der obersten Raumordnungs- und Landesplanungsbehörde abgestimmte, Veränderungen (Gebietsstand 01.07.2007):

Hartha-Gersdorf − Ausweisung im Landesentwicklungsplan:

Stadt Hartha als Verdichteter Bereich im Ländlichen Raum, Gemeinde Gersdorf als Ländlicher Raum − Darstellung im Regionalplan:

Stadt Hartha mit der ehemals selbstständigen Gemeinde Gersdorf als Verdichteter Bereich im Ländlichen Raum

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Regionalplan Westsachsen - Gesamtfortschreibung 2 Raumstrukturelle Entwicklung

Markranstädt-Großlehna − Ausweisung im Landesentwicklungsplan:

Stadt Markranstädt als Verdichtungsraum, Gemeinde Großlehna als Ländlicher Raum − Darstellung im Regionalplan:

Stadt Markranstädt mit der ehemals selbstständigen Gemeinde Großlehna als Verdichtungsraum

2.6 Regionale Achsen Begriff Regionale Achsen sind Verbindungs- und Entwicklungsachsen, die das Netz der im Landesentwicklungs-

plan ausgewiesenen Überregionalen Verbindungsachsen ausformen und ergänzen. Regionale Verbindungs- und Entwicklungsachsen dienen vorrangig der Konzentration der Siedlungstätigkeit und der Bündelung von Infrastruktureinrichtungen. Sie erfüllen im Verdichtungsraum vorrangig Ordnungsfunktionen und im Länd-lichen Raum vorrangig Erschließungsfunktionen.

Karte Die Regionalen Verbindungs- und Entwicklungsachsen sind in der Karte 1 „Raumstruktur“ ausgewiesen und in ihren Achsenfunktionen bestimmt.

Z 2.6.1 Regionale Verbindungs- und Entwicklungsachsen im Zuge der Überregionalen Verbindungsachsen sind mit folgenden Zentralen Orten im Achsenverlauf∗: • Leipzig-Schkeuditz-(Halle) • Leipzig-Delitzsch-(Bitterfeld-Berlin) • Leipzig-Taucha-Eilenburg-Torgau-(Herzberg-Cottbus) • Leipzig-Wurzen-Dahlen-Oschatz-(Riesa-Dresden) • Leipzig-Brandis/Naunhof-Grimma-Hartha/Leisnig/Waldheim-Döbeln-Roßwein-(Dresden) Geithain-(Chemnitz) • Leipzig-Markkleeberg-Böhlen/Zwenkau-Borna-Frohburg < (Altenburg-Zwickau) • Leipzig-Markranstädt-(Weißenfels-Erfurt) • (Chemnitz-Mittweida)-Hartha/Leisnig/Waldheim-Döbeln-(Riesa-Berlin)

Z 2.6.2 Regionale Verbindungs- und Entwicklungsachsen außerhalb der Überregionalen Verbindungs-achsen sind mit folgenden Zentralen Orten im Achsenverlauf*: • Markkleeberg-Böhlen/Zwenkau-Groitzsch/Pegau-(Zeitz-Gera) • Groitzsch/Pegau-Borna-Bad Lausick-Grimma • Eilenburg-Delitzsch-(Halle) • (Wittenberg)-Bad Düben-Eilenburg-Wurzen-Grimma-Colditz • Torgau-Dahlen-Oschatz-Döbeln • Grimma-Oschatz • (Wittenberg)-Dommitzsch-Torgau-Belgern-(Riesa) • Leipzig-(Merseburg) • (Altenburg)-Frohburg-Geithain-(Rochlitz)

Z 2.6.3 An den Regionalen Verbindungs- und Entwicklungsachsen sollen die weitere Siedlungsentwicklung konzentriert und Infrastruktureinrichtungen wie Verkehrswege und Versorgungsleitungen gebündelt werden.

∗ (...) – Zentraler Ort außerhalb der Region Westsachsen

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Regionalplan Westsachsen 2008 2 Raumstrukturelle Entwicklung

Begründung zu 2.6 Regionale Achsen

Zu Ziel 2.6.1 und Ziel 2.6.2 Gemäß §§ 3 und 4 SächsLPlG wird für die Ordnung und Entwicklung der Siedlungsstruktur sowie für den großräumigen Leistungs-austausch das punkt-axiale System der Zentralen Orte und Achsen als Leitvorstellung zugrunde gelegt. Nach LEP, Z 2.6.2 sind dazu in den Regionalplänen die überregionalen Verbindungsachsen auszuformen und durch Regionale Verbindungs- und Entwicklungsachsen zur Konzentration der Siedlungstätigkeit und Bündelung von Infrastruktureinrichtungen auf regionaler Ebene zu ergänzen.

Durch die Festlegung der Achsen sollen damit raumordnerische Aufgaben wie Konzentration der Siedlungsentwicklung, rationelle Raumerschließung und Versorgung der Bevölkerung, Bündelung der Infrastruktureinrichtungen sowie Schonung und Sicherung der Freiräume

erfüllt werden.

Zentrale Orte und Achsen bilden im Sinne dieses Systems einen Netzzusammenhang, der das Grundgerüst der räumlichen Verflechtung (Verbindung der Raumeinheiten) und der darauf basierenden angestrebten räumlichen Entwicklung (Ordnung der Siedlungsstruktur) regional und überregional darstellt.

Die Verknüpfung von Siedlungstätigkeit und Bandinfrastrukturen im Zuge der Achsen ermöglicht den Ausbau eines leistungsfähigen Verkehrssystems. Allerdings stellt nicht jede einzelne Leitungs- und Kommunikationsverflechtung schon einen Achsenansatz dar. Dieser ergibt sich erst aus deren Bündelung zu einer bandförmigen Struktur. Unter verkehrs- und regionalpolitischen Gesichtspunkten ist der Ausbau zahlreicher Straßenverbindungen auch außerhalb der Achsen erforderlich, insbesondere um Zentrale Orte untereinander oder mit Zentralen Orten höherer Stufen zu verbinden.

Im Verdichtungsraum haben die Achsen insbesondere eine Ordnungsaufgabe, da der Zuwachs von Wohn- und Arbeitsstätten besonders nachdrücklich auf die Achsen konzentriert werden muss, um die Freihaltung zusammenhängender Landschaften zu sichern. Die Achsen sollen hier auch einer ringförmigen Ausbreitung der bebauten Gebiete um das Oberzentrum Leipzig entgegenwirken und die Entwicklung in die Tiefe des Raums ermöglichen. In diesem Raum besteht ein hohes Verkehrsaufkommen zwischen Wohn- und Arbeitsplätzen. Die Achsen bedürfen deshalb zur Schonung der Ressourcen und der Bewältigung des Nahverkehrs, insbesondere zwischen dem Ober-zentrum Leipzig und den umliegenden Mittelzentren, leistungsfähiger, in der Regel schienengebundener öffentlicher Nahverkehrssysteme. Die hier festgelegten Achsen haben somit auch die Aufgabe, die Verkehrsströme zu bündeln, um so die Voraussetzung für eine häufige Bedienung im öffentlichen Personenverkehr zu schaffen. Im Ländlichen Raum tragen die Achsen zu dessen infrastruktureller Erschließung bei. Mit der Bündelung und dem Ausbau von Einrichtungen der Bandinfrastruktur schaffen die Achsen besondere Standortvorteile (Ent-wicklungsaufgabe).

Unter Beachtung der Überregionalen Achsen sollen im Regionalplan Regionale Entwicklungs- oder Verbindungsachsen ausgewiesen werden (LEP, Z 2.6.2). Die wesentlichen Ausweisungskriterien von regionalen Achsenkonzepten sind entsprechend LEP (Begründung zu 2.6): Verlauf entlang von Autobahnen, Bundesstraßen und Schienenverbindungen Anbindung der Mittelzentren an die sächsischen Oberzentren bzw. an Oberzentren benachbarter Bundesländer Anbindung geeigneter Grundzentren an die Ober- und Mittelzentren in der jeweiligen Planungsregion Verlauf schienengebundener Nahverkehrsachsen Verlauf von Bundes- und Staatsstraßen mit regionaler Verbindungsfunktion

Diese Ausweisungskriterien werden regionsspezifisch untersetzt durch Verbindung von Mittelzentren eines Kreises Verbindung zu Tourismusgebieten Fortführung von Achsen angrenzender Regionen Kooperation und interkommunale Zusammenarbeit von Mittelzentren

Die Achsen sind nicht schematisch anwendbar, sondern müssen in der Planungspraxis strukturgerecht ausgeformt werden. Bei einem unterschiedlichen räumlichen Verlauf der großräumigen Verkehrsverbindung (Schiene, Straße) kann daher eine Überregionale Achse durch mehrere Regionale Achsen ausgeformt werden. Dies betrifft insbesondere die großräumige Verbindung Leipzig-Dresden. Die Ausweisung der großräumigen Verbindung Leipzig-Chemnitz/Zwickau (Doppelkern des gleichnamigen Verdichtungsraums) orientiert sich insbesondere am Verlauf der Straßenverbindung über die A 72/B 7n (Ziel 2.6.1).

Neben der Ausformung der Überregionalen Achsen werden unter Beachtung der für die Region genannten Kriterien weitere Regionale Achsen netzergänzend ausgewiesen (Ziel 2.6.2). Dabei wird die Achse (Altenburg)-Frohburg-Geithain-(Rochlitz) in Z 2.6.3 trotz der weitestgehenden Überlagerung dieser Achse durch die Überregionalen Verbindungsachsen Leipzig-Zwickau bzw. Chemnitz ausdrücklich explizit benannt, um die regionsübergreifend bestehenden und weiterzuentwickelnden Verflechtungen zwischen Altenburg (Mittelzentrum mit Teilfunktionen eines Oberzentrums in der Planungsregion Ostthüringen), Frohburg und Geithain (Grundzentren in der Planungsregion Westsachsen) sowie Rochlitz und Mittweida (Grundzentrum bzw. Mittelzentrum in der Planungsregion Chemnitz-Erzgebirge) zu dokumen-tieren. Hierzu ist ungeachtet des sich veränderten Straßennetzes (A 72, B 7n) der funktionsgerechte Erhalt einer direkten Straßen-verbindung zwischen Geithain und Altenburg erforderlich.

Zu Ziel 2.6.3 Regionale Achsen dienen vorrangig der konzentrierten Nutzung für Infrastruktur, Wohnen, Gewerbe und öffentliche Versorgungs-einrichtungen. Dabei beinhaltet eine konzentrierte Nutzung der Regionalen Achsen für die Siedlungsentwicklung nicht, dass alle auf einer Regionalen Achse liegenden Siedlungen gleichermaßen für Siedlungsentwicklung geeignet sind. Bei rückläufiger Bevölkerungsentwick-lung ist es nicht geboten, diese auf eine große Zahl von Siedlungen zu orientieren. Deshalb ist es unumgänglich, die Zahl der Entwick-

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Regionalplan Westsachsen - Gesamtfortschreibung 2 Raumstrukturelle Entwicklung

lungsschwerpunkte auf den Regionalen Achsen auf die Versorgungs- und Siedlungskerne zu konzentrieren (siehe dazu Z 5.1.5 und Z 5.1.6 sowie Begriff unter 5.1).

Die weitgehende Bündelung der überregional und regional bedeutsamen Bandinfrastruktur entlang der Achsen minimiert Zerschneidungs-effekte und Eingriffe in bisher unberührte Landschaftsteile. Gleichzeitig sichert die Bündelung leistungsfähiger Verkehrsadern und Lei-tungsverbindungen die Funktionsfähigkeit der Achsen und verstärkt die von dort ausgehenden Entwicklungsimpulse. Sie führt zu einer Verbesserung der Standortvoraussetzungen der Siedlungen und erhöht die Wirtschaftlichkeit der Infrastruktureinrichtungen. Bei der Trassenplanung für Bandinfrastruktureinrichtungen ist daher dieser Bündelungseffekt zu berücksichtigen.

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Regionalplan Westsachsen 2008 3 Regionalentwicklung

3 Regionalentwicklung

3.1 Interkommunale Kooperation Karte Die Aktionsräume für „Maßnahmen der Regionalentwicklung“ und für die „Integrierte Ländliche Entwicklung“

(ILE) sowie der Kooperationsraum Leipzig sind in Karte 5 „Regionalentwicklung“ dargestellt.

Hinweis Die Abgrenzung des Kooperationsraums Leipzig basiert auf dem im LEP, Karte 1 „Raumstruktur“, ent-haltenen Vorschlag zu potenziellen oberzentralen Kooperationsräumen der Städte des „Sachsendreiecks“ mit dem jeweiligen unmittelbaren Umland und wurde regionalplanerisch ausgeformt.

Z 3.1.1 Interkommunale Kooperationen sollen vertieft und ausgebaut werden. Dabei sind ganzheitliche und räumlich übergreifende Strategien, Planungen und Projektentwicklungen sowie auf Kompetenzbün-delung ausgerichtete Formen der Zusammenarbeit zur Vermeidung von Parallelplanungen und -ent-wicklungen zu befördern.

Z 3.1.2 Die Aktionsräume für „Maßnahmen der Regionalentwicklung“ und für die „Integrierte Ländliche Ent-wicklung“ der Planungsregion Westsachsen sind bei der Umsetzung von Maßnahmen zur inter-kommunalen Kooperation zu unterstützen.

G 3.1.3 Bei räumlicher Überlagerung von Aktionsräumen für „Maßnahmen der Regionalentwicklung“ und für die „Integrierte Ländliche Entwicklung“ sind Aufgaben und Ziele der Aktionsräume aufeinander ab-zustimmen.

Z 3.1.4 Durch die Aktionsräume für „Maßnahmen der Regionalentwicklung“ und für die „Integrierte Länd-liche Entwicklung“ ist auf eine enge Verzahnung der formellen Planungen sowie der landesweit geltenden strategischen Programme und Strategien mit den informellen Planungen hinzuwirken.

Z 3.1.5 Regionale Entwicklungskonzepte und Integrierte Ländliche Entwicklungskonzepte sind darauf aus-zurichten, dass die Umsetzung raumplanerischer Vorgaben verbessert und die Steuerungswirksam-keit räumlicher Planung erhöht wird.

G 3.1.6 Das Regionalmanagement Westsachsen soll bei der Etablierung regionaler Wirtschaftskreisläufe sowie der Vertiefung regionaler Verflechtungsbeziehungen und Kooperationen unterstützt werden.

Z 3.1.7 Innerhalb des Kooperationsraums Leipzig ist auf die Entwicklung und Verstetigung kommunaler Kooperationsformen zur Stärkung der Stadt-Umland-Beziehungen und der Entstehung eines koope-rativen Gesamtstandorts hinzuwirken.

Begründung zu 3.1 Interkommunale Kooperation

Zu Ziel 3.1.1 Der gegenwärtige ökonomische, soziale und politische Strukturwandel mit seinen globalen Herausforderungen und die damit verbundenen wachsenden Anforderungen an die Gemeinden einerseits und knapper werdende öffentliche Finanzen andererseits machen es notwendig, über kommunale Verwaltungsgrenzen hinweg nach Lösungen zu suchen und diese gemeinsam umzusetzen. Die mit dem Begriff „inter-kommunale Kooperation“ bezeichneten Initiativen sind geprägt von einer freiwilligen, gleichberechtigten und innovativen Zusammenarbeit von Städten, Gemeinden oder Landkreisen (Kooperationsgemeinschaften). Interkommunale Kooperationen sind nicht mit der förmlichen Kooperation von Gemeinden in Verwaltungsgemeinschaften, Verwaltungsverbänden, Zweckverbänden im Sinne des Sächsischen Ge-setzes über kommunale Zusammenarbeit (SächsKomZG) gleichzusetzen. Vielmehr bleibt es den regionalen Akteuren überlassen, welche informellen und formellen Organisationsformen sie ihrer Zusammenarbeit zugrunde legen (LEP, Begründung zu Grundsatz 3.1.1).

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Regionalplan Westsachsen 2008 3 Regionalentwicklung

Der Regionale Planungsverband Westsachsen leistet zur Verwirklichung der Raumordnungspläne nach § 19 SächsLPlG und zur Unter-stützung der regionalen Akteure bei der Umsetzung von Entwicklungsvorhaben und -maßnahmen nach LEP, Z 3.1 dabei seinen Beitrag.

Zu Ziel 3.1.2 und Grundsatz 3.1.3 Derzeit gibt es in Sachsen mit den Aktionsräumen für „Maßnahmen der Regionalentwicklung“ und für die „Integrierte Ländliche Entwick-lung“ unterschiedliche informelle Planungsinstrumente, die einen Beitrag zur Stärkung der regionalen Ebene leisten und daher zu unter-stützen sind. Beide Instrumente folgen in ihrer Anwendung einem ganzheitlichen Entwicklungsansatz. Sie sind daher verstärkt fachüber-greifend auszugestalten. Unter Einbeziehung der Wirtschaft und anderer regionaler Akteure sind Synergieeffekte und Einsparpotenziale beim Einsatz öffentlicher Mittel zu erschließen und das regionale Image und die Außendarstellung des Kooperationsraums bzw. der Region zu verbessern. Auf der Grundlage gemeinsamer Willensbildung werden durch die interkommunalen Kooperationen im Konsens der Beteiligten nicht nur Zukunftsideen und Leitbilder entwickelt, sondern über die Mobilisierung der endogenen Potenziale detaillierte ab-gestimmte Lösungsansätze erarbeitet und konkrete Maßnahmen und Projekte gemeinsam in Angriff genommen und verwirklicht.

Aktionsräume der Regionalentwicklung sind Räume, die entweder über ein Regionales Entwicklungskonzept (REK) oder über eine vergleichbare Grundlage bzw. einen vergleichbaren Stand der interkommunalen Abstimmung verfügen. REK sind kommunale Grenzen überschreitende, rechtlich nicht verbindliche Konzepte zur abgestimmten, kooperativen Entwicklung einer Region. Sie haben die Aufgabe, aus der Region heraus gemeinsame Entwicklungsperspektiven aufzuzeigen und alle wesentlichen Entwicklungsvorhaben einer Region zu koordinieren. Ein REK ist stark umsetzungsbezogen, da räumliche Entwicklungsvorstellungen in konkrete Handlungserfordernisse und Maßnahmevorschläge umgewandelt werden können, fachübergreifend (Integration verschiedener Fachbereiche) und stellt die Kooperation der Gemeinden oder Landkreise in den Vordergrund. REK sind stärker auf den Verdichtungsraum, auf Stadt-Umland-Beziehungen sowie auf Städtenetze ausgerichtet.

Die Integrierte Ländliche Entwicklung (ILE) ist ein sektorübergreifender Ansatz für Regionen zur Entwicklung einer gemeinsamen Strategie zur Stärkung ihrer Identität. Grundlage ist eine regionale Partnerschaft zwischen Bürgern, Kommunen, der Wirtschaft und allen relevanten Akteuren im Interesse der Region. Hauptziele sind die wirtschaftliche Entwicklung und angepasste, nachhaltige Lösungen für die Siche-rung gleichwertiger Lebensverhältnisse im ländlichen Raum. Das Instrument für die ILE ist das Integrierte Ländliche Entwicklungskonzept (ILEK), das die vielfach vorhandenen Strategien und Initiativen bündelt und aktualisiert, ausgehend von einer demografischen Analyse ein daran ausgerichtetes, umsetzungsorientiertes Handlungsprogramm für alle relevanten Themenfelder entwickelt, das mit Unterstützung durch Regional- bzw. Projektmanagements umgesetzt wird.

Mit den Aktionsräumen für „Maßnahmen der Regionalentwicklung“ und für die „Integrierte Ländliche Entwicklung“ ist ein flächendeckender Ansatz für eine informelle regionale Entwicklung gegeben. Ziel ist es daher auch, diese informellen Planungsinstrumente zu harmoni-sieren. Sofern Überschneidungen von Aktionsräumen erfolgen, ist eine Abstimmung der Aufgaben und Ziele der einzelnen Aktionsräume untereinander erforderlich, um die begrenzten Ressourcen im Sinne einer optimalen Entwicklung für die betroffenen Aktionsräume ein-setzen zu können (Grundsatz 3.1.3).

Zu Ziel 3.1.4 und Ziel 3.1.5 REK und ILEK sind umsetzungsorientiert angelegt. Trotz der fehlenden Verbindlichkeit genießen REK und ILEK ein hohes Maß an politischer Wirkung, da die Förderpolitik und damit auch die Mittelvergabe zunehmend an diese Konzepte geknüpft werden. Damit besteht die Möglichkeit für die beteiligten Akteure, durch interkommunale Zusammenarbeit die Umsetzung der Ziele des Landesentwicklungsplans und des Regionalplans Westsachsen, der Leitbilder und Handlungsstrategien für die Raumentwicklung in Deutschland sowie landesweit geltende strategische Programme und Strategien zu unterstützen.

Zu Grundsatz 3.1.6 Das Regionalmanagement Westsachsen hat sich auf der Grundlage eines gemeinsamen Kooperationsvertrags vom Dezember 2004 zwischen den Landkreisen Döbeln, Leipziger Land, Muldentalkreis und Torgau-Oschatz als ein kreisübergreifendes Instrument koope-rativer Wirtschaftsförderung etabliert. Es dient als strategisches Instrument der Wirtschaftsförderung und Regionalentwicklung für den genannten Raum und zielt darauf ab, über die Bündelung von wirtschaftlichen Kernkompetenzen und die Initiierung von Kooperationen die Chancen für die Vertiefung der regionalen Wertschöpfung, die Schließung von Wirtschaftskreisläufen sowie Bildung von Wertschöpfungs-ketten zu erhöhen. Die Beförderung von Netzwerkstrukturen und Clusteransätzen steht im Vordergrund. Das Regionalmanagement West-sachsen leistet einen wichtigen Beitrag zur gezielten Schärfung und Wahrnehmung des Profils der Wirtschaftsregion Westsachsen. Im Gebiet des Regionalmanagements Westsachsen werden Kernkompetenzen der regionalen Wirtschaft effektiv gebündelt und in enger Ab-stimmung mit weiteren regionalen Strukturen projektbezogen profiliert und vermarktet. Die Koordinierung, Initiierung und Moderation dieser regionalen Kooperation als prägende Arbeitsweise des Regionalmanagements Westsachsen trägt dazu bei, unter Wahrung der Eigen-ständigkeit bestehender teilräumlicher Verantwortlichkeiten, Synergien für die regionale Gesamtentwicklung zu erzielen. Die Region wird über strategische Kooperationen und abgestimmte Bündelung von Potenzialen und Vorhaben zu einem starken Partner der Oberzentren Leipzig, Dresden und Chemnitz sowie im mitteldeutschen Wirtschaftsraum entwickelt.

Das Regionalmanagement Westsachsen ist derzeit insbesondere in den Projektkorridoren Wertschöpfungskette „Gesunde Ernährung“ Unternehmensnahe Dienstleistungen/Informations- und Kommunikationsanwendungen (IuK-Anwendungen) Technologieentwicklung in kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) Tourismuswirtschaft/Gesundheitswirtschaft

aktiv.

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Regionalplan Westsachsen 2008 3 Regionalentwicklung

Zu Ziel 3.1.7 Nach LEP, Begründung zu 2.2, sollen innerhalb des Kooperationsraums Leipzig kommunale Kooperationen auf freiwilliger Basis dazu beitragen, dass u. a. Prozesse der Suburbanisierung gesteuert, oberzentrale Entwicklungsfunktionen gesichert, gemeindeübergreifende Verkehrsprojekte geplant, integrierte Stadtentwicklungskonzepte abgestimmt, die Gestaltung des Nahverkehrs und die Auslastung be-stehender öffentlicher Einrichtungen optimiert sowie ein Siedlungsflächenmanagement gemeinsam entwickelt werden. Dazu ist der Kooperationsraum Leipzig aufgrund bestehender Verflechtungen zwischen Leipzig und seinem näheren Umland abgegrenzt. Die Abgren-zung basiert auf dem im LEP, Karte 1 „Raumstruktur“, enthaltenen Vorschlag zu potenziellen oberzentralen Kooperationsräumen der Städte des „Sachsendreiecks“ mit dem jeweiligen unmittelbaren Umland und wurde im Regionalplan um die Stadt Böhlen erweitert.

Der Kooperationsraum Leipzig wird vor dem Hintergrund der zunehmenden räumlichen Verflechtungs- und Vernetzungsprozesse, des wachsenden Abstimmungsbedarfs bei regionalen Initiativen und Handlungsaktivitäten sowie knapper werdender öffentlicher Finanzen als langfristig-strategisches Instrument für die Stadt-Umland Entwicklung für erforderlich gehalten und daher im Regionalplan entsprechend verankert.

Die Ausweisung des Kooperationsraums fordert zur Zusammenarbeit zwischen Leipzig und dem Umland auf. Um diesen Kooperations-prozess effizient und effektiv zu gestalten, empfiehlt das ‚Gutachten zur zentralörtlichen Ausweisung im Großraum Leipzig’ (Gutachter: Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung, Dresden, Oktober 2007) den kommunalen Akteuren, die Stadtregion Leipzig als einen kooperativ zu entwickelnden gemeinsamen Wirtschafts- und Lebensraum zu betrachten. Um eine Stadt-Umland-Konfrontation zu ver-meiden, sollte von Anfang an das Prinzip der partnerschaftlichen Zusammenarbeit in multizentrischen Strukturen angewandt werden. Dazu bedarf es neuer Formen der strategischen Zusammenarbeit und des Interessensausgleichs in der Stadtregion Leipzig.

3.2 Länder- und regionsübergreifende Zusammenarbeit G 3.2.1 Die länderübergreifende Zusammenarbeit in Mitteldeutschland, insbesondere im Raum Leipzig-Halle

-Dessau-Roßlau unter Einbeziehung von Ostthüringen, ist weiterzuentwickeln.

G 3.2.2 Zur Verwirklichung einer länderübergreifenden abgestimmten Regionalentwicklung ist der Aktions-raum Dübener Heide mit dem Städtebund Dübener Heide weiterzuentwickeln.

G 3.2.3 Der Bereich zwischen den Oberzentren Leipzig und Halle mit dem Kernraum Schkeuditzer Kreuz ist als interkommunaler Kooperationsraum „Schkeuditzer Kreuz“ aufzubauen und zu verstetigen.

Z 3.2.4 Die regionsübergreifenden Aktionsräume für „Maßnahmen der Regionalentwicklung“ und für die „Integrierte Ländliche Entwicklung“ sind bei der Abstimmung und Umsetzung ihrer Projekte zu unterstützen.

Begründung zu 3.2 Länder- und regionsübergreifende Zusammenarbeit

Zu Grundsatz 3.2.1 Die länderübergreifende Zusammenarbeit in Mitteldeutschland unter Einbeziehung von Ostthüringen erfolgt seit 1991 auf verschiedenen Ebenen. Während des zweiten offiziellen Erfahrungsaustauschs zur Regionalentwicklung im Juni 2005 in Bad Düben wurde das Bekennt-nis zu einer breiten Abstimmung und zum umfassenden Erfahrungsaustausch zwischen den Ländern und Regionen im mitteldeutschen Raum auf Basis der von den drei Ministerpräsidenten im Jahr 2002 ins Leben gerufenen „Initiative Mitteldeutschland“ abgegeben. Gemein-sames Ziel der Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen ist es, die Entwicklung Mitteldeutschlands zu einer wettbewerbsstarken, sozial und ökologisch fortschrittlichen Region in der Mitte Europas voranzutreiben. Aus diesem Grund haben die Länder eine Agenda vereinbart. In ihr ist festgelegt, auf welchen Gebieten es künftig eine noch engere Zusammenarbeit geben sollte. Auf Grundlage dieser Initiative soll daher die Zusammenarbeit intensiviert und regelmäßige Gelegenheiten zur Diskussion und zum Gedankenaustausch ange-boten werden, um gemeinsam die Herausforderungen des demografischen Wandels, der Globalisierung und der anhaltenden Unter-beschäftigung anzunehmen sowie Chancen für die weitere Entwicklung auszuloten. Grundlagen für die länderübergreifende Zusammen-arbeit bilden auch die Staatsverträge zwischen dem Freistaat Sachsen und dem Land Sachsen-Anhalt über die Zusammenarbeit bei der Raumordnung und Landesplanung im Raum Halle-Leipzig (1994) sowie zwischen dem Freistaat Sachsen und dem Freistaat Thüringen über die Zusammenarbeit in Fragen der Raumordnung und Landesplanung (1998).

Zudem wurde mit dem Beschluss der MKRO vom 28.04.2005 zu den Leitgedanken der Fortschreibung der raumordnungspolitischen Leitbilder und Handlungsstrategien die Metropolregion Halle/Leipzig-Sachsendreieck erneut bestätigt. Zugleich wurde ihr für die Entwick-lung des Wirtschaftsraums „Mitteldeutschland“ auch unter Einbeziehung der Thüringer Städtereihe in die Entwicklung der Metropolregion eine besondere Chance zur Positionierung im europäischen Wettbewerb zugesprochen (siehe auch Begründung zu Grundsatz 2.2.1).

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Regionalplan Westsachsen 2008 3 Regionalentwicklung

Zu Grundsatz 3.2.2 Das Regionale Entwicklungskonzept (REK) Dübener Heide wurde im Auftrag der Landkreise Delitzsch, Torgau-Oschatz, Wittenberg und Bitterfeld auf der Grundlage einer Regionalvereinbarung der genannten Landkreise vom 29.02.2000 im Zeitraum 2000/2001 erarbeitet. Im Rahmen des REK Dübener Heide soll mit dem Leitbild „Brückenschlag über die Heide“ eine Region länderübergreifend entwickelt werden, in der alle Funktionen einer nachhaltig gestalteten Kulturlandschaft erfüllt werden. Dabei kommt den Städten Bad Düben und Dommitzsch im Rahmen der interkommunalen Zusammenarbeit im Städtebund „Dübener Heide“ mit den benachbarten Städten Bad Schmiedeberg, Gräfenhainichen, Kemberg, Prettin und Pretzsch aus Sachsen-Anhalt eine bedeutende Rolle zu.

Die erfolgreiche länderübergreifende Zusammenarbeit in der Dübener Heide kann als Vorbild für andere Regionen gelten. Unabhängig von Ländergrenzen wird das Potenzial des Naturparks der Dübener Heide gemeinsam entwickelt und vermarktet. Dies entspricht auch § 27 Abs. 1 Nr. 6 BNatSchG, wonach Naturparke einheitlich zu entwickelnde und zu pflegende Gebiete sind, die besonders dazu geeignet sind, eine nachhaltige Regionalentwicklung zu fördern. Viele Projektideen, die aus der Bürgerschaft „von unten“ vorgeschlagen wurden, sind zu Projekten ausgearbeitet und umgesetzt worden. Die Möglichkeiten eines professionellen Regionalmanagements werden konsequent genutzt und sollen fortgeführt werden.

Zu Grundsatz 3.2.3 Seit dem Jahr 1990 befindet sich der ca. 25 km lange und ca. 15 km breite Korridor zwischen Leipzig und Halle in einem dynamischen Wachstums- und Umgestaltungsprozess, insbesondere ausgelöst durch die positive Entwicklung des Verkehrsflughafens Leipzig/Halle und damit im Zusammenhang (bevor)stehender landes- und bundesweit bedeutsamer Ansiedlungen. Als Verbindungsraum zwischen den Oberzentren Leipzig und Halle, suburbane Wachstumszone von verkehrsorientiertem Gewerbe und des Dienstleistungswesens, Durchgangs- und Verknüpfungsraum des nationalen und europäischen Fernverkehrs, Naturraum mit einer ausgedehnten, noch weitgehend intakten Flussauenlandschaft und in Teilen als Braunkohlenbergbaufolgelandschaft mit einem mittelfristig erheblichen Freizeit- und Erholungspotenzial sowie als Raum mit einer besonderen wirtschaftsgeografischen Lagegunst

kommt diesem Korridor mit seinen spezifischen Kompetenzen (wie Logistik) eine entscheidende Bedeutung für die Gesamtentwicklung des länderübergreifenden mitteldeutschen Wirtschaftsraums zu.

Aus diesem Funktionsmuster und den anhaltenden Wachstumsvorgängen sowie aufgrund der Tatsache, dass dieser Entwicklungsraum durch die Landesgrenze zwischen Sachsen und Sachsen-Anhalt nahezu mittig geteilt wird, ergeben sich einerseits besondere Standort-bedingungen und anderseits auch ausgeprägte Nutzungskonkurrenzen, die einen besonders hohen regionalen Koordinations- und Koope-rationsbedarf bedingen. Dazu haben die Städte Markranstädt und Schkeuditz sowie der Verwaltungsverband Wiedemar aus der Planungs-region Westsachsen mit den Städten und Gemeinden Landsberg und Schkopau sowie Kabelsketal und den Gemeinden der ehemaligen Verwaltungsgemeinschaft Kötzschau aus Sachsen-Anhalt (Planungsregion Halle) eine länderübergreifende Kooperation im „Aktionsraum Schkeuditzer Kreuz“’ vereinbart. Für den räumlichen Wirkungsbereich „Aktionsraum Schkeuditzer Kreuz“ liegt seit 2007 ein Regionales Handlungs- und Entwicklungskonzept’ vor. Auf dieser Grundlage ist die interkommunale Kooperation zu verstetigen. Dabei ist der länder-übergreifende interkommunale Kooperationsraum auf den Kernaspekt Logistik zu konzentrieren.

Zu Ziel 3.2.4 Unabhängig von der regionsübergreifenden Ausrichtung der Aktionsräume gelten hierfür die zu Ziel 3.1.2 ausgeführten Begründungen.

3.3 Räume mit besonderem landes- und regionalplanerischem Handlungsbedarf Begriff Räume mit besonderem landesplanerischem Handlungsbedarf sind gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 3 SächsLPlG

Räume, in denen aufgrund ihrer Lage im Raum, ihrer großflächigen bergbaubedingten Inanspruchnahme oder besonderer Umweltbelastungen die Lebensbedingungen oder die Entwicklungsvoraussetzungen in ihrer Gesamtheit im Verhältnis zum Landesdurchschnitt zurückgeblieben sind oder in denen ein solches Zu-rückbleiben zu befürchten ist. Dazu gehören insbesondere die Bergbaufolgelandschaften des Braunkohlen-bergbaus. Räume mit besonderem regionalplanerischem Handlungsbedarf ergänzen aufgrund ihrer lagebedingten Erreichbarkeitsdefizite des großräumig bedeutsamen Verkehrswegenetzes die Räume mit besonderem landesplanerischem Handlungsbedarf. Entwicklungsschwerpunkte Bergbaufolgelandschaft sind die Städte und Gemeinden, die innerhalb des Raums mit besonderem landesplanerischem Handlungsbedarf „Bergbaufolgelandschaften Braunkohlen-bergbau“ liegen und einen erheblichen Sanierungs- oder Wiedernutzbarmachungsbedarf aufweisen.

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Regionalplan Westsachsen 2008 3 Regionalentwicklung

Karte Die Räume mit besonderem landesplanerischem Handlungsbedarf und die Räume mit besonderem regionalplanerischem Handlungsbedarf sind in Karte 6 „Räume mit besonderem landes- und regional-planerischem Handlungsbedarf“ ausgewiesen. Die Entwicklungsschwerpunkte Bergbaufolgelandschaft sind in der Karte 6 „Räume mit besonderem landes- und regionalplanerischem Handlungsbedarf“ ausgewiesen.

Hinweis Die Gebiete der Bergbaufolgelandschaften sind in den nachfolgenden Braunkohlenplänen sachlich und räumlich konkretisiert: Braunkohlenplan Tagebau Borna-Ost/Bockwitz (als Sanierungsrahmenplan) Braunkohlenplan Tagebau Delitzsch-Südwest/Breitenfeld (als Sanierungsrahmenplan) Braunkohlenplan Tagebau Espenhain (als Sanierungsrahmenplan) Braunkohlenplan Tagebaubereich Goitsche-Holzweißig-Rösa (als Sanierungsrahmenplan) Braunkohlenplan Tagebau Haselbach (als Sanierungsrahmenplan) Braunkohlenplan Tagebau Profen Braunkohlenplan Tagebau Vereinigtes Schleenhain Braunkohlenplan Tagebau Witznitz (als Sanierungsrahmenplan) Braunkohlenplan Tagebau Zwenkau/Cospuden (als Sanierungsrahmenplan)

Weitere Hinweise zu den Plänen sind im Anhang 1 aufgeführt. Die in Abschnitt 3.3 erfolgten Rahmensetzungen werden durch Festsetzungen insbesondere in den Ab-schnitten 4.1 (Landschaftsentwicklung und -sanierung), 4.3 (Grundwasser, Fließgewässer), 6.1 (Gewerb-liche Wirtschaft), 8.3 (Thematische Tourismusangebote), 9.2 (Forstwirtschaft) und 10.4 (Straßenverkehr) räumlich und sachlich konkretisiert.

Z 3.3.1 Im Braunkohlenplangebiet Westsachsen ist die Wiedernutzbarmachung und Sanierung der still-gelegten Tagebaubereiche bis zum Jahr 2015 im Wesentlichen abzuschließen. Bei der Sanierung sind regionale Ausgewogenheiten zwischen den Teilrevieren nördlich und südlich von Leipzig zu gewährleisten und die Ausprägung neuer kulturlandschaftlicher Identitäten zu unterstützen. Die zu sanierenden Tagebaubereiche sind nachhaltig zu gestalterisch akzeptanzfähigen und vielfältig nutz-baren Bergbaufolgelandschaften zu entwickeln.

Z 3.3.2 Die Wiedernutzbarmachung im Zuge des aktiven Bergbaus sowie Wiedernutzbarmachung und Sanierung stillgelegter Bereiche der Braunkohlenindustrie ist auf den Abbau bergbaubedingter Ge-fährdungspotenziale zur dauerhaften Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit, auf die Herstellung weitestgehend nachsorgefreier Verhältnisse sowie auf ein Flächenrecycling bebauter Bereiche für gewerbliche Folgenutzungsmöglichkeiten auszurichten.

G 3.3.3 Im Zuge der Wiedernutzbarmachung durch den aktiven Bergbau sowie von Wiedernutzbarmachung und Sanierung im Bereich stillgelegter Tagebaue und Veredlungsstandorte sind • wasserwirtschaftliche Sanierungsmaßnahmen auf die Wiederherstellung eines ausgeglichenen,

sich weitestgehend selbst regulierenden Gebietswasserhaushalts auszurichten, • Beiträge zu einer nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung durch die Schaffung von Ansiedlungs-

impulsen für Gewerbe sowie durch zielgerichtete Erschließungen zu leisten, • Sport-, Freizeit- und Tourismusmöglichkeiten mit Schwerpunktsetzung auf wassergebundene

Angebote auszubauen sowie Wohnumfelder gezielt zu verbessern, • regional bedeutsame Beiträge zur Waldmehrung sowie ein wirksamer Landschafts-, Natur- und

Artenschutz maßgeblich durch die Entwicklung von Sukzessionsarealen zu sichern sowie • Anbindungsdefizite durch die Schaffung anforderungsgerechter Straßen- und Wegeverbin-

dungen abzubauen.

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Regionalplan Westsachsen 2008 3 Regionalentwicklung

Z 3.3.4 Die Tagebaurestseen sind auf der Grundlage differenzierter Nutzungsprofile unter Ausprägung von Alleinstellungsmerkmalen zu entwickeln und in eine nach Sachsen-Anhalt und Thüringen über-greifende „Mitteldeutsche Seenlandschaft“ als Grundlage für eine Vermarktungsplattform einzu-binden. Raumverträgliche und selbsttragende privatwirtschaftliche Entwicklungs- und Betreiber-aktivitäten sind durch Kommunen und Verwaltung zu befördern.

Z 3.3.5 Die Städte und Gemeinden Böhlen, Borna, Delitzsch, Deutzen, Espenhain, Groitzsch, Großpösna, Kitzen, Kitzscher, Leipzig, Löbnitz, Markkleeberg, Neukieritzsch, Pegau, Rackwitz, Regis-Breitingen, Rötha, Schkeuditz, Zwenkau und Zwochau als „Entwicklungsschwerpunkte Bergbaufolgeland-schaft“ im Raum mit besonderem landesplanerischem Handlungsbedarf „Bergbaufolgelandschaften Braunkohlenbergbau“ sind im Zuge von Maßnahmen zur Beseitigung struktureller Nachteile, zur nachträglichen Wiedernutzbarmachung und zur Förderung der regionalen Entwicklung besonders zu unterstützen.

G 3.3.6 Im Raum mit besonderem regionalplanerischem Handlungsbedarf Torgau sind lagebedingte Nach-teile insbesondere durch die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur abzubauen.

Begründung zu 3.3 Räume mit besonderem landes- und regionalplanerischem Handlungsbedarf

Zu Ziel 3.3.1 Der Sanierungshorizont für die stillgelegten Tagebaubereiche im Braunkohlenplangebiet Westsachsen bis 2015 stützt sich auf die nach derzeitigem Erkenntnisstand bis dahin weitestgehend abgeschlossene Flutung der Abbauhohlformen zu Tagebauseen. Dies liegt im Inter-esse einer zielgerichteten Regionalentwicklung mit der Überwindung von vor 1945 (Altbergbau ohne Rechtsnachfolger) bis 1990 entstan-denen Rekultivierungsdefiziten und der Erschließung neuer Nutzungspotenziale nördlich und südlich des Oberzentrums Leipzig. Anderer-seits ist dies nicht gleichbedeutend mit einem Ende der Sanierungsaktivitäten, da auch nach 2015 voraussichtlich noch über mehrere Jahrzehnte Handlungsbedarf mit Monitoring- und Nachsorgeleistungen (z. B. Grundwasseranstieg, Altlasten, Versauerung) zur Stabili-sierung von Wasserständen und -güte absehbar ist.

Der Verweis auf regionale Ausgewogenheiten zwischen den Teilrevieren trägt dem Umstand Rechnung, dass unter Zugrundelegung von Flächeninanspruchnahme, Förderleistungen, Veredlungsstandorten und entstehenden Seeflächen ca. 80 % des Sanierungsbedarfs auf den Südraum Leipzig und ca. 20 % auf den Nordraum Leipzig entfallen. Dies ist insbesondere bei der regionalplanerischen Bewertung von Maßnahmen zur Erhöhung des Folgenutzungsstandards (so genannte „§ 4-Maßnahmen“) nach dem Verwaltungsabkommen über die Re-gelung der Finanzierung der ökologischen Altlasten über die Finanzierung der Braunkohlesanierung (VA Braunkohlesanierung) von Be-lang.

Die Ausprägung neuer kulturlandschaftlicher Identitäten soll durch die Verwirklichung gestalterisch anspruchsvoller Sanierungslösungen im Rahmen des vorhandenen Budgets genauso wie durch den Erhalt von Bergbausachzeugen in den durch die Braunkohlentagebaue ausgeräumten Landschaften befördert werden. Letztlich wird insbesondere dadurch wirksam zur Akzeptanzfähigkeit der Ergebnisse der Braunkohlensanierung beigetragen. Die Etablierung vielfältig nutzbarer Bergbaufolgelandschaften liegt im Interesse der Gestaltung der Landnutzung in vergleichsweise dicht besiedelten Räumen, denen in der Vergangenheit bedingt durch den Braunkohlenbergbau er-hebliche Flächen für die Regionalentwicklung entzogen wurden. Damit wandelt sich der frühere Entwicklungsnachteil in einen Standort-vorteil dahingehend, an der Peripherie der Stadt Leipzig im Unterschied zu den meisten Städten vergleichbarer Größe in Deutschland noch über ausgedehnte Freiflächen mit differenzierten Entwicklungspotenzialen verfügen zu können.

Zu Ziel 3.3.2 Der Abbau bergbaubedingter Gefährdungspotenziale zur dauerhaften Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit bildet eine Grund-voraussetzung für die Schaffung von Bergbaufolgelandschaften mit hohen Nutzungsstandards und ohne das Fortwirken bestehender berg-baubedingter Nutzungsrestriktionen. Die Wiedernutzbarmachung im Zuge des aktiven Bergbaus erfolgt nach BBergG nach dem Ver-ursacherprinzip über zweckgebundene finanzielle Rückstellungen. Die Bewältigung der Rekultivierungsdefizite als bis 1990 entstandene „Erblasten“ durch den Sanierungsbergbau erfolgt auf der Grundlage des VA-Braunkohlesanierung aus Bundes- und Landesmitteln. Die Gewährleistung weitestgehend nachsorgefreier Verhältnisse liegt im Interesse der öffentlichen Hand insbesondere auf der kommunalen Ebene, da finanzielle Mittel von Bund und Ländern nach VA Braunkohlesanierung nur zeitbegrenzt zur Verfügung stehen werden und mit Betriebskosten auf Dauer verbundene Sanierungslösungen ohne Unterstützung in der Regel nicht zu bewältigen sind. Für eine bedarfsorientierte Flächenrevitalisierung bebauter Bereiche zugunsten gewerblicher Folgenutzungsmöglichkeiten bestehen im Bereich ehemaliger Tages- und Betriebsanlagen, Brikettfabriken, Schwelereien und Kraftwerke umfassende und zum Teil bereits genutzte Möglichkeiten, die zudem im Interesse des allgemeinen Flächensparens in der Planungsregion Westsachsen liegen.

Zu Grundsatz 3.3.3 Mit dem Grundsatz wird ein Rahmen für die Wiedernutzbarmachung im Zuge des aktiven Bergbaus sowie der Wiedernutzbarmachung und Sanierung stillgelegter Tagebaubereiche gesetzt, der über die fachlichen Ziele und Grundsätze der Regionalplanung wie folgt ausgestaltet und dort im Einzelnen begründet wird:

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Regionalplan Westsachsen 2008 3 Regionalentwicklung

Gebietswasserhaushalt (einschließlich Hochwasserschutz) Kapitel 4 Wirtschaftsentwicklung Kapitel 2, 5 und 6 Sport-, Freizeit- und Tourismusmöglichkeiten Kapitel 8 Waldmehrung, Natur und Landschaft Kapitel 4 und 9 Anbindungsdefizite Kapitel 10

Räumlich konkrete Detailausformungen erfolgen in den Braunkohlenplänen gemäß Anhang 1.

Zu Ziel 3.3.4 Innerhalb des „Mitteldeutschen Braunkohlenreviers“ entsteht derzeit aus Tagebaurestlöchern eine neue Seenlandschaft, die im End-zustand eine Gesamtfläche von ca. 175 km² aufweisen und acht der künftig 75 größten Seen Deutschlands einschließen wird. Die neuen Seen konzentrieren sich in insgesamt neun teilweise räumlich deutlich voneinander getrennten Teilregionen mit jeweils eigenen Entwick-lungsstrategien und Marketingaktivitäten, was eindeutig zulasten der überregionalen Wahrnehmung, insbesondere im Bereich des Tourismus, im Vergleich mit konkurrierenden Seenlandschaften in Deutschland und Mitteleuropa geht. Dieses Defizit wurde länder-übergreifend durch die Akteure in Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Vereinen erkannt und 2005/2006 im Rahmen eines Workshop-prozesses unter der Trägerschaft des Regionalforums Mitteldeutschland gezielt aufgegriffen. Dabei bestand die Zielstellung darin, auf der Grundlage einer Bestandsaufnahme zur Tourismusentwicklung länderübergreifend abgestimmte Entwicklungen zur Infrastrukturent-wicklung, zur Bewirtschaftung der Tagebauseen sowie zu touristischen Marketingaktivitäten für den Gesamtraum zu befördern. Darüber hinaus war es ein Hauptanliegen, seebezogene Alleinstellungsmerkmale auszuprägen und Fehlentwicklungen durch nicht bedarfsent-sprechende oder wirtschaftlich nicht tragfähige Vorhaben entgegenzuwirken. Der Prozess findet seine Fortsetzung im unter der Träger-schaft des Tourismusverbands Sächsisches Burgen- und Heideland laufenden Projekt zur „Wasserregion Mitteldeutschland“, in dessen Rahmen die Zielstellung besteht, bis 2008/2009 eine gemeinsame Austausch- und Marketingstruktur auch zur Ressourcenbündelung zu etablieren. Im Ergebnis der fachlichen und politischen Meinungsbildung wird der Raum zwischen Bitterfeld (Goitzsche), Delitzsch („Nord-raum Leipzig“), Leipzig und Borna („Südraum Leipzig“) fortan unter der Marketingbezeichnung „Leipziger Neuseenland zusammengefasst. Das Geiseltal ist an die Aktivitäten informell angebunden; die Gebietskulisse ist für eine Einbeziehung weiterer Akteure im Land Sachsen-Anhalt offen. Die Unterstützung raumverträglicher und selbsttragender privatwirtschaftlicher Entwicklungs- und Betreiberaktivitäten, ggf. auch als „Public-private-partnership“, bildet eine Grundvoraussetzung dafür, ausgehend von den klassischen Aufgaben- bzw. Kompetenz-feldern von Kommunen und privaten Voraussetzungen für zügige und bedarfsgerechte Seeentwicklungen und –bewirtschaftungen zu schaffen.

Zu Ziel 3.3.5 Die im Plansatz genannten Städte und Gemeinden mit ihrer Lage innerhalb des Braunkohlenplangebiets Westsachen gemäß Anlage 1 zu § 4 Abs. 5 SächsLPlG wurden bzw. werden durch folgende Entwicklungen geprägt: langfristige aktive Braunkohlengewinnung in ertüchtigten Tagebauen seit 1990 ausgelaufene Braunkohlengewinnung in Tagebauen mit Stilllegung im Zeitraum zwischen 1990 und 2000 Braunkohlenveredlung und -verstromung in zwischen 1990 und 2000 stillgelegten Altanlagen des Industriezweigs (ohne Heizkraft-

werke u. Ä.)

Die Kommunen hatten im Zuge der genannten Entwicklungen Entwicklungsnachteile maßgeblich in Form von Flächeninanspruchnahmen, massiven Umweltbelastungen und Eingriffen in die technische Infrastruktur (Schwerpunkt Verkehrsanbindung) hinzunehmen.

Im Zuge der Wiedernutzbarmachung des aktiven Braunkohlenbergbaus (Tagebaubereiche Vereinigtes Schleenhain und Profen) sowie des Sanierungsbergbaus im Bereich stillgelegter Förderstätten, Veredlungs- und Nebenanlagen verfügen die Kommunen zugleich über Ent-wicklungspotenziale, die sich auf die Herstellung und Entwicklung von Freizeit-, Sport- und Erholungsmöglichkeiten im Bereich von Tage-bauseen sowie auf ein Flächenrecycling im Bereich von Industriebrachen entweder durch deren Neubelebung als Industrie- und Gewerbe-standorte oder durch Renaturierungsmaßnahmen konzentrieren.

Die genannten Kommunen bedürfen bei der Überwindung von Entwicklungsnachteilen als „Erblasten der Braunkohlenindustrie“ sowie bei der gezielten Erschließung von Entwicklungspotenzialen in der Bergbaufolgelandschaft einer Unterstützung im Rahmen des zwischen Bund und Ländern 1992 abgeschlossenen und zwischenzeitlich bis 2012 verlängerten Verwaltungsabkommens über die Regelung der Finanzierung der ökologischen Altlasten über die Finanzierung der Braunkohlesanierung (VA Braunkohlesanierung) zur Aufwertung von Folgenutzungsstandards über die bestehenden bergrechtlichen Verpflichtungen hinaus. Dies betrifft in besonderem Maße Gemeinden ohne zentralörtlichen Status sowie Gemeinden in Randlagen im Freistaat Sachsen, soweit diese besondere Lasten zugunsten der All-gemeinheit etwa durch signifikante Flächenanteile an bis ca. 2015 entstehenden Tagebauseen oder die Entwicklung bedeutsamer Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Erholung im Gemeindegebiet übernehmen. Dazu sind auch Ausweisungen für Wohnen („Wohnen am Wasser“) oder Erholung zulässig, sofern dazu mit den benachbarten Zentralen Orten abgestimmte Konzepte vorliegen.

Zu Grundsatz 3.3.6 In Ergänzung zu den im LEP Sachsen (3.3) ausgewiesenen Räumen mit besonderem landesplanerischem Handlungsbedarf erfolgt im Regionalplan Westsachsen die Ausweisung von Räumen mit besonderem regionalplanerischem Handlungsbedarf. In diesen Räumen sind die Entwicklungsaktivitäten ebenso auf den Abbau von strukturellen Defiziten, die Vernetzung der vorhandenen Potenziale, den Aufbau von regionalen Wertschöpfungsketten, die Erschließung von Synergieeffekten sowie die Mobilisierung der Eigenkräfte auszurichten.

Als Raum mit besonderem regionalplanerischem Handlungsbedarf wird in der Planungsregion Westsachsen ein Raum definiert, der auf-grund seiner Entfernung zum großräumig bedeutsamen Verkehrswegenetz (Bundesautobahn) entwicklungsbedingte Nachteile aufweist („verkehrsferner Raum“). Als Teil des verkehrsfernen Raums gelten alle Gemeinden, die einen Zeitaufwand von mehr als 30 Minuten zum Bundesautobahnnetz aufweisen. Dies betrifft insbesondere den nordöstlichen Planungsraum (vgl. Karte 6).

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Regionalplan Westsachsen 2008 3 Regionalentwicklung

Für die Raumentwicklung ist die Verkehrsinfrastruktur von grundlegender Bedeutung. Aufgrund ihrer Lage zum Bundesautobahnnetz sind daher einzelne Räume besonders begünstigt oder benachteiligt. In Deutschland verkürzte sich die mittlere Entfernung vom Bebauungs-mittelpunkt der Gemeinden zur nächstgelegenen Autobahn-Anschlussstelle auf 14,6 km im Jahr 2000. 46,1 % der Gemeinden haben damit im Jahr 2000 einen Anschluss in maximal 10 km Luftlinienentfernung und 75,9 % in maximal 20 km Entfernung (nach G. Meinel/ S. Reichert: Flächenwirkung des deutschen Autobahnnetzes – Konzept und erste Ergebnisse einer GISgestützten Analyse. 2004 – www.tu-dresden.de/ioer/PDF/PublikPDF/meinel_reichert_dgpf2004_autobahn2.pdf, 02.07.2007). Demnach dürften nur wenige Gemeinden mit einer Entfernung von > 30 km (oder einer Reisezeit von mehr als 30 Minuten bei einer unterstellten Reisegeschwindigkeit von 60 km/h) vorhanden, diese jedoch besonders benachteiligt sein. Der Abbau dieser lagebedingten Nachteile durch die Verbesserung der Verkehrs-infrastruktur ist daher besonders dringlich.

Dazu dient die Ausweisung des Raums um das Mittelzentrum Torgau als Raum mit besonderem regionalplanerischem Handlungsbedarf. Zudem ist der Landkreis Torgau-Oschatz als einziger Raum Sachsens im „Leitbild Daseinsvorsorge sichern“ der „Leitbilder und Hand-lungsstrategien für die Raumentwicklung in Deutschland“ (BMVBS, 2006) als Region mit geringer oberzentraler Ausstattung dargestellt, in der die Erreichbarkeit zu verbessern ist. Im Übrigen wird unterstellt, dass die BAB A 72 im Geltungszeitraum dieser Fortschreibung wirksam wird und damit im Raum Geithain lagebedingte Nachteile abgebaut werden.

Ausweisungsgrundlagen: Verkehrskarte Sachsen Planungsatlas Region Westsachsen, Karte F 1: Straßennetz 2003

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Regionalplan Westsachsen 2008 4 Schutz, Pflege und Entwicklung von Natur und Landschaft

Fachliche Ziele und Grundsätze der Regionalplanung

4 Schutz, Pflege und Entwicklung von Natur und Landschaft Hinweis Der Regionalplan übernimmt gemäß § 4 Abs. 2 SächsLPlG zugleich auch die Funktion des Landschafts-

rahmenplans nach § 5 SächsNatSchG. Die fachplanerischen Inhalte des Landschaftsrahmenplans, die nicht zur Koordinierung von Rauman-sprüchen erforderlich oder geeignet sind und die somit nicht durch Ziele und Grundsätze der Raumordnung gesichert werden können, sind dem Regionalplan gemäß § 5 Abs. 2 SächsNatSchG als Anhang 3 beigefügt.

Leitbilder für Natur und Landschaft

Begriff

Die Leitbilder für Natur und Landschaft stellen den angestrebten Zustand von Natur und Landschaft und die dazu erforderlichen Gestaltungs- und Entwicklungsleitlinien in den einzelnen Naturräumen der Region dar. Sie sind ein übergeordnetes, nicht auf einen festen Zeitraum bezogenes visionäres Gesamtkonzept für die Landschaftsentwicklung. Die Leitbilder orientieren sich am naturräumlichen Potenzial und der beson-deren Eigenart der Naturräume, welche sich aus den natürlichen Standortverhältnissen und der kultur-historischen Entwicklung unter Beachtung der verschiedenen Nutzungsanforderungen herleiten.

Hinweis Die regionalisierten Leitbilder für Natur und Landschaft werden für die Landschaftseinheiten der • Lösshügellandschaften, • Bergbaufolgelandschaften, • Porphyrhügellandschaften, • Auenlandschaften, • Heidelandschaften, • Sandlöss-Ackerebenen-Landschaften und • Urbanen Landschaften aufgestellt. Die Leitbilder für Natur und Landschaft sind dem Regionalplan gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 SächsNatSchG in Anhang 3 als Inhalte der Landschaftsrahmenplanung beigefügt. Die Landschaftstypen, auf die sich die Leitbilder für Natur und Landschaft beziehen, sind in der Karte A-1 „Landschaftstypen“ in Anhang 3 dargestellt.

4.1 Schutz der Landschaft Z 4.1.1 Freiraumbeanspruchende oder -beeinträchtigende Nutzungen und Vorhaben sollen auf das unab-

dingbar notwendige Maß beschränkt und schutzwürdige Landschaftsteile erhalten werden. Einer weiteren Reduzierung bzw. Zergliederung wertvoller Ökosysteme ist entgegenzuwirken.

Landschaftsentwicklung und -sanierung

Begriff

Sanierungsbedürftige Bereiche der Landschaft sind Bereiche, in denen ein oder mehrere landschaftliche Schutzgüter wie Klima, Wasser, Boden, Arten und Biotope sowie Landschaftsbild beeinträchtigt sind oder eine Beeinträchtigung zu befürchten ist. Bereiche der Landschaft mit besonderen Nutzungsanforderungen sind Bereiche, in denen aufgrund hoher naturräumlicher Empfindlichkeit und Beeinträchtigungsrisiken besondere Anforderungen an Nutzungs- und Bewirtschaftungsformen gestellt werden.

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Regionalplan Westsachsen 2008 4 Schutz, Pflege und Entwicklung von Natur und Landschaft

Karte „Gebiete zur deutlichen Anreicherung mit Hecken und Flurgehölzen“ sind in der Karte 16 „Bereiche der Landschaft mit besonderen Nutzungsanforderungen“ ausgewiesen. Die „Regionalen Schwerpunkte der Bergbausanierung“ sind in der Karte 15 „Sanierungsbedürftige Bereiche der Landschaft“ ausgewiesen.

Hinweis Weitere Festlegungen zu Sanierungsbedürftigen Bereichen der Landschaft und Bereichen der Landschaft mit besonderen Nutzungsanforderungen sind in den Kapiteln 4.2, 4.3, 4.4, 4.5, 9 und 11 enthalten.

G 4.1.2 Strukturarme Ackerfluren sollen, sofern sie nicht als Offenland eine besondere Bedeutung für den Naturhaushalt oder den Artenschutz haben, durch ein Netz von Gehölzstrukturen gegliedert werden, so dass bestehende Gehölze und Waldbiotope miteinander verknüpft und durch weitere Biotoptypen wirksam ergänzt werden.

Z 4.1.3 „Gebiete zur deutlichen Anreicherung mit Hecken und Flurgehölzen“ sind vorrangig durch Hecken und Gehölze zu strukturieren.

Z 4.1.4 Die Flächen im Bereich der „Regionalen Schwerpunkte der Bergbausanierung“ sind so zu sanieren, dass eine vielfältige und erlebniswirksame Landschaft entsteht. Dazu sind insbesondere • der Waldanteil auf mindestens 45 % der Gesamtlandoberfläche dieser Gebiete im Südraum

Leipzig und auf mindestens 25 % der Gesamtlandoberfläche dieser Gebiete im Nordraum Leipzig zu erhöhen sowie

• wertvolle Sukzessionsflächen zu belassen und ein Anteil an Sukzessionsflächen von ca. 10 % der Gesamtlandoberfläche dieser Gebiete zu sichern.

Z 4.1.5 Raumbedeutsame Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sollen unter Wahrung des funktionellen Be-zugs so vernetzt und konzentriert werden, dass sie in Vorranggebieten Natur und Landschaft, in Vor-ranggebieten Waldmehrung, in Bereichen der Landschaft mit besonderen Nutzungsanforderungen oder in Sanierungsbedürftigen Bereichen der Landschaft zur Umsetzung von Entwicklungserforder-nissen beitragen.

Schutzgebiete

Karte Ausgewählte Schutzgebietskategorien nach SächsNatSchG und Gebiete des Europäischen ökologischen Netzes „NATURA 2000“ sind in Karte 9 „Schutzgebiete Natur und Landschaft“ dargestellt.

Hinweis Die regionalen Schwerpunkte und Maßnahmen zum Schutz wild lebender Pflanzen und Tiere sowie zur Landschaftspflege und -entwicklung sind dem Regionalplan in Anhang 3 als Inhalte der Landschaftsrahmen-planung beigefügt.

Landschaftsbild und Landschaftserleben

Karte „Landschaftsprägende Höhenrücken, Kuppen und Hanglagen“ sind in der Karte 16 „Bereiche der Landschaft mit besonderen Nutzungsanforderungen“ ausgewiesen. Die „Großflächig unzerschnittenen störungsarmen Räume (USR)“ sind in der Karte 7 ausgewiesen.

G 4.1.6 Landschaftsräume mit hoher und sehr hoher landschaftlicher Erlebniswirksamkeit sollen in ihrer Typik und ihrem Landschaftscharakter erhalten werden. Neue Nutzungen und Vorhaben dürfen den Landschaftscharakter nicht erheblich beeinträchtigen oder grundlegend verändern.

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Regionalplan Westsachsen 2008 4 Schutz, Pflege und Entwicklung von Natur und Landschaft

Z 4.1.7 „Landschaftsprägende Höhenrücken, Kuppen und Hanglagen“ sollen in ihrer charakteristischen Ausprägung erhalten werden.

G 4.1.8 Die großflächig unzerschnittenen störungsarmen Räume sollen als regional bedeutsame Ruhe-gebiete erhalten werden.

Z 4.1.9 Die landschaftliche Erlebniswirksamkeit siedlungsnaher Freiräume ist zu erhöhen. Dazu soll die Ein-bindung von Siedlungen in die umgebende Landschaft durch die extensive und nachhaltige Pflege ortsnaher Streuobstwiesen, durch den Neuaufbau naturraum- und siedlungstypischer Ortsrand-strukturen und die Erhöhung des Waldanteils in Siedlungsnähe verbessert werden.

G 4.1.10 Um die Stadt Leipzig ist ein „Grüner Ring“ weiterzuentwickeln, der vielgestaltige Landschafts-bereiche vernetzt, die Umweltqualität sowie die Voraussetzungen für die landschaftsbezogene Nah-erholung verbessert und in der Kernstadt fortgesetzt wird.

Begründung zu 4 Schutz, Pflege und Entwicklung von Natur und Landschaft

Zu den Leitbildern für Natur und Landschaft Gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2. SächsNatSchG sind durch die Landschaftsplanung Leitbilder für Naturräume und Landschaftseinheiten zu ent-wickeln. Diese sind nach § 5 Abs. 2 SächsNatSchG dem Regionalplan in Anhang 3 beigefügt. Die Leitbilder Natur und Landschaft für die Planungsregion Westsachsen basieren auf der „Naturräumlichen Gliederung Sachsens“ (BERNHARDT ET AL. 1986) sowie weiteren regions-spezifischen Naturraumbewertungen (NIEMANN & STEPHAN 1982). Die Erläuterungen zu den einzelnen Landschaftstypen enthalten Angaben zu folgenden Aspekten: • Geländemorphologie, Geologie und Böden, • Flora und Fauna, • Gewässer sowie • Siedlungsstruktur und Nutzungen Ziele und Maßnahmen zur Landschaftsentwicklung, die die Leitbilder für Natur und Landschaft konkretisieren, sind in der Karte A-3 „Inte-griertes Entwicklungskonzept Landschaft“ des Anhangs 3 dargestellt. Begründung zu 4.1 Schutz der Landschaft

Zu Ziel 4.1.1 Leitvorstellung der Raumordnung ist nach § 1 Abs. 2 ROG eine nachhaltige Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen An-sprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt. Dabei sind die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln (§ 1 Abs. 2 Nr. 2. ROG). Entsprechend dem raumordnerischen Grundsatz Nr. 8. (§ 2 ROG), Natur und Landschaft zu schützen, zu pflegen und zu entwickeln, hat die Regionalplanung einen gesetzlichen Auftrag, im Sinne der Umweltvorsorge zu wirken und handlungsorientiert Ziele und Grundsätze zum Schutz und zur Entwicklung der Freiraumstruktur und des Naturhaushalts aufzustellen. Aufgabe der Raumordnung ist es daher, sicherzustellen, dass insbesondere freiraumbeanspruchende und -beeinträchtigende Nutzungen und Vorhaben, den Naturhaushalt nicht nachteilig verändern und wertvolle Landschaftsteile erhalten werden.

Zu Grundsatz 4.1.2 Die Gliederung strukturarmer Ackerfluren durch Hecken und Gehölze dient sowohl der Erholungsvorsorge (Aufwertung des Landschafts-bilds) als auch der Sicherung der Grundlagen der Landwirtschaft (Boden- und Erosionsschutz) sowie dem Natur- und Landschaftsschutz (Verbesserung Arten- und Biotopausstattung, Erhöhung des Retentionsvermögens, Verbesserung des Mikroklimas). Hecken sollen stand-ortgerecht und naturnah entwickelt und gepflegt werden. Es ist darauf hinzuwirken, dass Hecken mehrreihig sind und über einen vorgela-gerten Wildkrautsaum verfügen. Bei Gehölzpflanzungen ist zur Verringerung der Florenverfälschung autochthones Pflanzenmaterial zu verwenden. Dabei sind standortgeeignete Herkünfte entsprechend den Herkunftsempfehlungen für forstliches Vermehrungsgut im Freistaat Sachsen zu verwenden. Im Einzelfall können einer Anlage von Hecken und Gehölzen jedoch spezifische Artenschutzbelange (z. B. Vogelrastplätze) oder die besondere Bedeutung des Offenlandes für den Kaltluftabfluss, also klimatische Aspekte, entgegenstehen. Die Wind- und Wassererosion wird durch kleinere Schlaggrößen der Ackerflächen infolge einer stärkeren Strukturierung durch Hecken deutlich vermindert. Die Funktion von Hecken als Lebensraum wird durch ergänzende Zusatzstrukturen wie Kleingewässer, Gräben, Steinhaufen oder Grünland wesentlich verbessert.

Bei der Anlage von Hecken und Gehölzen sollen vorrangig die durch die Landnutzung bereits bestehenden Landschaftselemente (Wege, Gräben, Böschungen u. a.) genutzt, vorhandene Anlagen (z. B. Dränagen) berücksichtigt und die Anforderungen der landwirtschaftlichen Bewirtschafter beachtet werden. Die Anlage von Hecken und Gehölzen bedarf der einvernehmlichen Regelung mit den Grundstückseigen-tümern und den landwirtschaftlichen Pächtern. Vorschläge zur Neugliederung der Ackerfluren sollten in Agrarstrukturellen Entwicklungs-

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Regionalplan Westsachsen 2008 4 Schutz, Pflege und Entwicklung von Natur und Landschaft

planungen erarbeitet und wirtschaftlich tragfähige Umsetzungsmöglichkeiten aufgezeigt werden. Im Rahmen von Flurneuordnungsver-fahren können eigentumsrechtliche Voraussetzungen für die Heckenanlage geschaffen werden.

Zu Ziel 4.1.3 In Ausformung von Ziel 4.1.4 des LEP und in räumlicher Konkretisierung des Grundsatzes 4.1.2 erfolgt die Ausweisung von „Gebieten zur deutlichen Anreicherung mit Hecken und Flurgehölzen“ in Karte 16 „Bereiche der Landschaft mit besonderen Nutzungsanforderungen“. Die Ausweisung von „Gebieten zur deutlichen Anreicherung mit Hecken und Flurgehölzen“ erfolgte im Ergebnis der landschaftsrahmenpla-nerischen Bewertung von Belangen, für die eine Erhöhung des Gehölzanteils begünstigend wäre (Gebiete mit landschaftlichen Defiziten) sowie von Umweltbelangen, die eine Offenhaltung der Landschaft erfordern. Eine Ausweisung der Gebiete wurde erst dann vorgenom-men, wenn die Defizite eindeutig die zu schützenden Potenziale überwogen und eine Abwägung mit anderen Belangen (Forstwirtschaft etc.) eine Ausweisung ermöglichte.

Ausweisungskriterien: Gebiete mit landschaftlichen Defiziten:

- Gebiete mit sehr geringer landschaftlicher Erlebniswirksamkeit - Gebiete mit sehr hoher Erosionsdisposition - Gebiete mit sehr geringem Retentionsvermögen - Gebiete mit geringem Anteil an klimatisch wirksamen Strukturen - Gebiete mit sehr hohem Beeinträchtigungsrisiko des Grundwassers gegenüber (Schad-)Stoffeinträgen - Gebiete mit besonderem Entwicklungsbedarf für landschaftsgebundene Erholung - Gebiete mit besonderem Entwicklungsbedarf für Biotopverbund und Biotopvernetzung

Gebiete, die eine Offenhaltung der Landschaft erfordern: - aus Gründen des Arten- und Biotopschutzes offenzuhaltende Bereiche - Regional bedeutsame Kalt- und Frischluftabflussbahnen und Kaltluftentstehungsgebiete - Gebiete mit sehr hohem Retentionsvermögen - Gebiete mit sehr hoher Grundwasserneubildung - Gebiete mit sehr hoher Bodenfruchtbarkeit

Ausweisungsgrundlagen: Fachbeitrag Naturschutz und Landschaftspflege zum Landschaftsrahmenplan Region Westsachsen

Bei der Umsetzung der Gehölzpflanzungen sind die in der Begründung zu G 4.1.2 benannten Aspekte zu berücksichtigen.

Zu Ziel 4.1.4 In Ausformung von Ziel 4.1.4 des LEP erfolgt die Ausweisung von „Regionalen Schwerpunkten der Bergbausanierung“ in Karte 15 „Sanie-rungsbedürftige Bereiche der Landschaft“. Für diese Gebiete sollen in den Regionalplänen auch Festlegungen zur Art der notwendigen Sanierung sowie zu Art und Umfang/Intensität bzw. Beschränkung der Nutzung getroffen werden.

Ausweisungskriterien: Gebiete mit großflächigem Braunkohlenbergbau sowie Sanierungsgebiete des ehemaligen Braunkohlenbergbaus

Ausweisungsgrundlagen: Grenzen der Plangebiete der Braunkohlenpläne bzw. Sanierungsrahmenpläne (vgl. Anhang 1)

Der im Ziel angestrebte Wald- und Sukzessionsflächenanteil bezieht sich auf die Gesamtlandoberfläche der regionalen Schwerpunkte der Bergbausanierung – getrennt nach Südraum (Borna-Ost/Bockwitz, Espenhain, Haselbach, Profen, Witznitz, Vereinigtes Schleenhain und Zwenkau/Cospuden) und Nordraum (Delitzsch-Südwest/Breitenfeld, Goitsche). Die Gesamtlandoberfläche entspricht also jeweils der Sum-me der Landoberflächen (Plangebiete ohne künftige Wasserflächen) der in der Karte 15 „Sanierungsbedürftige Bereiche der Landschaft“ ausgewiesenen regionalen Schwerpunkte der Bergbausanierung.

Der im Ziel geplante Waldanteil bezieht dabei neben bestehenden Wäldern und künftigen Aufforstungsgebieten auch Sukzessionsflächen ein. Der angestrebte Waldanteil wird regionalplanerisch insbesondere mit der Ausweisung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten Wald-mehrung sowie Natur und Landschaft (Wald, Sukzession) bzw. Vorranggebieten Land- und Forstwirtschaft (nur im Bereich der Originär-ausweisungen von Braunkohlenplänen) umgesetzt.

In der Karte 14 „Raumnutzung“ und differenzierter in den Braunkohlen- bzw. Sanierungsrahmenplänen für die Tagebaubereiche Borna-Ost/Bockwitz, Espenhain, Haselbach, Witznitz und Zwenkau/Cospuden im Südraum Leipzig werden ca. 65 % der Gesamtlandoberfläche dieser Plangebiete regionalplanerisch mit Waldoptionen (einschl. Sukzessionsflächen) belegt. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass im Gegensatz zu den genannten Gebieten z. B. das Plangebiet Profen nur auf ca. 1/3 der Landoberfläche Wald aufweisen wird, so dass für die Plangebiete südlich Leipzigs (einschl. Vereinigtes Schleenhain) im Gesamtdurchschnitt ein Waldanteil von 45 % erreichbar erscheint. Schwerpunkt der Waldbegründung sind die Landflächen im Bereich der Originärausweisungen der Braunkohlen- bzw. Sanierungsrahmen-pläne, insbesondere der Tagebaubereiche Zwenkau, Espenhain, Witznitz und Vereinigtes Schleenhain, die regionalplanerisch zu ca. 70 % mit Waldoptionen belegt sind.

Die Voraussetzungen für eine Erhöhung des Waldanteils im Nordraum, d. h. in den ehemaligen Tagebaubereichen Delitzsch-Südwest/ Breitenfeld und Goitsche, unterscheiden sich von denen des Südraums grundsätzlich. Die relativ großen Plangebiete im Nordraum (insgesamt mehr als 100 km²) beinhalten umfangreiche unverritzte Flächen. Diese weisen aufgrund der hohen Bodengüte sehr günstige Bedingungen für die Landwirtschaft auf und werden so auch traditionell landwirtschaftlich genutzt. Der Waldanteil der Gesamtlandober-flächen liegt derzeit nur bei ca. 13 %. Unter Berücksichtigung dieser spezifischen Bedingungen wird hier eine Erhöhung des Waldanteils auf 25 % der Gesamtlandoberfläche angestrebt.

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Regionalplan Westsachsen 2008 4 Schutz, Pflege und Entwicklung von Natur und Landschaft

Der zweite Anstrich des Ziels bezieht sich speziell auf Sukzessionsflächen. Während die Mehrzahl der Biotoptypen der Kulturlandschaft instabil, d. h. nur durch den ständigen Eingriff (Pflegemaßnahmen) des Menschen erhaltbar ist, schaffen natürliche Sukzessionsprozesse stabile und widerstandsfähige Lebensgemeinschaften, die für ein intaktes Gesamtökosystem und dessen Überlebensfähigkeit von beson-derer Bedeutung sind. Der Anteil der Sukzessionsflächen sollte deshalb vor allem dort erhalten bzw. erhöht werden, wo günstige Voraus-setzungen dafür bestehen, insbesondere in größerem Abstand zu Siedlungen und Erholungsbereichen. Die Sanierungsrahmenpläne für die Tagebaubereiche Borna-Ost/Bockwitz und Zwenkau/Cospuden weisen bestehende und geplante Sukzessionsbereiche für ca. 8,5 % der Landoberflächen dieser Gebiete aus, im Tagebaubereich Goitsche wird ein Anteil von ca. 11 % erreicht (ohne Berücksichtigung von Sukzessionsbereichen im Umgriff des Vorranggebiets Verteidigung „Standortübungsplatz Delitzsch“). Auch in anderen Tagebaubereichen sind schon derzeit wertvolle Sukzessionsflächen vorhanden, so dass ein Gesamtanteil (einschl. Vereinigtes Schleenhain) von ca. 10 % anzustreben ist.

Zu Ziel 4.1.5 Nach LEP Z 4.1.5 sollen in den Regionalplänen auf der Grundlage von Flächenpoolkonzeptionen Gebiete festgelegt werden, in denen un-vermeidbare Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts oder des Landschaftsbilds, insbesondere bei Eingriffen von überörtlicher Bedeutung, an anderer Stelle als am Ort des Eingriffs ausgeglichen oder ersetzt werden können. Nach § 7 Abs. 2, Satz 2 ROG können raumordnerischen Plankategorien wie Vorranggebieten, Sanierungsbedürftigen Bereichen etc. zugleich Ausgleichsfunk-tionen für zu erwartende Eingriffe in Natur und Landschaft zugewiesen werden. Hierdurch soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die naturschutzfachliche Eingriffs-Ausgleichs-Problematik künftig auch im regionalen Maßstab auf der Grundlage gesamträumlicher Vernetzungskonzepte behandelt werden soll. Nach § 1a Abs. 3 BauGB sollen in den Flächennutzungsplänen Flächen zum Ausgleich dar-gestellt werden. Soweit dies u. a. mit den Zielen der Raumordnung sowie des Naturschutzes und der Landschaftspflege vereinbar ist, kön-nen diese Darstellungen auch an anderer Stelle als am Ort des Eingriffs erfolgen. Hierfür sind auf regionaler Ebene, d. h. im Regionalplan die Grundlagen zu schaffen.

Raumbedeutsame Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen im Sinne dieses Ziels sind - Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen raumbedeutsamer Vorhaben, - Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen anderer Vorhaben, wenn aufgrund der räumlichen Konzentration der Vorhaben oder der Schwere

des Eingriffs Kompensationsmaßnahmen ähnlicher Größenordnung erforderlich sind.

Wahrung des funktionellen Bezugs im Sinne des Ziels heißt, dass der inhaltliche Zusammenhang zwischen Eingriff und vorgesehener Ausgleichsmaßnahme gewahrt werden muss. Ein im Sinne des SOLL-Ziels atypischer Fall liegt vor, wenn dies bei einer Konzentration der Ausgleichsmaßnahmen in den genannten Plankategorien nicht möglich ist (z. B. kann der Wegfall eines bedeutsamen Gänserastplatzes nicht durch die Anlage von Hecken kompensiert werden), so dass ein Ausgleich an anderer Stelle als in den im Ziel genannten Kategorien erfolgen muss. Beim größten Teil von Planungen ist jedoch eine Konzentration von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in den im Ziel ge-nannten regionalplanerischen Plankategorien möglich und für die Verbesserung der Wirksamkeit von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen im regionalen Maßstab dringend erforderlich.

Die im Ziel genannten Konzentrationsräume beziehen sich auf - Entwicklungsbereiche in Vorranggebieten Natur und Landschaft im Sinne eines Biotopverbunds (außerhalb derzeit schon wertvoller

Bereiche), - Vorranggebiete Waldmehrung (in Karte 14 „Raumnutzung“ ausgewiesen), - die in Karte 15 ausgewiesenen „Sanierungsbedürftigen Bereiche der Landschaft“ (insbesondere Regionale Schwerpunkte der Fließ-

gewässersanierung) sowie auf - die in Karte 16 ausgewiesenen „Bereiche der Landschaft mit besonderen Nutzungsanforderungen“, insbesondere

- Gebiete zur deutlichen Anreicherung mit Hecken und Flurgehölzen, - Gebiete mit besonderen Anforderungen des Grundwasserschutzes, - Gebiete zur Erhaltung und Verbesserung des Wasserrückhalts und - Regionale Schwerpunktgebiete des Erosionsschutzes.

Zu Grundsatz 4.1.6 Weite Teile der Region Westsachsen sind strukturarm und nur in mittlerem bis geringem Maß erlebniswirksam. Umso wichtiger sind die Erhöhung der landschaftlichen Attraktivität der Region und der Schutz der wenigen und zunehmend kleinflächigeren Räume hoher und sehr hoher landschaftlicher Erlebniswirksamkeit. Der Erhalt des Landschaftscharakters dieser Räume ist Voraussetzung einer Identifizierung der Einwohner mit ihrer Umgebung (Wohnqualität). Dabei ist die Region durch den großräumigen Braunkohlenbergbau mit einhergehendem Verlust kulturlandschaftlicher Identität in hohem Maß vorbelastet.

Landschaftsräume mit hoher und sehr hoher landschaftlicher Erlebniswirksamkeit wurden im Zuge der Erarbeitung des Fachbeitrags Naturschutz und Landschaftspflege zum Landschaftsrahmenplan für die Region Westsachsen auf Grundlage einer flächendeckenden Landschaftsbildbewertung kartiert. Dabei wurden unter Berücksichtigung von Randeffekten verschiedene Landschaftsbildtypen abge-grenzt, die in Bezug auf das Landschaftserleben ähnlich wirken, beispielsweise durch Wald, Hecken und Gehölze kleinräumig strukturierte Auenbereiche mit Grünlandnutzung, kleinräumige Grünlandfluren (z. B. Streuobstwiesen am Hang, Hügelgebiete mit Grünland und einzel-nen Wäldern oder Gehölzgruppen), Standgewässer mit reich strukturierten Verlandungszonen (Röhrichtzonen) und durchgrünten Uferbe-reichen oder reich strukturierte Siedlungs- und Waldränder (vgl. Fachbeitrag Naturschutz und Landschaftspflege zum Landschaftsrahmen-plan Region Westsachsen, Kap. 2.5). Sie sind in Karte A-2 des Anhangs 3 dargestellt.

Ein Erhalt der Typik und Eigenart dieser Räume setzt voraus, dass die Nutzungsartenverteilung in wesentlichen Zügen sowie prägnante Kulturlandschaftselemente und naturräumliche Leitstrukturen erhalten werden. Erhebliche Beeinträchtigungen durch nutzungs- und vorha-benbedingte Eingriffe stehen der Erhaltung dieser wertvollen Landschaftsräume entgegen.

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Regionalplan Westsachsen 2008 4 Schutz, Pflege und Entwicklung von Natur und Landschaft

Zu Ziel 4.1.7 In Ausformung von Ziel 4.1.9 i. V. m. Ziel 4.1.4 des LEP erfolgt die Ausweisung „Landschaftsprägender Höhenrücken, Kuppen und Hang-lagen“ als „Bereiche der Landschaft mit besonderen Nutzungsanforderungen“ in Karte 16. Die Region Westsachsen weist mit ihrem überwiegend ebenen bis hügeligen Relief nur vergleichsweise geringe Höhenunterschiede auf, so dass in der weithin einsehbaren Landschaft bereits einzelne Grundgebirgsdurchragungen, markante Durchbruchstäler von Flüssen, anthropogen entstandene Halden sowie Endmoränenreste landschaftsprägend wirken. Die landschaftsprägenden Höhenrücken, Kuppen und Hanglagen selbst sowie ihre Stellung zueinander geben der jeweiligen Landschaft ihre Eigenart und Schönheit, wie z. B. die Hohbur-ger Berge, das Taucha-Eilenburger Endmoränengebiet oder die Kuppenlandschaft entlang von Zschopau und Freiberger Mulde. Land-schaftsprägende Einzelkuppen wie der Collm, der Schildberg und der Kohlenberg prägen als weithin sichtbare Landmarken die Region. Ob eine Kuppe oder ein Höhenzug landschaftsprägend wirkt, hängt von der naturraumspezifischen Situation ab. Die landschaftsprägen-den Höhenrücken, Kuppen und Hanglagen werden charakterisiert durch - Dominanz: ihre gegenüber der Umgebung herausragende Stellung in der Landschaft, - Wahrnehmbarkeit: ihre über mehrere Kilometer weithin einsehbare, prägende Erhebung und - Fernsicht: die von der Erhebung selbst bestehenden weiten Sichtbeziehungen in die Landschaft. Ausweisungskriterien:

Sandlöss-Ackerebenen-Landschaft Die reliefarme Tieflandsebene unter 120/130 m ü NN, die vorwiegend aus tischebenen Geschiebelehmplatten besteht, wird nur durch wenige Erhebungen gegliedert. Landschaftsprägend beginnen deshalb schon Geländehöhen zu wirken, die die umgebende Landschaft um mehr als 15 m überragen. Besonders markant wirken Kuppen und Höhenzüge mit Höhenunterschieden von 20 bis 30 m zur umgeben-den Landschaft, insbesondere Endmoränenzüge und -kuppen, aber auch anthropogen entstandene Hochhalden. Diese Halden weisen zu-gleich Hangneigungen von > 10 %, z. T. > 15 % auf, während für die landschaftsprägenden Endmoränenkuppen in der Regel Hangneigun-gen von > 2 % typisch sind.

Porphyrhügellandschaft Die Landschaft wird durch flachwellige Altmoränenplatten geprägt, die vereinzelt von Grundgebirgsdurchragungen (zumeist Porphyr) unterbrochen werden. Landschaftsprägend wirken damit insbesondere einzelne Kuppen, Hügelreihen und zusammenhängende Kuppen-landschaften mit Höhenunterschieden von mehr als 30 m zur umgebenden Landschaft. Prägend ist darüber hinaus auch der deutliche Höhenunterschied zwischen den Fließgewässerauen und angrenzenden Kuppen bzw. Hochflächen.

Heidelandschaft Die Tieflandsgebiete werden vorwiegend durch weite Niederungen geprägt. Morphologisch prägnant wirken insbesondere Endmoränen-gebiete, die das überwiegend ebene Umland um ca. 20 bis 30 m überragen.

Lösshügellandschaft Die nach Süden zum Vorgebirge ansteigende Lösshügellandschaft ist durch flach- bis mittelgeneigte Lösshügel und -plateaus geprägt, die durch Dellen und Muldentälchen gegliedert werden. Einzelne Hügel wirken nur dann besonders markant, wenn sie - im Vergleich zur Umgebung besonders hoch sind (Höhendifferenzen mindestens > 30 m, überwiegend > 50 m) und sich durch

größere Hangneigungen (mind. > 2 %, z. T. > 10) deutlicher von der sanft gewellten Umgebung abheben oder - benachbarte Hügel sichtbar überragen. Landschaftsprägende Kuppen und Hanglagen konzentrieren sich insbesondere entlang der Täler der Zschopau und der Freiberger Mulde. Entsprechend den Ausweisungskriterien werden in der Karte 16 folgende landschaftsprägende Höhenrücken, Kuppen, Kuppenlandschaf-ten und Hanglagen ausgewiesen: Sandlöss-Ackerebenen-Landschaft

Kuppenlandschaften: − Taucha-Eilenburger Endmoränengebiet u. a. mit Schwarzem Berg (177 m) als höchste Erhebung Einzelkuppen und Höhenzüge: − Halde Lippendorf (173 m), Halde Seehausen (174 m), Halde Trages (231 m) − Kolmberg (152 m) und Höhenzug − Rückmarsdorfer Endmoräne mit Bienitz (127 m), Die Höhe (141 m), Wachberg (134 m) Porphyrhügellandschaft

Kuppenlandschaften: − Grimmaer Hügelgebiet u. a. mit Galgenberg (194 m), Galgenberg bei Kaditzsch (181 m), Hirschberg (194 m), Lerchenberg (181 m) − Großbothen-Colditzer Hügelreihe u. a. mit Hungerberg (210 m), Küchenberg (205 m), Steinhübel (223 m) − Großsteinberger Hügelreihe u. a. mit Frauenberg (181 m), Haselberg (174 m), Lindberg (207 m), Senfberg (171 m), Windmühlen-

berg (186 m) − Hohburger Berge u. a. mit Burzelberg (217 m) bis zum Mühlberg, Kewitzschenberg (157 m), Kleiner Berg (206 m), Löbenberg

(240 m), Röcknitzer Berge (143 m) und Witrowberg (139 m) − Hügelgebiet Blauer Berg u. a. mit Blauer Berg (126 m), Weinberg (167 m), Windberg (145 m) − Kühnitzscher Höhenzug u. a. mit Kampfberg (167 m), Spitzberg (162 m), Wolfsberg (161 m) − Kuppenlandschaft entlang der Zwickauer Mulde u. a. mit Hainberg (218 m) und Burgberg (224 m) − Oschatzer Hügelgebiet u. a. mit Birkenberg, Bornaer Weinberg (184 m), Buchberg (145 m), Burschenberg (132 m), Cavertitzer Berg

(139 m), Großer Steinberg (185 m), Grüne Berge (131 m), Huthberg (139 m), Käferberg (162 m), Laaser Berg (138 m), Liebschützer Berg (198 m), Sandberg (171 m), Sittelberg (189 m)

− Trebsener Hügelreihe u. a. mit Galgenberg (177 m), Haselberg (171 m), Katzenberg (166 m), Wedniger Berg (193 m)

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Regionalplan Westsachsen 2008 4 Schutz, Pflege und Entwicklung von Natur und Landschaft

− Wermsdorf-Collmer Hügelgebiet u. a. mit Kuhberg (165 m), Läusehübel (161 m), Schafberg (174 m), Schlangenberg (230 m), Spitzenberg (179 m) bis Eichberg (175 m), Windberg (183 m), Windmühlenberg (259 m), Ziegenberg (166 m)

− Wermsdorf-Fremdiswalder Hügelgebiet u. a. mit Galoppierberg (192 m), Goliathberg (192 m), Kapellenberg (191 m), Schmiedeberg (175 m), Weisenberg (165 m)

Einzelkuppen und Höhenzüge: − Collm (312 m), Dornreichenbacher Berg (205 m), Johannas Höh (157 m), Kohlenberg (179 m), Liebschützer Höhenzug (198 m),

Schildauer Berg (217 m) und Umgebung, Schwarzenberg (141 m), Tonberg (134 m), Tumberg (142 m), Wachtelberg (145 m) Heidelandschaft

Kuppenlandschaften: − Dahlener Stauchendmoränengebiet − Schmiedeberger Endmoräne u. a. mit Fuchsberg (136 m), Höllberg (133 m), Mutterlosenberg (170 m) Lösshügellandschaft

Kuppenlandschaften: − Hügelgebiet Kranichau (228 m) u. a. mit Festenberg (199 m), Haferberg (239 m), Kahlenberg (233 m) − Kohren-Sahliser Hügelgebiet u. a. mit Eckartsberg (245 m), Lenkersberg (255 m), Schmiedeberg − Kuppenlandschaft entlang der Zschopau und der Freiberger Mulde u. a. mit Bornberg (276 m), Eichberg bei Leisnig (219 m),

J.-Sebastian-Bach-Höhe (263 m), Kreuzfelsen (256 m), Pfaffenberg (226 m), Schanze (231 m), Sommerberg (279 m), Spitzberg (213 m), Staupenberg (240 m)

Einzelkuppen und Höhenzüge: − Deditzhöhe (233 m), Dürrweitzschener Höhe (255 m), Eichberg (216 m), Hasenberger Höhe (259 m), Heideberg (249 m), Höhen-

zug zwischen Erlbach und Auenbach u. a. mit Töpelsberg (207 m), Juchhöh (277 m), Lohses Höhe (239 m), Markritzer Höhe (281 m), Pappel (296 m), Tölzig (254 m), Wachhübel (235 m)

Ausweisungskriterien: Fachbeitrag Naturschutz und Landschaftspflege zum Landschaftsrahmenplan Region Westsachsen

Mit der Wahrnehmbarkeit und Überschaubarkeit einer Landschaft (hier der landschaftsprägenden Höhenrücken, Kuppen und Hanglagen) steigt auch ihre visuelle Verletzlichkeit. Durch Hinzufügen von wesensfremden (Landschafts-)Elementen wird die natürliche Eigenart der Landschaft – ihr ästhetischer Eigenwert – beeinträchtigt. Planungen und Maßnahmen stellen dann eine erhebliche Beeinträchtigung dar, wenn diese dem vorhandenen Landschaftsbild grob unangemessen sind. Das ist in der Regel dann der Fall, wenn Planungen oder Maß-nahmen einzeln oder in ihrer Summenwirkung die Dominanz von landschaftsprägenden Höhenrücken, Kuppen oder Hanglagen unmittel-bar durch Eingriff in diese(n) zerstören bzw. dadurch ablösen, indem sie selbst den umgebenden Landschaftsraum dominieren. Dabei ist zu beachten, dass diese Auswirkung auch bei Planungen und Maßnahmen auftreten kann, die nicht unmittelbar innerhalb der landschafts-prägenden Höhenrücken, Kuppen und Hanglagen lokalisiert sind. Abbauvorhaben dürfen den Landschaftscharakter nicht grundlegend verändern.

Ein im Sinne des SOLL-Ziels atypischer Fall liegt dann vor, wenn Vorhaben oder Maßnahmen notwendigerweise (zur Gewährleistung ihrer Funktion) unter Beachtung fachplanerischer Vorgaben auf Höhenrücken, Kuppen oder Hanglagen errichtet werden müssen und nicht landschaftsprägende Standorte nicht zur Verfügung stehen.

Zu Grundsatz 4.1.8 Neben einer attraktiven landschaftlichen und infrastrukturellen Ausstattung sowie einer gewissen Mindestgröße ist auch die relative Stö-rungsfreiheit von Gebieten Voraussetzung für ihre Erholungseignung. Da Lärm eine der bedeutendsten Umweltbelastungen in Mitteleuro-pa darstellt, ist Ruhe ein Schutzgut, das als Kriterium für die Erholungseignung von Gebieten, insbesondere für landschaftsgebundene Er-holungsaktivitäten, heranzuziehen ist. Ruhegebiete sind dabei oftmals mehr oder weniger kongruent mit „unzerschnittenen Räumen“ (REITER 1999). Zur Festlegung von Ruhegebieten sollten nach REITER (1999) Mindestgrößen zwischen 50 und 100 km² in schwach besie-delten Räumen bzw. zwischen 4 und 30 km² in Ballungsräumen herangezogen werden. Da Westsachsen sowohl über relativ gering be-siedelte Teilräume als auch über einen stark verdichteten Ballungsraum verfügt, sind die in Karte 6 des LEP ausgewiesenen großflächig unzerschnittenen störungsarmen Räume (USR) > 40 km² zugleich regional bedeutsame Ruhegebiete. Ihre relative Störungsarmut macht USR zudem besonders bedeutsam für störungsempfindliche bzw. für wandernde Tierarten mit großräumigen Biotopansprüchen. Derartige Räume, wie sie u. a. in den Heidegebieten zu finden sind, sind für das Vorkommen von bedrohten Tierarten mit großen Raumansprüchen wie Otter, Seeadler oder Kranich existenziell, da sie ansonsten in kleinteiligeren Räumen keine Überlebenschance haben. Die großflächig unzerschnittenen störungsarmen Räume des LEP sind – ergänzt um weitere Gebiete – in Karte 7 des Regionalplans aus-gewiesen.

Bei der Ermittlung der in Karte 6 des LEP ausgewiesenen USR erfolgte gemäß Begründung zu G 4.2 LEP aufgrund fehlender Daten keine grenzüberschreitende Betrachtung. Für die Region Westsachsen bestand daher hinsichtlich der Bereiche zum Freistaat Thüringen sowie den Ländern Brandenburg und Sachsen-Anhalt Konkretisierungsbedarf. Bezüglich der Ausweisungsgrundlage „Durchschnittliche tägliche Verkehrsmenge“ wurde im LEP der Grenzwert für eine zerschneidende Wirkung einer Straße von 2 000 Kfz/Tag angewendet (Stand 2000). Im Rahmen der Aktualisierung und Ausformung wurde entsprechend dem diesbezüglich bundesweiten Kenntniszuwachs bei der Ermittlung der USR in Karte 7 des vorliegenden Plans ein Grenzwert für die zerschneidende Wirkung einer Straße von 1 000 Kfz/Tag (Stand 2005) zugrunde gelegt. Ausweisungskriterien: keine Zerschneidungswirkung durch Siedlungen (vorhandene Siedlungen haben eine Längsausdehnung unter 1 km, Bebauung ist nur

straßenbegleitend und einreihig)

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Regionalplan Westsachsen 2008 4 Schutz, Pflege und Entwicklung von Natur und Landschaft

keine Zerschneidungswirkung durch Straßen (keine Autobahnen und Bundesstraßen; nur Staats- und Kreisstraßen mit einer Belegung unter 1 000 Kfz am Tag)

keine Eisenbahnstrecken mit Schienenpersonenverkehr Flächengröße von mindestens 40 km² (auch regionsübergreifend)

Ausweisungsgrundlagen: SMWA: Verkehrsmengenkarte Sachsen 2005

Die Region verfügt aufgrund ihres hohen Zerschneidungsgrads durch Verkehrstrassen und ihrer hohen Siedlungsdichte nur noch über großräumig unzerschnittene und unverlärmte Gebiete in Teilgebieten der Region. Sie konzentrieren sich insbesondere in den Heide- und Auenlandschaften. Der Schutz dieser Gebiete ist grundlegende Voraussetzung für eine stille Erholung.

Die genannten Gebiete sollen als regional bedeutsame Ruhegebiete erhalten werden, d. h., in ihnen sollte zu 95 % der Tageszeit ein Schallpegel von 40 dB(A) durch technische Geräusche nicht überschritten werden, wobei so genannte gebietsgebundene Geräusche durch die land- und forstwirtschaftliche Nutzung nicht zu bewerten sind. Dazu sind weitere Beeinträchtigungen der Ruhegebiete durch Lärm emittierende Anlagen, Straßenaus- oder -neubauten zu vermeiden.

Zu Ziel 4.1.9 Nicht wenige Ortsrandbebauungen beeinträchtigen durch geringe Ortsspezifik in Architektur und Material und durch geringe Anpassung vor allem in Höhe und Breite der Baukörper die Erlebnis- und Erholungswirksamkeit von Siedlungen und der umgebenden Landschaft. In Bauleitplanungen sollte deshalb verstärkt auf eine harmonische Ortsrandgestaltung durch Vorlagerung von Gärten, Anlage von Gehölz-strukturen oder Anlage von Streuobstwiesen hingewirkt werden (vgl. Z 5.1.2 und Z 5.1.9).

Bestehende Streuobstwiesen, die durch ihre bevorzugte Lage im Randbereich von Siedlungen diesem Anliegen bereits dienen, sind zudem wertvolle Rückzugsbereiche vom Aussterben bedrohter und gefährdeter Arten und nach § 26 SächsNatSchG besonders geschützt. Sie bilden insbesondere in den siedlungsstrukturell stark zersplitterten Lösshügellandschaften der Region, in denen fast die Hälfte aller Streuobstwiesenflächen konzentriert ist, naturraumtypische Ortsrandstrukturen.

Beim Neuaufbau von Ortsrandstrukturen sind auch die siedlungsstrukturellen Besonderheiten in Form von siedlungstypischen Ortsrand-strukturen zu berücksichtigen (siehe dazu auch Fachbeitrag Naturschutz und Landschaftspflege zum Landschaftsrahmenplan Region Westsachsen, Kap. 2.6). So wird z. B. die historische Siedlungsform eines Gassendorfs u. a. dadurch geprägt, dass die Bebauung in einem Baublock zusammengefasst und durch große, stark durchgrünte Gärten von der umgebenden Landschaft abgegrenzt wird. Ebenso verfügen Platzdörfer über große, an die Gehöfte anschließende Gärten, durch die die geschlossene Form eines Platzdorfs erst richtig betont und ein harmonischer Übergang zum Freiraum geschaffen wird. Darüber hinaus sind z. B. große Gärten hinter den Gehöften für Straßen- und Straßenangerdörfer typisch. Dagegen werden Gutsweiler u. a. durch ein großes Rittergut, als zentraler Bestandteil der Siedlung, und einen an das Rittergut bzw. Herrenhaus anschließenden Gutspark charakterisiert.

Zu Grundsatz 4.1.10 Mit dem „Grünen Ring“ sollen städtische Grünanlagen mit der freien Landschaft verbunden und im Umland Leipzigs ein Netz attraktiver, erlebniswirksamer und ökologisch wertvoller Freiräume geschaffen werden, die sowohl Waldbereiche als auch reich strukturierte Ackerflächen, Wiesen und vielgestaltige Auen umfassen. Mit einer durchschnittlichen Erholungsfläche von 79 m²/Einwohner verfügt die Stadt Leipzig über die geringste Erholungsflächenausstat-tung aller Gemeinden in Westsachsen. Dabei konzentrieren sich die Gebiete mit sehr geringer Erholungsflächenausstattung in den dicht bebauten Ortsteilen im Zentrum bzw. Osten der Stadt, in denen fast zwei Drittel der Leipziger Bevölkerung wohnt (vgl. auch Fachbeitrag Naturschutz und Landschaftspflege zum Landschaftsrahmenplan Region Westsachsen, Kap. 2.5). Dementsprechend entsteht ein Erho-lungsdruck in das Umland, der durch eine Verbesserung des Wohnumfelds innerhalb der Stadt gemindert, jedoch nicht beseitigt werden kann. Auch die Einwohner im Umland der Stadt Leipzig bedürfen dringend landschaftlich erlebniswirksamer und auch für die Feierabend-erholung zugänglicher Freiräume. Ziel ist ein Gesamtkonzept „Grüner Ring“, welches nicht nur für die Erholung, sondern für die Verbesse-rung der Umwelt- und Lebensqualität im Umland der Stadt Leipzig allgemein wesentlich ist. Der „Grüne Ring Leipzig“ symbolisiert u. a. die Vernetzung von Naturschutz und Landschaftspflege, umweltverträglicher Land- und Forstwirtschaft, umweltfreundlichem Bauen, Wirtschaf-ten und Arbeiten, sanftem Tourismus/Naherholung sowie Pflege von Traditionen und Sanierung von Denkmalen. Dabei ist die Verknüp-fung bestehender touristischer Angebote und die Schaffung neuer Erholungsmöglichkeiten im Rahmen eines Gesamtkonzepts zur Verbesserung der Naherholungsmöglichkeiten im Umland der Stadt Leipzig von Bedeutung.

4.2 Arten- und Biotopschutz, ökologisches Verbundsystem Begriff

Das ökologische Verbundsystem im Sinne dieses Plans ist ein raumordnerisch gesichertes, funktional zusammenhängendes Netz ökologisch bedeutsamer Freiräume.

Karte Die Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Natur und Landschaft sind in der Karte 14 „Raumnutzung“ ausgewiesen. Das ökologische Verbundsystem ist in Form der Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Natur und Landschaft, der Vorranggebiete Waldmehrung sowie der Vorranggebiete Landwirtschaft der Delitzscher und Markranstädter Platte in der Karte 14 „Raumnutzung“ ausgewiesen und in der Karte 8 zusammenfassend dargestellt und somit gekennzeichnet.

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Regionalplan Westsachsen 2008 4 Schutz, Pflege und Entwicklung von Natur und Landschaft

Hinweis Weitere Festlegungen zum Schutz sowie zur Verbesserung des ökologischen Zustandes der Fließ- und Still-gewässer sind in den Kapiteln 4.3.2 und 4.3.3 enthalten.

Z 4.2.1 Nutzungsformen und -intensitäten in Vorranggebieten Natur und Landschaft sollen dahingehend ausgerichtet sein, dass sie eine Reaktivierung der Landschaftspotenziale ermöglichen, einer natur-nahen Entwicklung von Flora und Fauna dienen und Beeinträchtigungen ausgeschlossen werden.

Z 4.2.2 In den Vorranggebieten Natur und Landschaft der Elbaue sowie der Muldenaue zwischen Wurzen und Eilenburg sind regional bedeutsame Vorhaben zur Trinkwassergewinnung, die notwendiger-weise und unter Beachtung des Schutzzwecks dort ihren Standort haben, zulässig.

Z 4.2.3 In den Bereichen der Vorranggebiete Natur und Landschaft, die gleichzeitig festgesetzte Über-schwemmungsgebiete sind oder bei einem hundertjährlichen Hochwasser (HQ100) überschwemmte Gebiete betreffen, gelten die in den Plansätzen 4.3.4.1 und 4.3.4.2 festgesetzten Handlungs-erfordernisse bzw. Nutzungsbeschränkungen. Die Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen sind so zu gestalten, dass sie mit den Zielen des Hoch-wasserschutzes vereinbar sind und diese unterstützen.

Z 4.2.4 Wald in Vorranggebieten Natur und Landschaft soll unter besonderer Beachtung von Naturschutz-belangen standortgerecht und naturnah bewirtschaftet werden.

Z 4.2.5 Nicht waldbestockte Trockenbiotope in Vorranggebieten Natur und Landschaft sind durch geeignete Maßnahmen, wie extensive Beweidung, Mahd und Entbuschung, zu pflegen und zu erhalten. Sie sollen in Abhängigkeit von den naturräumlichen Verhältnissen arrondiert werden.

Z 4.2.6 Auen sind durch die Erhöhung des Grünland- und Waldanteils, einen schrittweisen Rückbau von Meliorationen, die Förderung auendynamischer Prozesse und eine Aktivierung als Überschwem-mungsgebiet zu revitalisieren.

Z 4.2.7 Naturnahe Bereiche fließender und stehender Gewässer sind in ihrem ökologischen Wert zu erhalten und in einer naturnahen Entwicklung zu fördern.

Z 4.2.8 Im Rahmen der Bauleitplanung soll das ökologische Verbundsystem durch örtliche Biotopvernet-zungen ergänzt werden.

Z 4.2.9 Eine Beeinträchtigung von natürlichen Zug- und Wanderwegen sowie Rastplätzen wandernder Tier-arten ist zu vermeiden. Beim Bau von Verkehrstrassen mit landschaftszerschneidenden Wirkungen sollen Querungsmöglichkeiten für wandernde Tierarten oder funktional gleich wirksame Maßnahmen des Biotopverbunds geschaffen werden.

Begründung zu 4.2 Arten- und Biotopschutz/Ökologisches Verbundsystem

Zu Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Natur und Landschaft und zu Ziel 4.2.1 Nach LEP, Z 4.2.2 sind in den Regionalplänen ausgehend von der in Karte 7 als Suchraum dargestellten Gebietskulisse und den in der Begründung aufgeführten Kriterien Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Natur und Landschaft (Arten- und Biotopschutz) auszuweisen und auf dieser Grundlage ein ökologisches Verbundsystem zu sichern und als solches zu kennzeichnen. In Ausformung von Ziel Z 4.2.2 des LEP erfolgt die Ausweisung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten Natur und Landschaft (Arten- und Biotopschutz) im Regionalplan Westsach-sen als Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Natur und Landschaft in Karte 14 „Raumnutzung“. Sie bilden in Ausformung der Gebietskulisse für ein landesweites ökologisches Verbundsystem (Karte 7 LEP) gemeinsam mit den Vor-ranggebieten Waldmehrung sowie den Vorranggebieten Landwirtschaft im Bereich der Delitzscher und Markranstädter Platte das öko-logische Verbundsystem, wobei die Vorranggebiete Natur und Landschaft die Kernbereiche des ökologischen Verbundsystems darstellen. Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Natur und Landschaft haben sowohl Schutz- als auch Entwicklungsfunktionen. Sie dienen

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- dem Erhalt wertvoller Bereiche des Arten- und Biotopschutzes, die zugleich vielfach wesentliche Naturhaushaltsfunktionen (klima-tische, bodenökologische Funktionen, Retentionsfunktionen) erfüllen und die Vielfalt, Eigenart und Schönheit unserer Landschaft in besonderem Maß repräsentieren, und

- der Verbesserung der Arten- und Biotopausstattung von Gebieten mit hohem Biotopentwicklungspotenzial einschließlich der Verbes-serung des Naturhaushalts und der landschaftlichen Erlebniswirksamkeit.

Obwohl der Naturschutz über gesetzliche Grundlagen verfügt, schreitet die Verarmung unserer Landschaft unvermindert fort. So gelten z. B. rund 49 % der Farn- und Samenpflanzen im Freistaat Sachsen als gefährdet und rund 21 % des Artenbestands von Rundmäulern und Fischen als ausgestorben. Als gefährdet werden 43,5 % des sächsischen Brutvogelbestands und rund 41 % des Sägetierbestands eingestuft (LfUG 2004). Die gegenwärtigen Unterschutzstellungen – lediglich 2,5 % der Fläche Westsachsens sind Naturschutzgebiete – reichen keinesfalls aus, das Artensterben aufzuhalten. Kernbereiche der Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Natur und Landschaft sind deshalb wertvolle Biotope oder wichtige Gebiete des Artenschutzes – unabhängig von ihrem derzeitigen Schutzstatus.

Deutlich wird jedoch darüber hinaus, dass der Schutz real wertvoller Bereiche für Natur und Landschaft eine wesentliche, aber nicht die alleinige Komponente bei der Ausweisung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten Natur und Landschaft darstellen kann. Ebenso wichtig ist der Schutz notwendiger Pufferzonen und von Räumen mit hohem Biotopentwicklungspotenzial zur Schaffung geeigneter Biotopverbünde und -vernetzungen, ohne die die real wertvollen Bereiche von Natur und Landschaft langfristig keinen Bestand haben, des Weiteren Räume, die zur Sicherung anderer Naturhaushaltsfunktionen wesentlich sind. So dienen z. B. die Vorranggebiete Natur und Landschaft ausdrücklich auch dem Schutz natürlicher Überschwemmungsgebiete.

Den Vorrang- und Vorbehaltsgebieten Natur und Landschaft kommt insgesamt ein wesentlicher Entwicklungsimpuls zu. Sie sollen entspre-chend der Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung vom 27. November 1992 zum „Aufbau eines ökologischen Verbundsys-tems in der räumlichen Planung" nicht insulär, sondern als ökologisches Verbundsystem mit einer Fläche von ca. 15 % des nicht besiedel-ten Raums ausgewiesen werden. Die dafür erforderlichen Flächen sollen über Gemeindegrenzen hinweg miteinander ökologisch verbun-den und landesplanerisch gesichert werden. Ziel des ökologischen Verbundsystems ist es, die Verbindung zwischen Lebens-, Rückzugs- und Regenerationsräumen von Tier- und Pflanzenarten zu sichern bzw. ökologisch aufzuwerten. Ausweisungskriterien: Vorranggebiete: Teilaspekt: Schutz/Erhalt

Reale Bedeutung für den Biotopschutz - Waldbestände entsprechend der potenziell natürlichen Vegetation über 80 Jahre (> Altersklasse V) und > 5 ha (sofern nicht in andere

wertvolle Biotopstrukturen eingebettet) einschl. ihrer Randbereiche - §-26-Biotope einschl. ihrer Pufferzonen: Moore, Sümpfe, Röhrichte, seggen- und binsenreiche Nasswiesen, Bruch-, Moor-, Sumpf-

und Auwälder; Quellbereiche, naturnahe und unverbaute Bach- und Flussabschnitte, Altarme, naturnahe stehende Kleingewässer und Verlandungsbereiche stehender Gewässer einschl. Ufervegetation; Trocken- und Halbtrockenrasen, magere Frischwiesen, Gebüsche und Wälder trockenwarmer Standorte einschl. ihrer Staudensäume, Schluchtwälder; offene Binnendünen, offene natürliche Block- und Geröllhalden, offene Felsbildungen; Stollen früherer Bergwerke sowie Konzentration von Streuobstwiesen, Hohlwegen und Trockenmauern

darüber hinaus: - Grünland in Auen und sonstigen grundwasserbeeinflussten Gebieten, Fließgewässer der Güteklasse I und I bis II - naturnahe Flussauen entsprechend LEP, Ziel 4.1.1 - Böden besonderer Funktionalität (Böden mit besonderer Biotopentwicklungsfunktion, besonders naturnahe Böden, besonders seltene

Böden, Böden mit besonderer Funktion als Archiv der Naturgeschichte) Repräsentanz - repräsentativer Ausschnitt des jeweiligen Naturraums Hochwasserschutz - festgesetzte Überschwemmungsgebiete nach § 100 SächsWG sowie natürliche Überschwemmungsgebiete für Fließgewässer 2.

Ordnung entsprechend der Auelehmverbreitung Reale Bedeutung für den Artenschutz - Lebensräume und Vorkommen von Arten, die einen besonderen europäischen Schutzstatus gemäß FFH-Richtlinie (RL 92/43/EWG,

Anhänge I, II und IV) genießen Fachrechtliche Informationen - Festgesetzte Naturschutzgebiete, Flächennaturdenkmale - Gebiete von gesamtstaatlich repräsentativer Bedeutung (Presseler Heidewald- und Moorgebiet) Vorranggebiete: Teilaspekt: Entwicklung - hoher Grundwassereinfluss in Auen - Überschwemmungsgebiete - Gebiete mit sickerwasserbestimmten, nährstoffarmen Böden hohen Natürlichkeitsgrads, überwiegend südexponiert - funktionelle Bedeutung, z. B. Hauptgewässer des Regionalen Fließgewässerschutzsystems einschl. wesentlicher Zuflüsse, Verbin-

dungsgewässer Vorbehaltsgebiete: Teilaspekt: Schutz/Erhalt Bedeutung für den Biotopschutz - ausgewählte Waldbestände > 5 ha einschl. ihrer Randbereiche in ihrer vielfältigen Bedeutung für den Naturhaushalt - Heckengebiete bzw. Gebiete, die durch Hecken, Gehölze und Waldbestände < 5 ha strukturiert werden Bedeutung für den Artenschutz - ausgewählte Zugvögelrastplätze

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Regionalplan Westsachsen 2008 4 Schutz, Pflege und Entwicklung von Natur und Landschaft

Pufferzonen - Randbereiche von Wäldern Fachrechtliche Informationen - festgesetzte Landschaftsschutzgebiete, soweit sie von besonderer Bedeutung für den Naturhaushalt sind Vorbehaltsgebiete: Teilaspekt: Entwicklung Biotopentwicklungspotenzial - hoher Grundwassereinfluss außerhalb von Auen - Gebiete mit sickerwasserbestimmten, nährstoffarmen Böden hohen Natürlichkeitsgrads - Gebiete mit sickerwasserbestimmten, naturnahen Böden, überwiegend südexponiert - funktionale Bedeutung Biotopverbund/Biotopvernetzung, z. B. ausgewählte Nebengewässer des Regionalen Fließgewässerschutz-

systems Ausweisungsgrundlagen: Fachbeitrag Naturschutz und Landschaftspflege zum Landschaftsrahmenplan Region Westsachsen LEP, Karte 7 „Gebietskulisse für die Ausweisung eines ökologischen Verbundsystems“ (als Suchraum) LfUG: Ergebnisse des 2. Durchgangs der Selektiven Biotopkartierung (Stand: 31.12.2006) regionsweite Kartierungen auf der Grundlage der CIR-Befliegung 1992 LfUG: Bodenbewertungsinstrument Sachsen (Stand: 31.12.2005) Kartierung von regionalen Schwerpunkten des Arten- und Biotopschutzes Untersuchungen zur Wildfischfauna in der Region weitere Untersuchungen zu einzelnen Arten einschl. ausgewählter Veröffentlichungen Schutzgebiete (FND, NSG, LSG), FFH-Gebiete etc.

Regionalplanerische Ausweisungen berühren bzw. verändern in keiner Weise einen fachrechtlichen Schutzstatus, wie er z. B. in den §-26-Biotopen, Flächennaturdenkmalen oder geschützten Landschaftsbestandteilen gegeben ist, unabhängig davon, ob sie Teil eines Vorrang-gebiets Natur und Landschaft sind oder nicht. Da die einzelnen Vorranggebiete höchst unterschiedlich strukturiert sind und einen unterschiedlichen Bestand an Arten und Gesellschaften mit ganz verschiedenen Anforderungen an die jeweiligen Umweltbedingungen aufweisen, ist jeweils im Einzelfall zu entscheiden, ob Nut-zungen oder Nutzungsansprüche mit den Zielen von Naturschutz oder Landschaftspflege übereinstimmen oder konfliktieren. So sind z B. Bebauung im Sinne von Besiedlung (gemäß Begründung zu Z 5.1.10), Rohstoffabbau, Freizeit- und Vergnügungsparks, Fotovoltaik-Frei-flächenanlagen, Campingplätze, Tennis- und Sportplätze mit Versiegelungen Parkplätze und Straßen mit der vorrangigen Zweckbestim-mung der Vorranggebiete Natur und Landschaft nicht vereinbar. Durch die Vermeidung von störenden Planungen und Maßnahmen (z. B. Bebauung, Abgrabung, Verlärmung, Schadstoffeintrag, zer-schneidend wirkende Trassen) in den Vorranggebieten Natur und Landschaft sowie in deren unmittelbarer Umgebung wird deren Funktion und Entwicklung als Kerngebiete des ökologischen Verbundsystems nachhaltig unterstützt.

Zu Ziel 4.2.2 Die Muldenaue zwischen Wurzen und Eilenburg hat als eine der letzten naturnahen Flussauen und -landschaften (u. a. Landesschwer-punktprojekt Naturschutz, FFH-Gebiet, SPA-Gebiet) zugleich auch eine hohe Bedeutung für die Trinkwassergewinnung. So deckt die Trinkwasserfassung Canitz-Thallwitz einen Großteil der Trinkwasserversorgung der Stadt Leipzig und des Umlands ab. Wie die Mulden-aue hat auch die Elbaue europäische Bedeutung für Natur und Landschaft (SPA-Gebiet, FFH-Gebiet). Zugleich stellt die Elbaue jedoch auch einen wesentlichen Pfeiler der Trinkwasserversorgung Mitteldeutschlands dar. Die Trinkwasserfassungen im Bereich der Elbe und Mulde verfügen mit 124 500 m³/d (Torgau-Ost), 116 600 m³/d (Mockritz-Elsnig) und 75 000 m³/d (Canitz-Thallwitz) über die mit Abstand größten genehmigten Fördermengen in Westsachsen. Die Ausweisung der Auen als Vorranggebiet Natur und Landschaft soll dem herausragenden ökologischen Wert der Gebiete Rechnung tragen, darüber hinaus gleichzeitig die Überschwemmungsgebiete sichern und die für Mitteldeutschland wertvollen Grundwasserressour-cen vor Beeinträchtigungen schützen. Bestehende wasserrechtliche Genehmigungen zur Trinkwassergewinnung sind durch diese Auswei-sung in keiner Weise berührt oder beschränkt. Ziel 4.2.2 umfasst gleichfalls geplante Erweiterungen der Trinkwassergewinnung, ohne einer einzelfallbezogenen Prüfung von Vorhaben bezüglich der Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen der FFH-Gebiete vorzugreifen. Das Ziel 4.2.2 bezieht sich damit auch auf künftige Maßnahmen der Trinkwassergewinnung wie z. B. Erkundungsbohrungen, Einrichtun-gen von Grundwassermessstellen und Brunnenanlagen, ersetzt jedoch keine standortkonkrete Einzelfallprüfung, d. h., ein Rechtsanspruch auf Genehmigung einer Anlage dieser Art kann aus dem Ziel nicht abgeleitet werden. Bei der Einzelfallprüfung ist der Schutzzweck des Vorranggebiets zu beachten. Ökologische Funktionen der Auen in ihrer Gesamtheit dürfen nicht nachhaltig beeinträchtigt werden.

Zu Ziel 4.2.3 Bei Überlagerung der Anspruchsflächen für Vorranggebiete Natur und Landschaft mit den Anspruchsflächen für Vorranggebiete vor-beugender Hochwasserschutz (vgl. Begründung zu 4.2.1 und zu 4.3.3) wird in diesem Plan zugunsten des Vorrangs Natur und Landschaft abgewogen. Damit wird einerseits dem Umstand Rechnung getragen, dass gemäß § 4 Abs. 2 SächsLPlG sowie § 5 Abs. 4 SächsNatSchG der Regionalplan zugleich die Funktion des Landschaftsrahmenplans übernimmt und andererseits mit den Bestimmungen des § 100 SächsWG i. V. m. den Rechtsverordnungen zu den einzelnen Überschwemmungsgebieten ein ausreichender fachrechtlicher Schutzstatus besteht. Auch gemäß den Handlungsempfehlungen der Ministerkonferenz für Raumordnung zum vorbeugenden Hochwasserschutz vom 14. Juni 2000 ist „die Einbeziehung bereits festgesetzter Überschwemmungsgebiete in die Vorrangausweisung vorbeugender Hoch-wasserschutz vom Grundsatz her nicht notwendig, da sie keine Veränderung bzw. Verstärkung des betreffenden Schutzstatus der Gebiete bewirken kann“. Die Option einer überlagernden Ausweisung beider Vorränge, wie sie gemäß LEP bei Konfliktfreiheit als möglich erachtet wird, wird daher in diesem Plan u. a. auch aus Rechtssicherheitsgründen nicht in Anspruch genommen (vgl. auch Normenkontroll-Urteil

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Regionalplan Westsachsen 2008 4 Schutz, Pflege und Entwicklung von Natur und Landschaft

des SächsOVG v. 26. Nov. 2002, Az.: 1 D 36/01). Mit der im Regionalplan hinsichtlich der Überlagerung von Anspruchsflächen für Vorranggebiete Natur und Landschaft mit Anspruchsflächen für Vorranggebiete vorbeugender Hochwasserschutz (vgl. Karte 14 „Raum-nutzung“) vorgenommenen Abwägung zugunsten von Natur und Landschaft soll kein Präjudiz für zukünftige Verfahren zur rechtlichen Zulassung von Maßnahmen des vorbeugenden Hochwasserschutzes geschaffen werden.

Die in den Plansätzen 4.3.4.1 und 4.3.4.2 festgesetzten Handlungserfordernisse bzw. Nutzungsbeschränkungen für die Vorranggebiete vorbeugender Hochwasserschutz dienen dem Erhalt des Rückhalteraums und des Wasserabflusses. Da im vorliegenden Plan die engeren Auenbereiche i. d. R. als Vorranggebiete Natur und Landschaft (und nicht als Vorranggebiete vorbeugender Hochwasserschutz) ausge-wiesen sind, besteht der raumordnerische Regelungsbedarf bezüglich der Handlungserfordernisse bzw. Nutzungsbeschränkungen ebenso für die im Plansatz benannten Bereiche der Vorranggebiete Natur und Landschaft.

Die Pflege und Wiederherstellung von standortgerechten Auwaldstrukturen in Vorranggebieten Natur und Landschaft, die gleichzeitig Überschwemmungsgebiete sind, dient grundsätzlich auch dem vorsorgenden Hochwasserschutz. Die Retentionswirkung wird durch die Verringerung der Fließgeschwindigkeit, eine ausgeprägte Infiltrationsfähigkeit der Aueböden und deren verbesserte Wasserspeicherkapa-zität erreicht. Gleichzeitig wird durch den Wasserverbrauch der Vegetation der verfügbare Bodenspeicher ständig erneuert. Naturnah auf-gebaute Wälder der Hartholzaue gehören zu den produktivsten Waldökosystemen überhaupt. Eine naturnah aufgebaute Weichholzaue bewirkt eine weitgehende Stabilisierung der Uferverläufe. Eine Aufforstung mit standortgerechten Gehölzen in nicht abflusswirksamen Teilbereichen von Überschwemmungsgebieten wird sich im Regelfall vorteilhaft auf den vorsorgenden Hochwasserschutz auswirken. Der Plansatz unterstützt damit ebenso eine Zielstellung der EU-WRRL, dass bis zum Jahr 2015 alle europäischen Oberflächengewässer einen „guten Zustand“ bzw. ein „gutes ökologisches Potenzial“ erreichen sollen [WRRL, Artikel 4, Abs. 1 a) ii)]. Dabei bezieht sich der „gute Zustand“ auf die ökologischen und chemischen Merkmale, wozu u. a. ein für den jeweiligen Fließgewässertyp charakteristische naturnahe Ufer- und Auenstruktur sowie -vegetation zählt.

Zu Ziel 4.2.4 Eine waldbauliche Nutzung in Vorranggebieten Natur und Landschaft soll naturnah erfolgen und naturschutzrelevante Erfordernisse be-achten. Nach dem SächsNatSchG ausgewiesene geschützte Teile von Natur und Landschaft sind gemäß den geltenden Schutz-vorschriften einschließlich ggf. vorhandener Pflege- und Entwicklungspläne zu pflegen und zu bewirtschaften.

Zu Ziel 4.2.5 Trocken exponierte Biotoptypen sind entsprechend den naturräumlichen Verhältnissen in der Region Westsachsen relativ kleinflächig und selten und deshalb überwiegend als Vorranggebiete Natur und Landschaft ausgewiesen. Zum Erhalt des Arteninventars sollen vorkom-mende Biotope erhalten, arrondiert, d. h. abgerundet, und sofern es die naturräumlichen Voraussetzungen bei ausreichenden Biotop-einzelgrößen erlauben zu Biotopkomplexen gehölzarmer Trocken- und Halbtrockenrasen, vegetationsarmer Flächen und kleinerer Gehölz-bestände zusammengeführt werden.

Zu Ziel 4.2.6 Auen stellen äußerst vielfältige und die Leipziger Tieflandsbucht besonders prägende Lebensräume dar. Durch den Rückbau von Meliora-tionen sollen in den Auen natürliche Grundwasserstände angestrebt werden, sofern dadurch keine Siedlungen oder Nutzungen außerhalb der Vorranggebiete beeinträchtigt werden.

Der Umbruch von Grünland in Acker ist zu unterlassen. Auf eine schrittweise Umwandlung von Acker in umweltgerecht genutztes Grün-land und eine Anreicherung mit Gehölzen ist in Auen auch aus Gründen des Hochwasserschutzes, der Abschwemmung und des Nähr-stoffeintrags in die Gewässer hinzuwirken. Dabei sind die Anforderungen des § 100 Abs. 2 Ziffer 7 SächsWG zu beachten. Die Erhöhung des Waldanteils wirkt landschaftsökologisch günstig. Trocken exponierte Auenränder sollen zum Erhalt der Standortnähe extrem unterschiedlicher Biotoptypen besonders geschützt werden.

Den Fließgewässern soll in den Überschwemmungsgebieten wieder verstärkt Raum für eine dynamische Entwicklung gegeben werden. Dies entspricht dem landesplanerischen Grundsatz, einer Erhöhung des natürlichen Retentionsvermögens Vorrang vor Hochwasser-schutzanlagen einzuräumen.

Die angestrebte Entwicklung der Muldenaue, der Elster- und der Elbaue wird im Leitbild für Natur und Landschaft des Regionalplans konkretisiert (vgl. Anhang 3). Darüber hinaus bieten insbesondere kommunale Landschaftspläne die Möglichkeit, die Gestaltung und Entwicklung der Auen zu konkretisieren, inhaltlich auszuformen und notwendige Maßnahmen abzuleiten.

Zu Ziel 4.2.7 Naturnahe Bereiche von Fließ- und Stillgewässern einschließlich ihrer Ufer und regelmäßig überfluteten Bereiche stehen nach § 26 SächsNatSchG grundsätzlich unter besonderem Schutz. Ziel der EU-WRRL ist zudem die Erreichung des guten ökologischen Zustands für alle natürlichen Fließ- und Stillgewässer, die in den Regelungsbereich der Richtlinie fallen. Die Sicherung und Förderung ihrer natur-nahen Entwicklung dient somit u. a. dem Erhalt ihrer ökologischen Funktionen (vgl. dazu auch Begründung zu LEP, Z 4.1.2). Gewässer-nutzungen sollen daher so erfolgen, dass keine Beeinträchtigungen dieser ökologisch wertvollen Bereiche entstehen.

Weitere Festlegungen zum Schutz sowie zur Verbesserung des ökologischen Zustands der Fließ- und Stillgewässer sind in den Kapiteln 4.3.2 und 4.3.3 enthalten.

Zu Ziel 4.2.8 Bei dem in Karte 14 „Raumnutzung“ in Form der Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Natur und Landschaft, der Vorranggebiete Waldmehrung sowie der Vorranggebiete Landwirtschaft der Delitzscher und Markranstädter Platte ausgewiesenen und in Karte 8 dargestellten ökologi-

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Regionalplan Westsachsen 2008 4 Schutz, Pflege und Entwicklung von Natur und Landschaft

schen Verbundsystem handelt es sich nicht um parzellenscharf abgegrenzte Flächen zum Schutz von Einzelbiotopen, sondern um weiter gefasste Bereiche im Sinne eines regionalen Verbundkonzepts. Die konkrete Ausgestaltung und Ergänzung des Systems, insbesondere der Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Natur und Landschaft sowie der Vorranggebiete Waldmehrung, durch den Aufbau lokaler Biotopver-bundsysteme kann nur auf kommunaler Ebene mithilfe der Fachbehörden erfolgen. Dazu eignet sich vor allem das Instrument der kom-munalen Landschaftsplanung.

Zu Ziel 4.2.9 Wandernde Tierarten erfordern durch die Problematik größerer räumlicher Distanzen einen expliziten regionalplanerischen Schutz, da der fachrechtliche Schutz derartigen Wanderungsbewegungen nur in eingeschränktem Maß Rechnung tragen kann. Die Mehrzahl wandernder Tierarten ist vom Aussterben bedroht oder gefährdet. In Westsachsen spielen dabei Amphibienwanderungen zwischen Winterquartier, Laichplatz und Sommerquartier, Sommerquartiere von Fledermäusen bzw. deren Überflüge zu ihren Winterquartieren sowie die Herbst- und Winterrast durchziehender Vögel eine besondere Rolle.

Verkehrstrassen können in Abhängigkeit von Ausbau und Verkehrsbelegung starke Zerschneidungswirkungen erzeugen. Deshalb ist beim Bau derartiger Verkehrstrassen, insbesondere auch der BAB A 72, auf die Anlage angemessener Querungsmöglichkeiten für wandernde Tierarten hinzuwirken.

4.3 Wasser, Gewässer- und Hochwasserschutz 4.3.1 Grundwasser

Karte „Regional bedeutsame Grundwassersanierungsgebiete“ sind in der Karte 15 „Sanierungsbedürftige Bereiche der Landschaft“ ausgewiesen. „Braunkohlenbergbaubedingte Grundwasserabsenkungsgebiete“, „Braunkohlenbergbaubedingte Grund-wasserwiederanstiegsgebiete“ und „Gebiete mit besonderen Anforderungen des Grundwasserschutzes“ sind in der Karte 16 „Bereiche der Landschaft mit besonderen Nutzungsanforderungen“ ausgewiesen.

Hinweis Weitere Festlegungen zu regional bedeutsamen Wasserressourcen sind in Kapitel 13 enthalten.

Z 4.3.1.1 „Regional bedeutsame Grundwassersanierungsgebiete“ sind hinsichtlich ihrer mengenmäßigen und chemischen Belastungen weiter zu untersuchen und zu sanieren.

Z 4.3.1.2 In „Braunkohlenbergbaubedingten Grundwasserabsenkungsgebieten“ sollen neue Grundwasser-entnahmen nur dann erfolgen, wenn dadurch die Restlochflutung und der natürliche Grundwasser-wiederanstieg im Gebiet bis zur Einstellung des stationären Zustands nicht erheblich verzögert werden.

Z 4.3.1.3 In „Braunkohlenbergbaubedingten Grundwasserwiederanstiegsgebieten“ sind entstehende vernäs-sungsgefährdete Bereiche im Rahmen der Bauleitplanung und im Zuge von Erstaufforstungen und Waldumbaumaßnahmen zu beachten bzw. durch eine standortgerechte Bodennutzung im Rahmen der Landwirtschaft zu berücksichtigen. Dabei ist das Auftreten bergbaubedingt versauerter Grundwässer in Tagebaukippengebieten sowie in abstromig angrenzenden Bereichen zu beachten und in seiner Wirkung auf Bausubstanz und Brauchwassernutzungen zu berücksichtigen.

Z 4.3.1.4 Altlasten sowie altlastverdächtige Flächen in den „Braunkohlenbergbaubedingten Grundwasser-absenkungsgebieten“, den „Braunkohlenbergbaubedingten Grundwasserwiederanstiegsgebieten“ sowie in den „Regional bedeutsamen Grundwassersanierungsgebieten“ sind vorrangig zu unter-suchen und zu sanieren.

Z 4.3.1.5 In „Gebieten mit besonderen Anforderungen des Grundwasserschutzes“ ist der hohen und sehr hohen Empfindlichkeit des Grundwassers gegenüber Schadstoffeinträgen durch angepasste Bewirt-schaftungsformen Rechnung zu tragen.

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G 4.3.1.6 Bei der Planung von Baugebieten sollen die wirtschaftlichen Möglichkeiten zur Versickerung von nicht schädlich verunreinigtem Niederschlagswasser ausgeschöpft werden, soweit dies die Boden-eigenschaften und geologischen Bedingungen zulassen. Bei Entwässerungsplanungen von Bau-gebieten sollen die natürlichen Wasserscheiden eingehalten werden.

Begründung zu 4.3.1 Grundwasser Zu Ziel 4.3.1.1 Die EU-Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRRL 2000/60/EG) sieht einen umfassenden Schutz des Schutzguts Wasser (Grund- und Oberflä-chenwasser) vor. Zentrale Forderung der EU-WRRL ist die Erreichung eines „guten Zustands“ von Grund- und Oberflächenwasserkörpern bis 2015, wobei generell für alle Gewässer ein Verschlechterungsverbot gilt. Für das Grundwasser stellen der „gute chemische Zustand“ und der „gute mengenmäßige Zustand“ das Ziel dar. Darüber hinaus ist der gute Zustand daran zu bemessen, dass grundwasser-abhängige Oberflächengewässer- und Landökosysteme sowohl chemisch als auch mengenmäßig nicht beeinträchtigt werden. Für alle Grundwasserkörper (GWK) ist zu prüfen, ob sie trotz vorhandener Belastungen die Ziele der WRRL bis 2015 wahrscheinlich erreichen. Sofern GWK die Ziele der WRRL bis 2015 wahrscheinlich nicht erreichen, sind weitere Untersuchungen vorzunehmen und ggf. Maß-nahmen zur Zielerreichung vorzusehen. Gemäß der Begründung zu Ziel 4.3.1 sollen u. a. vorrangig die mengenmäßigen und chemischen Belastungen in allen Grundwasserkör-pern, für die ein Risiko hinsichtlich der Zielerreichung gemäß der EU-WRRL besteht, saniert werden. Darüber hinaus stellen in Westsach-sen Gefährdungen des Einzugsgebiets der regional bedeutsamen Wassergewinnungsanlage des Wasserwerks Mockritz-Elsnig durch altlastenbedingte Grundwasserkontaminationen Schwerpunkte der Grundwassersanierung dar. In Ausformung von Ziel 4.3.1 1 i. V. m. Ziel 4.1.4 des LEP sind diese Gebiete als „Regional bedeutsame Grundwassersanierungsgebiete“ in Karte 15 „Sanierungsbedürftige Bereiche der Landschaft“ ausgewiesen.

Ausweisungskriterien: Grundwasserkörper, die den guten Zustand nach Artikel 4 EU-WRRL bis zum Jahr 2015

- wahrscheinlich nicht erreichen Grundwasserkörper mit Sanierungsbedarf oder - bei denen die Zielerreichung unklar ist Grundwasserkörper mit Untersuchungsbedarf

Umgriff des Projekts „MOST“ als Schwerpunkt der Grundwassersanierung im Einzugsgebiet der Trinkwasserfassungen des Wasser-werks Mockritz-Elsnig

Ausweisungsgrundlagen: SMUL: Kompaktbericht zur Bestandsaufnahme nach WRRL im Freistaat Sachsen. 2005

Aus den Belastungen durch Punktquellen, diffuse Quellen, Entnahmen und künstliche Anreicherungen sowie durch anthropogene Einwir-kungen wurden die GWK ermittelt, die den guten Zustand gemäß Artikel 4 EU-WRRL bis zum Jahr 2015 wahrscheinlich nicht erreichen oder bei denen die Zielerreichung unklar ist. Danach erreichen 11 der insgesamt 23 vollständig oder teilweise in der Region befindlichen GWK die Ziele der EU-WRRL nicht. Sie umfassen eine Fläche von ca. 2 000 km², das sind ca. 45 % der Regionsfläche (vgl. auch Fachbeitrag Naturschutz und Landschaftspflege zum Landschaftsrahmenplan Region Westsachsen, Kap. 2.3.2).

Im Einzelnen ist die unwahrscheinliche oder unklare Zielerreichung von GWK zurückzuführen auf: - das Nichterreichen des „guten mengenmäßigen Zustands“ (GWK „Weißelsterbecken mit Bergbaueinfluss“ – umfangreiche Grundwas-

serentnahmen für die Sümpfung und Vorfeldentwässerung der Tagebaue Vereinigtes Schleenhain und Profen übersteigen zu mehr als 50 % die Grundwasserneubildung),

- das Nichterreichen des „guten chemischen Zustands“ (Belastungen durch diffuse Quellen und Punktquellen) infolge der Belastungen durch diffuse Quellen (flächenhafte oder linienförmige Stoffemissionen, die nicht eindeutig einem Verur-

sacher zugeordnet werden, wie Luftschadstoffe, Landwirtschaft, urbane Gebiete sowie ausgedehnte Industriegebiete und Ver-kehrsanlagen): 7 GWK mit einer Fläche von insgesamt 795 km² (ca. 18 % der Regionsfläche), die insbesondere die GWK in den agrarisch geprägten Gebieten des Döbelner Lösshügellands (Jahna), des Kohrener Lands sowie im Gebiet südlich der Dahlener Heide (Dahle und Döllnitz) umfassen,

infolge der Belastungen durch Punktquellen (Grundwasser gefährdende Altlasten): GWK „Großraum Leipzig“ (Überlagerung zahl-reicher relevanter Punktquellenstandorte mit Schadstoffeinträgen ins Grundwasser im Stadtgebiet von Leipzig) und „Weißelster-becken mit Bergbaueinfluss“ (Industrieregion Böhlen-Lippendorf im sächsischen Teil von zentraler Bedeutung) mit einer Fläche von insgesamt 782 km² (ca. 18 % der Regionsfläche),

- das Nichterreichen aufgrund „sonstiger anthropogener Einwirkungen“ (Belastungen, die weder den mengenmäßigen noch den Belas-tungen durch Punkt- bzw. diffuse Quellen eindeutig zugeordnet werden können); betrifft die 3 bergbaulich beeinflussten GWK („Lober-Leine“, „Strengbach“ und „Weißelsterbecken mit Bergbaueinfluss“) mit einer Fläche von 950 km² (ca. 22 % der Regionsfläche), für die eine abschließende Bewertung der Versauerungsprozesse in den Kippen des Braunkohlenbergbaus aufgrund bisher nicht vorlie-gender Messergebnisse nicht möglich ist. Zur Minderung der Auswirkungen durch die versauerten Grundwässer in Kippenbereichen der Braunkohlentagebaue sind Flächen-nutzungen mit niedriger Grundwasserneubildung anzustreben.

Im Rahmen der Umsetzung der Anforderungen der EU-WRRL – Erreichung eines guten Zustands aller Gewässer bis 2015 – sind auf Grundlage der Bestandsaufnahme Überwachungsprogramme einzurichten und aufbauend auf deren Ergebnisse Maßnahmenprogramme für Flussgebietseinheiten zu erstellen, die bis 12/2009 in Bewirtschaftungsplänen zusammenzufassen sind. Mit der Umsetzung der Maß-nahmenprogramme bis Ende 2012 soll das vorg. Ziel erreicht werden. Die Existenz der drittgrößten Rüstungsaltlast Deutschlands im Bereich WASAG Elsnig/MUNA Süptitz, unmittelbar angrenzend an das Trinkwasserschutzgebiet „Mockritz-Elsnig“, das für die Trinkwasserversorgung des mitteldeutschen Ballungsraums Leipzig-Halle von über-

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Regionalplan Westsachsen 2008 4 Schutz, Pflege und Entwicklung von Natur und Landschaft

regionaler Bedeutung ist, erforderte schon frühzeitig Maßnahmen zur Altlastenerkundung und Gefahrenabwehr. Im Rahmen des „MOST-Projektes Rüstungsaltlast WASAG Elsnig“ wurde besonderes Augenmerk auf den Schutz der Trinkwasserfassungen in der Elbaue gelegt. Dazu ist neben einer stufenweisen Altlastenbehandlung eine integrierte Betrachtung der eingetretenen Grundwasserschäden erforderlich. Im Rahmen des Projekts besteht die Aufgabe, den Forschungs- und Entwicklungsbedarf zur Behandlung von Rüstungsaltlasten, z. B. beim Abbauverhalten sprengstofftypischer Verbindungen oder der Entwicklung neuartiger Sanierungstechniken und -strategien abzu-decken sowie Monitoringmaßnahmen zur Gefährdungsabschätzung der Grundwasserbeschaffenheit in der Elbaue durchzuführen.

Zu Ziel 4.3.1.2 Der regionalplanerische Handlungsbedarf resultiert aus der Situation, dass neue Grundwasserentnahmen erheblichen (bilanzrelevanten) Ausmaßes den natürlichen Grundwasseranstieg innerhalb des bergbaubedingten Grundwasserabsenkungstrichters gefährden und die Restlochflutung verzögern können. Damit würden ggf. die Gestaltung der Bergbaufolgelandschaft infrage gestellt bzw. die vorgesehenen Nutzungsoptionen gravierend verändert.

Die Neueinrichtung von Grundwasserfassungen soll nur insoweit zulässig sein, wie es zu keiner Beeinträchtigung des natürlichen Grund-wasseranstiegs im Gebiet kommt. Eine Beeinträchtigung ist in der Regel dann zu befürchten und im Einzelfall zu prüfen, wenn neue Grundwasserentnahmen bilanzrelevanten Ausmaßes geplant sind (in der Regel > 500 m³/Tag). In die Prüfung sind immer die im Umfeld der geplanten Maßnahme bereits bestehenden Wasserentnahmen einzubeziehen. Bestehende wasserrechtliche Genehmigungen werden durch das Ziel in keiner Weise berührt.

Ein im Sinne des SOLL-Ziels atypischer Fall liegt vor, wenn Grubenwasserhebungen und Ersatzwasserfassungen im Rahmen des künfti-gen Braunkohlenbergbaus (Tagebaue Profen und Vereinigtes Schleenhain) oder als Ersatz für beeinträchtigte oder ausfallende Kapazi-täten notwendig werden.

Die „Braunkohlenbergbaubedingten Grundwasserabsenkungsgebiete“ sind als „Bereiche der Landschaft mit besonderen Nutzungsanfor-derungen“ gemäß LEP, Ziel 4.3.1 i. V. m. Ziel 4.1.4 in Karte 16 ausgewiesen.

Ausweisungskriterien: Abgrenzung der Grundwasserabsenkungsgebiete infolge des Braunkohlenbergbaus für die Zeitschnitte 2010 und 2015 (Nordraum

Leipzig) bzw. 2020 (Südraum Leipzig)

Ausweisungsgrundlagen: Ingenieurbüro für Grundwasser GmbH Leipzig: Einwirkungsbereiche der bergbaubedingten Grundwasserabsenkung im Süd- und

Nordraum Leipzig (06/2004) In den braunkohlenbergbaubedingten Grundwasserabsenkungsgebieten, deren Grenzen durch die maximale Absenkungsreichweite in quartären und tertiären Grundwasserleitern bestimmt sind, hat die Wiederherstellung quasi natürlicher Grundwasserstände Vorrang gegenüber der Neueinrichtung von Grundwasserfassungen. Bei nicht ausreichender Wiederanstiegsgeschwindigkeit in Restlöchern kön-nen Nacharbeiten an Böschungen zur Gewährleistung der Standsicherheit erforderlich werden, die die Sanierungsaufwendungen erhöhen. Bei setzungsfließgefährdeten Böschungssystemen können im Extremfall Rutschungen auftreten. Darüber hinaus wird der Nutzungsbeginn der Tagebaurestseen verzögert sowie werden Beeinträchtigungen grundwasserabhängiger Lebensräume erhöht und verlängert.

Zu Ziel 4.3.1.3 Die Einstellung der Wasserhaltungen in den ehemaligen Braunkohlentagebauen im Nord- und Südraum von Leipzig, die Flutung der Rest-löcher sowie das Auslaufen der heute noch aktiven Tagebaue bis ca. 2040 führt kurz-, mittel- und langfristig zu einem großräumigen Wie-deranstieg des Grundwasserspiegels. Aus den hohen Grundwasserständen können sich vielfältige Auswirkungen auf den Naturhaushalt sowie bestehende und geplante Nutzungen, wie z. B. - Änderung der Standortbedingungen für eine an jahrzehntelange Grundwasserabsenkung angepasste Flora und Fauna, - negative Folgen für die Gewässergüte (Schadstoffeintrag) aus der Wechselwirkung von Altlasten und kontaktierendem Grundwasser, - Beeinflussung infrastruktureller und baulicher Anlagen infolge des flurnah aufsteigenden Grundwassers (Vernässung von Bauwerken,

Betonaggressivität), - Veränderung der Standortbedingungen land- und forstwirtschaftlich genutzter Flächen (Vernässung); veränderte Rahmenbedingungen

für Erstaufforstungen, - Nutzungseinschränkungen der Land- und Forstwirtschaft durch Kippenversauerung (Pyrit- und Markasitverwitterung) und - Beeinflussung der Standsicherheit von bisher außerhalb des Einwirkungsbereichs des Grundwassers liegenden Kippböden ergeben (vgl. dazu auch Fachbeitrag Naturschutz und Landschaftspflege zum Landschaftsrahmenplan Region Westsachsen, Kap. 2.3.2). Die Auswirkungen des Grundwasserwiederanstiegs werden gemäß der „Rahmenvereinbarung zur Finanzierung der Untersuchungen, Sanierungskonzepte und Abwehrmaßnahmen des mit der bergbaulichen Stilllegung der Braunkohlentagebaue verbundenen Grundwas-serwiederanstiegs“ zwischen dem Freistaat Sachsen und der LMBV mbH vom 16.09.1999 in den bergrechtlichen „Betriebsplänen für die Folgen des Grundwasserwiederanstiegs nach Einstellung der bergbaulichen Entwässerung“ auf Grundlage hydrogeologischer Großraum-modelle für alle stillgelegten Tagebaubereiche ermittelt, beschrieben und bewertet. Bei allen sachlich und räumlich betroffenen nachgeord-neten Plänen sind diese Vorgaben zu beachten bzw. soll auf das möglicherweise erhöhte Baugrundrisiko hingewiesen werden. Die „Braunkohlenbergbaubedingten Grundwasserwiederanstiegsgebiete“, in denen sich derzeit und künftig der größte Handlungsbedarf abzeichnet (Gebiete, in denen infolge der Einstellung der bergbaubedingten Grundwasserabsenkung ein Grundwasserwiederanstieg bis 1 m unter Geländeoberkante oder höher zu erwarten ist), werden daher gemäß LEP, Ziel 4.1.4 als „Bereiche der Landschaft mit beson-deren Nutzungsanforderungen“ in Karte 16 ausgewiesen. Die „Braunkohlenbergbaubedingten Grundwasserwiederanstiegsgebiete“ zeigen somit die Ausbreitung oberflächennaher Grundwasserstände auf dem Weg zum stationären Zustand.

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Regionalplan Westsachsen 2008 4 Schutz, Pflege und Entwicklung von Natur und Landschaft

Ausweisungskriterien: Gebiete, in denen durch Einstellung der bergbaubedingten Grundwasserabsenkung ein Grundwasserwiederanstieg bis 1 m unter

Geländeoberkante oder höher zu erwarten ist

Ausweisungsgrundlagen: Ingenieurbüro für Grundwasser GmbH Leipzig: Grundwasserflurabstände 0 bis 2 m für den stationären Endzustand unter Berücksich-

tigung mittlerer Grundwasserneubildung für den Nord- und Südraum Leipzig auf der Grundlage der Betriebspläne „Folgen des Grund-wasserwiederanstiegs“ (06/2004)

Ingenieurbüro für Grundwasser GmbH Leipzig: Grundwasserflurabstände 0 bis 2 m für den stationären Endzustand unter Berücksich-tigung mittlerer Grundwasserneubildung außerhalb der Betriebsplangebiete auf der Grundlage des hydrogeologischen Modells HGMS99 (06/2004)

Ingenieurbüro für Grundwasser GmbH Leipzig: Grundwasserflurabstände 0 bis 1 m für den stationären Endzustand (Jahr 2100) im Tagebaubereich Vereinigtes Schleenhain in „Hydrogeologische Zuarbeit zur UVU Tagebau Vereinigtes Schleenhain – Erweiterung UVU-Grenze“ (Stand: 23.03.2007)

Auch wenn die Erreichung des stationären Endzustands noch mehrere Jahrzehnte andauern wird, sind langfristig auf Grundlage der „Betriebspläne Folgen des Grundwasserwiederanstiegs“ vorsorgende Maßnahmen zur Minderung des Schadenspotenzials zu ergreifen. Dazu sind u. a. vernässungsgefährdete Bereiche im Rahmen der Bauleitplanung zu berücksichtigen, Waldumbau- bzw. Erstaufforstungs-maßnahmen an den sich einstellenden Grundwasserflurabständen zu orientieren sowie die landwirtschaftlichen Bewirtschaftungsformen diesen Gegebenheiten anzupassen. Die Benennung konkreter Sanierungs- bzw. Gefahrenabwehrmaßnahmen muss für den konkreten Einzelfall auf Grundlage detaillierter Untersuchungen bzw. Gefährdungsabschätzungen erfolgen. Die Regionalplanung kann daher im Sinne der Vorsorge nur auf besonders gefährdete Gebiete hinweisen.

Durch die geplante Herstellung des Neukieritzscher Sees im Zuge der Wiedernutzbarmachung des Tagebaus Vereinigtes Schleenhain ergeben sich für den Bereich des Kippenplateaus südwestlich der Ortslage Neukieritzsch im Gegensatz zur Ausweisung in Karte 16 verän-derte Grundwasserflurabstände (Grundwasserflurabstand 0 – 1 m) für den stationären Zustand (bei mittlerer Grundwasserneubildung), die der „Gutachterlichen Bewertung der hydraulischen Einflüsse der Bergbaufolgelandschaft des Tagebaues Vereinigtes Schleenhain auf das FFH-Gebiet der Lobstädter Lachen, Auswirkungen der Reliefgestaltung des Neukieritzscher Sees“ (IBGW Leipzig vom 08.08.2005)“ entnommen werden können. Detailliertere Aussagen erfolgen im Zuge des Verfahrens zur Neuaufstellung des Braunkohlenplans Tagebau Vereinigtes Schleenhain.

Zu Ziel 4.3.1.4 Der Plansatz konkretisiert die Ziele 4.3.1.1, 4.3.1.2 und 4.3.1.3 hinsichtlich der Untersuchung und Sanierung von Grundwasserbelastungen durch Altlasten und altlastverdächtige Flächen in den Gebieten mit besonderem Handlungsbedarf (z. B. zur Umsetzung der EU-WRRL). Darüber hinaus können mit dem Wiederanstieg des Grundwassers in den Restlöchern und Kippenbereichen Beeinträchtigungen der Grundwasserqualität einerseits durch die infolge der Pyrit- und Markasitverwitterung sauren Wässer (pH-Werte < 4), andererseits durch die Durchströmung verbreitet ungeordnet verbrachter Abfallablagerungen verbunden sein. Auch zusammen mit Abraummassen verkippte Kraftwerksaschen können die Qualität des Kippengrundwassers beeinflussen. Zur Vermeidung von möglichen Gefährdungen der vorgese-henen Nutzungen und Funktionen in der Bergbaufolgelandschaft sind zielgerichtete Untersuchungen und ggf. Sanierungsarbeiten erfor-derlich (vgl. auch Begründungen zu Z 4.3.1.1, 4.3.1.2 und 4.3.1.3).

Zu Ziel 4.3.1.5 In Ausformung von Ziel 4.1.4 des LEP und in räumlicher Konkretisierung des Ziels 4.3.1 (LEP) erfolgt die Ausweisung von „Gebieten mit besonderen Anforderungen des Grundwasserschutzes“ in Karte 16 „Bereiche der Landschaft mit besonderen Nutzungsanforderungen“. In diesen Gebieten ist die sehr hohe und hohe Empfindlichkeit des Grundwassers gegenüber (Schad-)Stoffeinträgen durch bestehende sowie geplante Flächennutzungen (z. B. Landwirtschaft, Industrie und Gewerbe) besonders zu beachten. Dabei ist die Empfindlichkeit des Grundwassers gegenüber (Schad-)Stoffeinträgen von der geologischen Überdeckung, vom Grundwasserflurabstand sowie vom Schad-stofffilter- und -puffervermögen des Bodens abhängig (vgl. Fachbeitrag Naturschutz und Landschaftspflege zum Landschaftsrahmenplan Region Westsachsen, Kap. 2.3.2).

Ausweisungskriterien: Gebiete mit hoher und sehr hoher Empfindlichkeit des Grundwassers gegenüber (Schad-)Stoffeinträgen

Ausweisungsgrundlagen: Hydrogeologische Karte (HK 50) LfUG: Bodenbewertungsinstrument Sachsen (Stand: 31.12.2005) Fachbeitrag Naturschutz und Landschaftspflege zum Landschaftsrahmenplan Region Westsachsen

Angepasste Bewirtschaftungsformen sind umweltgerechte landwirtschaftliche Nutzungen, die der Empfindlichkeit des Grundwassers in besonderem Maß Rechnung tragen, u. a. auch der ökologische Landbau und eine extensiv betriebene Landwirtschaft sowie stoffeintrags-minimierende Bewirtschaftungsweisen im Ackerbau (konservierende Bodenbearbeitung, Direktsaat, Zwischenfruchtanbau). Zu angepass-ten Bewirtschaftungsformen zählen des Weiteren forstwirtschaftliche Nutzungen und Bewirtschaftungen zur Landschaftspflege.

Zu Grundsatz 4.3.1.6 Eine wesentliche Voraussetzung für die Erhaltung und Regeneration der regionalen Grundwasservorräte und damit auch für deren Nutzungsfähigkeit ist die Neubildung des Grundwassers. Nach § 43 Abs. 1 SächsWG darf die Grundwasserneubildung durch Versiegelung des Bodens und andere Beeinträchtigungen der Versickerung nicht nachhaltig beeinträchtigt werden. Mit zunehmendem Versiegelungs-grad nimmt die Grundwasserneubildung ab. Zugleich kann die Versiegelung eines Gebiets zu einer wesentlichen Aufsteilung der Hoch-wasserwelle und einer Reduzierung der Niedrigwasserführung von Fließgewässern führen. Versickerungsmaßnahmen nicht schädlich ver-

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Regionalplan Westsachsen 2008 4 Schutz, Pflege und Entwicklung von Natur und Landschaft

unreinigten bzw. vorher gereinigten Niederschlagswassers wirken dem entgegengesetzt ausgleichend auf den in der Region äußerst an-gespannten Wasserhaushalt.

Festlegungen sollen im Rahmen kommunaler Bauleitplanung in Abhängigkeit von der anfallenden Niederschlagsmenge und den vorhan-denen Untergrundverhältnissen, den technischen Möglichkeiten und den daraus resultierenden wirtschaftlich zumutbaren Lösungen für Versickerungsmaßnahmen getroffen werden.

4.3.2 Fließgewässer

Karte Die „Regionalen Schwerpunkte der Fließgewässersanierung“ sind in der Karte 15 „Sanierungsbedürftige Bereiche der Landschaft“ ausgewiesen. Die „Schwerpunkte der Fließgewässeröffnung“ sind in der Karte 15 „Sanierungsbedürftige Bereiche der Landschaft“ ausgewiesen.

Z 4.3.2.1 Der Fließgewässercharakter von Bächen und Flüssen ist zu erhalten und zu verbessern. Dabei soll schrittweise die Durchgängigkeit der Wasserläufe für Fließgewässerorganismen hergestellt werden. Den Fließgewässercharakter beeinträchtigende neue Stau- und Gefällestufen sollen vermieden werden.

Z 4.3.2.2 Mit der Revitalisierung naturraumtypischer und dem jeweiligen Fließgewässertyp entsprechenden Fließgewässerstrukturen sollen Voraussetzungen für eine naturnahe Entwicklung der Bäche und Flüsse einschließlich ihrer Auen geschaffen werden.

Z 4.3.2.3 Der Bestand an standortgerechten Auwäldern und Ufergehölzen soll erhalten und ergänzt werden.

Z 4.3.2.4 Zur Erhaltung und Verbesserung der ökologischen Funktion der Gewässer soll im Gewässerrand-streifen die Landnutzung standortgerecht erfolgen. Durch geeignete landschaftsökologische Maß-nahmen sollen die Schad- und Nährstoffeinträge gemindert und die Eigendynamik des Gewässers ermöglicht werden.

Z 4.3.2.5 Der Zustand der Fließgewässer ist durch eine Reduzierung der kommunalen Abwasserbelastung, der landwirtschaftlichen Einträge und weiterer anthropogener Einflüsse schrittweise zu verbessern. Auf das Erreichen des guten ökologischen Zustands bzw. guten ökologischen Potenzials ist durch geeignete Maßnahmen hinzuwirken.

Z 4.3.2.6 „Regionale Schwerpunkte der Fließgewässersanierung“ sind vorrangig hinsichtlich ihrer Gewässer-struktur sowie ihrer stofflichen Belastungen zu sanieren bzw. weiter zu untersuchen. Ihre ökolo-gische Funktionsfähigkeit ist insbesondere durch die Wiederherstellung der Längsdurchgängigkeit, den Rückbau von Gewässer- und Uferverbauungen sowie die Entwicklung standortgerechter Ufer-gehölze und Auwaldkomplexe zu verbessern.

Z 4.3.2.7 In den „Schwerpunkten der Fließgewässeröffnung“ ist auf den Rückbau von Gewässerverrohrungen hinzuwirken.

Begründung zu 4.3.2 Fließgewässer

Zu Ziel 4.3.2.1 Für alle Gewässer (Z 4.3.2.1 bis Z 4.3.3.2) gilt: der gute ökologische Zustand von Gewässern soll bewahrt oder wiederhergestellt werden. Morphologie, Abflussgeschehen, Stoffhaushalt sowie Flora und Fauna sollen den natürlichen Verhältnissen nahe kommen. Gemäß Artikel 4 der EU-WRRL ist in allen Gewässern (Grundwasser und Oberflächengewässer) bis 2015 ein guter Gewässerzustand durch koordiniertes Handeln zu erreichen. Dazu sind bis 2009 Maßnahmenprogramme aufzustellen und bis 2012 umzusetzen.

Fließgewässer sind als Teil von Natur und Landschaft nach § 2 (8) ROG zu schützen, zu pflegen und zu entwickeln. Sie bleiben in aller Regel nicht auf das Gebiet einer Kommune beschränkt. Versteht man Fließgewässer zudem als Fließgewässersystem, wird deutlich, dass

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Regionalplan Westsachsen 2008 4 Schutz, Pflege und Entwicklung von Natur und Landschaft

ein wirksamer Fließgewässerschutz nicht an der Gemeindegrenze aufhören kann, sondern der überörtlichen und – aufgrund der vielfältigen Einflussfaktoren und Funktionen von Fließgewässern – auch der überfachlichen Steuerung bedarf. Fließgewässer sind durch eine hohe zeitliche und räumliche Dynamik gekennzeichnet und damit Lebensraum von mehr als 3 000 eng auf diesen Ökosystemtyp spezialisierten Tierarten. Als so genannte offene Ökosysteme sind sie sowohl hinsichtlich stabiler Populationen und dafür erforderlicher variabler Tierwanderungen und -ausbreitungen als auch hinsichtlich der Nährstoffverhältnisse auf eine Durchgängigkeit angewiesen, die in der Region schrittweise wiederhergestellt werden soll. Ökologische Durchgängigkeit bedeutet, dass sich alle Organismen (z. B. Fische, wirbellose Kleintiere) entsprechend ihres Lebenszyklus sowohl flussauf als auch flussab bewegen bzw. verbreiten können. Zur Herstellung der Durchgängigkeit können insbesondere der Rückbau funktionslos gewordener Querbauwerke, die Herstellung der Durchgängigkeit von Wehren (raue Rampen, Fischauf- und -abstiegsanlagen) oder die Anlage von Umgehungsgerinnen an Querbauwerken dienen (SMUL 2005). Die Maßnahmen zur Verbesserung der Durchgängigkeit sind den örtlichen Gegebenheiten anzupassen. Ein Projekt zur Herstellung der Fließgewässerdurchgängigkeit in der Region ist das Programm zur Rückkehr des Muldelachses. Dieses Projekt ordnet sich in das Programm „Elblachs 2000“ ein, das die Wiedereinbürgerung des atlantischen Lachses im Elbesystem zum Ziel hat. Bei der Erhaltung und Entwicklung von Fließgewässern sind die Anforderungen nach § 31 WHG in Verbindung mit § 78 SächsWG zu be-achten. Darüber hinaus wird auf das Erfordernis der Freihaltung naturnaher Fließgewässerauen und -landschaften von jeglicher Be- und Verbauung gemäß Ziel 4.1.1 des LEP verwiesen.

Darüber hinaus soll die Anlage neuer Stau- und Gefällestufen an Flüssen und Bächen vermieden werden, da Aufstauungen ein Fließ-gewässer in mehr oder weniger stehende Gewässer ohne regelmäßige Wasserstandsschwankungen zerlegen, zu verstärkter Gewässer-erwärmung, Sedimentablagerung und Biomasseproduktion und damit zu einer Beeinträchtigung eigentlicher Fließgewässerarten führen. Zudem können Stauhaltungen durch ihre dränende Wirkung unterhalb und ihre gewässerbettabdichtende Wirkung oberhalb von Stau-mauern auch die angrenzende Aue negativ beeinflussen. An vorhandenen Stauanlagen sind Auf- und Abstiegsmöglichkeiten für die Gewässerorganismen zu schaffen.

Ein im Sinne des SOLL-Ziels atypischer Fall liegt vor, wenn im Interesse des Wohls der Allgemeinheit, z. B. für Hochwasserschutzzwecke, und ohne sinnvolle Alternative die Errichtung von Stau- und Gefällestufen erforderlich ist.

Zu Ziel 4.3.2.2 Die Berücksichtigung naturräumlicher Eigenarten bei der Entwicklung von Fließgewässern ist erforderlich, weil wesentliche Eigenschaften wie Abflussgeschehen, chemische Beschaffenheit sowie Gestalt und Struktur des Gewässerbetts und des amphibischen und terrestri-schen Bereichs von Fließgewässern naturraumabhängig sind und dementsprechend stark divergieren. So unterscheidet sich beispiels-weise ein Sandbach naturgemäß von einem Kies- oder Lehmbach, ein Bach des Hügellands ebenso von einem Bach des Flachlands.

Entscheidend ist darüber hinaus, welcher Fließgewässerregion das Gewässer zugehört, da sich demzufolge Morphologie, Bodensubstra-te, Temperatur- und Sauerstoffverhältnisse und Wasserführung ändern. Hierbei sind die Forellen- und Äschenregion (Bach) und die Barben- und Bleieregion (Fluss) zu unterscheiden.

Durch die Anwendung ingenieurbiologischer Bauweisen wird in besonderem Maße dem Ziel einer naturnahen Gewässerentwicklung Rechnung getragen.

Zu Ziel 4.3.2.3 Der Schutz und die naturnahe Entwicklung von Auen als wesentliche landschaftliche Vernetzungsbereiche sind aus regionalplanerischer Sicht von besonderer Bedeutung. Auwälder und Ufergehölze stellen einen natürlichen Schutz der Fließgewässer vor Verdriftungen von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln oder anderen Stoffeinträgen aus der Umgebung dar, regulieren den Wärmehaushalt von Fließgewäs-sern und erhöhen deren Selbstreinigungsvermögen. Mit dem Ziel wird G 4.1.10 des LEP konkretisiert. Unter naturnahen Ufergehölzen sind dabei Sträucher und Bäume zu verstehen, die der heutigen potenziell natürlichen Vegetation entsprechen.

Dabei ist zu beachten, dass nach § 100 Abs. 2 Nr. 7 SächsWG Baum- und Strauchpflanzungen, soweit sie nicht der Uferbefestigung oder dem vorsorgenden Hochwasserschutz dienen, in Überschwemmungsgebieten verboten sind.

Zu Ziel 4.3.2.4 Als Gewässerrandstreifen gelten nach § 50 Abs. 2 SächsWG die zwischen Uferlinie und Böschungsoberkante liegenden Flächen sowie die hieran landseits angrenzenden Flächen mit einer Breite von 10 m (außerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile) bzw. mit einer Breite von 5 m (innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile). Sie dienen der Erhaltung und Verbesserung der ökologischen Funk-tionen der Gewässer (Lebensraum für Flora und Fauna, Erosions-, Ufer- und Windschutz, Gewässerentwicklungsraum, Puffer- und Filter-wirkung für Nähr- und Schadstoffeinträge etc.), der Wasserspeicherung sowie der Sicherung des Wasserabflusses. Dazu sollen sie standort- und funktionsgerecht bewirtschaftet oder gepflegt werden.

Gemäß § 50 Abs. 3 SächsWG sind in Gewässerrandstreifen z. B. der Umbruch von Grünland in Ackerland, die Errichtung von nicht stand-ortgebundenen oder wasserwirtschaftlich erforderlichen baulichen und sonstigen Anlagen, die Entfernung von Bäumen oder Sträuchern, soweit dies nicht zur Gewässerunterhaltung, zur Bestandspflege, zur Gefahrenabwehr etc. erforderlich ist, sowie die Neuanpflanzung nicht standortgerechter Gehölze verboten.

Als landschaftsökologische Maßnahmen zur Sicherung einer standortgerechten Nutzung von Gewässerrandstreifen sind z. B. die gezielte Anpflanzung standortgerechter Gehölze, die Anlage naturnahen Waldes, die extensive Bewirtschaftung von Wiesenflächen oder das Zu-lassen der Sukzession geeignet. Diese sind u. a. im Rahmen von Gewässerentwicklungsplanungen zu konkretisieren.

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Regionalplan Westsachsen 2008 4 Schutz, Pflege und Entwicklung von Natur und Landschaft

Zu Ziel 4.3.2.5 Neben den ökologisch wirksamen Faktoren, die die Beschaffenheit eines Fließgewässers und seiner Lebensgemeinschaften prägen, wer-den die Fließgewässer auch durch eine mehr oder weniger intensive menschliche Nutzung geprägt, insbesondere durch Emissionen aus Abwassereinleitungen, diffusen Stoffeinträgen aus Landwirtschaft, Industrie und Bergbaufolgelandschaften bzw. durch Grundwasser aus der Bergbaufolgelandschaft.

Seit 1989/90 ist eine kontinuierliche Verbesserung der Wassergüte zu verzeichnen. Dennoch gab es 2003 keine Fließgewässerabschnitte in Westsachsen, die als gering oder unbelastet (Güteklassen I und I-II) eingestuft wurden. Der überwiegende Teil (94 %) der untersuchten Fließgewässer in der Region Westsachsen wurde 2003 mit der Gewässergüteklasse II oder II-III bewertet (vgl. Fachbeitrag Naturschutz und Landschaftspflege zum Landschaftsrahmenplan Region Westsachsen, Kap. 2.3.1).

Der Zustand der Fließgewässer ist daher durch geeignete Maßnahmen zur Reduzierung von stofflichen Fließgewässerbelastungen zu ver-bessern. Dazu sind z. B. Maßnahmen zur Gewährleistung von ökologischen Mindestabflüssen, zur Begrenzung von Schadstofffrachten aus Punktquellen und aus diffusen Quellen sowie Maßnahmen des Gewässermanagements, zur Minimierung von Auswirkungen aus der Bergbautätigkeit (Eintrag von Eisen und Sulfat) auf das Gewässerökosystem, umzusetzen.

Als Voraussetzung zur Erfüllung ökologischer Verbundfunktionen müssen Fließgewässer in sich funktionsfähig sein. Diese Fähigkeit geht über die Erreichung einer bestimmten Güteklasse hinaus, da Gewässer auch durch strukturreiche, mit Röhricht und Staudenfluren be-wachsene Ufer, Auengehölze und Auwaldbestände gekennzeichnet sein sollen.

Zu Ziel 4.3.2.6 Gemäß Ziel 4.3.2 i. V. m. Ziel 4.1.4 des LEP sind sanierungsbedürftige oberirdische Gewässer als „Sanierungsbedürftige Bereiche der Landschaft“ in den Regionalplänen auszuweisen. In Ausformung dieser landesplanerischen Ziele erfolgt die Ausweisung „Regionaler Schwerpunkte der Fließgewässersanierung“ in Karte 15.

Ausweisungskriterien: Fließgewässer-Wasserkörper, für die eine Zielerreichung gemäß WRRL bis 2015

- unwahrscheinlich ist Fließgewässer-Wasserkörper mit Sanierungsbedarf oder - unklar ist Fließgewässer-Wasserkörper mit Untersuchungsbedarf

Ausweisungsgrundlagen: SMUL: Kompaktbericht zur Bestandsaufnahme nach WRRL im Freistaat Sachsen. 2005

Im Rahmen der Umsetzung der EU-WRRL wurden zur Ermittlung der Auswirkungen v. a. folgende Einzelkomponenten bzw. Hilfsgrößen zur Beurteilung der Zielerreichung (bis 2015) der Umweltqualitätsnormen für den Oberflächenwasserkörper nach Artikel 4 WRRL verwen-det: - saprobiologische Daten zzgl. Informationen über Versauerung bzw. Verödung - Daten aus der Gewässerstrukturkartierung - Zustand der Fischfauna in Fließgewässern einschließlich der ökologischen Durchgängigkeit von Querbauwerken - Überschreitung von Umweltqualitätsnormen relevanter Schadstoffe

Die Verbesserung der ökologischen Funktionsfähigkeit der „Regionalen Schwerpunkte der Fließgewässersanierung“ ist insbesondere durch - Umsetzung von Maßnahmen zur Wiederherstellung ihrer Längsdurchgängigkeit (Umbau von Querbauwerken zur Herstellung der

Durchwanderbarkeit, Errichtung von Fischwegen und Beseitigung von Querbauwerken), - den Rückbau nicht naturnaher Gewässer- und Uferverbauungen sowie - die Entwicklung standortgerechter Ufergehölze und Auwaldkomplexe - eine Reduzierung stofflicher Belastungen aus punktuellen und diffusen Quellen zu erreichen (siehe dazu auch Begründungen zu Z 4.3.2.1 bis Z 4.3.2.5).

Zu Ziel 4.3.2.7 In Konkretisierung von Ziel 4.3.2 i. V. m. Ziel 4.1.4 des LEP sind die „Schwerpunkte der Fließgewässeröffnung“ in der Karte 15 „Sanie-rungsbedürftige Bereiche der Landschaft“ ausgewiesen.

Ausweisungskriterien: geplante Öffnung verrohrter Fließgewässer bzw. -abschnitte mit einer Länge > 300 m

Ausweisungsgrundlagen: IÖR: Kompensationsflächenpool Westsachsen: Fließgewässer-/Grabenöffnungen aus kommunalen Landschaftsplänen (Stand: 2003) Stadt Leipzig: Aktualisierung geplanter Gewässeröffnungen (Stand: 06/2005)

Bei der Beseitigung von Gewässerverrohrungen ist die Funktionsfähigkeit von Flächenmeliorationen, soweit diese nicht der ständigen Grundwasserabsenkung dienen, zu berücksichtigen. Darüber hinaus soll der Rückbau von Gewässerverrohrungen auch außerhalb der „Schwerpunkte der Fließgewässeröffnung“ erfolgen, sofern ein Rückbau möglich und wirtschaftlich vertretbar ist.

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Regionalplan Westsachsen 2008 4 Schutz, Pflege und Entwicklung von Natur und Landschaft

4.3.3 Stehende Gewässer

Karte Die „Regionalen Schwerpunkte der Sanierung stehender Gewässer“ sind in der Karte 15 „Sanierungs-bedürftige Bereiche der Landschaft“ ausgewiesen.

G 4.3.3.1 Die Wasserqualität stehender Gewässer ist in Abhängigkeit von den jeweiligen Schutz- und Nut-zungsanforderungen zu verbessern.

Z 4.3.3.2 „Regionale Schwerpunkte der Sanierung stehender Gewässer“ sind hinsichtlich ihres ökologischen und chemischen Zustands zu sanieren bzw. weiter zu untersuchen.

Begründung zu 4.3.3 Stehende Gewässer

Zu Grundsatz 4.3.3.1 Die Wasserqualität stehender Gewässer hängt von natürlichen Faktoren wie Gewässermorphometrie, Uferbeschaffenheit, hydrologischen und geologischen Verhältnissen sowie von der Gewässernutzung etwaiger Füllwasser- oder Abwassereinleitungen, von diffusen Einträgen und der Nutzung des Umlands ab. Darüber hinaus unterscheiden sich Qualitätsansprüche nach den jeweiligen Schutz- und Nutzungs-anforderungen an das Gewässer, so dass Wasserqualitätsziele objektkonkret vom jeweiligen Rechtsträger in Zusammenarbeit mit den fachlich zuständigen Behörden auf der Grundlage geltender Richtlinien und Verordnungen (z. B. EU-WRRL, EG-Badegewässerrichtlinie, fachtechnische Empfehlungen) aufzustellen sind. Bei Gewässern mit oligotropher bzw. oligo- bis mesotropher Beschaffenheit haben Schutz vor Verschlechterung und langfristige Erhaltung der Wasserqualität oberste Priorität. Nutzungsfunktionen müssen sich in diesen Fällen der Wasserbeschaffenheit unterordnen. Im Übrigen wird auf Ziel 4.1.1 des LEP verwiesen.

Zu Ziel 4.3.3.2 Gemäß Ziel 4.3.2 i. V. m. Ziel 4.1.4 des LEP sind sanierungsbedürftige oberirdische Gewässer als „Sanierungsbedürftige Bereiche der Landschaft“ in den Regionalplänen auszuweisen. In Ausformung dieser landesplanerischen Ziele erfolgt die Ausweisung „Regionaler Schwerpunkte der Sanierung stehender Gewässer“ in Karte 15.

Ausweisungskriterien: Standgewässer-Wasserkörper, für die eine Zielerreichung gemäß WRRL bis 2015

- unwahrscheinlich ist Standgewässer-Wasserkörper mit Sanierungsbedarf oder - unklar ist Standgewässer-Wasserkörper mit Untersuchungsbedarf

Ausweisungsgrundlagen: SMUL: Kompaktbericht zur Bestandsaufnahme nach WRRL im Freistaat Sachsen. 2005

Zur Bewertung von Gewässern wurden im Rahmen der WRRL in Westsachsen 30 Standgewässerwasserkörper (> 50 ha) ausgewiesen. Grundlage der Bewertung des ökologischen Gewässerzustands bildet die Zuordnung der Standgewässer zu Gewässertypen, deren Typisierung nach hydrogeochemischen, hydrologischen und morphologischen Kriterien erfolgte. Diese Kriterien prägen maßgeblich die Trophie der Seen und sind damit auch Grundlage für eine Bewertung der biologischen Qualitätskomponenten. Die Beurteilung der Ziel-erreichung der Standgewässerwasserkörper (SWK) im Freistaat Sachsen erfolgte auf Grundlage des Kriteriums „Trophiezustand“, differenziert für Talsperren, Tagebaurestseen und Baggerseen. Im Ergebnis der Beurteilung wird für 3 SWK in Westsachsen (Neuhäuser See, Paupitzscher See, Groitzscher See) die Zielerreichung als unklar eingeschätzt. Für die anderen SWK ist die Zielerreichung etwa zur Hälfte wahrscheinlich (14 SWK) bzw. unwahrscheinlich (13 SWK); vgl. hierzu auch Fachbeitrag Naturschutz und Landschaftspflege zum Landschaftsrahmenplan Region Westsachsen, Kap. 2.3.1.

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Regionalplan Westsachsen 2008 4 Schutz, Pflege und Entwicklung von Natur und Landschaft

4.3.4 Hochwasserschutz

Karte Die Vorrang- und Vorbehaltsgebiete vorbeugender Hochwasserschutz sowie die Vorbehaltsstandorte technischer Hochwasserschutz sind in der Karte 14 „Raumnutzung“ ausgewiesen. „Gebiete zur Erhaltung und Verbesserung des Wasserrückhalts“ sind in der Karte 16 „Bereiche der Land-schaft mit besonderen Nutzungsanforderungen“ ausgewiesen. Die Grenze der maximalen Ausbreitung des Hochwassers bei Extremereignissen, die der Ausweisung der Vorbehaltsgebiete vorbeugender Hochwasserschutz zugrunde liegt, ist in Karte 10 „Hochwasserschutz“ dargestellt. Die Überschwemmungsgebiete nach § 100 Abs. 3 SächsWG sowie die bestehenden Stauanlagen nach § 84 Abs. 1 und § 99 Abs. 4 SächsWG sind in Karte 10 „Hochwasserschutz“ als nachrichtliche Übernahme dargestellt.

Hinweis Im Regionalplan sind nach LEP Z 4.3.6 weitere Freiraumfunktionen, die dem Wasserrückhalt dienen, durch die Ausweisung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten sowie von Regionalen Grünzügen gesichert. Die Beachtung der Belange des Hochwasserschutzes in Vorranggebieten Natur und Landschaft ist im Plan-satz Z 4.2.3 geregelt. Festlegungen zur künftigen Nutzung des Zwenkauer Sees als Hochwasserrückhalteraum sind im Braun-kohlenplan als Sanierungsrahmenplan Tagebaubereich Zwenkau/Cospuden enthalten.

Z 4.3.4.1 Vorranggebiete vorbeugender Hochwasserschutz sind von Bebauung freizuhalten. Innerhalb von Vorranggebieten vorbeugender Hochwasserschutz soll die Errichtung von Anlagen der Infrastruktur, die den Wasserabfluss behindern können oder Rückhalteraum nicht ausgleichbar einschränken, ausgeschlossen sein.

Z 4.3.4.2 Die Abflussbereiche von Vorranggebieten vorbeugender Hochwasserschutz sollen als Grünland genutzt oder durch Aufforstung geeigneter Gebiete in ihrem Retentionsvermögen gestärkt werden.

G 4.3.4.3 Bei Planungen und Maßnahmen in Vorbehaltsgebieten vorbeugender Hochwasserschutz sind das bestehende Überschwemmungsrisiko einschließlich der Gefahren des Versagens bestehender Schutzeinrichtungen sowie die Rückgewinnung ehemaliger Retentionsflächen zu berücksichtigen.

G 4.3.4.4 In Vorbehaltsgebieten vorbeugender Hochwasserschutz sind bei der Sanierung bestehender Be-bauung sowie bei neuer Bebauung geeignete bautechnische Maßnahmen zur Vermeidung des Eintrags wassergefährdender Stoffe im Überschwemmungsfall vorzusehen.

Z 4.3.4.5 In den „Gebieten zur Erhaltung und Verbesserung des Wasserrückhalts“ sind Beeinträchtigungen des Wasserrückhaltevermögens durch großflächige Bodenversiegelungen, die Beseitigung abfluss-dämmender Vegetationsbestände, nutzungsbedingte Bodenverdichtungen und Verringerung des natürlichen Retentionsraums der Fließgewässer zu vermeiden oder zu unterlassen. Nutzungen und Maßnahmen, die eine Erhöhung des Wasserrückhaltevermögens in diesen Gebieten begünstigen, sind zu befördern.

G 4.3.4.6 Im Haselbacher See und der Talsperre Döllnitzsee sollen zusätzliche Hochwasserrückhalteräume eingerichtet werden.

Z 4.3.4.7 Das Speichersystem „Untere Pleiße“ mit der Talsperre Schömbach, den Speicherbecken Borna, Witznitz und Lobstädt, den Hochwasserrückhaltebecken Regis-Serbitz und Stöhna sowie dem Stau-see Rötha ist in seiner komplexen wasserwirtschaftlichen Funktion zu erhalten und von entgegen-stehenden Nutzungen freizuhalten.

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G 4.3.4.8 Maßnahmen des Hochwasserschutzes und ökologisch orientierte Maßnahmen der Gewässerent-wicklung sollen unter effektiver Nutzung sich ergebender Synergien harmonisiert werden.

Begründung zu 4.3.4 Hochwasserschutz

Vorrang- und Vorbehaltsgebiete vorbeugender Hochwasserschutz Nach LEP, Z 4.3.8 sind in den Regionalplänen nach den in der Begründung aufgeführten Kriterien Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für den vorbeugenden Hochwasserschutz für vorhandene und rückgewinnbare Überschwemmungsbereiche zur Gewährleistung und Verbesserung des Wasserrückhalts in der

Fläche (Retentionsraum) und für Risikobereiche in potenziellen Überflutungsbereichen, die bei Versagen bestehender Hochwasserschutzeinrichtungen oder

Extremhochwasser überschwemmt werden können, zur Minimierung möglicher Schäden (Hochwasservorsorge) auszuweisen und Festlegungen zu Art und Umfang der Nutzungen in diesen Gebieten zu treffen. In Ausformung von Ziel 4.3.8 des LEP sind im Regionalplan die Vorranggebiete vorbeugender Hochwasserschutz in Karte 14 „Raum-nutzung“ ausgewiesen. Sie umfassen an Gewässern 1. Ordnung, an der Bundeswasserstraße Elbe sowie an Teilbereichen von Gewäs-sern 2. Ordnung unbesiedelte Flächen, die bei einem Hochwasserereignis, mit dem statistisch einmal in hundert Jahren zu rechnen ist (HQ100), über-

schwemmt werden oder Gebiete, die durch Rückbau oder Verlegung von Deichen für den natürlichen Wasserrückhalt zurückgewonnen werden sollen,

sofern diese nicht bereits als Vorranggebiete Natur und Landschaft im Regionalplan gesichert sind. Damit wird der Handlungsauftrag entsprechend Z 4.3.8 LEP (Sicherung von Abfluss- und Retentionsräumen) regionalplanerisch umgesetzt. Festgesetzte Über-schwemmungsgebiete als Kategorie der Fachplanung sind als Bereiche mit realer Bedeutung für den Biotopschutz sowie als Bereiche mit hohem Biotopentwicklungspotenzial in den ausgewiesenen Vorranggebieten Natur und Landschaft enthalten (siehe Begründung zu Z 4.2.3) und damit aus regionalplanerischer Sicht vor Beeinträchtigungen oder Verlust ihrer Funktionsfähigkeit geschützt.

Ausweisungskriterien: unbesiedelte Flächen, die bei einem Hochwasserereignis, mit dem statistisch einmal in hundert Jahren zu rechnen ist (HQ100), über-

schwemmt werden (festgesetzte Überschwemmungsgebiete nach § 100 Abs. 3 SächsWG für Gewässer 1. Ordnung und die Elbe sowie HQ100-Ist nach HWSK für Gewässer 2. Ordnung)

durch Rückbau oder Verlegung von Deichen gewinnbare Flächen (geplante Deichrückverlegungsflächen aus den HWSK Mulden und Elbe)

nach § 100 Abs. 5 SächsWG festgesetztes Überschwemmungsgebiet Weiße Elster Süd

Ausweisungsgrundlagen: RP Leipzig: Flurstückskonkrete Ausweisung der Überschwemmungsgebiete eines einhundertjährigen Hochwassers (HQ100) an

Gewässern 1. Ordnung im RB Leipzig (Stand: 23.01.2007) Landestalsperrenverwaltung Sachsen (LTV), (2007): Hochwasserschutzkonzepte; HQ100-Ist für Gewässer 2. Ordnung LTV (2007): HWSK Mulden und HWSK Elbe – geplante Deichrückverlegungsflächen RP Leipzig (2007): Festgesetztes Überschwemmungsgebiet Weiße Elster Süd nach § 100 Abs. 5 SächsWG

In Ausformung von Ziel 4.3.8 (Sicherung von Risikobereichen) des LEP sind im Regionalplan an Gewässern 1. Ordnung und der Bundeswasserstraße Elbe Vorbehaltsgebiete vorbeugender Hochwasserschutz in Karte 14 „Raumnutzung" ausgewiesen.

Ausweisungskriterien: besiedelte Flächen, die bei einem Hochwasserereignis, mit dem statistisch einmal in hundert Jahren zu rechnen ist (HQ100), über-

schwemmt werden und Flächen außerhalb regionalplanerischer Vorranggebiete, die bei Extremhochwasser (HQextrem) oder Versagen von Schutzeinrich-

tungen überschwemmt werden können (besiedelte und unbesiedelte Gebiete)

Ausweisungsgrundlagen: RP Leipzig: Flurstückskonkrete Ausweisung der Überschwemmungsgebiete eines einhundertjährigen Hochwassers (HQ100) an

Gewässern 1. Ordnung im RB Leipzig (Stand: 23.01.2007) LTV (2007): Hochwasserschutzkonzepte; Überschwemmungsflächen bei Extremhochwasser für alle betrachteten Fließgewässer in

der Region Westsachsen (außer Elbe und südliche Weiße Elster) LTV (2007): Gefahrenkarte Elbe: Überschwemmungsflächen des HQ200 (=HQextrem) RP Leipzig (2007): Vorläufig festgesetztes Überschwemmungsgebiet Weiße Elster Süd

Vorbehaltsstandorte technischer Hochwasserschutz Im Auftrag der Landestalsperrenverwaltung des Freistaats Sachsen (LTV) wurden für die Fließgewässer 1. Ordnung sowie die Elbe Hoch-wasserschutzkonzepte (HWSK) erarbeitet, die auf Grundlage des Schutzbedarfs von Nutzungen vor bestimmten Hochwasserereignissen den Bedarf an Hochwasserschutzmaßnahmen ableiten. Die Maßnahmen umfassen fast ausschließlich technische Hochwasserschutz-maßnahmen. Neben den Festsetzungen zum vorbeugenden Hochwasserschutz im Regionalplan werden daher auch Festsetzungen zu raumbedeutsamen technischen Hochwasserschutzmaßnahmen erforderlich. Im Ergebnis der Auswertung der im Auftrag der LTV erarbei-teten Machbarkeitsstudien für potenzielle Standorte von Hochwasserrückhaltebecken in der Region werden 5 Vorbehaltsstandorte technischer Hochwasserschutz im Regionalplan in Karte 14 „Raumnutzung“ ausgewiesen und für die bestehenden Gewässer (Haselba-

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Regionalplan Westsachsen 2008 4 Schutz, Pflege und Entwicklung von Natur und Landschaft

cher See und Talsperre Döllnitzsee) die Einrichtung zusätzlicher Hochwasserrückhalteräume im Plansatz G 4.3.4.6 verankert. Damit wird Ziel 4.3.9 des LEP räumlich konkretisiert.

Ausweisungskriterien: ausgewählte, fachtechnisch vorgeprüfte und naturschutzfachlich vorbewertete Standorte für Hochwasserrückhaltebecken (HRB) aus

HWSK, die nur als Trockenbecken („Grüne Becken“) genutzt werden sollen (kein Dauerstau und kein Teildauerstau!)

Ausweisungsgrundlagen: LTV (2007): Hochwasserschutzkonzepte für die Elbe und die Fließgewässer 1. Ordnung in Westsachsen LTV: Machbarkeitsstudien für Hochwasserrückhaltebecken (2006/2007) im Einzugsgebiet der Döllnitz, der Parthe, des Schwarzen

Grabens, der Schnauder und im Flussgebiet Wyhra/Eula (vgl. Umweltbericht, Kap. 2.2.2.2) Als Vorbehaltsstandorte technischer Hochwasserschutz sind folgende Standorte für potenzielle Hochwasserrückhaltebecken (HRB) aus-gewiesen: - Vorbehaltsstandort HRB Audenhain I (Schwarzer Graben); geplantes Rückhaltevolumen 0,06 Mio. m³, - Vorbehaltsstandort HRB Schöna (Schwarzer Graben); geplantes Rückhaltevolumen 0,89 Mio. m³, - Vorbehaltsstandort HRB Hasenbach (Einzugsgebiet Döllnitz); geplantes Rückhaltevolumen 0,58 Mio. m³ - Vorbehaltsstandort HRB Kleinbardau (Parthe); geplantes Rückhaltevolumen ca. 0,2 Mio. m³, - Vorbehaltsstandort HRB Terpitz II (Einzugsgebiet Wyhra); geplantes Rückhaltevolumen ca. 0,4 Mio. m³

Die als Vorbehaltsstandorte technischer Hochwasserschutz ausgewiesenen geplanten Hochwasserrückhaltebecken Terpitz II und Hasen-bach sind mit erheblichen Umweltkonflikten verbunden, die auf der nachfolgenden Planungsebene zwingend die Durchführung einer UVP und einer FFH-/SPA-Verträglichkeitsprüfung erfordern. Eine FFH-verträgliche Regelung des Fließgewässerabflusses ist sicherzustellen. Für die anderen Vorbehaltsstandorte ist die Durchführung einer UVP zumindest zu empfehlen. Zur Verminderung von Umweltauswirkungen sind grundsätzlich die Ausführung der Hochwasserrückhaltebecken als Trockenbecken (Überstauung nur im Hochwasserfall) und eine so weit wie mögliche Reduktion der Dammhöhe – unter Beachtung der Hochwasserschutz-ziele – zu empfehlen. Weitere Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen sind zu prüfen (vgl. Umweltbericht Kap. 2.2.2.2). Die in den nach § 99b Abs. 2 SächsWG für Gewässer 2. Ordnung aufgestellten Hochwasserschutzkonzepten enthaltenen Maßnahmen zum Hochwasserschutz sind nicht als Vorrang- oder Vorbehaltsgebiete vorbeugender Hochwasserschutz im Regionalplan ausgewiesen. Diese Hochwasserschutzkonzepte enthalten, sofern sie aufgestellt wurden, ebenfalls wichtige Maßnahmen zum vorbeugenden und techni-schen Hochwasserschutz, die von den zuständigen Behörden gemäß § 99b Abs. 7 SächsWG zu beachten sind. Dazu gehört u. a. auch das vom Rat der Stadt Leipzig am 18.02.2004 beschlossene „Integrierte Gewässerkonzept – Ziel: Hochwasser-schutz“, womit der planmäßige Hochwasserschutz der Stadt Leipzig (Bemessungshochwasser Weiße Elster BHQ150 = 580 m³/s und Pleiße BHQ100 = 80 m³/s; in Summe 660 m³/s am Palmgartenwehr) gewährleistet werden soll. Dieses Konzept umfasst - Maßnahmen zur Offenlegung des Pleißemühlgrabens, - die Öffnung des Elstermühlgrabens und Entschlammungsmaßnahmen offener Elstermühlgrabenabschnitte, - die Offenlegung der Alten Weißen Elster zwischen Schreberbad und Leutzscher Allee, - die Errichtung einer neuen Gewässerstrecke zwischen Weißer Elster und Neuer Luppe unterhalb der Einmündung der Parthe in die

Weiße Elster - die Teilentschlammung und Sanierung des Elsterbeckens und Entschlammung des Elsterflutbetts sowie - ein neues Steuerungskonzept für die Verteilung der Wassermengen aus Weißer Elster und Pleiße bei Niedrig-, Mittel- und

Hochwasser.

Zu Ziel 4.3.4.1 Im Laufe der letzten Jahrhunderte wurden die natürlichen Hochwasserrückhalteräume und -abflussbereiche an den Fließgewässern der Region durch fortschreitende Besiedlung und Gewässerausbau immer weiter eingeengt (vgl. Umweltbericht, Kap. 2.2.2.2). Dies trug zu erhöhten Wasserspiegeln bei Überschwemmungen und damit zu verstärkten Gefährdungen für Menschen und Sachgüter bei. Um einer weiteren Verschärfung der Hochwassergefahren vorzubeugen, sind die noch vorhandenen Retentionsräume zu erhalten und für den Wasserrückhalt zu sichern. Darüber hinaus sind die vorhandenen Überschwemmungsgebiete durch Rückgewinnung von natürlichen Retentionsräumen (z. B. durch Deichrückverlegungen) zu erweitern. Sie sind daher von Bebauungen freizuhalten. Sie sind dazu im Re-gionalplan als Vorranggebiete vorbeugender Hochwasserschutz ausgewiesen.

Neben der Inanspruchnahme von Vorranggebieten vorbeugender Hochwasserschutz durch Siedlungstätigkeit (Versiegelung), Aufhöhun-gen bzw. Wälle und Infrastrukturbauwerke sind als hochwasserunverträglich insbesondere auch solche Nutzungen anzusehen, die eben-falls zu einer Behinderung des Wasserabflusses bzw. -rückhalts oder zu einer Erhöhung von Schadenspotenzialen führen können. Dazu zählen u. a. die Errichtung von landwirtschaftlichen Gebäuden, Kleingartenanlagen, Bauwerken für die Erholungsnutzung, mit Hochbauten ausgestatteten Sportanlagen oder der Abbau und die Lagerung oberflächennaher Rohstoffe, wenn sie nachweislich Wasserabfluss und Rückhalteraum einschränken.

Dies gilt nicht für Vorhaben, die notwendigerweise unter fachplanerischen Aspekten dort ihren Standort haben, wie z. B. Anlegestellen, Anlagen des Wassersports, wasserwirtschaftliche Anlagen (z. B. Kläranlagen), Wasserkraftanlagen, Brücken etc. Zur Vermeidung zusätz-licher Hochwassergefahren sollen damit verbundene Beeinträchtigungen von Wasserrückhalt und -abfluss im Rahmen der technischen Möglichkeiten minimiert bzw. ausgeglichen werden.

Zu Ziel 4.3.4.2 Die Abflussbereiche sind im Gegensatz zu den Retentionsbereichen die Teile der Überschwemmungsbereiche am Fließgewässer, die vom Hochwasser mit hoher Fließgeschwindigkeit durchströmt werden. Insbesondere auf ackerbaulich genutzten Flächen innerhalb von Haupt-abflussgebieten von Hochwasser besteht die Gefahr des Bodenabtrags. Die vom durchströmenden Wasser mitgeführten Sedimente

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lagern sich flussabwärts wieder ab, können dort den Wasserabfluss behindern und zu neuen Überschwemmungsgefahren führen. Zum Schutz des Bodens und der Gewässer sollen daher vorwiegend die ackerbaulich genutzten Flächen in den Hochwasserabflussbereichen in Grünland umgenutzt werden. Neben einer Grünlandnutzung können auch Auwälder der Hochwasservorsorge dienen, wenn von diesen keine Rückstauwirkungen auf Siedlungen ausgehen oder sie den Hochwasserabfluss nicht behindern (vgl. Begründung zu Z 4.2.3); hierbei sind die Anforderungen des § 100 Abs. 2 Ziffer 7 SächsWG zu beachten. Bei der Umsetzung der benannten Maßnahmen sind die naturschutzfachlichen Belange zu berücksichtigen.

Zu Grundsatz 4.3.4.3 und Grundsatz 4.3.4.4 Vorbehaltsgebiete vorbeugender Hochwasserschutz umfassen sowohl besiedelte als auch unbesiedelte Bereiche. In den besiedelten Be-reichen besteht nicht das raumordnerische Ziel, diese Flächen zum Wasserrückhalt vorzuhalten. Das bestehende Risiko infolge Über-flutung soll langfristig jedoch dadurch gemindert werden, dass in bisher unbesiedelten Bereichen möglichst keine neuen Baugebiete entstehen bzw. hochwasserunempfindliche Bauformen entwickelt werden und dass bei einer Nutzungsaufgabe die Wiederherstellung als Freiraum geprüft wird. Bei Neubauten sind die Bodenversiegelung und die Beeinträchtigung des Hochwasserabflusses auf das erforder-liche Mindestmaß zu beschränken. Dadurch sollen die Gefahren für Ober- und Unterlieger nicht noch weiter verstärkt bzw. langfristig gemindert werden. Darüber hinaus sollen die Schadenspotenziale in den überschwemmungsgefährdeten Bereichen nicht noch weiter ansteigen, wozu insbesondere technische Maßnahmen zur Verhinderung des Eintrags wassergefährdender Stoffe in Oberflächengewäs-ser und das Grundwasser gehören (vgl. dazu auch „Hochwasserschutzfibel“ des BMVBS zu baulichen Schutz- und Vorsorgemaßnahmen in hochwassergefährdeten Gebieten).

Unbesiedelte Bereiche in Vorbehaltsgebieten vorbeugender Hochwasserschutz sind ausschließlich Flächen, die bei Extremereignissen, also seltener als einmal in einhundert Jahren, überschwemmt werden können. Das Überschwemmungsrisiko erscheint hier aus heutiger Sicht relativ gering. Langfristig muss jedoch auch mit Klimaveränderungen und der Möglichkeit gerechnet werden, dass sich extreme Nie-derschlagsereignisse künftig stärker häufen und sich die Wiederkehrintervalle von Hochwassern verringern. Der dann größere Flächen-bedarf für raumordnerische und wasserwirtschaftliche Sicherungen an den Flüssen ließe sich nicht mehr umsetzen, wenn diese Gebiete zwischenzeitlich einer baulichen Nutzung unterworfen würden. Daher sollte auch hier ein verantwortungsvoller und hochwasserange-passter Umgang mit den Flächen erfolgen.

Die als Extremereignis definierten Wiederkehrwahrscheinlichkeiten sind an den einzelnen Flüssen nicht einheitlich. Sie wurden von den Wasserbehörden entsprechend der örtlichen Situation (Daten von Pegeln oder nach Niederschlags-Abfluss-Modell) festgelegt. Detaillierte Angaben können den jeweiligen Hochwasserschutzkonzepten entnommen werden. Mit der Festlegung von Vorbehaltsgebieten vorbeugender Hochwasserschutz werden Planungsträger beauftragt, bei Entscheidungen über künftige Nutzungen in diesen Gebieten das bestehende Hochwasserrisiko einzubeziehen. Die abschließende Abwägung der räumlichen Belange untereinander wird durch die Regionalplanung jedoch nicht vorweggenommen. Damit können die Erfordernisse hochwasserange-passter Nutzungen sowie der Rückgewinnung von Retentionsräumen entsprechend den Erfordernissen der kommunalen Entwicklung und des konkreten Hochwasserrisikos unterschiedlich gewichtet werden.

Zu Ziel 4.3.4.5 Die Hochwasserereignisse der vergangenen Jahre rückten die Bedeutung des vorsorgenden Hochwasserschutzes in das Blickfeld der Öffentlichkeit. Die natürlichen Ursachen von Hochwässern (wie Starkniederschläge, Schneeschmelze) sind nicht vermeidbar. Der Entste-hung von Hochwässern (insbesondere bei mittleren Niederschlagsereignissen) ist jedoch durch eine verbesserte Wasserrückhaltung (Retention) in den Einzugsgebieten von Fließgewässern und den Auen zu begegnen. In Ausformung und räumlicher Konkretisierung von G 4.3.5 und Z 4.3.6 des LEP sind daher im Regionalplan „Gebiete zur Erhaltung und Verbesserung des Wasserrückhalts“ als „Bereiche der Landschaft mit besonderen Nutzungsanforderungen“ in Karte 16 ausgewiesen.

Ausweisungskriterien: Gebiete mit sehr geringem Wasserrückhaltevermögen

Ausweisungsgrundlagen: Fachbeitrag Naturschutz und Landschaftspflege zum Landschaftsrahmenplan Region Westsachsen

Das Retentionsvermögen (Wasserrückhaltevermögen) umfasst die Eigenschaften eines Gebiets, Niederschläge nicht direkt abfließen zu lassen, sondern in Abhängigkeit von Bewuchs, Boden, Grundwasserstand und Relief zurückzuhalten und verzögert abzugeben. Der Erhalt von Flächen mit ausgleichender Wirkung auf das Abflussverhalten sowie die Verbesserung des Retentionsvermögens von Flächen mit geringem Wasserrückhaltevermögen sind daher aus Sicht des vorsorgenden Hochwasserschutzes von besonderer Bedeutung. Beeinträchtigungen des Retentionsvermögens werden insbesondere durch - flächenhafte Versiegelungen infolge von Siedlungs-, Industrie-, Gewerbe- und Verkehrsbauten sowie insbesondere im Retentions-

raum durch einengende Bebauung in Fließgewässernähe (Erhöhung des Direktabflusses, Verlust von Retentionsraum), - Eindeichung von Fließgewässern (Verkleinerung des Retentionsraums, Abflussbeschleunigung), - Beseitigung von Vegetationsbeständen (z. B. Waldrodung, Umwandlung von Grünland in Ackerland) sowie - Bodenverdichtung (erhöhter Direktabfluss sowie Nährstoffeintrag) hervorgerufen. In den „Gebieten zur Erhaltung und Verbesserung des Wasserrückhalts“ sind daher die benannten Beeinträchtigungen ihres schon jetzt sehr geringen Wasserrückhaltevermögens zu vermeiden bzw. zu unterlassen. Dazu sind in geeigneten Bereichen Maßnahmen zur Erhö-hung des Retentionsvermögens dieser Gebiete vorzusehen, wie z. B. die Anlage abflussdämmender Vegetationsbestände auf Flächen mit starken Hangneigungen, konservierende Bodenbearbeitung etc. (vgl. auch Begründung zu G 4.3.5 und Z 4.3.6 LEP).

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Zu Grundsatz 4.3.4.6 Beim Haselbacher See (Einzugsgebiet der Schnauder) und der Talsperre Döllnitzsee (Einzugsgebiet der Döllnitz) handelt es sich um bereits vorhandene Gewässer, in denen aus Gründen des Hochwasserschutzes eine Speicherlamelle eingerichtet werden soll. Auf Grund-lage von Machbarkeitsstudien zum Hochwasserschutz für beide Gewässer (LTV 2006, 2005) werden folgende Maßnahmen zur Einrich-tung bzw. Erhöhung von Hochwasserrückhalteräumen vorgeschlagen: • Das vorgesehene Stauziel für den Haselbacher See liegt bei ca. 150,86 m HN. Vorgesehen ist, den Rückhalteraum im Nebenschluss

zu nutzen. Die erforderliche Staulamelle zum Rückhalt des Bemessungshochwassers BHQ = HQ(100) liegt bei max. 0,86 m. Eine In-anspruchnahme des Hochwasserrückhalteraums soll ab einem HQ(10) erfolgen. Auf dieser Grundlage beträgt das geplante Rück-haltevolumen ca. 1,65 Mio. m³.

• Auf Grundlage der Untersuchung der wasserwirtschaftlichen Wirksamkeit der Wermsdorfer Teichkette mit Horstsee, Göttwitzsee, Vorsperre Döllnitzsee und Hauptsperre Döllnitzsee für den Hochwasserschutz an der Döllnitz (LTV 2005) wurde als eine Maßnahme die Absenkung des Dauerwasserspiegels am Döllnitzsee von 165,60 m NHN auf 165,00 m NHN geplant. Mit dieser Absenkung des Dauerwasserspiegels können zusätzlich 0,66 Mio. m³ gewöhnlicher Hochwasserrückhalteraum in der Talsperre Döllnitzsee zur Ver-fügung gestellt werden. Im weiteren Planverfahren besteht die besondere Notwendigkeit einer SPA-Verträglichkeitsprüfung und einer Umweltverträglich-keitsprüfung zur Festlegung einer verträglichen Staulamelle am Döllnitzsee (vgl. Umweltbericht Kap. 2.2.2.2).

Der Braunkohlenplan als Sanierungsrahmenplan Tagebau Haselbach wurde am 14.06.2002 verbindlich. Die regionalplanerischen Fest-legungen für den Anteil des Freistaats Thüringen am Haselbacher See und seinem Umfeld traten bereits am 06.08.1999 im Rahmen des Regionalen Raumordnungsplans Ostthüringen in Kraft. Im Ergebnis des Katastrophenhochwassers vom August 2002 wurde im Auftrag der Landestalsperrenverwaltung Sachsen ein Hochwasserschutzkonzept für das Einzugsgebiet der Schnauder erstellt, das Handlungs-bedarf zur Schaffung zusätzlicher Hochwasserschutzräume aufzeigt. Dafür bildet der Haselbacher See die einzige praktikable Möglichkeit. Dem trägt G 4.3.4.6 Rechnung, ohne die regionalplanerischen Festlegungen im Sanierungsrahmenplan außer Kraft zu setzen. Mit der Formulierung als Grundsatz wird für öffentliche Stellen ein Abwägungs- und Ausformungsspielraum des Plansatzes bei nachfolgenden Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen erhalten. Eine ergebnisoffene Auseinandersetzung mit Zielkonflikten gegenüber dem Sanierungsrahmenplan wäre im Rahmen eines Zielabwei-chungsverfahrens nach § 17 SächsLPlG zu führen. Gleiches wäre für den berührten Anteil im Freistaat Thüringen nach § 21 ThürLPlG erforderlich (vgl. Stellungnahme des RPV vom 28.04.2006 zum Gutachten „Klärung der Genehmigungsfähigkeit der Nutzung des Tage-baurestlochs Haselbach zur Hochwasserrückhaltung der Schnauder“ der Planungsgesellschaft Scholz+Lewis im Auftrag der LTV). Eine Beantragung derartiger Verfahren durch die LTV als Vorhabensträger erfolgte bislang nicht.

Zu Ziel 4.3.4.7 Insbesondere durch den Braunkohlenbergbau wurden im Südraum Leipzig natürliche Hochwasserretentionsräume in den Auenbereichen der Weißen Elster und der Pleiße beansprucht. Als Ausgleich wurden die Speicher Borna und Witznitz, die Talsperre Schömbach sowie die Rückhaltebecken Regis-Serbitz und Stöhna mit einem gewöhnlichen Hochwasserrückhalteraum von 64 Mio. m³ geschaffen. Mit dem Speichersystem „Untere Pleiße“ soll eine optimale Hochwassersteuerung in Wyhra, Eula und Unterer Pleiße durch Verbundsteuerung der Hochwasserrückhalteräume aller Stauanlagen gewährleistet werden. Bestehende Stauanlagen in Westsachsen, wie Talsperren, Wasserspeicher und Rückhaltebecken (nach § 84 Abs. 1 SächsWG) sind in Karte 10 „Hochwasserschutz“ dargestellt.

Zu Grundsatz 4.3.4.8 Maßnahmen der Gewässerrenaturierung dienen zugleich dem vorbeugenden Hochwasserschutz. Aus Gründen des Hochwasserschutzes notwendige Gewässerausbaumaßnahmen sollen naturnah und landschaftsgerecht gestaltet, durch Maßnahmen der Renaturierung be-gleitet sowie ökologisch verträglich durchgeführt werden. Ingenieurbiologische Bauweisen sind zumindest außerhalb bebauter Gebiete zu bevorzugen. Dabei ist die Durchgängigkeit der Fließgewässer für Organismen schädigungsfrei sowohl stromauf wie auch stromab zu gewährleisten bzw. wiederherzustellen.

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4.4 Bodenschutz und Altlasten Karte „Regionale Schwerpunktgebiete des Wind- und Wassererosionsschutzes“ sind in der Karte 16 „Bereiche der

Landschaft mit besonderen Nutzungsanforderungen“ ausgewiesen. „Gebiete mit Anhaltspunkten für schädliche stoffliche Bodenveränderungen“ sind in der Karte 16 „Bereiche der Landschaft mit besonderen Nutzungsanforderungen“ ausgewiesen. „Regionale Schwerpunkte des archäologischen Kulturdenkmalschutzes“ sind in der Karte 16 „Bereiche der Landschaft mit besonderen Nutzungsanforderungen“ ausgewiesen.

Hinweis Festlegungen zur Sicherung von Böden mit besonderer Funktionalität sind in den Kapiteln 4.2, 4.3.4 und 9.1 enthalten. Böden mit besonderer Funktionalität sind als Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Natur und Landschaft und als Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Landwirtschaft in Karte 14 „Raumnutzung sowie als „Gebiete zur Erhaltung und Verbesserung des Wasserrückhalts“ in Karte 16 „Bereiche der Landschaft mit besonderen Nutzungs-anforderungen“ ausgewiesen.

Z 4.4.1 Bodenverbrauchende Nutzungen sollen auf das unabdingbar notwendige Maß beschränkt werden. Durch Trassenbündelung, Flächenrevitalisierung brachliegender Industrie- und Gewerbeareale, die Minimierung der Flächenneuinanspruchnahme durch vorrangige Nutzung des vorhandenen inner-örtlichen Bauflächenpotenzials und die Umsetzung eines Verwertungsgebots im Zuge von Bau-maßnahmen ist auf den sparsamen Umgang mit Flächen und Bodenmaterial hinzuwirken.

Z 4.4.2 Als regionale Schwerpunkte der Altlastenbehandlung sind die Militär- und Rüstungsaltlasten im Bereich der Standorte WASAG-Elsnig, MUNA Süptitz und DSC-Werk Moschwig sowie die ehemaligen Standorte der Carbochemie im Südraum Leipzig zu erkunden, zu bewerten und zu sanieren.

Z 4.4.3 Neben der Beseitigung akuter Gefahren durch Altlasten sollen erforderliche Sanierungsmaßnahmen vordringlich in Siedlungen und in Gebieten mit besonderen Anforderungen des Grundwasserschut-zes sowie in Wassereinzugsgebieten von Trinkwassergewinnungsanlagen vorgenommen werden.

Z 4.4.4 „Regionale Schwerpunktgebiete des Wind- und Wassererosionsschutzes“ sind durch eine standort-gerechte landwirtschaftliche Bodennutzung und Schlagausformung, den Erhalt erosionsschützender Vegetationsbestände sowie durch Anreicherung mit erosionsmindernden Flurelementen oder Wald vor Beeinträchtigungen der Bodenstruktur und erheblichen Substanzverlusten zu schützen.

Z 4.4.5 In „Gebieten mit Anhaltspunkten für schädliche stoffliche Bodenveränderungen“ sind vertiefende Untersuchungen hinsichtlich ihres Gefährdungspotenzials durchzuführen, die Anhaltspunkte und weitere Ergebnisse in Planungsverfahren zu berücksichtigen, und dabei auch landwirtschaftliche Bewirtschaftungsformen und -intensitäten zu überprüfen und, wenn erforderlich, zu ändern bzw. in andere Landnutzungsformen zu überführen.

G 4.4.6 Der Unterbodenverdichtung ist auf den verdichtungsempfindlichen Flächen der Lösshügel- und der Sandlöss-Ackerebenen-Landschaft sowie der Auen und der Kippen in den Bergbaugebieten durch eine standortgerechte und Bodenstruktur schonende Bearbeitung entgegenzuwirken.

G 4.4.7 Die Moor- und Podsolböden, insbesondere der Dübener und Dahlener Heide, sollen so genutzt werden, dass ihre natürliche Bodenstruktur und bodenökologische Funktion dauerhaft erhalten bleiben.

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Z 4.4.8 Die „Regionalen Schwerpunkte des archäologischen Kulturdenkmalschutzes“ bei Großdalzig, Hof, Kyhna, Liebersee, Mehderitzsch, Schmorkau, Wörblitz und Zauschwitz sollen denkmalgerecht gesichert und vor Gefährdung geschützt werden.

Begründung zu 4.4 Bodenschutz und Altlasten

Zu Ziel 4.4.1 Der Boden ist eine der natürlichen Lebensgrundlagen für Menschen, Tiere und Pflanzen. Er erfüllt ebenso wichtige Nutzungsfunktionen als Produktionsgrundlage der Land- und Forstwirtschaft, Rohstoff und Rohstofflagerstätte wie als Standort für Bebauung. Nach § 2 Abs. 2 BBodSchG erfüllt er natürliche Funktionen als - Lebensgrundlage und Lebensraum für Menschen, Tiere, Pflanzen und Bodenorganismen, - Bestandteil des Naturhaushalts, insbesondere mit seinen Wasser- und Nährstoffkreisläufen, - Abbau-, Ausgleichs- und Aufbaumedium für stoffliche Einwirkungen aufgrund der Filter-, Puffer- und Stoffumwandlungseigenschaften,

insbesondere auch zum Schutz des Grundwassers sowie Funktionen als Archiv der Natur- und Kulturgeschichte.

Da Boden als Naturgut nicht vermehrbar ist, wird dem Erhalt seiner Funktionsfähigkeit und seinem Schutz vor Belastungen gemäß § 1 BBodSchG besondere Bedeutung beigemessen. Der nachhaltige Schutz des Bodens kann nur durch konkrete Anforderungen an die Art und Intensität von Nutzungen gesichert werden.

Die mit Überbauung verbundene Versiegelung und der Abbau von Rohstoffen führen zu den gravierendsten - zumeist irreversiblen – Beeinträchtigungen des Bodens. Sie sind mit Bodenverlusten und damit der Zerstörung seiner Funktionen verbunden. Versiegelungen bewirken in Abhängigkeit vom Versiegelungsgrad Veränderungen der physikalischen, chemischen und biologischen Prozesse im Boden und beeinträchtigen durch Erhöhung des Oberflächenabflusses, Verringerung der Grundwasserneubildung, Veränderungen des Mikro-klimas sowie Vernichtung von Lebensräumen andere Naturgüter. Infolge des Bodenverlusts beim Rohstoffabbau entfallen sämtliche standörtlichen Bodenfunktionen, wie z. B. die Filter- und Pufferwirkung des Bodens. Damit kommt es u. a. zu einer Erhöhung der Gefähr-dung des Grundwassers gegenüber Schadstoffeinträgen. Der sparsame und schonende Umgang mit dem Naturgut Boden ist deshalb im Sinne eines vorsorgenden Bodenschutzes dringend geboten.

Dazu sind bei allen bodenbeanspruchenden Planungen und Maßnahmen folgende Prämissen zu beachten: - Prüfung des Bedarfs bei Neuausweisungen von Bauflächen, - Revitalisierung brachliegender Gewerbe- und Industrieflächen, - bei unvermeidbarer Flächeninanspruchnahme ihre Begrenzung auf ein Mindestmaß unter Einbeziehung flächensparender Bauweisen

und Minimierung des Versiegelungsgrads, - Orientierung auf Ausbaumaßnahmen als Alternative zum Neubau von Trassen der technischen Infrastruktur bzw. von Verkehrswegen, - Trassenbündelung bei unvermeidbaren Neubauten, - sparsame Verwendung von Rohstoffen sowie - prioritäre Wiederverwertung kulturfähigen und anderen Unterbodens im Zuge einer Baumaßnahme bzw. eine anderweitige Wieder-

verwertung (Bodenbörse, Rekultivierung, Rohstoffsubstitution)

Zu Ziel 4.4.2 Gemäß Ziel 4.4.5 des LEP sind in den Regionalplänen regional bedeutsame Altlasten auszuweisen. Regionale Schwerpunkte der Altlas-tenbehandlung sind in Westsachsen die Militär- und Rüstungsaltlasten im Bereich der Standorte WASAG Elsnig (Gemeinde Elsnig), MUNA Süptitz (Gemeinde Dreiheide) und DSC-Werk Moschwig (Gemeinde Kossa) sowie die ehemaligen Standorte der Carbochemie im Südraum Leipzig. Von den benannten Militär- und Rüstungsaltlasten gehen als ehemalige Munitionslager bzw. Sprengstoffwerke insbe-sondere Belastungen des Bodens sowie des Grundwassers aus. Im Einzelnen begründet sich ihre Einstufung als regionale Schwerpunkte der Altlastenbehandlung und der spezifische Handlungsbedarf der Altlastenbehandlung nach Angaben des RP Leipzig (Umweltfach-bereich) wie folgt:

Name/Standort Schadstoffe Belastungspfade Handlungsbedarf MUNA Süptitz (ehemalige Munitionsanstalt, u. a. mit Sprengstofflagern, Füllstelle, Absetzbecken, Vernichtungsplatz)

sprengstofftypische Verbindun-gen (StV), insbesondere Trinitro-toluol (TNT), Dinitrobenzol (DNB) und Hexogen

Belastungen in sanierungswürdigen Konzentrationen im Boden und Grundwasser festgestellt

- orientierende und Detail-untersuchungen

- Grundwassersanierungsbedarf

WASAG - Werk Elsnig (ehemalige Sprengstofffabrik mit ca. 19 Produktions-bereichen)

StV („Elsniger Liste“), bestehend aus 15 Verbindungen (Nitroto-luole, DNB, Trinitrobenzol, TNT, Dinitrotoluole, Hexyl, Hexogen und Oktogen)

sanierungsbedürftige Belastungen in Boden und Grundwasser (u. a. Trink-wasserfassungen in der Elbaue betroffen); seit Längerem Betrieb einer Dränwasserreinigungsanlage

- Grundwasserüberwa-chung/-Monitoring

DSC-Werk Moschwig (ehemaliges Sprengstoffwerk mit Pulverproduktion und Granatenfüllstelle)

StV, insbesondere Oktogen, Hexogen, TNT und Abbaupro-dukte sowie Diethyläther

massive Grundwasserkontamination ins-besondere durch Diethyläther; Boden-kontamination bisher nur an einer Teil-fläche; Lage im Einzugsgebiet des WW Kossa (Betrieb eines Abwehrbrunnens durch den Wasserversorger)

- Erkundung - Sanierung des Absetz-

beckens Füllstelle - Grundwasser-Monitoring

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Name/Standort Schadstoffe Belastungspfade Handlungsbedarf Carbochemie Südraum Leipzig (ehemalige Sächsische Olefinwerke)

Hauptschadstoffe sind Mineral-ölkohlenwasserstoffe, Aromaten (BTX), PAK und Phenole, z. T. als Phase vorliegend

Sanierungsbedürftige Konzentrationen in Boden und GW – seit Längerem Boden und Phasensanierungen

- Sanierung der Schad-stoffquellen im Boden

- Phasensanierung - Grundwassersanierung

und Abstromsicherung

Gefahren durch schädliche Bodenveränderungen bzw. Altlasten sind abzuwehren und es ist Vorsorge gegen nachteilige Einwirkungen auf den Boden zu treffen (§ 1 BBodSchG). In Abhängigkeit von der Art und Intensität der Bodenbelastung sind die erforderlichen Sanierungs-maßnahmen durch den Verpflichteten (§ 4 BBodSchG) durchzuführen. Ziel von Sanierungsmaßnahmen soll neben der akuten Gefahren-abwehr die Wiederherstellung der ökologischen Funktionsfähigkeit und Nutzungsmöglichkeit von belasteten Standorten und Gebieten sein.

Zu Ziel 4.4.3 Über die Abwehr akuter Gefahren durch Altlasten hinaus konkretisiert Ziel 4.4.3 erforderliche Sanierungsmaßnahmen von Altlasten auf Gebieten mit besonderem Handlungsbedarf, die sich aus dem Schutz der menschlichen Gesundheit (Siedlungen, Trinkwasserschutz-gebiete) sowie besonderen Empfindlichkeiten von Naturgütern gegenüber Schadstoffbelastungen ergeben (Grundwasser).

Zu Ziel 4.4.4 Bodenerosionen führen durch die Abtragung von Boden durch Wasser und Wind zu Bodenverlusten und Veränderungen der Bodeneigen-schaften (Reduzierung des Humus- und Nährstoffgehalts bzw. Veränderung der Bodenluft- und Bodenwasserverhältnisse). Sie können damit die Funktion des Bodens als Produktionsgrundlage für die Land- und Forstwirtschaft, aber auch die vielfältigen ökologischen Funk-tionen des Bodens (vgl. Begründung zu Z 4.4.1) beeinträchtigen. Im Ablagerungsbereich kommt es bei Wassererosion zur Dichtschläm-mung der Böden und bei Winderosion zur Überlagerung des gewachsenen Bodens mit sandigen Substraten. Darüber hinaus besteht im Ablagerungsbereich durch erosionsbedingten Nährstoffeintrag eine erhöhte Eutrophierungsgefahr für Fließgewässer. In Ausformung von Ziel 4.4.5 i. V. m. Ziel 4.1.4 des LEP erfolgt deshalb die Ausweisung „Regionaler Schwerpunktgebiete des Wind- und Wassererosions-schutzes“ als „Bereiche der Landschaft mit besonderen Nutzungsanforderungen“ in Karte 16.

Ausweisungskriterien: Gebiete hoher und sehr hoher Wind- und Wassererosionsempfindlichkeit

Ausweisungsgrundlagen: LfUG: Bewertung der Wassererosionsempfindlichkeit ackerbaulich genutzter Böden im Freistaat Sachsen (Bodenbewertungsinstru-

ment, Stand 10/2005) LfUG: Bewertung der Winderosionsempfindlichkeit ackerbaulich genutzter Böden auf Grundlage der Bodenübersichtskarte (BÜK200)

des Freistaats Sachsen (2006) Fachbeitrag Naturschutz und Landschaftspflege zum Landschaftsrahmenplan Region Westsachsen

Die „Regionalen Schwerpunktgebiete des Wind- und Wassererosionsschutzes“ umfassen in der Region insbesondere die winderosions-gefährdeten bodentrockenen Sandgebiete der Heidelandschaften sowie die Kippenböden der Bergbaufolgelandschaften. Böden mit sehr hoher Wassererosionsempfindlichkeit konzentrieren sich insbesondere in den Lösshügellandschaften; hier treffen erosionsgefährdete Schluffböden, große Hangneigungen und intensive ackerbauliche Nutzung zusammen. Die besonders wassererosionsgefährdeten Böden Westsachsens weisen zudem überwiegend auch eine sehr hohe natürliche Bodenfruchtbarkeit auf. Der Anteil ackerbaulich genutzter Böden mit sehr geringer Wassererosionsempfindlichkeit ist mit nur ca. 1 % verschwindend gering, so dass im Sinne des vorsorgenden Bodenschutzes ackerbaulich genutzte Flächen in Westsachsen generell durch geeignete Maßnahmen gegen Wassererosion zu schützen sind.

Die Wind- und Wassererosionsempfindlichkeit der ausgewiesenen Gebiete wird durch ihre geringe Ausstattung mit erosionsmindernden Flurgehölzen und ihre intensive ackerbauliche Nutzung noch erhöht. Die nachhaltige Sicherung der Bodenfruchtbarkeit, der natürlichen Bodenfunktionen und der Archivfunktion erfordert deshalb die Vermeidung bzw. Minimierung weiterer Bodenerosionen. Dazu sind geeig-nete Maßnahmen zur Erosionsminderung, wie allgemeine acker- und pflanzenbauliche Maßnahmen (u. a. Zwischenfruchtanbau, hang-parallele Bewirtschaftung), erosionsmindernde Bodenbearbeitungs- und Bestellverfahren (z. B. Mulchsaat, konservierende Bodenbearbei-tung) sowie erosionsmindernde Flurgestaltung (Untergliederung großer Ackerschläge durch Feldraine oder Gehölzstreifen zur Verkürzung von Hanglängen bzw. Anlage erosionsmindernder Flurelemente vorzugsweise in Hauptwindrichtung) sowie auch gezielte Neubegrün-dungen von Wald durchzuführen.

Zu Ziel 4.4.5 Sind Böden in stofflicher Hinsicht belastet (z. B. durch Schwermetalle, Pestizide, Nährstoffe, Stickstoffverbindungen), so ist davon auszu-gehen, dass der Boden in seinem natürlichen Filter-, Puffer- und Transformationsvermögen überbeansprucht wurde und möglicherweise sogar eine Schadstoffquelle darstellt.

Relevante anorganische Schadstoffe sind vor allem Schwermetalle und Arsen. Einige sind bereits in geringer Dosis für Lebewesen toxisch. Schwermetalle treten in Böden naturbedingt in Abhängigkeit vom geologischen Ausgangsgestein und von natürlichen Prozessen mit dem Ergebnis der Verarmung oder Anreicherung in unterschiedlichen Mengen und Verfügbarkeiten auf und sind nicht abbaubar. Im Erzgebirge und Vogtland weisen die Böden Sachsens naturbedingt eine bedeutende Anreicherung von Arsen und Schwermetallen auf. Durch anthropogene Prozesse (Verhüttung, Halden, Aufbereitungsanlagen) wurde diese geogene Vorbelastung, insbesondere in den Oberböden und in den Auen, häufig weiter erhöht. In den Auenböden akkumulierten so über Jahrtausende die Schadstoffe aus den Fluss-einzugsgebieten. Besonders starke Stoffanreicherungen erfolgten in den Auen des Muldensystems und in abgeschwächter Form in der

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Regionalplan Westsachsen 2008 4 Schutz, Pflege und Entwicklung von Natur und Landschaft

Elbaue. Durch Verwitterung und Transport der Böden und Sedimente aus den Lagestättengebieten des Erzgebirges weisen die Auen-sedimente in den Überschwemmungsbereichen erhebliche Anreicherungen an Arsen und Schwermetallen (Blei, Cadmium) auf. „Gebiete mit Anhaltspunkten für schädliche stoffliche Bodenveränderungen“ umfassen in ihren Funktionen erheblich beeinträchtigte Böden aufgrund hoher Belastungen mit Schwermetallen und Arsen. Sie werden daher in Ausformung von Ziel 4.4.5 i. V. m. Ziel 4.1.4 des LEP als „Bereiche der Landschaft mit besonderen Nutzungsanforderungen“ in Karte 16 ausgewiesen.

Ausweisungskriterien: landwirtschaftlich genutzte Böden mit Überschreitung der Prüf- und Maßnahmenwerte für den Pfad Boden-Nutzpflanze nach Anhang

2 BBodSchV im Bereich der Muldenaue Ausweisungsgrundlagen: LfUG: Landwirtschaftlich genutzte Böden mit Überschreitung der Prüf- und Maßnahmenwerte nach BBodSchV im Bereich der Mul-

denaue (Stand: 07.06.2005) In „Gebieten mit Anhaltspunkten für schädliche stoffliche Bodenveränderungen“ können mit hoher Wahrscheinlichkeit bestimmte Maßnah-men der Vorsorge und Gefahrenabwehr erforderlich werden. Daher ist innerhalb der Gebiete im Einzelfall der betroffenen Fläche zu prüfen, ob sich die konkreten Anhaltspunkte für eine schädliche stoffliche Bodenveränderung bestätigen und Maßnahmen der Gefahrenab-wehr notwendig sind. Maßnahmen zur Gefahrenabwehr sind Sanierungs-, Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen, die die Vermeidung bzw. die Senkung der Schadstoffaufnahme durch den Menschen zum Ziel haben. In Abhängigkeit vom Gefährdungspotenzial und -pfad (Boden-Mensch, Boden-Pflanze-Mensch etc.) können u. a. folgende Maßnahmen erforderlich sein: - langzeitige Bodenbedeckung durch Vegetation, Bodenversiegelung, Bodenaustausch bzw. Bodenüberdeckung, - Anpassung der Nutzung und Bewirtschaftung der Böden sowie Veränderung der Bodenbeschaffenheit (zumeist auf gärtnerisch, land-

und forstwirtschaftlich genutzten Flächen) sowie - im Fall hoch belasteter Flächen, Herausnahme der Flächen aus der landwirtschaftlichen Nutzung und Prüfung ihrer Umnutzung (z. B.

Aufforstung)

Neben der Aue der Vereinigten Mulde sind auch die Auenböden von Freiberger und Zwickauer Mulde, Zschopau und in geringerem Maße der Elbe von hohen Arsen- und Schwermetallbelastungen betroffen. Für diese erfolgte im Freistaat Sachsen bisher jedoch noch keine räumliche Konkretisierung.

Zu Grundsatz 4.4.6 Schädliche Bodenverdichtungen entstehen vor allem durch den Bodendruck von Maschinen bei der land- oder forstwirtschaftlichen Bearbeitung der Böden. Durch den Boden- bzw. Kontaktflächendruck kommt es zu Beeinträchtigungen des Bodengefüges mit Verände-rungen der Bodenluft- und Bodenwasserverhältnisse. Eine erhöhte Staunässegefährdung ist die Folge. Schädliche Bodenverdichtungen wirken darüber hinaus ertragsmindernd durch Behinderung des Wurzelwachstums von Pflanzen. Bei starken Niederschlägen verursacht diese Bodenverdichtung hohe Oberflächenabflüsse, die das Hochwasserrisiko und die Bodenerosion beträchtlich fördern. Durch schäd-liche Bodenverdichtung werden alle natürlichen Bodenfunktionen sowie die land- und forstwirtschaftliche Produktionsfunktion gestört.

Der Grad der Bodenverdichtung wird von den Bodeneigenschaften und der mechanischen Belastung der Böden bestimmt. Eine sehr hohe Verdichtungsempfindlichkeit weisen in der Region insbesondere die Böden der Mulden-, Elster- und Elbaue, die Böden der Lösshügel- und Sandlöss-Ackerebenen-Landschaften sowie die Kippenböden der ehemaligen Braunkohlentagebaue auf. Eine weitere Verdichtung ist stark feuchteabhängig.

Zur Gewährleistung der natürlichen Bodenfunktionen ist die nachhaltige Sicherung eines günstigen Bodengefüges aller verdichtungs-empfindlichen und verdichteten Böden durch verdichtungshemmende Maßnahmen der Landwirtschaft, wie den Einsatz von Maschinen und Geräten mit geringem Bodendruck, konservierende Bodenbearbeitung, Verlagerung der Bearbeitungszeiten vom Frühjahr auf den Herbst, Reduzierung der Schlaggrößen und Anbau bearbeitungsarmer Fruchtarten, zu vermeiden bzw. zu vermindern.

Zu Grundsatz 4.4.7 Gemäß Ziel 4.4.4 des LEP sind in den Regionalplänen Böden mit besonderer Funktionalität auszuweisen, wozu u. a. ihre Funktion als Archiv der Natur- und Kulturgeschichte nach § 2 (2) BBodSchG gehört. Als Kriterien zur Bewertung von Böden hinsichtlich ihrer naturge-schichtlichen Archivfunktion wird u. a. auch das Kriterium „Seltenheit“ herangezogen (vgl. Fachbeitrag Naturschutz und Landschaftspflege zum Landschaftsrahmenplan Region Westsachsen, Kap. 2.2). Der Begriff der „Seltenheit“ beschreibt einen insgesamt bzw. regional selten oder nicht großflächig vorkommenden Boden. Gründe für die Seltenheit eines Bodens können zum einen natürliche Ursachen als auch anthropogene Einwirkungen sein. Seltene Böden sind aufgrund ihrer Kleinflächigkeit besonders gefährdet. Zur Sicherung möglichst vieler unterschiedlicher Böden und damit des Erhalts einer möglichst großen Standortvielfalt sind seltene Böden vor Beeinträchtigungen oder Totalverlust (z. B. durch Rohstoffabbau) besonders zu schützen. Als „regional seltene Böden“ gelten in Westsachsen Böden mit einem Flächenanteil von ≤ 0,1 % an der Regionsfläche. Als „landesweit seltene Böden mit relativer regionaler Seltenheit“ werden landesweit seltene Böden mit einem Flächenanteil von > 0,1 %, aber ≤ 1 % in Westsachsen bezeichnet. Seltene Böden in der Region sind insbesondere Moor- und Podsolböden. Ihre Vorkommen beschränken sich auf wenige, zumeist kleinflächige Bereiche (vgl. Fachbeitrag Naturschutz und Landschaftspflege zum Landschaftsrahmenplan Region Westsachsen, Kap. 2.2).

Moorböden: - Niedermoore gehören zu den landesweit seltenen Böden. Sie nehmen in Westsachsen insgesamt ca. 0,2 % der Regionsfläche ein

und gehören damit nicht zu den sehr seltenen Böden, sind jedoch aufgrund ihrer landesweiten Bedeutung für die Vielfalt der Böden bedeutsam. Niedermoore sind schwerpunktmäßig in der Dübener und Dahlener Heide sowie in den Auen von Jordan- und Ilsenbach

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Regionalplan Westsachsen 2008 4 Schutz, Pflege und Entwicklung von Natur und Landschaft

östlich Kitzscher, im Bereich des Moormergelgebiets Bienitz nördlich Dölzig sowie vereinzelt in der Döllnitzaue, der Luppaaue, der Schnauderaue und dem Colditzer Forst verbreitet.

- Übergangsniedermoore als regional seltene Böden kommen ausschließlich in der Dübener Heide – im Wesentlichen im Bereich des NSG „Presseler Heidewald- und Moorgebiet“ – vor.

Podsolböden: - Die sehr seltenen Humuspodsole (ca. 0,03 % der Regionsfläche) kommen ausschließlich im Colditzer Forst vor. - Vorkommen der landesweit seltenen Eisenpodsole mit 0,17 % Regionsflächenanteil sind dagegen in Westsachsen weniger selten. Sie

sind auf inselartige Verbreitungen in der Dahlener und Dübener Heide – mit Schwerpunkt Dahlener Heide – beschränkt.

Die genannten Böden sind vor allem aufgrund ihrer Seltenheit in der Region besonders schützenswert, weniger wegen ihrer spezifischen bodenphysikalischen und -chemischen Eigenschaften. So neigen Moorböden naturgemäß zur Stoffakkumulation, unterliegen Podsolböden dementgegen von Natur aus einer starken Stoffverlagerungstendenz. Sowohl Moorböden als auch Podsolböden sind dabei das Produkt natürlicher Bodenbildungsprozesse. Die aus dem Entstehungsprozess resultierenden bodenökologischen Eigenschaften müssen bei der Nutzung der Bodenareale berücksichtigt werden.

Moorböden sind insbesondere vor Entwässerungen, einer intensiven Bewirtschaftung und einer weiteren Umwandlung in Acker zu schüt-zen. Entwässerungen von Moorböden haben deren Zerstörung und durch eine Beschleunigung der Mineralisierung vier- bis zehnfach höhere Auswaschungsgrade von Nährstoffen ins Grundwasser als bei Mineralböden zur Folge. Dränierte Moorböden sollen deshalb wieder vernässt, nicht oder extensiv genutzt werden. Podsolböden sollen gleichfalls einer intensiven Bewirtschaftung entzogen werden; Bewässerungen sollen vermieden werden.

Zu Ziel 4.4.8 Gemäß Ziel 4.4.4 des LEP sind in den Regionalplänen Böden mit besonderer Funktionalität auszuweisen, wozu u. a. ihre Funktion als Archiv der Natur- und Kulturgeschichte nach § 2 (2) BBodSchG gehört. Böden sind in Sachsen von besonderer natur- und kulturhistori-scher Bedeutung (Archivfunktion), wenn sie im Profilaufbau Zeugnis ablegen über vergangene geologische Epochen bzw. über die Ent-wicklung des Menschen oder seines Einflusses auf die Natur. Sie besitzen somit als Dokumente der Landschafts-, Natur- und Kulturge-schichte eine Informationsfunktion über abgelaufene natur- und kulturgeschichtliche Prozesse. So können die im Boden konservierten Siedlungs- und Kulturreste von erdgeschichtlicher oder archäologischer Bedeutung, z. B. Reste früherer Besiedlungs- oder Nutzungs-formen, Gräber und Fundstätten, aus denkmalpflegerischer oder archäologischer Sicht besonders bedeutsam und damit schutzwürdig sein. Diese Bodendenkmale unterstehen als Zeugnisse der Siedlungsgeschichte dem Sächsischen Denkmalschutzgesetz (SächsDSchG, 1993). Der Boden, in dem diese Denkmale erhalten sind, unterliegt selbst nicht dem SächsDSchG. In Ausformung von Ziel 4.4.4 i. V. m. Ziel 4.1.4 des LEP erfolgt die Ausweisung „Regionaler Schwerpunkte des archäologischen Kultur-denkmalsschutzes“ als „Bereiche der Landschaft mit besonderen Nutzungsanforderungen“ in Karte 16. Die regionalplanerische Sicherung dieser Gebiete entspricht auch § 2 (13) ROG, nach dem die gewachsenen Kulturlandschaften mit ihren Kultur- und Naturdenkmalen erhal-ten werden sollen. Kulturdenkmale werden nach § 8 SächsDSchG geschützt, können jedoch im Ausnahmefall per Genehmigung nach § 12 SächsDSchG auch beseitigt werden, so dass bei den genannten Gebieten aus fachübergreifender Sicht ein besonderer Schutz erforderlich erscheint.

Ausweisungskriterien: archäologische Kulturdenkmale mit herausragender geschichtlicher und wissenschaftlicher Bedeutung für die Region

Ausweisungsgrundlagen: Auswahl regional bedeutsamer archäologischer Kulturdenkmale (Landesamt für Archäologie)

Als Zeugnisse der Siedlungsgeschichte sind die regionalen Schwerpunkte des archäologischen Kulturdenkmalschutzes von besonderer kulturgeschichtlicher Bedeutung. Sie umfassen folgende ausgewählte Bodendenkmale, die eine hervorragende geschichtliche und wissenschaftliche Bedeutung für die Region besitzen:

Großdalzig (Stadt Zwenkau)

− Siedlungsspuren der Jungsteinzeit, mit Pfostenbauten, vermutlich Linienbandkeramikkultur auf einer be-kannten bandkeramischen Siedlung nordöstlich vom Ort

− unberührte und vollständig erhaltene Siedlung der Bandkeramik Hof/Stauchitz (Gemeinde Hof)

− bedeutende slawische Burganlage, vermutlich Burg Gana, Hauptburg des Stamms der Daleminzier − überregionale Bedeutung

Kyhna (Gemeinde Neukyhna)

− Kreisgrabenanlage mit vier Palisadenringen des Neolithikums, vermutlich Kultanlage − wichtiges religionsgeschichtliches Denkmal, für den sächsisch-mitteldeutschen Raum nahezu singulär

Liebersee (Stadt Belgern)

− umfangreichstes Gräberfeld in Mitteldeutschland mit ca. 2 000 bekannten Gräbern − Belegungsdauer 2 000 Jahre; Umfeld ist als besonders schützenswert einzustufen

Mehderitzsch (Gemeinde Pflückuff)

− einzigartig erhaltene eisenzeitliche Befestigung aus dem 7./6. Jahrhundert v. Chr. − noch vorhandener Ringwall mit ca. 2 m sichtbarer Höhe

Schmorkau (Stadt Oschatz)

− Körpergräber der Völkerwanderungszeit und Urnengräberfeld der römischen Kaiserzeit − zurzeit das einzig bekannte, vollständig erhaltene Körpergräberfeld der Völkerwanderzeit

Wörblitz (Stadt Dommitzsch)

− bronzezeitliche Hügelgräber mit Kreisgräben − bisher kaum nachgewiesene Einfriedungen mit Kreisgräben

Zauschwitz (Stadt Pegau)

− Siedlung und Gräberfeld der Jungsteinzeit (Bandkeramik, Glockenbecherkultur), Bronzezeit (Aujetitzer Kultur), vorrömischen Eisenzeit und römischen Kaiserzeit

− wichtiger Beleg für die prähistorische Besiedlung des Elsterauenrands

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Regionalplan Westsachsen 2008 4 Schutz, Pflege und Entwicklung von Natur und Landschaft

Die o. g. Gebiete sind so zu nutzen, dass die Kulturdenkmale dauerhaft gesichert werden. Sie sind von Bebauung im Sinne von Besiedlung (gemäß Begründung zu Z 5.1.10), von Trassen und von Rohstoffabbau freizuhalten. Wo möglich, sollte eine Grünlandnutzung erfolgen. Eine ackerbauliche Nutzung soll so erfolgen, dass keine Zerstörung der unterirdischen Denkmalbestandteile erfolgt (kein Tief-pflügen, Rigolen und kein Dränagebau). Über die im Ziel genannten Kulturdenkmale hinaus sind alle Archäologischen Kulturdenkmale über das Sächsische Denkmalschutzgesetz geschützt. Auch die außerhalb der o. g. Gebiete liegenden archäologisch relevanten Flächen sollen deshalb so genutzt werden, dass die Erhaltung der dort befindlichen Kulturdenkmale gemäß § 8 SächsDSchG in Verbindung mit § 12 SächsDSchG dauerhaft gewährleistet ist.

4.5 Luftreinhaltung und Klimaschutz Karte Die siedlungsklimatisch bedeutsamen Bereiche sind als „Regional bedeutsame Frischluftentstehungs-

gebiete“ und „Regional bedeutsame Kaltluftentstehungsgebiete“ sowie symbolhaft als „Regional bedeut-same Frischluftabflussbahnen“ und „Regional bedeutsame Kaltluftabflussbahnen“ in Karte 16 „Bereiche der Landschaft mit besonderen Nutzungsanforderungen“ ausgewiesen.

Z 4.5.1 Die Funktionsfähigkeit der „Regional bedeutsamen Frischluftentstehungsgebiete“, der „Regional bedeutsamen Kaltluftentstehungsgebiete“, der „Regional bedeutsamen Frischluftabflussbahnen“ sowie der „Regional bedeutsamen Kaltluftabflussbahnen“ ist zu erhalten bzw. zu verbessern. Dazu sind • „Regional bedeutsame Kaltluftentstehungsgebiete“ von großflächigen Versiegelungen, ab-

riegelnden Be- und Verbauungen sowie von Luftschadstoff emittierenden Anlagen freizuhalten und ggf. durch Erhöhung des Waldanteils aufzuwerten,

• „Regional bedeutsame Frischluftabflussbahnen“ und „Regional bedeutsame Kaltluftabfluss-bahnen“ von abriegelnden Be- und Verbauungen sowie von Luftschadstoff emittierenden An-lagen und Aufforstungen im unmittelbaren Abflusskanal freizuhalten und

• „Regional bedeutsame Frischluftentstehungsgebiete“ vor schwerwiegenden Eingriffen zu schützen und ggf. durch Waldmehrung in ihrer Wirksamkeit zu unterstützen.

Z 4.5.2 Im Rahmen der Bauleitplanung sind die räumlichen Voraussetzungen für den Erhalt und die Schaffung klimatisch wirksamer Freiräume sowie den Luftaustausch zu schaffen.

Z 4.5.3 Im Verdichtungsraum Leipzig ist die Luftregeneration durch Erweiterung vorhandener und den Aufbau neuer Wald- und Gehölzbestände zu verbessern.

Begründung zu 4.5 Luftreinhaltung und Klimaschutz

Zu Ziel 4.5.1 Siedlungsklimatisch bedeutsame Bereiche ergeben sich aus dem funktionalen Zusammenhang zwischen Siedlungen einerseits und den Freiflächen zur Sicherung und Entwicklung klimatischer Verhältnisse in den Siedlungen andererseits (Wirkungsraum-Ausgleichsraum-Gefüge). Dazu müssen positive Funktionen wie Frischluftzufuhr und Durchmischung erhalten und verbessert sowie vorhandene klimati-sche und lufthygienische Belastungen durch ausgleichende Prozesse gemildert bzw. abgebaut werden.

Während der überwiegende Teil der Luftaustauschprozesse durch den Wind bestimmt wird, gewinnen in austauscharmen Wetterlagen, die in der Region zumeist mit besonders kritischen Belastungssituationen verbunden sind, Kaltluftentstehung und -abfluss an Bedeutung. Mit dem Zustrom von Kaltluft in Belastungsgebiete kann zum einen eine Minderung der Wärmebelastung erfolgen, zum anderen auch ein Frischlufteffekt, da die Kaltluft vor allem auf (geringer belasteten) Freiflächen entsteht.

Kaltluft entsteht in Gebieten (Kaltluftentstehungsgebiete), in denen sich in wolkenarmen, windschwachen Nächten (Strahlungsnächten) aufgrund der Ausstrahlung der Erdoberfläche die Luftschicht in Bodennähe stärker abkühlt als in den darüber liegenden Luftschichten; es entsteht die bodennahe Kaltluft. Die Menge der in einer Nacht produzierten Kaltluft ist von der Jahreszeit, der absoluten Bodentemperatur, der Windgeschwindigkeit, dem Bewölkungsgrad, den Bodenfeuchteverhältnissen, die Einfluss auf die Verdunstung haben, sowie von der Flächennutzung abhängig. Die Intensität der Kaltluftbildung nimmt dabei von Siedlungsflächen über Wald bis zu Acker- und Grünland zu. Die höchste Kaltluftbildungsrate weisen feuchte Acker- und Grünlandstandorte auf. Kaltluft, die eine geringe lufthygienische Vorbelastung aufweist, wird auch als Frischluft bezeichnet. Wälder sind die Hauptproduzenten von Frischluft und damit die bedeutsamsten Frischluft-entstehungsgebiete. Sofern sie über ein Zirkulationssystem in Beziehung zu Siedlungen stehen, besitzen Frischluftentstehungsgebiete klimaausgleichende Wirkung.

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Regionalplan Westsachsen 2008 4 Schutz, Pflege und Entwicklung von Natur und Landschaft

Während in Muldenlagen die bodennahe Kaltluftschicht an Ort und Stelle verbleibt und einen Kaltluftsee bildet, entwickelt sich an unbewal-deten und unverbauten Hängen der Kaltluftabfluss. Über Leitbahnen (verbindende Oberflächenstrukturen zwischen Ausgleichs- und Wir-kungsräumen) wird über autochthone Luftaustauschprozesse ein Transport relativ wenig belasteter und kühler Luftmassen in belastete Siedlungsräume hinein ermöglicht. Gleichzeitig stellen sie auch Ventilationsbahnen bei austauschstärkeren Wetterbedingungen dar (MOSI-MANN ET AL. 1996). Sofern die in diesen Abflussbahnen bzw. ihrem Einzugsgebiet transportierte Luft frei von größeren lufthygienischen Be-lastungen (z. B. durch bedeutende Einzelemittenten aus Industrie/Gewerbe und/oder stark befahrene Straßen) ist, wird von Frischluftab-flussbahnen gesprochen.

In Ausformung von Ziel 4.5.1 i. V. m. Ziel 4.1.4 des LEP erfolgt die Ausweisung siedlungsklimatisch bedeutsamer Bereiche in Westsach-sen als „Regional bedeutsame Frischluftentstehungsgebiete“, „Regional bedeutsame Kaltluftentstehungsgebiete“, „Regional bedeutsame Frischluftabflussbahnen“ und „Regional bedeutsame Kaltluftabflussbahnen“ in Karte 16 „Bereiche der Landschaft mit besonderen Nutzungsanforderungen“.

Ausweisungskriterien: Gebiete hoher und sehr hoher Kaltluftproduktion i. V. m. dazugehörigen Kaltluftabflussbahnen bzw. Frischluftschneisen mit Zuordnung

zu klimatischen Wirkungsräumen Frischluftentstehungsgebiete mit Zuordnung zu klimatischen Wirkungsräumen

Ausweisungsgrundlagen: Fachbeitrag Naturschutz und Landschaftspflege zum Landschaftsrahmenplan Region Westsachsen (Abgrenzung klimatischer Wir-

kungs- und Ausgleichsräume, Bewertung der Kaltluftproduktion und des Kalt- bzw. Frischluftabflusses, Abgrenzung der Frischluftent-stehungsgebiete)

Zur Gewährleistung des klimatischen Ausgleichs und der Luftregeneration sind „Regional bedeutsame Kaltluftentstehungsgebiete“ in ihrer Funktionsfähigkeit (Größe, Durchlässigkeit, Qualität der Vegetationsstrukturen) zu sichern und von großflächigen Versiegelungen freizu-halten. In „Regional bedeutsamen Kaltluftentstehungsgebieten“ sowie „Regional bedeutsamen Frisch- und Kaltluftabflussbahnen“ ist, insbesondere im Rahmen der Bauleitplanung, darauf zu achten, dass abriegelnde Be- und Verbauungen sowie Anlagen mit schädlichen und störenden Emissionen die bodennahen Luftströmungen in ihrem Verlauf nicht behindern oder mit Schadstoffen belasten.

Aus siedlungsklimatischer Sicht besteht ein besonderer Handlungsbedarf für die Erweiterung bzw. Neuanlage von Wäldern im Umfeld von klimatischen Wirkungsräumen (entsprechend der Hauptwindrichtung) sowie in der Umgebung von Emissionsquellen. Schwerwiegende Eingriffe in „Regional bedeutsame Frischluftentstehungsgebiete“ stellen z. B. Waldrodungen sowie ihre Zerschneidung durch Verkehrstras-sen mit einhergehender Immissionsbelastung dar.

Zu Ziel 4.5.2 Das Ziel basiert auf Ziel 4.5.1 des LEP, wonach siedlungsklimatisch bedeutsame Bereiche in ihrer Funktionsfähigkeit zu sichern sind, sowie Ziel 4.5.1 des Regionalplans, das die regional bedeutsamen Frisch- und Kaltluftentstehungsgebiete bzw. Frisch- und Kaltluftabflussbahnen konkretisiert und sichert. Sie sind im Rahmen der Bauleitplanung auszuformen und zu ergänzen. Dazu sind insbesondere klimatisch wirksame Freiräume, wie - Vegetationsbestände, die aufgrund ihrer Struktur, ihres Alters und ihrer räumlichen Lage in besonderem Maß zur Luftregeneration

beitragen können, - Gebiete hoher und sehr hoher Kaltluftproduktion in Verbindung mit den dazugehörigen Kaltluftabflussbahnen sowie - Ventilationsbahnen in ausreichender Größe langfristig zu erhalten und verstärkt Möglichkeiten für eine Erhöhung des Waldanteils geprüft und ausgeschöpft werden. Eine Erhöhung des Waldanteils bewirkt eine weithin spürbare Verbesserung der klimatischen Situation. Dies resultiert sowohl aus der Bedeutung des Waldes für die Ausfilterung von Luftschadstoffen als auch aus seiner temperaturausgleichenden Wirkung. Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit siedlungsklimatisch bedeutsamer Bereiche (Ventilationsbahnen, Kaltluftabflussbahnen und dazu-gehörige Kaltluftentstehungsgebiete) sind gemäß Ziel 4.5.1 auszuschließen bzw. zu vermeiden. Auf kommunaler Ebene bieten sich zur räumlichen Konkretisierung klimatisch bedeutsamer Freiräume Klimagutachten oder Landschaftspläne an.

Zu Ziel 4.5.3 Für den Verdichtungsraum Leipzig ist eine Verbesserung der Luftregeneration durch die Erweiterung vorhandener und den Aufbau neuer Vegetationsbestände aus regionalplanerischer Sicht besonders vordringlich, da der Verdichtungsraum − mit einem Waldanteil von lediglich 6,3 % landschaftlich weitgehend ausgeräumt ist, − als Niederungsgebiet naturräumlich relativ ungünstige Bedingungen für den Luftaustausch hat (ausgeprägte Kaltluftsammelgebiete

und relativ ungünstige bioklimatische Voraussetzungen), − deutliche Vorbelastungen infolge der Konzentration von Industrie und Gewerbe zu verzeichnen sind sowie − durch die starke Bevölkerungskonzentration und Verdichtungstendenzen ein besonderer Bedarf gegeben ist (vgl. auch Fachbeitrag

Naturschutz und Landschaftspflege zum Landschaftsrahmenplan Region Westsachsen, Kap. 2.4).

Gemäß § 50 Bundesimmissionsschutzgesetz sind bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen die Belange der Luftqualität zu berücksichtigen, indem die Zuordnung von Flächen für bestimmte Nutzungen so erfolgt, dass schädliche Umwelteinwirkungen insbe-sondere auf Wohngebiete, öffentlich genutzte Gebäude, Freizeitgebiete sowie naturschutzfachliche wertvolle und besonders empfindliche Gebiete, vermieden werden.

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Regionalplan Westsachsen 2008 5 Siedlungsentwicklung

5 Siedlungsentwicklung

5.1 Siedlungswesen, Regionale Grünzüge und Grünzäsuren Begriff Ein Versorgungs- und Siedlungskern einer Gemeinde ist der Ortsteil, der aufgrund seiner bereits vor-

handenen Funktionen und entsprechender Entwicklungsmöglichkeiten, seiner Erreichbarkeit (bei Zentralen Orten für die Bevölkerung im Verflechtungsbereich) und seiner Verkehrsanbindung durch den ÖPNV die Voraussetzung für die Versorgung der Bevölkerung (bei Zentralen Orten für die Bevölkerung im Verflech-tungsbereich) in zumutbarer Entfernung zu den Wohnstandorten bietet. Die Festlegung von Versorgungs- und Siedlungskernen erfolgt in den Regionalplänen, sofern ein überörtliches Regelungserfordernis raum-ordnerisch begründet ist. Eigenentwicklung ist die für den Bauflächenbedarf zugrunde zu legende Entwicklung einer Gemeinde, die sich aus der natürlichen Bevölkerungsentwicklung und aus den Ansprüchen der örtlichen Bevölkerung an zeitgemäße Wohnverhältnisse, der ortsansässigen Gewerbebetriebe und der Dienstleistungseinrichtungen ergibt.

Karte Die Versorgungs- und Siedlungskerne der Zentralen Orte sind in Karte 2 „Siedlungsstruktur“ ausgewiesen. Für die nicht zentralen Gemeinden wurde der regionalplanerisch empfohlene Versorgungs- und Siedlungs-kern vorbehaltlich der endgültigen Bestimmung durch die jeweilige Gemeinde (Ziel 5.1.6) gekennzeichnet.

Hinweis Festlegungen zur Bewahrung kulturhistorischer Sehenswürdigkeiten sind in Kapitel 8.3 enthalten.

Z 5.1.1 Die Inanspruchnahme unverbauter Flächen für Siedlungszwecke soll auf das unabdingbar not-wendige Maß beschränkt werden.

Z 5.1.2 Bei Neubebauung ist eine den natürlichen und siedlungsstrukturellen Gegebenheiten angepasste bauliche Dichte anzustreben. Auf eine angemessene Durchgrünung und nachhaltig wirksame Ein-bindung in die Landschaft ist hinzuwirken.

G 5.1.3 Im Rahmen der Siedlungsentwicklung sollen verstärkt Belange von Familien, von älteren oder beeinträchtigten Menschen sowie von Migranten berücksichtigt werden.

Z 5.1.4 Das Angebot an Wohnraum soll vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und unter Berücksichtigung der differenzierten Ansprüche hinsichtlich Wohnformen, Wohnungsgrößen und -ausstattung an die künftigen Anforderungen angepasst werden.

Z 5.1.5 Die Versorgungs- und Siedlungskerne der Zentralen Orte sind die Kernstädte der in den Zielen 2.3.5 und 2.3.7 des LEP ausgewiesenen Ober- und Mittelzentren sowie der in Ziel 2.3.7 des Regionalplans ausgewiesenen Grundzentren.

Z 5.1.6 Durch die nicht zentralen Gemeinden sind im Rahmen der Bauleitplanung die Versorgungs- und Siedlungskerne als Schwerpunkte der Siedlungsentwicklung festzulegen. Hierfür sind Gemeindeteile auszuweisen, die aufgrund ihrer Ausstattung, ihrer Lage und Anbindung an den ÖPNV die güns-tigsten Voraussetzungen bieten.

Z 5.1.7 Im Rahmen der Bauleitplanung sollen Wohnbauflächen, gewerbliche Bauflächen, landwirtschaftliche Gebäude- und Freiflächen, Verkehrsflächen, Einrichtungen der Daseinsvorsorge sowie Spiel- und Erholungsflächen einander so zugeordnet werden, dass Nutzungskonflikte durch Luftverunreini-gungen, Lärm und Erschütterungen vermieden werden.

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Regionalplan Westsachsen 2008 5 Siedlungsentwicklung

Z 5.1.8 In Siedlungen mit Zugangsstellen zum SPNV sollen bei Eignung und Bedarf im Rahmen der Bauleit-planung Bauflächen oder -gebiete so ausgewiesen werden, dass durch die lagemäßige Zuordnung dieser Bauflächen oder -gebiete zu den Zugangsstellen des SPNV eine ökologisch verträgliche und eine verkehrlich ökonomische Erschließung gesichert wird.

Z 5.1.9 In besiedelten Gebieten sollen Landschaftsbestandteile erhalten, gepflegt und entwickelt werden, die eine besondere Bedeutung für das Ortsbild, die Gliederung von Siedlungsflächen und die Wohn-umfeldqualität aufweisen oder die Verbindung zur freien Landschaft herstellen.

Regionale Grünzüge und Grünzäsuren

Begriff Regionale Grünzüge sind siedlungsnahe, zusammenhängende Bereiche des Freiraums mit unter-schiedlichen ökologischen Funktionen oder naturnahen Erholungsmöglichkeiten, die von Bebauung im Sinne einer Besiedlung oder anderen funktionswidrigen Nutzungen freizuhalten sind. Regionale Grünzüge sind Ziele der Raumordnung. Grünzäsuren sind kleinräumige Bereiche des Freiraums zum Schutz siedlungsnaher Erholungsfunktionen und zur Verhinderung des Zusammenwachsens dicht beieinander liegender Siedlungsgebiete. Grünzäsuren sind Ziele der Raumordnung. Freiraum ist der Raum außerhalb von Siedlungen, in dem vorrangig landschaftsbezogene Nutzungen oder ökologische Funktionen zu schützen bzw. zu entwickeln sind.

Karte Regionale Grünzüge sind in der Karte 14 „Raumnutzung“ ausgewiesen. Die Begründung für die Ausweisung Regionaler Grünzüge ist in der Karte 12 „Ausweisungsgrundlagen Regionaler Grünzüge“ dargestellt. Grünzäsuren sind in der Karte 14 „Raumnutzung“ ausgewiesen.

Z 5.1.10 Die Regionalen Grünzüge sind von Bebauung im Sinne einer Besiedlung oder anderen funktions-widrigen Nutzungen freizuhalten.

G 5.1.11 Regionale Grünzüge sollen, insbesondere bei städtischen Siedlungen, mit innerörtlichen Grün-bereichen verknüpft werden.

Z 5.1.12 Die Grünzäsuren sind von Bebauung im Sinne von Besiedlung oder anderen funktionswidrigen Nutzungen freizuhalten.

Z 5.1.13 Die weitere Ausformung der Grünzäsuren hinsichtlich ihrer Abgrenzung und Nutzung ist durch die Bauleitplanung vorzunehmen.

Begründung zu 5.1 Siedlungswesen, Regionale Grünzüge und Grünzäsuren Die Nationale Nachhaltigkeitsstrategie zielt auf eine Verminderung der Inanspruchnahme neuer Siedlungs- und Verkehrsflächen auf 30 ha pro Tag bis 2020. Trotz rückläufiger Tendenz ist die Flächeninanspruchnahme nach wie vor auf hohem Niveau, auch unter den Be-dingungen einer schrumpfenden Bevölkerung. In der Region Westsachsen lag der Anteil der Siedlungs- und Verkehrsflächen mit 12,4 % im Jahr 2006 über dem Landesdurchschnitt von 11,7 %. Der Zuwachs der Flächeninanspruchnahme für Siedlungs- und Verkehrszwecke betrug trotz deutlich sinkender Bevölkerungs-zahlen zwischen 1993 und 2002 im Mittel ca. 3 Hektar pro Tag, seit 2003 ca. 1 Hektar pro Tag. Die stetige Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsflächen ist im Wesentlichen auf eine überdimensionierte Baulandinanspruchnahme für großflächigen Einzelhandel, Gewerbe und Wohnungsbau sowie auf umfangreiche Verkehrsbauvorhaben zurückzuführen. Dabei vollzog sich der Siedlungs- und Verkehrsflächenzu-wachs regional differenziert (vgl. Fachbeitrag Naturschutz und Landschaftspflege zum Landschaftsrahmenplan Region Westsachsen Kap. 2.2.5).

Neben dem quantitativen Indikator Flächenverbrauch sind jedoch auch qualitative Ziele zur Neuausrichtung des Umgangs mit Siedlungs-flächen erforderlich. Dabei sollte der Flächenkreislauf als ein System von Planung, Nutzung, Nutzungsaufgabe, Brachliegen, Zwischen-

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Regionalplan Westsachsen 2008 5 Siedlungsentwicklung

nutzung und/oder Wiedernutzung von Flächen verstanden werden, der eines aktiven Managements bedarf und mit der demografischen Entwicklung zu verknüpfen ist.

Zu Ziel 5.1.1 In den meisten Gemeinden stehen heute so viele Bauflächen zur Verfügung, dass der Baulandbedarf der nächsten Jahre aus den heutigen Reserven gedeckt werden könnte. Daneben verfügen viele Gemeinden über große Brachflächen- und Innenentwicklungs-potenziale, deren städtebauliche Nutzung bisher noch nicht angegangen wurde.

Die Inanspruchnahme unverbauter Flächen für Siedlungszwecke soll daher auf das unabdingbar notwendige Maß beschränkt werden. Als unverbaut gelten Flächen, die bisher nicht durch Siedlungs- oder Verkehrsfläche in Anspruch genommen wurden. Vor der Neuausweisung von Baugebieten ist der Bedarf vorrangig in vorhandenen Baugebieten, insbesondere unter Nutzung von Brachen, zu decken (vgl. auch Begründung zu Z 4.4.1). Neuausweisungen von Siedlungs- und Verkehrsflächen sollen nur in begründeten Ausnahmefällen erfolgen, sofern innerhalb der Siedlungen keine geeigneten Flächen verfügbar sind.

Eine zentrale Rolle spielen dabei Flächenmanagementansätze auf kommunaler und regionaler Ebene: Brach- und Wohnbauflächen-kataster, Aktivierung kleinteiliger Innenentwicklungspotenziale durch Baulückenkataster, Gegenüberstellung der Flächenpotenziale (auch Innenentwicklungspotenziale) und der Flächenbedarfe, Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Siedlungsflächenentwicklung. Nur so kann die Flächeninanspruchnahme für neue Nutzungen vorrangig auf Flächenpotenziale im Bestand gelenkt werden. Zur Umwandlung bestehender Wochenendsiedlungen in Wohngebiete vgl. Z 8.4.12.

Zu Ziel 5.1.2 Neubebauung soll sich nach Möglichkeit in die Umgebung einpassen. Dabei soll sie zum einen die natürlichen Standortverhältnisse wie Relief und Hangneigung, zum anderen die siedlungsstrukturellen Verhältnisse berücksichtigen. Ein Einfügen in ländliche Siedlungsstrukturen ist i. d. R. mit einer geringeren Verdichtung verbunden, die Anordnung der Baukörper sollte sich möglichst an den vorhandenen Gebäudestrukturen und den regions- bzw. ortstypischen Bauweisen orientieren. Dagegen sollen sich Neubauten in die städtischen Strukturen mit einer höheren Verdichtung und flächensparendem Bauen einfügen. Baugebiete am Ortsrand sollen die charakteristische Eingrünung der Siedlung fortführen und einen harmonischen Übergang zur freien Landschaft schaffen (vgl. Z 4.1.9).

Zu Grundsatz 5.1.3 Bei der Entwicklung der Siedlungsstruktur ist der Entwicklung der Bevölkerungsstruktur Rechnung zu tragen. Die Siedlungsentwicklung wird zunehmend vom demografischen Wandel (Bevölkerungsrückgang, Alterung, Internationalisierung) bestimmt. Wegen der durchaus vorhandenen planerischen Relevanz erfolgt der Auftrag an die Gemeinden, diese Belange in ihren Planungen stärker zu berücksichtigen. Konzepte und Maßnahmen sollen u. a. die Belange von - Familien (kinder- und familienfreundliche Wohnbedingungen/Wohnumfeld, Bildungs- und Betreuungseinrichtungen) - älteren oder beeinträchtigten Menschen (altengerechtes Wohnen, Einrichtungen zur Betreuung, generationsübergreifende Projekte) - Menschen mit Migrationshintergrund (Integration von Ausländern, eingebürgerten Staatsangehörigen und Aussiedlern sowie deren

Nachkommen), - vorübergehend zugewanderten Einwohnern (z. B. Studenten, Wissenschaftler) angemessen berücksichtigen.

Dabei soll einer sozialen Segregation entgegengewirkt und städtebauliche Entwicklungsprogramme genutzt werden.

Zu Ziel 5.1.4 Vor dem Hintergrund der generellen Leerstandsproblematik und der differenzierten demografischen Entwicklung in den Gemeinden soll das Wohnungsangebot an die künftigen Anforderungen der verschiedenen Zielgruppen angepasst werden.

Die Alterung der Gesellschaft geht einher mit einer Verkleinerung der durchschnittlichen Haushaltsgrößen. Aufgrund der Wunsches, möglichst lange in den eigenen vier Wänden zu bleiben und durch Zukauf von Dienstleistungen versorgt zu werden, ergeben sich neben der Schaffung altengerechter Wohnungen sowie angepasster Konzepte der häuslichen Pflege neue Anforderungen an die Gestaltung der Wohnumfelds sowie so genannter Wohndienstleistungen. Das Potenzial an Ersthaushaltsgründungen und an bisher typischen Eigentumserwerbern (30-40 Jahre) wird dagegen stark zurückgehen, was zu einer rückläufigen Nachfrage nach Wohnbauland insgesamt führen wird.

In der Siedlungsentwicklung sollten diese Anforderungen den örtlichen Verhältnissen entsprechend berücksichtigt und ein nachfrageorien-tiertes Angebot an zeitgemäßen Wohnformen (Einfamilienhaus-/Geschosswohnungsbau), Wohnungsgrößen und -ausstattung sowie ent-sprechendem Wohnumfeld (familien-/altengerecht) bereitgestellt werden. Die Entwicklung der vergangenen Jahre hat gezeigt, dass auch in Gebieten mit schrumpfender Bevölkerung weiterhin Wohnungsneubau stattfindet. Durch Nutzung innerörtlicher Nachverdichtungs- und Brachflächenpotenziale sowie Umbau und Sanierung sollten jedoch Alter-nativen zum Wohnungsneubau auf der grünen Wiese entwickelt werden.

Die Umsetzung kann aufgrund privater Eigentumsverhältnisse z. T. eingeschränkt sein. Das Ziel richtet sich insbesondere an die Ge-meinden im Rahmen der Bauleitplanung, aber auch an kommunale Wohnungsunternehmen im Rahmen des Stadtumbaus. Es sollte ggf. auch bei der Fördermittelbereitstellung berücksichtigt werden.

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Regionalplan Westsachsen 2008 5 Siedlungsentwicklung

Zu Ziel 5.1.5 Nach G 5.1.1 LEP sollen in den Regionalplänen zur Konzentration der Siedlungstätigkeit gemäß der Definition Versorgungs- und Siedlungskerne ausgewiesen werden. Im Regionalplan Westsachsen erfolgt die Ausweisung von Versorgungs- und Siedlungskernen für die Zentralen Orte. Dafür werden jeweils die Kernstädte bestimmt, die den im Zusammenhang bebauten Ortsteil mit dem Stadtzentrum darstellen. Die Bestimmung der zentralörtlichen Versorgungs- und Siedlungskerne als Konzentrationspunkte der Siedlungsentwicklung ist eine wichtige Voraussetzung für die weitere Stärkung der Funktionsfähigkeit der Zentralen Orte. Nur die Schwerpunktsetzung innerhalb der Zentralen Orten ermöglicht die gebündelte Inanspruchnahme von zentralörtlichen Ein-richtungen und ist eine wichtige Voraussetzung für die effiziente verkehrliche Anbindung durch den ÖPNV, da ein hervorgehobener Ver-sorgungs- und Siedlungskern ein größeres Ziel- und Quellgebiet darstellt. Gerade vor dem Hintergrund von Bevölkerungsrückgang und Alterung und sich dadurch verteuernder öffentlicher Infrastrukturen bzw. Versorgungseinrichtungen kommt der Konzentration der Sied-lungsentwicklung eine wichtige Bedeutung zu. Eine zielgerichtete, regionalplanerische Steuerung ist auch unter dem Gesichtspunkt der i. d. R. über die eigene kommunale Zuständigkeit hinausgehenden räumlichen Verflechtungsbereiche der Zentralen Orte und ihrer Funktionen für die Bereitstellung von Arbeitsplätzen, von Verwaltungs-, Dienstleistungs- und Versorgungsangeboten erforderlich. Zudem kann so die Wiederholung von Fehlentwicklungen in der Siedlungsentwicklung (z. B. überdimensionierte Bauflächenausweisungen oder Einzelhandelsansiedlungen in kleinen Ortsteilen der Zen-tralen Orte) vermieden werden. Insbesondere die Zentralen Orte im Ländlichen Raum bedürfen der Stabilisierung durch Siedlungs- und Funktionskonzentration.

Die weitere Siedlungsentwicklung in den Zentralen Orten ist in den Versorgungs- und Siedlungskernen zu konzentrieren. Dazu werden mit den Plansätzen 2.3.2-2.3.5 und 6.2.3-6.2.4 für zentralörtliche Funktionen und Einrichtungen, bedarfsgerechte Ansiedlung von überört-lichem Wohnungsbau und Gewerbe, Verkehrsinfrastruktur und -bedienung sowie großflächigen Einzelhandel Ziele und Grundsätze formu-liert.

Die Strategische Umweltprüfung zum Regionalplan ergab, dass alle ausgewiesenen Versorgungs- und Siedlungskerne unter Einbe-ziehung ihrer innerörtlichen Flächenreserven über ein hinreichendes umweltverträgliches Bauflächenpotenzial verfügen, das sie befähigt, die angestrebte Konzentration zentralörtlicher Funktionen im Geltungszeitraum des Regionalplans auch zu erfüllen.

Zu Ziel 5.1.6 Auch für die nicht zentralörtlichen Gemeinden kommt der Konzentration der Siedlungsentwicklung vor dem Hintergrund der demogra-fischen und finanzwirtschaftlichen Entwicklung und der zunehmenden Tragfähigkeitsprobleme von Einrichtungen eine wichtige Rolle zu. Die Konzentration der räumlichen Entwicklung auf stabile Versorgungs- und Siedlungskerne ermöglicht, insbesondere in Gemeinden mit einem hohen Anteil an Klein- und Kleinstsiedlungen, eine Sicherung und gebündelte Inanspruchnahme von Einrichtungen der Daseins-vorsorge und ist eine wichtige Voraussetzung für eine effiziente ÖPNV-Anbindung der Ortsteile an den Versorgungs- und Siedlungskern und von dort an benachbarte Zentrale Orte.

In den Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion, in denen lediglich eine Eigenentwicklung gemäß Definition möglich sein soll, ist der regio-nalplanerische Auftrag zur Bestimmung der Versorgungs- und Siedlungskerne ausreichend. Die Festlegung der Versorgungs- und Sied-lungskerne sollen die Gemeinden im Rahmen der Bauleitplanung selbst vornehmen, um die gemeindliche Entwicklung entsprechend zu steuern. Die Kriterien zur Bestimmung der Versorgungs- und Siedlungskerne in den nicht zentralörtlichen Gemeinden sind im Ziel benannt. Da sich die Gegebenheiten jeweils unterscheiden, sollen die Gemeinden die Bestimmung entsprechend dieser Kriterien im Vergleich ihrer Ge-meindeteile vornehmen. Vorbehaltlich der endgültigen Bestimmung durch die Gemeinden sind die regionalplanerisch empfohlenen Versorgungs- und Siedlungs-kerne in Karte 2 dargestellt. Sofern die Gemeinden künftig keine anderweitigen Ausweisungen vornehmen, werden bei der Umsetzung regionalplanerischer Plansätze die empfohlenen Versorgungs- und Siedlungskerne zugrunde gelegt.

Zu Ziel 5.1.7 Dieses Ziel dient dem Immissionsschutz. Im Rahmen der Bauleitplanung sollen die Gemeinden die Belange von Betreibern und die Schutzbedürfnisse der Bevölkerung hinsichtlich Lärmbelastung, Erschütterung und Luftverunreinigung, soweit erkennbar, vorsorgend berücksichtigen. Durch entsprechende Zuordnung der Flächen unterschiedlicher Nutzung lassen sich gegenseitige Beeinträchtigungen meist ausschließen oder auf ein Mindestmaß begrenzen. Die vorbeugende Vermeidung von Konflikten ist in der Regel wirksamer und wirtschaftlicher als die nachträgliche Beseitigung von Beeinträchtigungen, sofern diese überhaupt möglich ist.

Zu Ziel 5.1.8 Die Ausweisung von Bauflächen oder -gebieten soll bei Eignung und Bedarf der Siedlung im Einzugsbereich von Zugangsstellen des SPNV angeordnet werden. Damit soll u. a. gewährleistet werden, dass das Standortpotenzial gebündelt, die Auslastung der Infrastruktur verbessert und Zersiedlung vermieden werden. Die Lagegunst an den Haltestellen des SPNV muss (unabhängig von der Bedienungs-häufigkeit) zu dessen Stärkung genutzt werden, um langfristig die Tragfähigkeit des SPNV zu gewährleisten. Das Ziel entspricht damit dem regionalplanerischen Anliegen einer integrierten Verkehrs- und Siedlungspolitik.

Zu Ziel 5.1.9 Die Grünflächenentwicklung in den besiedelten Gebieten soll durch Erhalt und Ausbau eines je nach Siedlungsform und -größe vielfältig verknüpften Gründflächennetzes erfolgen.

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Regionalplan Westsachsen 2008 5 Siedlungsentwicklung

Aus regionalplanerischer Sicht sollen insbesondere Landschaftsbestandteile erhalten, gepflegt und entwickelt werden, die das Ortsbild prägen, Ortsteile voneinander trennen oder eine besondere Qualität für das Wohnumfeld aufweisen. Dazu zählen unter anderem Park- und Grünanlagen, Friedhöfe, begrünte Dorfanger, Kleingärten, Streuobstwiesen, Auen und Wälder. Der Bewahrung „grüner“ Sichtachsen kommt ebenfalls eine hohe Bedeutung zu. Die Verknüpfung zwischen innerörtlichen Freiräumen und siedlungsnahen Naherholungsgebieten durch Grünverbindungen soll entwickelt werden. Grünflächen, die die Verbindung zur freien Landschaft herstellen, können auch mit Fuß- oder Radwegen verknüpft werden, um die Erreichbarkeit zu erleichtern. Ortsränder sollen als deutlich gekennzeichnete Übergänge vom Siedlungsraum zur freien Landschaft ausgestaltet werden. Sie vermitteln von der bebauten zur unbebauten Landschaft (vgl. Z 4.1.9).

Sofern in Einzelfällen, in denen ein besonderes sachliches Erfordernis gegeben ist, solche Landschaftsbestandteile für eine Bebauung in Anspruch genommen werden, sollen geeignete Ersatzflächen ausgewiesen werden. REGIONALE GRÜNZÜGE UND GRÜNZÄSUREN

Nach Z 5.1.9 LEP ist in den Regionalplänen durch Ausweisung von Grünzäsuren und Regionalen Grünzügen einer Zersiedlung der Landschaft entgegenzuwirken. Dieses Ziel wird in der Planungsregion Westsachsen durch die Ausweisung von Regionalen Grünzügen im Umland der Stadt Leipzig (Verdichtungs- und Kooperationsraum Leipzig gemäß

Karten 1 und 5) und die Ausweisung von Grünzäsuren

umgesetzt.

Im Gegensatz zu Vorrang-, Vorbehalts- und Eignungsgebieten, deren Begriffsbestimmungen und Bindungswirkungen in §§ 3 und 4 ROG geregelt sind, sind für Regionale Grünzüge und Grünzäsuren keine gesetzlichen Regelungen vorhanden. Das Ansinnen, das sich bereits in der Begriffsbestimmung findet, wird daher jeweils auch als Ziel formuliert.

Zu Ziel 5.1.10 Das Umland der Stadt Leipzig ist durch umfangreiche Siedlungsentwicklungen geprägt. Die stetige Zunahme der Siedlungs- und Ver-kehrsflächen ist im Wesentlichen auf eine Baulandinanspruchnahme für Gewerbe-, Sonder- und Wohnungsbau sowie auf umfangreiche Verkehrsbauvorhaben zurückzuführen. Dabei vollzog sich der Siedlungs- und Verkehrsflächenzuwachs regional differenziert. Den höchsten Siedlungs- und Verkehrsflächenzuwachs von mehr als 50 % hatten die Gemeinden im Umland der Stadt Leipzig zu verzeichnen. Dabei wiesen die Stadt Markkleeberg und die Gemeinden Borsdorf und Großpösna mit mehr als 70 % die höchsten Zuwächse auf (vgl. Fachbeitrag Naturschutz und Landschaftspflege zum Landschaftsrahmenplan Region Westsachsen Kap. 2.2).

Aufgrund der Konzentration von Siedlung und Infrastruktur im Umland der Stadt Leipzig und der daraus resultierenden Notwendigkeit zur Freiraumsicherung für ökologische Funktionen des Naturhaushalts und naturnaher Erholung werden Regionale Grünzüge im Verdich-tungs- und Kooperationsraum Leipzig ausgewiesen. Außerhalb dieses Raums ist die Ausweisung eines zusammenhängenden Systems Regionaler Grünzüge nicht erforderlich, da die offene Landschaft überwiegt. Der punktuellen Gefahr einer ungegliederten Siedlungs-entwicklung sollen dort Grünzäsuren entgegenwirken. Regionale Grünzüge dienen der Sicherung zusammenhängender Freiräume für unterschiedliche landschaftsökologische Funktionen sowie Landschaftserleben und Erholung. Zugleich werden land- und forstwirtschaftliche Belange eines umfassenden Freiraumschutzes berücksichtigt. Regionale Grünzüge gewährleisten den Freiraumerhalt an sich, treffen aber keine Aussage zur Zielrichtung der angestrebten Freiraum-entwicklung (Naturschutz, Landwirtschaft etc.). Regionale Grünzüge können sich mit Vorrang- und Vorbehaltsgebieten überlagern, die in diesem Fall die Zielrichtung der Freiraumnutzung bestimmen.

Ausweisungskriterien: Grundlage der Ausweisung Regionaler Grünzüge sind die Kriterien Raum hoher und sehr hoher Arten- und Biotopvielfalt

Der Verdichtete Raum Leipzig ist in großen Teilen durch Ausräumung und landschaftliche Verarmung gekennzeichnet. Deshalb ist ein Erhalt noch vorhandener Räume mit vielfältiger Natur- und Landschaftsausstattung und entsprechender Artenvielfalt dringend erforderlich.

Raum hoher und sehr hoher Grundwasserneubildung Mit zunehmendem Versiegelungsgrad nimmt die Grundwasserneubildung ab. Durch den Nassabbau von Rohstoffen steigt die Ver-dunstungsrate und sinkt dementsprechend die Neubildungsrate des Grundwassers. Um langfristig einen Schutz von Grundwasser-vorräten zur Trinkwassergewinnung zu gewährleisten, ist eine ständige Reproduktion der natürlichen Ressource Wasser zu sichern. Grundwasser sollte nur soviel entnommen werden, wie sich neu bildet. Dabei gilt der Gebietswasserhaushalt im Raum Leipzig als ausgesprochen angespannt und bedarf besonderer Schutz- und Entwicklungsmaßnahmen.

Potenzielle Kaltluftabflussbahnen mit dazugehörigen Räumen hoher und sehr hoher Kaltluftproduktion, Frischluftentstehungsgebiete Durch Kaltluftproduktion und -transport in klimatische Belastungsgebiete des Verdichtungsraums können bioklimatisch positive Effekte hervorgerufen werden, indem Belastungszustände durch Vermischung und Erneuerung der Luft gemindert werden. Durch Verbauung von Abflussbahnen wird dagegen ein klimatischer Ausgleich verhindert. Mit zunehmender Versiegelung nimmt zudem die Kaltluft-produktion ab, somit auch die Höhe des Kaltluftabflusses und die Durchdringungstiefe bebauter Bereiche.

Raum hoher und sehr hoher bodenökologischer Schutzwürdigkeit Ein Großteil der Böden im Verdichtungsraum Leipzig ist anthropogen überformt und in seiner Funktion im Landschaftshaushalt irre-versibel gestört. Vor Bebauung und Rohstoffabbau und damit Vernichtung sollten jedoch Bodenbereiche bewahrt werden, die ent-sprechend ihres Natürlichkeitsgrads und des damit verbundenen Erfüllungsgrads ökologischer Regulationsleistungen besonders

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Regionalplan Westsachsen 2008 5 Siedlungsentwicklung

schutzwürdig sind. Der Boden fungiert als physiko-mechanischer Filter, als Puffer und als Transformator und stellt als Lebensraum für Mensch, Pflanze und Tier eine unersetzbare natürliche Ressource dar.

Raum hoher und sehr hoher landschaftlicher Erlebniswirksamkeit Der Erhalt charakteristischer und erlebniswirksamer Landschaftsbestandteile in Verdichteten Räumen trägt wesentlich zum Wohnwert und zur Identifikation der Einwohner mit ihrem Wohn- und Arbeitsort bei. Die Erlebniswirksamkeit von Landschaftsteilen, die die Voraussetzung einer wohnungsnahen landschaftsbezogenen Erholung darstellen, ist zu erhalten.

Ausweisungsgrundlagen: Die Bewertungsmethodik, verwendete Unterlagen und Erläuterungen zu den Bewertungsergebnissen sind im Arbeitsmaterial „Land-schaftsrahmenplanung Verdichteter Raum Leipzig“ (Mai 1994) des Regionalen Planungsverbands Westsachsen enthalten. Diese Be-wertungen sind fachlich weiterhin aktuell.

Die detaillierte Begründung der Regionalen Grünzüge ist der Karte 12 „Ausweisungsgrundlagen Regionaler Grünzüge“ zu entnehmen.

Regionale Grünzüge sind von einer Bebauung im Sinne einer Besiedlung oder anderen funktionswidrigen Nutzungen freizuhalten. Bebauung im Sinne einer Besiedlung sind bauliche Anlagen, die einer Wohn- oder Gewerbenutzung sowie Ferien-/Wochenendhaus-nutzung dienen. Andere funktionswidrige Nutzungen im Sinne dieses Plansatzes sind Nutzungen, die durch großvolumige oder großflächig versiegelnde bauliche Anlagen die Funktionsfähigkeit der Regionalen Grünzüge beeinträchtigen. Dazu gehören auch technische Anlagen des Rohstoff-abbaus, Freizeit- und Vergnügungsparks und Fotovoltaik-Freiflächenanlagen. Für Campingplätze, Tennis-/Sportplätze mit Versiegelungen, Lagerplätze, Parkplätze, Straßen, Aufschüttungen und Abgrabungen sowie Hochspannungsfreileitungen ab 110 kV ist im Einzelfall entsprechend der Ausweisungsgrundlagen zu prüfen, ob die ökologische Funktion des Regionalen Grünzugs oder naturnahe Erholungsmöglichkeiten beeinträchtigt werden. Nicht funktionswidrig im Sinne dieses Plansatzes sind Nutzungen, die ihre Aufgabe nur dann erfüllen können, wenn sie an einem ganz bestimmten Standort errichtet werden und nicht außerhalb der Regionalen Grünzüge verwirklicht werden können, insbesondere standort-gebundene bauliche Anlagen der technischen Infrastruktur, (z. B. Kläranlagen, Wassergewinnungsanlagen, Bootshäuser, Anlegestege), standortgebundene bauliche Anlagen der Land- und Forstwirtschaft sowie Anlagen für Erholung, Freizeit und Sport ohne Versiegelungen.

Sofern sich die Grünzüge auf der betreffenden Fläche mit VRG überlagern, gelten diese Ausweisungen mit den zugehörigen Zielen unbenommen dieser Ausnahmeregelung und können u. U. nur im Rahmen eines Zielabweichungsverfahrens überwunden werden.

Zu Grundsatz 5.1.11 Bei der Ausweisung Regionaler Grünzüge sind gemäß Begründung zu Ziel 5.1.9 LEP Vernetzungsmöglichkeiten mit innergemeindlichen Grünflächen mit heranzuziehen. Soweit sie die Ausweisungskriterien erfüllen, sind größere innerörtliche Grünflächen wie Auen und Parks in die Regionalen Grünzüge einbezogen worden. Die Vernetzung mit weiteren, auch kleineren Grünflächen soll im Rahmen der Bauleitplanung erfolgen.

Zu Ziel 5.1.12 Um das weitere Zusammenwachsen von Siedlungen und eine weitere Zersiedlung der Landschaft zu vermeiden, werden Grünzäsuren im gesamten Plangebiet ausgewiesen.

Im Verdichtungsraum dienen die Grünzäsuren vorrangig der Gliederung bereits dicht bebauter Siedlungsstrukturen. Im Ländlichen Raum sind sie insbesondere in Gebieten mit hoher Siedlungsdichte (Döbelner Lösshügelland, Markranstädter Platte) sowie in Gebieten mit band-artigen Siedlungsstrukturen (entlang von Auen) zum Erhalt der regionstypischen Strukturen erforderlich. Ausweisungskriterien: Grünzäsuren werden an Straßen ausgewiesen, wenn der Abstand benachbarter Siedlungskörper zwischen 100 m und 500 m beträgt. Als Siedlungskörper werden die in der amtlichen Statistik enthaltenen Gemeindeteile betrachtet. Darüber hinaus werden dort nicht erfasste Siedlungen mit einer Wohn- oder Mischgebietsfläche > 5 ha einbezogen.

Der im regionalen Vergleich geringe Schwellwert von 500 m wird in Anbetracht der hohen Siedlungsdichte in Westsachsen gewählt, um Grünzäsuren nur in den am stärksten von Zersiedlung gefährdeten Freiräumen auszuweisen. Bei einem Siedlungsabstand unter 100 m ist die siedlungsgliedernde Funktion nur noch sehr eingeschränkt wahrnehmbar.

Grünzäsuren sind von einer Bebauung im Sinne einer Besiedlung oder anderen funktionswidrigen Nutzungen freizuhalten. Bebauung im Sinne einer Besiedlung sind bauliche Anlagen, die einer Wohn- oder Gewerbenutzung sowie Ferien-/Wochenendhaus-nutzung dienen. Andere funktionswidrige Nutzungen im Sinne dieses Plansatzes sind Nutzungen, die durch großvolumige bauliche Anlagen die Funktions-fähigkeit der Grünzäsuren beeinträchtigen. Dazu gehören auch Campingplätze, Freizeit- und Vergnügungsparks und Fotovoltaik-Frei-fllächenanlagen. Für Tennis-/Sportplätze, Lagerplätze, Parkplätze und Hochspannungsfreileitungen ab 110 kV ist im Einzelfall zu prüfen, ob die siedlungs-gliedernde Funktion der Grünzäsur beeinträchtigt wird.

Eine Überlagerung von Grünzäsuren mit Regionalen Grünzügen ist aufgrund der differenzierten Zielstellung und Begründung möglich.

Zu Ziel 5.1.13 Die funktionsgerechte Ausformung der Grünzäsuren im Zusammenhang mit der Abwägung siedlungsstruktureller und freiraumbezogener Anforderungen hat im Rahmen der Bauleitplanung zu erfolgen.

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Regionalplan Westsachsen 2008 5 Siedlungsentwicklung

Dabei sind Grünzäsuren in ihrer Breite mindestens so zu bemessen, dass eine regional bedeutsame Siedlungsgliederung erfolgt. In flachem Gelände wird die siedlungsgliedernde Funktion von Freiräumen erst ab einem Siedlungsabstand von ca. 200 m eindeutig wahr-nehmbar. Abhängig vom jeweiligen Relief kann diese Breite etwas variieren. Sie sollte mindestens von baulichen Anlagen freigehalten werden, sofern nicht schon ein geringerer Siedlungsabstand vorliegt.

Die Ausformung von Grünzäsuren im Rahmen konkretisierender Planungen soll die spezifische naturräumliche Situation und daraus resultierende weitere freiraumbezogene Funktionen berücksichtigen.

5.2 Stadtentwicklung G 5.2.1 Innenstädte sind in ihrer Multifunktionalität zu erhalten und in ihrer Bausubstanz aufzuwerten.

Z 5.2.2 Stadtteile sollen als funktionierende Versorgungs- und Sozialräume erhalten und entwickelt werden. Randstädtische Bereiche, die als Wohnstandort keine Perspektive mehr aufweisen, sollen schritt-weise rückgebaut werden.

Z 5.2.3 Im Rahmen des Stadtumbaus ist eine langfristig tragfähige Ver- und Entsorgungsstruktur sicherzu-stellen.

Z 5.2.4 Beim Stadtumbau sollen auf geeigneten Brachflächen und Baulücken in stark verdichteten Quar-tieren Grünflächen und -verbindungen geschaffen werden.

Begründung zu 5.2 Stadtentwicklung

Zu Grundsatz 5.2.1 Ziel der Stadtentwicklung ist die Stärkung der städtischen Zentren, insbesondere der Innenstadt. Vor dem Hintergrund der demografischen und wirtschaftlichen Herausforderungen sind Innenstädte nur in einem Mix unterschiedlicher Funktionen – Wirtschaft, Wohnen, Einzelhandel, Dienstleistung, Kultur, Gastronomie und Tourismus/Freizeit – (über)lebensfähig. Zur Schaffung vitaler Innenstädte gehört ebenso der Erhalt wertvoller Stadtbilder und Bauensembles sowie angemessene Neubebauung und Freiflächengestaltung in zentralen Lagen.

Zu Ziel 5.2.2 und Ziel 5.2.3 Städte weisen hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen und sozialen Chancen große Unterschiede innerhalb ihrer Gebietsgrenzen auf, die zur Destabilisierung in den Städten beitragen. Daher richtet auch die Leipzig Charta, die von den 27 EU-Mitgliedstaaten am 27.05.2007 angenommen wurde, verstärkte Aufmerksamkeit auf die Potenziale, die in der Umsetzung einer integrierten Stadtentwicklungspolitik in wirtschaftlich, sozial und in der Umweltqualität be-nachteiligten Stadtquartieren stecken. Ziel ist, dadurch Wettbewerbsfähigkeit, sozialen Ausgleich und Lebensqualität in der Gesamtstadt langfristig sicherzustellen.

Im Stadtumbau ist es notwendig, Rückbau und städtebauliche Aufwertung miteinander zu verbinden sowie die Funktionalität der Städte zu verbessern. Im Rahmen einer nachhaltigen und organischen Entwicklung sind auch die Stadtteile in ihrer Funktionalität zu erhalten und zu entwickeln und damit das Prinzip der kurzen Wege zu stärken. Der bedarfsgerechte Umbau des Wohnungsbestands, die standortgerechte Nutzung von Brachflächen sowie die Mobilisierung von inner-städtischen Baulandreserven stellen in Kombination mit einem geordneten Rückbau wichtige Maßnahmen dar, um die vorhandene Infra-struktur für Verkehr, Stadttechnik und Versorgung auch in Zukunft wirtschaftlich betreiben zu können. Insbesondere der Rückbau von außen nach innen, die Verminderung der Siedlungsfläche von den „Rändern“ her soll ein Auseinanderbrechen des Stadtgefüges ver-hindern und zur Reduzierung der Netze der technischen Infrastruktur beitragen. Daher soll der Rückbau städtebaulicher Randlagen, die ihre Perspektive als Wohnstandort verloren haben, vorrangig erfolgen. Dabei sind die eigentumsrechtlichen und finanziellen Möglich-keiten für städtebaulich und ökonomisch befriedigende Lösungen unter Ausnutzung aller Fördermöglichkeiten zu berücksichtigen.

Der Stadtumbau soll nicht als kurzfristiger Prozess zur Bereinigung des Wohnungsmarkts verstanden werden, sondern langfristig unter Berücksichtigung der Bevölkerungsentwicklung auf die Verbesserung der funktionalen, sozialen und wirtschaftlichen Vielfalt und Qualität städtischer Lebensräume abzielen.

Zu Ziel 5.2.4 Grünflächenentwicklung sollte in dicht besiedelten Räumen ein wichtiger Bestandteil jeder Umbaustrategie sein. Infolge umfangreicher Nutzungs- und Funktionsverluste entstehen auch in stark verdichteten Quartieren Möglichkeiten, im Rahmen der Bestandsanpassung neue Grün- und Freiflächen zu entwickeln. Sofern geeignete Brachflächen oder Baulücken verfügbar sind, die keiner

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Regionalplan Westsachsen 2008 5 Siedlungsentwicklung

baulichen Nachnutzung zugeführt werden können, sollen kleinklimatische Ausgleichs- und Erholungsflächen, z. T. als Zwischennutzung, geschaffen und nach Möglichkeit mit großräumigeren Grünzonen verbunden werden. Durchgrünte Wohnquartiere und Städte werten den urbanen Raum aus Sicht des Umweltschutzes, aus ästhetischer und sozialer und selbst aus ökonomischer Sicht auf und beeinflussen das physische und psychische Wohlbefinden der Menschen positiv.

5.3 Ländliche Entwicklung und Dorfentwicklung Hinweis Die Landschaftstypen, auf die sich G 5.3.1 bezieht, sind in der Karte A-1 „Landschaftstypen“ des Anhangs 3

dargestellt.

G 5.3.1 Die regionalen Verflechtungsbeziehungen von der Landwirtschaft über die Verarbeitung durch die Ernährungswirtschaft bis zum regionalen Absatz und zur Vermarktung in der Tourismus- und Gesundheitswirtschaft sollen ausgebaut und intensiviert werden.

Z 5.3.2 In ländlichen Siedlungen sollen durch Umnutzung leer stehender bzw. leer fallender Bausubstanz Angebote für betreutes Wohnen und zur Pflege älterer Menschen geschaffen werden.

G 5.3.3 In den ländlichen Siedlungen sollen bauliche Maßnahmen unter Berücksichtigung landschafts-typischer siedlungsstruktureller Besonderheiten erfolgen. Dazu sollen die charakteristischen histo-rischen Siedlungsformen • im Döbelner Lösshügelland vor allem Platzdörfer, Rundweiler sowie ausgewählte Bauernweiler,

in ihrer harmonischen Einbettung in die Landschaft erhalten werden, • im Mulde-Lösshügelland und im Kohrener Land die Waldhufendörfer so entwickelt werden, dass

eine weitere Zersiedlung der Täler vermieden wird, • in den Porphyrhügellandschaften die Platz-, Straßen- und Straßenangerdörfer sowie Gutsweiler

in ihrer Struktur bewahrt werden, • in der Elbaue die Gutssiedlungen in ihrem Ortsbild und in ihrer harmonischen Einbettung in die

Landschaft bewahrt und dabei die prägenden Guts- und Herrenhäuser saniert werden, • in der Muldenaue die an den Auenrändern aufgereihten Gassen- und Sackgassendörfer sowie

Rundweiler in ihrer Typik erhalten und nicht in die Aue ausgedehnt werden, • in der südlichen Elsteraue die Sackgassen- und Gassendörfer sowie Rundweiler mit ihrer

traditionellen Streuobstwiesenbewirtschaftung bewahrt werden, • in den Heidelandschaften die Straßen-, Straßenanger- und Gassendörfer durch verstärkte Sied-

lungsrandbegrünung und ein Besinnen auf heidetypische Gestaltungsformen harmonischer in die Landschaft eingefügt werden,

• in den Sandlöss-Ackerebenen-Landschaften die wenigen erhaltenen Gassen- und Platzdörfer der Delitzscher und der Brehnaer Platte, die Gassendörfer und Rundweiler der Markranstädter Platte und die Straßen- und Straßenangerdörfer des Naunhofer Lands in ihrer Struktur erhalten werden.

G 5.3.4

Siedlungen mit gut erhaltenen historischen Siedlungsformen sollen in ihrer Struktur bewahrt und in ihrer Bausubstanz aufgewertet werden.

G 5.3.5 Die Gemeinden sollen im Rahmen der Bauleitplanung den Umbau oder Rückbau von Siedlungen prüfen. Hierfür sind Siedlungen in Betracht zu ziehen, die aufgrund ihres baulichen Zustands, ihrer Lage und Verkehrsanbindung sowie der Struktur ihrer Bevölkerung ungünstige Voraussetzungen für einen langfristigen Erhalt bieten.

Begründung zu 5.3 Ländliche Entwicklung und Dorfentwicklung Angesichts der zunehmenden Konzentrations- und Rationalisierungsprozesse der Wirtschaft, der weiteren Liberalisierung der Märkte, dem fortlaufenden Strukturwandel in der Landwirtschaft, der demografischen Entwicklung und der begrenzten finanziellen Ressourcen der öffentlichen Haushalte stehen gerade die ländlichen Gebiete vor neuen Herausforderungen.

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Regionalplan Westsachsen 2008 5 Siedlungsentwicklung

Der Prozess der stetigen Veränderung umfasst die Land- und Forstwirtschaft, den örtlichen Einzelhandel, das Handwerk und das örtliche Gewerbe. Nahezu alle Lebensbereiche, wie das Arbeiten, das Wohnen, die öffentliche und private Versorgung, das Gesundheitswesen, der kulturelle Bereich, das kirchliche und soziale Leben, das Vereinswesen und weitere Bereiche sind davon erfasst. Mit den erfolgreichen Instrumentarien des Integrierten Ländlichen Entwicklungskonzepts (ILEK), dem Regionalmanagement und dem LEADER-Ansatz sollen Planungs- und Entwicklungsprozesse auf die genannten Themenbereiche ausgedehnt werden. Somit sollen die Funktionen der Ländlichen Räume erhalten sowie nachhaltig und möglichst ganzheitlich fortentwickelt werden.

Zu Grundsatz 5.3.1 Die regionale Ernährungswirtschaft ist zu einem stabilen Wirtschaftsfaktor in der Planungsregion geworden. Seit Anfang 2005 wird mit Unterstützung des Regionalmanagements Westsachsen unter dem Arbeitstitel „Wertschöpfungskette gesunde Ernährung“ ein Unternehmensnetzwerk in den Landkreisen des westsächsischen Raums aufgebaut und profiliert. Ziel gemeinsamer Aktivitäten der Unternehmen der Land- und Nahrungsgüterwirtschaft ist es, wirtschaftliche Verflechtungsbeziehungen der Unternehmen von der Urproduktion über die verschiedenen Verarbeitungsstufen bis zum Absatz in der Region auszubauen und zu bündeln (vgl. Grund-satz 3.1.6 und Grundsatz 6.1.2). Zur Intensivierung dieser Wertschöpfungskette und zusätzlichen Vermarktung der Produkte in der regionalen Tourismus- und Gesund-heitswirtschaft sollten die Möglichkeiten der Integrierten Ländlichen Entwicklungskonzepte (ILEK) für die Dorfentwicklung und die Ent-wicklung des Ländlichen Raums genutzt werden.

Zu Ziel 5.3.2 Zur bedarfsgerechten Versorgung betreuungs- und pflegebedürftiger Menschen und gleichzeitig zur Schaffung von Arbeitsplätzen sollen in ländlichen Siedlungen durch Umnutzung leer stehender bzw. leer fallender Bausubstanz Angebote für betreutes Wohnen und zur Pflege älterer Menschen geschaffen werden. Dem wachsende Bedarf an Angeboten zum betreuten Wohnen und zur Pflege in ländlichen Gebieten sollte auch mit Wohnformen in ge-ringer Entfernung vom ehemaligen Wohnort der Hilfebedürftigen, die ein Aufrechterhalten sozialer Beziehungen ermöglichen, entsprochen werden. Dabei könnten auch ehemaligen Schulen, Gemeindeämter u. a. umgenutzt werden.

Zu Grundsatz 5.3.3 und Grundsatz 5.3.4 Die westsächsischen Landschaften sind ausgeprägte Kulturlandschaften, die maßgeblich durch menschliche Einflüsse verändert und überprägt wurden und werden. Die historisch entstandenen Siedlungsformen in der Planungsregion sind Teil dieser Kulturlandschaft und zeugen von einer jahrhunderte-alten Besiedlung. Sie entwickelten sich insbesondere auf der Grundlage unterschiedlicher naturräumlicher Gegebenheiten und daran orientierter Landnutzungen, wurden aber auch von den jeweiligen wirtschaftlichen und politischen Bedingungen im Verlauf der Be-siedlungsgeschichte beeinflusst (vgl. Fachbeitrag Naturschutz und Landschaftspflege zum Landschaftsrahmenplan Region Westsachsen Kap. 2.6). Im Ergebnis dessen weist die Region eine Vielfalt an historischen Siedlungsformen auf, die die jeweilige Eigenart von Gebieten prägen. Die im Ziel benannten charakteristischen Siedlungsformen zeigen die kleinräumige Differenzierung entsprechend den verbreiteten Land-schaftstypen.

Gemäß der von der MKRO formulierten Leitbilder und Handlungsstrategien für die Raumentwicklung in Deutschland sind die historisch gewachsenen Kulturlandschaften im Sinne einer nachhaltigen Raumentwicklung zu bewahren und zu gestalten. Daher sollen bauliche Maßnahmen in den ländlichen Siedlungen unter Berücksichtigung der landschaftstypischen siedlungsstrukturellen Besonderheiten, insbesondere der spezifischen Charakteristik der historischen Siedlungsformen, erfolgen.

Von den insgesamt 1 125 noch existenten Siedlungen in Westsachsen, die von Blaschke (2006) betrachtet wurden, ist eine Vielzahl in ihrer ursprünglichen Struktur zumindest noch teilweise erhalten. Durch einen sorgsamen Umgang mit den historischen Siedlungsformen und Ortsbildern können die Bewohner bei Neu- und Umbau-maßnahmen wesentlich dazu beitragen, die Identität und Erlebnisqualität ihrer Region zu bewahren.

Die in ihrer Struktur besterhaltenen Siedlungen der Region sind:

Bauernweiler Göldnitz, Obergoseln (Gemeinde Großweitzschen), Serka (Stadt Nerchau)

Rundweiler Dögnitz (Gemeinde Machern), Kobschütz (Stadt Groitzsch), Zschockau (Gemeinde Bockelwitz) als lockere Form

Gutsweiler/-siedlung Kranichau (Gemeinde Pflückuff), Adelwitz (Gemeinde Arzberg), Graditz (Stadt Torgau)

Gassendorf Schkeitbar, Schkölen (Stadt Markranstädt), Außig (Gemeinde Cavertitz) als einfaches Gassendorf Weidenhain (Gemeinde Dreiheide), Räpitz (Stadt Markranstädt), Werben (Gemeinde Kitzen) als Gassengruppendorf Großschkorlopp (Gemeinde Kitzen), Obertitz (Stadt Groitzsch) als Sackgassendorf

Platzdorf Gottscheina (Stadt Leipzig), Seegel (Gemeinde Kitzen) als Rundplatzdorf Meltewitz (Gemeinde Falkenhain) als Dreieckplatzdorf Göbschelwitz (Stadt Leipzig) als Viereckplatzdorf Gallen (Gemeinde Jesewitz) als Linsenplatzdorf Hohenheida, Rehbach (Stadt Leipzig) als sonstiges Platzdorf Dölitzsch (Gemeinde Narsdorf) als lockere Form

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Regionalplan Westsachsen 2008 5 Siedlungsentwicklung

Straßenangerdorf Seifertshain (Gemeinde Großpösna), Klötitz, Terpitz (Gemeinde Liebschützberg) als Breitstraßendorf Olganitz (Gemeinde Cavertitz), Liebschütz (Gemeine Liebschützberg) als Linsenangerdorf

Straßendorf Proschwitz (Stadt Dommitzsch), Polbitz (Gemeinde Elsnig), Oberglaucha (Gemeinde Zschepplin), Görschlitz (Gemeinde Laußig)

Zeilendorf Schönnewitz (Gemeinde Liebschützberg), Klingenhain (Gemeinde Cavertitz)

Waldhufen-/Reihendorf Lampertswalde (Gemeinde Cavertitz), Seifersdorf/Narsdorf, Rathendorf (Gemeinde Narsdorf), Reinsdorf (Stadt Waldheim)

Die Festlegung der Siedlungsformen wurde aus Blaschke, Karlheinz (Hrsg.): Historisches Ortsverzeichnis von Sachsen. Neuausgabe 2006 entnommen. Die Bewertung des Zustands erfolgte anhand der digitalen Orthofotos des Landesvermessungsamts Sachsen (Stand 2005). Somit konnte nur die erhaltene Struktur bewertet werden. Der konkrete bauliche Zustand kann u. U. den Erhalt nicht mehr rechtfertigen. Ausführliche Informationen zum Thema historische Siedlungsformen und ihre Verbreitung siehe auch Fachbeitrag Naturschutz und Landschaftspflege zum Landschaftsrahmenplan Region Westsachsen. Für Siedlungen mit gut erhaltenen historischen Siedlungsformen, insbesondere die oben genannten, wird empfohlen, Bebauungspläne oder Erhaltungssatzungen aufzustellen, um ihre Struktur und baukulturelle Identität zu erhalten.

Zu Ziel 5.3.5 Während den städtebaulichen Strukturveränderungen infolge des geringen oder fehlenden Wirtschaftswachstums, von Bevölkerungs-abwanderungen und des demografischen Wandels in den Städten mit den Festlegungen zum Stadtumbau (BauGB § 171) bereits seit mehreren Jahren entsprochen wird, gerät im weiteren Prozess des demografischen Wandels und der regionalwirtschaftlichen Aus-differenzierung zunehmend auch der Umbau von ländlichen Siedlungen ins Blickfeld.

Bei solchen Siedlungsumbaumaßnahmen muss es darum gehen, in von erheblichen Funktionsverlusten betroffenen Gebieten - die Siedlungsstruktur den Erfordernissen der Entwicklung von Bevölkerung und Wirtschaft anzupassen, - nicht mehr bedarfsgerechte bauliche Anlagen einer neuen Nutzung zuzuführen, - einer anderen Nutzung nicht zuführbare bauliche Anlagen zurückzubauen, - die Netze der technischen Infrastruktur anzupassen.

Im Einzelfall ist im Zuge der Schrumpfungskonsequenzen auch die Aufgabe kleiner Ortsteile für die längerfristige Perspektive zu prüfen. Das betrifft insbesondere Siedlungen, die aufgrund - des schlechten baulichen Zustands ihrer Gebäude und Infrastruktur, - ihrer abgelegenen, schlecht erreichbaren Lage, - einer fehlenden regelmäßigen Anbindung an den ÖPNV, - der Alters- und Sozialstruktur ihrer Bewohner ungünstige Vorraussetzungen für einen langfristigen Erhalt bieten.

Einige kleinere Ortsteile wurden in den vergangenen Jahren bereits aufgegeben. Diese Prozesse sind schwer steuerbar, da sie i. d. R. von Eigentumsfragen abhängig sind. Dennoch sollten die Gemeinden im Rahmen der Bauleitplanung den Umbau oder Rückbau von Siedlungen prüfen und ggf. solche Siedlungen oder Siedlungsteile, nur mit Bestandsschutz versehen, als Außenbereich darstellen.

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Regionalplan Westsachsen 2008 6 Gewerbliche Wirtschaft und Handel

6 Gewerbliche Wirtschaft und Handel

6.1 Gewerbliche Wirtschaft Begriff Gewerbebetriebe mit überregionaler Bedeutung sind Industrie- und Gewerbebetriebe, die eine über-

regional bedeutsame Größenordnung aufweisen und/oder aufgrund ihrer Außenwirkung geeignet sind, den Standort Westsachsen wesentlich aufzuwerten.

Karte Die Erweiterungsfläche für den Industriestandort Böhlen-Lippendorf ist als Vorranggebiet Industrie und Ge-werbe in der Karte 14 „Raumnutzung“ ausgewiesen. Das Gebiet zur Ansiedlung von Industrie- und Gewerbebetrieben mit überregionaler Bedeutung Zinna ist als Vorbehaltsgebiet Industrie und Gewerbe in der Karte 14 „Raumnutzung“ ausgewiesen.

G 6.1.1 Durch die Bereitstellung, Weiterentwicklung und Profilierung von Aus- und Weiterbildungszentren, Forschungseinrichtungen, Technologietransferstellen und Gründerzentren sollen günstige Rahmen-bedingungen für betriebliche Neugründungen, Ansiedlungen und betriebliche Umstrukturierungen geschaffen werden.

G 6.1.2 Potenziale zur Entwicklung regionaler Wirtschaftskreisläufe sind insbesondere im ländlichen Raum zu nutzen. Die regionalen Wirtschaftskreisläufe „Ernährungswirtschaft“ und „Gesundheitstouris-mus“ sind auszubauen.

Z 6.1.3 Die Gemeinden sollen vor der Neuausweisung gewerblicher Bauflächen industrielle und gewerbliche Altstandorte nachnutzen, ihre bereits baurechtlich genehmigten Gewerbegebiete auslasten sowie bei Bedarf verstärkt interkommunale Gewerbegebiete entwickeln.

Z 6.1.4 Das Vorbehaltsgebiet Industrie und Gewerbe mit überregionaler Bedeutung Zinna ist durch die Bau-leitplanung erst nach Vorliegen konkreter Ansiedlungsabsichten als Industrie- oder Gewerbegebiet auszuweisen. Dabei sollen in diesem Gebiet kleinteilige Parzellierungen oder Ansiedlungen mit geringem Flächenbedarf ausgeschlossen werden.

Z 6.1.5 Bei der Ansiedlung von Industrie ist darauf hinzuwirken, dass diese vorrangig • auf geeigneten Industriebrachen im Oberzentrum sowie in weiteren Zentralen Orten, • am Altstandort der Braunkohlenveredlung Espenhain und an den Altstandorten der Kraftwerke

Thierbach und Lippendorf sowie • auf geeigneten innerstädtischen Konversionsflächen im Oberzentrum Leipzig und in den Mittel-

zentren wie Borna, Grimma, Oschatz, Torgau und Wurzen erfolgt.

Z 6.1.6 Die Standortvoraussetzungen für den Ausbau des Chemiestandorts Böhlen und seine Einbindung in den länderübergreifenden Anlagenverbund mit den Standorten Leuna, Schkopau und Rostock sind zu stärken und weiterzuentwickeln. Dazu soll die Stadt Böhlen als Gemeinde mit der besonderen Gemeindefunktion „Gewerbe“ im Einklang mit dem Zweckverband Planung und Erschließung Indus-triestandort Böhlen-Lippendorf den überregional bedeutsamen Chemiestandort weiterentwickeln.

Ansiedlungen im Vorranggebiet Industrie und Gewerbe mit überregionaler Bedeutung Böhlen-Lippendorf sollen der Stärkung des Chemiestandorts Böhlen dienen.

Z 6.1.7 Die Gemeinde mit besonderer Gemeindefunktion „Gewerbe“ Espenhain ist bei der Revitalisierung des Altindustriestandorts Espenhain zu unterstützen.

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Regionalplan Westsachsen 2008 6 Gewerbliche Wirtschaft und Handel

Begründung zu 6.1 Gewerbliche Wirtschaft

Zum Begriff Als Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung bezeichnet man eine selbstständige regelmäßige, entgeltliche Tätigkeit mit Gewinn-erzielungsabsicht, außer in den Bereichen Urproduktion (z. B. Land- und Forstwirtschaft, Fischerei und Bergbau) und Freie Berufe (künstlerische, ärztliche oder heilberufliche Tätigkeiten sowie Dienstleistungen „höherer Art“ etwa Rechtsanwälte, Architekten oder Wirt-schaftsprüfer). Unter Gewerbe im engeren Sinne ist das produzierende Gewerbe oder als Teil davon das verarbeitende Gewerbe zu verstehen. Nach der Art der Fertigung wird unterschieden in Industrie (hoher Grad Mechanisierung/Automatisierung) oder Handwerk (Produkt oder Dienstleistung auf Bestellung, höherer Anteil Handarbeit).

Demgegenüber werden Bauflächen für die Nutzung durch Gewerbebetriebe gemäß BauNVO nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung als gewerbliche Bauflächen festgesetzt. Diese werden nach der besonderen Art ihrer baulichen Nutzung unterschieden in Gewerbegebiete, die vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben dienen, und in Industriegebiete, die ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten un-zulässig sind, dienen.

Industrie- und Gewerbebetriebe mit überregionaler Bedeutung

Nach LEP, G 6.1.4 soll durch die Träger der Regionalplanung die Flächensicherung für die Ansiedlung von Industrie- und Gewerbe-betrieben mit überregionaler Bedeutung unterstützt werden.

Von der Möglichkeit der Vorrang- und Vorbehaltsausweisung von Gebieten zur Ansiedlung von Industrie- und Gewerbebetrieben mit über-regionaler Bedeutung wird im Regionalplan Westsachsen nur ausnahmsweise Gebrauch gemacht. Insbesondere die mögliche Entwertung (wie durch Bodenspekulation) hat den Regionalen Planungsverband Westsachsen veranlasst, davon Abstand zu nehmen. Generell ist die Ansiedlung von Industrie- und Gewerbebetrieben mit überregionaler Bedeutung auch außerhalb des Oberzentrums, der Mittelzentren und der in Z 6.1.5 genannten Gebiete möglich, sofern dort keine geeigneten Flächen zur Verfügung stehen. Die Vorbehaltsausweisung zur Ansiedlung von Industrie- und Gewerbebetrieben mit überregionaler Bedeutung im Raum Torgau (siehe Z 6.1.4) erfolgte unter Beachtung der besonderen Strukturschwäche dieses Raums als Angebotsplanung und auf der Grundlage einer Flächenuntersuchung für die An-siedlung von Industrie- und Gewerbebetrieben mit überregionaler Bedeutung durch die Regionale Planungsstelle Leipzig im Zeitraum 2000-2002. Diese Untersuchung erfolgte unter Einbeziehung des Sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Arbeit, der Stadt Leipzig, der Landkreise der Planungsregion Westsachsen sowie weiterer Institutionen zu potenziellen Industrievorsorgegebieten (100+-

Flächen) unter besonderer Beachtung der Verkehrsgunst. In diesem Zusammenhang wurden auch Standorte mit Lagegunst zum Hafen Torgau betrachtet.

Der Untersuchung „Industrievorsorgegebiete in Westsachsen (100+-Flächen)“ liegen als Ausweisungskriterien zugrunde: Flächeneignung: Flächengröße > 100 ha, Relief < 3 %, kompakter Zuschnitt, hohe Verkehrsgunst Flächenanbindung: günstige Lage zu Zentralen Orten, günstige Straßenanbindung, Schienenanbindung möglich keine Konflikte mit hochwertigen Potenzialen von Natur und Landschaft

Untersuchungsmethodik

Phase 1: Voruntersuchung – Flächenermittlung

Abgrenzung von Untersuchungsbereichen nach Grundeignung (Radius von 5 km um Autobahnanschlussstellen – entspricht bis 5 Minuten Erreichbarkeit) und Grundrestriktionen (NSG, FFH-Gebiete, TWSZ I und II, Bergwerkseigentum und bergrechtliche Bewilligungen, Sied-lungsflächen außer großen Industriebrachen sowie Wald- und Wasserflächen als absolute Tabubereiche für eine Industrieansiedlung) und Ermittlung der Flächengröße Phase 2: Untersuchung – Eignungs- und Konfliktbewertung

Eignungsbewertung hinsichtlich Flächen- und Lageeignung mit der Einstufung: Eignung hoch (A), mittel (B), gering (C), ungeeignet (D)

Kriterium Fläche

Fläche Eignung Größe in ha Zuschnitt Zerschneidung* Relief in %

A > 200 sehr günstig (Kompakt) keine 0-3 B 150-200 günstig eine > 3-5 C 100-150 weniger günstig (zerlappt etc.) mehrere > 5-10 D < 100 stark zerlappt, schmal Vielzahl, Trassenbündelung > 10

* als Zerschneidungen gelten Klassifizierte Straßen und Elektroenergie-Freileitungen ab 110 kV

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Regionalplan Westsachsen 2008 6 Gewerbliche Wirtschaft und Handel

Kriterium Lage

Erreichbarkeit Eignung Ober-

zentrum Mittel-

zentrum Flugplatz Schienen-

anbindung Straßenanbindung

A 0-10 min 0-5 min 0-10 min 0-500 m Anbindung mindestens an K-Straße, Autobahnanschluss-stelle ohne Ortsdurchfahrt in 5 min erreichbar

B 10-20 min 5-10 min 10-20 min 500-1 000 m Anbindung mindestens an K-Straße Autobahnanschluss-stelle mit max. einer Ortsdurchfahrt in 10 min erreichbar

C 20-30 min 10-15 min 20-30 min 1 000-2 000 m Anbindung mindestens an K-Straße Autobahnanschluss-stelle in gegenwärtig max. 15 min und künftig max. 10 min erreichbar

D > 30 min > 15 min > 30 min ungeeignet (> 2 000 m)

Autobahnanschlussstelle nicht in 10 min erreichbar

Konfliktbewertung hinsichtlich Nutzungs- und Funktionskonflikten sowie umweltrelevanter Konflikte mit der Einstufung: gering, mittel, hoch. Bei der Bewertung von Nutzungs- und Funktionskonflikten wurden regionalplanerische Ausweisungen, Schutzgebiete, Nutzungen und Pla-nungen berücksichtigt. Die Prüfung umweltrelevanter Konflikte erfolgte nach den Aspekten Arten und Biotope, Landschaftsbild, Kultur- und Sachgüter, Boden, Klima/Luft und Wasser. Das Wohn- und Arbeitsumfeld der Bevölkerung (und damit unmittelbare Auswirkungen auf den Menschen) wurden bereits mit dem Siedlungsabstand in der Eignungsbewertung der Industrievorsorgegebiete berücksichtigt, und deshalb nicht nochmals bewertet.

Kriterien der Bewertung von Nutzungs- und Funktionskonflikten Unter dem Aspekt, dass die auftretenden Nutzungs- und Funktionskonflikte grundsätzlich lösbar sind (das heißt unterschiedlichen finan-ziellen oder planerischen Aufwand zur Konfliktlösung bzw. -minderung erforderlich machen), erfolgte die Einstufung in verschiedene Konfliktklassen durch Einzelfallentscheidung unter Zugrundelegung bestimmter Konfliktwertigkeiten:

1. Konflikte mit regionalplanerischen Ausweisungen: Die Bewertung des Konfliktpotenzials erfolgte entsprechend der Bindungswirkung (Ziele, Grundsätze) der regionalplanerischen Ausweisungen sowie in Abhängigkeit von Lage und Größe dieser Ausweisungen in der jeweiligen Fläche. Dabei wurden gleichzeitig die den Ausweisungen zugrunde liegenden Kriterien auf ihre Aktualität überprüft (z. B. geringere Bewertung von Vorranggebieten Wasserressourcen, wenn in der Zwischenzeit die Wassergewinnung eingestellt wurde).

2. Konflikte mit Schutzgebietsausweisungen: Entsprechend dem Schutzzweck erfolgte die Bewertung in Abhängigkeit von der bean-spruchten Flächengröße.

3. Konflikte mit Nutzungen: Entscheidend für die Zuordnung zu bestimmten Konfliktklassen waren insbesondere die Nutzung der Flächen durch Trassen und Anlagen der technischen Infrastruktur, Gemeindestraßen sowie Windenergieanlagen und ihre Lage in der jeweiligen Fläche (Randlage oder Zerschneidung). Dabei waren der Umfang erforderlicher Verlegungsmaßnahmen (Anzahl und Länge der zu verlegenden Trassen, Größe der Anlagen) bzw. die Erforderlichkeit von Schutzabständen zu Trassen maßgeblich.

4. Konflikte mit Planungen: Das Konfliktpotenzial von Planungen wurde gemäß ihrem Verbindlichkeitsgrad (Planfeststellung, Linien-bestimmung, Raumordnungsverfahren, Vorranggebiet im Fachlichen Entwicklungsplan Verkehr, Flächennutzungsplan, Bebauungs-plan etc.) sowie ihrer Flächengröße und Lage bestimmt.

Gleichfalls erfolgte eine Untersuchung und Bewertung hinsichtlich der Konfliktträchtigkeit in Bezug auf Umweltgüter (vgl. Umweltbericht 2.2.3.2) Ergebnis: Ausschluss von Untersuchungsgebieten im Ergebnis der Eignungs- und Konfliktbewertung - unzureichende Flächengröße (< 100 ha bei Siedlungsabstand 500 m) - unzureichende Eignung (Zerschneidung, Zuschnitt, Relief) - sehr hohes Konfliktpotenzial (Nutzungs- und Funktionskonflikte, umweltrelevante Konflikte, Hochwasserschutz, Denkmalschutz)

Die verbleibenden Gebiete wurden in die Phase Detailuntersuchung eingestellt. Phase 3: Detailuntersuchung – Erarbeitung von Standortprofilen für die „TOPP“-Standorte

Die Untersuchung ist als „Industrievorsorgegebiete in Westsachsen (100+-Flächen) Standortfaktor „Verkehrsgunst“ dokumentiert und steht den für Wirtschaftsförderung zuständigen Stellen auf Landes- und Kreisebene zur Verfügung.

Zu Grundsatz 6.1.1 Der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit dient vor allem die Umsetzung von Forschungsergebnissen in Produktinnovationen. Ebenso sind junge technologieorientierte Unternehmen als Innovationsmotoren für die Wirtschaft unverzichtbar. Die Aufgabe der Technologie- und Gründerzentren (TGZ) Westsachsens mit ihren Standorten in Leipzig, Leisnig/Döbeln und Torgau ist es, für diesen Unternehmernach-wuchs zu sorgen. Technologie- und Gründerzentren geben jungen Technologieunternehmen und Existenzgründern die Unterstützung, die sie auf ihrem Weg in die wirtschaftliche Selbstständigkeit benötigen. Im Verbund von TGZ, Forschungseinrichtungen und Unternehmen werden auf Schwerpunkte orientierte Beiträge zur regionalen Bündelung technologischer Kompetenzen und zum Transfer von Ergeb-nissen aus Wissenschaft und Forschung insbesondere in kleine und mittlere Unternehmen erbracht. Dabei wirken die TGZ mit ihrer tech-nologieorientierten Kompetenz als Multiplikator von Entwicklungsergebnissen, die zur Erhöhung der Wettbewerbs- und Leistungsfähigkeit der Unternehmen in der Region beitragen. So wurden in den TGZ seit 19991 sachsenweit über 1 600 Unternehmensgründungen betreut.

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Zu Grundsatz 6.1.2 Mit regionalen Wirtschaftskreisläufen sollen die Produktion und der Verbrauch in der Region erhöht, kurze Wege zwischen Produzenten und Konsumenten erreicht sowie die regionale Identität durch zunehmende Wirtschaftsverflechtungen gestärkt werden. Dazu gilt es, die betreffenden Akteure zusammenzuschalten, Ideen zu unterbreiten und Folgen abzuschätzen. Insbesondere im Ländlichen Raum kann damit auch zur Stärkung einer nachhaltigen Agrarwirtschaft beigetragen werden. Nachhaltig erzeugte regionale Produkte sind ein positiver Wettbewerbsfaktor im globalen Markt, der auf Beschäftigung, regionale Netzwerke, Qualität und Umweltschutz aufbaut.

Die Ernährungswirtschaft der Region ist mit einer hohen Quote an der Wertschöpfung beteiligt. Um die Wirtschaftskraft des Ernährungs-gewerbes zu sichern und auszubauen, wurden in der Region Westsachsen beginnend im Jahr 2005 regionale Verflechtungsbeziehungen von der Landwirtschaft über die Verarbeitung durch die Ernährungswirtschaft bis zum regionalen Absatz und der Vermarktung in der Tourismus- und Gesundheitswirtschaft ausgebaut und intensiviert. Damit wird gleichfalls die Vermarktung regionaler Kompetenzen ver-bessert. Aufbauend auf der Wertschöpfungskette „Gesunde Ernährung“ des Muldentalkreises sind mittlerweile ca. 40 Unternehmen der Landwirtschaft und der Ernährungswirtschaft in verschiedener Weise eingebunden. Seit Anfang 2005 wird unter dem Titel „Wert-schöpfungskette gesunde Ernährung“ ein Unternehmensnetzwerk in den Landkreisen (vor allem die Landkreise Torgau-Oschatz, Döbeln, Muldentalkreis und Leipziger Land) mit Unterstützung des Regionalmanagements Westsachsen aufgebaut und profiliert. Inzwischen zählen mehr als 80 Unternehmen der Land- und Nahrungsgüterwirtschaft zum Pool gemeinsamer Kooperationen. Damit hat sich dieser regionale Wirtschaftskreislauf bewährt. Ziel gemeinsamer Aktivitäten ist es, wirtschaftliche Verflechtungsbeziehungen der Unternehmen von der Urproduktion über die verschiedenen Verarbeitungsstufen bis zum Absatz in der Region auszubauen und zu bündeln.

Das Regionalmanagement Westsachsen hat begonnen, Voraussetzungen für einen regional eigenständigen Gesundheitstourismus auf-zubauen. Durch ein Aufgreifen vorhandener Angebote und deren Kombination und Qualifikation zu neuen touristischen Produkten, die der Gesundheit und dem Wohlfühlen dienen, will die Region aktuellen Markttrends Rechnung tragen. Berechtigte Entwicklungsaussichten für diesen Weg bauen auf den ausgewiesenen Kompetenzen in der Gesundheitswirtschaft sowie der Tourismus- und Freizeitwirtschaft auf. Die Region weist zudem kulturhistorische Sehenswürdigkeiten und Naturdenkmäler auf, die sich in touristische Angebote sehr gut inte-grieren lassen.

(siehe auch zu G 3.1.6 und zu G 5.3.1)

Zu Ziel 6.1.3 Flächenbereitstellung gehört zu den wichtigsten Instrumenten der kommunalen Wirtschaftsförderung. Sie erschöpft sich jedoch nicht in der bloßen Ausweisung von Flächen. Auch Flächensanierung, -verdichtung und die Nutzung vorhandener baurechtlich genehmigter Poten-ziale sind Bestandteil eines innovativen Flächenmanagements. Gemeinden und Städte in der Planungsregion Westsachsen haben bereits umfangreiche Neuausweisungen von Industrie- und Gewerbegebieten vorgenommen, die oft nicht zu den gewünschten Ansiedlungen ge-führt haben. Sind einzelne Gewerbegebiete einerseits gut ausgelastet, führte der teilweise jahrelange Leerstand bei anderen Gebieten mit-unter zu Imageschäden für das betreffende Gebiet. Viele Gewerbegebiete können ihre ungünstig zugeschnittenen Restflächen nicht ver-werten. Daher wird die Ausweisung neuer Gewerbegebietsflächen weitestgehend auf konkrete Neubauvorhaben bzw. auf Erweiterungs-absichten vorhandener Betriebe beschränkt. Darüber hinaus gibt es zahlreiche industrielle Altstandorte und andere Brachflächen, die für eine Gewerbeansiedlung infrage kommen. In diesen Bereichen sind zusätzliche Beeinträchtigungen des Landschaftsbilds und des Natur-haushalts nicht zu erwarten. In der Regel bestehen dort die infrastrukturellen und baurechtlichen Voraussetzungen für die Ansiedlung von Betrieben. Um einen möglichst reibungslosen Übergang in Folgenutzung zu ermöglichen, gilt es zu prüfen, ob zusätzlicher Bedarf dort geeignete Standortvoraussetzungen findet. Allerdings sollten die damit verbundenen Schwierigkeiten, insbesondere der Kosten- und Zeitbedarf im Rahmen der Neuerschließung, nicht übersehen werden.

Eine weitere Lösungsmöglichkeit besteht in der Entwicklung interkommunaler Gewerbegebiete. So können sich durch Kooperation Größenvorteile bei der Flächenbereitstellung und bei der Erschließung ergeben. Außerdem wird in der Gesamtregion die Schaffung eines differenzierten Angebots ermöglicht, das den spezifischen Anforderungen der einzelnen Branchen gerecht wird.

Die Neuausweisung von Flächen ist immer dann möglich, wenn in der Gemeinde anderweitig keine geeigneten Flächen zur Verfügung stehen. Ungeeignete Flächen sind Flächen, in denen die erforderlichen Standortvoraussetzungen für die konkrete Ansiedlung nicht vor-handen sind oder die Nachnutzung gewerblicher Altstandorte nur mit einem unvertretbaren Kosten- und Zeitaufwand möglich wäre. Das Ziel gilt gleichfalls nicht für die Ansiedlung von Industrie- und Gewerbebetrieben mit überregionaler Bedeutung.

Das Ziel entspricht und unterstützt zudem die Nationale Nachhaltigkeitsstrategie, die auf eine Verminderung der Inanspruchnahme neuer Siedlungs- und Verkehrsflächen auf 30 ha pro Tag bis 2020 zielt.

Zu Ziel 6.1.4 Nach LEP, G 6.1.4 soll durch die Träger der Regionalplanung die Flächensicherung für die Ansiedlung von Industrie- und Gewerbe-betrieben mit überregionaler Bedeutung unterstützt werden. Die Vorbehaltsausweisung zur Ansiedlung von Industrie- und Gewerbebe-trieben mit überregionaler Bedeutung im Raum Torgau erfolgt unter Beachtung der besonderen Strukturschwäche dieses Raums als Angebotsplanung und auf der Grundlage der Flächenuntersuchung für die Ansiedlung von Industrie- und Gewerbebetrieben mit über-regionaler Bedeutung durch die Regionale Planungsstelle Leipzig im Zeitraum 2000-2002 (siehe Begründung unter 6.1 Begriff). In diesem Zusammenhang wurden auch Standorte mit Lagegunst zum Hafen Torgau betrachtet und im Ergebnis der ausgewiesene Standort nord-westlich von Torgau als potenziell geeignet zur Ansiedlung von Großindustrie ermittelt.

Das Vorbehaltsgebiet Industrie und Gewerbe mit überregionaler Bedeutung Zinna ist durch die Bauleitplanung erst nach Vorliegen kon-kreter Ansiedlungsabsichten als Industrie- oder Gewerbegebiet auszuweisen. Dabei sind in diesem Gebiet kleinteilige Parzellierungen oder Ansiedlungen mit geringem Flächenbedarf auszuschließen, um die Fläche nicht zu entwerten. Die FFH-Verträglichkeit ist auch bei Ausformung der regionalplanerischen Festlegung auf den nachfolgenden Planungsebenen sicherzustellen (vgl. Umweltbericht Abschnitt 2.2.3.2).

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Zu Ziel 6.1.5 In der Planungsregion gibt es zahlreiche industrielle Altstandorte und andere Brachflächen, die für eine Gewerbeansiedlung infrage kommen. In diesen Bereichen sind zusätzliche Beeinträchtigungen des Landschaftsbilds und des Naturhaushalts nicht zu erwarten. In der Regel bestehen dort die infrastrukturellen und baurechtlichen Voraussetzungen für die Ansiedlung von Betrieben (siehe auch Begründung zu Ziel 6.1.3). Die vorrangige Orientierung auf die Zentralen Orte entspricht deren Aufgabenwahrnahme bei der Entwicklung für eine ausgewogene Raum- und Siedlungsstruktur. Die Nennung der Altstandorte Espenhain, Thierbach und Lippendorf resultiert auf deren traditionellen Bedeutung als Standort der Großindustrie und der damit im Zusammenhang zur Verfügung stehenden und sich ent-wickelnden Infrastruktur (A 72).

Zu Ziel 6.1.6 Der Industriestandort Böhlen-Lippendorf repräsentiert den wichtigsten Chemiestandort des Freistaats Sachsen. Er stellt zudem einen bedeutenden Standort der Energieerzeugung dar.

Der über Jahrzehnte historisch gewachsene Standort der Chemieindustrie und der Energieerzeugung liegt auf Teilflächen der Städte Böhlen und Zwenkau sowie der Gemeinde Neukieritzsch. Der Standort verfügt über eine hervorragende Infrastruktur (Anbindung an die Bundesautobahn A 38 – über B 2 – und künftig an die A 72, Anbindung an die Eisenbahnstrecke Leipzig-Altenburg, Nähe zum Verkehrs-landeplatz Böhlen). Die Entwicklung der Chemieindustrie am Standort war von Umbrüchen und Veränderungen geprägt. Heute befinden sich auf dem Gelände der DOW Olefinverbund GmbH hochmoderne Anlagen, die in einem Standort- und Stoffverbund Bestandteil der Dow Chemical Company sind, dem größten Kunststoffhersteller in den neuen Bundesländern und wichtigen Arbeitgeber der Region.

Die Städte Böhlen und Zwenkau sowie die Gemeinde Neukieritzsch haben für den Bereich des Industriestandorts den Zweckverband Planung und Erschließung Industriestandort Böhlen-Lippendorf gegründet, der vor allem planungs- und erschließungsrechtliche Aufgaben wahrnimmt. Das gesamte Verbandsgebiet umfasst mit 1 740 ha den größten Industriestandort im Freistaat Sachsen. Für künftige Neu-ansiedlungen stehen ca. 100 ha zu Verfügung.

Die Ausweisung des Vorranggebiets Industrie und Gewerbe mit überregionaler Bedeutung Böhlen-Lippendorf erfolgt zweckgebunden zur Flächenvorsorge und zur weiteren Entwicklung des Chemiestandorts. Die FFH-Verträglichkeit ist auch bei Ausformung der regional-planerischen Festlegung auf den nachfolgenden Planungsebenen sicherzustellen (vgl. Umweltbericht Abschnitt 2.2.3.2).

(siehe auch Begründungen zu Ziel 2.4.2 und Ziel 2.4.3)

Zu Ziel 6.1.7 Der Altindustriestandort Espenhain wurde in den Jahren 1937 bis 1942 errichtet und umfasst eine Fläche von 248 Hektar. Die Produktions-anlagen (je zwei Kraftwerke, Brikettfabriken, Schwelereien sowie dazugehörige Nebenanlagen) wurden in den Jahren 1990 bis 1996 schrittweise stillgelegt. Die Sanierungsmaßnahmen (Abbruch, Demontage und Verschrottung baulicher Anlagen, Beseitigung ökologischer Altlasten) sind weitestgehend realisiert. Mit der Neuerschließung erhält der traditionsreiche Industriestandort eine moderne und nach-haltige Infrastruktur. Der Standort steht nunmehr für Ansiedlungen zur Verfügung.

Für die Ausgestaltung der besonderen Gemeindefunktion Gewerbe in der Gemeinde Espenhain ist darüber hinaus die Entwicklung des Standortes der Leipziger Kommissions- und Großbuchhandelsgesellschaft mbH (LKG mbH) bedeutsam. Dieses Unternehmen agiert welt-weit, gehört zu den 10 größten Zwischenbuchhändlern Deutschlands und ist das Einzige dieser Art im Freistaat Sachsen.

(siehe auch Begründungen zu Ziel 2.4.2, Ziel 2.4.3 und Z 6.1.5)

6.2 Handel Begriff Großflächige Einzelhandelseinrichtungen sind die von § 11 Abs. 3 BauNVO erfassten Vorhaben.

Z 6.2.1 Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Waren des kurzfristigen Bedarfs soll in allen Teilräumen der Region verbrauchernah gesichert werden. Dazu sollen auch neue, am örtlichen Bedarf orientierte Versorgungsmodelle umgesetzt werden.

Z 6.2.2 Innenstädte und Stadtteilzentren sind als Standorte des Einzelhandels zu entwickeln und zu stärken. Dazu ist auf die Sicherung und Belebung des kleinteiligen Einzelhandels hinzuwirken.

Z 6.2.3 Großflächige Einzelhandelseinrichtungen zur Sicherung des überwiegend kurzfristigen Bedarfs in Grundzentren sind nur in städtebaulich integrierter Lage der Versorgungs- und Siedlungskerne zulässig.

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Z 6.2.4 Die Ansiedlung, Erweiterung oder wesentliche Änderung von großflächigen Einzelhandelsein-richtungen mit überwiegend innenstadtrelevanten Sortimenten oder mit einem Anteil von mehr als 800 m² Verkaufsfläche für innenstadtrelevante Sortimente soll in den Versorgungs- und Siedlungs-kernen der Mittel- und Oberzentren erfolgen. Dabei soll die Ansiedlung, Erweiterung oder wesentliche Änderung von großflächigen Einzel-handelseinrichtungen mit einem Anteil von mehr als 800 m² Verkaufsfläche für innenstadtrelevante Sortimente nur in städtebaulich integrierter Lage erfolgen.

Z 6.2.5 Die städtebaulich integrierten Lagen, in denen die Ansiedlung, Erweiterung und wesentliche Änderung von großflächigen Einzelhandelseinrichtungen gemäß Ziel 6.2.1 bzw. 6.2.2 des LEP bzw. Ziel 6.2.2. bis 6.2.4 des Regionalplans zulässig sind, sind durch die Zentralen Orte abzugrenzen und zu begründen.

Begründung zu 6.2 Handel

Zum Begriff Großflächige Einzelhandelseinrichtungen gemäß § 11 Abs. 3 BauNVO werden durch die Merkmale - Großflächigkeit sowie - schädliche Auswirkungen auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche

Entwicklung und Ordnung charakterisiert. Sie sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig.

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit seinen Urteilen vom 24.11.2005 (BVerwG 4 C 10.04, 4 C 14.04, 4 C 3.05 und 4 C 8.05) Merkmale eines als großflächig einzustufenden Einzelhandelsbetriebs klargestellt: Einzelhandelsbetriebe sind großflächig im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO, wenn sie eine Verkaufsfläche von 800 m² überschreiten. Verkaufsfläche ist die Fläche, die dazu dient, Verkäufe mit den Kunden abzuwickeln. Zur Verkaufsfläche zählen alle zu diesem Zweck zu-gänglichen oder einsehbaren Flächen wie Verkaufsraum, Gänge, Treppen, Aufzüge, Standflächen für Einrichtungsgegenstände, Schau-fenster, Ausstellungs- und Freiflächen, Kassenzonen, Thekenbereiche sowie Kassenvorräume (einschließlich Bereichen zum Einpacken der Ware, Entsorgen des Verpackungsmaterials und Pfandrücknahme) und Windfänge. Freiflächen und Verkehrsflächen vor den Läden zählen dann zur Verkaufsfläche, wenn sie dauerhaft oder saisonal dem Verkauf dienen. In Fällen der „auch integrierten Lagerhaltung“ oder des „Verkaufs ab Lager“ gilt die Lagerfläche auch als Verkaufsfläche.

Einzelhandelsbetriebe, deren Geschossfläche 1 200 m² überschreitet, haben nach § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO in der Regel negative Aus-wirkungen auf Raumordnung und Städtebau. Ausnahmen sind einzelfallbezogen, unter besonderer Bezugnahme auf die konkrete Sied-lungsstruktur der Standortgemeinde nachzuweisen. Nicht nur unwesentliche Auswirkungen im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 BauNVO sind bei einem Verstoß gegen raum-ordnerische Plansätze des Landesentwicklungsplans oder Regionalplans regelmäßig anzunehmen.

Zu Ziel 6.2.1 Die anhaltend dynamischen Entwicklungen im Einzelhandel stellen die Kommunen vor vielfältige Herausforderungen. Der Standortwett-bewerb wird durch die unverminderte Ausdehnung der Handelsflächen einerseits, durch den demografischen Wandel und den damit ein-hergehenden Rückgang von Bevölkerung und einzelhandelsrelevanter Kaufkraft andererseits weiter zunehmen.

Insbesondere in ländlichen Gemeinden führt dieser Prozess zu einer weiteren Ausdünnung des Verkaufsstellennetzes, die mit einer dras-tischen Verschlechterung der Nahversorgung der dort lebenden Bevölkerung einhergeht. Aber auch in vielen Städten verschlechtert sich die wohnortnahe Versorgung durch eine Ausdünnung des Geschäftsbesatzes als Folge der Aufgabe kleinerer Fachgeschäfte und Lebens-mittel-Supermärkte und durch die Verlagerung der SB-Märkte aus den Innenstädten/Ortskernen an überwiegend pkw-orientierte Standorte erheblich. Die vom SMWA in Auftrag gegebene Studie „Nahversorgung im Freistaat Sachsen“ (2007) belegt die zunehmende Verdrängung klein-teiliger Nahversorger durch Discounter und den generell unterdurchschnittlichen Besatz an Supermärkten und Lebensmittelfachgeschäften als „echte“ Nahversorger. Besonders für nicht mobile Bevölkerungsgruppen ist die verbrauchernahe Versorgung bereits nicht mehr flächendeckend in zumutbarer Entfernung gesichert. Mit der zunehmenden Alterung der Bevölkerung gewinnt dieser Aspekt zusätzliche Bedeutung.

Um gleichwertige Lebensbedingungen zu schaffen, soll die Grundversorgung mit Waren des kurzfristigen Bedarfs in allen Teilräumen der Region verbrauchernah, d. h. möglichst fußläufig oder zumindest mit zumutbarem Wege- und Zeitaufwand erfolgen können. Darüber hinaus sollen neue, am örtlichen Bedarf orientierte Versorgungsmodelle umgesetzt werden (z. B. Verknüpfung des Einzelhandels mit Zu-satzfunktionen, Nebenerwerbsmodelle, Nachbarschaftsläden, mobile Verkaufsangebote, Märkte). Dafür sollen die Gemeinden bei Bedarf die städtebaulichen Voraussetzungen schaffen.

Bei der Ansiedlung und Erweiterung von Verkaufseinrichtungen ist auch darauf zu achten, dass die verbrauchernahe Versorgung zur Deckung des kurzfristigen Bedarfs in benachbarten Orten nicht gefährdet wird.

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Regionalplan Westsachsen 2008 6 Gewerbliche Wirtschaft und Handel

Zu Ziel 6.2.2 Städte zeichnen sich seit jeher durch Urbanität, Nutzungsvielfalt und damit verbundene Lebendigkeit aus. Sie sind Wohn- und Gewerbe-standort, Schwerpunkt von Handel und Kultur und prägen die sie umgebende Region. Viele dieser Funktionen nehmen schwerpunktmäßig die Innenstädte und Stadtteilzentren wahr.

Die Entwicklungen der 90er Jahre mit ihrer Ballung von Einkaufszentren und großflächigen Einzelhandelseinrichtungen am Ortsrand oder städtebaulich nicht integrierten Standorten „auf der grünen Wiese“, vielfach außerhalb Zentraler Orte, bewirken weiterhin einen starken Abfluss von Kaufkraft aus den westsächsischen Städten und beeinträchtigen damit vielerorts deren zentrale Versorgungsfunktionen. Durch den anhaltenden Verdrängungswettbewerb werden die Innenstädte der Klein- und Mittelstädte, Stadteil- und Nahversorgungs-zentren weiter in Mitleidenschaft gezogen. Die derzeitige Tendenz zur Errichtung neuer größerer Lebensmittelmärkte an pkw-orientierten Standorten (oft als Verlagerung von integrierten Standorten) führt zu einem weiteren Bedeutungsverlust der innerstädtischen Lagen, da die abnehmende Frequenz im innerstädtischen Einzelhandel sich auch auf viele andere Branchen auswirkt. Damit besteht die akute Gefahr, dass wesentliche Voraussetzungen für die Urbanität und Attraktivität der Städte verlorengehen, dass Stadtteilzentren und teilweise sogar die Innenstädte veröden. Die sich vielerorts bereits abzeichnende trading-down-Spirale von Qualitäts-verlust, Nutzungsaufgaben und zunehmendem Leerstand ist nur schwer aufzuhalten bzw. umzusteuern. Die MKRO bekräftigte mit Beschluss vom 30.06.2006 ihre Position, dass die Innenstädte und örtlichen Zentren als Einzelhandelsstandorte unbedingt zu erhalten sind. Die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, der Schutz und die Stärkung ihrer auch kleinteiligen Strukturen ist für die Innenentwicklung, die Urbanität und die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung erforderlich. Dazu sollen Kommunen ent-sprechende Konzepte aufstellen (Verweis auf Ziel 6.2.5 für Zentrale Orte) und die neuen Regelungen in § 9 Abs. 2a BauGB zur Sicherung zentraler Versorgungsbereiche und der verbrauchernahen Versorgung nutzen.

Zu Ziel 6.2.3 und Ziel 6.2.4 Z 6.2.1 und Z 6.2.2 des LEP regeln die generelle Zulässigkeit großflächiger Einzelhandelseinrichtungen in Oberzentren, Mittelzentren und zur Nahversorgung auch in Grundzentren. So ist die Ansiedlung, Erweiterung oder wesentliche Änderung von großflächigen Einzelhandelseinrichtungen nur in Mittel- und Oberzentren, bei überwiegend innenstadtrelevanten Sortimenten nur in städtebaulich integrierter Lage zulässig. Unter den in Z 6.2.2 LEP benannten Bedingungen sind großflächige Einzelhandelseinrichtungen zur Sicherung des überwiegend kurzfristigen Bedarfs auch in Grundzentren zulässig. Diese Ziele werden regionalplanerisch weiter untersetzt.

Dabei wird das Instrument der Versorgungs- und Siedlungskerne, das der LEP zur Verfügung stellt, zur Steuerung der Einzelhandels-entwicklung genutzt. Der Versorgungs- und Siedlungskern eines Zentralen Ortes ist der Ortsteil, der aufgrund seiner bereits vorhandenen Funktionen und entsprechender Entwicklungsmöglichkeiten, seiner Erreichbarkeit für die Bevölkerung im Verflechtungsbereich und seiner Verkehrsanbindung durch den ÖPNV die Voraussetzung für die Versorgung der Bevölkerung im Verflechtungsbereich in zumutbarer Ent-fernung zu den Wohnstandorten bietet (vgl. Begriff unter 5.1). Im Interesse einer ausgewogenen Raumentwicklung ist ihre Funktions-fähigkeit dauerhaft zu sichern. Versorgungs- und Siedlungskerne der Zentralen Orte sind die Kernstädte (vgl. Festlegung in Ziel 5.1.5). Nach Einzelfallprüfung kann eine Ansiedlung auch außerhalb der Versorgungs- und Siedlungskerne zugelassen werden, sofern die zentralörtlichen Versorgungszentren nicht beeinträchtigt werden und beispielsweise im Rahmen eines Einzelhandelskonzepts ein anderer Gemeindeteil als geeignet einge-schätzt wurde. Auch hier muss es sich bei großflächigen Einzelhandelseinrichtungen mit überwiegend innenstadtrelevanten Sortimenten gemäß Z 6.2.1 des LEP um Standorte in städtebaulich integrierter Lage (z. B. bei der Revitalisierung innerörtlicher Brachflächen) handeln. Die städtebaulich integrierte Lage, die für großflächige Einzelhandelseinrichtungen mit überwiegend innenstadtrelevanten Sortimenten in Ober- und Mittelzentren gefordert wird (LEP Z 6.2.1), gilt auch für Nahversorgungseinrichtungen in Grundzentren. Mit den ständig steigenden Verkaufsflächen von Möbelhäusern und Baumärkten erhöhen sich gleichzeitig die Flächen für innenstadt-relevante Beisortimente. Nebenher entwickeln sich neue kombinierte Verkaufskonzepte (z. B. Möbel- und Bekleidungshaus). Damit können städtebaulich und raumordnerisch relevante Beeinträchtigungen durch großflächige Einzelhandelsbetriebe mit nicht überwiegend innenstadtrelevanten Sortimenten nicht mehr generell ausgeschlossen werden. Infolge eines starken Kaufkraftabzugs können beachtliche Sortimentsverschiebungen erfolgen, die bis zum Verschwinden ganzer Produktgruppen im Einzelhandelsangebot und dadurch zu einem Funktionsverlust der Innenstädte, Stadtteil- oder Nahversorgungszentren führen können. Mit Ziel 6.2.4 wird die regelmäßige Zulässigkeit für innenstadtrelevante Sortimente daher auf die Großflächigkeitsschwelle von 800 m² Verkaufsfläche beschränkt. Ausnahmen bedürfen unter besonderer Bezugnahme auf die konkrete Siedlungsstruktur des Nachweises, dass mit dem Vorhaben keine negativen Auswirkungen auf die flächendeckende verbrauchernahe Versorgung und auf die Funktions-fähigkeit zentraler Versorgungsbereiche in der Standortgemeinde und den im Einzugsgebiet der Einzelhandelseinrichtung befindlichen Gemeinden verbunden sind.

Zu Ziel 6.2.5 Die zur Ansiedlung großflächigen Einzelhandels berechtigten Zentralen Orte bestimmen damit in Ausübung ihrer Planungshoheit sowie unter Berücksichtigung des Kongruenzgebots (LEP Z 6.2.3) und des Beeinträchtigungsverbots (LEP Z 6.2.4) die städtebaulich integrierten Lagen, in denen die Ansiedlung, Erweiterung und wesentliche Änderung von großflächigen Einzelhandelseinrichtungen zulässig sind.

Angesichts der anhaltend dynamischen Entwicklungen im Einzelhandel mit ihren Auswirkungen auf die städtische Struktur wird es immer dringlicher, dass sich die Zentralen Orte konzeptionell mit der Problematik Einzelhandel auseinandersetzen und vorausschauend städte-baulich agieren, statt immer nur auf vorgelegte Ansiedlungsbegehren zu reagieren. Handelsnetzkonzeptionen sollen Bestandteil der Stadt-entwicklungs- und der Standortpolitik sein.

Die städtebaulich integrierten Lagen, in denen die Ansiedlung, Erweiterung und wesentliche Änderung von großflächigen Einzelhandels-einrichtungen zulässig sind, sollten insbesondere durch die Festlegung von zentralen Versorgungsbereichen näher bestimmt und räumlich abgegrenzt werden. Die Bestimmung von Stadt- und Stadtteilzentren sowie Nahversorgungszentren bzw. -standorten kann mithilfe von

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Regionalplan Westsachsen 2008 6 Gewerbliche Wirtschaft und Handel

Zentrenkonzepten, Einzelhandelskonzepten oder qualifizierten städtebaulichen Konzepten erfolgen, die die Städte beschließen, aber auch im Rahmen des FNP bzw. der FNP-Fortschreibung. Diese Konzepte sollen Grundlage für die Beurteilung von künftigen Einzelhandelsansiedlungen bzw. -erweiterungen sein. Im Rahmen der Bauleitplanung sind sie gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB zu berücksichtigen. Gemäß Begründung zu Z 6.2.2 LEP ist der Nachweis des Be-darfs über ein unabhängiges Gutachten oder ein regionales Einzelhandelskonzept Voraussetzung für die Ansiedlung großflächiger Einzel-handelseinrichtungen zur Sicherung des überwiegend kurzfristigen Bedarfs in Grundzentren. Ein solches Konzept schafft auch eine gute Grundlage für die Anwendung der neuen Regelungen in § 9 Abs. 2a BauGB zur Sicherung zentraler Versorgungsbereiche und der verbrauchernahen Versorgung.

Einzelhandelskonzepte sollten folgende Belange beinhalten: - Strukturdaten und Kaufkraft des Verflechtungsbereichs - Erfassung und Bewertung des vorhandenen Einzelhandelsbestands/der Einzelhandelsstruktur - zukünftiger Verkaufsflächenbedarf - Bestimmung von Stadt- und Stadtteilzentren sowie Nahversorgungszentren bzw. -standorten - Maßnahmen zur Entwicklung/Sicherung von Einzelhandelsstandorten - marketingpolitische Empfehlungen - bauleitplanerischer Handlungsbedarf Die Abgrenzung der derzeitigen und der zukünftigen zentralen Versorgungsbereiche sollte räumlich eindeutig, nach Möglichkeit karto-grafisch, erfolgen. Dabei sollte differenziert werden zwischen den Standortbereichen Innenstadt und Stadtteilzentren, die künftig als zen-trale Einkaufslagen anzusehen sind und in denen der Handel gezielt angesiedelt werden sollte, Nahversorgungszentren bzw. -standorten, die die verbrauchernahe Grundversorgung der Bevölkerung sichern, und den Bereichen, in denen die Ansiedlung zentrenrelevanter Sor-timente beschränkt bzw. ausgeschlossen wird (Verweis auf § 1 Abs. 9 BauNVO). Neuansiedlungen bzw. Verkaufsflächenerweiterungen an dezentralen bzw. peripheren Lagen sollten generell ausgeschlossen werden. Sortimente mit starker Innenstadtrelevanz benennt die Handlungsanleitung des Sächsischen Staatsministeriums des Innern über die Zulässigkeit von Großflächigen Einzelhandelseinrichtungen im Freistaat Sachsen vom 03.04.2008 (HA Großflächige Einzelhandels-einrichtungen) in Anlage 1. Für einen Ausschluss bedarf es jedoch regelmäßig einer individuellen Betrachtung der jeweiligen örtlichen Situation.

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Regionalplan Westsachsen 2008 7 Rohstoffsicherung und -gewinnung

7 Rohstoffsicherung und -gewinnung Karte Die Vorrang- und Vorbehaltsgebiete oberflächennahe Rohstoffe sind in der Karte 14 „Raumnutzung“ ausge-

wiesen. Die Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Braunkohlenabbau sind nachrichtlich in der Karte 14 „Raum-nutzung“ dargestellt.

Hinweis Die Vorrang- und Vorbehaltsgebiete oberflächennahe Rohstoffe sind in Anhang 2 näher bestimmt.

G 7.1 Die Rohstoffgewinnung in Westsachsen soll in den Vorrang- und Vorbehaltsgebieten oberflächen-nahe Rohstoffe und in den Vorrang- und Vorbehaltsgebieten Braunkohlenabbau erfolgen.

Z 7.2 Einer Überlastung einzelner Teilräume infolge der Konzentration von Abbauvorhaben mineralischer Rohstoffe ist entgegenzuwirken. Der Erweiterung bestehender Abbaugebiete soll bei nachgewie-senem umwelt- und naturschonenden Abbau der Vorzug vor dem Aufschluss neuer Lagerstätten gegeben werden.

Z 7.3 Die Rohstoffgewinnung soll so erfolgen, dass

• Eingriffe in Natur und Landschaft so gering wie möglich gehalten werden, • grundlegende Veränderungen des Landschaftscharakters, insbesondere landschaftsprägender

Höhenrücken, Kuppen und Hanglagen, unterbleiben, • möglichst keine Inanspruchnahme von Waldflächen erfolgt, • Beeinträchtigungen der Erholungsfunktion von Tourismusgebieten und von Tourismusschwer-

punkten vermieden werden, • in der Regel ein Abstand von 300 m zu Siedlungen vom Abbau freigehalten wird und • die mit Straßentransporten verbundene Belastung der Bevölkerung und des Straßennetzes durch

Minimierung von Ortsdurchfahrten und Einsatz umweltschonender Transportmittel so gering wie möglich gehalten wird.

Z 7.4 Bei der Festlegung von Folgenutzungen für Rohstoffabbaustätten ist auf

• die Aufwertung des Landschaftsbilds, • die Erhöhung des Waldanteils, • die Schaffung von Erholungsmöglichkeiten, • die Ausweisung ausreichend großer Areale für den Schutz und die Entwicklung artenreicher Tier-

und Pflanzengesellschaften einschließlich der Schaffung von Sukzessionsflächen und • die Wiederherstellung landwirtschaftlicher Nutzflächen

entsprechend den regionalen Nutzungs- und Schutzerfordernissen hinzuwirken.

Z 7.5 Durch Rohstoffabbau entstehende Standgewässer sind zu naturnahen Gewässern mit vielfältig strukturierten Uferbereichen zu entwickeln. Dabei ist auf die Entstehung stabiler, der jeweiligen Nachnutzung konformer limnologischer Verhältnisse hinzuwirken.

Begründung zu 7 Rohstoffsicherung und -gewinnung Braunkohlenabbau Nach LEP, Z 11.2 sind durch die Träger der Regionalplanung die räumlichen Voraussetzungen zur künftigen Nutzung der Braunkohle zu sichern. Im laufenden Verfahren der Fortschreibung des Regionalplans erfolgt keine Lagerstättensicherung über das Jahr 2040 hinaus.

Mit den Braunkohlenplänen für die Tagebaue Profen (rechtsverbindlich) und Vereinigtes Schleenhain (in Neuaufstellung) wird für den der-zeit absehbaren Abbauhorizont, der gekoppelt an die Laufzeit der zu versorgenden Kraftwerke Lippendorf und Schkopau (Sachsen-Anhalt) bis ca. 2040 reicht, ausreichende Vorsorge getroffen. Im Unterschied zur Lausitz, wo nach Stilllegung der ertüchtigten 500-MW-Kraft-werksblöcke u. a. in Boxberg bereits in 10 bis 15 Jahren Grundsatzentscheidungen für Ersatzneubauten mit weit über das Jahr 2040 hin-ausreichenden Betriebszeiten anstehen, sind derartige Entwicklungen für Westsachsen derzeit nicht absehbar. Dabei sind prinzipiell noch

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Regionalplan Westsachsen 2008 7 Rohstoffsicherung und -gewinnung

abbauwürdige Braunkohlenfelder vorhanden. Davon ausgehend besteht aus heutiger Sicht kein erkennbarer regionalplanerischer Hand-lungsbedarf. Im Bedarfsfall bietet die nächste Gesamtfortschreibung des Regionalplans Westsachsen in etwa zehn Jahren hinreichende Möglichkeiten, neuen Anforderungen und Entwicklungen Rechnung zu tragen. Darüber hinaus enthält das Energieprogramm Sachsen 2004 für die Planungsregion Westsachsen keine über 2040 hinausgehenden Rahmensetzungen.

Nach LEP, Z 7.3 sind die landesweit bedeutsamen Braunkohlenlagerstätten in den Tagebaubereichen Vereinigtes Schleenhain und Profen durch Ausweisung von Vorranggebieten Braunkohlenabbau durch die Träger der Regionalplanung zu sichern. Dies erfolgte bzw. erfolgt nach § 4 Abs. 4 SächsLPlG in den Braunkohlenplänen Tagebau Profen und Tagebaubereich Vereinigtes Schleenhain (vgl. Anhang 1). Die in den Braunkohlenplänen ausgewiesenen Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Braunkohlenabbau sind nachrichtlich in Karte 14 „Raumnutzung“ des Regionalplans übernommen. Abbau oberflächennaher Rohstoffe

Vorrang- und Vorbehaltsgebiete

Nach LEP, Z 7.2 sind in den Regionalplänen die raumordnerischen Voraussetzungen für eine geordnete Nutzung einheimischer Rohstoffe durch die Ausweisung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten zu schaffen. Umfang und Bindungswirkung der Festlegungen sollen sich am kurz-, mittel- und langfristigen Rohstoffbedarf, am Rohstoffpotenzial und seiner räumlichen Verteilung, an der rohstoffgeologischen Bewertung der Lagerstätten, an der landesweiten Bedeutsamkeit der Rohstofflagerstätten sowie an der vorrangigen Sicherung von bereits genehmigten Abbauvorhaben sowie von Erweiterungs- und Ersatzflächen für bestehende

Betriebe orientieren.

Dabei wird für den kurz- und mittelfristigen Bedarf jeweils ein Zeitraum von 20 Jahren angesetzt. Die Vorräte für den kurzfristigen Bedarf sollen i. d. R. als Vorranggebiete ausgewiesen werden, während zur Sicherung von Rohstoffvorräten für den mittelfristigen Bedarf eine Ausweisung als Vorrang- oder Vorbehaltsgebiet in Betracht kommt. Unter dem Gesichtspunkt des Lagerstättenschutzes für künftige Generationen (langfristiger Bedarf) sollen diese vor Über- und Verbauung geschützt werden, wofür i. d. R. das Instrument Vorbehalts-gebiet zur Anwendung kommt (LEP, Begründung zu Z 7.2).

Als Grundlage für das zu sichernde Rohstoffaufkommen aus der Planungsregion Westsachsen waren auf Grundlage einer Bedarfs-einschätzung durch das SMWA (SOBA) und das LfUG die durchschnittliche Fördermenge je Rohstoffgruppe im Freistaat Sachsen über 10 Jahre (1992-2001) sowie der Anteil der Region an der geförderten Rohstoffmenge je Rohstoffgruppe in Sachsen im Bezugsjahr 2001 heranzuziehen (vgl. Tab. 7-1). Danach betrug im Jahr 2001 der Anteil der in Westsachsen geförderten oberflächennahen Rohstoffe ca. 40 % der gesamten sächsischen Rohstofffördermenge. Besonders zu erwähnen ist, dass auf Grundlage dieser Berechnungsmethode mehr als die Hälfte des sächsischen Kies- und Kiessandbedarfs in der Region Westsachsen zu sichern sind.

Aus einer Übersicht zu bau- und immissionsschutzrechtlich genehmigten Rohstoffgewinnungsbetrieben in Westsachsen (Stand: 09/2004) geht hervor, dass die Rohstoffförderung in Westsachsen fast ausschließlich durch die unter Bergrecht stehenden Betriebe erfolgt. Die Vor-räte aus bau- und immissionsschutzrechtlich genehmigten Gewinnungsbetrieben besitzen nur einen sehr geringen Anteil von ca. 2 bis 3 % an der derzeit geförderten Rohstoffmenge. Ein 20 %iger Aufschlag ist aufgrund dieses eher zu vernachlässigenden Anteils nicht gerecht-fertigt und wird daher in die weiteren Überlegungen zur Deckung des Rohstoffbedarfs nicht weiter einbezogen. Derzeit sind noch baurecht-lich genehmigte Vorräte in Höhe von ca. 800 000 t Kiessand/Sand in der Region vorhanden (entspricht ca. 0,4 % des zu erbringenden westsächsischen Bedarfs der nächsten 20 Jahre).

Tab. 7-1: Kurz- und mittelfristiges Rohstoffaufkommen aus der Planungsregion Westsachsen

ermitteltes Rohstoffaufkommen (Mio. t)

Rohstoffgruppe Durchschnittswert (1992-2001) der jährlich verwertbaren Förder-

menge im Freistaat Sachsen (Mio. t)

Anteil der Region an der Gesamtfördermenge

(2001) (%)

für 20 Jahre für 40 Jahre

Festgestein 27,65 33,5 185,25 370,50 Kies, Kiessand, Sand 20,61 50,4 207,70 415,50 sonstiges Lockergestein 2,20 25,2 11,08 22,16

Quelle: Bergberichte Sächsisches Oberbergamt, Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie Besonderes Augenmerk ist auf die regionalplanerische Sicherung landesweit bedeutsamer Rohstofflagerstätten (seltene Bodenschätze bzw. Bodenschätze mit hohem Veredelungspotenzial) zu richten. Dazu gehören in Westsachsen insbesondere Kaoline und Spezialtone für die Erzeugung feuerfester Materialien.

Die vorrangige Sicherung bereits genehmigter Abbauvorhaben sowie von Erweiterungs- und Ersatzflächen für bestehende Betriebe dient der vollständigen Ausnutzung von Lagerstätten und damit der Vermeidung von Neuaufschlüssen (siehe dazu Begründung zu Z 7.2). Im Rahmen der Ausweisung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten oberflächennahe Rohstoffe wurden diese Flächen daher besonders berücksichtigt. Bei der Ausweisung von Rohstofflagerstätten als Vorrang- oder Vorbehaltsgebiete oberflächennahe Rohstoffe, für die bisher keine Abbaugenehmigung vorlag, waren entsprechend der Begründung zu Z 7.2 des LEP neben den vorg. Belangen u. a. auch Aspekte des Schutzes ökologisch wertvoller Landschaftsräume, prägender Landschaftsbilder sowie einer geordneten Siedlungsentwick-lung, Belange von Erholung und Tourismus sowie weitere Raumansprüche in die Abwägung einzustellen. Ausweisungskriterien: aktive Abbaustätten oberflächennaher Rohstoffe mit einer Restlaufzeit von mindestens 5 Jahren bergrechtlich genehmigte Abbaugebiete (Planfeststellungsbeschluss vorliegend)

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Regionalplan Westsachsen 2008 7 Rohstoffsicherung und -gewinnung

einzelfallbezogene Bewertung der Vorschlagsflächen des LfUG nach LEP, Begründung zu 7.2, insbesondere unter Berücksichtigung ihrer rohstoffgeologischen Eignung und landesweiten Bedeutsamkeit, der Sicherung von Erweiterungs- bzw. Ersatzflächen für beste-hende Betriebe, der Ergebnisse von Raumordnungsverfahren sowie der Bewertung ihrer Umweltauswirkungen und auftretenden Konflikte mit anderen Nutzungen bzw. Nutzungsansprüchen

Ausweisungsgrundlagen: Fachgutachten „Bewertung der Rohstofflagerstätten in Sachsen“ vom 17.09.2002 (LfUG) Vorschläge für die Sicherung von Rohstoffen in der Regionalplanung (Ranking der Rohstofflagerstätten), Arbeitskarte des LfUG Bedarfsberechnungen LfUG (regionsspezifisch und rohstoffgruppenspezifisch) Angaben zu bestehenden Gewinnungsbetrieben, bergrechtlichem Verfahrensstand etc. Restvorräte in aktiven Gewinnungsbetrieben (LfUG) Fachbeitrag Naturschutz und Landschaftspflege zum Landschaftsrahmenplan Region Westsachsen

Im Ergebnis der regionalplanerischen Abwägung sind in Karte 14 „Raumnutzung“ insgesamt 69 Vorranggebiete und 21 Vorbehaltsge-biete oberflächennahe Rohstoffe ausgewiesen (siehe dazu auch Anhang 2). Mit den ausgewiesenen Vorranggebieten wird ein Rohstoff-aufkommen von insgesamt ca. 652 Mio. t (ohne Berücksichtigung der Restvorräte in den Vorranggebieten Naunhof II, Leupahn, Lieber-see I und II, Gröppendorf, Kemmlitz Glückauf, Schönbach und Salbitz) gesichert. Damit wird der Rohstoffbedarf aus der Region für die nächsten 20 Jahre bei Weitem (zu mehr als 160 %) regionalplanerisch gesichert. Die ausgewiesenen Vorbehaltsgebiete sichern darüber hinaus Rohstoffvorräte von ca. 278 Mio. t (ohne Berücksichtigung der Vorräte in den Vorbehaltsgebieten Salbitz und Ostrau/Pulsitz-Nord).

Insgesamt wird mit den ausgewiesenen Vorrang- und Vorbehaltsgebieten der für die nächsten 40 Jahre prognostizierte Rohstoffbedarf zu mehr als 115 % erfüllt, wobei der Bedarf in den einzelnen Rohstoffgruppen (vgl. Tab. 7-1) ebenfalls jeweils zu mehr als 100 % gesichert wird. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die sehr positive Bedarfsprognose für Sachsen (auf Basis der Rohstoffförderung im Zeitraum 1992-2001) im Vergleich zur Prognose des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung bezüglich der Nachfrage an Primärrohstoffen (1998) sowie zum bundesdeutschen Pro-Kopf-Verbrauch an mineralischen Rohstoffen (Statistisches Bundesamt, 2002) wahrscheinlich den obersten Bereich einer Spannweite des künftigen Rohstoffbedarfs markiert (vgl. Umweltbericht zum Regionalplan, Kap. 2.2.4.2).

Zur Sicherung der langfristigen Rohstoffgewinnung sind in den Vorranggebieten oberflächennahe Rohstoffe alle Maßnahmen, die einer künftigen Rohstoffgewinnung entgegenstehen, wie z. B. Bebauung im Sinne von Besiedlung (gemäß Begründung zu Z 5.1.10) und groß-flächige Aufforstungen, auszuschließen. Aufgrund der Lage ausgewählter Vorrang- bzw. Vorbehaltsgebiete oberflächennahe Rohstoffe zu FFH-Gebieten sind bei der weiteren Ausformung folgender Vorbehaltsgebiete die Erhaltungsziele der FFH-Gebiete zu beachten und Beeinträchtigungen, insbesondere durch ausreichende Schutzabstände zu den genannten Gebieten (bei Vorbehaltsgebiet Nr. 73 mindestens 100 m zwischen Abbaufläche und FFH-Lebensraumtypen), zu vermeiden (vgl. Umweltbericht, Kap. 2.2.4.2): Nr. 71 Mörtitz-Mensdorf (FFH-Gebiet „Vereinigte Mulde und Muldenauen“) Nr. 73 Kleinliebenau-Ost (FFH-Gebiet „Leipziger Auensystem“) Nr. 79 Melpitz (FFH-Gebiet „Großer Teich Torgau und benachbarte Teiche“) Nr. 83 Holzhausen (FFH-Gebiet „Bläulingswiesen südöstlich Leipzig“) Nr. 86 Belgern/Kiebitzbergfeld (FFH-Gebiet „Elbtal zwischen Mühlberg und Greudnitz“) sowie Nr. 90 und 91 Ostrau/Pulsitz (FFH-Gebiet „Dolomitgebiet Ostrau und Jahnatal“) Bei der weiteren Ausformung des Vorbehaltsgebiets Nr. 81 Seifersdorf-West sind Schutzvorkehrungen zur Minderung der Stoff-, Licht- und Schallemissionen ins benachbarte SPA-Gebiet „Kohrener Land“ zu treffen. Bei den Vorranggebieten Nr. 47 Taucha und Nr. 8 Taucha-Wachberg ist ein übergreifendes Monitoring der Mopsfledermäuse i. V. m. dem FFH-Gebiet „Partheaue“ zu empfehlen. Die aktiven Rohstoffgewinnungsbetriebe sind in Karte 14 nachrichtlich übernommen und symbolhaft als „Aktive Abbaustätten oberflächen-naher Rohstoffe“ gekennzeichnet. Zum Bergbaubetrieb gehörende Anlagen, wie Flächen für Betriebsanlagen sowie die infrastrukturelle Erschließung (z. B. Betriebsstraßen, Bandanlagen, Aufbereitungsanlagen, Halden etc.), bilden im Rahmen des Bergbaubetriebes eine Einheit. Sie unterliegen nicht der regionalplanerischen Regelungskompetenz.

Zu Grundsatz 7.1 Westsachsen verfügt über ein großes Potenzial abbauwürdiger Rohstoffvorkommen. Von volkswirtschaftlichem Interesse für die Energie-erzeugung und Bauindustrie sind insbesondere die Braunkohlenvorräte und die umfangreichen Lagerstätten an pleistozänen Kiesen und Sanden, an Festgesteinen (Quarzporphyr, Granodiorit, Granulit) sowie an Tonen bzw. Kaolin. Abbaubedarf besteht für die Braunkohle als einzigem fossilen Energieträger im Südraum von Leipzig und für die reichen Vorkommen oberflächennaher Rohstoffe als Baurohstoffe, als Gesteine für die Schotter- und Splittherstellung sowie als keramische Werkstoffe.

Zur Sicherung eines raumverträglichen Rohstoffabbaus soll die Rohstoffgewinnung weitgehend aus den ausgewiesenen Vorrang- und Vorbehaltsgebieten Braunkohlenabbau bzw. den Abbau oberflächennaher Rohstoffe erfolgen. Aus raumordnerischer Sicht ist in diesen Gebieten die Rohstoffgewinnung möglich (Vorranggebiete) bzw. sind im Interesse einer langfristigen Rohstoffsicherung deren Belange bei der Abwägung besonders zu berücksichtigen (Vorbehaltsgebiete).

Zu Ziel 7.2 Der Abbau mineralischer Massenrohstoffe für die Siedlungstätigkeit und Infrastrukturmaßnahmen sowie der großflächige Braunkohlen-bergbau führten zu erheblichen Eingriffen in Natur und Landschaft und zu Belastungen der Umwelt in Westsachsen. Die Inanspruchnahme weiterer Rohstofflagerstätten birgt die Gefahr eines überdimensionierten Landschaftsverbrauchs, der insbesondere in den Konzentrations-räumen Delitzsch und Eilenburg, der Elbaue, den Porphyrhügellandschaften und im Südraum Leipzig zu gravierenden Interessenkonflikten

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Regionalplan Westsachsen 2008 7 Rohstoffsicherung und -gewinnung

zwischen der Gewinnung dieser Rohstoffe und vielfältigen anderen Nutzungen führt, und überschreitet zunehmend die Grenzen der Raumverträglichkeit.

Deshalb sind bei der Beurteilung des Rohstoffabbaus nicht nur lagerstättenkundliche und rohstoffwirtschaftliche, sondern auch raumordne-rische und landschaftsökologische Gesichtspunkte zu beachten. Eine Überlastung von Teilräumen der Region durch eine überzogene Konzentration von Abbauvorhaben soll damit ausgeschlossen werden. Bei Standortentscheidungen zum Neuaufschluss von Lagerstätten ist u. a. auch eine den geologischen Verhältnissen entsprechend günstige räumliche Verteilung von Abbaustätten mit kurzen Transport-wegen zum Verbraucher anzustreben.

Der Gefahr des weiteren überdimensionierten Landschaftsverbrauchs soll durch einen landschafts- und umweltschonenden Rohstoffabbau begegnet werden. Die Erweiterung bestehender Abbaugebiete trägt bei nachgewiesener Natur- und Umweltverträglichkeit zur Minimierung der abbaubedingten Flächeninanspruchnahme bei und schützt somit ökologisch intakte Freiräume.

Zu Ziel 7.3 Das Ziel konkretisiert die Anforderungen an die Gewinnung oberflächennaher Rohstoffe in Westsachsen. Gemäß § 1a Abs. 1 Nr. 7. SächsNatSchG kommt dem Schutz der Natur vor Beeinträchtigungen oder Zerstörung durch den Rohstoffabbau besondere Bedeutung zu. Eingriffe in Natur und Landschaft sind deshalb zum Schutz der ökologischen Regulationsleistungen der Landschaft und zum Erhalt wert-voller Bereiche des Arten- und Biotopschutzes so gering wie möglich zu halten (siehe Begründung zu Kap. 4.2 und Z 5.1.10).

Dem Erhalt des Landschaftscharakters sowie landschaftsprägender Höhenrücken und Kuppen ist gemäß Ziel 4.1.7 bei Abbauvorhaben Priorität einzuräumen. Diese Ziele werden für die Region durch naturräumlich spezifizierte Leitbilder für Natur und Landschaft sowie die Ausweisung landschaftsprägender Höhenrücken und Kuppen differenziert (siehe Begründung zu Z 4.1.7 sowie Anhang 3).

Dem Erhalt der Wälder ist in der Region aufgrund ihrer extremen Waldarmut oberste Priorität einzuräumen (siehe Begründung zu Z 9.2.1). Ihr Verlust durch Rohstoffabbau ist weitgehend zu vermeiden.

Beim Rohstoffabbau in Bereichen, die von besonderer Bedeutung für den Tourismus sind, sollen die Auswirkungen des Abbaus auf Erho-lungsfunktionen so gering wie möglich gehalten werden. Beeinträchtigungen der landschaftlichen Erlebniswirksamkeit durch abbaube-dingte Emissionen und Veränderungen des Landschaftsbilds sind zu vermeiden.

Abbaubedingte, direkte Beeinträchtigungen der Wohn- und Lebensqualität der Bevölkerung treten insbesondere in unmittelbarer Nähe von Siedlungen zu Gewinnungsstätten auf. Zur Vermeidung von Immissionsbelastungen und Beeinträchtigungen des Wohnumfelds ist deshalb ein Mindestabstand von 300 m zwischen Wohnbebauung und Abbaustätte einzuhalten.

Kiessand- und Natursteinabbau haben den Hauptanteil am Abbau oberflächennaher Rohstoffe in der Region. Ihre Abfrachtung, vorwie-gend mit Schwerlasttransportern, führt zu erheblichen Belastungen des Straßennetzes und zur Beeinträchtigung oder Verschlechterung der Wohnqualität der Bevölkerung in den von Ortsdurchfahrten betroffenen Siedlungen. Die günstige Anbindung von Abbaustätten und Verarbeitungsbetrieben an Schienenwege und Wasserstraßen soll deshalb für den Einsatz dieser umweltfreundlichen Transportmittel ver-stärkt genutzt werden. Bei Straßentransporten sollen vorrangig Transportwege unter Umgehung von Siedlungen gewählt werden (siehe dazu auch G 10.3.4 und Ziele 10.4.5 und 10.6.2).

Zu Ziel 7.4 Im Rahmen eines Gesamtkonzepts der landschaftlichen Entwicklung ist anzustreben, dass die Abbaugebiete so weit wie möglich ihre ursprünglichen Funktionen zurückerhalten bzw. bestehende Mangelsituationen durch geeignete Rekultivierungs- bzw. Renaturierungs-maßnahmen beseitigt bzw. gemindert werden und so zur Strukturbereicherung des Raums beitragen.

Insbesondere sind Räume mit geringer landschaftlicher Erlebniswirksamkeit wie der Verdichtungsraum Leipzig im Zuge der Rekultivierung von Abbaugebieten durch neue vielfältige Landschaftsstrukturen (z. B. Schaffung von Wald- und Wasserflächen, Anreicherung entstehen-der landwirtschaftlicher Flächen mit Gehölzen) zu attraktiven, landschaftlich erlebniswirksamen Bereichen zu entwickeln, die gleichzeitig dem Erholungsbedarf der Bevölkerung Rechnung tragen.

In Gebieten mit Defiziten in der Naturraumausstattung soll darüber hinaus der Folgenutzung Naturschutz durch Schaffung von Sekundär-biotopen und ihrer Vernetzung wesentliche Bedeutung beigemessen werden.

Zu Ziel 7.5 Naturnahe Standgewässer können ihre vielfältigen Schutz-, Nutz- und Erholungsfunktionen wirksamer erfüllen als naturfern ausgebildete Gewässer und sind ökologisch stabiler, so dass aus fachübergreifender Sicht eine naturnahe Gestaltung von Restseen, die durch den Rohstoffabbau entstehen, wesentlich ist. Dazu sind entsprechend der jeweiligen Abbautechnologie vielfältig strukturierte Uferbereiche auszubilden und ist eine harmonische Einbindung in die umgebende Landschaft zu gewährleisten.

Bereits beim Rohstoffabbau ist die geplante Folgenutzung oder auch die geplante Mehrfachnutzung des Gewässers zu berücksichtigen. Der Abbau sollte unter Berücksichtigung der vollständigen Ausnutzung der Lagerstätte z. B. so erfolgen, dass die Morphometrie des künfti-gen Restsees die Anlage von Flachwasserbereichen (z. B. für Badestrände oder für den Naturschutz) an dem am Grundwasserabstrom gelegenen Ufer vorsieht. Dies ist für einen raschen Nährstoffaustrag aus dem Standgewässer vorteilhaft. Soll eine Erholungsnutzung stattfinden, ist generell darauf zu achten, dass die Badenutzung maximal auf 1/3 der Gesamtgewässerfläche erfolgt, d. h., 2/3 des Ufers sollten nicht oder nur sehr erschwert begehbar sein. Des Weiteren sollte ein standortgerechter Wasserpflanzengürtel angelegt werden.

Bei der Wahl der Folgenutzung ist die natürliche Eignung des Gewässers (konkrete wasserwirtschaftliche und geologische Rahmen-bedingungen), insbesondere die Eutrophierungsempfindlichkeit zu beachten. So eignen sich z. B. Flachgewässer aufgrund der hohen Eutrophierungsempfindlichkeit nicht für eine intensive Erholungsnutzung.

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Regionalplan Westsachsen 2008 8 Tourismus, Freizeit und Erholung

8 Tourismus, Freizeit und Erholung

8.1 Erholungs- und Tourismusgebiete Begriff Tourismusgebiete im Sinne dieses Plans sind mehrere Gemeinden oder Gemeindeteile umfassende

Gebiete, die aufgrund ihrer landschaftlichen Attraktivität oder kulturhistorischen Sehenswürdigkeiten als touristische Zielgebiete eine entsprechende Infrastruktur aufweisen oder in denen eine solche entwickelt werden soll.

Karte Die Vorbehaltsgebiete Erholung sind in der Karte 14 „Raumnutzung“ ausgewiesen. Tourismusgebiete sind in Karte 17 „Erholung und Tourismus“ als „Gebiete mit bereits vorhandenem Touris-mus“ und als „Gebiete mit Eignung/Ansätzen für eine touristische Entwicklung“ ausgewiesen.

G 8.1.1 In Vorbehaltsgebieten Erholung soll gewässerbezogenen Erholungsformen in besonderem Maße Rechnung getragen werden. Die Erholungsnutzung soll dabei so erfolgen, dass Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft vermieden werden.

G 8.1.2 In „Gebieten mit bereits vorhandenem Tourismus“ sind unter Wahrung ihrer natur- und kultur-räumlichen Eigenarten sowie unter Berücksichtigung der begrenzten Belastbarkeit des Naturhaus-halts die räumlichen Voraussetzungen für den Tourismus als Wirtschaftsfaktor nachhaltig zu sichern und weiterzuentwickeln, wobei vorrangig ein qualitativer und bedarfsgerechter Ausbau der touristi-schen Infrastruktur erfolgen soll. Dazu sind insbesondere • das Angebot an ganzjährig nutzbaren Sport- und Freizeitmöglichkeiten sowie das kulturelle

Angebot in Anbindung an geeignete Siedlungen zu komplettieren oder zu erweitern sowie • die saisonal nutzbaren touristischen Angebote im Freiraum zu verbessern und ggf. zu erweitern.

G 8.1.3 In „Gebieten mit Eignung/Ansätzen für eine touristische Entwicklung“ soll der Tourismus als ergänzender Wirtschaftsfaktor weiterentwickelt werden. Dazu sollen die gebietsspezifischen Potenziale, insbesondere die für eine landschaftsbezogene naturnahe Erholung erlebniswirksamen Landschaftsteile und kulturhistorischen Besonderheiten, touristisch erschlossen werden. Eine ergänzende bedarfsgerechte touristische Infrastruktur soll schrittweise geschaffen werden.

Z 8.1.4 Das „Leipziger Neuseenland“ soll für eine touristische Nutzung unter Berücksichtigung weiterer Raumansprüche entwickelt und mit angrenzenden Tourismusgebieten vernetzt werden. Dazu sind eine abwechslungsreiche und erlebniswirksame Bergbaufolgelandschaft zu entwickeln und ge-meindeübergreifend vielfältige touristische Angebote, insbesondere für Wasser-, Aktiv- und Trend-sportarten zu schaffen.

G 8.1.5 Tourismusgebiete sind mit einem bedarfsgerechten Radwegenetz auszustatten, das weitestgehend bestehende Wege nutzt, an Haltepunkte des öffentlichen Personennahverkehrs anknüpft und ausge-wählte Beherbergungs-, Gastronomie- und Freizeitmöglichkeiten einbezieht. Dabei sollen themati-sche Radwander- und Rundrouten angelegt und fortgeführt werden.

Begründung zu 8.1 Erholungs- und Tourismusgebiete

Zu Grundsatz 8.1.1 Nach G 8.13 des LEP sollen in den Regionalplänen Gewässer oder Teile von Gewässern, an denen eine Neuerschließung bzw. Erweite-rung für die Erholungs- oder Sportnutzung grundsätzlich möglich ist, ausgewiesen werden. Der Plansatz wird durch die im Regionalplan, Karte 14 „Raumnutzung“ ausgewiesenen Vorbehaltsgebiete Erholung sowie durch die aus den Braunkohlenplänen in die Karte 14 „Raum-nutzung“ des Regionalplans nachrichtlich übernommenen Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Erholung konkretisiert.

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Regionalplan Westsachsen 2008 8 Tourismus, Freizeit und Erholung

Die im Regionalplan ausgewiesenen Vorbehaltsgebiete Erholung (am Kulkwitzer See und an der Kiesgrube Eilenburg) umfassen kleinflä-chige Gebiete, die entweder schon jetzt besondere Bedeutung für die Erholung haben oder aus regionalplanerischer Sicht besonders günstige Bedingungen für die Entwicklung von Erholungsfunktionen aufweisen.

Ausweisungskriterien: stehende Gewässer und deren Randbereiche mit regionaler Bedeutung für wassergebundene Erholungsformen außerhalb von Vor-

ranggebieten oberflächennahe Rohstoffe Die ausgewiesenen Vorbehaltsgebiete Erholung betreffen ausschließlich Teile von Seen und deren Randbereiche, so dass in den Gebie-ten vor allem die Erholungsnutzungen konzentriert werden sollen, die unmittelbar oder mittelbar an Wasser gebunden sind. Davon unbe-nommen soll ergänzende Erholungsinfrastruktur soweit wie möglich integriert werden. Die Erholungsnutzung soll dabei so erfolgen, dass die Wasserbeschaffenheit als grundlegende Voraussetzung für diese Nutzung nachhaltig gesichert und langfristig nicht nachteilig verän-dert wird.

Bei einer Beurteilung neuer erholungsrelevanter Einzelvorhaben in den Vorbehaltsgebieten Erholung ist auch die Bedeutung der Gewäs-ser für den Vogelschutz einzustellen; störungsintensive Erholungsformen in den Zeiten der Vogelrast sollen vermieden werden (vgl. Um-weltbericht, Kap. 2.2.5.2).

Zu Grundsatz 8.1.2 und G 8.1.3 Nach LEP, Z 8.3 ist in Tourismusgebieten, die sich in den vergangenen Jahren zunehmend etabliert haben (z. B. Dübener und Dahlener Heide, Muldental, Zschopautal, Kohrener Land), die für den Ausbau des Tourismus notwendige Infrastruktur einschließlich Verkehr vorzu-halten und qualitativ zu entwickeln. Sie können gemäß LEP (Begründung zu G 8.3) in den Regionalplänen überarbeitet und konkretisiert werden sowie Grundsätze und Ziele für die künftige Entwicklung formuliert werden. Die räumliche Konkretisierung des landesplanerischen Ziels erfolgt im Regionalplan durch Ausweisung von „Gebieten mit bereits vorhan-denem Tourismus“ und „Gebieten mit Eignung/Ansätzen für eine touristische Entwicklung“ in Karte 17 „Erholung und Tourismus“ sowie durch die Plansätze G 8.1.2, G 8.1.3, Z 8.1.4 und G 8.1.5.

Westsachsen verfügt aufgrund seiner reichhaltigen kulturhistorischen Ausstattung über vielfältige Potenzen zur Entwicklung von Erholung und Tourismus. Diese günstigen Voraussetzungen gilt es im Hinblick auf ihre wirtschaftliche Bedeutung zu sichern und unter Wahrung der kulturellen Eigenart und des Landschaftscharakters zu erhalten und ggf. zu verbessern. Ausgehend von dem vorhandenen Erholungspo-tenzial ist die räumliche Spezifik und Eigenart der Tourismusgebiete bei der Entwicklung von vorrangig landschaftsbezogenen Erholungs-formen zu beachten. Landschaftsbezogene Erholung umschreibt den Aufenthalt in naturnahen und vor allem störungsarmen Landschafts-bereichen und umfasst umwelt- und sozialverträgliche Erholungsaktivitäten, die insbesondere auf eine aktive Naturaneignung und prakti-sches Naturerleben ausgerichtet sind, wie z. B. Fuß- und Radwandern, Joggen, Reiten sowie das Schwimmen in Gewässern. Dabei sind Natur und Landschaft, als wichtigstes Kapital für die Erholungsnutzung, durch die Beachtung der Empfindlichkeit der Landschaft vor Über-lastungserscheinungen zu schützen.

Gebiete von ausreichender Größe, die eine hohe landschaftliche Attraktivität besitzen und eine gute infrastrukturelle Ausstattung aufwei-sen, sind für landschaftsbezogene Formen der Ferienerholung besonders geeignet. Zur Abgrenzung der in Karte 17 „Erholung und Touris-mus“ ausgewiesenen Tourismusgebiete wurden folgende Kriterien herangezogen:

Ausweisungskriterien: Gebiete mit sehr hoher und hoher landschaftlicher Erlebniswirksamkeit Gemeinden und Gemeindeteile mit einem hohen Ausstattungsgrad an erholungsrelevanter Infrastruktur (Beherbergungskapazitäten,

gastronomisches Angebot, ganzjährig nutzbare Einrichtungen und Sportanlagen, touristisches Angebot im Freiraum, kulturelles Ange-bot, Sehenswürdigkeiten)

regional bedeutsame Ruhegebiete/großflächig unzerschnittene störungsarme Räume naturschutzrechtlich ausgewiesene Gebiete, die vor allem der Sicherung und Entwicklung der landschaftlichen Voraussetzungen für

die Erholung dienen wie z. B. Teilbereiche des Naturparks Dübener Heide und Teile von Landschaftsschutzgebieten (LSG) mit beson-ders hochwertiger Naturausstattung (ohne Vorbelastungen)

Gebiete mit hohem Entwicklungspotenzial für Erholung und Tourismus (entstehende Seenlandschaften in der Bergbaufolgelandschaft)

Ausweisungsgrundlagen: Landschaftsbildbewertung (Fachbeitrag Naturschutz und Landschaftspflege zum Landschaftsrahmenplan Region Westsachsen) gemeindebezogene Erfassung der Erholungsinfrastruktur (Gemeindebefragung 2004 mit Aktualisierungen 2006) landesweit bedeutsame Tourismusgebiete traditionell in Westsachsen vorhandene Naherholungs- und Tourismusgebiete

Die auf dieser Grundlage bestimmten 14 Gebiete nehmen eine Fläche von ca. 95 250 ha ein, dies entspricht 21,6 % der Regionsfläche. Zwischen den Gebieten bestehen jedoch hinsichtlich ihrer infrastrukturellen Ausstattung und bezüglich ihrer aktuellen Bedeutung für den Tourismus Unterschiede. Als Gebiete, die sich für die Ferienerholung bereits etabliert haben und bereits touristische Bedeutung aufweisen, sind die folgenden Ge-biete zu benennen. Sie sind als „Gebiete mit bereits vorhandenem Tourismus“ in Karte 17 „Erholung und Tourismus“ ausgewiesen.

• Dahlener Heide • Kohrener Land • Freiberger Mulde/Zschopau • Dübener Heide • Muldental Grimma • Wermsdorfer Forst Mit dem Naturpark „Dübener Heide“ verfügt die Region über ein Alleinstellungsmerkmal im Planungsraum, dessen touristisch-wirtschaft-liche und siedlungspolitische Bedeutung in Zukunft zunehmen wird. Das Qualitätssiegel „Naturpark“ steht für eine qualitativ herausragende Natur- und Kulturlandschaft in Sachsen, in der Natur, Landschaft, Siedlung, Kultur und Tourismus über besondere Entwicklungschancen verfügen. Darüber hinaus gibt es Initiativen der Gemeinden in den Tourismusgebieten „Colditz-Glastener Forst“ und „Muldental Grimma“ sowie angrenzender Tourismusgebiete zur Gründung eines Naturparks „Muldenland“.

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Regionalplan Westsachsen 2008 8 Tourismus, Freizeit und Erholung

Weitere 8 Gebiete in Westsachsen weisen zwar eine besondere naturräumliche Eignung auf, ihre touristische Nutzung ist jedoch meist nur in Ansätzen vorhanden oder wird durch Naherholung wesentlich stärker geprägt. Darüber hinaus verfügen einige Gebiete in der Bergbau-folgelandschaft über ein großes Entwicklungspotenzial für eine künftige touristische Nutzung, das es auszubauen und zu entwickeln gilt (siehe dazu auch Begründung zu Z 8.1.4). Die nachfolgend benannten Gebiete sind als „Gebiete mit Eignung/Ansätzen für eine tou-ristische Entwicklung“ in Karte 17 „Erholung und Tourismus“ ausgewiesen.

• Beucha/Naunhof-Brandiser Forst • Hohburger Berge • Ostelbien • Colditz-Glastener Forst • Südraum Leipzig • Prellheide-Noitzscher Heide • Goitsche/Seelhausener See • Machern-Lübschützer Teiche Durch die Erarbeitung von zielgruppen-, orts- und landschaftsbezogenen Tourismus- und Erholungskonzepten ist unter verstärkter Berück-sichtigung des Anliegens der Barrierefreiheit eine differenzierte Entwicklung der einzelnen Gebiete zu befördern, um ihnen ein unverwech-selbares „Gesicht“ zu geben. Planungen und Maßnahmen, die in den Tourismusgebieten zu einer Beeinträchtigung der Belange von Erholung und Tourismus, insbesondere durch Lärm- und Schadstoffbelastungen sowie visuelle Beeinträchtigungen (z. B. Hochspannungs-leitungen, Windenergieanlagen), führen, sind zu vermeiden.

Die Tourismusgebiete weisen insbesondere Defizite in der Ausstattung mit ganzjährig nutzbaren Sport- und Freizeiteinrichtungen, wie z. B. Hallenbäder, Reit- und Tennishallen, auf und verfügen zumeist nur über ein eingeschränktes kulturelles Angebot. Die Attraktivität dieser Gebiete für Besucher, die einen längerfristigen Aufenthalt im Gebiet planen, lässt sich auf Dauer jedoch nur über ein ganzjährig nutzbares Angebot dieser Einrichtungen verbessern. Für die Einordnung/Ansiedlung witterungsunabhängiger Sport- und Freizeiteinrichtungen sowie von Kultureinrichtungen sind aufgrund ihres zumeist überörtlichen Einzugsbereichs die Zentralen Orte in oder am Rand der Tourismusge-biete geeignet.

Die Erschließung der Tourismusgebiete, z. B. durch Wander-, Rad- und Reitwege, trägt wesentlich zur Förderung einer naturbezogenen umweltverträglichen touristischen Nutzung in diesen Räumen bei. Die Schonung besonders wertvoller, von Störungen freizuhaltender Landschaftsteile – der Vorranggebiete Natur und Landschaft – erfordert eine wirksame Besucherlenkung im Umfeld dieser Bereiche. Ihre flächendeckende touristische Erschließung könnte insbesondere zur Verlärmung, zur Zerschneidung und damit zur Verinselung von Lebensräumen sowie zur Schädigung oder Zerstörung der Pflanzendecke (Trittbelastung) führen und damit irreversible Schädigungen von Flora und Fauna zur Folge haben. Zur Sicherung ausreichender zusammenhängender Ruhezonen für diese Gebiete sowie zum Schutz vor Beeinträchtigungen ihrer ökologischen Funktionen ist deshalb eine Erweiterung bzw. der Ausbau touristischer Angebote auf Räume außerhalb der Vorranggebiete Natur und Landschaft zu konzentrieren.

Zu Ziel 8.1.4 Das Ziel konkretisiert G 8.4 des LEP, wonach die Bergbaufolgelandschaft im Raum Leipzig hinsichtlich einer touristischen Nutzung zu ent-wickeln und mit angrenzenden Tourismusgebieten zu vernetzen ist. Das Leipziger Neuseenland birgt neben anderen Standortpotenzialen auch ein hohes Entwicklungspotenzial für Freizeit und Tourismus in sich. In dem Maße, wie die geplante Bergbaufolgelandschaft mit einer Vielzahl dicht beieinander liegender Seen, großer Waldgebiete und kleinräumig strukturierter Offenlandbereiche Gestalt annimmt, können Ansätze für eine touristische Nutzung geschaffen werden, die im Einklang mit Natur und Landschaft steht und einer jahrzehntelang „ausgebeuteten“ Region neue Entwicklungsimpulse verleiht. Dabei kommt es darauf an, das Gebiet des „Leipziger Neuseenlands“ im Zu-sammenhang zu betrachten und zu entwickeln. Infolge des anhaltenden kulturlandschaftlichen Wandels von einer intensiv bergbaulich geprägten Region hin zu einer vielgestaltigen Seenlandschaft erwachsen besonders neue Möglichkeiten für Anbieter von Dienstleistungen im Bereich der Freizeit- und Tourismuswirt-schaft. Im Ergebnis der fachlichen und politischen Meinungsbildung wird der Raum zwischen Bitterfeld (Goitzsche), Delitzsch („Nordraum Leipzig“), Leipzig und Borna („Südraum Leipzig“) fortan unter der Marketingbezeichnung „Leipziger Neuseenland“ zusammengefasst. Das Geiseltal ist an die Aktivitäten informell angebunden; die Gebietskulisse ist für eine Einbeziehung weiterer Akteure im Land Sachsen-Anhalt offen.

Die entstehende Seenlandschaft bietet Möglichkeiten zur Schaffung von Angeboten für Wasser-, Aktiv- und Trendsportarten (vgl. auch Begründung zu Z 8.3.4). Dabei sind die Belange von Natur und Landschaft, insbesondere des Arten- und Biotopschutzes, die Belange des Lärmschutzes, der EU-WRRL sowie des Hochwasserschutzes zu beachten. So ist die Erhaltung der Wasserbeschaffenheit eine grund-legende Voraussetzung für alle Nutzungen, speziell an den hochwertigen und daher touristisch attraktiven Tagebauseen.

Zu Grundsatz 8.1.5 Tourismusgebiete sollen für Touristen vielfältige Möglichkeiten bieten, sich das Gebiet mit dem Rad auf natur- und umweltverträgliche Weise zu erschließen. Dabei soll den unterschiedlichen Bedürfnissen der Erholungsuchenden Rechnung getragen werden, indem Ange-bote für Ausflüge, Wochenendtouren und Kurzurlaube vorgehalten und Radrouten an Haltepunkte des schienengebundenen Nahverkehrs angebunden werden. Eine Einbeziehung von Jugendherbergen, Campingplätzen oder anderen Beherbergungsmöglichkeiten sowie Gast-stätten und Freizeitmöglichkeiten in das Radnetz ist insbesondere für Mehrtagesaufenthalte oder Radfernreisen wichtig. Thematische Rad-routen ermöglichen es, das Spezifische des Tourismusgebiets zu betonen und erlebbar werden zu lassen. Dabei können sowohl his-torische als auch kulturelle und landschaftsbezogene Aspekte thematisiert werden. Bei der weiteren Radwegenetzplanung ist die am 08.11.2005 beschlossene Radverkehrskonzeption für den Freistaat Sachsen zugrunde zu legen. Bereits abgestimmte überregionale Radwegeführungen mit den benachbarten Planungsregionen sind dabei zu berücksichtigen (vgl. auch Begründung zu Kap. 10.7).

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Regionalplan Westsachsen 2008 8 Tourismus, Freizeit und Erholung

8.2 Tourismusschwerpunkte Begriff Tourismusschwerpunkte im Sinne dieses Plans sind Gemeinden oder Gemeindeteile, die aufgrund ihrer

besonderen Ausstattung mit kulturhistorischen Sehenswürdigkeiten oder landschaftlich attraktiven Anzie-hungspunkten in der Umgebung sowie einer auf spezielle Funktionen ausgerichteten oder zu entwickelnden Infrastruktur touristische Zielpunkte von regionaler oder überregionaler Bedeutung darstellen bzw. zu solchen entwickelt werden sollen.

Karte Die Tourismusschwerpunkte sind als Schwerpunkte des Städtetourismus, als Gemeinden mit besonderer Gemeindefunktion „Fremdenverkehr“ sowie als „Gemeindeteile mit touristischer Ausstattung“ in der Karte 17 „Erholung und Tourismus“ ausgewiesen.

Z 8.2.1 Die Funktion der Stadt Leipzig als landesweit bedeutsamer Schwerpunkt des Städtetourismus ist durch die Erhöhung der Attraktivität der Innenstadt, die Entwicklung neuer kultureller Projekte, die Profilierung periodisch wiederkehrender Großveranstaltungen und den Ausbau des Geschäfts- und Kongresstourismus zu stärken. Vorhandene oder entstehende Angebote in den angrenzenden Tourismusgebieten sind mit denen der Stadt Leipzig zu vernetzen.

Z 8.2.2 Die Renaissancestadt Torgau als landesweit bedeutsamer Schwerpunkt des Städtetourismus soll durch die Bewahrung und Pflege ihres kulturhistorisch wertvollen Stadtkerns und durch die Ent-wicklung eines hochwertigen kulturellen Angebots unter Einbeziehung des Gestüts Graditz ent-wickelt werden und zur Stärkung des Tourismus im strukturschwachen Ländlichen Raum beitragen.

Z 8.2.3 Die Städte Colditz, Grimma und Leisnig sollen durch den Erhalt ihrer wertvollen städtebaulichen Strukturen und kulturellen Einrichtungen sowie den Ausbau des touristischen Angebots in den Innenstädten zu regional bedeutsamen Schwerpunkten des Städtetourismus entwickelt werden.

Z 8.2.4 In den Gemeinden mit besonderer Gemeindefunktion „Fremdenverkehr“ Bad Düben, Bad Lausick, Dahlen, Kohren-Sahlis und Naunhof soll die tourismusbezogene infrastrukturelle Ausstattung unter Beachtung siedlungs- und landschaftsräumlicher Bedingungen und Erfordernisse gesichert und qualitativ weiterentwickelt werden. In Bad Düben und Bad Lausick sollen kurortspezifische Einrichtungen und Anlagen komplettiert und unter Nutzung natürlich vorkommender Heilmittel die Voraussetzungen für ein hohes Niveau der medizinisch-therapeutischen Behandlung sowie für ein attraktives Kurortmilieu mit hohem umwelt-hygienischem Standard geschaffen werden.

G 8.2.5 Die „Gemeindeteile mit touristischer Ausstattung“ sollen durch den bedarfsgerechten Ausbau ihrer touristischen Infrastruktur, die Erhaltung und Pflege ihrer kulturhistorischen Sehenswürdigkeiten und der landschaftlichen Besonderheiten in ihrer Umgebung sowie eine attraktive Ortsbildgestal-tung in ihrer Funktion gestärkt werden.

Begründung zu 8.2 Tourismusschwerpunkte

Zu Ziel 8.2.1 und Ziel 8.2.2 Gemäß LEP, Z 8.6 sollen die Städte Leipzig und Torgau in ihrer internationalen Attraktivität als Tourismusschwerpunkte – Städtetourismus durch die Erhaltung ihrer besonderen kulturhistorischen Sehenswürdigkeiten und kulturellen oder sportlichen Einrichtungen sowie durch den Ausbau von Veranstaltungsangeboten gestärkt werden. Die touristischen Angebote in den Innenstadtbereichen sollen entsprechend den modernen Anforderungen ausgebaut werden.

Die Stadt Leipzig bietet dafür mit ihrem kulturellen Angebot von internationalem Rang (Gewandhaus, Oper, Thomanerchor etc.), als Messe- und Geschäftsmetropole, als „Stadt des Buches und des Sports“ und nicht zuletzt mit ihrer Vielzahl von kunst- und kultur-historischen Sehenswürdigkeiten hervorragende Voraussetzungen. Um neue Akzente zu setzen und neben den anderen landesweit be-deutsamen Schwerpunkten des Städtetourismus ein unverwechselbares Profil zu entwickeln, soll die Stadt Leipzig entsprechend ihren Potenzialen die genannten Entwicklungsrichtungen (u. a. durch die Ausrichtung regelmäßig wiederkehrender Kulturveranstaltungen mit internationaler Ausstrahlung sowie von Musik- und Kulturtagen mit Festivalcharakter) besonders fördern und damit auch einen Beitrag zur

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Regionalplan Westsachsen 2008 8 Tourismus, Freizeit und Erholung

Erhöhung der Attraktivität der Innenstadt leisten. Dabei ist als Besonderheit zu beachten, dass sich der innerstädtische Gewässertouris-mus zunehmend zu einer touristischen Attraktion entwickelt und sich z. B. die kulturellen Angebote der Stadt Leipzig in räumlicher Nähe zur Freizeit- und Erholungslandschaft der ehemaligen Tagebaugebiete befinden. Diese Aspekte sind bei der weiteren touristischen Ent-wicklung durch entsprechende Kooperationen zu berücksichtigen.

Die Stadt Torgau ist mit ihrer historischen Altstadt als ein Flächendenkmal von internationaler Bedeutung sowie mit ihrer reizvollen Lage in der Elbauenlandschaft zwischen Dübener und Dahlener Heide besonders geeignet, den Tourismus als Wirtschaftsfaktor im struktur-schwachen Ländlichen Raum der Region zu stärken. Insbesondere der Ort Graditz bietet als viel besuchtes Ausflugsziel mit dem Gestüt und seiner über 300-jährigen Tradition in der Pferdezucht sowie als einziges in dieser Form noch erhaltenes Gestütsdorf einen attraktiven Ansatzpunkt für die Entwicklung von Freizeit und Tourismus im ostelbischen Raum.

Zu Ziel 8.2.3 Neben den landesweit bedeutsamen Schwerpunkten des Städtetourismus stellen die Städte Colditz, Grimma und Leisnig aufgrund ihrer kulturhistorisch wertvollen, meist denkmalgeschützten Stadtkerne, vorhandener dominanter Bauwerke u. a. Sehenswürdigkeiten sowie aufgrund ihrer landschaftlich attraktiven Umgebung regional bedeutsame Schwerpunkte des Städtetourismus dar. Sie sind Anziehungs-punkte für Besucher aus der Region und über die Regionsgrenze hinaus. Durch einen Komplex von Maßnahmen, der u. a. den Erhalt und Ausbau touristischer und kultureller Angebote sowie die Verbesserung des Stadtbilds umfasst, soll die Bewahrung oder Verbesserung der Aufenthaltsqualität für Gäste und damit das „Gesamterlebnis Stadt“ weiter befördert werden.

Ausweisungskriterien: − Lage innerhalb von Tourismusgebieten im „Tal der Burgen“ (vgl. Karte 17 „Erholung und Tourismus“) − Vorhandensein regional bedeutsamer, städtebaulich und kulturhistorisch wertvoller Bauten − Ausstattung mit einer hohen Anzahl von Beherbergungskapazitäten (> 2 Betten/100 Einwohner) − Vorhandensein eines vielfältigen kulturellen Angebots

Ausweisungsgrundlagen: − siehe Ausweisungsgrundlagen für Tourismusgebiete (Begründung zu G 8.1.2)

Zu Ziel 8.2.4 Die Gemeinden mit besonderer Gemeindefunktion „Fremdenverkehr“ Bad Düben, Bad Lausick, Dahlen, Kohren-Sahlis, Markkleeberg und Naunhof sind im Ziel 2.4.4 und in Karte 1 sowie in Karte 17 des Regionalplans ausgewiesen.

In Ausformung des LEP, G 8.9 sind in Westsachsen die Städte Bad Düben und Bad Lausick als traditionsreiche, staatlich anerkannte Kurorte zu erhalten und zu entwickeln. Bad Düben (Moorheilbad) weist mit seinem Moorbad insbesondere Möglichkeiten zur Behandlung von Erkrankungen des Bewegungsapparats auf, während Bad Lausick (Mineralheilbad) durch den Bau neuer moderner Kureinrichtungen speziell für die Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie für Erkrankungen des Nervensystems und des Bewegungsapparats hervorragende Möglichkeiten bietet.

Neben der Schaffung von entsprechenden Kur- und Erholungseinrichtungen und der Nutzung vorhandener natürlicher Heilmittel (Heilwas-ser- bzw. Moorvorkommen) ist in diesen Städten vor allem eine abgestimmte komplexe Stadtentwicklung, die sich auf die Sanierung der Innenstädte und die Komplettierung der Infrastruktur orientiert, notwendig. Darüber hinaus befindet sich in der Stadt Bad Lausick eine Heil-quellenschutzzone (Beschluss von 1913).

Die gemäß der Bekanntmachung des SMWA über die Liste der Sächsischen Kur- und Erholungsorte nach § 3 Abs. 5 SächsKurG vom 09.02.2006 staatlich anerkannten Erholungsorte in Westsachsen − Stadt Belgern − Stadt Dahlen, Gemeindeteil Schmannewitz − Wermsdorf, Gemeindeteil Wermsdorf sind in Karte 17 „Erholung und Tourismus“ nachrichtlich dargestellt. Sie sollen in ihrer besonderen Funktion weiter gestärkt werden.

Zu Grundsatz 8.2.5 Ausgehend von der natürlichen Erholungseignung der Landschaft, den kultur- und kunsthistorischen Besonderheiten, der vorhandenen Erholungsinfrastruktur (z. B. Gaststätten, Beherbergungseinrichtungen), der historisch wertvollen Bausubstanz und dem ausgeprägten Brauchtum haben sich in der Region „Gemeindeteile mit touristischer Ausstattung“ entwickelt. Sie stellen bereits vorhandene örtliche Tourismus- und Erholungsschwerpunkte in Tourismusgebieten dar und sind deshalb in ihrer Funktion weiter zu stärken.

Ausweisungskriterien: − Lage in oder am Rand von Tourismusgebieten außerhalb von Gemeinden mit besonderer Gemeindefunktion „Fremdenverkehr“ − Beherbergungskapazitäten mit > 3 Betten/100 Einw. (ohne Campingplätze und Jugendherbergen) − hohe Ausstattung mit erholungsrelevanter Infrastruktur (insbesondere Beherbergungskapazitäten, gastronomisches Angebot, ganz-

jährig nutzbare Sporteinrichtungen, Sport- und Tourismusangebot im Freiraum, kulturelles Angebot, Sehenswürdigkeiten) Darüber hinaus wurden bei Nichterfüllung eines Kriteriums solche Orte zusätzlich ausgewiesen, die über ein hohes touristisches Entwick-lungspotenzial verfügen bzw. überregional bedeutsame kulturhistorische Sehenswürdigkeiten besitzen.

Ausweisungsgrundlagen: − siehe Ausweisungsgrundlagen für Tourismusgebiete (Begründung zu G 8.1.2)

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Regionalplan Westsachsen 2008 8 Tourismus, Freizeit und Erholung

Die in Tab. 8-1 benannten Gemeindeteile sind als „Gemeindeteile mit touristischer Ausstattung“ in Karte 17 „Erholung und Tourismus“ aus-gewiesen. Beim Ausbau der touristischen Infrastruktur in diesen örtlichen Tourismusschwerpunkten ist auf eine organische Einfügung in das Orts- und Landschaftsbild besonderer Wert zu legen.

Tab. 8-1: „Gemeindeteile mit touristischer Ausstattung“

Gemeindeteil Gemeinde Staatlich anerkannter Erholungsort Lage in oder am Rand des Tourismusgebiets Belgern Belgern, Stadt X Dahlener Heide; Ostelbien Bucha Cavertitz - Dahlener Heide Dommitzsch Dommitzsch, Stadt - Dübener Heide Frauwalde Falkenhain - Dahlener Heide Hohburg Hohburg - Hohburger Berge Höfgen Grimma, Stadt - Muldental Grimma Kössern Großbothen - Muldental Grimma Löbnitz Löbnitz - Goitsche/Seelhausener See Machern Machern - Machern-Lübschützer Teiche Markkleeberg Markkleeberg, Stadt - Südraum Leipzig Meltewitz Falkenhain - Wermsdorfer Forst Schildau Schildau, Stadt - Dahlener Heide Schöna Cavertitz - Dahlener Heide Wermsdorf Wermsdorf X Wermsdorfer Forst

8.3 Thematische Tourismusangebote Karte Die Gebietskulissen für die thematischen Tourismusangebote „Tal der Burgen“, „Mitteldeutsche Straße der

Braunkohle“, „Touristischer Gewässerverbund Region Leipzig“, „Mühlenregion Nordsachsen“, „Obstland“ und „Völkerschlacht bei Leipzig 1813“ sind in der Karte 17 „Erholung und Tourismus“ dargestellt.

G 8.3.1 Markante kulturhistorische Sehenswürdigkeiten wie Sakralbauten, Burgen und Schlösser, Guts- und Herrenhäuser, Parkanlagen sowie bedeutende technische Denkmale sollen als touristische Anzie-hungspunkte und als prägende Elemente der Kulturlandschaft erhalten werden.

G 8.3.2 Das „Tal der Burgen“ soll so entwickelt werden, dass die prägenden Burgen, Schlösser und Herren-häuser mit ihren wertvollen Parkanlagen saniert und touristisch nutzbar gemacht werden.

G 8.3.3 Im Braunkohlenplangebiet Westsachsen soll die „Mitteldeutsche Straße der Braunkohle“ ausge-staltet und unter Berücksichtigung der Anknüpfungspunkte in die Nachbarländer Sachsen-Anhalt und Thüringen weiterentwickelt werden. Geeignete Sachzeugen des Braunkohlenbergbaus sollen erhalten und für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Z 8.3.4 Für die Entwicklung des „Touristischen Gewässerverbunds Region Leipzig“ sind die Voraus-setzungen zu schaffen. Dazu sind • geeignete Fließgewässer des Elster-Pleiße-Luppe-Auensystems, Tagebaurestseen der Bergbau-

folgelandschaft des „Leipziger Neuseenlands“ und Stadtlandschaften unter Beachtung wasser-wirtschaftlicher, ökologischer und ökonomischer Erfordernisse miteinander zu verknüpfen,

• die wassertouristisch relevante Infrastruktur zu verbessern sowie • wassertouristische Angebote mit Fremdenverkehrsangeboten und kulturellen Angeboten zu

koppeln.

Der individuelle und organisierte Bootsverkehr auf den Gewässern ist durch räumliche, zeitliche oder organisatorische Maßnahmen so zu gestalten, dass Beeinträchtigungen von Natur und Land-schaft ausgeschlossen bzw. so gering wie möglich gehalten werden.

Ausgehend vom „Leipziger Wasserknoten“ mit dem Stadthafen sind gewässertouristisch nutzbare Verbindungen über den Cospudener bis zum Zwenkauer See, über den Markkleeberger bis zum Störmthaler See, über den Karl-Heine-Kanal bis zum Elster-Saale-Kanal und bis zum Auensee sowie die Verbindung zwischen Seelhausener See und Großem Goitzschesee vorrangig zu realisieren.

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Regionalplan Westsachsen 2008 8 Tourismus, Freizeit und Erholung

G 8.3.5 In der „Mühlenregion Nordsachsen“ sollen Sachzeugen der sächsischen Mühlenbaukunst und des Müllerhandwerks als touristische Anziehungspunkte und prägende Elemente der Kulturlandschaft erhalten und erlebbar gemacht werden.

G 8.3.6 Das traditionsreiche „Obstland“ soll mit seinem Angebot an kulinarischen Spezialitäten unter Einbeziehung touristischer Angebote im Umfeld gestärkt und entwickelt werden.

G 8.3.7 Das Tourismusangebot „Völkerschlacht bei Leipzig 1813“ ist mit den Schwerpunkten Erlebnis- und Bildungstourismus weiter auszubauen. Dazu sollen die im Zusammenhang mit den historischen Ereignissen stehenden Bauwerke und Gebiete erhalten und touristisch erschlossen werden.

Begründung zu 8.3 Tourismusschwerpunkte

Zu Grundsatz 8.3.1 Westsachsen verfügt über eine Fülle von Kulturdenkmalen, die als Spuren sächsischer Geschichte das Gesicht unserer Kulturlandschaft prägen und darüber hinaus von hohem kunst- und kulturhistorischem Wert sind. Die historisch gewachsene Siedlungsstruktur Westsach-sens ist in der Landschaft durch die Dominanten von Kirchtürmen und Burgen, durch die prägnanten Silhouetten von Schlössern und Herrenhäusern einschließlich der dazugehörigen Parkanlagen sowie durch komplette unverwechselbare Stadtbilder erlebbar. Aber auch Relikte historischer Landnutzungen wie der Teichwirtschaft, dem Mühlenwesen, dem Bergbau und dem Wasserbau und der Entwicklung von Verkehrswegen, prägen als Landschaftselemente oder technische Denkmale das Landschaftsbild der Region. So besitzt West-sachsen z. B. mit mehr als 150 Schlössern und Herrenhäusern, 7 Burgen, 3 Klöstern, zahlreichen Parkanlagen und mehr als 200 erhalte-nen historischen Wind-, Wasser- und Industriemühlen eine Vielfalt an Sehenswürdigkeiten von hohem kunst- und kulturhistorischen sowie technischem Wert. Als Spuren sächsischer Geschichte prägen sie das Gesicht der Kulturlandschaft und werden als beliebte Ausflugsziele von der Be-völkerung angenommen. Ihr Erhalt als touristische Anziehungspunkte ist deshalb im Einklang mit denkmalpflegerischen Aspekten zu unterstützen. Zahlreiche regionale Projekte greifen das Anliegen der Erhaltung regional bedeutsamer Kulturlandschaften und Kulturland-schaftselemente sowie ihre touristische Entwicklung bereits auf. Dazu gehören neben den in den Plansätzen 8.3.2 bis 8.3.7 benannten Thematischen Tourismusangeboten z. B. auch folgende Initiativen:

„Mitteldeutsche Kirchenstraße“ Das überregional bedeutsame Projekt beinhaltet im Rahmen eines Gesamtkonzepts die Einbindung von Kirchen zwischen Elbe und Fläming als kulturhistorische Sehenswürdigkeiten und ihre touristische Erschließung durch ein ausgeschildertes Radwegenetz. Dazu wurde die Kirche in Wörblitz (Landkreis Torgau-Oschatz) als Informations- und Veranstaltungszentrum ausgestaltet und im Jahr 2003 die Kirche in Weßnig bei Torgau zur ersten deutschen Radfahrerkirche ernannt.

„Sächsische Parkträume“ Durch die ILE-Gebiete „Sächsisches Zweistromland“ und „Westlausitzer Heidebogen“ wird gegenwärtig ein touristisches Produkt ent-wickelt, das den Aufbau eines sächsischen Gartennetzwerks, welches mit den „Gartenträumen“ in Sachsen-Anhalt vergleichbar ist, zum Ziel hat. Dazu wird eine Route in Sachsen entwickelt, in die sich Parkanlagen von Herrenhäusern und Schlössern integrieren. Es wird eine aktive Vermarktung des Produkts „Sächsische Parkträume“ aufgebaut, wozu die Erarbeitung eines Marketingkonzepts, die Ausbildung von Gästeführern und Kooperationen mit anderen Regionen zählen.

„Geopark“ Auf Initiative der LEADER+-Region „Sächsisches Zweistromland“ soll im historisch und aktuell durch den Gesteinsabbau geprägten Gebiet zwischen den Ortslagen Thallwitz, Hohburg, Falkenhain und Schildau ein „Geopark“ mit überregionaler Ausstrahlung entwickelt werden, mit dem Ziel, die vorhandenen geologischen, historischen und archäologischen Besonderheiten für den Geotourismus in dieser Region im Zusammenhang zu erschließen. Durch das Leader-Gebiet „Leipziger Muldenland" ist eine Fortführung dieser Initiative und eine verstärkte Zusammenarbeit mit angrenzenden Aktionsräumen (z. B. Leader-Gebiet „Land des Roten Porphyr“, Südraum Leipzig) vorgesehen.

Zu Grundsatz 8.3.2 Das „Tal der Burgen“, das in Westsachsen entlang von Freiberger, Zwickauer und Vereinigter Mulde verläuft, dokumentiert durch seine be-eindruckende Vielfalt landschaftsprägender, kunst- und kulturhistorisch wertvoller Baudenkmale im Verlauf der Mulden Spuren sächsischer Geschichte und macht sie für Touristen erlebbar. Dabei gilt es, schwerpunktmäßig die prägenden Schlösser, Herrenhäuser und Burgen (wie z. B. die Burgen Düben und Mildenstein sowie die Schlösser Colditz, Podelwitz, Trebsen, Nischwitz, Thallwitz, Püchau, Zschepplin und Hohenprießnitz) mit ihren z. T. großflächigen wertvollen Parkanlagen im Gesamtverlauf der Mulde zu bewahren und leer stehende An-lagen ggf. touristisch zu nutzen bzw. zumindest teilweise öffentlich zugänglich zu machen.

Die Muldenaue selbst soll durch eine Erholungsnutzung nicht in ihrem ökologischen Wert beeinträchtigt und deshalb nicht weiter durch Straßen und Wege zerschnitten und erschlossen werden. Sie ist als Vorranggebiet Natur und Landschaft ausgewiesen und stellt zwischen Wurzen und der Landesgrenze zu Sachsen-Anhalt einen Landesschwerpunkt für Naturschutz und Landschaftspflege dar. Zugleich ist bei der Ausgestaltung des Grundsatzes auf den nachfolgenden Planungsebenen zu beachten, dass die Auen von Freiberger, Zwickauer und Vereinigter Mulde als FFH- bzw. SPA-Gebiete von europäischer Bedeutung für den Arten- und Biotopschutz sind.

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Regionalplan Westsachsen 2008 8 Tourismus, Freizeit und Erholung

Die sich aus der Bedeutung vieler Parkanlagen für den Arten- und Biotopschutz, den Denkmalschutz, das Landschaftsbild sowie die Erho-lung ergebenden Konflikte zwischen Natur- und Denkmalschutz, z. B. bei der Regenerierung überalterter Gehölzbestände, der Alleen-sanierung oder denkmalpflegerischen Restaurierungsmaßnahmen, sind nur im Einzelfall, in Abhängigkeit vom denkmalpflegerischen Wert der Anlage und ihrer spezifischen Bedeutung für den Arten- und Biotopschutz bzw. das Landschaftsbild, zu entscheiden.

Zu Grundsatz 8.3.3 Die Region Westsachsen wird durch eine über 300-jährige Bergbaugeschichte und eine ca. 1850 begonnene Braunkohlenindustrieent-wicklung vor allem im Südraum Leipzig geprägt. Sie haben unter Inanspruchnahme „gewachsener“ Kulturlandschaften durch ihre Sach-zeugen in Form von Halden, Restlöchern, Schacht- und sonstigen baulichen Anlagen (vgl. Fachbeitrag Naturschutz und Landschafts-pflege zum Landschaftsrahmenplan Region Westsachsen, Kap. 2.6) selbst zu einer Überprägung der Kulturlandschaft geführt. Aktuell tragen dazu auch der aktive Bergbau sowie die Ergebnisse der Braunkohlensanierung seit 1990 maßgeblich in Form von Tagebauseen, neuen Landmarken und Naturrefugien bei. Diese Geschichte sowie den derzeit ablaufenden Struktur- und Landschaftswandel gilt es, durch die Schaffung und Sicherung von Angeboten für interessierte Touristen im Sinne „thematischer Touren“ entlang der „Mitteldeutschen Straße der Braunkohle“ nachvollziehbar und erlebbar zu machen. Dazu sollen kulturhistorische Sehenswürdigkeiten mit geeigneten berg-baubezogenen Sachzeugen und Einrichtungen (z. B. ausgewählte Industriebauten, Tagebaugroßgeräte, Aussichtspunkte und Infra-struktureinrichtungen), mit kulturellen Angeboten verschiedenster Art sowie mit Erholungsbereichen im Freiraum verknüpft werden. Die Hauptrouten innerhalb der Planungsregion Westsachsen sowie die Übergangspunkte in die benachbarten Länder Sachsen-Anhalt und Thüringen sind in Karte 17 „Erholung und Tourismus“ dargestellt.

Seit 1998 verkehrt auf einer 14 km langen Strecke der ehemaligen Kohleverbindungsbahn zwischen Meuselwitz (Freistaat Thüringen) und Regis-Breitingen die touristisch genutzte „Kohlebahn“. Für die durch den Betreiberverein in Abstimmung mit den Kommunen Regis-Breitingen, Deutzen, Lobstädt (zum damaligen Zeitpunkt noch selbständige Gemeinde) und Borna favorisierte Verlängerungsoption nach Borna bzw. eine mögliche Streckenalternative in Richtung Neukieritzsch-Zwenkau liegen derzeit keine Grundlagen für eine konkrete Trassenfestlegung im Regionalplan Westsachsen vor. Eine Realisierung des Vorhabens als Maßnahme zur Erhöhung des Folgenutzungsstandards nach § 4 VA Braunkohlesanierung (Voraussetzung: Budgetverfügbarkeit) würde grundsätzlich im Einklang mit den regionalplanerischen Zielen und Grundsätzen zur Tourismusentwicklung in der Region stehen.

Zu Ziel 8.3.4 Entsprechend G 8.8 des LEP soll der Wasser- und Aktivtourismus als touristisches Spezialangebot in dafür geeigneten Gebieten ausge-baut und entwickelt werden. Dafür bieten sich nach G 8.4 LEP die Bergbaufolgelandschaften mit ihrem großen Potenzial an vorhandenen und entstehenden Tagebaurestseen im Raum Leipzig an. Diese gilt es, im Rahmen des regional bedeutsamen Projekts „Touristischer Ge-wässerverbund Region Leipzig“ mit geeigneten Fließgewässern in der Stadt Leipzig und ihrem Umland zu verknüpfen und für den Wasser-tourismus nutzbar zu machen. Dabei soll, aufbauend auf eine mehr als 150-jährige wassertouristische Tradition der Stadt Leipzig, die Attraktivität des Gewässerverbunds durch Einbeziehung städtisch geprägter Bereiche und kultureller Angebote in der Stadt Leipzig sowie die Schaffung einer qualitativ hochwertigen wassertouristischen Infrastruktur erhöht werden. Die Entwicklung des „Touristischen Gewäs-serverbunds Region Leipzig“ ist zugleich ein Schlüsselprojekt des Grünen Rings Leipzig.

Dazu wurde im Auftrag des Grünen Rings Leipzig, des Kommunalen Forums Südraum Leipzig, der Stadt Leipzig und der LMBV mbH das „Wassertouristische Nutzungskonzept Region Leipzig“ (1. Phase, Stand 09/2005) erarbeitet. Im Ergebnis einer Eignungs- und Empfindlich-keitsbewertung der Stand- und Fließgewässer für den Wassertourismus, in die u. a. ihre wassertouristische Attraktivität, die Verträglichkeit dieser Nutzung mit Belangen des Arten- und Biotopschutzes (u. a. NATURA-2000-Verträglichkeit), die Anforderungen der EU-WRRL (u. a. Gewässerstruktur, Wasserdargebot) sowie rechtliche Aspekte eingingen, wurden 7 Kurse für eine bootstypenspezifische wassertouristi-sche Nutzung konzipiert (siehe Tab. 8-2). Diese ergeben ein Netz von ca. 200 km nutzbaren Wasserwegen. Daraus wurde der „Leitplan Gewässerverbund 2015 Region Leipzig“ entwickelt, der mit einzelnen kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen schrittweise umgesetzt werden soll. Der „Leitplan Gewässerverbund 2015 Region Leipzig“ ist einschließlich der Ergebnisse der für das „Wassertouristische Nutzungskonzept Region Leipzig“ durchgeführten „NATURA-2000-Verträglichkeitsuntersuchungen – 2. Phase“ (Stand: 02/2007) nach-richtlich in die Karte 17 „Erholung und Tourismus“ des Regionalplans übernommen.

Tab. 8-2: Wassertouristische Nutzbarkeit der Kurse des „Gewässerverbunds Region Leipzig“

Kurs Verlauf Bootstypen 1 Stadthafen, Oberer Elstermühlgraben, Elsterflutbett, Pleißeflutbett, Pleiße,

Floßgraben, Cospudener See, Zwenkauer See Kanu, Ruderboot (teilweise), LeipzigBoot*, Segelboote und Fahrgastschiffe (Seen)

1a Stadthafen, Oberer Elstermühlgraben, Elsterflutbett, Weiße Elster, regulierte Weiße Elster, Zwenkauer See, Weiße Elster Richtung Pegau

Kanu, LeipzigBoot* und Ruderboot (teilweise)

2 Stadthafen, Oberer Elstermühlgraben, Weiße Elster, Karl-Heine-Kanal, Lindenauer Hafen, Elster-Saale-Kanal

Kanu, Ruderboot, LeipzigBoot*, kleine Fahrgastschiffe

3 Stadthafen, Alte Elster/Elstermühlgraben, Untere Weiße Elster bis Saale Kanu, LeipzigBoot* (bis Auensee) 4 Stadthafen, Alte Elster, Neue Luppe, Weiße Elster Kanu, Ruderboot (teilweise), LeipzigBoot* 5/5a Stadthafen, Oberer Elstermühlgraben, Elsterflutbett, Pleißeflutbett, Pleiße,

Markkleeberger See, Störmthaler See/5a Kleine Pleiße Kanu, Ruderboot (teilweise), LeipzigBoot*, Segelboote und Fahrgastschiffe (Seen)

6 Stadthafen, Oberer Elstermühlgraben, Elsterflutbett, Pleißeflutbett, Pleiße, Hainer See

Kanu, Ruderboot und LeipzigBoot* (teilweise), Segelboote und Fahrgastschiffe (Seen)

7 Stadtkurs: Stadthafen, Oberer Elstermühlgraben, Elsterflutbett, Weiße Elster, Stadtelster

Kanu, Ruderboot, LeipzigBoot*, kleine Fahrgastschiffe

* oder andere Bootstypen, die die gleichen Parameter wie das LeipzigBoot aufweisen (Tiefgang, Ausmaße, Wellenbildung, innovativer Antrieb)

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Regionalplan Westsachsen 2008 8 Tourismus, Freizeit und Erholung

Als Schlüsselkurse, deren vorrangige Realisierung zur Umsetzung des Gesamtkonzepts von entscheidender Bedeutung ist, werden die Kurse 1 Stadthafen-Pleiße-Floßgraben-Cospudener See-Zwenkauer See, 2 Stadthafen-Karl-Heine-Kanal-Lindenauer Hafen-Elster-Saale-Kanal, 5 Stadthafen-Pleiße-Markkleeberger See-Störmthaler See und 7 Stadtkurs sowie im Nordraum Leipzig die Verbindung zwischen Seelhausener See und Großem Goitzschesee angesehen.

Für die Herstellung des „Touristischen Gewässerverbunds Region Leipzig“ sind dafür an geeigneten Stellen die gelände- und wasser-haushaltsseitigen Voraussetzungen im Zuge der Braunkohlensanierung zu schaffen. Darüber hinaus ist eine Vielzahl von Einzelmaß-nahmen erforderlich, die z. B. den Bau des Stadthafens Leipzig, den Bau von wassertouristischen Anlagen (Schleusen, Bootspässe, Um-trageeinrichtungen) sowie den Gewässerausbau umfassen.

Zur Erhöhung der Attraktivität des „Touristischen Gewässerverbunds Region Leipzig“ wird langfristig die Anbindung des Elster-Saale-Kanals an die Saale angestrebt. Diese Anbindung macht den Neubau eines ca. 8,8 km langen Gewässeranschnitts erforderlich. Dazu bedarf es weitergehender Untersuchungen und einer Abstimmung zwischen dem Freistaat Sachsen, dem Land Sachsen-Anhalt und dem Bund.

Zur Vermeidung von Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft sind räumliche, zeitliche bzw. organisatorische Maßnahmen zur Len-kung des individuellen und organisierten Bootsverkehrs zu ergreifen. Dazu sind die Ergebnisse und Maßgaben der Untersuchungen „Was-sertouristisches Nutzungskonzept Region Leipzig“ (1. und 2. Phase) durch die benannten Maßnahmen, wie z. B. Beschränkung der Boots-typennutzung auf einzelnen Fließgewässerabschnitten, wasserwirtschaftliche Steuerungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen und zeitliche Reglementierung der Bootsnutzung auf einzelnen Gewässerabschnitten, umzusetzen. Bei der Errichtung von neuen Bauwerken im Zuge der Herstellung des „Touristischen Gewässerverbunds Region Leipzig“ ist die Durchgängigkeit der Wasserläufe für Fließgewässerorganis-men zu gewährleisten. Aber auch durch die Entwicklung des LeipzigBoots, als ein an die spezifischen Bedingungen der Leipziger Fließge-wässer angepasstes Mehrpersonenboot, sowie die Zulassung von Bootstypen mit vergleichbaren Parametern ist die Umweltverträglichkeit der wassertouristischen Nutzung zu gewährleisten.

Zu Grundsatz 8.3.5 Historische Mühlen prägen als Zeugnisse gewerblicher Nutzungen die Kulturlandschaft der Region. Sie gelten als eine der ältesten Formen der Energiegewinnung. Insbesondere der Nordteil der Region Westsachsen ist durch eine große Anzahl überwiegend gut erhal-tener historischer Wind- und Wassermühlen geprägt.

Die Verbreitungsschwerpunkte erhaltener Wassermühlenstandorte in Westsachsen befinden sich insbesondere an der Weißen Elster und ihren Zuflüssen Schnauder, Elstermühlgraben und Profener Elstermühlgraben, an der Vereinigten Mulde und der Zwickauer Mulde, an der Freiberger Mulde und ihren Zuflüssen Polkenbach und Schanzenbach, an Zschopau, Jahna, Döllnitz und Dahle sowie im Kohrener Land an Wyhra, Maus und Ratte. In Westsachsen ist eine erhebliche Anzahl von Windmühlen erhalten geblieben bzw. instand gesetzt oder rekonstruiert worden. Dabei konzentriert sich sowohl die historische als auch die aktuelle Verbreitung der Windmühlen auf den Norden der Region, der circa zwei Drittel aller Windmühlenstandorte aufweist. In Westsachsen sind dabei die verschiedensten Windmühlentypen verbreitet, die zum einen die Geschichte des Mühlenbaus in Mitteldeutschland dokumentieren und zum anderen die Vielfalt dieser histori-schen Nutzungsform deutlich machen.

Historische Mühlen sind als besonders markante Elemente der Kulturlandschaft zu erhalten. Ihre touristische Nutzbarmachung kann einen wesentlichen Beitrag zu ihrer Bewahrung, zur Erhöhung der Attraktivität des Ländlichen Raums für die Erholung und darüber hinaus für die Verbreitung von Kenntnissen zur Mühlengeschichte, zum Müllerhandwerk und zur Mühlenbaukunst leisten sowie zur Verbreitung spezieller Traditionen und Bräuche beitragen.

Die „Mühlenregion Nordsachsen“ ist ein Tourismusangebot, das bereits die Standorte von 24 Wind-, Wasser- und Industriemühlen mitein-ander verbindet und durch zwei thematische Radwanderrouten in den Landkreise Delitzsch und Torgau-Oschatz erschlossen ist. Der Erhalt und die Nutzbarmachung der alten Mühlen als touristische Anziehungspunkte sind im Einklang mit denkmalpflegerischen Aspekten weiter zu unterstützen.

Zu Grundsatz 8.3.6 Das „Obstland“ umfasst im Gebiet der Gemeinden Bockelwitz, Sornzig-Ablaß und Thümmlitzwalde sowie der Stadt Leisnig großflächige Obstplantagen sowie moderne Lager- und Verarbeitungskapazitäten. Das Gebiet verfügt über eine mehr als 800 Jahre alte Obstbau-tradition. Die wichtigsten Produkte der „Obstland“-Region sind Früchte, Säfte und Obstweine, die unter dem Markennamen „Sachsenobst“ weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt sind.

Das Gebiet selbst verfügt in der näheren und weiteren Umgebung über viele Sehenswürdigkeiten (z. B. prunkvolle Burgen, Schlösser, Kirchen und Bürgerhäuser aus allen Kunst- und Kulturepochen der vergangenen Jahrhunderte) sowie über ein gut ausgebautes Rad- und Wanderwegenetz und eine Vielzahl von Reiterhöfen. Das touristische Angebot der „Obstland“-Region umfasst Busrundfahrten, Plantagen-wanderungen, Picknicktouren, Naturexkursionen per Fuß, Rad, Pferd und Boot. Wellness-Bäder, Früchte-Fasten und Gesundheitskuren runden das Angebot der „Obstland“-Region ab. Diese speziellen Angebote gilt es im Zusammenhang mit den Angeboten des Umlands weiterzuentwickeln.

Zu Grundsatz 8.3.7 Das Tourismusangebot „Völkerschlacht bei Leipzig 1813“ leistet als ergänzendes touristisches Angebot im Rahmen der Vermarktung historischer Stätten der Völkerschlacht einen wichtigen Beitrag zur Unterstützung des Tourismus in der Region. Anliegen dieses Angebots

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Regionalplan Westsachsen 2008 8 Tourismus, Freizeit und Erholung

ist es, insbesondere für geschichtlich Interessierte und Erlebnisurlauber durch die Aufbereitung historischer Ereignisse und Begebenheiten Geschichte erlebbar zu machen.

Dazu gehören u. a. der Ausbau bzw. die Neuschaffung der notwendigen touristischen Infrastruktur, die Durchführung von Veranstaltungen (Biwak), die Instandsetzung von Bauwerken und Denkmalen sowie die Durchführung von Ausstellungen, Festen, historischen Märkten etc. Darüber hinaus wird neben der Darstellung militärischer Ereignisse auch dem Gedenken der Opfer der Völkerschlacht sowie der Doku-mentation der Leiden der Bevölkerung z. B. durch den Aufbau eines Lazarettmuseums in Seifertshain entsprochen. Die touristische Basis bilden historische Vereine, Pferdehöfe mit speziellem historischen Angebot, Gaststätten in historischem Ambiente, Gästeführer mit spezieller Weiterbildung sowie Hotels und Pensionen mit thematischem Pauschalangebot. 12 Apelsteine kennzeichnen die Stellungen auf dem Südlichen Schlachtfeld, das Völkerschlachtdenkmal in Leipzig und 15 weitere Einzeldenkmale zur Völkerschlacht sind im Gebiet vor-handen, ca. 40 Gebäude sind als unmittelbar mit der Völkerschlacht im Zusammenhang stehend bekannt bzw. erhalten. 3 Museen (Liebertwolkwitz, Markkleeberg, Seifertshain) informieren über die spezifische Geschichte der Völkerschlacht bei Leipzig. Eine Fläche von ca. 1 000 ha des Kampfgebiets von 1813 zwischen Liebertwolkwitz, Wachau, Güldengossa, Störmthal und Großpösna ist als Flächen-denkmal gesichert. Die von diesem touristischen Projekt ausgehenden Impulse, insbesondere für das örtliche Handwerk und Gewerbe bzw. für Dienstleis-tungsunternehmen, sind weiter zu unterstützen.

8.4 Sport- und Freizeitanlagen, touristische Infrastruktur Karte Die Radfernwege und Regionalen Hauptradrouten des „SachsenNetz Rad“ sowie die Fernreitrouten des

Sächsischen Fernreitroutennetzes sind in Karte 17 „Erholung und Tourismus“ dargestellt.

Hinweis Festlegungen zum Radverkehr sind im Kapitel 10.7 enthalten.

Z 8.4.1 Die Stadt Leipzig soll als national bedeutsames Zentrum des Sports ausgebaut werden.

Z 8.4.2 Die Voraussetzungen zur Ausübung des Luftsports sollen auf den Flugplätzen Oschatz, Taucha, Böhlen, Roitzschjora und Torgau-Beilrode erhalten werden.

Z 8.4.3 Die Motorradrennstrecke „Frohburger Dreieck“ soll als überregional bedeutsame Spezialsportanlage erhalten werden.

Z 8.4.4 Raumbedeutsame, überörtlich ausgerichtete Tennisanlagen als Kombination von Hallen und Frei-anlagen sowie Squashhallen sollen in Anbindung an das Oberzentrum und die Mittelzentren sowie an geeignete Tourismusschwerpunkte erfolgen. Sie sollen in ihrer Größe den jeweiligen Siedlungs-funktionen und der Gebietscharakteristik angepasst werden.

Z 8.4.5 Golfanlagen sollen bedarfsgerecht bevorzugt an geeigneten Standorten des Kooperationsraums Leipzig angelegt werden. Dabei soll eine Inanspruchnahme von Waldflächen vermieden werden.

Z 8.4.6 Im Elbeverlauf ist auf die Schaffung und Entwicklung von Einrichtungen des Wassertourismus unter Beachtung der Belange von Natur und Landschaft, des Hochwasserschutzes und der Schifffahrt hinzuwirken.

Z 8.4.7 Der Kanupark am Markkleeberger See soll als national bedeutsame Sportstätte gestärkt werden.

Z 8.4.8 Die Galopprennbahn Scheibenholz soll für den Reitsport gesichert werden.

G 8.4.9 Die ehemalige Trabrennbahn Panitzsch soll wieder einer Nutzung als Reitsportanlage zugeführt werden.

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Regionalplan Westsachsen 2008 8 Tourismus, Freizeit und Erholung

G 8.4.10 Das bestehende Reitwegenetz soll gesichert und auf der Grundlage des landesweiten Reitwege-konzepts ausgebaut werden. Dabei sollen die landesweiten Fernreitrouten um regionale und über-örtliche Reitrouten unter Einbindung reittouristischer Angebote ergänzt werden.

G 8.4.11 Reiterhöfe sollen harmonisch in die Landschaft eingebunden werden und unter Ausschluss ökolo-gisch sensibler Gebiete über ein ausreichendes und ausgeschildertes Netz an Reitwegen verfügen.

Z 8.4.12 Wochenendsiedlungen sollen vorrangig in ihrer Erholungsfunktion erhalten werden. Ihre Umwand-lung in Wohngebiete ist nur dann zulässig, wenn sie direkt an geeignete Siedlungen angebunden sind. Dabei ist ihr offener und stark durchgrünter Charakter zu erhalten.

Begründung zu 8.4 Sport- und Freizeitanlagen, touristische Infrastruktur

Zu Ziel 8.4.1 Das Oberzentrum Leipzig gilt als eine Stadt des Sports. In mehr als 300 Sportvereinen und -verbänden sind mehr als 60 000 Mitglieder in 78 Sportarten aktiv. Als traditionelle Sportarten werden dabei in Leipzig Fechten, Fußball, Geräteturnen/Gymnastik, Handball, Hockey, Judo, Kanu/Rudern, Leichtathletik, Radsport, Ringen, Sportschießen, Sportschwimmen, Tennis und Volleyball betrieben. Zunehmend finden auch neuere Sporttrends wie asiatische Kampfsportarten, Rollschuh-Skating, Street-Soccer, Skateboard u. a. Interessenten.

Vor allem das Zentralstadion, die ARENA Leipzig, das Bruno-Plache-Stadion, der Alfred-Kunze-Sportpark, die Radrennbahn, die Galopp-rennbahn Scheibenholz und der Schützenhof haben über die Stadt Leipzig hinaus regionale und überregionale Bedeutung. Das Bruno-Plache-Stadion wird für den Trainings- und Punktspielbetrieb des 1. FC Lokomotive Leipzig e. V. genutzt. Der Alfred-Kunze-Sportpark dient dem Trainings- und Punktspielbetrieb des FC Sachsen e. V. Die Radrennbahn ist die einzige Trainings- und Wettkampfstätte für Bahnradsport in Leipzig. Sie hat traditionell überregionale Bedeutung bis hin zur Austragung internationaler Radsportveranstaltungen. Der Schützenhof besitzt für den Schießsport als Leistungszentrum regionale und überregionale Bedeutung.

Die genannten Sportstätten weisen überwiegend einen hohen Sanierungsbedarf auf. Stellenweise sind auch Erweiterungen oder Neu-bauten der Anlagen zu prüfen. Dabei liegt der Erhalt der Sportstätten an sich im regionalen Interesse.

Zu Ziel 8.4.2 Gemäß Ziel 10.5.2 sind die Flugplätze Böhlen und Roitzschjora als Verkehrslandeplätze der allgemeinen Luftfahrt mit lokaler Bedeutung zu sichern. Verkehrslandeplätze sind in der Regel auch für den Luftsport zugelassen. Diese Funktion für Sport und Freizeit soll mit dem Ziel 8.4.2 für die genannten Verkehrslandeplätze auch weiterhin erhalten werden. Der Luftsport kann dabei mit allen Arten von Luftfahr-zeugen bis 5,7 t Abfluggewicht (Motorflugzeuge, Hubschrauber, Segelflugzeuge, Motorsegler, Ballons), Luftsportgeräten (Ultraleichtflug-zeuge, Hängegleiter, Gleitschirme, Fallschirme) und Flugmodellen ausgeübt werden, wobei die jeweilige Hauptfunktion des Landeplatzes gewahrt und die Vorrangfunktionen im Umland des Landeplatzes beachtet werden müssen (z. B. Vermeidung von Beeinträchtigungen benachbarter Vorranggebiete Natur und Landschaft).

Die Sonderlandeplätze Torgau-Beilrode, Oschatz und Taucha haben vorwiegend Bedeutung für den Luftsport. Diese Funktion soll regio-nalplanerisch langfristig gesichert werden, wobei auch hier die Vorrangfunktionen im Umland des Landeplatzes beachtet und dement-sprechend z. B. Beeinträchtigungen von Vorranggebieten Natur und Landschaft mit Vorkommen extrem störungsempfindlicher Vogelarten zu vermeiden sind (vgl. auch Begründung zu Ziel 10.5.2).

Zu Ziel 8.4.3 Die Motorradrennstrecke „Frohburger Dreieck“ hat überregionale Bedeutung, d. h., sie ist regelmäßig im festen Terminkalender überregio-nal bedeutsamer Sportveranstaltungen verankert und soll als Sportstätte der Region erhalten werden. Da die Motorradrennstrecke öffent-liche Straßen nutzt, ist deren Benutzung für Motorradrennen Voraussetzung für den Fortbestand der Rennstrecke.

Zu Ziel 8.4.4 Das Ziel gilt für Tennis- und Squashanlagen, die aufgrund ihrer Größenordnung über die Gemeinde hinaus wirken und damit von regiona-ler Bedeutung sind. Sport- und Freizeiteinrichtungen, die auf den örtlichen Bedarf ausgerichtet sind, sind grundsätzlich in jeder Gemeinde zulässig.

Eine Tennishalle mit 2 Spielfeldern hat nach den städtebaulichen Orientierungswerten der DOG-Richtlinien und den „Daten zur Raum-planung“ von 1989 einen Einzugsbereich von 28 000-32 000 Einwohnern (bei 1 Spielfeld 14 000-16 000 EW), eine Squashhalle mit einem Spielfeld deckt den Bedarf für 11 000-15 000 Einwohner ab, so dass insbesondere bei Kombinationen überörtliche, regional bedeutsame Auswirkungen möglich sein können, die eine regionalplanerische Steuerung der Planung derartiger Freizeitanlagen erfordern. Gemäß Ziel 8.4.4 sollen raumbedeutsame Tennis- und Squashanlagen deshalb als Spezialsportstätten an Mittelzentren oder an das Oberzentrum gebunden werden. Nach Einzelfallprüfung können sie auch in Grundzentren errichtet werden, wenn der Einzugsbereich der Anlage mit dem grundzentralen Verflechtungsbereich übereinstimmt.

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Eine weitere Möglichkeit stellt die Anbindung raumbedeutsamer Tennis- und Squashanlagen an geeignete Tourismusschwerpunkte dar. Tourismusschwerpunkte sind die im Kapitel 8.2 und Karte 17 „Erholung und Tourismus“ ausgewiesenen Schwerpunkte des Städtetouris-mus, Gemeinden mit besonderer Gemeindefunktion „Fremdenverkehr“ sowie „Gemeindeteile mit touristischer Ausstattung“. Dabei ist die Eignung von Tourismusschwerpunkten in Abhängigkeit von − der Siedlungsgröße sowie den siedlungsstrukturellen Verflechtungsbeziehungen und dem Einzugsbereich der Anlage und − der Gebietstypik und der ökologischen Tragfähigkeit der Landschaft zu prüfen. Überdimensionierte sowie zur Siedlung unproportionale und die jeweilige Gebietstypik beeinträchtigende Anlagen sollen prin-zipiell vermieden werden.

Zu Ziel 8.4.5 Aufgrund der Bevölkerungskonzentration und der Bedarfsnachfrage, aber auch der Bedeutung der Freiraumsicherung und -gestaltung im Prozess der Suburbanisierung handelt es sich bei dem im Ziel genannten Kooperationsraum Leipzig um einen regionalplanerischen Vorzugsraum zur Anlage von Golfplätzen. Der Kooperationsraum Leipzig ist in Karte 5 dargestellt. Geeignete Standorte des Kooperationsraums Leipzig umfassen dabei insbesondere Standorte außerhalb von Vorranggebieten Natur und Landschaft, Waldmehrung sowie Landwirtschaft bzw. Standorte, die diese Vorrangfunktionen nicht beeinträchtigen, erhebliche Beeinträch-tigungen von Oberflächengewässern und Grundwasser ausschließen und zugleich Aspekte der Verkehrserschließung und funktionsräum-lichen Vernetzung berücksichtigen.

Golfanlagen sind großflächige Freizeiteinrichtungen, für deren raumordnerische Beurteilung die Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung „Großflächige Freizeiteinrichtungen in der Raumordnung und Landesplanung“ vom 14.02.1992 wesentliche Grundlagen liefert.

Zu Ziel 8.4.6 Entsprechend G 8.8 des LEP soll der Wasser- und Aktivtourismus als touristisches Spezialangebot in dafür geeigneten Gebieten ausge-baut und entwickelt werden. Die Elbe als regional bedeutsame Flusslandschaft, die sich regionsübergreifend sowohl im Norden nach Sachsen-Anhalt als auch im Süden in das attraktive Elbtal in Richtung Dresden fortsetzt, bietet sich für eine touristische Nutzung an. Die Elbe verfügt über beste Voraussetzungen für die Entwicklung des Wassersports und des Wassertourismus, insbesondere für Wasser-wanderer. Die raumverträgliche Entwicklung des Bootstourismus entlang der Elbe stellt eine sinnvolle Erweiterung der vorhandenen touristischen Nutzungen, wie dem Wander- und Radtourismus, dar und ist unter Beachtung der fachspezifischen Belange möglich.

Dazu sollen in geeigneten Bereichen Anlagen der wassertouristischen Infrastruktur (z. B. Bootsanlegestellen, Rastplätze), insbesondere für den muskelbetriebenen Wasserwandertourismus, geschaffen werden. Dabei sind Synergieeffekte im Zusammenhang mit dem Radtou-rismus auf dem Elberadweg zu nutzen (z. B. Rastplätze, Gaststätten, Übernachtungsmöglichkeiten) und Angebote mit denen benachbarter Tourismusgebiete zu verknüpfen.

Geeignete Bereiche umfassen dabei insbesondere Standorte in Zentralen Orten, Standorte außerhalb von Vorranggebieten Natur und Landschaft sowie von Vorranggebieten vorbeugender Hochwasserschutz und Standorte, die diese Vorrangfunktionen nicht beeinträch-tigen, erhebliche Beeinträchtigungen von Flora und Fauna sowie Oberflächengewässern ausschließen und zugleich Aspekte der Ver-kehrserschließung berücksichtigen.

Zu Ziel 8.4.7 Der 2007 fertiggestellte Kanupark am Markkleeberger See entspricht in seinem Ausbaustandard den Olympiastrecken von Sydney (2000), Athen (2004) und Beijing (2008) und ist damit die einzige Anlage ihrer Art in Deutschland, die über Trainings- und Wettkampfbedingungen auch für Welt- und Europameisterschaften verfügt. Der durch seine Nähe zu den Städten Leipzig und Markkleeberg sowie durch seine günstige Lage zur Bundesautobahn A 38 auch verkehrsseitig gut angebundene Kanupark bietet darüber hinaus eine Vielzahl von neuen Freizeitmöglichkeiten, so dass er ein Alleinstellungsmerkmal innerhalb des „Leipziger Neuseenlands“ bildet.

Zu Ziel 8.4.8 und Grundsatz 8.4.9 Die Galopprennbahn Scheibenholz ist derzeit die einzige für den Pferdesport funktionsfähige Anlage der Region. Die ehemalige Trabrenn-bahn Panitzsch soll aus regionalplanerischer Sicht vorrangig wieder einer Nutzung als Pferdesportanlage zugeführt werden, da sie und die Galopprennbahn Scheibenholz die einzigen Sportstätten dieser Art in der Region darstellen und die Trabrennbahn Panitzsch als kleinste Anlage dieser Art in Ostdeutschland auch eine Besonderheit ist. Reitsport im Sinne des Ziels umfasst dabei nicht nur Pferderennen, sondern reitsportliche Aktivitäten allgemein.

Zu Grundsatz 8.4.10 und Grundsatz 8.4.11 Für den Freistaat Sachsen liegt nunmehr ein überregionales Fernreitwegenetz vor. Dieses Netz der Fernreitrouten, das in Karte 17 „Erho-lung und Tourismus“ nachrichtlich übernommen ist, ist zu erhalten sowie durch ein Netz von regionalen Routen und überörtlichen Wegen unter Einbindung von reittouristischen Angeboten (z. B. zertifizierte Reiterhöfe, Reiterferienhöfe und Reiterraststationen) sowie von Ausflugszielen weiter zu vernetzen.

Aktiver Pferdesport wird im Bundesdurchschnitt von 1 % der Bevölkerung ausgeübt. Dazu kommt jedoch eine Vielzahl von Erholung-suchenden, die gelegentlich Angebote der Reit- und Fahrtouristik und des Pferdesports in Anspruch nehmen. Nicht immer sind Reiterhöfe jedoch harmonisch in die Landschaft eingefügt. Infolge der Mehrfachnutzung von Wegen durch Wanderer, Radfahrer und Reiter sind Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft sowie Konflikte zwischen Wanderern und Reitern vorprogrammiert. Um derartigen Konflik-ten vorzubeugen, soll einer unkoordinierten Wegebenutzung durch Erarbeitung von Reitwegekonzepten, die auf einer grundsätzlichen

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Trennung touristischer Nutzungen aufbauen müssen, entgegengewirkt werden. Dabei sind sowohl die Belange der Erholung als auch die Belange des Naturschutzes sowie der Forst- und Landwirtschaft zu berücksichtigen. Beeinträchtigungen störungs- oder trittempfindlicher, für den Arten- und Biotopschutz besonders wertvoller Bereiche sind durch Einhaltung ausreichender Abstände von Reitwegen prinzipiell zu vermeiden. Aus Umfragen ist bekannt, dass ca. 80 % aller Reiter 1 bis 2 Stunden im Gelände sind, sodass die Länge eines Reitwegs mindestens 10 bis 12 km betragen müsste, für einen zweistündigen Ritt sogar 20 bis 25 km. Eine Trennung von Reit- und Wanderwegen ist dort zweck-mäßig, wo ein hohes Reiteraufkommen und eine Konzentration von Wanderern und Erholungsuchenden zu verzeichnen ist.

Bei der Neuplanung von Reiterhöfen soll die Planung und Abstimmung der Reitwege gleichzeitig und im Einklang mit der Planung der Baulichkeiten und zugehörigen Grünflächen erfolgen. Die Reiterhöfe sollten durch regionale Reitwege an die Fernreitrouten Sachsens angeschlossen werden.

Zu Ziel 8.4.12 Westsachsen verfügt mit einer Vielzahl größerer Wochenendsiedlungen über ein umfangreiches Angebot an eigengenutzten Ferien-häusern (Zweitwohnungen), welches noch durch das vielfältige Angebot an Kleingärten ergänzt wird. Wochenendsiedlungen liegen zu-meist in landschaftlich attraktiven Gebieten und dienen vorwiegend der Erholung von Bewohnern des stärker belasteten Verdichtungs-raums Leipzig sowie von städtischen Konzentrationen.

Eine Umwandlung von Wochenendsiedlungen zu Wohngebieten bringt vielfach gravierende Erschließungsprobleme und Konflikte bezüg-lich der fehlenden Ausstattung mit Einrichtungen der Daseinsvorsorge mit sich. Zugleich sind Eingriffe in die zumeist landschaftlich sehr sensiblen Gebiete und damit Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu erwarten. Wochenendsiedlungen sollen deshalb in der Region nur dann und in den Teilen umgewandelt werden, wenn sie direkt an geeignete Siedlungen angebunden sind. Sie sollen dann unter Wahrung ihres offenen und stark durchgrünten Charakters einer geordneten städtebaulichen Entwicklung zugeführt werden.

Geeignete Siedlungen im Sinne des Ziels sind insbesondere Versorgungs- und Siedlungskerne Zentraler Orte, die durch eine hohe Ein-wohnerkonzentration und günstige Bedingungen hinsichtlich der infrastrukturellen Erschließung und der Ausstattung mit Einrichtungen der Daseinsvorsorge gekennzeichnet sind.

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Regionalplan Westsachsen 2008 9 Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft

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9.1 Landwirtschaft Karte Die Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Landwirtschaft sind in der Karte 14 „Raumnutzung“ ausgewiesen.

G 9.1.1 Die Landwirtschaft soll in der Region unter Beachtung der Belastbarkeit des Naturhaushalts so erhalten und entwickelt werden, dass sie nachhaltig ihre Aufgaben • zur Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln und der Wirtschaft mit Rohstoffen, • zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen, • zur Kulturlandschaftspflege und Erholungsvorsorge sowie • zur Gewinnung erneuerbarer Energien wahrnehmen kann.

Z 9.1.2 Auf die Schaffung regionaler Produktions- und Vermarktungsstrukturen ist hinzuwirken.

Z 9.1.3 Die Flächen und Baukörper stillgelegter Anlagen der Landwirtschaft sollen bei Anbindung an geeig-nete Siedlungen nachgenutzt werden. Sofern die Anbindung nicht gegeben und eine Nachnutzung nicht möglich oder zweckmäßig ist, ist auf den Rückbau der Anlagen hinzuwirken.

Z 9.1.4 Es ist darauf hinzuwirken, den Obstanbau, insbesondere in den Gebieten Dürrweitzschen/Sornzig-Ablaß/Leisnig und Roitzsch-Körlitz, dauerhaft zu erhalten, flächenmäßig zu erweitern sowie durch den Aufbau neuer oder durch die Modernisierung vorhandener Lager- und Verarbeitungskapazitäten zu stärken. Dabei soll der Obstanbau umweltgerecht erfolgen und eine qualitative Beeinträchtigung des Grundwassers ausgeschlossen werden.

Z 9.1.5 Landwirtschaftliche Nutzflächen in ökologisch sensiblen oder hoch belasteten Räumen wie „Gebie-ten mit Anhaltspunkten für schädliche stoffliche Bodenveränderungen“ sowie auf Grenzertrags-standorten oder Flächen mit Bewirtschaftungserschwernissen wie „Braunkohlenbergbaubedingten Grundwasserwiederanstiegsgebieten“ sollen vorrangig extensiv bewirtschaftet oder in Wald umge-wandelt werden.

Z 9.1.6 Auf die Erhaltung und den Ausbau des ökologischen Landbaus als eigenständige und Ressourcen schonende Bewirtschaftungsform ist hinzuwirken. Der ökologische Landbau soll in ökologisch sen-siblen Räumen, insbesondere in Kern- und Randzonen von naturschutzfachlich wertvollen Gebieten und in Wasserschutzgebieten sowie in Bereichen hoher Grundwasserverschmutzungsempfindlich-keit, befördert werden.

Z 9.1.7 Ackerland in Überschwemmungsgebieten von Fließgewässern soll in Grünland umgewandelt oder in geeigneten Bereichen aufgeforstet werden.

G 9.1.8 In strukturarmen Fluren sollen durch die Landwirtschaftsbetriebe erosionsmindernde acker- und pflanzenbauliche Maßnahmen durchgeführt werden, Flurelemente und Ackerraine erhalten und ggf. neu angelegt werden oder standortgerechte Erstaufforstungen erfolgen.

G 9.1.9 Im Rahmen der Flurneuordnung sollen bei der Neugestaltung des landwirtschaftlichen Wegenetzes neben der bedarfsgerechten und bodenschutzorientierten Erschließung landwirtschaftlicher Fluren verstärkt die Wander-, Rad- und Reitwegenetzkonzeptionen berücksichtigt werden.

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Regionalplan Westsachsen 2008 9 Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft

Z 9.1.10 Auf die Erhaltung vorhandener Produktionsstandorte der Tierhaltung ist unter Beachtung künftiger Markt- und Absatzbedingungen sowie ökologischer Erfordernisse hinzuwirken.

Begründung zu 9.1 Landwirtschaft

Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Landwirtschaft Die Landwirtschaft ist mit einem Anteil von zwei Drittel an der Gesamtfläche die Hauptlandnutzungsform in Westsachsen. Sie ist damit ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor und prägt als wichtigster Gestalter der Kulturlandschaft „das Gesicht der Region“. Böden mit einer hohen natürlichen Fruchtbarkeit, die damit über die günstige Voraussetzungen für eine landwirtschaftliche Nutzung verfügen, nehmen mehr als die Hälfte der Fläche der Region Westsachsen ein. Nach LEP, Z 9.1 sollen in den Regionalplänen regional bedeutsame Flächen für die landwirtschaftliche Produktion als Vorrang- und Vor-behaltsgebiete Landwirtschaft gesichert werden. Dabei sind vorrangig die im LEP, in Karte 8 dargestellten Gebiete mit Bodenwertzahlen über 50 zu konkretisieren. Gebiete mit Bodenwertzahlen über 70 sind zudem von besonderer Bedeutung für den Bodenschutz.

In Verbindung mit einem vorhandenen Absatzmarkt für landwirtschaftliche Produkte, dem hohen Qualifikationsniveau der landwirtschaft-lichen Arbeitskräfte sowie traditionellen Spezialisierungen der Betriebe bestehen insbesondere in den Vorrang- und Vorbehaltsgebieten Landwirtschaft gute Voraussetzungen für den Erhalt der Landwirtschaft in der Region. Neben der Produktionsfunktion ist die freiraum-sichernde Funktion der Landwirtschaft für Westsachsen von besonderer Bedeutung. Durch die Bewirtschaftung und Gestaltung eines großen Flächenanteils in der Region leistet sie insbesondere im Verdichtungsraum einen wichtigen Beitrag zur Offenhaltung klimatisch wertvoller Bereiche, trägt zur Erholungsvorsorge sowie im Rahmen einer umweltgerechten Landwirtschaft zum Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen bei. Die Sicherung ausreichend großer Flächen als Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Landwirtschaft ist deshalb eine wesentliche Voraussetzung zur Erfüllung ihrer Funktionen.

Ausweisungskriterien: zur Ausweisung von Vorranggebieten zusammenhängende Gebiete (> 5 ha) mit Bodenwertzahlen über 70 außerhalb

- von Gebieten mit Bewirtschaftungserschwernissen durch Hangneigungen > 12 % sowie - von Gebieten mit sehr hohem Beeinträchtigungsrisiko des Grundwassers gegenüber (Schad-)Stoffeinträgen

zur Ausweisung von Vorbehaltsgebieten Gebiete mit Bodenwertzahlen über 70 mit sehr hohem Beeinträchtigungsrisiko des Grundwassers gegenüber (Schad-)Stoffeinträgen Gebiete mit Bodenwertzahlen zwischen 50 und 70 außerhalb von Gebieten mit Bewirtschaftungserschwernissen durch Hangneigun-

gen > 12 %

Ausweisungsgrundlagen: Bewertung der natürlichen Fruchtbarkeit von Böden auf Grundlage der Bodenübersichtskarte (BÜK200) des Freistaats Sachsen

(Bodenbewertungsinstrument, LFUG: Stand 10/2005) Fachbeitrag Naturschutz und Landschaftspflege zum Landschaftsrahmenplan Region Westsachsen

Der Boden ist die wichtigste Produktionsgrundlage der Landwirtschaft. Der Erhalt seiner natürlichen Ertragsfähigkeit ist deshalb von exis-tenzieller Bedeutung für die Landwirtschaft. Insbesondere der Versiegelungsdruck ist so zu steuern, dass das hohe natürliche Produktions-potenzial der Böden, insbesondere für die Landwirtschaft, erhalten bleibt.

Die Sicherung der natürlichen Ertragsfähigkeit der Böden wird vor allem durch eine standortgerechte und bodenschonende Bewirtschaf-tung gewährleistet. Eine solche Bewirtschaftung trägt auch zur Verhinderung bzw. Minimierung von Bodenerosion und -verdichtung bzw. zur Vermeidung von Kontaminationen des Grund- und Oberflächenwassers durch Dünge- und Pflanzenschutzmittel bei und damit auch zur Verhinderung eines weiteren Artenrückgangs. Vielseitige und vielgliedrige Fruchtfolgen können darüber hinaus zum Erhalt eines reich-haltigen Arteninventars in Agrarökosystemen beitragen. Eine umweltgerechte, an den natürlichen Lebensgrundlagen orientierte Landwirt-schaft ermöglicht eine Pflege und Bewirtschaftung der Fluren, die die natürlichen Lebensgrundlagen (Boden, Wasser, Luft) erhält und verbessert.

Vorranggebiete Landwirtschaft zeichnen sich durch sehr hohe Bodengüten aus, die eine hohe Ertragsfähigkeit gewährleisten. Die Land-wirtschaft hat in diesen Gebieten aufgrund der natürlichen Gegebenheiten die besten Produktionsbedingungen. Der Entzug dieser Flächen z. B. für den Rohstoffabbau, für Bebauung im Sinne von Besiedlung (gemäß Begründung zu Z 5.1.10) oder Fotovoltaik-Freiflächenanlagen ist deshalb auszuschließen.

Kleinere naturnahe Aufforstungen, in der Regel bis ca. 3 ha bei kompakter Ausformung, tragen zur nachhaltigen landwirtschaftlichen Nutz-funktion dieser Gebiete bei und sind insofern mit der Vorrangausweisung vereinbar. Sie können somit indirekt über günstige Wirkungen wie Windberuhigung, Erosionsschutz, Erhöhung des Retentionsvermögens etc. zum Erhalt des landwirtschaftlichen Ertragspotenzials beitragen.

Zu Grundsatz 9.1.1 Die Landwirtschaft als Hauptlandnutzungsform Westsachsens wird auch künftig ein wesentlicher Faktor innerhalb des Wirtschaftsgefüges der Region bleiben. Die Erfüllung landschaftspflegerischer Aufgaben durch die Landwirtschaft als Voraussetzung für die Erhaltung und Gestaltung der Kulturlandschaft wird auch unter dem Aspekt des Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen stärkere Bedeutung erhal-ten. Dabei sind insbesondere die Anforderungen nach § 1c Abs. 3 Nr. 2 und 5 SächsNatSchG zur Biotopvernetzung und nachhaltigen Bodennutzung zu beachten. Die Landwirtschaft steht somit vor der Aufgabe, auf der Grundlage der allgemeinen Rahmenbedingungen sowie der natürlichen und ökonomischen Standortfaktoren Formen der Landnutzung zu finden, die die Erzeugung marktorientierter Produkte höchster Qualität auf ökologisch verträgliche Art und Weise ermöglichen.

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Für eine rationelle Landbewirtschaftung ist eine Agrarstruktur weiterzuentwickeln, die durch gleichberechtigt nebeneinander existierende vielfältige Betriebs- und Rechtsformen unterschiedlicher Größenordnung gekennzeichnet ist.

Die Landwirtschaft kann künftig einen zunehmenden Anteil an der umweltverträglichen Energiegewinnung aus nachwachsenden Rohstof-fen, Verwertung von Biomasse, Wirtschaftsdüngern u. Ä., Holz sowie Sonnenenergie übernehmen und damit zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes beitragen. Ziel ist weiterhin die Entwicklung eines zusätzlichen Standbeins für den Landwirt als „Energiewirt“. Dabei sind die Festlegungen in den Kapiteln 11.2 und 11.3 zu beachten.

Zu Ziel 9.1.2 Zur Begründung für den Plansatz wird auf die Begründungen zu den Plansätzen G 6.1.2, G 3.1.6 und G 5.3.1 verwiesen.

Zu Ziel 9.1.3 Seit 1990 wurden insbesondere außerhalb von Siedlungen oder am Siedlungsrand gelegene größere Stallkomplexe und Lagerkapazitäten stillgelegt. Diese Altanlagen sollen bei vorhandener Siedlungsanbindung sowie in Abhängigkeit von der Einwohnerzahl, Funktion und dem Baulandbedarf der betreffenden Siedlung im Rahmen der Flächennutzungsplanung berücksichtigt werden. Im Außenbereich soll ein Rückbau der landwirtschaftlichen Anlagen erfolgen, wenn eine Nachnutzung nicht möglich oder zweckmäßig ist.

Zu Ziel 9.1.4 Die in Westsachsen vorhandenen traditionellen Obstanbaugebiete mit ihren günstigen Boden- und Klimaverhältnissen für den Obstanbau haben auch unter marktwirtschaftlichen Bedingungen gute Chancen für Fortbestand und Weiterentwicklung. Die Sicherung der vorhande-nen Obstanbauflächen bzw. der Flächen für mögliche Erweiterungen vor konkurrierenden Nutzungen liegt deshalb im regionalen Interes-se. Mit dem Aufbau weiterer und der Modernisierung vorhandener Lagerkapazitäten ist eine Verlängerung des Zeitraums für die Frisch-obstversorgung möglich; damit wird die Wettbewerbsfähigkeit dieser Betriebe verbessert und ein wichtiger Beitrag zur Erhaltung der Funk-tionsfähigkeit des Ländlichen Raums geleistet.

Die Obstanbaufläche liegt in der Region zurzeit bei ca. 2 500 ha. Das größte zusammenhängende Anbaugebiet befindet sich im „Obst-land“ – im Raum Dürrweitzschen-Ablaß-Sornzig-Leisnig mit einer Obstanbaufläche von ca. 1 500 ha. In ihm erfolgt vorrangig der Anbau von Äpfeln, Birnen, Kirschen und Beerenobst. Das Anbaugebiet Wurzen-Roitzsch umfasst eine Fläche von ca. 200 ha.

Durch den umweltgerechten Obstanbau, insbesondere in Gebieten mit hoher Verschmutzungsempfindlichkeit des Grundwassers, soll die Qualität des Grundwassers nicht nachteilig beeinträchtigt werden. Nach der Richtlinie zur Förderung von flächenbezogenen Agrarumwelt-maßnahmen und der ökologischen Waldmehrung im Freistaat Sachsen (RL – AuW/2007) werden u. a. biotechnische Maßnahmen im Obstbau und der ökologische Anbau von Obst gefördert. Diese Maßnahmen liegen über dem Niveau der guten fachlichen Praxis und werden dem Schutz der Umwelt und der natürlichen Ressourcen besonders gerecht. Damit wird das Ziel der Erzeugung qualitativ hoch-wertiger Nahrungsmittel bei Verminderung von Umweltbelastungen, die aus dem konventionellen intensiven Anbau resultieren, verfolgt (http://www.smul.sachsen.de/de/wu/landwirtschaft/agrarumweltmassnahmen/index_646.html).

Zu Ziel 9.1.5 Das Erfordernis der extensiven Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen bzw. ihre Aufforstung wird durch die Eignung, Empfindlich-keiten, Beeinträchtigungen und Entwicklungsmöglichkeiten von Naturraumpotenzialen bestimmt. Extensivierungsmaßnahmen (z. B. ver-ringerter Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln) bzw. Nutzungsumwandlungen sollen daher vorwiegend • ökologisch sensiblen oder hoch belasteten Räumen, wie

- in Vorranggebieten Natur und Landschaft sowie in Vorranggebieten Wasserressourcen, - in „Gebieten mit Anhaltspunkten für schädliche stoffliche Bodenveränderungen“,

• sowie auf landwirtschaftlichen Flächen mit ungünstigen Standortbedingungen (Grenzertragsböden mit Bodenwertzahlen < 30, Flächen mit Hangneigungen > 12 %) oder Flächen mit Bewirtschaftungserschwernissen, wie - „Braunkohlenbergbaubedingten Grundwasserwiederanstiegsgebieten“, - Bereichen mit hoher Erosionsdisposition oder - Gebieten mit hohem Beeinträchtigungsrisiko des Grundwassers gegenüber (Schad-)Stoffeinträgen

durchgeführt werden (vgl. dazu auch Karte 16 „Bereiche der Landschaft mit besonderen Nutzungsanforderungen“ sowie Fachbeitrag zum Landschaftsrahmenplan Region Westsachsen).

Die Art und Intensität der Maßnahmen ist von den Erfordernissen zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts sowie vom Charakter der Kulturlandschaft abhängig zu machen. Insbesondere sind die Belange der Landwirtschaft, des Natur- und Umweltschutzes, der Wasser- und Forstwirtschaft sowie der Erholungsvorsorge und des Landschaftsbilds zu berücksichtigen. Darüber hinaus ist die Karte A-3 „Integriertes Entwicklungskonzept Landschaft“ bei der Planung und Durchführung von Extensivierungs- und Aufforstungsmaßnahmen zu berücksichtigen.

Zu Ziel 9.1.6 Der ökologische Landbau als eine besondere Bewirtschaftungsform der Landwirtschaft ist auf den Erhalt der natürlichen Lebensgrund-lagen und die Nachhaltigkeit der Anbauweise gerichtet. Ökologischer Landbau ist insbesondere durch das Streben nach weitgehend geschlossenen Stoffkreisläufen, umweltgerechte Verfahren und tierartgerechte Haltungsformen gekennzeichnet. Diese Wirtschaftsweise trägt durch ihren höheren Arbeitskräftebedarf und die Bevorzugung regionaler Verarbeitungs- und Vermarktungswege zur Sicherung von Arbeitsplätzen in der Region, insbesondere im strukturschwachen ländlichen Raum, bei.

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Da der ökologische Landbau in besonderem Maß auf Umweltverträglichkeit gerichtet ist (u. a. durch den Verzicht auf chemisch-synthe-tische Pflanzenschutzmittel sowie mineralischen Dünger), ist er insbesondere in ökologisch sensiblen Räumen weiterzuentwickeln. Der ökologische Landbau kann daher insbesondere zum Schutz naturschutzfachlich wertvoller Bereiche einen wichtigen Beitrag leisten. Er bietet darüber hinaus in der Nähe von Städten aufgrund des dort vorhandenen potenziellen Absatzmarkts für diese Produkte Alternativen für die Nahrungsmittelversorgung. Ökologischer Landbau leistet vor allem durch die geringe Gefährdung des Eintrags von Schadstoffen in das Grund- und Oberflächenwasser einen wichtigen Beitrag zu ihrer Reinhaltung und ist deshalb insbesondere in Wasserschutzgebieten und in Bereichen hoher Grundwasserverschmutzungsempfindlichkeit weiter zu befördern. Dabei sind die Kernzonen von Wasserschutz-gebieten (Schutzone I und II) aufgrund der besonderen Anforderungen an die Wasserqualität auszunehmen.

Zu Ziel 9.1.7 Nach der Begründung zu LEP, G 4.3.5 stellt die Umwandlung von Ackerflächen in Dauergrünland oder Wald in den Überschwemmungs-gebieten der Fließgewässer eine Maßnahme zur Erhaltung bzw. Erhöhung des Wasserrückhaltevermögens und damit zur Reaktivierung natürlicher Überflutungsgebiete dar. Neben der Verbesserung des Retentionsvermögens der Fließgewässerauen ist die Erhöhung des Grünlandanteils für den Schutz von Arten und Lebensgemeinschaften, für den Boden- und Gewässerschutz sowie aufgrund der hohen landschaftlichen Erlebniswirksamkeit der Auenbereiche von besonderer Bedeutung (siehe auch Ziele 4.2.6 und 4.3.4.2). Grünland trägt dabei insbesondere zur Verminderung der Bodenabschwemmung bei Hochwasser und insbesondere bei extensiver Nutzung zur Verminderung von Schadstoffeinträgen ins Gewässer bei. Um die Pflege des Grünlands zu gewährleisten und das anfallende Futter zu verwerten, ist ein entsprechender Bestand an Wiederkäuern (Rinder, Schafe) zu erhalten bzw. aufzubauen.

Auch Auwälder dienen der Hochwasservorsorge, wenn von diesen keine Rückstauwirkungen (z. B. auf Siedlungen) ausgehen. Standort-gerechte Wälder in Retentionsräumen sind funktionsgerecht und erfüllen Retentionsfunktionen nachhaltig. Darüber hinaus können in Über-schwemmungsbereichen mit überwiegend sedimentativen Phasen Nutzungsänderungen entbehrlich sein, z. B. bei Fruchtfolgen mit über-wiegender Bodenbedeckung. Nicht geeignet sind Gebiete, die nach § 100 Abs. 2 Nr. 7. SächsWG ausgeschlossen sind.

Bei der Umsetzung der vorg. Maßnahmen sind einvernehmliche Lösungen mit den Landwirtschaftsbetrieben anzustreben. Dazu sind u. a. die Fördermöglichkeiten des SMUL zu nutzen. Die Richtlinie des SMUL zur Förderung von flächenbezogenen Agrarumweltmaßnahmen und der ökologischen Waldmehrung im Freistaat Sachsen (Förderrichtlinie Agrarumweltmaßnahmen und Waldmehrung – RL AuW/2007) bietet hierzu Fördermöglichkeiten.

Zu Grundsatz 9.1.8 Die landwirtschaftliche Intensivierung vor 1990 führte zur Vergrößerung der Schläge insbesondere auf den ertragreichen Löss- und Sand-lössböden. Die Beseitigung natürlicher Strukturelemente bewirkte die Ausräumung und Uniformierung dieser Kulturlandschaften und eine weitere Erhöhung ihrer Erosionsgefährdung. Die Verminderung bestehender und das Auftreten weiterer Erosionsschäden sind im Interesse der nachhaltigen Sicherung der Bodenfruchtbarkeit, insbesondere in den „Regionalen Schwerpunktgebieten des Wind- und Wassererosionsschutzes“ (siehe Karte 15 „Bereiche der Landschaft mit besonderen Nutzungsanforderungen“) erforderlich.

Dazu sind Nutzungsartenänderungen oder geeignete erosionsmindernde Maßnahmen, wie allgemeine acker- und pflanzenbauliche Maß-nahmen (u. a. hangparallele Bewirtschaftung, Zwischenfruchtanbau), erosionsmindernde Bodenbearbeitungs- und Bestellverfahren (z. B. Mulchsaat, konservierende Bodenbearbeitung) sowie erosionsmindernde Flurgestaltung (Untergliederung großer Ackerschläge durch Feldraine oder Gehölzstreifen zur Verkürzung von Hanglängen) durchzuführen.

Ackerraine erfüllen als Saumbiotope und Vernetzungsstrukturen in der Agrarlandschaft wichtige ökologische Funktionen. Sie dienen vielen Tier- und Pflanzenarten als Rückzugsgebiet, sind Nahrungsquelle und Lebensraum und fungieren als „Startbiotope“. Die großflächige Landwirtschaft vor 1990 führte zu einer steigenden Strukturarmut der Landschaft, die u. a. auch eine Zerstörung von Ackerrainen infolge der Zusammenlegung von Ackerflächen und die Beseitigung von Wegen bewirkte. Auf den noch vorhandenen Ackerrainen trat durch den Einsatz von Unkraut- und Schädlingsbekämpfungsmitteln auf benachbarten landwirtschaftlichen Flächen ein enormer Artenrückgang ein. Um die ökologische Funktion von Ackerrainen wiederherzustellen bzw. zu beleben, ist auf ihre Neuanlage insbesondere im Rahmen von Flurbereinigungsverfahren verstärkt hinzuwirken. Ihre Pflege soll durch eine extensive Bewirtschaftung gewährleistet werden.

Zu Grundsatz 9.1.9 Mit der Intensivierung der Landwirtschaft vor 1990 ist durch die Zusammenlegung der Felder zu großflächigen Schlageinheiten das landwirtschaftliche Wegenetz stark eingeschränkt und zurückgebaut worden. Im Rahmen der Flurneuordnung ist auch das derzeitige land-wirtschaftliche Wegenetz zu überprüfen und im Bedarfsfall zu erweitern. Bei der Neutrassierung von Wirtschaftswegen sind Wander-, Rad- und Reitwegenetzplanungen einzubeziehen (vgl. hierzu auch Begrün-dung zu G 8.4.10 und G 8.4.11). Das trifft besonders für das landwirtschaftliche Wegenetz in Tourismusgebieten sowie in Vorbehalts-gebieten Erholung zu. Darüber hinaus sollen auch Belange des Arten- und Biotopschutzes berücksichtigt werden.

Zu Ziel 9.1.10 Der Erhaltung vorhandener Produktionsstandorte der Tierhaltung kommt in der Region aufgrund geringer Transportentfernungen zum Ver-braucher und zur Deckung des regionalen Bedarfs besondere Bedeutung zu. Der derzeitige Tierbestand deckt bei Weitem nicht mehr den Bedarf der hiesigen Verarbeitungsindustrie; einer weiteren Reduzierung der Tierbestände ist deshalb durch den Erhalt der bestehenden Tierproduktionsanlagen und die Sicherung ihrer Futtereinzugsgebiete entgegenzuwirken.

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Regionalplan Westsachsen 2008 9 Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft

9.2 Forstwirtschaft Karte Die Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Waldmehrung sowie die Vorbehaltsgebiete Waldschutz sind in der

Karte 14 „Raumnutzung“ ausgewiesen.

Hinweis Die Landschaftstypen, auf die sich Ziel 9.2.2 bezieht, sind in der Karte A-1 „Landschaftstypen“ in Anhang 3 dargestellt.

Z 9.2.1 Die Wälder in der Region sind so zu schützen und zu bewirtschaften, dass sie ihre vielfältigen ökologischen Funktionen für den Naturhaushalt, ihre Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktion nach-haltig erfüllen können und dabei geeigneten Lebensraum für Fauna und Flora bilden.

Z 9.2.2 Der Waldanteil ist in der Region auf mindestens 18,5 % unter Berücksichtigung landschaftstypischer Eigenarten zu erhöhen. Erstaufforstungen sollen dazu insbesondere • durch Entwicklung großer, funktional zusammenhängender Waldgebiete in der Bergbaufolge-

landschaft des Südraums Leipzig, • an Talhängen und oberhalb der Quellbereiche von Fließgewässern des Döbelner Lösshügellands, • an ackerbaulich genutzten, besonders erosionsgefährdeten Hanglagen im Mulde-Lösshügelland, • durch Neugründung von Waldbeständen in ausgewählten Bereichen der Muldenaue und der

südlichen Elsteraue, • durch eine deutliche Erweiterung bestehender Wälder und Neuanlage kleiner Waldstücke im

Naunhofer Land, • als Erweiterung bestehender Restwälder des Kohrener Lands, der Porphyrhügellandschaften, der

Markranstädter Platte und des Mulde-Lösshügellands sowie • punktuell im Bereich der Delitzscher und Brehnaer Platte erfolgen. Dabei sind die Belange des Natur-, Boden- und Wasserschutzes, der Land-, Forst- und Wasser-wirtschaft und der Erholung sowie klimatische Aspekte zu berücksichtigen.

Z 9.2.3 Aufforstungen in Vorrang- und Vorbehaltsgebieten Waldmehrung sind naturnah, standort- und funktionsgerecht vorzunehmen.

G 9.2.4 In der Region sollen schrittweise mehrstufige Waldränder entwickelt werden.

Begründung zu 9.2 Forstwirtschaft

Zu Ziel 9.2.1 Dem Erhalt der Wälder kommt in Westsachsen als waldärmste Planungsregion des Freistaats Sachsen besondere Bedeutung zu. Eine weitere Reduzierung der Waldbestände ist aufgrund der extrem geringen Waldfläche je Einwohner und der vielfältigen Funktionen des Waldes zu vermeiden.

Der Wald erfüllt neben seiner Nutzfunktion (Holzerzeugung) wichtige Schutzfunktionen, indem er zur Erhaltung der natürlichen Lebens-grundlagen beiträgt, und leistet einen wichtigen Beitrag zur Erholungsvorsorge (Erholungsfunktion). Diese Funktionen leiten sich ab aus seiner besonderen Bedeutung für − die Wirtschaft (Holzproduktion, Arbeits- und Erwerbsgrundlage), − den Arten- und Biotopschutz (Lebens- und Rückzugsraum für Tier- und Pflanzenwelt), − den Bodenschutz (Schutz des Waldbodens und benachbarter Flächen vor Wind- und Wassererosion sowie Aushagerung), − den Wasserschutz (Reinhaltung des Grund- und Oberflächenwassers, Speicherung von Niederschlägen, Erhöhung der Stetigkeit der

Wasserspende, Dämpfung von Hochwasserspitzen), − den Klimaschutz (Frischluftproduktion, Dämpfung klimatischer Extreme, günstiges Bioklima), − den Immissionsschutz (Verbesserung der Luftqualität durch Absorption von Luftverunreinigungen, Lärmschutz und Schallabsorption), − den Denkmalschutz (Schutz kulturhistorisch wertvoller Objekte) sowie − die Erholung (natürlicher Erholungsraum, Element der Landschaftsgliederung, günstige Voraussetzung für Tourismus).

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Regionalplan Westsachsen 2008 9 Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft

Für die Entwicklung eines funktionsfähigen Waldes sind lange Zeiträume erforderlich, die keinen kurzfristigen Ersatz für umgewidmete Waldbestände oder Verluste ihrer Funktionsfähigkeit ermöglichen. Die Wälder sind deshalb aufgrund ihrer hohen Bedeutung für das Allge-meinwohl und den Naturhaushalt sowie wegen ihrer wirtschaftlichen Bedeutung dauerhaft in ihrem Bestand und ihrer natürlichen Leis-tungskraft zu sichern. Sie sind insbesondere vor Beeinträchtigungen ihrer Vitalität und Störungen ihrer Struktur durch Immissionsbelas-tungen und Zerschneidungen, Grundwasserabsenkungen sowie vor Verlusten durch Abbau oberflächennaher Rohstoffe, Bodenabtrag oder bauliche Nutzungen für die Siedlungsentwicklung und Neubau von Verkehrs- und Versorgungstrassen zu schützen.

Vorbehaltsgebiete Waldschutz Nach LEP, Z 9.5 sollen in den Regionalplänen Vorrang- und Vorbehaltsgebiete zum Schutz des vorhandenen Waldes ausgewiesen wer-den. Aufgrund der extremen Waldarmut der Planungsregion Westsachsen sind der Schutz und die Erhaltung des vorhandenen Waldes in der Region von besonderer Bedeutung. In Ausformung des Ziels 9.5 des LEP werden daher im Regionalplan alle Wälder außerhalb von Vorranggebieten als Vorbehaltsgebiete Waldschutz in der Karte 14 „Raumnutzung“ ausgewiesen.

Ausweisungskriterien: Wälder außerhalb von Vorranggebieten

Ausweisungsgrundlagen: Staatsbetrieb Sachsenforst (SBS): Datenbank Sachsenforst, Waldbestand 03/2007

Eine naturnahe funktionsgerechte Waldbewirtschaftung, die nach dem Grundsatz der größtmöglichen Schonung der Ressourcen Boden, Wasser, Tier- und Pflanzenwelt betrieben wird, trägt wesentlich zum Erhalt bzw. zur Entwicklung des Waldes als ein stabiles Ökosystem bei. Eine wesentliche Voraussetzung für die Erfüllung der Funktionen des Waldes ist der Erhalt bzw. die Entwicklung standort- und funk-tionsgerechter, vielfältig strukturierter und naturnaher Wälder. Westsachsen bietet als laubholzreichste Region des Freistaats aufgrund des vorhandenen Standortspektrums gute Möglichkeiten zur Erhöhung des Laubbaumanteils.

Zu Ziel 9.2.2 Nach Ziel 9.4 des LEP ist der Waldanteil im Freistaat Sachsen auf 30 % zu erhöhen (entspricht einer Vergrößerung der Waldfläche in Sachsen um ca. 370 km²). Entsprechend dem Flächenanteil von Westsachsen an der Landesfläche (23,8 %) bedeutet dies, dass die Region mindestens 89 km² Wald neu anlegen soll. Die Erhöhung des Waldanteils soll gemäß Ziel 9.4 vorrangig in den landesweiten Schwerpunkten der Waldmehrung • Bergbaufolgelandschaften, insbesondere möglichst umfassend auf den Kippenflächen der Tagebaue Zwenkau, Espenhain, Witznitz

und in bedeutenden Teilen des Tagebaus Vereinigtes Schleenhain (Südraum Leipzig), • waldarme Regionen, • Gebiete, in denen der Wald eine besondere Hochwasserschutzfunktion hat, • Gebiete, in denen der Wald eine besondere Klimaschutzfunktion hat und • Gebiete, deren Böden stark erosionsgefährdet sind, erfolgen. Westsachsen ist wie kaum eine andere Region durch diese Gebietstypen geprägt. Für eine Erreichung des Ziels – Erhöhung des Waldanteils in Westsachsen auf 18,5 % – ist der Waldbestand von derzeit ca. 66 786 ha (STALA 2004) um ca. 145 km² zu erhöhen.

Die notwendige Erhöhung des Waldanteils in Westsachsen soll jedoch nicht undifferenziert erfolgen, sondern insbesondere dort, wo Auf-forstungen der Verbesserung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts, der Erholungsmöglichkeiten und des Landschaftsbilds dienen. Das landesplanerische Ziel 9.4 wird daher regionalplanerisch durch die Ausweisung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten Waldmehrung sowie durch die im Ziel 9.2.2 benannten Schwerpunkträume für Erstaufforstungen konkretisiert.

Die Ausweisung der Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Waldmehrung erfolgte auf Grundlage einer Eignungs- und Konfliktbewertung der Gebietsvorschläge der Waldmehrungsplanung der Forstämter. Für jedes Gebiet erfolgte ein konkreter Vergleich der benannten Kriterien. Eine Ausweisung als Vorranggebiet Waldmehrung erfolgte bei eindeutigem Überwiegen der Gunstkriterien gegenüber den Restriktions-kriterien sowie nach Abwägung mit weiteren regionalplanerischen Erfordernissen und unter Beachtung bzw. Berücksichtigung der kommu-nalen Bauleitplanungen und Landschaftspläne sowie der Leitbilder für Natur und Landschaft. Eine Ausweisung als Vorbehaltsgebiet Waldmehrung erfolgte, wenn die umweltbezogenen Gunstkriterien die Restriktionskriterien eindeu-tig überwogen und eine Bewaldung grundsätzlich den Leitbildern für Natur und Landschaft entsprach, aber die konkreten Umstände des Einzelfalls in der Abwägung noch keine Letztentscheidung zuließen.

Ausweisungskriterien:

Gunstkriterien Gebiete mit geringer landschaftlicher Erlebniswirksamkeit Gebiete mit hoher und sehr hoher Erosionsdisposition Gebiete mit geringem Retentionsvermögen Gebiete mit einem geringen Anteil an klimatisch wirksamen Strukturen (waldarme Gebiete nach Karte 10 LEP) Gebiete mit hohem und sehr hohem Beeinträchtigungsrisiko des Grundwassers durch (Schad-)Stoffeinträge Gebiete mit geringer Arten- und Biotopausstattung und besonderem Entwicklungsbedarf (u. a. Flächen für Waldverbund nach Karte 8

des Grobkonzepts Biotopvernetzungsplanung für den Regierungsbezirk Leipzig) Ansatzpunkte für historischen Waldbestand

Restriktionskriterien Gebiete mit hoher Bodenfruchtbarkeit (Bodenwertzahlen > 70) Gebiete mit seltenen, naturnahen Böden Gebiete mit hohem Retentionsvermögen siedlungsklimatisch bedeutsame Kaltluftentstehungsgebiete und -abflussbahnen Gebiete hoher Grundwasserneubildung aus Gründen des Arten- und Biotopschutzes offenzuhaltende Bereiche

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Regionalplan Westsachsen 2008 9 Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft

Ausweisungsgrundlagen: Waldmehrungsplanungen der Forstämter RPlWS 2001: Vorranggebiete Forstwirtschaft zur Erhöhung des Waldanteils (nur für den Verdichteten Raum Leipzig) LEP, Karte 8 „Gebiete mit speziellem Bodenschutzbedarf“; speziell Gebiete mit stark erosionsgefährdeten Böden LEP, Karte 10 „Landesweite Schwerpunkte der Waldmehrung“; speziell „Gebiete mit besonderer regionaler Klimaschutzfunktion von

Wald“ und „Waldarme Regionen“ Fachbeitrag Naturschutz und Landschaftspflege zum Landschaftsrahmenplan Region Westsachsen Leitbilder für Natur und Landschaft Landesforstpräsidium Sachsen (2001): Digitale Daten zur Waldflächenentwicklung in Sachsen seit 1800 kommunale Flächennutzungs- und Landschaftspläne

Im Regionalplan sind (unter Einbeziehung der Ausweisungen in den Braunkohlenplangebieten) insgesamt ca. 135 km² Vorrang- und Vor-behaltsgebiete, die der Waldmehrung dienen, in Karte 14 „Raumnutzung“ ausgewiesen. Davon befinden sich etwa zwei Drittel (67,3 %) entsprechend der Schwerpunktsetzung des LEP und der Leitbilder für Natur und Landschaft in Braunkohlenplangebieten; ca. ein Drittel in den verbleibenden Landschaftsräumen der Region. Mit dem Umfang der Festlegungen werden Ziel 9.4 des LEP sowie das regionalplane-rische Ziel einer Erhöhung des Waldanteils auf 18,5% bereits weitgehend gesichert. So werden allein durch die ausgewiesenen Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Waldmehrung ca. 135 km² (entspricht 93 %) der für die Zielerreichung notwendigen Flächen regionalplanerisch für eine Erhöhung des Waldanteils gesichert; ohne Berücksichtigung der Umsetzung von Aufforstungsmaßnahmen in den im Ziel 9.2.2 benannten Schwerpunkträumen für Erstaufforstungen. Des Weiteren wird die landesplanerische Vorgabe von mindestens 89 km² neu anzulegendem Wald in der Region Westsachsen zu mehr als 150 % durch die Ausweisung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten Waldmehrung erfüllt.

Die ausgewiesenen Vorranggebiete Waldmehrung sollen der Verbesserung des ökologischen Zustands von Gebieten dienen, deren Naturhaushalt nachhaltig gestört ist, die eine geringe Arten- und Biotopausstattung oder eine geringe landschaftliche Erlebniswirksamkeit aufweisen. Sie übernehmen damit eine aktive Gestaltungsfunktion, befördern mit regionalplanerischen Mitteln Nutzungsänderungen erheblichen Ausmaßes und geben damit Planungssicherheit für Entwicklungsprojekte von regionaler Bedeutung, z. B. die Entwicklung eines großen funktional zusammenhängenden Waldgebiets als „Grüner Ring Leipzig“.

Neben der regionalplanerisch durch Ausweisung als Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Waldmehrung gesicherten Erhöhung des Waldanteils in Westsachsen soll der Waldanteil entsprechend den Leitbildern für Natur und Landschaft – und damit unter Berücksichtigung land-schaftstypischer Eigenarten – in den im Ziel 9.2.2 benannten Gebieten erhöht werden. Besonders waldarm sind insbesondere das Döbelner Lösshügelland (1,2 %), die Elbaue (1,5 %) sowie die Brehnaer und Delitzscher Platte (Waldanteil 1,8 %).

Erstaufforstungen sollen jedoch nur dort vorgenommen werden, wo die klimatischen, ökologischen, landschaftspflegerischen und erho-lungswirksamen Funktionen der Fluren nicht beeinträchtigt werden. Aus regionalplanerischer Sicht sind insbesondere folgende Flächen von Neuaufforstungen grundsätzlich freizuhalten: − siedlungsklimatisch bedeutsame Kaltluftentstehungsgebiete und -abflussbahnen, − wertvolle Flächen für den Arten- und Biotopschutz, sofern ihre Funktionen durch Aufforstungen gefährdet würden, − aus Gründen des Landschaftsbilds offenzuhaltende Bereiche (z. B. Waldwiesen, Talauen), − wichtige Bereiche der Grundwasserneubildung sowie − aus Gründen des Denkmalschutzes offenzuhaltende Bereiche (z. B. Sichtachsen von und zu Kulturdenkmalen)

Zu Ziel 9.2.3 Vorranggebiete Waldmehrung dienen der Verbesserung von Natur und Landschaft sowie der Lebensverhältnisse der Bevölkerung. Sie tragen insbesondere zur landschaftsgerechten Sanierung von Braunkohlentagebauen bei. Die besondere Bedeutung von Aufforstungs-maßnahmen in Bergbaufolgelandschaften leitet sich aus der Eigenschaft des Waldes ab, besser als jede andere Landnutzungsform die ökologischen Grundfunktionen der Landschaft zu induzieren und die gestörten Stoff- und Energiekreisläufe langfristig zu normalisieren. Insbesondere die Bodenbildung auf Kippen wird durch die Erosionsschutzwirkung von Wald, die tiefe und intensive Durchwurzelung in Abhängigkeit von der Mächtigkeit kulturfähiger Substrate und die Förderung des Bodenlebens durch Nahrungszufuhr (Streu) und ausge-glichenes Mikroklima beschleunigt.

Die Entwicklung naturnaher, standort- und funktionsgerechter Wälder gewährleistet am besten die Erfüllung ihrer Nutz-, Schutz- und Erho-lungsfunktionen. Die Wahl der Baumarten bei Erstaufforstungen soll sich deshalb an der potenziell natürlichen Waldgesellschaft orien-tieren (naturnah), den Boden-, Wasser- und Klimaverhältnissen angepasst sein (standortgerecht) und sich an der Eignung für die zu leistenden Funktionen orientieren (funktionsgerecht). Eine hohe Arten- und Strukturvielfalt gewährleistet darüber hinaus eine dauerhafte Stabilität des Waldes und ein geringeres Risiko gegenüber Störungen.

Bei erstmaliger Bepflanzung von Halden und Kippenflächen sind die vergleichsweise anspruchsvollen Baumarten der potenziell natür-lichen Waldgesellschaft (Klimaxstadium) oft durch flächenhafte Ausfälle bedroht. In diesen Fällen sollen zunächst Baumarten des Initialsta-diums (Pionierbaumarten) oder andere an die besonderen Bedingungen angepasste Arten zur Bodenverbesserung (Bodenaufschluss, Humusbildung, Förderung des Bodenlebens) einen Schutz für den eigentlichen Bestand bilden (Vor- und Zwischenwälder). Nicht ein-heimische Arten oder nicht an die besonderen Bedingungen angepasste heimische Arten sollen weitgehend vermieden werden.

Zu Grundsatz 9.2.4 Obgleich nach § 24 Abs. 3 SächsWaldG an den Waldrändern für einen „ökologisch günstigen“ Waldaufbau zu sorgen ist, fehlen in der Region Westsachsen bei einem Großteil der Wälder gut ausgebildete Waldränder mit einer vorgelagerten Strauchzone und einem Wald-saum. Dabei sind Waldränder nicht nur für die Forstwirtschaft von Bedeutung, sondern auch für die Erholung (landschaftliche Erlebniswirk-samkeit), den Klimaschutz, den Arten- und Biotopschutz, den Bodenschutz (Erosionsschutz) und insgesamt für die Freiraumstruktur der Region. Die Anlage von Waldrändern ist insbesondere zwischen Forst- und Landwirtschaft nicht konfliktfrei, so dass eine fachüber-

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greifende, raumordnerische Sicht und Regelung erforderlich ist.

Im Grundsatz werden die gesetzlichen Bestimmungen des SächsWaldG durch den angestrebten mehrstufigen Waldrandaufbau konkreti-siert. Neben der Stufigkeit sind auch die Strukturierung auf der Fläche sowie das Artenspektrum der Waldränder für die Erhöhung der Diversität von besonderer Bedeutung. Mehrstufige und strukturierte Waldränder sollen von innen nach außen in der Regel aus einer Über-gangszone (ca. 1/2 Baumlänge; Haupt- und Nebenbaumarten) und einer Strauchzone (ca. 1/3 Baumlänge, Bäume 2. Ordnung und Wald-sträucher) als Waldmantel sowie aus einer weitgehend nutzungsfreien Wildkrautzone (ca. 1/6 Baumlänge) als Waldsaum aufgebaut sein.

Der Grundsatz trifft bewusst keine Aussage, ob Waldränder durch die Forstwirtschaft oder die Landwirtschaft entwickelt werden sollen, weil diese Umsetzung Aufgabe der Fachplanung ist und im Einzelfall auch unterschiedlich gelöst werden kann. So ist z. B. denkbar, dass die Landwirte die Voraussetzungen für die Entwicklung des Waldsaums (Krautzone), die Forstwirte für die Entwicklung des Waldmantels (Strauchzone, Übergangszone) schaffen. Aber auch andere Lösungen sind im konkreten Einzelfall möglich, z. B. die Übernahme durch die Forstwirtschaft, wenn sich der Wald bereits über die ehemalige Abgrenzung hinaus entwickelt hat. Die Umsetzungsmöglichkeiten des Grundsatzes sind deshalb gezielt in Agrarstrukturellen Entwicklungsplanungen einzelfallbezogen zu prüfen.

Waldränder sollten, um wirksam zu werden, eine Breite von mindestens 30 m aufweisen. Dies gilt als Orientierungswert. Die konkrete Breite ist einzelfallbezogen festzulegen.

9.3 Fischereiwirtschaft Z 9.3.1 Die kulturlandschaftlich wertvollen Teichlandschaften und Einzelteiche der Region, insbesondere

die landschaftsprägenden Teichketten in den Räumen Wermsdorf-Mutzschen, Torgau-Bennewitz, Eschefeld-Frohburg, Oelzschau-Kömmlitz und Deuben-Bennewitz, sollen für eine ordnungsgemäße und umweltgerechte fischereiwirtschaftliche Nutzung gesichert werden. Die Bewirtschaftung der Teiche soll unter Beachtung ihres hohen ökologischen Werts, ihrer wasserwirtschaftlichen Funk-tionen sowie ihrer Erholungsfunktion erfolgen.

Z 9.3.2 In den Tagebaurestseen soll in Abhängigkeit von Größe und Beschaffenheit der Gewässer ein ent-sprechend artenreicher heimischer Fischbestand erhalten oder aufgebaut werden. Die fischereiliche Nutzung der Tagebaurestseen soll umweltgerecht und unter Berücksichtigung anderer Nutzungen erfolgen.

Begründung zu 9.3 Fischereiwirtschaft

Zu Ziel 9.3.1 Die Teiche in der Region Westsachsen verdanken ihre Entstehung zum größten Teil der Anlage zur Fischzucht, der Anlage von Mühltei-chen zum Betrieb von Wassermühlen, der Anlage von Dorfteichen sowie der Anlage von Beregnungsspeichern durch die Landwirtschaft. Sie sind in allen Naturräumen der Region anzutreffen.

Dabei bilden die Porphyrhügellandschaften mit 31 % aller Teichflächen den Verbreitungsschwerpunkt, gefolgt von den Heidelandschaften, in denen sich ca. 25 % der Teichflächen der Region befinden. Innerhalb der Heidelandschaften treten Teiche gehäuft in der Dahlener Heide auf. Besonders landschaftsprägend wirken neben großen Einzelteichen (z. B. Großer Teich Torgau) als Teichketten angelegte Ge-wässer. Die so entstandenen Teichlandschaften prägen das Landschaftsbild dieser Räume maßgeblich. Die größten Teichketten befinden sich im Raum Wermsdorf-Mutzschen (mit ca. 270 ha Wasserfläche), im Raum Eschefeld-Frohburg (ca. 67 ha), im Raum Torgau-Benne-witz (ca. 230 ha), im Raum Deuben-Bennewitz (ca. 40 ha) sowie im Raum Oelzschau-Kömmlitz-Rohrbach (ca. 30 ha).

Neben ihrer landschaftsprägenden Funktion sind diese Teichketten auch von wirtschaftlicher Bedeutung für den Ländlichen Raum und besitzen ein hohes Erholungspotenzial sowie einen hohen Stellenwert für Natur und Landschaft. Ihre Bewirtschaftung hat daher gemäß LEP (Ziel 9.8) unter Beachtung ihres hohen ökologischen Werts zu erfolgen.

Zu Ziel 9.3.2 Im Zuge der Sanierung von ehemaligen Braunkohlentagebauen entsteht im Nord- und Südraum Leipzig eine Reihe von Tagebaurestseen, deren Gesamtwasserfläche nach Einstellung der bergbaulichen Tätigkeit etwa um 2040 auf ca. 75 km² prognostiziert wird. Dies entspricht fast einer Verdopplung der derzeitigen Fläche der Tagebaurestseen.

Entsprechend § 5 Abs. 1 SächsFischG steht dem Eigentümer des Gewässergrundstücks das unbeschränkte Fischereirecht (Eigentums-fischereirecht) zu. Es umfasst nach § 4 Nr. 6. SächsFischG das auf die Fischerei von wild lebenden Fischen und die Entnahme von Fisch-nährtieren beschränkte dingliche Nutzungsrecht an einem Gewässer. Aufgrund ihrer zukünftig hohen Bedeutung für Natur und Landschaft sowie für die Erholung soll die fischereiliche Nutzung der Tagebaurestsseen umweltgerecht erfolgen. durch einen verstärkten Abbau mineralischer Rohstoffe und der vielfach angeschlossenen Baustoffherstellung (überdurchschnittliche Schwerlastverkehrsströme mit hohem Konfliktpotenzial in den Ortsdurchfahrten) oder durch die touristische Entwicklung in der Bergbau-folgelandschaft ergeben.

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Regionalplan Westsachsen 2008 10 Verkehr

10 Verkehr Hinweis Der Fachliche Entwicklungsplan Verkehr des Freistaats Sachsen (FEV) bleibt mit seinen Festlegungen

und Handlungsaufträgen für die Regionalplanung gemäß § 24 Abs. 2 Satz 1 SächsLPlG, geändert durch Artikel 2 des Gesetzes zur Einführung der Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Pro-gramme und über die Öffentlichkeitsbeteiligung in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG im Freistaat Sachsen vom 10. April 2007, bis 31.12.2011 gültig.

10.1 Gesamtverkehrskonzeption G 10.1.1 Das Gesamtverkehrssystem in der Region ist unter Zugrundelegung der zentralörtlichen Struktur so

zu gestalten, dass • der Anschluss an das großräumige und europäische Verkehrswegenetz gesichert und ausge-

baut, • die Entwicklung des „Sachsendreiecks“ unter Einbindung des Oberzentrums Halle (Sachsen-

Anhalt) zu einer europäischen Metropolregion befördert, • die Verkehrsinfrastruktur an den Achsen ausgerichtet, • die Erreichbarkeit zentralörtlicher Einrichtungen mit dem ÖPNV und die Mobilität, Verkehrs-

sicherheit und soziale Verträglichkeit für alle Einwohner gewährleistet, • die natürlichen Ressourcen bei der Anlage von Verkehrswegen sowie bei der Verkehrsmittel-

benutzung geschont werden sowie • eine verkehrsvermeidende Siedlungs- und Wirtschaftsstruktur ermöglicht wird.

G 10.1.2 Das Oberzentrum Leipzig ist als internationaler Knoten im Schienen-, Straßen- und Luftverkehr weiter auszubauen.

G 10.1.3 Der Ausbau der Verkehrsnetze soll so erfolgen, dass Entwicklungsnachteile strukturschwacher Räume, insbesondere der Räume Torgau und Geithain, abgebaut werden. Dabei sind die Ver-bindungen zum Oberzentrum Leipzig vorrangig auszubauen.

G 10.1.4 Zur Anbindung und Erschließung zu entwickelnder Tourismusgebiete und Vorbehaltsgebiete für Erholung sind die verkehrsseitigen Voraussetzungen zu schaffen.

Begründung zu 10.1 Gesamtverkehrskonzeption

Zu Grundsatz 10.1.1 Eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur ist eine wesentliche Voraussetzung für eine angestrebte Angleichung der Lebensverhältnisse innerhalb Westsachsens sowie zu anderen Regionen.

Zur Sicherung der Weiterentwicklung der Strukturpotenziale sind unter Berücksichtigung von Strukturelementen, wie der europäischen Metropolregionen, der Regionalen Achsen, der Raumkategorien, der Zentralen Orte, der Städte und Gemeinden

funktionstüchtige Verkehrsverbindungen auszubauen und zu entwickeln.

Nach FEV (Leitbild) ist anzustreben, dass die vorhandene Verkehrsinfrastruktur effizient genutzt und entsprechend dem Ausbaustandard in der Bundesrepublik Deutschland sowie den Vorstellungen der EU zu den transeuropäischen Netzen gezielt erneuert und erweitert wird. Dabei soll die auszubauende und dann intakte Verkehrsinfrastruktur die zu erwartenden Verkehre netz-, umwelt- und ressourcenver-träglich aufnehmen. Auf den transeuropäischen, überregionalen, regionalen und zwischengemeindlichen Verkehrsverbindungen soll die Leistungsfähigkeit gesichert und die Verkehrssicherheit erhöht werden. Siedlungsstrukturentwicklung und Standortentscheidungen sollen in Abstimmung mit kommunalen Interessen durch Steigerung der Attraktivität vorhandener Verkehrsinfrastruktur beeinflusst werden, um eine verstärkte Nutzung des ÖPNV zu erreichen.

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Regionalplan Westsachsen 2008 10 Verkehr

Bei der Gestaltung des leistungsfähigen, umweltschonenden Gesamtverkehrssystems ist dabei von einer zweckmäßigen Nutzung aller Verkehrsträger auszugehen. Diese sind zu einem verkehrsträgerübergreifenden Mobilitätsverbund zu entwickeln. Die an die Verkehrsinfra-strukturentwicklung angelehnte Standortentwicklung vermeidet Wege. Die Bündelung der Verkehre trägt somit zur Verkehrsreduzierung bei. Durch eine Verlagerung von Fahrten des motorisierten Individualverkehrs zum öffentlichen Personennahverkehr bzw. durch eine ver-stärkte Abwicklung des Gütertransports auf der Schiene kann eine Entlastung der Straße erfolgen. Dem Ausbau und der intensiven Nutzung vorhandener Trassen ist grundsätzlich der Vorrang gegenüber der Neuerrichtung von Verkehrswegen zu geben.

Zu Grundsatz 10.1.2 Die wirtschaftsgeografische Lagegunst des Oberzentrums Leipzig hat mit der deutschen Vereinigung und der Öffnung der europäischen Grenzen beträchtlich an Bedeutung gewonnen. Eine weitere Aufwertung dieser günstigen Standortbedingungen ist für den Strukturwandel der Region Westsachsen und für die Gesamtentwicklung des länderübergreifenden mitteldeutschen Verdichtungsraums Leipzig-Halle von hoher Bedeutung. Nach LEP (Z 2.2.4) ist die Erreichbarkeit Leipzigs durch Einbindung in transeuropäische Netze zu verbessern. Damit sollen gleichzeitig die Voraussetzungen für die Intensivierung der Kooperations- und Kommunikationsbeziehungen zwischen den Städten des „Sachsendreiecks“ geschaffen werden.

Trotz erheblicher Investitionen in die westsächsische Verkehrsinfrastruktur seit 1990 hat die überregionale Erreichbarkeit Westsachsens und Leipzigs als Teil der zu entwickelnden Metropolregion „Sachsendreieck“ noch nicht das Niveau der alten Bundesländer und der dortigen Metropolregionen erreicht. Die weitere Verbesserung der überregionalen Erreichbarkeit des Oberzentrums Leipzig und der Region Westsachsen ist daher im Hinblick auf die EU-Erweiterung („Osteuropa-Kompetenz“ Leipzigs) als auch im Wettbewerb mit anderen Regionen zu verbessern. Vorrangig sind dazu die Schienenverbindungen Erfurt-Halle/Leipzig und Leipzig-Reichenbach-Hof, die Auto-bahnen A 14 und A 72, die B 87n sowie der Flughafen Leipzig/Halle weiter auszubauen bzw. neu zu schaffen.

Zu Grundsatz 10.1.3 Der Ländliche Raum ist als Lebens- und Wirtschaftsgebiet mit eigenständiger Bedeutung zu entwickeln. Vor dem Hintergrund, dass die zu-nehmende Ausstrahlung und Verflechtung der Metropolregion „Sachsendreieck“ auch für die ländlichen Räume eine Entwicklungschance darstellt, sind die Verflechtungen zwischen diesen Räumen zu intensivieren. Dazu ist die Erreichbarkeit des Verdichtungsraums Leipzig eine wesentliche Voraussetzung. Das entspricht auch LEP (G 2.1.1), wonach die Lebens- und die Umweltqualität sowie die Leistungs-fähigkeit der Wirtschaft in allen Teilräumen des Landes zu erhöhen sind. Damit soll auch der verstärkten Abwanderung aus diesen Ge-bieten entgegengewirkt werden. Eine nachhaltige Entwicklung strukturschwacher Ländlicher Räume erfordert eine Verbesserung der ver-kehrlichen Anbindung dieser Gebiete an die Verdichtungsräume und ihrer Zentren untereinander (Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung zur „Nachhaltigen Entwicklung strukturschwacher Ländlicher Räume“ vom 03.06.1997).

In Westsachsen sind dazu insbesondere die strukturschwachen Räume Torgau-Oschatz und Geithain zu stärken. Damit können Standort-nachteile für solche Funktionen wie Erholung und Fremdenverkehr, Gewerbe oder Wohnen abgebaut sowie Entwicklungsimpulse durch eine günstigere Erreichbarkeit dieser Räume selbst bzw. deren Anbindung an das großräumige Verkehrswegenetz ausgelöst werden. Auch wird einem weiteren Bevölkerungsrückgang durch die verbesserte Erreichbarkeit von oberzentralen Einrichtungen sowie Arbeits- und Ausbildungsstätten in der Stadtregion Leipzig entgegengewirkt. Für diese Räume ist daher die Anbindung an das Verkehrsnetz des Ver-dichtungsraums Leipzig sowie das übergeordnete Verkehrsnetz über die B 87n und die S 24/S 38 bzw. A 72 von erheblicher Bedeutung.

Zu Grundsatz 10.1.4 Mit der Sanierung der Bergbaugebiete werden Potenziale für eine Erholungsnutzung schrittweise für die hier, aber auch für die außerhalb der Region ansässige Bevölkerung zielgerichtet geschaffen. Diese Gebiete sind als Tourismusgebiete – „Gebiete mit Eignung/Ansätzen für eine touristische Entwicklung“ – oder Vorbehaltsgebiete für Erholung ausgewiesen. Als Voraussetzung für eine Erholungsnutzung ist der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur zur Erschließung und Anbindung dieser Gebiete unbedingt erforderlich.

10.2 Öffentlicher Personennahverkehr Karte Die im FEV für den S-Bahn-Verkehr enthaltenen zeichnerischen Festlegungen sind, soweit sie noch nicht

realisiert wurden, in Karte 14 „Raumnutzung“ dargestellt.

Z 10.2.1 In der Region ist unter Anbindung aller Gemeinden ein attraktives, leistungsfähiges und bedarfs-orientiertes Netz für den ÖPNV als Aufgabe der Daseinsvorsorge zu sichern.

Z 10.2.2 Dem ÖPNV soll im Verdichtungsraum und in den Städten außerhalb des Verdichtungsraums Vorrang vor dem motorisierten Individualverkehr eingeräumt werden. Im Ländlichen Raum soll der ÖPNV unter Einbeziehung flexibler Angebotsformen die notwendige Mindestbedienung sichern.

G 10.2.3 Der ÖPNV ist länderübergreifend nach Sachsen-Anhalt und Thüringen weiterzuentwickeln. Für den Übergang zwischen dem Landkreis Torgau-Oschatz und dem Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg sollen tarifliche Lösungen bedarfsgerecht entwickelt werden.

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Regionalplan Westsachsen 2008 10 Verkehr

Z 10.2.4 Nahverkehrspläne sind so aufzustellen, dass • eine zielgerichtete enge Verknüpfung im Zusammenwirken von SPNV mit Straßenbahn- und Bus-

linien erreicht wird, • bei der Angebotsplanung für den SPNV die Anschlüsse zum SPNV, der so genannte „Sachsen-

takt“ im SPNV und die Bindungen innerhalb des Fahrplangefüges im Nahverkehrsraum Leipzig beachtet werden,

• die Hauptlinien des Busverkehrs im Takt und die übrigen Linien bedarfsorientiert betrieben werden,

• mit dem SPNV konkurrierende parallele Busverkehre regelmäßig vermieden werden, • nicht öffentliche Sonderverkehre nach Möglichkeit der Allgemeinheit zugänglich gemacht

werden, • die Stationen des SPNV fußläufig oder von Zubringerverkehrsmitteln gut erreichbar sind und • durch den Neu- und Ausbau von Fahrradabstellanlagen und von PKW-Parkplätzen (B+R/P+R) an

den Stationen des SPNV die Wirksamkeit des Schienenverkehrssystems unterstützt wird.

G 10.2.5 Die Anbindung der Mittelzentren Döbeln, Oschatz und Torgau an den schienengebundenen Nah-verkehr ist bedarfsgerecht so sicherzustellen, dass Standortnachteile im Ländlichen Raum vermin-dert werden und die Erreichbarkeit des Oberzentrums Leipzig verbessert wird.

G 10.2.6 Die Erreichbarkeit der Tourismusgebiete mit dem ÖPNV ist bedarfsgerecht sicherzustellen. Die An-bindung und Erschließung der Tourismusgebiete „Dübener Heide“, „Dahlener Heide“, „Wermsdorfer Forst“ und „Südraum Leipzig“ sind im Rahmen der Gesamtverkehrsplanung von SPNV und ÖPNV-Straße zu verbessern.

G 10.2.7 Das Straßenbahnnetz der Stadt Leipzig ist zu erhalten, nach Möglichkeit auf vom Straßenverkehr unabhängigen Trassen zu führen, bedarfsgerecht auszubauen und mit anderen Verkehrsträgern zu verknüpfen.

Z 10.2.8 ÖPNV-Knotenpunkte sind auszubauen. Dabei ist die räumliche Verknüpfung der Verkehre zu optimieren und sind die Anforderungen der Fahrgäste zu berücksichtigen.

Z 10.2.9 Auf den Ausbau aller langfristig zu erhaltenden SPNV-Zugangsstellen ist hinzuwirken. Dabei ist eine Benutzung durch in der Mobilität eingeschränkte Personen zu ermöglichen.

Z 10.2.10 Der ÖPNV ist durch einen bedarfsgerechten Neu- bzw. Ausbau von P+R-Anlagen zu stärken. Dazu sind insbesondere die Kapazitäten der P+R-Anlagen an den Stationen des SPNV Borna, Borsdorf, Dahlen, Döbeln, Eilenburg-Ost, Kühren, Schkeuditz und Torgau wesentlich zu erhöhen.

Begründung zu 10.2 Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV)

Zu Ziel 10.2.1 Der ÖPNV trägt maßgeblich zur Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Westsachsen bei, ist ein wesentliches Element zur Verbesserung der Umwelt- und Lebensbedingungen und somit von besonderer strukturpolitischer Bedeutung. Der ÖPNV muss als unverzichtbarer Be-standteil der Infrastruktur die Mobilität aller Gruppen der Bevölkerung unter zumutbaren Bedingungen ermöglichen. Der Rückgang der Schüler- und Erwerbstätigenzahlen und die Ausstattung nahezu aller Haushalte mit einem oder mehreren Kraftfahrzeugen erfordern verstärkte Anstrengungen, um eine genügende Auslastung des aus umwelt-, energie- und entwicklungspolitischen Gründen notwendigen ÖPNV zu erreichen. Ohne Erhöhung seiner Attraktivität und Leistungsfähigkeit wird sich der Nachfragerückgang im ÖPNV fortsetzen.

Für den Aufbau eines attraktiven, leistungsfähigen und bedarfsorientierten Netzes für den ÖPNV ist ein gegliedertes Leistungsangebot aus Schienenpersonennahverkehr (SPNV) als Rückgrat, städtischem Nahverkehr des Oberzentrums mit Stadtbahn, Straßenbahn und Bus, vertaktetem Busverkehr zwischen den Zentralen Orten und einem bedarfsgerechten, ggf. bedarfsgesteuerten Angebot für die Flächen-erschließung anzustreben sowie durch Knotenpunkte, Fahrplanabstimmung und Anschlusssicherung miteinander zu verknüpfen. Die nahverkehrspolitischen Zielvorstellungen des Freistaats sind im LEP, im Gesetz über den öffentlichen Personennahverkehr im Frei-staat Sachsen (ÖPNVG) und im Fachlichen Entwicklungsplan Verkehr des Freistaats Sachsen enthalten.

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Regionalplan Westsachsen 2008 10 Verkehr

Zu Ziel 10.2.2 Nach LEP (Ziele 2.5.2, 2.5.3) ist im Verdichtungsraum Leipzig unter Beachtung der Aspekte des Umweltschutzes und der spezifischen Mobilitätsbedürfnisse der Bevölkerung ein leistungsfähiger ÖPNV zu entwickeln und zu sichern. Im Ländlichen Raum ist der ÖPNV zu sichern. Dazu soll der ÖPNV ausgebaut, attraktiv gestaltet und zu einem integrierten, d. h. vernetzten Gesamtangebot entwickelt werden. Der Schienenpersonennahverkehr (SPNV) ist dabei das Rückgrat der öffentlichen Verkehrsbedienung.

Ein leistungsfähiges öffentliches Personennahverkehrssystem mit einer Ausrichtung auf Leipzig, vernetzt mit einem dichten Rad- und Fuß-wegenetz, besitzt als Alternative zum motorisierten intensiven Individualverkehr große Bedeutung. In den Städten und im Verdichtungs-raum soll der ÖPNV Vorrang vor dem motorisierten Individualverkehr (MIV) haben, um insbesondere Luft- und Lärmbelastungen zu reduzieren und einer weiteren Versiegelung durch den Bau von Verkehrsflächen entgegenzuwirken. In den Ländlichen Räumen ist eine notwendige Mindestbedienung sicherzustellen, um auch in den Räumen mit einer vergleichsweise geringen Bevölkerungsdichte die Erreichbarkeit zentralörtlicher Versorgungseinrichtungen mit einem zumutbaren Zeitaufwand zu gewährleisten. Als notwendige Mindest-bedienung im Ländlichen Raum sollen die Gemeinden werktags durch das öffentliche Liniennetz des ÖPNV nach §§ 42, 43 (2) PBefG angebunden und die Hin- und Rückfahrt sowohl innerhalb eines Halbtages- als auch innerhalb eines Tageszeitraums möglich sein.

Zu Grundsatz 10.2.3 Nach § 2 ÖPNVG ist zur Verbesserung des ÖPNV eine integrierte Verkehrsgestaltung durch die Bildung von Verkehrskooperationen auch ländergrenzenüberschreitend anzustreben. Dazu dient auch die Gründung der Mitteldeutschen Verkehrsverbund GmbH (MDV), bestehend aus den Gebietskörperschaften der Stadt Leipzig, den Landkreisen Delitzsch, Döbeln, Leipziger Land und Torgau-Oschatz sowie dem Muldentalkreis (Sachsen), der Stadt Halle, dem Landkreis Burgenland und dem Saalekreis (Sachsen-Anhalt) und dem Landkreis Alten-burger Land (Freistaat Thüringen). Der MDV ist ein Mischverbund, bestehend aus den Aufgabenträgern des ÖPNV (angeführte Landkreise sowie kreisfreie Städte) und Verkehrsunternehmen. Mit der Errichtung einer Tarifgemeinschaft, der Schaffung eines einheitlichen Fahr-plankonzepts sowie der Bildung von landesübergreifenden Verkehrsverbünden wird eine Vielzahl von Verkehrsangeboten zusammen-geführt sowie eine wirtschaftlichere und kundenfreundlichere Organisation des ÖPNV erreicht.

Zwischen den benachbarten Landkreisen Torgau-Oschatz und Elbe-Elster (Land Brandenburg) bestehen Verflechtungen, die auch bei der Planung des ÖPNV berücksichtigt werden sollen. Mit der Wahrnahme der Erhaltung und Weiterentwicklung des Nahverkehrsangebots im Landkreis Elbe-Elster ist die Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg GmbH beauftragt. Zur weiteren Entwicklung der Vernetzung zwischen den mittelzentralen Räumen Torgau und Herzberg/Elster sollen daher tarifliche Lösungen bedarfsgerecht entwickelt werden.

Zu Ziel 10.2.4 Nach § 5 ÖPNVG sind für die Entwicklung des ÖPNV in den Nahverkehrsräumen durch die kommunalen Aufgabenträger nach § 4 ÖPNVG flächendeckend Nahverkehrspläne aufzustellen. Die Nahverkehrspläne stehen in engem Zusammenhang mit der regionalen Ge-samtentwicklungskonzeption und deren gesamtplanerischen Zielsetzungen. Sie sollen dabei insbesondere auf eine an den Verkehrsbe-dürfnissen ausgerichtete bestmögliche Nahverkehrsgestaltung und auf die Zusammenarbeit der Nahverkehrsunternehmen hinwirken.

Bei der Aufstellung und Fortschreibung der Nahverkehrspläne ist nach Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) den Anforderungen mo-bilitätseingeschränkter Fahrgäste gerecht zu werden. Dazu hat nach Personenbeförderungsgesetz (§ 8 Abs. 3 PBefG) der Nahverkehrs-plan die Belange behinderter und anderer Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigung mit dem Ziel zu berücksichtigen, für die Nutzung des ÖPNV eine möglichst weitreichende Barrierefreiheit zu erreichen; im Nahverkehrsplan sind dazu Aussagen über zeitliche Vorgaben und erforderliche Maßnahmen zu treffen. Nach § 4 BGG sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel barrierefrei, wenn sie für behin-derte Menschen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.

Der Aufstellung und Fortschreibung der Nahverkehrspläne soll ein Anforderungsprofil als Grundlage für die Bewertung des vorhandenen Nahverkehrssystems, für die Konzeption des künftigen ÖPNV-Angebots sowie für die Ableitung konkreter Maßnahmen im Nahverkehrs-raum zugrunde gelegt werden. Im Anforderungsprofil legt der Aufgabenträger die grundsätzlichen Entwicklungsziele, die Mindeststandards der ÖPNV-Bedienung und die wesentlichen ÖPNV-Qualitätsmerkmale als Ziel- bzw. Soll-Zustand fest. Die im Anforderungsprofil fest-gelegte „ausreichende“ bzw. „angemessene“ ÖPNV-Bedienung ermöglicht, die Vorstellungen des Aufgabenträgers klar zu formulieren. Dieses ist insbesondere für eine unternehmensunabhängige Betrachtung des Gesamtsystems ÖPNV von Bedeutung, um die Beziehung zwischen Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen zu regeln. Inwieweit vorhandene qualitative und quantitative Abweichungen vom definierten Anforderungsprofil auch einen Handlungsbedarf begründen, muss auf der Grundlage der konkreten Rahmenbedingungen und Prioritäten unter Berücksichtigung finanzieller und wirtschaftlicher Aspekte im Einzelfall entschieden werden.

Mit der Aufstellung der Nahverkehrspläne wird das Ziel verfolgt, auch die Fernverkehrsbahnen mit ihrer Funktion der Verbindung von Ver-dichtungsräumen, die Nahverkehrsbahnen mit ihrer punkt-axialen Erschließungsfunktion sowie die zur Bewältigung des Stadtverkehrs dienenden Stadtbahnen zu einem einzigen System (Taktfahrplan) zu verknüpfen. Durch Abstimmung der Fahrpläne an den Nahtstellen der Systeme, d. h. den Haltestellen der Schnellbahnen und den Fernbahnknoten soll ein Umsteigen ohne längere Wartezeiten ermöglicht und die Durchlässigkeit des Gesamtsystems erreicht werden.

Die ÖPNV-Systeme eignen sich für die verschiedenen Aufgaben in unterschiedlicher Weise. Während sich das Schnellbahnsystem durch die dichte Zugfolge im Taktfahrplan (20- bis 30-Minuten-Takt) und eine hohe Reisegeschwindigkeit auszeichnet, liegen die Stärken der nachgeordneten Systeme in der Erschließungs- und Flächenwirkung. Dem Busverkehr kommt die Aufgabe der Verkehrserschließung in der Fläche zu; er erfüllt hier gleichzeitig eine Zubringer- und eine Verteilerfunktion. Bei der Anbindung aller Gemeinden an das Buslinien-netz und einer Verknüpfung von Bus und Bahn sind auch die Anschlüsse an die Fernverkehrsverbindungen gewährleistet. Parallelver-kehre zwischen Bus und Bahn sollen beseitigt und Sonderlinien des Schülerverkehrs in den ÖPNV integriert werden, wenn damit eine wesentliche Verbesserung der Bedienung oder der Wirtschaftlichkeit erreicht werden kann. Weil im Schienenverkehr in einem regel-mäßigen Taktfahrplan gefahren werden soll, müssen auch die integrierten Buslinien diesen Takt aufnehmen. Die übrigen Buslinien werden der geringeren Nachfrage entsprechend bedarfsorientiert sowie zur Sicherstellung des Mindestangebots bedient.

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Regionalplan Westsachsen 2008 10 Verkehr

Die Fahrpläne des SPNV sind so zu gestalten, dass langfristig durch die Busunternehmen der Übergang zwischen Bahn und Bus er-möglicht werden kann. In diesem Zusammenhang soll darauf hingewirkt werden, dass auch bezüglich der Unterrichtsbeginn- und -schluss-zeiten an den Schulen die nötige Flexibilität grundsätzlich sichergestellt wird. Eine ständige Anpassung der Schulanfangs- und Schulend-zeiten nach jedem Fahrplanwechsel der Bahn ist jedoch nicht umsetzbar. Für die Organisation des optimalen und wirtschaftlichen Schüler-verkehrs im Linienverkehr sind gestaffelte Schulanfangs- und Schulendzeiten, versetzt um die Fahrzeiten des ÖPNV, auch zukünftig not-wendig. Das Angebot des ÖPNV hinsichtlich Schülerbeförderung muss sich auch der Neuordnung der Schullandschaft wegen der Ver-ringerung der Schülerzahlen und damit verbundener Reduzierung der Schulstandorte für Mittelschulen und Gymnasien anpassen. Die Sicherung der Schülerbeförderung bildet insbesondere im Ländlichen Raum ein wesentliches Grundgerüst des ÖPNV. Vor diesem Hinter-grund ist auch die Sicherung von Schulstandorten in Zentralen Orten eine wesentliche Grundlage zur Erreichbarkeit und damit zur Sicherung zentralörtlicher Einrichtungen. Aufgrund rückläufiger Schülerzahlen ist neben der Schülerbeförderung als Rückgrat des ÖPNV das Verkehrsangebot verstärkt auch auf die Belange weiterer Fahrgastgruppen (z. B. Einkaufs-, Freizeit- und Berufsverkehr) auszurichten, um die Wirtschaftlichkeit der angebotenen öffentlichen Verkehrsleistungen zu erhalten bzw. zu verbessern.

Die Ausgestaltung fahrplanmäßig optimaler Übergangsmöglichkeiten zwischen Schiene und Bus ist nur im Zusammenwirken von opti-miertem Busverkehr mit dem bereits realisierten („Sachsen“-)Takt-Fahrplan im SPNV möglich. Dazu sollen „Hauptlinien“ des Busverkehrs im Takt („Grundnetz“) und die übrigen Linien („Ergänzungsnetz“) bedarfsorientiert betrieben werden. Als „Hauptlinie“ gelten zentrenverbin-dende Linien sowie solche mit dichtem Fahrplantakt (mindestens acht Fahrtenpaare). Für die bedarfsorientiert verkehrenden Linien im ländlichen Raum ist für die Busverkehre als Zu- und Abbringer zum SPNV zumindest ein regelmäßiges „Fahrplan-Raster“ anzustreben. Empfehlungen für Anforderungsprofil und ÖPNV-Mindeststandards bei der Aufstellung und Fortschreibung von Nahverkehrs-plänen im Nahverkehrsraum Leipzig sowie in den Landkreisen (in Anlehnung an Empfehlungen des Verbands deutscher Verkehrsunternehmen) Anbindung der Siedlungen an den ÖPNV Für eine wirtschaftliche Verkehrsgestaltung ist die Anbindung von Siedlungen an den ÖPNV ab einer Einwohnerzahl von 200 sinnvoll. Siedlungskategorien und ÖPNV-Netzebenen (Bedienungsebenen) Eine Grundlage für die Festlegung der ÖPNV-Mindeststandards bildet die Zuordnung der Siedlungen bzw. der Verkehrszellen des Nahver-kehrsraums in Siedlungskategorien, um damit die Anforderungen an die ÖPNV-Leistung in unterschiedlichen Räumen hinreichend definieren zu können. Für die Zuordnung werden die verkehrlichen Auswirkungen raum- und stadtstruktureller Entwicklungen bewertet. Eingangsgrößen sind hierbei verkehrsrelevante Strukturdaten (Einwohner und -dichte, Arbeitsplätze und -platzdichte, Verkaufsraumfläche und -dichte, Ausbildungsplätze und -platzdichte), raumstrukturelle Strukturgrößen (Zentralörtliche Gliederung) und Funktionalität (verkehr-liche Bedeutung). Auf Grundlage dieser Eingangsgrößen erfolgt die Zuordnung in verschiedene Siedlungskategorien. Bei Siedlungs-kategorien gleicher Wertigkeit kann von vergleichbaren Verkehrsaufkommen und ähnlichen Verkehrsverflechtungen ausgegangen werden. - Siedlungskategorie 0: Oberzentrum Leipzig (Kernstadt), benachbarte Oberzentren (Kernstädte) - Siedlungskategorie 1: Kernstädte der Mittelzentren - Siedlungskategorie 2: Kernstädte der Grundzentren und grundzentraler Verbünde, SPNV-Haltepunkte mit sehr hoher Verknüp

fungsfunktion - Siedlungskategorie 3: Kernstädte der Grundzentren und grundzentraler Verbünde, SPNV-Haltepunkte mit hoher Verknüpfungs

funktion - Siedlungskategorie 4: Gemeindeteile ab 500 Einwohner - Siedlungskategorie 5: Gemeindeteile < 500 Einwohner

Neben der Definition der Siedlungskategorien bildet die Festlegung der Bedienungsebenen des ÖPNV-Systems eine weitere wesentliche Grundlage. Die Bedienungsebenen unterscheiden sich hinsichtlich ihrer verkehrlichen Funktionen, dem Verkehrsmitteleinsatz sowie dem Verkehrsangebot und werden räumlich und zeitlich miteinander verknüpft. - Grundnetz 1a. Ordnung: regionalbedeutsame Direktverbindungen des SPNV im Nahverkehrsraum Leipzig als Zulaufstrecken aus

den Mittelzentren zum Oberzentrum Leipzig - Grundnetz 1b. Ordnung: regionalbedeutsame Direktverbindungen des SPNV im Nahverkehrsraum Leipzig als Tangenten bzw.

Zulaufstrecken aus den Mittelzentren zu benachbarten Oberzentren - Grundnetz 2. Ordnung: bedeutsame Direktverbindungen zwischen Mittelzentren im Kreisgebiet - Grundnetz 3. Ordnung: Direktverbindungen zwischen Mittel-/Grundzentren/grundzentralen Verbünden und Gemeinden ohne Zen

tralität ihres Verflechtungsbereichs - Ergänzungsnetz: ergänzendes Busliniennetz und Sonderverkehre (i. d. R. nicht vertaktet, richten sich nach örtlichen Gege

benheiten wie z. B. Schulzeiten) - Flexible Angebote: bedarfsorientierte Betriebsformen in nachfrageschwachen Zeiten und Räumen Aus der Überlagerung der Siedlungskategorien, der Systemverfügbarkeit und der Verkehrsströme können die Hauptachsen des Grund- und Ergänzungsnetzes abgeleitet werden. ÖPNV-Mindeststandards Mindeststandards sollen für die Erschließung, die Verbindungsqualität, die Bedienung und für die Verknüpfung festgelegt werden.

1. Erschließung Die Erschließungsqualität wird durch Mindeststandards für die flächenhafte und räumliche Erschließung (Haltestelleneinzugsbereiche) und durch die Erschließungsschwerpunkte definiert.

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Regionalplan Westsachsen 2008 10 Verkehr

- Flächenhafte Erschließung: Alle Flächen des Nahverkehrsraums mit zusammenhängender Bebauung und mehr als 200 Einwohnern oder einer entsprechenden Anzahl von Berufseinpendlern oder verkehrserzeugenden Einrichtungen sind durch den ÖPNV zu erschließen. Eine Fläche gilt als er-schlossen, wenn die in Tabelle 10-1 genannten Erschließungsgrade erfüllt sind. Tab. 10-1: Mindeststandard für den Erschließungsgrad in Abhängigkeit von Gebietskategorie und Tageszeit

Erschließungsgrad (Anteil bebauter Fläche innerhalb der fußläufigen Haltestelleneinzugsbereiche) in % Siedlungskategorie Hauptverkehrszeit (06.00-08.00 Uhr und 15.00-18.00 Uhr) Nebenverkehrszeit (08.00-15.00 Uhr und 18.00-20.30 Uhr)

Spätverkehrszeit (ab 20.30 Uhr)

1 80 40 2 70 kein Angebot 3 60 kein Angebot 4 50 kein Angebot 5 40 kein Angebot

- Räumliche Erschließung: Planungsziele für die Einzugsbereiche der ÖPNV-Haltestellen sollen in Abhängigkeit von der Siedlungskategorie und dem Verkehrsmittel bestimmt werden (Luftlinienentfernung für Gebietskategorie 1-5 bei Bus: 300 m-500 m, SPNV: 600 m-1 000 m)

- Erschließungsschwerpunkte Arbeitsplatz- und Ausbildungsplatzschwerpunkte, Schwerpunkte des Einkaufs- und Erledigungsverkehrs, zentrale Einrichtungen (wie Krankenhäuser), sonstige überörtlich bedeutsame Ziele (Sportstätten, kulturelle Einrichtungen und Freizeiteinrichtungen) 2. Verbindungsqualität Die Verbindungsqualität wird durch Mindeststandards für Erreichbarkeit und Umsteigehäufigkeit definiert.

- Erreichbarkeit: • Erreichbarkeit der zentralen Orte aus den jeweiligen Verflechtungsräumen (unter Berücksichtigung der Fußwege in Minuten)

− Grundzentrum 30 Minuten, Mittelzentrum 60 Minuten, Oberzentrum 90 Minuten • Anbindung aller zu erschließenden Wohnstandorte an den zugehörigen grundzentralen Siedlungs- und Versorgungskern • Verbindung zwischen den Siedlungs- und Versorgungskernen grundzentraler Verbünde • Anbindung der Grundzentren/grundzentrale Verbünde an das zugehörige Mittelzentrum • Anbindung der Mittelzentren an die Ober- und Mittelzentren benachbarter Gebietskörperschaften • Erreichbarkeit des Oberzentrums Leipzig von den Mittelzentren im Spätverkehr

- Umsteigehäufigkeit: Einer umsteigefreien Verbindung ist der Vorrang gegenüber kürzeren Reisezeiten zu geben. Die maximal zumutbare Umsteigehäufigkeit auf den Verbindungen ist in Abhängigkeit von der Siedlungskategorie 2-mal-Umsteigen pro Weg, wobei aus den Zentralen Orten der nächst höhere Zentrale Ort umsteigefrei erreicht werden soll. 3. Bedienung Die Bedienungsqualität wird durch Mindeststandards Fahrtenangebot bzw. Takt und Bedienungszeiträume definiert. Das ÖPNV-System kann daher in Grundnetz 1. bis 3. Ordnung sowie dem Ergänzungsnetz gegliedert werden. Das werktägliche fahrplanmäßige Mindest-angebot auf den Achsen der Netzebenen steht in Abhängigkeit vom Tageszeitraum (Tab. 10-2). Tab.10-2: Mindestangebot für die ÖPNV- Bedienungsqualität in Abhängigkeit von Netzebene und Tageszeit

Netzebene Achse

Hauptverkehrszeit (06.00-09.00 Uhr und 15.00-18.00 Uhr)

Nebenverkehrszeit (09.00-15.00 Uhr und 18.00-20.00 Uhr

Spätverkehrszeit (20.00-24.00 Uhr)

Grundnetz 1a. Ordnung (SPNV-Hauptverkehrsachse)

30’- bis 60’-Takt 30’- bis 60’-Takt 60’- bis 120’-Takt

Grundnetz 1b. Ordnung (SPNV-Nebenverkehrsachse)

60’-Takt 60’- bis 120’-Takt 120’-Takt

Grundnetz 2. Ordnung 60’-Takt 60’- bis 120’-Takt mindestens 3 Fahrten/Richtung Grundnetz 3. Ordnung 60’- bis 120’-Takt 120’ Takt bedarfsgerecht, kein Takt

(1 Fahrtenpaar) Ergänzungsnetz bedarfsgerecht bedarfsgerecht, kein Takt kein Angebot

Das Mindestfahrtenangebot im Linienverkehr für zu erschließende Orte mit mehr als 200 Einwohnern beträgt 2 Fahrtenpaare pro Werktag. Im Nachtverkehr ab 24.00 Uhr wird kein ÖPNV im Linienverkehr angeboten. Am Wochenende wird auf den Achsen des Grundnetzes 2. Ordnung ein im gesamten Tageszeitraum von 06.00 bis 24.00 Uhr durchgängiger 60’-Takt, auf den Achsen des Grundnetzes 3. Ordnung im Tageszeitraum von 06.00 bis 18.00 Uhr ein bedarfsgerechter Linienverkehr und im Ergänzungsnetz kein ÖPNV im Linienverkehr an-geboten. In nachfrageschwachen Tageszeiten und Verkehrsräumen sowie in Zeiten ohne Angebot im Linienverkehr ist die bedarfs-gerechte Einführung flexibler Betriebsformen zu prüfen.

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Regionalplan Westsachsen 2008 10 Verkehr

4. Verknüpfung Zur Steigerung der Attraktivität des Nahverkehrssystems und zur Stärkung der Schienenachsen (Grundnetz 1. Ordnung) ist eine gute zeitliche und räumliche Verknüpfung der öffentlichen Verkehrsmittel untereinander von wesentlicher Bedeutung. In Abhängigkeit von den zu verknüpfenden Linien der unterschiedlichen Netzebenen werden die wesentlichen Verknüpfungspunkte definiert. - Verknüpfungspunkte 1. Ordnung (Umsteigepunkte zwischen Linien des Grundnetzes):

Der Fahrplan des regionalen Busverkehrs soll so gestaltet sein, dass ein Anschluss innerhalb einer Übergangszeit von 5 bis 10 Minuten zwischen Bus und Bahn sowie zwischen Bus und Bus gewährleistet ist. Dabei sollen sich die Fahrpläne an den jeweils nach-fragestärksten Relationen ausrichten.

- Verknüpfungspunkte 2. Ordnung (Umsteigepunkte zwischen den Linien des Grundnetzes und den Linien des Ergänzungsnetzes) Der Fahrplan des regionalen Busverkehrs soll so gestaltet sein, dass ein Anschluss jeweils innerhalb einer Übergangszeit von 5 bis 10 Minuten zwischen Bus und Bahn bzw. zwischen Bus und Bus gewährleistet ist.

Zur Sicherung des Übergangs zwischen Motorisiertem Individualverkehr (MIV) bzw. Radverkehr und dem ÖPNV bzw. SPNV soll an den wichtigen Haltepunkten/Haltestellen die Anlage weiterer P+R bzw. B+R-Anlagen geprüft werden.

Zu Grundsatz 10.2.5 Eine nachhaltige Entwicklung strukturschwacher Ländlicher Räume erfordert eine Verbesserung der verkehrlichen Anbindung dieser Gebiete an die Verdichtungsräume (Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung zur „Nachhaltigen Entwicklung strukturschwacher Ländlicher Räume“ vom 03.06.1997). Dazu soll in Westsachsen der Ländliche Raum durch eine bedarfsgerechte Anbindung an den SPNV der Mittelzentren Döbeln, Oschatz sowie Torgau erfolgen und die Erreichbarkeit des Oberzentrums Leipzig verbessert werden, um diese Mittelzentren als Versorgungsschwerpunkte und Wachstumspole für die regionale Entwicklung zu stärken und Entwicklungsimpulse aus der Stadtregion Leipzig in diesen Raum zu lenken.

Zu Grundsatz 10.2.6 Die Entwicklung der Tourismusgebiete als Wirtschaftsfaktor ist insbesondere für den strukturschwachen Ländlichen Raum von hoher Bedeutung. Deshalb gilt es, die Potenziale der Dübener und Dahlener Heide sowie des Wermsdorfer Forstes als „Gebiete mit bereits vorhandenem Tourismus“ besser nutzbar zu machen (siehe auch zu G 8.1.2). Gleiches gilt für das Tourismusgebiet „Südraum Leipzig“ als „Gebiet mit Eignung/Ansätzen für eine touristische Entwicklung“. Der „Südraum Leipzig“ ist für eine touristische Nutzung auch mit angren-zenden Tourismusgebieten zu vernetzen (siehe auch zu G 8.1.3/Z 8.1.4). Dazu sind diese Erholungsräume in die Gesamtverkehrsplanung des ÖPNV zur Verbesserung der Standortvoraussetzungen verstärkt einzubeziehen.

Zu Grundsatz 10.2.7 Innerhalb der Stadt Leipzig und in ihrem engeren Umland wird die Straßenbahn auch weiterhin die Hauptlast des öffentlichen Verkehrs tragen. Das Straßenbahnnetz Leipzigs ist, soweit erforderlich, zu erweitern und mit anderen Verkehrsträgern zu verknüpfen. Dazu sind zur Verbesserung der Bedienungsqualität ausgewählte Straßenbahnstrecken für einen leistungsfähigen und schnellen Stadtbahnverkehr auszubauen. Gleichfalls sind Optionen von Streckenverlängerungen der Straßenbahn in funktionsräumlich eng mit der Kernstadt Leipzig verbundene Ortsteile wie Liebertwolkwitz, Lindenthal, Portitz und Probstheida Rückmarsdorf offenzuhalten. In Folge der Entwicklung des Markkleeberger Sees erfolgen durch die LVB und die Stadt Markkleeberg Untersuchungen zur Verlängerung der Straßenbahn bis zum Markkleeberger See.

Zu Ziel 10.2.8, Ziel 10.2.9 und Ziel 10.2.10 Die Plansätze zielen auf die Steigerung und Sicherung der Attraktivität des Nahverkehrssystems als Gesamtsystem sowie auf die Stärkung der Schienenachsen ab. Hierzu ist eine gute zeitliche und räumliche Verknüpfung der öffentlichen Verkehrsmittel untereinander von wesentlicher Bedeutung.

Als „ÖPNV-Knotenpunkt“ gelten dabei ÖPNV-Verknüpfungspunkte des MDV, die gekennzeichnet sind durch eine Bedienung mit min-destens 2 Linien des ÖPNV, die im Taktverkehr sowie mindestens im 2-Stunden-Takt bzw. mit 8 Fahrtenpaaren an Werktagen verkehren und verkehrlich sinnvolles Umsteigen ermöglichen.

In Z 10.2.10 sind ausschließlich Stationen benannt, bei denen ein bedarfsgerechter Neu- bzw. Ausbau von P+R-Anlagen von mindestens 40 Stellplätzen erforderlich ist. Darüber hinaus gibt es weitere Stationen mit einem Neu- bzw. Ausbaubedarf von P+R-Anlagen.

Ausweisungsgrundlagen (für den Neu- und Ausbau von P+R-Anlagen): Untersuchungen des ZVNL

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Regionalplan Westsachsen 2008 10 Verkehr

10.3 Schienenverkehr Karte Die im FEV für den Schienenverkehr (Neu-, Ausbau, Trassenfreihaltungen, Bestand) enthaltenen zeich-

nerischen Festlegungen und Darstellungen sind, soweit sie noch nicht realisiert wurden, in Karte 14 „Raum-nutzung“ dargestellt. Das im LEP, Karte 12 dargestellte Planungserfordernis „Neubaustrecke (NEU) – Korridor Eisenbahn/ Magnetschwebebahn“ ist als „Eisenbahn/Magnetschwebebahn (Korridor, Planung LEP)“ in Karte 14 „Raum-nutzung“ dargestellt.

Hinweis Die dargestellte Trasse „Neubaustrecke (NEU) – Korridor Eisenbahn/Magnetschwebebahn“ dient der Infor-mation und entfaltet keine raumordnerische Bindungswirkung.

Z 10.3.1 In Westsachsen ist ein leistungsfähiges S-Bahnnetz als wesentlicher Bestandteil des länderüber-greifenden Gesamtverkehrssystems für den Großraum Leipzig-Halle auszubauen. Ergänzend zu den Strecken vom Oberzentrum Leipzig zum Oberzentrum Halle/Saale und den Mittel-zentren Delitzsch und Wurzen sind dazu vorrangig die Verbindungen zu den Mittelzentren Borna, Eilenburg und Grimma als Bestandteil eines ländergrenzenübergreifenden Gesamtverkehrssystems für den Großraum Leipzig-Halle auszubauen. Auf die Einbeziehung der Stadt Altenburg (Thüringen) ist hinzuwirken.

Z 10.3.2 Mit der Realisierung des City-Tunnels Leipzig zwischen Hauptbahnhof und Bayerischem Bahnhof als Kernelement des S-Bahnnetzes im Großraum Leipzig-Halle sind netzergänzende Maßnahmen wie der Bau zusätzlicher Zugangsstellen, die Elektrifizierung der Strecke Neukieritzsch-Geithain im Ab-schnitt Borna-Geithain und der Bau des Verbindungsbogens Leipzig/Stötteritz-Paunsdorf-Engelsdorf durchzuführen.

Z 10.3.3 Die traditionsreiche „Döllnitzbahn“ soll als Schmalspurbahn erhalten und einer touristischen Nut-zung zugeführt werden. Dazu ist der Bahnhof Mügeln in das Projekt „Bahnerlebniswelt“ einzubinden.

Z 10.3.4 Die Trassen stillgelegter Bahnstrecken sollen gesichert werden. Übergangsweise ist eine andere Nutzung der Trassen zulässig, sofern sie der Wiederinbetriebnahme der Bahnstrecken nicht ent-gegensteht und die jeweilige Nutzung reversibel ist.

Z 10.3.5 Auf die Wiederinbetriebnahme der Bahnstrecken Eilenburg-Bad Düben-(Bad Schmiedeberg) und Torgau-Dommitzsch-(Pretzsch) für den Personennahverkehr ist länderübergreifend in Abstimmung mit Sachsen-Anhalt hinzuwirken.

G 10.3.6 Der Schienengüterverkehr soll zur Vermeidung von Umweltbelastungen weiterentwickelt werden und die Erschließung der Region gewährleisten. Dazu sollen nach Bedarf weitere Umschlagstellen des Kombinierten Ladungsverkehrs sowie Industriestammgleise und private Gleisanschlüsse erhalten, ggf. ausgebaut sowie Güterverkehrsstrecken gesichert werden.

Begründung zu 10.3 Schienenverkehr Nach FEV (G 2.1) muss die Eisenbahn in Sachsen einen wesentlichen Beitrag zur Lösung der Verkehrsprobleme leisten. Der weitere Aus-bau des Eisenbahnnetzes wird angestrebt, um den Anteil der Eisenbahn an der Abwicklung des Personen- und Güterverkehrs zu erhöhen (FEV, G 2.3). Die Eisenbahnstrecken des überregionalen Verkehrs sind bedeutende Eisenbahnstrecken, die im Zuge Überregionaler Ver-bindungsachsen große Bevölkerungspotenziale erschließen und wichtiger Bestandteil innerdeutscher Fernverbindungen bzw. des euro-päischen Verkehrsnetzes sind, aber auch dem SPNV dienen. Die Eisenbahnstrecken des regionalen Verkehrs sind im Wesentlichen Zu-bringerstrecken zu den Verdichtungsräumen, dienen im Rahmen des Personenverkehrs dem SPNV. Beide sind an Übergangsstellen mit dem übrigen Verkehr vernetzt.

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Regionalplan Westsachsen 2008 10 Verkehr

Tab.10-3: Festlegungen des FEV zum Schienenverkehr (Darstellung in Karte 14 „Raumnutzung“) – ohne realisierte Maßnahmen

Eisenbahnstrecke (nach FEV Z 1.5, 1.6, 2.1, 2.2, G 2.5)

Maßnahme zeichnerische Ausweisung FEV

(Hof)-Leipzig Bestand/Ausbau Trasse Leipzig-(Cottbus-Frankfurt/O.) Bestand/Ausbau Trasse (Chemnitz)-Döbeln-(Berlin) Bestand/Ausbau Trasse Knoten Leipzig Bestand/Ausbau keine (Halle)-Delitzsch-Eilenburg Bestand/Ausbau Trasse Beucha-Brandis Bestand/Ausbau Trasse Borsdorf-Döbeln-(Coswig) Bestand/Ausbau Trasse Neukieritzsch-Borna-Geithain Bestand/Ausbau Trasse (Rochlitz)-Narsdorf Bestand/Ausbau Trasse (Glauchau)-Großbothen Bestand/Ausbau Trasse Leipzig-(Zeitz) Bestand/Ausbau Trasse Oschatz-Altmügeln Bestand/Ausbau Trasse Nord-Kurve-Leipzig Neubau Korridor Südumfahrung Riesa (nach Abwägung keine Darstellung in Karte 14) Neubau Korridor

Auf den Strecken Beucha-Brandis, (Rochlitz)-Narsdorf, (Glauchau)-Großbothen und Oschatz-Altmügeln ist der SPNV abbestellt. Zur Reali-sierung des Vorhabens „Nord-Kurve-Leipzig“ bestehen seitens des Regionalen Planungsverbands Westsachsen erhebliche Bedenken.

Im geltenden Bedarfsplan für die Bundesschienenwege (Anlage zum Ersten Gesetz zur Änderung des Bundesschienenwegeausbau-gesetzes vom 15. September 2004) sind als Vorhaben aufgeführt: - Neubau-/Ausbaustrecke Erfurt-Leipzig/Halle Vordringlicher Bedarf - Ausbaustrecke Leipzig-Dresden Vordringlicher Bedarf - Ausbaustrecke Karlsruhe-Stuttgart-Nürnberg-Leipzig/Dresden Vordringlicher Bedarf - Ausbau Knoten Halle/Leipzig Vordringlicher Bedarf

Nach LEP (Z 10.4) ist im paneuropäischen Korridor IV eine Hochgeschwindigkeitsstrecke für ein Geschwindigkeitsniveau von mindestens 300 km/h zu realisieren. Als System dafür wird neben der Rad-Schiene-Technik die Magnetbahntechnik in Betracht gezogen. Mit einer Hochgeschwindigkeitsstrecke Berlin-Dresden(-Prag-Wien-Budapest) sollen die heutigen Reisezeiten verkürzt und gleichzeitig die über-regionale Erreichbarkeit Sachsens wesentlich verbessert werden. Eine über Sachsen führende Hochgeschwindigkeitsstrecke im pan-europäischen Verkehrskorridor IV ist auch als eine wesentliche Voraussetzung zu der aus raumordnerischer Sicht mittel- bis langfristig erforderlichen Entwicklung eines zweiten östlicheren europäischen Kernraums zu sehen. Für die Hochgeschwindigkeitsverbindung sind Freihaltekorridore erforderlich. Dazu ist in LEP, Karte 12 ein solcher Korridor auch östlich der BAB A 9 dargestellt. Dieser Korridor wurde in die Karte 14 „Raumnutzung“ übernommen. Diese Darstellung dient der Information und entfaltet keine raumordnerische Bindungswirkung.

Zu Ziel 10.3.1 Die Ausdehnung des Verdichtungsraums Leipzig sowie die sich daraus ergebenden intensiven Verflechtungsbeziehungen – insbesondere die starken Pendlerströme zwischen den Oberzentren Leipzig und Halle – erfordern leistungsfähige Schienenverbindungen. Zur Aufnahme der stärksten Pendlerströme und damit zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse zwischen diesen Zentren erfolgte der Aufbau eines leistungsfähigen S-Bahnnetzes als Grundgerüst des ÖPNV. Als wichtige Grundlage für die Entwicklung des Großraums Leipzig-Halle soll daher langfristig das S-Bahn-Netz weiter ausgebaut werden. Dabei sind die Verbindungen zwischen dem Oberzentrum Leipzig und den Mittelzentren Westsachsens von vorrangiger Bedeutung. Aufgrund der wirtschafts- und sozialräumlichen Verflechtungen zwischen Leipzig, dem Südraum Leipzig und der Stadt Altenburg (Freistaat Thüringen) ist Altenburg einzubeziehen.

Die gemäß standardisierter Bewertung entwickelten S-Bahn-Systeme zeichnen sich durch die dichte Zugfolge im Taktfahrplan, die Massenleistungsfähigkeit der Fahrzeuge sowie die hohe Reisegeschwindigkeit und Pünktlichkeit aus. Tab. 10-4: Festlegungen des FEV zum S-Bahn-Verkehr (Darstellung in Karte 14 „Raumnutzung“)

Eisenbahnstrecke mit einer Nutzung zugunsten der S-Bahn bzw. Vorhaben zur Netzergänzung (nach FEV Z 1.2)

zeichnerische Ausweisung FEV

Eisenbahnstrecken mit einer Nutzung zugunsten der S-Bahn von Leipzig nach Halle, Delitzsch, Borsdorf, Gaschwitz, Taucha, Miltitzer Allee/Markranstädt

Trasse

City-Tunnel Leipzig (Netzergänzung) Trasse Verbindungsbogen Leipzig/Stötteritz-Paunsdorf-Engelsdorf (Netzergänzung) Trasse Leipzig/Miltitzer Allee-Markranstädt (Netzergänzung) Korridor

Die Aufgabenträger des ÖPNV haben bei der Aufstellung der Nahverkehrspläne der Bedeutung des S-Bahnnetzes Rechnung zu tragen (siehe auch Begründungen zu Ziel 10.2.4 und zu Ziel 10.3.2).

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Regionalplan Westsachsen 2008 10 Verkehr

Zu Ziel 10.3.2 Als wesentlicher Bestandteil des S-Bahn-Systems im Verdichtungsraum Leipzig-Halle gilt die Tunnelverbindung zwischen dem Haupt-bahnhof Leipzig und dem Bayerischen Bahnhof. Diese Verbindung bündelt alle S-Bahnstrecken und ermöglicht eine zentrale Erschließung der Innenstadt. Mit der Realisierung dieses Tunnels ist gleichzeitig die Möglichkeit der Nutzung für den Regional- und Fernverkehr ge-geben. Insbesondere mit der Nutzung für den Regionalbahnverkehr und die Herstellung neuer Durchmesserlinien kann sowohl das Zentrum Leipzigs besser an umliegende Zentrale Orte angebunden als auch diese besser miteinander verbunden werden.

Im Rahmen des Vorhabens City-Tunnel Leipzig werden in den Bereichen der Nord- und Südanbindung des City-Tunnels Leipzig Folge-maßnahmen an der bestehenden Infrastruktur für den SPNV erforderlich, um die verkehrspolitischen Ziele in vollem Umfang erreichen zu können. Ziel der Folgemaßnahmen (Netzergänzende Maßnahmen) ist die Optimierung der bestehenden Bahninfrastruktur und der betrieb-lichen Abwicklung des Zugverkehrs im unmittelbaren Bereich des City-Tunnels sowie im Umland von Leipzig. Schwerpunkte der netz-ergänzenden Maßnahmen sind: - Neu- und Umbau von Zugangsstellen (Bahnhöfe Stötteritz, Connewitz; Haltepunkte Anger-Crottendorf, Völkerschlachtdenkmal, Mark-

kleeberg-Nord, Markkleeberg, Markkleeberg-Großstädteln, Gaschwitz) - Verbindungsbogen Leipzig/Stötteritz-Paunsdorf-Engelsdorf (mit Erhöhung der Streckengeschwindigkeit) - Elektrifizierung der Strecke Neukieritzsch-Geithain im Abschnitt Borna-Geithain (Anschluss der Grundzentren Geithain und Frohburg

sowie des Umlands an das elektrifizierte S-Bahn-Netz)

Zu Ziel 10.3.3 Nach FEV (Z 1.6) soll die Döllnitzbahn als Eisenbahnstrecke des regionalen Verkehrs in den öffentlichen Personennahverkehr integriert und in ihrer touristischen Bedeutung fortentwickelt werden. Untersuchungen des Zweckverbands Nahverkehrsraum Leipzig belegen, dass trotz Streckenausbaus zur Erhöhung der Reisegeschwindigkeit das Potenzial für einen Regel-SPNV hinsichtlich Fahrtenhäufigkeit, Reise-geschwindigkeit, Wagenmaterial und Reisekomfort nicht den Anforderungen, die an Angebote im SPNV regelmäßig gestellt werden, genügt. Aus diesem Grund wird von einer künftigen Einbindung in das regionale Nahverkehrssystem abgesehen. Um die Schmalspurbahn langfristig zu erhalten, soll verstärkt eine touristische Nutzung verfolgt werden.

Der Betrieb im Abschnitt Nebitzschen-Wermsdorf wurde 1972 eingestellt und der Rückbau der Eisenbahninfrastruktur in der Folgezeit durchgeführt. Mit dem Abschluss des Wiederaufbaus des Teilstücks Nebitzschen-Glossen im Jahr 2006 und die Herstellung einer direkten Übergangsstelle zum Schienennetz der kulturhistorisch wertvollen Feldbahnschauanlage Glossen wird die Döllnitzbahn verstärkt in das touristische Gesamtkonzept für diesen Raum eingebunden und damit als touristische Besonderheit weiter aufgewertet. Das Projekt „Bahn-erlebniswelt“ vernetzt so die Schmalspurbahn mit der Feldbahnschauanlage Glossen. Im „Spurwechselbahnhof Glossen“ kann der Bahn-reisende umsteigen, im Rahmen der Feldbahnfahrt funktionstüchtige Abbaugeräte im Betrieb erleben sowie das im Aufbau befindliche Steinbruch- und Feldbahnmuseum besuchen. In dieses Konzept soll als weitere Attraktion der Bahnhof Mügeln eingebunden werden.

Die Döllnitzbahn (oder „Mügelner Netz“) umfasste in Westsachsen die Strecken von Mügeln über Oschatz bis Strehla, über Döbeln nach Lommatzsch sowie von Mügeln über Wermsdorf/Mutzschen bis nach Neichen (an die Mulde) und nach Kroptewitz über Kemmlitz. Diese Strecken wurden vor allem zur Erschließung des landwirtschaftlich geprägten sächsischen Lösshügellands erbaut, wo sie insbesondere für den Transport von Zuckerrüben in die umliegenden Zuckerfabriken sowie für den Transport von Kaolin aus dem Raum Kemmlitz große Bedeutung besaßen. Mügeln, als zentraler Punkt dieses Netzes, besitzt so seit den 1920er Jahren Europas größten Schmalspurbahnhof (vgl. Fachbeitrag zum Landschaftsrahmenplan Region Westsachsen, 2.6.3.17 Historische Bahnstrecken).

Zu Ziel 10.3.4 Stillgelegte Bahntrassen sollen gesichert werden, um Potenziale zur Wiederinbetriebnahme des SPNV infolge langfristiger struktur-räumlicher Entwicklungen zu erhalten. Gleichfalls ist eine touristische Nutzung dieser Strecken möglich. Erfahrungen in den Verdichtungs-räumen der alten Bundesländer belegen, dass viele in den 70er Jahren aufgegebene und überbaute Nahverkehrstrassen heute für die Reaktivierung des SPNV wieder benötigt werden, um die Verkehrsbelastungen in den Ballungsräumen zu reduzieren.

Mit den Abbestellungen von Bahnleistungen für den SPNV durch die Landesverkehrsgesellschaft bzw. den Zweckverband für den Nah-verkehrsraum Leipzig wurde die Personenbeförderung auf Strecken mit geringem Verkehrsaufkommen eingestellt. Eine Wiederinbetrieb-nahme des SPNV infolge einer veränderten Siedlungs- und Gewerbestruktur könnte jedoch gerechtfertigt sein. Wesentliche Merkmale/ Funktionen dieser Strecken sind: Verlauf im Zuge Regionaler Achsen Verbindung höherrangiger Zentrale Orte länderübergreifende Kooperation im Rahmen der Wirtschaftsregion Halle-Leipzig-Dessau-Roßlau Entwicklung der Industriestandorte Böhlen und Espenhain (Standortverbund) Nutzung für transportintensive angebundene Industrie sowie für Kies- und Gesteinstransporte Anbindung/Erschließung von Tourismusgebieten Anbindung/Erschließung des Naturparks Dübener Heide Erschließung verkehrsferner und strukturschwacher Gebiete mit schlechter ÖPNV-Erreichbarkeit Vermeidung von Raumnutzungskonflikten (wie Entlastung der Muldenaue als Landesschwerpunktprojekt nach LEP)

Auf stillgelegten Strecken soll eine dauerhafte Blockierung der Trasse durch Bebauung oder einer Zersplitterung der Flurstücke vermieden werden. Übergangsweise ist eine andere Nutzung der Trassen zulässig, sofern sie der Wiederinbetriebnahme der Bahnstrecken nicht entgegensteht und die jeweilige Nutzung reversibel ist, wie Nutzungen als Radweg. Diese Zwischennutzungen sind einzelfallbezogen zu prüfen. Nach FEV (G 1.5) sind die Trassen der in Tabelle 10-5 aufgeführten Eisenbahnstrecken freizuhalten.

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Regionalplan Westsachsen 2008 10 Verkehr

Tab.10-5: Festlegungen des FEV zu Trassenfreihaltungen von Eisenbahnstrecken ohne SPNV (Darstellung in Karte 14 „Raum-nutzung“)

Eisenbahnstrecke (nach FEV G 1.5) Torgau-Dommitzsch-(Pretzsch) Roßwein-(Hainichen) Böhlen-Espenhain Eilenburg-Bad Düben (Rochlitz)-Waldheim Leipzig-Plagwitz-(Pörsten) Trebsen-Brandis Pegau-Neukieritzsch Leipzig-Leutzsch-(Merseburg)

Die Strecke Pegau-Neukieritzsch wird abschnittsweise durch den Tagebau Vereinigtes Schleenhain devastiert. Damit ist ein Erhalt dieser Trasse auf den Abschnitt Pegau-Groitzsch zu begrenzen.

Flächen, die die rechtliche Eigenschaft besitzen, dem Bahnbetriebszweck zu dienen, stehen unter dem fachplanungsrechtlichen Vorbehalt zugunsten der Eisenbahn. Eine andere Nutzung als diese kann nur in Betracht kommen, wenn und soweit diese mit dem Bahnbetriebs-zweck vereinbar ist. Aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit sind solche Flächen, die z. B. als Rad- und/oder Wanderweg genutzt werden sollen, in einem gesonderten und vorher beantragten Verfahren auf Antrag gemäß § 23 AEG vom Bahnbetriebszweck freizustellen. Für Grundstücke, die Betriebsanlage einer Eisenbahn sind oder auf denen sich Betriebsanlagen einer Eisenbahn befinden, stellt die zuständige Planfeststellungsbehörde die Freistellung von Bahnbetriebszwecken fest. Für Eisenbahnen des Bundes ist dies das Eisenbahn-Bundesamt.

Zu Ziel 10.3.5 Die Strecken Eilenburg-Bad Düben-(Bad Schmiedeberg) und Torgau-Dommitzsch-(Pretzsch) erschließen das Tourismusgebiet bzw. den Naturpark Dübener Heide, verlaufen im Zuge der Regionalen Achsen (Wittenberg)-Torgau-(Riesa) und (Wittenberg-Bad Schmiedeberg)-Bad Düben-Eilenburg und vernetzen die Mittelzentren Eilenburg, Torgau und Wittenberg sowie die Grundzentren Bad Düben, Dommitzsch und Bad Schmiedeberg. Gleichzeitig werden die Kurorte Bad Düben und Bad Schmiedeberg schienenseitig angebunden.

Die Strecke Eilenburg-Bad Düben-(Bad Schmiedeberg) ist Teil der Strecke Eilenburg-Wittenberg („Heide-Bahn“). Auf dieser Strecke wurde im Abschnitt Eilenburg-Bad Düben im Jahr 1998 und im Abschnitt Bad Düben-Bad Schmiedeberg im Jahr 2002 der Personenverkehr abbestellt und durch Busse ersetzt. Auf der als Nebenbahn zur „Heide-Bahn“ errichteten Strecke Torgau-Pretzsch („Elbe-Bahn“) wurde 1997 der Personenzugverkehr eingestellt. Die Abbestellung dieser Leistungen erfolgte durch den Zweckverband für den Nahverkehrsraum Leipzig aufgrund einer mangelhaften und rückläufigen Nachfrageentwicklung. Es ist erklärter Planungswille der sächsischen Kommunen des Städtebunds Dübener Heide, auf eine Wiederinbetriebnahme dieser Bahnstrecken hinzuwirken und damit den Netzschluss zu dem gegenwärtig noch betriebenen Abschnitt Wittenberg-Bad Schmiedeberg wiederherzustellen. Im Auftrag des Städtebunds Dübener Heide wurde daher eine Studie zur Entwicklung des „Bahnnetzes Dübener Heide“ (Stand: Februar 2006) erarbeitet. Darin werden zu den ge-nannten Bahnstrecken Potenziale analysiert und wird ein Handlungskonzept zur geplanten Wiederinbetriebnahme erstellt.

Potenziale für einen nachhaltig tragfähigen Eisenbahnbetrieb sind: - Regionale grenzüberschreitende Berufs- und Schülerverkehre: Als direkte Verbindung zwischen den Mittelzentren Eilenburg und

Torgau (Sachsen) sowie Wittenberg (Sachsen- Anhalt) werden Verbindungen ohne Umstiege geschaffen. Durch kürzere Reisezeiten im Vergleich zum derzeitigen Bus- und Bahnangebot verbessert sich die Beförderungsqualität erheblich. Etwa 70 % befragter Fahr-schüler und Berufspendler bekunden Interesse an der Wiederinbetriebnahme der Strecken. Im Zuge von Schulschließungen wird sich die Anzahl der Fahrschüler zukünftig erhöhen.

- Touristische Verkehre: Ein attraktives Bahnangebot zur An- und Abreise sowie für den Ausflugsverkehr ist von großem Interesse für Gäste der Dübener Heide. Etwa 30 % der Gäste würden die Bahn nutzen. Mit einer Steigerung der Gästezahlen durch den Ausbau des Kulturheilbads Bad Schmiedeberg ist zu rechnen. Touristische Akteure in der Region signalisieren die Bereitschaft zur Entwick-lung spezieller Angebote mit Integration der Bahnnutzung.

- Güterverkehre: Auf den Bahnstrecken wird durch die Railion Deutschland AG Güterverkehr betrieben. Betriebe im Einzugsbereich des Bahnnetzes bekundeten Interesse an einer dauerhaften Bahnnutzung und teilweise an der Erweiterung der Gütertransporte per Bahn. Durch eine Integration des Bahnnetzes in moderne innovative modulare Logistikkonzepte können für die Region zusätzliche wirt-schaftliche Potenziale mobilisiert werden.

Der Zweckverband für den Nahverkehrsraum Leipzig stellt derzeit für die Strecken Eilenburg-Bad Düben-(Bad Schmiedeberg) und Torgau-Dommitzsch-(Pretzsch) keine finanziellen Mittel bereit.

Zu Grundsatz 10.3.6 Die ständige Zunahme der Güterströme, verbunden mit höheren qualitativen Anforderungen an die Transportdurchführung und an die Termineinhaltung sowie mit zunehmenden Umweltbelastungen, erfordert die Schaffung von kombinierten Gütertransportsystemen, den Erhalt und den Ausbau von Industriestammgleisen und Gleisanschlüssen. Eine dominierende Rolle spielt dabei die Ladungs- und Um-schlagtechnik, insbesondere der kombinierte Ladungsverkehr (KLV). Voraussetzung dafür ist ein flächendeckendes System von ent-sprechenden Terminals als Schnittstelle zwischen Straße und Schiene. Hier können große Ladungseinheiten, d. h. Container und auch komplette Lastzüge von der Straße auf die Schiene und umgekehrt umgeschlagen werden. Eine weitere Verkehrsinfrastrukturkomponente ist das Güterverkehrszentrum (GVZ) als Schnittstelle verschiedener Transportarten und -wege.

In Westsachsen erfolgt die Entwicklung eines GVZ am Standort Leipzig als wichtiger Bestandteil eines nationalen und – im Rahmen des sich öffnenden europäischen Verkehrsmarkts – auch eines internationalen GVZ-Netzes. Die Errichtung des GVZ Leipzig erfolgt östlich des Flughafens im Zusammenhang mit weiteren Anlagen des Güterverkehrs: KLV-Terminal Leipzig-Halle, Postfracht- und Eisenbahnfracht-zentrum. Gleichfalls ist eine weitere Nutzung der vorhandenen Güteranlagen in Dahlen erstrebenswert. Diese Anlagen erzielen ihre Bedeutung und Effizienz durch ihr Zusammenwirken und tragen damit zur Erhöhung der Effektivität und Umweltverträglichkeit des Güterverkehrs bei.

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Regionalplan Westsachsen 2008 10 Verkehr

Nach FEV (Begründung zu Kapitel 6) ist im Rahmen der Regionalplanung zu berücksichtigen, dass aufkommensnah Industriegleisanlagen und Schnittstellen zwischen Straße und Schiene geschaffen werden, um sicherzustellen, dass der Güterverkehr in möglichst hohem Umfang auf der Schiene zu den Güterverkehrsterminals gelangen kann.

10.4 Straßenverkehr Karte Die im FEV für den Straßenverkehr (Neu-, Ausbau, Trassenfreihaltungen) enthaltenen zeichnerischen Fest-

legungen und symbolhaften Darstellungen sind, soweit sie noch nicht realisiert wurden oder ein weiteres Planungserfordernis besteht und es sich nicht um innerörtliche Verlegungen handelt, in Karte 14 „Raum-nutzung“ dargestellt. Die Vorranggebiete „Straßenverkehr“ sind in Karte 14 „Raumnutzung“ ausgewiesen. „Neue Vorhaben“ gemäß Tab. 10-6 mit unbestimmter Linie sind in Karte 14 „Raumnutzung“ als Symbol dar-gestellt. Die zeichnerische Darstellung entfaltet keine raumordnerische Bindungswirkung.

Hinweis Nach FEV, Z 3.3 wird mit dem Erlangen der Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses zur BAB A 72 für die verbleibenden nichtbeplanten Trassen die Eigenschaft als Vorranggebiet aufgehoben. Gleichzeitig treten die an dieser Stelle ausgewiesenen Zweckbestimmungen in Kraft.

G 10.4.1 Das für die Entwicklung der Region bedeutsame Straßennetz soll so erhalten und ausgebaut werden, dass die Straßen ihre Verbindungs- und Versorgungsfunktionen im System der Zentralen Orte erfüllen können. Dabei sollen die Austausch- und Verflechtungsbeziehungen innerhalb der Region und mit den Nachbarräumen gestärkt und die Erreichbarkeit in der gesamten Region verbessert werden.

Z 10.4.2 Im Zuge der Überregionalen Verbindungsachsen Leipzig-Chemnitz und Leipzig-Cottbus sind die A 72 Chemnitz/A 4-Leipzig/A 38-AS Leipzig/Connewitz bzw. B 87n Leipzig/A 14-Landesgrenze Sachsen/Brandenburg (4-streifig)

als leistungsfähige Verkehrsverbindungen vorrangig zu realisieren.

Z 10.4.3 Ergänzend zu den Ausweisungen im Fachlichen Entwicklungsplan Verkehr sind als Straßenneubau-vorhaben vorrangig zu realisieren:

B 2 Ortsumgehung Wellaune B 6 Ortsumgehung Kühren B 169 Verlegung Salbitz-Döbeln/A 14 B 182 Ortsumgehung Dommitzsch (OT Greudnitz, Wörblitz, Proschwitz) S 8 Verlegung östlich Radefeld S 24 Ortsumgehung Luppa S 43 Verlegung westlich Brandis S 242 Ortsumgehung Störmthal

Z 10.4.4 Im innerstädtischen Straßennetz des Oberzentrums Leipzig sind vorrangig das „Tangentenviereck“ und der „Mittlere Ring“ auszubauen.

Z 10.4.5 Ortsumgehungen sind für verkehrlich stark belastete Orte vorzusehen, sofern dadurch eine deut-liche Verbesserung der Lebensverhältnisse erreicht werden kann.

Z 10.4.6 Vom Braunkohlenbergbau vor 1990 unterbrochene und nicht oder funktional nach heutigen An-forderungen nicht ausreichend ersetzte Straßen- und Wegeverbindungen sollen unter Beachtung von Raumstruktur, Verkehrsbedarf und Ökologie (wieder)hergestellt werden.

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Page 131: regionalplan westsachsen 2008

Regionalplan Westsachsen 2008 10 Verkehr

Begründung zu 10.4 Straßenverkehr

Zu Grundsatz 10.4.1 Das Straßennetz weist bereits eine hohe Dichte auf. Eine zu starke Orientierung auf den Neubau erscheint angesichts der zu erwartenden demografischen Entwicklung und des hohen Flächenverbrauchs nicht vertretbar. Aus dem Grundsatz kann daher nicht generell der Anspruch auf Flächenverbrauch und zusätzliche Straßen abgeleitet werden. Insgesamt kann unter Berücksichtigung der demografischen Entwicklung und Finanzierbarkeit auch ein Rückbau oder eine Instandsetzung ohne Flächenverbrauch dem Grundsatz zur Stärkung der Austausch- und Verflechtungsbeziehungen gerecht werden. Unabhängig davon erfüllt das Straßennetz in Westsachsen trotz veränderter Rahmenbedingungen bei der demografischen Entwicklung sowie erheblicher Fortschritte bei der Optimierung von Verkehrswegen seit 1990 noch nicht flächendeckend die Anforderungen an ein modernes Verkehrsnetz. Daher kommt der Entwicklung des Straßennetzes auch künftig eine hohe Bedeutung zu.

Bei der Ausbauplanung ist insbesondere von der funktionalen Gliederung des Raums (Zentrale-Orte-System mit seiner Versorgungs- und Entwicklungsfunktion und Achsensystem mit seinen Ordnungs-, Entwicklungs- und Verbindungsfunktionen) auszugehen.

Mit der funktionalen Gliederung des Straßennetzes soll es von der bislang nach Gesichtspunkten der Verkehrsbelastung und der finan-ziellen Möglichkeiten der jeweiligen Baulastträger betriebenen Anpassungsplanung daher in Anlehnung an die funktionale Gliederung des Raums ebenfalls zu einem hierarchisch gegliederten Straßennetz bezüglich der erreichbaren Reisegeschwindigkeit kommen. Diese funk-tionale Gliederung dient also dem Ziel, gleichwertige Lebensbedingungen auch für jene Bevölkerung zu schaffen, die nicht in Verdich-tungsräumen bzw. Zentralen Orten wohnt und auf entsprechend schnell befahrbare Straßen zum Erreichen zentraler Güter und Dienste mit zumutbarem Zeitaufwand angewiesen ist. Durch die Zuordnung von Qualitätsmerkmalen soll erreicht werden, dass unter Beachtung der Zielsetzungen von Verkehrs-, Raum- und Umweltplanung der Verkehrsablauf auf Straßen einer bestimmten Verbindungsfunktion eine geforderte Verkehrsqualität nicht unterschreitet. Notwendigkeit, Umfang und Dringlichkeit von Verbesserungsmaßnahmen im Straßennetz leiten sich grundsätzlich aus der Diskrepanz zwischen den funktionellen Zielsetzungen und den jeweiligen Verkehrsverhältnissen her.

Die für die Entwicklung Westsachsens bedeutsamen Straßen sollen entsprechend ihren Funktionen auf der Grundlage der „Richtlinien für die integrierte Netzgestaltung (RIN) – Entwurf“ 2004 in folgende Kategorien eingeteilt und ausgebaut werden: • großräumige Verbindungen (Verbindungsfunktionsstufe I)

− Verbindung zwischen Oberzentren und Agglomerationsräumen − Verbindung zwischen Oberzentren

• überregionale Verbindungen (Verbindungsfunktionsstufe II) − Verbindung von Mittelzentren zu Oberzentren − Verbindung zwischen Mittelzentren

• regionale Verbindungen (Verbindungsfunktionsstufe III) − Verbindung von Grundzentren zu Mittelzentren − Verbindung zwischen Grundzentren

• nahräumige Verbindungen (Verbindungsfunktionsstufe IV) − Verbindung von Gemeinden ohne Zentrenfunktion zu Grundzentren − Verbindung zwischen Gemeinden ohne Zentrenfunktion

Die Einordnung in die jeweilige Verbindungsfunktion obliegt dem Fachplanungsträger.

Bei Straßenneu- und -ausbau wird aus Gründen des Freiraumschutzes auf die Einhaltung nachfolgender Aspekte orientiert: Bündelung mit vorbelasteten Flächen (wie Gewerbestandorten, -brachen) Erhaltung von Biotopverbünden in ihrer Funktion durch eine geeignete Trassenwahl (ggf. mit geeigneten und ästhetisch ansprechen-

den Brückenbauwerken über Fließgewässer) Nutzung des natürlichen Reliefs situationsgerechte Optimierung der Trassenführung Minimierung Flächenverbrauch

Die Berücksichtigung dieser Aspekte ist von großer Bedeutung für die nachhaltige Standortattraktivität der Kulturlandschaften West-sachsens. So haben im ländlichen Raum die Auswirkungen auf die landschaftliche und damit touristische Attraktivität besonderes Gewicht. im Verdichtungsraum Leipzig ist der hohe Flächenverbrauch so zu steuern, dass negative Auswirkungen möglichst gering bleiben (Biotopverbund). Die fruchtbaren Böden, insbesondere in den Sandlöss-Ackerebenen-Landschaften und im Lösshügelland, erfordern ebenfalls eine Reduzierung des Flächenverbrauchs.

Zu Ziel 10.4.2 Ein hochwertiges Straßennetz (Autobahnen, 4-spurige Bundesstraßen) ist im Wettbewerb der Regionen von besonderer Relevanz. Durch die A 9 und A 14 ist die Anbindung Westsachsens zu den Metropolregionen und Verdichtungsräumen in Süd- und Norddeutschland sowie zum Oberzentrum Dresden gesichert. Nachdem mit der A 38 (Anbindung Rhein/Ruhr, Erschließung Südraum Leipzig) weitere Defizite ab-gebaut wurden, verbleibt die Notwendigkeit zur Verbesserung der Straßeninfrastruktur im Zuge der Überregionalen Achsen Leipzig-Chemnitz bzw. Leipzig-Cottbus bzw. Frankfurt/Oder-Posen. Mit dem Neubau der großräumigen Straßenverbindungen „A 72“ und „B 87n“ wird die bestehende Diskrepanz zwischen der Verbindungsfunktion und den bestehenden Verkehrsverhältnissen beseitigt.

Die A 72 verbindet die Oberzentren Leipzig und Chemnitz der Europäischen Metropolregion „Sachsendreieck“ mit ihren Wirtschafts-räumen, bindet den Südraum Leipzig mit den Industriestandorten Böhlen/Lippendorf und Espenhain direkt an das großräumige Verkehrs-wegenetz an und baut Entwicklungsnachteile des strukturschwachen Raums Geithain-Frohburg ab. Im Bundesverkehrswegeplan 2003 sind dazu der Abschnitt A 72 von Chemnitz/A 4 bis zur A 38 im vordringlichen Bedarf und die Weiterführung bis nach Leipzig/Connewitz im weiteren Bedarf eingeordnet.

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Regionalplan Westsachsen 2008 10 Verkehr

Die B 87n entspricht dem LEP (Z 10.12), wonach Mitteldeutschland und Mittelpolen über Leipzig und die Lausitz durch eine leistungs-fähige Fernstraße zu verbinden sind. Damit wird dem Ziel Rechnung getragen, das Oberzentrum Leipzig unter Beachtung der spezifischen Brückenfunktionen zwischen den westeuropäischen Staaten und den Staaten Mittel- und Osteuropas (EU-Osterweiterung) und in An-knüpfung an die traditionelle Osteuropa-Kompetenz weiterzuentwickeln. Gleichfalls können damit die aus der ungünstigen Lage zu den Verdichtungsräumen resultierenden Standortnachteile des Raums Torgau-Oschatz abgebaut werden. Der Landkreis Torgau-Oschatz ist als einziger zusammenhängender Raum Sachsens der Kategorie „strukturschwache ländliche Räume mit sehr starken Entwicklungs-problemen“ zuzuordnen (Bundesraumordnungsbericht 2000). Dementsprechend ist aus weiten Teilen dieses Landkreises (gleichfalls als einziger zusammenhängender Raum Sachsens) eine PKW-Fahrzeit zum nächstgelegenen Oberzentrum Leipzig von mehr als 60 Minuten erforderlich.

Das 5. Fernstraßenausbauänderungsgesetz und damit der neue Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen sind am 16.10.2004 in Kraft getreten. Mit dem Bedarfsplan ist auch der zeitliche Rahmen für die Realisierung der B 87n festgelegt. Abschnitt AS Leipzig-Mitte (A 14) – südlich Eilenburg (Vordringlicher Bedarf) Abschnitt südlich Eilenburg – nördlich Eilenburg (Vorhaben mit Planungsrecht und besonderem naturschutzfachlichen

Planungsauftrag im weiteren Bedarf) Abschnitt nördlich Eilenburg – südlich Torgau (Vorhaben mit Planungsrecht und besonderem naturschutzfachlichen Planungsauftrag

im weiteren Bedarf) Abschnitt südlich Torgau – nördlich Torgau (Vorhaben mit besonderem naturschutzfachlichen Planungsauftrag im Vordringlicher

Bedarf). Die Dringlichkeitsstufen sind nach der Maßgabe des verfügbaren Finanzvolumens bis 2015 und darüber hinaus mit einer Planungsreserve belegt. Vordringlicher Bedarf: Realisierung bis 2015 Weiterer Bedarf: Realisierung nach 2015

Der Regionale Planungsverband Westsachsen unterstützt ausdrücklich eine raumverträgliche Trassenfindung für die B 87n als ein für die Region überragend wichtiges Verkehrsvorhaben. Zum Vorhaben B 87n besteht ein Konkretisierungsbedarf insbesondere im Hinblick auf Erforder-nisse des Freiraums. Daher soll unmittelbar nach dem Inkrafttreten der Gesamtfortschreibung des Regionalplans Westsachsen eine Teilfort-schreibung „Neubau B 87n, Leipzig (A14) – Landesgrenze Sachsen/Brandenburg“ erfolgen, mit dem Ziel, die Festlegung einer raumverträglichen Trasse im dazu stattfindenden Raumordnungsverfahren zu unterstützen.

(siehe zur zeichnerischen Ausweisung/Darstellung im Regionalplan auch Begründung zu Ziel 10.4.3)

Zu Ziel 10.4.3 Der Plansatz benennt in Ergänzung zum FEV die vorrangig zu realisierenden Straßenbaumaßnahmen. Er schließt damit weitere, er-forderlich werdende Vorhaben, insbesondere für den Ausbau im Staatsstraßen- und Kreisstraßennetz, nicht aus.

Nach LEP, G 10.14 sollen die Träger der Regionalplanung nach Prüfung der Realisierungsmöglichkeit im FEV und LEP 2003 enthaltene Trassen bzw. Korridore raumordnerisch sichern, wenn Vorhaben des FEV noch nicht realisiert sind. Dazu erfolgt die Prüfung und Ausweisung von Verkehrsvorhaben im Regionalplan auf der Grundlage der zwischen dem Sächsischen Staatsministerium des Innern als oberster Raumordnungs- und Landesplanungsbehörde und dem Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit als oberster Straßenbauverwaltung abgestimmten „Leitsätzen (Planungsrechtliche Systematik) zur Integration des Fachlichen Entwicklungsplans Verkehr (FEV) in die Regionalpläne“ (Stand: Juni 2006). Für den Regionalen Planungsverband Westsachsen ergeben sich daraus: Aufnahme von Vorhaben in den Regionalplan als eigene regionalplanerische Festlegungen Nachrichtliche Übernahme von Vorhaben der Festlegungen des FEV

Vor dem Hintergrund, dass eine umfassende Prüfung der Umweltauswirkungen bei neuen Vorhaben oder bei FEV-Vorhaben, die noch nicht den Grad der Linienbestimmung erreicht haben, erforderlich ist, sowie der Verlängerung der Gültigkeit des FEV und der gegenwärtig stattfindenden Fortschreibung des Landesverkehrsplans Sachsen nimmt der Regionale Planungsverband Westsachsen eine überwiegend nachrichtliche Übernahme der Ausweisungen des FEV vor. Regionalplanerische Ausweisungen erfolgen nur dann, wenn es sich um eine gegenüber dem FEV weitergehende Ausweisung handelt (räumliche Konkretisierung im Regionalplan auf der Grundlage

einer im fachplanerischen Verfahren erfolgten Festlegung) oder um ein neues, noch nicht im FEV enthaltenes Vorhaben handelt (so genannte „Neue Vorhaben“, insbesondere nach Landesentwick-

lungsplan Sachsen, Bundesverkehrswegeplan)

Die Beurteilung der Berücksichtigung (nachrichtliche Übernahme oder Ausweisung) der Verkehrsvorhaben im Regionalplan erfolgte auf der Grundlage des aktuellen Verfahrensstands für die einzelnen Vorhaben (Stand: März 2007). Die vorhabenkonkrete Beurteilung der Vorhaben ist aus den Tabellen 10-6 bis 10-10 ersichtlich. Aufnahme von Vorhaben in den Regionalplan als regionalplanerische Festlegung (Tabellen 10-6 und 10-7)

Tab. 10.6: „Neue Vorhaben“ als Ergänzung zum FEV (nach Bundesverkehrswegeplan 2003, LEP Sachsen) ohne zeichnerische Aus-weisung als Vorranggebiet „Straßenverkehr“ (Anmerkung: Vorhaben werden i. d. R. erst im längerfristigen Planungszeitraum realisiert; gegenwärtiger Verfahrensstand ohne hinreichende Kenntnis über mögliche Trassenverläufe; textliche Festsetzung sichert zumindest raumordnerisch die planerischen Voraussetzungen)

Vorhaben Vorhaben

A 72 AK A 38/A 72-AS Leipzig/Connewitz B 2 Ortsumgehung Wellaune B 6 Ortsumgehung Kühren B 169 Verlegung Salbitz-Döbeln (A 14)

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Regionalplan Westsachsen 2008 10 Verkehr

Vorhaben Vorhaben

B 182 Ortsumgehung Dommitzsch (OT Greudnitz, Wörblitz, Proschwitz)

S 24 Ortsumgehung Luppa

Das Vorhaben B 6n (Ortsumgehungen Bad Düben, Görschlitz, Pressel, Verlegung südwestlich Torgau) als Maßnahme des Bundesver-kehrswegeplans weiterer Bedarf wird im Ergebnis der Umweltprüfung aufgrund zu erwartender unvermeidbarer Beeinträchtigungen von FFH- und SPA-Gebieten und der zu erwartenden Unzulässigkeit des Projekts insbesondere im Raum Pressel nicht als textliches Ziel in Z 10.4.3 ausgewiesen (vgl. Umweltbericht Abschnitt 2.2.7) Tab. 10-7: Vorhaben des FEV oder „Neue Vorhaben“ mit zeichnerischer Ausweisung als Vorranggebiet „Straßenverkehr“

(Anmerkung: Vorhaben werden im kurz- und mittelfristigen Planungszeitraum realisiert. Aufgrund des fortgeschrittenen Ver-fahrensstands werden sie unabhängig, ob es sich um Vorhaben des FEV oder um „Neue Vorhaben“ handelt, als Vor-ranggebiet „Straßenverkehr“ ausgewiesen. Die Nennung der Vorhaben in den Plansätzen Z 10.4.2 und Z 10.4.3 erfolgt dabei nur für „Neue Vorhaben“ und nicht für im FEV bereits ausgewiesene Vorhaben.)

Vorhaben zeichnerische Ausweisung FEV

Regionalplan

A 72 AK Chemnitz-AD A 38/A 72 Trasse Konkretisierung B 7 Verlegung zwischen Altenburg und Frohburg Korridor Konkretisierung B 87 Ortsumgehung Wölpern Trasse Konkretisierung B 169 Verlegung Salbitz-Riesa, 3. BA: Salbitz-B 6 Trasse Konkretisierung B 175 Ortsumgehung Döbeln-Masten Symbol Konkretisierung B 181 BAB A 9/Ast Leipzig-West-Stadtgrenze Leipzig Trasse Konkretisierung S 8 Verlegung östlich Radefeld keine „neues“ Vorhaben S 43 Verlegung westlich Brandis keine „neues“ Vorhaben S 242 Ortsumgehung Störmthal keine „neues“ Vorhaben

Die in Ziel 10.4.3 genannten Verbindungen tragen vorrangig für einen verbesserten und sicheren Verkehrsfluss bei und entsprechen sowohl den Belangen der Bevölkerung und der Umwelt als auch den Bedürfnissen der Wirtschaft. Das Vorhaben „S 8 Verlegung östlich Radefeld“ soll einen leistungsfähigen Ersatz für die durch den Ausbau des Verkehrsflughafens Leipzig/Halle unterbrochene S 8 sowie eine kurze und leistungsfähige Verbindung zwischen der Stadt Schkeuditz zu ihren nördlichen Ortsteilen und dem Raum Delitzsch gewähr-leisten. Gleichzeitig wird die Ortslage Freiroda vom Durchgangsverkehr entlastet. Die dazu bisher vorgesehene Ortsumgehung Freiroda kann damit entfallen. Das Vorhaben „S 43 Verlegung westlich Brandis“ trägt zur Entwicklung von Brandis als Teil des grundzentralen Verbunds „Brandis/ Naunhof“ bei.

Das Vorhaben „S 242 Ortsumgehung Störmthal“ trägt zur Entlastung der Ortslage Störmthal bei und verbessert die Erreichbarkeit der BAB A 38, Anschlussstelle Leipzig-Südost. Bei der weiteren Planung zur S 242 (Ortsumgehung Störmthal) sind Schutznahmen zur Ver-meidung erheblicher Beeinträchtigungen der Fledermausarten des benachbarten FFH-Gebiets und diesbezügliche Untersuchungen zur FFH-Verträglichkeit erforderlich (vgl. Umweltbericht Abschnitt 2.2.7).

Im Übrigen handelt es sich bei den genannten Vorhaben im Wesentlichen um Neubauvorhaben. Darüber hinaus können weitere Ausbau-vorhaben oder Vorhaben mit überwiegendem Ausbau erforderlich sein (beispielsweise S 21 Ausbau B 182-B 6). Nachrichtliche Übernahme von Vorhaben des FEV in den Regionalplan (Tabelle 10-8)

Wegen der Verlängerung der Gültigkeit des FEV sind die Vorhaben, zu denen eine weitergehende Konkretisierung zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht vorliegt, in ausreichendem Maße raumordnerisch gesichert. Zudem erfolgt mit der gegenwärtig stattfindenden Fort-schreibung des Landesverkehrsplans Sachsen eine Überprüfung des Bedarfs.

Tab. 10-8: Nachrichtliche Übernahmen von Straßenbauvorhaben des FEV in Karte 14 (Darstellung gemäß zeichnerischer Ausweisung des FEV)

Vorhaben (nach FEV Z 3.1, Z 3.2, Z 3.3, Z 3.4, Z 3.5, Z 3.6, Z 3.7, G 3.2, Z 3.8, Z 3.9, Z 3.10)

zeichnerische Ausweisung FEV

A 14 AK Schkeuditz-AD A 14/38 (6-streifiger Ausbau), Abschnitt AS Leipzig-Ost-AS A 14/A 38 Trasse A 72 AK Chemnitz-AD A 38/A 72 (Varianten)

(befristete Darstellung nicht beplanter Trassen - siehe Hinweis unter 10.4) Trasse

B 2/B 107 Ortsumgehungen Bad Düben Symbol B 2 Ortsumgehungen Groitzsch/Audigast, Hohenossig Symbol B 2 Ortsumgehungen Krensitz, Lindenhayn Trasse B 6 Ortsumgehung Machern, Oschatz* Symbol B 87 Ortsumgehungen Doberschütz, Gordemitz, Jesewitz, Mockrehna, Taucha, Zwethau Symbol B 87 Ortsumgehungen Torgau, Markranstädt* Trasse B 107 Verlegung südlich Colditz Symbol B 107 Ortsumgehungen Colditz, Grimma, Trebsen Trasse

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Regionalplan Westsachsen 2008 10 Verkehr

Vorhaben (nach FEV Z 3.1, Z 3.2, Z 3.3, Z 3.4, Z 3.5, Z 3.6, Z 3.7, G 3.2, Z 3.8, Z 3.9, Z 3.10)

zeichnerische Ausweisung FEV

B 169 Verlegung von Salbitz bis Riesa (3. BA Salbitz bis B 6) Trasse B 175 Ausbau Choren bis Döbeln, westlich BAB 14 Symbol B 182 Ortsumgehung Seydewitz Symbol B 183 a** nordöstlich Delitzsch Trasse S 1 Ortsumgehung Grebehna Symbol S 8 Ortsumgehung Radefeld Symbol S 11 Ortsumgehung Bad Düben Symbol S 19 Ortsumgehung Böhlitz Trasse S 23 Verlegung in Wurzen Symbol S 24 Ortsumgehungen Dahlen, Wermsdorf Symbol S 29 Ortsumgehung Großböhla Symbol S 31 Ortsumgehung Mügeln Trasse S 35 Ortsumgehung Ostrau Symbol S 36 Ortsumgehung Ragewitz Symbol S 38 Ortsumgehung Pomßen/Grethen, Wermsdorf Symbol S 44 Verlegung bei Hohnbach Symbol S 45 Ortsumgehung Klinga, Verlegungen östlich Brandis, östlich Polenz Symbol S 46 Markkleeberg-Ost/Wachau Trasse S 49 Teil-Ortsumgehung Pomßen Symbol S 71 Ortsumgehung Lippendorf Symbol

* Im Ergebnis der Abwägung werden die ungeachtet der Auffassung der obersten Straßenbaubehörde, dass zu diesen Vorhaben kein (anerkannter) Bedarf besteht, in Karte 14 dargestellt.

** Der Name „B 183a, nordöstlich Delitzsch“ resultiert aus der fehlerhaften Bezeichnung in der FEV-Karte. Die Straßenbauverwaltung plant das Vorhaben im Zuge der B 184.

Nach dem Urteil des BVerwG (Az. 9 A 63.04) vom 07.12.2005 kann die B 107 Ortsumgehung Grimma im südlichen Bauabschnitt vorerst nicht gebaut werden. Ob es bei der Trasse bleibt, ist offen.

Das Straßenbauvorhaben „S 46, Verlegung östlich Markkleeberg“ war im Ergebnis des Planfeststellungsverfahrens 2006 durch das Regierungspräsidium Leipzig nicht zuzulassen, da es nicht mit den Belangen des Artenschutzes, insbesondere des Vogelschutzes, zu vereinbaren ist. Keine Nachrichtliche Übernahme von Vorhaben des FEV in den Regionalplan

Vorhaben des FEV wurden nicht in den Regionalplan übernommen, sofern Vorhaben - realisiert sind, - maßstabsbedingt nicht darstellbar sind (Tabelle 10-9) oder - kein anerkannter Bedarf besteht (Tabelle 10-10).

Tab.10-9: Straßenbauvorhaben des FEV, zu denen maßstabsbedingt keine Darstellung im Regionalplan, Karte 14 „Raumnutzung“ erfolgt

Vorhaben (nach FEV Z 3.7, Z 3.8, Z 3.9)

zeichnerische Ausweisung FEV

S 11 Verlegung in Grimma Trasse S 32 Verlegung in Döbeln Trasse

Für Maßnahmen des FEV, für die nach Auffassung der obersten Straßenbaubehörde kein (anerkannter) Bedarf besteht, erfolgt durch die oberste Straßenbaubehörde die Entbindung von der Darstellungspflicht im Regionalplan (Tabelle 10-10). Realisierte Vorhaben werden als Bestand ausgewiesen und in der folgenden Tabelle nicht mehr berücksichtigt. Tab.10-10: Straßenbauvorhaben des FEV ohne Bedarf

Vorhaben (nach FEV Z 3.1, Z 3.2, Z 3.3, Z 3.4, Z 3.5, Z 3.6, Z 3.7, G 3.2, Z 3.8, Z 3.9, Z 3.10)

zeichnerische Ausweisung FEV

B 6* Ortsumgehung Oschatz Symbol B 7 Ortsumgehung Geithain Symbol B 87* Ortsumgehung Markranstädt Trasse B 93 Ortsumgehung Borna Symbol B 176 Ortsumgehung Bad Lausick Symbol B 184 Verlegung südlich Delitzsch Trasse

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Regionalplan Westsachsen 2008 10 Verkehr

Vorhaben (nach FEV Z 3.1, Z 3.2, Z 3.3, Z 3.4, Z 3.5, Z 3.6, Z 3.7, G 3.2, Z 3.8, Z 3.9, Z 3.10)

zeichnerische Ausweisung FEV

B 186 Ortsumgehung Liebertwolkwitz Trasse S 8** Ortsumgehung Freiroda Trasse S 25 Ortsumgehung Beilrode Symbol S 46 Verlegung in Naunhof Symbol

* Im Ergebnis der Abwägung erfolgt ungeachtet der Auffassung der obersten Straßenbaubehörde eine Darstellung der Vorhaben in Karte 14 als nachrichtliche Übernahme FEV.

** Die Planung der Maßnahme erfolgt durch die Straßenbauverwaltung als „S 8, Verlegung östlich Flughafen (Leipzig/Halle).

Zu Ziel 10.4.4 Das Straßenhauptnetz im Oberzentrum Leipzig ist unter der Zielstellung, den ÖPNV zu beschleunigen, das Stadtzentrum weiterzu-entwickeln, die Erschließung durch Kfz zu gewährleisten, die anliegenden Wohngebiete und das Straßennebennetz zu beruhigen sowie Fußgängern und Radfahrern mehr Raum einzuräumen, als Tangenten-Ring-System zu gestalten. Bestandteile dieses Zielsystems sind ein äußerer Ring (Autobahndreieck A 9, A 14, A 38), ein mittlerer Ring in randstädtischer Lage zur Aufnahme des Bundesfernstraßenverkehrs sowie der stadtteilorientierten Einspeisung in das innerstädtische Netz und ein innerer Ring (Tangentenviereck) in Randlage des Stadt-zentrums sowie Verbindungsstraßen zwischen den Ringen.

Zu Ziel 10.4.5 Das Ziel sichert Maßnahmen, insbesondere im Kreisstraßennetz, in dem aufgrund gegenwärtig nicht absehbarer Entwicklungen Orts-durchfahrten die Verkehrsmengen nicht bewältigen können und zu einer Belästigung der ortsansässigen Bevölkerung durch Lärm und Abgase bei gleichzeitiger Behinderung des Verkehrsflusses führt. Durch den Bau von Ortsumgehungen wird durch einen verbesserten und sicheren Verkehrsfluss sowohl den Belangen von Bevölkerung und Umwelt als auch den Bedürfnissen der Wirtschaft in erforderlichem Umfang Rechnung getragen. Die Ableitung des Durchgangsverkehrs aus Innerortslagen wertet diese als Wohnstandort auf.

Nicht absehbare Entwicklungen können sich beispielsweise als Folgen des Ausbaus des großräumigen Verkehrswegenetzes (A 38, A 72), durch einen verstärkten Abbau mineralischer Rohstoffe und der vielfach angeschlossenen Baustoffherstellung (überdurchschnittliche Schwerlastverkehrsströme mit hohem Konfliktpotenzial in den Ortsdurchfahrten) oder durch die touristische Entwicklung in der Bergbau-folgelandschaft ergeben.

Zu Ziel 10.4.6 Vom Braunkohlenbergbau vor 1990 unterbrochene und nicht oder funktional nach heutigen Anforderungen nicht ausreichend ersetzte Straßen- und Wegeverbindungen sind insbesondere die - Verbindung Laue-Sausedlitz (Tagebaubereich Goitsche), - Verbindung Schladitzer Bucht-Hayna (Tagebaubereich Delitzsch-Südwest/Breitenfeld), - Anbindung „Neue Harth“ an Leipzig-Südwest (Tagebaubereich Zwenkau/Cospuden), - Anbindung der Kippenflächen im Tagebaubereich Espenhain an den Raum Gaschwitz-Großdeuben (Tagebaubereich Espenhain), - West-Ost-Verbindung im Bereich Neukieritzsch-Großzössen (Tagebaubereich Witznitz) und - Anbindung Regis-Breitingen an die B 93.

Dabei erfüllen die aufgeführten Maßnahmen unterschiedliche Funktionen. Sie sind von überregionaler, aber auch von teilräumlicher oder lokaler Bedeutung, für die sozial- und wirtschaftsräumliche Verflechtung jedoch zwingend erforderlich. Im Landkreis Leipziger Land und im Südteil des Altkreises Delitzsch wurden die Ost-West-Verbindungen wesentlich beeinträchtigt. Die Ortsverbindungsstraßen sollen in ihrer Funktionsfähigkeit entsprechend den regionalen Erfordernissen wiederhergestellt und in das vorhandene Verkehrswegenetz eingebunden werden. Die Lage der Seen lässt oftmals direkte Verbindungen nicht mehr zu. Weitere Begründungen sind in den entsprechenden Braun-kohlenplänen enthalten.

Im Übrigen wird der notwendige Ersatz von infolge des Braunkohlenbergbaus im Tagbebaubereich Vereinigtes Schleenhain unter-brochenen oder zu unterbrechenden Straßenverbindungen im Braunkohlenplan Tagebau Vereinigtes Schleenhain geregelt.

10.5 Luftverkehr Karte Die im FEV für den Luftverkehr enthaltenen zeichnerischen Festlegungen und symbolhaften Darstellungen

sind, soweit noch ein weiteres Planungserfordernis besteht, in Karte 14 „Raumnutzung“ dargestellt. Sonderlandeplätze sind in Karte 14 „Raumnutzung“ symbolhaft dargestellt.

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Regionalplan Westsachsen 2008 10 Verkehr

Z 10.5.1 Die Entwicklung des Verkehrsflughafens Leipzig/Halle ist so zu gestalten, dass er als Bestandteil eines leistungsfähigen Verkehrsnetzes einen zentralen Punkt im mitteldeutschen Raum darstellt und damit die Standortgunst der Region national und international wesentlich erhöht. Das parallele Start- und Landebahnsystem des Verkehrsflughafens Leipzig/Halle ist durch weitere Anlagen, insbesondere Vorfeldflächen und Abfertigungseinrichtungen für den Luftfrachtverkehr, zu ergänzen. Die Erschließung dieser Anlagen ist sicherzustellen. Für weitere Ausbaustufen im Passagier- und im Luftfrachtbereich sind die Flächenvorhaltungen zu gewährleisten.

Z 10.5.2 In der Region sind die Flugplätze Böhlen und Roitzschjora als Verkehrslandeplätze der allgemeinen Luftfahrt mit lokaler Bedeutung sowie Torgau-Beilrode, Oschatz und Taucha als Sonderlandeplätze zu sichern. Eine Beeinträchtigung des Verkehrsflughafens Leipzig/Halle ist dabei auszuschließen.

G 10.5.3 Agrarflugplätze ohne luftrechtlichen Status sollen von Luftfahrthindernissen freigehalten werden.

Begründung zu 10.5 Luftverkehr

Zu Ziel 10.5.1 Aufgrund der zentralen geografischen Lage, der sehr gut entwickelten und vernetzten Infrastruktur sowie der regionalen Wirtschaftskraft ist Leipzig/Halle nach dem Passagier- und nach dem Frachtaufkommen der verkehrsreichste Verkehrsflughafen in Mitteldeutschland. Er ist angesichts der stark wachsenden Verkehrsnachfrage und der herausragenden Bedeutung des Flughafens für den Wirtschaftsraum Leipzig-Halle vordringlich auszubauen. Der Freistaat Sachsen unterstützt daher Leipzig/Halle bei seiner Entwicklung zum interkontinen-talen Verkehrsflughafen und Umsteigeknoten für den gesamten mitteldeutschen Luftverkehr und als wesentlichen Bestandteil einer zu entwickelnden mitteleuropäischen Verkehrsdrehscheibe.

Grundsätzlich soll nach dem vom Freistaat Sachsen gemeinsam mit dem Land Sachsen-Anhalt sowie dem Freistaat Thüringen erstellten „Luftverkehrskonzept für Mitteldeutschland“ (Stand: Januar 2006) der Verkehrsflughafen Leipzig/Halle folgende Funktionen erfüllen: Anbindung Mitteldeutschlands an das nationale und internationale Luftverkehrsnetz für den Personen- und Frachtverkehr durch

möglichst vielfältigen Linienflugverkehr zu den deutschen und europäischen Wirtschaftszentren Angebot von Flügen zu den Urlaubszentren im Tourismusverkehr Bereithaltung von Angeboten für den innerdeutschen Luftpostverkehr und den internationalen Luftfrachtverkehr Bereitstellung von Infrastruktur für Luftfahrtunternehmen und zur Ansiedlung von Luftfahrtindustrie Bereitstellung allwetterfähiger Flugplätze für die Wirtschaft zum Geschäfts- und Werksflugverkehr

Der Verkehrsflughafen Leipzig/Halle hat für seine zwei Start- und Landebahnen mit je 3 600 m Länge die Erlaubnis zum 24-Stunden-Betrieb mit einer Beschränkung für Passagierflüge zur Nachtzeit. Der Terminal verfügt derzeit über eine Kapazität von 4,5 Mio. Passa-gieren pro Jahr und ist auf ca. 7 Mio. Passagiere pro Jahr erweiterbar. Bereits genehmigt ist der Plan für den Frachtbereich Süd im Süd-westbereich des Verkehrsflughafens. Für die Ansiedlung von Luftfahrtunternehmen und luftfahrtaffinen Unternehmen besonders aus der Fracht- und Logistikbranche stehen hier 31 ha zur Verfügung. Die Möglichkeit zur direkten Schienenanbindung des Frachtbereichs Süd besteht. Die Express- und Logistiktochter DHL der Deutsche Post World Net hat sich entschieden, in Leipzig/Halle einen zentralen Hub zu errichten. DHL plant, bis zum Jahr 2012 rund 3 500 Arbeitsplätze zu schaffen.

Der Verkehrsflughafen Leipzig/Halle hat mit seiner Lage im Zentrum Mitteldeutschlands und ca. 7 Mio. Menschen im erweiterten Einzugs-bereich (Entfernung bis 100 km) ein großes Potenzial für ein weiteres Wachstum. Für weitere Ausbaustufen im Passagier- und im Luftfrachtbereich sind die Flächenvorhaltungen zu gewährleisten und bei Notwendigkeit eine Planung für deren Belange vorzunehmen.

Die Entwicklungsmöglichkeiten des Verkehrsflughafens Leipzig/Halle werden begünstigt durch die Lage im Schnittpunkt zweier bedeu-tender Bundesautobahnen (BAB 9 und BAB 14), die in Nord-Süd- bzw. Ost-West-Richtung die Haupteinzugsgebiete mit dem Flughafen verbinden. Mit der Fertigstellung der BAB 38 sowie der BAB 72 sind bzw. werden die für den Verkehrsflughafen Leipzig/Halle wichtigen Räume im Südwesten Sachsen-Anhalts und Sachsens besser erschlossen. Über einen eigenen Autobahnzubringer der BAB 14 sind sowohl die Terminals als auch der Frachtbereich zu erreichen. Der südliche Bereich des Verkehrsflughafens ist über die neu ausgebaute Bundesstraße 6 angebunden. Das Straßensystem wird ergänzt durch Staatsstraßen, die entsprechend der Flughafenentwicklung ausge-baut werden. Der Verbund Schiene/Luftverkehr findet am Flughafen Leipzig-Halle über einen direkten Anschluss an das Nah- und Fern-verkehrsnetz der Deutschen Bahn AG ideale Voraussetzungen. Die ICE-Neubaustrecke Erfurt-Halle/Leipzig verläuft unmittelbar nördlich der heutigen Abfertigungsanlagen und wird diese sowie künftige Einrichtungen für die Passagierabfertigung direkt erschließen. Damit werden Aufkommensschwerpunkte des Großraums Leipzig-Halle in Verknüpfung mit dem regionalen S-Bahn-Netz schienenseitig an den Flughafen angebunden. Nach Abschluss der Arbeiten an der Netzanbindung aus Richtung Chemnitz wird Leipzig/Halle auch auf dem Schienenweg per ICE-Verbindung aus dieser Region besser erreichbar. Mit der Fertigstellung des gesamten Verkehrsprojekts Deutsche Einheit 8 wird der Verkehrsflughafen über eine weitere ICE-Verbindung verfügen. Diese erschließt mit der Bahn weitere Räume in Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Zu Ziel 10.5.2 In Mitteldeutschland gibt es zusätzlich zu den Verkehrsflughäfen zahlreiche Verkehrs- und Sonderlandeplätze. Diese haben die Aufgabe, den Bedarf der Allgemeinen Luftfahrt abzusichern. Die Entwicklungsmöglichkeiten der Landeplätze in Westsachsen und die Art des Flug-betriebs sind grundsätzlich im Zusammenhang mit der Entwicklung des Flughafens Leipzig/Halle im Hinblick auf die Luftraumstruktur zu betrachten.

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Regionalplan Westsachsen 2008 10 Verkehr

Verkehrslandeplätze verbessern die Standortqualität der Regionen und sind Teil der Daseinsvorsorge. Im „Luftverkehrskonzept für Mittel-deutschland“ (Stand: Januar 2006) haben das Land Sachsen-Anhalt sowie die Freistaaten Thüringen und Sachsen vereinbart, ihren Be-stand an Verkehrslandeplätzen zu erhalten und die Anpassung an den künftigen Bedarf bzw. an neue Vorschriften zu unterstützen. Darin sind für Westsachsen die vorhandenen und genehmigten Verkehrslandeplätze Roitzschjora und Böhlen aufgeführt. Damit sollen vor allem Geschäftsreisende die Möglichkeit erhalten, alle sächsischen Zentren schnell zu erreichen. Für die Flugplätze Böhlen und Roitzschjora als Verkehrslandeplätze mit lokaler Bedeutung ist die Zulassung für Luftfahrzeuge mit einer maximalen Startmasse von 5,7 t ausreichend. Die Länge der Start- und Landebahn soll zwischen 800 m und 1 100 m liegen. Für diese Verkehrslandeplätze wird keine befestigte Start- und Landebahn gefordert. Das Anflugverfahren erfolgt nach Sichtflugbedingungen. Es sollten jedoch feste Betriebszeiten eingerichtet werden. Beim Flugplatz Böhlen ist in besonderem Maß auf eine flächensparende Gestaltung der gesamten Anlage zu achten.

Die Sonderlandeplätze Oschatz, Taucha und Torgau-Beilrode haben vorwiegend Bedeutung für den Luftsport. Sie verfügen über eine Gras-Start-Landebahn und haben keine festen Betriebszeiten.

Zu Grundsatz 10.5.3 Die in der ehemaligen DDR angelegten Agrarflugplätze besitzen zwar keinen luftrechtlichen Status, sind jedoch, soweit sie noch erhalten wurden, bei Bedarf immer noch als Außenstart- und -landegelände gemäß § 25 LuftVG für die Durchführung der verschiedensten Arten von Wirtschafts- und Arbeitsflug (Feld- und Waldversorgung, Rettungsflug u. Ä.) geeignet. Deshalb sollen diese Gelände von Luftfahrt-hindernissen wie Antennenträgern oder Windenergieanlagen freigehalten werden.

10.6 Binnenschifffahrt/Güterverkehr/Kombinierter Verkehr Karte Die im FEV für die Binnenschifffahrt und den Güterverkehr/Kombinierten Verkehr enthaltenen zeichne-

rischen Festlegungen und symbolhaften Darstellungen sind in Karte 14 „Raumnutzung“ dargestellt.

Z 10.6.1 Der Elbehafen Torgau ist als Güterumschlagstelle weiter auszubauen. Dazu sind die Anbindungen an das überregional bedeutsame Straßen- und Schienennetz zu verbessern. Dabei ist den Erforder-nissen des Schwerlastverkehrs Rechnung zu tragen.

Z 10.6.2 Die Errichtung von Verladestellen an der Elbe soll für den Umschlag oberflächennaher Rohstoffe während des Abbauzeitraums erfolgen.

Z 10.6.3 In den Gebieten „Güterverkehrszentrum Leipzig“ und „Terminal des kombinierten Verkehrs“ sollen Unternehmen mit darauf ausgerichteten Anforderungsprofilen angesiedelt werden.

Begründung zu 10.6 Binnenschifffahrt/Güterverkehr/Kombinierter Verkehr

Zu Ziel 10.6.1 Die Binnenschifffahrt ist für die Beförderung von Massen-, Schwer- und Großraumgütern sowie gefährlichen Gütern besonders geeignet. Gegenüber konkurrierenden Verkehrsträgern sollen die Wettbewerbsbedingungen der Binnenschifffahrt verbessert werden, um ihre spezifischen ökologischen, ökonomischen und technischen Vorteile im gesamtwirtschaftlichen Interesse nutzen zu können.

Der Hafen Torgau leistet einen wichtigen Beitrag für die Entwicklung der regionalen Wirtschaft. Er wurde vor über 100 Jahren als so ge-nannter Eisenbahnhafen errichtet. Der Zustand der Hafenanlagen und das ungünstige Verhältnis von Verkehrs- und Nutzfläche erforderten eine grundhafte Umgestaltung. Über die Bundeswasserstraße Elbe ist der Hafen an das europäische Wasserstraßennetz und die Seehäfen der Nord- und Ostsee angeschlossen. Die zum Hafen führende Infrastruktur ist entsprechend auszulegen, dass dabei insbesondere den Erfordernissen des Schwerlastverkehrs Rechnung getragen wird.

Zu Ziel 10.6.2 Im ostelbischen Raum der Region lagern bedeutende Vorkommen mineralischer Rohstoffe (Kiese, Sande). Diese sind in begrenztem Um-fang für den Abbau vorgesehen. Aufgrund der räumlichen Nähe zum Wasserweg Elbe bietet sich ein Wassertransport zur Verringerung des Straßenverkehrs an, zumal dieser Raum straßenseitig sowohl schlecht an das Oberzentrum Leipzig als auch an den Hafen Torgau (Ortsdurchfahrt Torgau) angebunden ist. Das kann deshalb die Errichtung von Verladestellen an der Elbe erfordern, die jedoch unter Be-achtung ökologischer Belange sowie vorhandener Infrastrukturen einzuordnen sind und auf den Zeitraum des Abbaus begrenzt bleiben sollen.

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Regionalplan Westsachsen 2008 10 Verkehr

Zu Ziel 10.6.3 Das Güterverkehrsaufkommen in Sachsen wird – nicht zuletzt durch die Erweiterung der EU – steigen. Mit dieser Entwicklung kann der Ausbau der Straßeninfrastruktur nicht mithalten. Demzufolge muss der Güterverkehr zunehmend auch über die anderen Verkehrsträger abgewickelt werden. Dazu sind leistungsfähige und ökonomisch effiziente Schnittstellen wie Güterverkehrszentren zu schaffen und aus-zubauen. Durch Einbindung der Zentren des Kombinierten Verkehrs in das Cargo- und Kombi-Netz oder vergleichbare Angebote der Deutschen Bahn AG bzw. anderer Anbieter werden zudem die Systemvorteile der Eisenbahn optimal genutzt, die Voraussetzungen für die Entlastung des Straßennetzes vom wachsenden Güterfernverkehr geschaffen und eine ebenbürtige Einbeziehung der sächsischen Wirt-schaftsstandorte in den nationalen und internationalen Güteraustausch gewährleistet.

Nach FEV, Z 6.1 sind in der Zielkarte des FEV die für den Ausbau des GVZ Leipzig notwendigen Flächen als Vorranggebiet ausgewiesen. Damit stehen Flächen zur Verfügung, um die auf dem Luftweg, der Straße und der Schiene transportierten Güter ökonomisch effizient umzuschlagen. Vorzusehen ist deshalb die Ansiedlung verkehrsaffiner Unternehmen in diesem Gebiet.

10.7 Radverkehr Karte Radfernwege und Regionale Hauptradrouten als Bestandteil des „SachsenNetz Rad“ sind in Karte 17

„Erholung und Tourismus“ dargestellt.

G 10.7.1 In der Region ist ein flächendeckendes, mit den angrenzenden Regionen abgestimmtes Radwege-netz für den Alltags- und Freizeitradverkehr sowie Radtourismus zu schaffen und auszubauen.

Z 10.7.2 Das touristische Hauptradroutennetz „SachsenNetz Rad“ soll innerhalb der Region erhalten, ver-bessert und weiter ausgebaut werden.

Z 10.7.3 Der Radverkehr soll zu einer verbesserten Flächenerschließung des öffentlichen Personennah-verkehrs beitragen. Dazu sind an geeigneten Haltepunkten des schienengebundenen Personen-nahverkehrs Bike-and-ride-Einrichtungen zu schaffen oder auszubauen.

Z 10.7.4 Radwege sollen insbesondere im Ländlichen Raum so angelegt werden, dass die Verbindung zwischen Gemeindeteilen und dem Siedlungs- und Versorgungskern verbessert wird.

G 10.7.5 Radwege sollen bei vorliegendem Bedarf beim Neubau und Ausbau von klassifizierten Straßen geplant und nach Möglichkeit zeitgleich mit der Baumaßnahme realisiert werden.

Begründung zu 10.7 Radverkehr

Zu Grundsatz 10.7.1 und Ziel 10.7.2 Der Alltagsradverkehr und der touristische Radverkehr nehmen seit einigen Jahren einen steigenden Anteil am Verkehrsgeschehen ein. Zur Förderung dieses umweltfreundlichen Verkehrsmittels ist die weitere Entwicklung und der Ausbau des bestehenden Radverkehrs-netzes in den Regionen, die Schaffung von Serviceeinrichtungen (z. B. Abstellanlagen) und die Wegweisung auf der Grundlage einer aktuellen Bestands- und Bedarfserfassung (für touristische und straßenbegleitende Radwege) und aktueller Planunterlagen voranzu-treiben. Die Koordinierung der Aktivitäten innerhalb und zwischen den Regionen ist dabei zu optimieren. Die Maßnahmen zur Förderung des Radverkehrs sind auf der Grundlage abgestimmter Konzepte umzusetzen.

Nach LEP (Z 10.18) ist daher das Radwegenetz für den Alltagsradverkehr und den touristischen Radverkehr weiterzuentwickeln, die Netz-gestaltung zu optimieren, die Verknüpfung mit anderen Verkehrsmitteln und die Ausstattung zu verbessern. Dazu liegt die „Radverkehrs-konzeption für den Freistaat Sachsen 2005“ vor. Sie ist Leitlinie und Grundlage für zukünftiges Handeln und zukünftige Abstimmungen. Sie ist damit auch Grundlage für die Erstellung der Radverkehrskonzeptionen bzw. -netzplanungen der Landkreise und kreisfreien Stadt Leipzig. Dabei sind die Anbindungen an angrenzende Regionen mit zu berücksichtigen.

Die Plansätze G 10.7.1 und Z 10.7.2 richten sich an die öffentlichen Planungsträger, die geplanten und bestehenden Radverkehrsver-bindungen entsprechend der Konzeption zu berücksichtigen und umzusetzen. Die Weiterentwicklung des Regionalen Radverkehrsnetzes dient auch der Stärkung der Tourismusgebiete und -schwerpunkte.

Die Umsetzung der Radverkehrskonzeptionen soll unter Berücksichtigung des gemeinsamen Erlasses von SMWA und SMUL vom 11.03.2005 zu „Qualitätsstandards im SachsenNetz Rad“ erfolgen, welche auch Lösungsvorschläge zur Umsetzung von Radrouten in ökologisch sensiblen Gebieten beinhalten. Unabhängig davon sollen Radwege in Gewässerrandstreifen und auf Flussdeichen möglichst

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Regionalplan Westsachsen 2008 10 Verkehr

vermieden werden. Sind sie nicht vermeidbar, müssen sie technisch so gestaltet und ausgebaut werden, dass sie weder für die Benutzer noch für die wasserwirtschaftlichen Anlagen eine Gefahr bilden. Auf Flussdeichen werden Radwege in der Regel wegen bautechnischer Erfordernisse nicht realisierbar sein. Insbesondere sollte auch auf die Mehrzwecknutzung vorhandener landwirtschaftlicher Wege und Straßen mit wenig Verkehr orientiert werden. Gleichfalls ist der zunehmenden Bedeutung von Trendsportarten wie „Inlineskaten“ Rechnung zu tragen (mögliche Mitbenutzung von Radwegen oder Ausführung geeigneter Wege in bituminöser Bauweise).

Die „Radverkehrskonzeption für den Freistaat Sachsen“ stellt das „SachsenNetz Rad“ dar. Dieses Netz bildet ein flächendeckendes Netz aus hochwertigen Strecken für den Radtourismus. Es weist künftig eine einheitliche Wegweisung auf. Das radtouristische Netz besteht aus Radfernwegen (Tabelle 10-11), Regionalen Hauptradrouten (Tabelle 10-12) und sonstigen Strecken.

Radfernwege (touristische Hauptradrouten I) sind benannte Routen für den Radtourismus mit landesweiter Bedeutung, die entweder dem Lauf von Flüssen folgen oder länderübergreifend sind oder über einen inhaltlichen Schwerpunkt verfügen. Sie haben eine für das Radfern-wandern geeignete Länge. Durch sie werden große Teile Sachsens für den Fahrradtourismus erschlossen. Regionale Hauptradrouten (touristische Hauptradrouten II) haben regionale Bedeutung und tragen einen Namen. Sonstige Strecken ergänzen die Radfernwege und Regionalen Hauptradrouten zu einem geschlossenen Netz. Sie dienen der Erschlie-ßung wichtiger touristischer Schwerpunkte mit überregionaler und landesweiter Bedeutung sowie der Anbindung an Bahnhöfe und sonstige funktionelle Elemente des Radtourismus. Tab. 10-11: Radfernwege in der Planungsregion Westsachsen nach Radverkehrskonzeption für den Freistaat Sachsen

Radfernwege Elsterradweg (länderübergreifend) Elberadweg ( länderübergreifend Muldentalradwanderweg (länderübergreifend) Zschopautalradweg (regionsübergreifend)

Tab. 10-12: Regionale Hauptradrouten in der Planungsregion Westsachsen nach Radverkehrskonzeption für den Freistaat Sachsen

Regionale Hauptradrouten Altenburg-Colditz (länderübergreifend) Nord-Süd-Route (länderübergreifend) Dahlener-Heide-Radroute Parthe-Mulde-Radroute Döllnitztal-Radroute Radroute Berlin-Leipzig (länderübergreifend) Elbe-Mulde-Weg (regionsübergreifend) Radroute Leipzig-Halle/Flughafen (länderübergreifend) Elster-Saale-Radwanderweg (länderübergreifend) Striegistal-Radroute (regionsübergreifend) Jahnatal-Radroute (regionsübergreifend) Südliche Schlachtfelder (länderübergreifend) Leipzig-Elbe-Radweg Torgische Radroute Mulde-Elbe-Radroute

Zu Ziel 10.7.3 und Ziel 10.7.4 Viele Dörfer, insbesondere im ländlichen Raum, sind nicht ausreichend durch ÖPNV-Angebote verbunden. Daraus ergeben sich Möglich-keiten des Radverkehrs im Zusammenwirken mit dem ÖPNV. Einerseits wird der Aktionsradius des Radfahrers durch die höhere Reise-geschwindigkeit des ÖPNV vergrößert, andererseits die Flächenerschließung des ÖPNV gegenüber fußläufigem Haltestellenzugang auf die etwa zehnfache Fläche erweitert. Damit können dem ÖPNV neue Kunden zugeführt werden.

Durch ein kommunales Radwegenetz, das vor allem die zentralen Einrichtungen und solche mit viel Publikumsverkehr miteinander verbin-det, kann der Gebrauch des Fahrrads erhöht werden. Dabei sind insbesondere Schulen, Bildungseinrichtungen sowie Sport- und Freizeit-stätten mit Radverkehrsanlagen zu verbinden. An diesen zentralen Einrichtungen sind in ausreichender Zahl Abstellanlagen einzurichten.

Bei der Verbindung zwischen Gemeindeteilen sind vorhandene Gemeindewege sowie land- und forstwirtschaftliche Wege einzubeziehen, die dafür geeignet sind, da diese ein geringes Verkehrsaufkommen haben (siehe auch zu Z 5.1.5 - Versorgungs- und Siedlungskerne).

Zu Grundsatz 10.7.5 Das Fahrrad kann in einem Einsatzbereich bis zu Entfernungen von etwa 10 km als ökologisch und ökonomisch sinnvollstes Verkehrs-mittel angesehen werden. Es zeichnet sich durch Emissionsfreiheit, Energie- und Rohstoffersparnis, geringen Flächenanspruch, ein hohes Maß an Verfügbarkeit und einen geringen öffentlichen und privaten Aufwand aus. Die Voraussetzungen für den Radverkehr sollen deshalb in der Region verbessert werden. Dazu können auch straßenbegleitende Radwege dienen.

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Regionalplan Westsachsen 2008 11 Energieversorgung und erneuerbare Energien

11 Energieversorgung und erneuerbare Energien Hinweis Festlegungen für die Einordnung von Leitungssystemen zur Energieversorgung sind im Kapitel 12 aus-

gewiesen.

11.1 Energetische Nutzung von Braunkohle Hinweis Festlegungen zur Gewinnung der Braunkohle in der Planungsregion Westsachsen sind im Kapitel 7

enthalten und sind Gegenstand der Braunkohlenpläne für den Tagebau Vereinigtes Schleenhain und den Tagebau Profen.

11.2 Energetische Nutzung von Biogas, Biomasse, Wasserkraft und solarer Strahlung Begriff Fotovoltaik-Freiflächenanlagen im Sinne dieses Plans sind Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungs-

energie im Freiraum mit einer installierten elektrischen Leistung ab 100 kWp.

Z 11.2.1 Auf die energetische Nutzung von Biogas (Deponiegase) und Biomasse ist hinzuwirken.

Z 11.2.2 Bei der Sanierung und Reaktivierung von Wasserkraftwerken sind Maßnahmen zum Erhalt oder zur Erreichung des guten ökologischen Zustands oder des guten ökologischen Potenzials der Fließgewässer einschließlich Schutzvorrichtungen für Fische umzusetzen. Der ökologische Mindest-wasserabfluss ist sicherzustellen.

Z 11.2.3 Die Nutzung solarer Strahlungsenergie soll bevorzugt innerhalb bebauter Bereiche erfolgen. Außer-halb bebauter Bereiche soll die Nutzung solarer Strahlungsenergie durch Fotovoltaik-Freiflächen-anlagen auf geeigneten Flächen erfolgen. Geeignete Flächen sind • Flächen, die eine Vorbelastung mit großflächigen technischen Einrichtungen im räumlichen

Zusammenhang aufweisen, • Lärmschutzeinrichtungen entlang von Verkehrstrassen, • Halden, • Konversionsflächen mit hohem Versiegelungsgrad ohne besondere ökologische oder ästhe-

tische Funktionen, • sonstige brachliegende ehemals baulich genutzte Flächen.

Z 11.2.4 Die Errichtung von Fotovoltaik-Freiflächenanlagen innerhalb nachfolgender Gebiete ist unzulässig: • Regionale Grünzüge oder Grünzäsuren • Vorranggebiete für Natur und Landschaft • Vorranggebiete für Landwirtschaft • Vorranggebiete Waldschutz • Vorranggebiete Waldmehrung • Vorranggebiete oberflächennahe Rohstoffe einschl. einer Pufferzone von 300 m bei Festgesteins-

lagerstätten bzw. -gewinnungsgebieten • Vorranggebiete für den Braunkohlenabbau • Vorranggebiete für den vorbeugenden Hochwasserschutz • Vorranggebiete für Verteidigung • regionale Schwerpunkte des archäologischen Kulturdenkmalschutzes • landwirtschaftliche Nutzflächen mit Ackerzahlen > 70 • Waldgebiete mit einer Pufferzone von 200 m • landschaftsprägende Höhenrücken, Kuppen und Hanglagen • Gebiete mit überwiegend sehr hoher und hoher Wassererosionsdisposition

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Regionalplan Westsachsen 2008 11 Energieversorgung und erneuerbare Energien

Begründung zu 11.1 Energetische Nutzung von Biogas, Biomasse, Wasserkraft und solarer Strahlung

Zu Ziel 11.2.1 und zu Ziel 11.2.2 Klima- und Umweltschutz sowie begrenzt zur Verfügung stehende fossile Ressourcen erfordern auch die Erschließung von Wasserkraft und Biomasse als regenerative Energiequellen. Diese Energiequellen müssen, soweit es ökologisch und agrarstrukturell am konkreten Ort möglich ist, entsprechend dem erreichten technischen Fortschritt und der Wirtschaftlichkeit verstärkt genutzt werden. Aufgrund der Vor-aussetzungen sind im ländlichen Raum besondere Potenziale für die energetische Nutzung von Biomasse und Biogas vorhanden (LEP, Begründung zu G 11.3).

Die energetische Nutzung von Biomasse, d. h. von Holz, Bioabfällen, Gülle und anderen Stoffen pflanzlicher und tierischer Herkunft bein-haltet große Potenziale für die Wärme- und Stromerzeugung sowie für die Kraftstoffherstellung. Biomasse ist der vielseitigste erneuerbare Energieträger. Er kann als fester, flüssiger oder gasförmiger Energieträger zur Bereitstellung von Wärme, zur Stromerzeugung oder als Kraftstoff eingesetzt werden. Beim Einsatz von Biomasse zu energetischen Zwecken ist zwischen nachwachsenden Rohstoffen oder Energiepflanzen und organischem Abfall zu unterscheiden. Nachwachsende Rohstoffe sind schnell wachsende Baumarten und spezielle einjährige Energiepflanzen mit hohem Trockenmasse-Ertrag zum Einsatz als Brennstoff; zucker- und stärkehaltige Ackerfrüchte für die Umwandlung in Äthanol sowie Ölfrüchte für die Gewinnung von Bioölen bzw. Biodiesel (Rapsölmetylester) und deren Einsatz als Schmier-stoff bzw. als Treibstoff. Organische Reststoffe fallen bei der Land- und Forstwirtschaft, der Industrie und in Haushalten an. Dazu zählen Abfall- und Restholz, Stroh, Gras, Laub und Dung, Klärschlamm sowie organischer Hausmüll. Organische Rest- und Abfallstoffe bilden das Grundmaterial für die Erzeugung von Biogas.

Zur Unterstützung der energetischen Nutzung von Biomasse kann auch das Deutsche Biomasse-Forschungszentrum (DBFZ) in Leipzig dienen. Das DBFZ wird die Aufgabe haben, Forschung und Entwicklung, insbesondere wissenschaftlich experimentelle Arbeiten im Bereich der energetischen Nutzung land- und forstwirtschaftlicher Biomasse zu betreiben. Das DBFZ wird mit wissenschaftlichen Ein-richtungen kooperieren und Zentrum eines anwendungsorientierten Forschungsnetzes werden.

Um die Emission von Schadstoffen (Methan und Schwefelwasserstoff) aus den Großdeponien Westsachsens zu verringern, ist die Fassung des Deponiegases erforderlich. Das entweichende Biogas kann zur Erzeugung von Wärme und Elektroenergie genutzt werden.

Die Potenziale dezentraler Energieerzeugung auf der Basis von Wasserkraft sollen unter Beachtung der Belange des Natur- und Land-schaftsschutzes genutzt werden. In Westsachsen ist dazu insbesondere im Verlauf der Freiberger Mulde und der Zschopau eine Vielzahl von Wasserkraftanlagen vorhanden. Bei der Wiederinbetriebnahme oder Sanierung kann meistens nicht von einer Instandsetzung ausge-gangen werden, da sich zwischen Stilllegung und Wiederinbetriebnahme z. T. die Standortbedingungen geändert haben, Veränderungen an baulichen Anlagen vollzogen wurden oder qualitativ höhere Anforderungen an ein solches Wasserkraftwerk gestellt werden müssen. Hinzu kommt, dass der betroffene Bereich der Muldenaue Bestandteil einer der letzten naturnahen und äußerst sensiblen Flussauen Sachsens ist. Die Nutzung der Wasserkraft soll daher vorrangig auf bereits vorhandene Altstandorte außerhalb naturschutzrechtlicher Schutzgebiete gelenkt werden. Dabei hat die Reaktivierung der Anlagen unter Beachtung heutiger ökologischer Anforderungen zu er-folgen. Insbesondere ist die ökologische Durchgängigkeit der Fließgewässer zu erhalten oder wiederherzustellen.

Zu Ziel 11.2.3 und Ziel 11.2.4 Die Nutzung solarer Strahlungsenergie an dafür geeigneten Standorten entspricht dem raumordnerischen Grundanliegen der sparsamen und schonenden Inanspruchnahme der Naturgüter, der Luftreinhaltung sowie des Klimaschutzes. Obwohl die Wachstumsrate des Foto-voltaik (PV)-Markts sehr hoch ist, ist der Beitrag dieser Technologie zur Stromversorgung noch sehr gering. Im Vergleich zu anderen Technologien zur Nutzung erneuerbarer Energien ist die Fotovoltaik eher als Langfristoption einzuschätzen. Sie bezieht ihre Bedeutung aus ihrer sehr hohen Einsatzflexibilität, ihren noch hohen technischen und ökonomischen Entwicklungsmöglichkeiten und dem sehr großen technischen Potenzial.

Bei der Nutzung von solarer Strahlungsenergie sind zwei Grundrichtungen der Nutzung erkennbar – die zentrale und die dezentrale Nutzung. Die dezentrale Nutzung erfolgt durch die Errichtung von Fotovoltaikanlagen oder Sonnenkollektoren auf Dach- und Fassaden-flächen. Die anlagenbedingte Flächeninanspruchnahme findet damit in erster Linie auf bereits überbauten Flächen statt. Eine solche Nutzung ist raumplanerisch in besonderem Maße zu unterstützen. Für die schnelle und kostengünstige Ausweitung der Marktvolumina ist aus industriepolitischer Sicht die Installation von Freiflächenanlagen wichtig, da innerhalb bebauter Bereiche die dafür erforderlichen zu-sammenhängenden Flächen nur ausnahmsweise zur Verfügung stehen. Die Errichtung von PV-Freiflächenanlagen unterliegt einer dynamischen Entwicklung. Es zeichnet sich ein Trend zu immer größeren Anlagen ab. Die durchschnittliche Flächengröße der 2006 bundesweit in Betrieb genommen Anlagen lag bei über 10 ha (max. bis 77 ha). Die derzeit weltweit größte Photovoltaik-Freiflächenanlage entsteht in der Planungsregion Westsachsen bis Ende 2009 auf dem ehemaligen Militärflughafen „Waldpolenz“ (Stadt Brandis, Gemeinde Bennewitz) mit ca. 400.000 Quadratmeter Modulfläche. 550.000 Dünnschicht-Module werden nach Fertigstellung eine Spitzenleistung von 40.000 Kilowatt peak erbringen. Trotzdem sollen Freiflächen nur unter strengen Kriterien genutzt werden. Bei dem sich abzeichnenden hohen Bedarf an Standorten für PV-Freiflächenanlagen ist deshalb auf eine Minimierung der Inanspruchnahme unversiegelter oder nicht industriell vorbelasteter Freiräume zu orientieren.

Raumrelevante Wirkungen gehen von PV-Freiflächenanlagen sowohl bau-, anlage- als auch betriebsbedingt aus. Die Wirkbereiche dieser Faktoren sind überwiegend lokal. - Baubedingte Wirkfaktoren: Bodenversiegelung, -verdichtung, -umlagerung und –durchmischung, Geräusche, Erschütterungen und

stoffliche Emissionen - anlagebedingte Wirkfaktoren: Beschattung, Veränderung des Bodenwasserhaushaltes, Erosion durch Bodenversiegelung und –über-

deckung, Flächenentzug, Zerschneidung/Barrierewirkung durch Einzäunung, visuelle Wirkung, Lichtreflexe, Spiegelungen - betriebsbedingte Wirkfaktoren: Elektrische und magnetische Felder, Geräusche, stoffliche Emissionen, Wärmeabgabe durch Auf-

heizen der Module, Wartung, Mahd/Beweidung

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Regionalplan Westsachsen 2008 11 Energieversorgung und erneuerbare Energien

Daraus können bei der Errichtung von PV-Freiflächenanlagen Beeinträchtigen der Schutzgüter Tier und Pflanze (Biotopfunktion/Biotopver-bundfunktion und Habitatfunktion), Boden (biotische Lebensraumfunktion Speicher- und Regulationsfunktion), Wasser, Klima (klimatische und lufthygienische Ausgleichsfunktion), Landschaft (Landschaftsbild) und Mensch resultieren.

Nach LEP, Begründung zu G 11.3 ist die Lösung absehbarer raumordnerischer Konflikte bei der Umsetzung des Klimaschutzprogramms Sachsens eine wichtige Aufgabe der Regionalplanung. Grundlage dafür ist die Ermittlung regionaler, möglichst konfliktarmer Potenziale erneuerbarer Energien. Aufgrund der mit der Nutzung erneuerbarer Energien verbundenen Eingriffe sind dabei die Belange des Biotop- und Artenschutzes, der Bewahrung des Siedlungs- und Landschaftsbilds, des Denkmalschutzes sowie die Belange des Immissions-schutzes zu beachten und des Tourismus zu berücksichtigen. Entscheidend für eine umweltverträgliche Ausgestaltung von PV-Frei-flächenanlagen ist daher eine sorgfältige Standortwahl. Bei richtiger Standortwahl wird die Wahrscheinlichkeit einer nachhaltigen Be-einträchtigung der Umwelt gering sein. Die Einordnung von Solarkraftwerken in der Region Westsachsen soll daher mit einem regional-planerischen Beurteilungsrahmen zur Einordnung von Solarkraftwerken gesteuert werden. Dazu soll die Errichtung von Solarkraftwerken auf Gebiete mit hoher Standortgunst für die Nutzung solarer Strahlungsenergie (insbesondere Brachen) konzentriert werden und die Errichtung von Solarparks außerhalb dieser Gebiete unter Beachtung regionalplanerischer Erfordernisse erfolgen. Bei Planungen im Außenbereich soll eine Bündelung mit anderen technischen Einrichtungen angestrebt werden. Bisher nicht oder wenig zersiedelte Landschaftsräume sollen freigehalten werden. Ein nicht an geeignete Siedlungsstrukturen angebundener Standort ist nur dann mit den Zielen von Natur und Landschaft zu vereinbaren, wenn aufgrund bestehender Vorbelastungen von Lebensräumen, Boden und Landschaft keine weiteren Beeinträchtigungen entstehen.

Für die Errichtung von PV-Freiflächenanlagen geeignet sind grundsätzlich Flächen, die eine hohe Vorbelastung aufweisen und auf denen folglich keine oder nur geringe Beeinträchtigungen der Umwelt zu erwarten sind. Im Außenbereich sind dies - Standorte, die eine Vorbelastung mit großflächigen technischen Einrichtungen im räumlichen Zusammenhang aufweisen (z. B.

Flächen im räumlichen Zusammenhang mit größeren Gewerbeansiedlungen), - Pufferzonen entlang großer Verkehrstrassen, Lärmschutzeinrichtungen, - Halden, - Konversionsflächen mit hohem Versiegelungsgrad ohne besondere ökologische oder ästhetische Funktionen,

Konversionsstandorte sind nur unter Vorbehalt als generelle Eignungsflächen einzustufen. Viele der militärischen Liegenschaften sind heute wertvolle Sekundärlebensräume oder Rückzugsgebiete für gefährdete Arten. Der Bau von Solaranlagen auf naturschutzfachlich hochwertigen Konversionsstandorten ist insbesondere dann zu vertreten, wenn für eine andere landschaftsverträgliche Nutzung keine realistische Option besteht (z. B. aufgrund hoher Sanierungskosten für Altlasten oder hoher Pflegekosten) und mit den erforderlichen Kompensationsmaßnahmen andere vorbelastete Landschaftsteile aufgewertet werden können.

- sonstige brachliegende ehemals baulich genutzte Flächen.

Stehen Flächen nach Z 11.2.3 nicht zur Verfügung, ist eine Errichtung von PV-Freiflächenanlagen auch außerhalb dieser Gebiete möglich, sofern sie außerhalb von nachfolgend benannten Gebieten mit konkurrierenden Raumnutzungen liegen. Die Nutzung solarer Strahlungs-energie durch PV-Freiflächenanlagen ist mit diesen Zweckbestimmungen unvereinbar. − Regionale Grünzüge und Grünzäsuren (siehe Z 5.1.10 bzw. Z 5.1.12) − Vorranggebiete für Natur und Landschaft (siehe Kapitel 4.2 i. V. m. Begriffsdefinition nach § 7 Abs. [4] Nr. 1 ROG) − Vorranggebiete für Landwirtschaft (siehe Kapitel 9.1 i. V. m. Begriffsdefinition nach § 7 Abs. [4] Nr. 1 ROG) − Vorranggebiete Waldschutz (gemäß Ausweisungen in den Braunkohlenplänen i. V. m. Begriffsdefinition nach § 7 Abs. [4] Nr. 1 ROG)

Hinweis: Vorranggebiete dieser Zweckbestimmung sind nur in den Braunkohlenplänen enthalten − Vorranggebiete Waldmehrung (siehe Kapitel 9.2 i. V. m. Begriffsdefinition nach § 7 Abs. [4] Nr. 1 ROG) − Vorranggebiete oberflächennahe Rohstoffe einschließlich einer Pufferzone von 300 m bei Festgesteinslagerstätten bzw. -gewinnungs-

gebieten (siehe Kapitel 7 i. V. m. Begriffsdefinition nach § 7 Abs. [4] Nr. 1 ROG) Die Pufferzone von 300 m markiert – ausgehend von erforderlichen Sprengarbeiten – den Gefahrenbereich um Festgesteinslager-stätten bzw. -gewinnungsgebiete. Es wird dabei davon ausgegangen, dass im normalen Steinbruchbetrieb ein Steinflug nicht weiter als im 300 m Umkreis auftritt (vgl. „UVU Sprengarbeiten“ und „Abstandserlass Nordrhein-Westfalen“).

− Vorranggebiete für den Braunkohlenabbau (siehe Kapitel 7 i. V. m. Begriffsdefinition nach § 7 Abs. [4] Nr. 1 ROG) − Vorranggebiete für den vorbeugenden Hochwasserschutz (siehe Kapitel 4.3.4 i. V. m. Begriffsdefinition nach § 7 Abs. [4] Nr. 1 ROG) − Vorranggebiete für Verteidigung (siehe Kapitel 17 i. V. m. Begriffsdefinition nach § 7 Abs. [4] Nr. 1 ROG) − regionale Schwerpunkte des archäologischen Kulturdenkmalschutzes

Die regionalplanerische Sicherung dieser Gebiete entspricht § 2 (13) ROG, nach dem die gewachsenen Kulturlandschaften mit ihren Kultur- und Naturdenkmalen erhalten werden sollen. Kulturdenkmale werden nach § 8 SächsDSchG geschützt, können jedoch im Ausnahmefall per Genehmigung nach § 12 SächsDSchG auch beseitigt werden, so dass bei den genannten Gebieten aus fachüber-greifender Sicht ein besonderer Schutz erforderlich erscheint (siehe auch Ziel 4.4.8).

− landwirtschaftliche Nutzflächen mit Ackerzahlen > 70 Eine hohe natürliche Bodenfruchtbarkeit ermöglicht eine Landbewirtschaftung mit geringen Betriebsmitteln, welche wiederum zur nachhaltigen Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts beiträgt. Derartige Böden sollen daher einer landwirtschaftlichen Nutzung vor-behalten bleiben. Zumal die Landwirtschaft in Westsachsen ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor ist. Insbesondere die Flächen für die Landwirtschaft mit sehr hoher Bodengüte (i. d. R. Ackerzahl > 70) gewährleisten eine hohe Ertragsfähigkeit. In diesen Gebieten kann am ehesten davon ausgegangen werden, dass langfristig eine auch ökonomisch tragfähige Landwirtschaft betrieben werden kann.

− Waldgebiete mit einer Pufferzone von 200 m Dem Erhalt der Wälder kommt in Westsachsen als waldärmste Planungsregion des Freistaats Sachsen besondere Bedeutung zu. Eine weitere Reduzierung der Waldbestände ist aufgrund der extrem geringen Waldfläche je Einwohner und der vielfältigen Funk-tionen des Walds zu vermeiden. Waldsäume haben einen sehr hohen landschaftsästhetischen und Erholungswert. Unter Beachtung des in diesen Übergangsbereichen vorhandenen besonders hohen Biotopentwicklungspotenzials ist die Möglichkeit der Schaffung und der hinsichtlich Ökologie und Landschaftsästhetik optimalen Gestaltung von Waldrändern in der Dimensionierung der Pufferzone impliziert.

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Regionalplan Westsachsen 2008 11 Energieversorgung und erneuerbare Energien

− landschaftsprägende Höhenrücken, Kuppen und Hanglagen (siehe Z 4.1.7) Westsachsen weist nur vergleichsweise geringe Höhenunterschiede auf, so dass in der weithin einsehbaren Landschaft bereits einzelne Grundgebirgsdurchragungen, markante Durchbruchstäler von Flüssen, anthropogen entstandene Halden sowie Endmo-ränenreste landschaftsprägend wirken. Die landschaftsprägenden Höhenrücken, Kuppen und Hanglagen selbst sowie ihre Stellung zueinander geben der jeweiligen Landschaft ihre Eigenart und Schönheit. Landschaftsprägende Einzelkuppen prägen als weithin sichtbare Landmarken die Region. Die landschaftsprägenden Höhenrücken, Kuppen und Hanglagen werden charakterisiert durch • ihre gegenüber der natürlichen Umgebung herausragende Stellung in der Landschaft, • ihre über mehrere Kilometer weithin einsehbare, das umgebende Landschaftsbild prägende Erhebung, • die von der Erhebung selbst bestehenden weiten Sichtbeziehungen in die Landschaft. Sie sind als prägende Elemente der Kulturlandschaft Westsachsens in Anwendung des Grundsatzes der Raumordnung Nr. 13 (§ 2 Abs. 2 ROG) zu erhalten.

− Gebiete mit überwiegend sehr hoher und hoher Wassererosionsdisposition (siehe Z 4.4.4) Um anlagenverursachte Erosionsschäden nach Starkniederschlägen auszuschließen, sind Flächen mit entsprechender Hangneigung und Bodenform nicht zu bebauen.

Ausweisungsgrundlagen: − „Leitfaden zur Berücksichtigung von Umweltbelangen bei der Planung von PV-Freiflächenanlagen“ (Stand 28.11.2007), ARGE

Monitoring PV-Anlagen im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

11.3 Energetische Windnutzung Karte Die Bereiche zur Sicherung der Nutzung von Windenergie sind als Vorrang- und Eignungsgebiete Wind-

energienutzung in der Karte 14 „Raumnutzung“ ausgewiesen und in den Karten 13.1-13.18 „Vorrang- und Eignungsgebiete Windenergienutzung (Detailkarten)“ dargestellt.

Hinweis Die Vorrang- und Eignungsgebiete Windenergienutzung sind in Anhang 5 näher bestimmt.

Z 11.3.1 Die Errichtung von Windenergieanlagen ist ausschließlich in den Vorrang- und Eignungsgebieten Windenergienutzung zulässig. Vorrang- und Eignungsgebiete Windenergienutzung sind: Gebietsbezeichnung Stadt/Gemeinde Nummer Name

01 Zaasch Delitzsch, Neukyhna 02 Rackwitz Krostitz, Rackwitz 03 Großlehna Markranstädt 04 Knautnaundorf Leipzig 05 Pegau Pegau 06 Hohendorf/Ramsdorf Groitzsch, Regis-Breitingen 07 Thräna Borna 08 Tautenhain Eulatal 09 Fuchshain Belgershain, Naunhof 10 Großbardau Grimma 11 Silberberg Mutzschen, Nerchau 12 Schkortitz Grimma, Thümmlitzwalde 13 Jeesewitz/Ablaß Mutzschen, Sornzig-Ablaß 14 Sitten Bockelwitz 15 Bockelwitz Bockelwitz 16 Großweitzschen Großweitzschen 17 Mochau Döbeln, Mochau 18 Bockwitz Zschadraß 19 Hartha Hartha 20 Kaiserburg Ziegra-Knobelsdorf 21 Littdorf Niederstriegis 22 Naundorf Naundorf

G 11.3.2 Windenergieanlagen innerhalb der Vorrang- und Eignungsgebiete Windenergienutzung sollen so er-richtet werden, dass eine optimale Ausnutzung der Fläche erreicht wird. Dabei ist die Errichtung gleichartiger Windenergieanlagen anzustreben.

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Regionalplan Westsachsen 2008 11 Energieversorgung und erneuerbare Energien

Z 11.3.3 Windenergieanlagen innerhalb der Vorrang- und Eignungsgebiete Windenergienutzung mit einem Abstand unterhalb von 750 m zur Wohnbebauung sind nur bis zu einer Gesamthöhe von 100 m zu-lässig.

Z 11.3.4 Windenergieanlagen innerhalb der Vorrang- und Eignungsgebiete Windenergienutzung mit einem Abstand von 750 m bis unterhalb 1 000 m zur Wohnbebauung sollen einen Abstand zur Wohn-bebauung aufweisen, der das 10-Fache der Nabenhöhe nicht unterschreitet.

Z 11.3.5 Windenergieanlagen innerhalb des Vorrang- und Eignungsgebietes Windenergienutzung Pegau sollen eine Gesamthöhe von 200 m nicht überschreiten. Windenergieanlagen innerhalb des Vorrang- und Eignungsgebietes Windenergienutzung Hohen-dorf/Ramsdorf sollen eine Gesamthöhe von 145 m nicht überschreiten. Windenergieanlagen innerhalb des Vorrang- und Eignungsgebietes Windenergienutzung Thräna sollen eine Gesamthöhe von 135 m nicht überschreiten. Windenergieanlagen innerhalb des Vorrang- und Eignungsgebietes Windenergienutzung Tautenhain sollen eine Gesamthöhe von 115 m nicht überschreiten.

Z 11.3.6 Windenergieanlagen innerhalb des Vorrang- und Eignungsgebiets Windenergienutzung Fuchshain sind nur bis zu einer Gesamthöhe von 90 m und einem Rotordurchmesser von maximal 50 m zulässig.

Z 11.3.7 Windenergieanlagen innerhalb der Vorrang- und Eignungsgebieten Windenergienutzung Rackwitz und Zaasch sind nur bis zu einer Gesamthöhe von 100 m zulässig.

Z 11.3.8 Im Vorrang- und Eignungsgebiet Windenergienutzung Thräna sind die Errichtung und der Betrieb von landwirtschaftlichen Anlagen der Tierproduktion zulässig.

Z 11.3.9 Die Ausschlusswirkung des Z 11.3.1 gilt nicht für Windenergieanlagen als Nebenanlagen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, wenn sie überwiegend der eigenen Versorgung dienen, außerhalb von Vorranggebieten Natur und Landschaft sowie landschaftsprägenden Höhenrücken, Kuppen und Hanglagen liegen und einen Abstand des 10-Fachen der Nabenhöhe jedoch mindestens 500 m zu Siedlungen aufweisen.

Begründung zu 11.3 Energetische Windnutzung

Zu Ziel 11.3.1

Nach LEP, Z 11.4 sind in den Regionalplänen die räumlichen Voraussetzungen für die Nutzung von Windenergie zu sichern. Dabei ist zur räumlichen Konzentration eine abschließende flächendeckende Planung vorzunehmen. Damit ist eine Errichtung von Windenergieanlagen ausschließlich in den dafür ausgewiesenen Vorrang- und Eignungsgebieten Windenergienutzung möglich und eine Errichtung von Windenergieanlagen außerhalb dieser Gebiete unzulässig.

Windkraft ist eine der unerschöpflichen Energiequellen der Erde. Sie leistet zusammen mit anderen erneuerbaren Energien einen zu-nehmend wichtigen Beitrag zur Verringerung energiebedingter Umweltbelastungen und zum Klimaschutz. Aufgrund der für Windenergie-anlagenbetreiber vorteilhaften Bestimmungen des am 21. Juli 2004 novellierten Gesetzes zur Förderung erneuerbarer Energien und der Einstufung von Windenergieanlagen als privilegierte Anlagen im Außenbereich gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB wird sich die Wind-energienutzung weiter etablieren. Die geordnete Entwicklung des Ausbaus von Anlagen zur Windenergienutzung in der freien Landschaft ist unabdingbare Voraussetzung zur langfristigen Sicherung ihrer Akzeptanz in der Bevölkerung.

Der Gesamtanteil der erneuerbaren Energien am sächsischen Endenergieverbrauch hat sich von 0,26 % (1991) auf ca. 4,1 % (2005) erhöht. Nach dem Klimaschutzprogramm des Freistaats Sachsen vom 26.06.2001 wird eine Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch auf ca. 5 % bis spätestens 2010 angestrebt. Davon soll der Anteil der durch Windkraft gewonnenen Energie ca. 25 % (entspricht 1 150 GWh/a) betragen.

Im Jahr 1994 begann die kontinuierliche Nutzung von Windenergie in Westsachsen (Tab. 11-1). So sind bis Ende 2006 über 200 Windenergieanlagen (Anlagenklasse > 100 kW installierter Leistung) mit einer installierten Leistung von etwa 225 MW in Betrieb gegangen. Die technische Entwicklung von Windenergieanlagen führt dazu, dass Größe und Leistungsfähigkeit von Windenergieanlagen markanten Veränderungen unterliegen. So ist seit 1994 der Trend zu immer leistungsstärkeren Windenergieanlagen, verbunden mit einer Zunahme von Naben- und Gesamthöhe, zu verzeichnen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt (2006) kann daher von Windenergieanlagen mit

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Regionalplan Westsachsen 2008 11 Energieversorgung und erneuerbare Energien

Nabenhöhen über ca. 100 m und Gesamthöhen bei ca. 150 m sowie einer zu installierenden elektrischen Leistung bis zu 2,5 MW pro Anlage als Regelanlage ausgegangen werden (Tabelle 11-1). Tab. 11-1: Entwicklung der energetischen Windnutzung in Westsachsen von 1994-2006 (nach Landesamt für Umwelt und Geologie,

Freiberg, 2007)

Windenergieanlagen (WEA) der Anlagenklasse mit Nabenhöhen > 30 m und installierter elektrischer Leistung > 100 kW - Bestand

Baujahr Anzahl installierte elektrische Leistung

insgesamt

installierte elektrische Leistung

durchschnittlich pro WEA

Nabenhöhe von/bis

Gesamthöhe von/bis

(Stück) (kW) (kW/WEA) (m) (m) 1994 1 150 150 40 54 1995 4 1 300 325 40-50 53-70 1996 21 11 400 543 60-65 83-87 1997 16 8 900 556 50-65 70-87 1998 17 10 000 588 65 85-89 1999 63 77 070 1 223 40-74 55-107 2000 16 11 940 746 65-78 77-100 2001 16 16 950 1 059 61-86 84-121 2002 17 19 850 1 168 60-85 87-124 2003 8 13 000 1 625 65-98 98-133 2004 16 31 800 1 988 70-114 112-150 2005 5 7 300 1 460 76-95 100-140 2006 13 16 100 1 238 55-105 84-150 94-06 213 225 760 1 060 40-114 53-150

Die Gesamtfortschreibung des Regionalplans Westsachsen zur energetischen Windnutzung orientiert sich an der gleichnamigen Teilfort-schreibung des Regionalplans Westsachsen unter Beachtung des dazu ergangenen Normenkontroll-Urteils (Az. 1 D 2/03). Zwar wurde im Ergebnis des seit dem 07.07.2005 rechtsverbindlichen Urteils durch das Sächsische Oberverwaltungsgericht die seit dem 15.04.2004 verbindliche Teilfortschreibung energetische Windnutzung des Regionalplans Westsachsen für unwirksam erklärt, jedoch können im Zuge der laufenden Gesamtfortschreibung zum Regionalplan Westsachsen die im Urteil festgestellten, strukturell überschaubaren Defizite be-hoben bzw. enthaltene Verfahrenshinweise befolgt werden. Das Gericht attestiert dem Regionalen Planungsverband Westsachsen in vielen Punkten eine rechtmäßige Vorgehensweise. Dies betrifft - die Kompetenz der Regionalplanung zur Steuerung der Windenergienutzung, - den Umfang der Festsetzung von Vorrang- und Eignungsgebieten Windenergienutzung (0,25 % der Gesamtfläche des Plangebiets als

ausreichend), - die angewandte Methodik zur Ermittlung der Vorrang- und Eignungsgebiete Windenergienutzung, - die verwendeten Kriterien, die einer Errichtung von Windenergieanlagen entgegenstehen, um die Ungeeignetheit der durch

Ausschlusswirkung erfassten Bereiche zu belegen. Das Urteil stellt überdies klar, dass - Vorrang- und Eignungsgebiete Windenergienutzung nicht parzellenscharf ausgewiesen werden müssen, - Möglichkeiten zum „Repowering“ nicht zwingend zu berücksichtigen sind und - Standorte außerhalb von Vorrang- und Eignungsgebieten Windenergienutzung künftig aufgegeben werden können.

Mit dem in der Gesamtfortschreibung des Regionalplans Westsachsen zur energetischen Windnutzung ausgewiesenen Flächenpotenzial der Vorrang- und Eignungsgebiete Windenergienutzung und den außerhalb dieser Gebiete vorhandenen baurechtlichen Tatbeständen ist in Westsachsen im Endausbau von ca. 220-250 Windenergieanlagen auszugehen. Bei der Windkraftnutzung ist künftig vor allem von einem Umbau vorhandener Standorte innerhalb der Vorrang- und Eignungsgebiete Windenergienutzung (so genanntes Repowering) auszugehen. Derzeit sind in den Vorrang- und Eignungsgebieten Windenergienutzung Anlagentypen mit einer installierten Leistung zwischen 150 kW und 2,0 MW, darunter ca. 50 % < 1 000 kW, vorhanden (Tabelle 11-2).

Unter Beachtung der Nutzungsdauer der vorhandenen Windenergieanlagen außerhalb der Vorrang- und Eignungsgebiete Windenergie-nutzung, die i. d. R. über den Geltungszeitraum dieser Gesamtfortschreibung des Regionalplans Westsachsen hinausgeht, sowie des Entwicklungspotenzials der ausgewiesenen Vorrang- und Eignungsgebiete Windenergienutzung durch Zubau und Repowering ist eine installierte elektrische Leistung von 250 MW in Westsachsen zu erwarten. Gemessen an dem im Klimaschutzprogramm des Freistaats Sachsen fixierten Ziel, spätestens bis 2010 aus Windenergie ca. 1 150 GWh/a an elektrischer Arbeit zu erzeugen, liegt bei einer ange-nommener Volllaststundenzahl von ca. 1 800 pro Jahr der Anteil der Planungsregion Westsachsen insgesamt bereits im Jahr 2006 bei ca. 35 % , darunter ca. 26 % innerhalb der Vorrang- und Eignungsgebiete Windenergienutzung (Tabelle 11-2).

Somit werden mit der Gesamtfortschreibung des Regionalplans Westsachsen durch den Regionalen Planungsverband Westsachsen Vor-aussetzungen geschaffen, die in der Planungsregion bei einem Flächenanteil von 23,8 % an der Gesamtfläche Sachsens einen über-durchschnittlichen Beitrag zur langfristigen Sicherung der Windenergienutzung und damit auch zum Klimaschutz im Freistaat Sachsen ermöglichen.

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Regionalplan Westsachsen 2008 11 Energieversorgung und erneuerbare Energien

Tab. 11-2: Lage der Windenergieanlagen in Bezug zu den Vorrang- und Eignungsgebieten Windenergienutzung

Anzahl installierte elektrische Leistung Windenergieanlagen in Bezug zu den Vorrang- und Eignungsgebieten Windenergienutzung (Stück) (%) (kW) (%)

innerhalb 140 66 167 060 74 außerhalb 73 34 58 700 26 gesamt 213 100 225 760 100

Windenergieanlagen verändern das Landschaftsbild und die landschaftsökologischen Bedingungen; sie erfordern Sicherheitsabstände zu umgebenden Nutzungen und benötigen Zuleitungen und Zuwegungen. Eine natur- und umweltverträgliche Einbindung der Anlagen ist daher bei der Standortwahl zu sichern. Die konzentrierte Errichtung von Windenergieanlagen auf geeigneten Standorten entspricht dem raumordnerischen Grundsatz der sparsamen und schonenden Inanspruchnahme der Naturgüter. Der LEP führt daher aus, dass die Lö-sung absehbarer raumordnerischer Konflikte bei der Umsetzung des Klimaschutzprogramms eine wichtige Aufgabe der Regionalplanung ist. Grundlage dafür ist die Ermittlung regionaler, möglichst konfliktarmer Potenziale erneuerbarer Energien. Aufgrund der mit der Nutzung erneuerbarer Energien verbundenen Eingriffe sind dabei die Belange des Biotop- und Artenschutzes, der Bewahrung des Siedlungs- und Landschaftsbilds, des Denkmalschutzes sowie die Belange des Immissionsschutzes zu beachten und des Tourismus zu berücksichtigen. Bei der Ermittlung geeigneter Flächen sind Standorte mit hohem Windpotenzial, gute Bedingungen für die Einspeisung in das öffentliche Stromnetz, Bereiche technogener Landschaftsüberformungen u. a. zu prüfen (LEP, Begründungen zu Grundsatz 11.3 und Ziel 11.4).

Bei der Ausweisung der Gebiete zur Sicherung der Windenergienutzung hat der Regionale Planungsverband als zuständiger Planungs-träger ein breites Planungsermessen. Es liegt in seiner Zuständigkeit, Kriterien zu entwickeln und anzuwenden, nach denen er eine Gebietsauswahl vornimmt. Er darf dabei die Auswahl von Vorrang- und Eignungsgebieten an global und pauschalierend festgelegten Kriterien für die Ungeeignetheit der durch Ausschlusswirkung erfassten Bereiche ausrichten und ist auch nicht gehalten, sämtliche „wind-höffige“ Flächen als Vorrang- und Eignungsgebiete Windenergienutzung festzulegen, sondern es kommt auf ein schlüssiges gesamt-räumliches Planungskonzept an. Eine Steuerung durch die Regionalplanung gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB macht nur dort Sinn, wo eine Windhöffigkeit gegeben ist und sonstige öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Es ist dabei zu berücksichtigen, dass die Regionalplanung keine Fachplanung, sondern eine Rahmenplanung ist und von daher regelmäßig etwas gröberen Maßstäben und damit einer globaleren Abwägung unterliegt.

Die Voraussetzungen für abschließende Planungen zum Ausschluss dieser Nutzung außerhalb dafür geeigneter Flächen wurden mit der Novellierung des SächsLPlG und der damit erfolgten Einführung von Eignungsgebieten verbessert. Für die Gesamtfortschreibung nutzt der Regionale Planungsverband Westsachsen daher die nach § 2 Abs. 2 SächsLPlG gebotene Möglichkeit zur Ausweisung von Vor-ranggebieten in Verbindung mit Eignungsgebieten Windenergienutzung. Mit dieser raumordnerischen Kategorie wird einerseits die nutzungssichernde Funktion (Vorranggebiet) und andererseits die ausschließende Funktion (Eignungsgebiet) für die gemäß Baugesetz-buch privilegierte Windenergienutzung in der Planungsregion erreicht. Dabei kann entweder die Kombination von wenigen relativ groß-räumigen Eignungsgebieten mit relativ kleinräumigen Vorranggebieten innerhalb der Eignungsgebiete oder die Kombination Vorrang- und Eignungsgebiete mit identischen Geltungsbereichsgrenzen vorgenommen werden. Der Regionale Planungsverband Westsachsen hat sich hierbei für die Kombination von Vorrang- und Eignungsgebieten mit identischen Geltungsbereichsgrenzen entschieden, da damit eine höhere Planungssicherheit sowohl für die regionale und kommunale Ebene als auch für die Betreiber von Windenergieanlagen gegeben ist. Gleichfalls wird mit dieser Kombination der regionalplanerischen Intention an eine raumordnerische Steuerung und der Be-rücksichtigung der Vorbelastung des Raums infolge errichteter Windenergieanlagen entsprochen. Ausgenommen von dieser Steuerung zur Errichtung von Windenergieanlagen sind Windenergieanlagen als Nebenanlagen land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe (siehe Be-gründung zu Ziel 11.3.9).

Die raumordnerische Steuerung durch Ausweisung von Eignungsgebieten in Verbindung mit Vorranggebieten Windenergienutzung in den Regionalplänen kann nur für Windenergieanlagen angewendet werden, bei denen eine Raumbedeutsamkeit gegeben ist. Da weder die Größe einer einzelnen Anlage noch die Anzahl der Windenergieanlagen für die Beurteilung ihrer Raumbedeutsamkeit ausschlaggebend ist, muss der Begriff der Raumbedeutsamkeit vielmehr in Bezug auf Inhalt und Reichweite des Raumordnungsziels interpretiert werden. Ein quantitativer Maßstab ist damit nicht entscheidend. Die Bewertung, ob ein Vorhaben raumbedeutsam ist oder nicht, richtet sich u. a. danach, ob dadurch die räumliche Entwicklung oder Funktion eines Gebiets beeinflusst wird (vgl. § 3 Satz 1 Nr. 6 ROG). Um raumbe-deutsam zu sein, muss sich das Vorhaben über den unmittelbaren Nahbereich hinausgehend auswirken. Dies kann auch schon bei einer einzelnen Windenergieanlage der Fall sein. Für die Beurteilung der Raumbedeutsamkeit sind vor allem relevant: die besondere Dimension (Höhe) einer Windenergieanlage, der Standort und die damit verbundenen Sichtverhältnisse, die Auswirkungen auf eine bestimmte planerische, als Ziel gesicherte Raumfunktion und die im Rahmen des Gleichbehandlungsgrundsatzes sich ergebende negative Vorbildwirkung für weitere Windenergieanlagen, die

dann zumindest in ihrer Gesamtheit raumbedeutsam sind

Durch die zur Einspeisung in das öffentliche Netz üblichen Anlagengrößen, die infolge der geringen Geländenivellierung in Westsachsen gegebene weiträumige Wahrnehmbarkeit von Windenergieanlagen und die Raumbelastung infolge bereits errichteter Windenergieanlagen kommt es auch bei Einzelanlagen zu beeinträchtigenden Wirkungen auf die räumliche Entwicklung oder Funktion der betroffenen Gebiete, so dass in der Regel auch jede einzelne Windenergieanlage mit einer Gesamthöhe (bis zur Rotorspitze) > 35 m und einer installierten elektrischen Leistung > 100 kW als raumbedeutsam anzusehen ist. Unterhalb o. g. Grenzen kann die Raumbedeutsamkeit einer Einzel-anlage nur nach Einzelfallbeurteilung, insbesondere bei der Lage in Bereichen mit hohem Konfliktpotenzial, der Beeinträchtigung von Schutzgütern oder beim Entstehen einer Konzentrations- oder Vorbildwirkung durch Angliederung neuer Anlagen an bereits bestehende oder geplante Anlagen in Betracht kommen. Dies ist durch die Raumordnungsbehörde im Einzelfall zu prüfen und zu beurteilen.

Für bereits außerhalb der ausgewiesenen Vorrang- und Eignungsgebiete Windenergienutzung genehmigte Windenergieanlagen gelten die Regelungen des baurechtlichen Bestandsschutzes. Bei Anträgen für Ersatzbauten oder bei Änderungsanträgen für Windenergieanlagen

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Regionalplan Westsachsen 2008 11 Energieversorgung und erneuerbare Energien

ist aufgrund ihrer Lage im Ausschlussgebiet für die Windenergienutzung und dem damit verbundenen Zielkonflikt zum angewandten Instrumentarium „Eignungsgebiet“ eine Genehmigung dieser Anlagen nicht zulässig. Ausgenommen davon sind Windenergieanlagen im Geltungsbereich eines verbindlichen Bebauungsplans nach § 30 BauGB. Dabei ist eine erneute Errichtung zulässig, sofern sie dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist. Sofern eine Änderung des Bebauungsplans erforderlich wird, ist eine Anpassung an die Ziele der Raumordnung geboten.

Unabhängig von der Lage in einem Vorrang- und Eignungsgebiet Windenergienutzung bedürfen die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen einer behördlichen Zulassung. Dafür stehen Verfahren nach Immissionsschutzrecht zur Verfügung. Dabei darf die Zulassungsbehörde solche öffentlichen Belange, die bereits bei der zielförmigen Festlegung diess Planes abgewogen worden sind, der Errichtung von Windenergieanlagen nicht mehr entgegenhalten. Nur solche entgegenstehenden öffentlichen Belange, die entweder wegen der relativen „Grobmaschigkeit“ der raumordnerischen Planung nicht in die Abwägung eingestellt werden konnten oder zum Zeitpunkt der Planerstellung und -genehmigung nicht vorlagen oder bekannt waren und daher ebenfalls nicht in die Abwägung einbezogen werden konnten, können eine negative Zulassungsentscheidung begründen.

Die zuständige Genehmigungsbehörde trifft im Einvernehmen mit der zuständigen Naturschutzbehörde die Entscheidung über die not-wendigen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zum Ausgleich unvermeidbarer Eingriffe in Natur und Landschaft (§ 10 Abs. 1 Satz 2 SächsNatSchG). Dabei soll die Bestimmung der raumbedeutsame Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen unter Beachtung von Ziel 4.1.4 des Regionalplans erfolgen.

Methodische Herangehensweise

Die zur Anwendung gekommene Methodik für die regionalplanerische Ausweisung von Vorrang- und Eignungsgebieten Windenergie-nutzung beinhaltet vorhabenfördernde, vorhabenkonzentrierende sowie vorhabenhindernde Planungselemente.

• Vorhabenfördernde Planungselemente: – technisch nutzbares Windpotenzial

prinzipiell flächendeckend vorhanden (Ergebnis des Windmessprogramms II für den Freistaat Sachsen [1996] unter Beachtung der technischen Entwicklung von Windenergieanlagen)

– Vorranggebiete für die Nutzung von Windenergie gemäß Genehmigungsbescheid zum Regionalplan Westsachsen v. 15.03.2001 Die Vorranggebiete für die Nutzung von Windenergie stellen eine landesplanerische Letztentscheidung zugunsten der Windener-gienutzung dar. Der Regionale Planungsverband Westsachsen hat sich deshalb im Rahmen seines Planungsermessens dazu entschlossen, die Vorranggebiete für die Nutzung von Windenergie des Regionalplans Westsachsen 2001, auch aus Gründen des Vertrauensschutzes gegenüber den Betreibern von Windenergieanlagen, als vorhabenförderndes Planungselement in die Ge-samtfortschreibung einzustellen. Damit sind alle in diesen Vorranggebieten bestehenden und genehmigten Windenergieanlagen Bestandteil der in dieser Gesamtfortschreibung ausgewiesenen Vorrang- und Eignungsgebiete Windenergienutzung. Die Vorrang-gebiete für die Nutzung von Windenergie gemäß Genehmigungsbescheid zum Regionalplan Westsachsen vom 15.03.2001 unterlagen damit als „Gebiet an sich“ nicht einer erneuten Abwägung, wobei im Ergebnis der Planaufstellung durchaus Änderungen der Flächengröße (Erweiterung oder Verringerung) und des Flächenzuschnitts aufgrund eingestellter Bedenken bzw. erforderlicher Gebietskorrekturen in Anpassung an verbindliche Bauleitplanungen oder zur Klarstellung vorgenommen wurden, ohne jedoch die in diesen Gebieten bestehenden, genehmigten und positiv beschiedenen Windenergieanlagen auszugrenzen. Für Windenergieanlagen mit Siedlungsabständen unter 1 000 m erfolgt vor dem Hintergrund der technischen Entwicklung der Windenergieanlagen eine generelle Beschränkung der Gesamthöhe (siehe Ziele 11.3.4/5). Die Begrenzung ist Folge eines zugunsten der Windenergienutzung eingegangenen Kompromisses. Er sichert damit selbst in Teilen der seit 20.12.2001 verbindlichen Vorranggebiete eine weitere Nutzung der Windenergie, die in anderen Teilen der Region aufgrund eines einzu-haltenden Siedlungsabstands von 1 000 m generell ausgeschlossen ist.

– Vorrang- und Eignungsgebiete zur Sicherung der Nutzung von Windenergie gemäß unwirksamer Teilfortschreibung energetischer Windnutzung, sofern sie nicht als Vorranggebiete für die Nutzung von Windenergie im verbindlichen Regionalplan Westsachsen ausgewiesen waren und keine erheblichen naturschutzfachlichen Bedenken bestehen Der Regionale Planungsverband Westsachsen hat sich im Rahmen seines Planungsermessens entschlossen, die in der Teilfort-schreibung zusätzlich zum verbindlichen Regionalplan Westsachsen ausgewiesenen Vorrang- und Eignungsgebiete zur Siche-rung der Nutzung von Windenergie, unabhängig von (im Einzelfall) entgegenstehenden Ausschlusskriterien für die Nutzung von Windenergie (A 1-A 20) und auch aus Gründen des Vertrauensschutzes gegenüber den Betreibern von Windenergieanlagen als vorhabenförderndes Planungselement in die Fortschreibung einzustellen. Diese Vorgehensweise steht nicht im Widerspruch zum vorgenannten Normenkontroll-Urteil.

– Übernahme verbindlicher B-Pläne zur Nutzung von Windenergie – Ausweisung mindestens 0,25 % der Regionsfläche als Vorrang- und Eignungsgebiete Windenergienutzung

• Vorhabenkonzentrierende Planungselemente:

– Vorrang- und Eignungsgebiete Windenergienutzung mit identischem Geltungsbereich – Mindestgröße der Vorrang- und Eignungsgebiete Windenergienutzung von 10 ha. Diese Mindestgröße gewährleistet unter Be-

rücksichtigung des notwendigen Abstands der Windenergieanlagen untereinander (Vermeidung energieertragsmindernder Wind-abschattung) die Aufstellung von mindestens 3 Windenergieanlagen

– Abstandszone um Windenergieanlagen (in Betrieb, und/oder Vorrang- und Eignungsgebiete Windenergienutzung) i. d. R. 5 km

• Vorhabenhindernde Planungselemente: Sie sind Ergebnis einer Prüfung, ob durch Errichtung und Betrieb von Windenergieanlagen die vorrangige Zweckbestimmung der jeweiligen regionalplanerischen Ausweisung erheblich beeinträchtigt wird. Darüber hinaus sind in den Ausschlussgebieten für die Nutzung von Windenergie grundsätzlich entgegenstehende öffentliche Belange enthalten, die während der Planaufstellung durch die Beteiligten benannt worden sind.

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Regionalplan Westsachsen 2008 11 Energieversorgung und erneuerbare Energien

Ausschlusskriterien für die Nutzung von Windenergie Die im Regionalplan Westsachsen seit 20.12.2001 verbindlich ausgewiesenen regionalplanerischen Ausschlussgebiete bzw. -kriterien für die Nutzung von Windenergie werden im Wesentlichen übernommen. Sie werden in Auswertung des vorgenannten Normenkontroll-Urteils zur Teilfortschreibung energetische Windnutzung und des Erfahrungszuwachses bei den Behörden, Verbänden und der betroffenen Wohnbevölkerung sowie unter Berücksichtigung der technischen Weiterentwicklung der Windenergieanlagen spezifiziert, konkretisiert und ergänzt.

Die Ausschlusskriterien für die Windenergienutzung gelten nicht für die unter „Vorhabenfördernde Planungselemente“ genannten Gebiete für die Nutzung von Windenergie. Aufstellung: Ausschlusskriterien für die Nutzung von Windenergie

A 1 Vorranggebiete Natur und Landschaft (gemäß Kapitel 4.2 i. V. m. Karte 14 „Raumnutzung“)

A 2 Naturschutzgebiete (gemäß Regierungspräsidium Leipzig, Umweltfachbereich i. V. m. Karte 9 „Schutzgebiete Natur und

Landschaft“)

Nach § 16 SächsNatSchG ist in Naturschutzgebieten ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft zur Erhaltung, Ent-wicklung oder Wiederherstellung von Biotopen oder Lebensgemeinschaften bestimmter wild lebender Tier- und Pflanzenarten, aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen oder landeskundlichen Gründen oder wegen ihrer Seltenheit, besonderen Eigen-art oder hervorragenden Schönheit erforderlich. Alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Schutzgebiets oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können, sind verboten.

A 3 Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und europäische Vogelschutzgebiete – FFH- und SPA-Gebiete (gemäß

Landesamt für Umwelt und Geologie i. V. m. Karte 9 „Schutzgebiete Natur und Landschaft“)

Die Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung gemäß der Richtlinie 92/43/EWG zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Pflanzen und Tiere (Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie) und der Richtlinie 79/409/EWG über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten (Vogelschutzrichtlinie) bilden das Europäische Schutzgebietssystem „NATURA 2000“. Gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 SächsLPlG sind in der Abwägung im Rahmen der Aufstellung von Regionalplänen auch die Erhal-tungsziele oder der Schutzzweck der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und der Europäischen Vogelschutzgebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) zu berücksichtigen. Soweit diese erheblich beeinträchtigt werden können, sind die Vorschriften des BNatSchG über die Zulässigkeit oder Durchführung von derartigen Eingriffen sowie die Einholung der Stellungnahme der Kommission anzuwenden (Prüfung nach der FFH-Richtlinie). Einer Verträglichkeitsprüfung sind solche Planinhalte von Regionalplänen zu unterziehen, bei denen zumindest die Möglichkeit besteht, dass sie die Erhaltungsziele beeinträchtigen können. Diese Voraussetzung ist für die Ausweisung von Vorrang- und Eignungsgebieten Windenergienutzung gegeben. Mit der Anwendung des Ausschlusskriteriums A 3 „FFH- und SPA-Gebiete“ werden mögliche Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele durch den Bau von Windenergieanlagen in den Gebieten vorsorgend ausgeschlossen.

A 4 Rastgebiete, Zugbahnen und Brut- und Nahrungsgebiete störungsempfindlicher, geschützter Vogelarten sowie

Quartiere, Nahrungsgebiete und Zugkorridore störungsempfindlicher, geschützter Fledermausarten (gemäß Landesamt für Umwelt und Geologie, Regierungspräsidium Leipzig, höhere Naturschutzbehörde, untere Naturschutzbehörden der Land-ratsämter der Planungsregion, untere Naturschutzbehörden, Naturschutzinstitut Wurzen-Dehnitz)

einschließlich der Beachtung von Pufferzonen in Abhängigkeit von der Störanfälligkeit der vorkommenden schützenswerten Vogelart bzw. Fledermausart sowie der Vermeidung von Barrierewirkungen durch Windenergieanlagen zwischen Brut- und Nahrungsgebieten schützenswerter Vogelarten. Gemäß internationalen Vereinbarungen besteht die Pflicht zum Schutz bestimmter Arten und ihrer Lebensräume (SPA-Richtlinie, Berner Konvention, Bonner Konvention). Vogelrastgebiete und Zugbahnen sowie Brut- und Nahrungsgebiete störungsempfindlicher geschützter Vogelarten (Tab. 11-3) sind nur eingeschränkt durch einen naturschutzrechtlichen Status geschützt. Sie bedürfen daher einer besonderen regionalpla-nerischen Beachtung bei der Ausweisung von Vorrang- und Eignungsgebieten Windenergienutzung. Die Störungsempfindlich-keit dieser Vogelarten leitet sich aus Beeinträchtigungen ihres Zug-, Brut- und Rastverhaltens durch Windenergieanlagen ab. Westsachsen zeichnet sich durch eine große Lebensraumvielfalt aus. Aufgrund des hohen Anteils von Flächen mit offenem Landschaftscharakter prägen diese „Offenland-Lebensräume“ Westsachsen weiträumig. Wertgebend und charakteristisch sind zudem Stand- und Fließgewässerlebensräume. Den genannten Lebensraumtypen ist i. d. R. ihre Weiträumigkeit, die durch Strukturelemente nicht oder nur unwesentlich eingeschränkt ist, gemein. Das weitgehende Fehlen abschirmend wirkender Barrieren bedingt ein großflächiges Ausbreiten von Störungen und führt daher zu einer hohen Störungsempfindlichkeit der an diese Lebensräume gebundenen Großvogelarten. Die Nutzung ausschließlich oder vorrangig offener Lebensräume steht im Zusammenhang mit dem artspezifischen Brut-, Nahrungs-, Zug-, Rast- und Feindverhalten. Besonders enge Bindungen an Landschaften mit offenem Charakter weisen die Greifvogelarten Fischadler und Roter Milan, der Weißstorch (jeweils hinsichtlich der Nahrungshabitate), der Kranich (hinsichtlich der Nahrungs- und Rastgebiete sowie der Zugtrassen) und nordische Gänse (insbesondere Saat- und Bleßgänse, aber auch Nonnen-, Zwerg-, Kurzschnabel- und Rothalsgänse) auf. Nordische Gänse benötigen für die Nahrungsaufnahme gering strukturierte Agrargebiete (Sicherungsverhalten gegenüber Feinden) und für die Rast ebensolche Stand- und Fließgewässerlebensräume (Schlafgewässer). Für den täglichen Wechsel zwischen Nahrungs-gebiet und Schlafgewässer sind Korridore mit gleichfalls offenem Landschaftscharakter erforderlich (z. B. wird das Überfliegen von Wald gemieden). Die besonders enge Bindung dieser Arten an die genannten Habitattypen und die damit verbundene hohe

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Regionalplan Westsachsen 2008 11 Energieversorgung und erneuerbare Energien

Störungsempfindlichkeit stellen ein wesentliches Kriterium für die getroffene Artenauswahl (nordische Gänse, Kranich, Fisch-adler, Weißstorch, Roter Milan) dar. Dabei gilt es artspezifisch sowohl die Brut-, Nahrungs- und Rastgebiete als auch die Zugbahnen vor Beeinträchtigungen zu sichern. Ein weiteres Auswahlkriterium ist mit der Bedeutung der Planungsregion für Offenland bewohnende, störungsempfindliche Arten und daher mit der überregionalen Verantwortung für den Artenschutz im bundesweiten Maßstab zu umreißen. Westsachsen ist spätestens seit den 80er Jahren Teil eines der bundesweit bedeutend-sten Rastgebiete nordischer Gänse. Innerhalb Sachsens konzentrieren sich hier die Rastbestände (ca. die Hälfte des gesamt-sächsischen Gänse-Rastbestands konzentriert sich auf nur ca. 24 % der sächsischen Fläche!). Westsachsen besitzt zudem Anteil am weltweit extrem kleinen Brutareal des Roten Milan. Diese Art siedelt wie der Weißstorch in der Planungsregion in hoher Dichte. Die westsächsischen Brutvorkommen des Kranichs und des Fischadlers sowie die hiesigen Rast- und Sammel-plätze von Kranichen befinden sich am Südwestrand des Brutareals und sind damit als Randpopulation besonders gefährdet. Ihr Auftreten in der Planungsregion ist Indikator der europaweiten Bestandsentwicklung.

Tab. 11-3: Gegenüber Windenergieanlagen störungsempfindliche, geschützte Vogelarten

Art (deutscher Name)

Art (wissenschaftlicher Name)

RL SN RL D EG-VSchRl Anhang I

BV ZV

Alpenstrandläufer Calidris alpina 1 X Baumfalke Falco subbuteo 2 3 X Bekassine gallinago gallinago 2 1 X X Brandgans Tadorna tadorna R (X) X Bruchwasserläufer Tringa glareola 0 X X Fischadler Pandion haliaetus R 3 X X X Flussuferläufer Actitis hypoleucos 2 1 X X Gänsesäger Mergus merganser R 3 (X) X Goldregenpfeifer Pluvialis apricaria 1 X X Großer Brachvogel Numenius arquata 1 2 (X) X Grünschenkel Tringa nebularia X Haubentaucher Podiceps cristatus X X Knäkente Anas querquedula 1 2 X X Kolbenente Netta rufina 2 X Kormoran Phalacrocorax carbo R V X X X Kranich Grus grus 2 X X X Krickente Anas crecca 3 X Löffelente Anas clypeata 1 X X Moorente Aythya nyroca 0 1 X X Raubwürger Lanius excubitor 2 1 X X Rohrweihe Circus aeruginosus X X X Rothalstaucher Podiceps grisegena 2 V X X Rotmilan Milvus milvus V X X X Rotschenkel Tringa totanus 1 2 (X) X Saatgans Anser fabalis X Samtente Melanitta fusca X Schnatterente Anas strepera X X Schwarzkopfmöwe Larus melanocephalus R R X X X Schwarzmilan Milvus migrans - - x Schwarzstorch Ciconia nigra 2 3 X X X Seeadler Haliaeetus albicilla 2 3 X X Silberreiher Egretta alba X X Spießente Anas acuta 2 X Tafelente Aythya ferina V X Teichhuhn Gallinula chloropus 3 V X X Trauerente Melanitta nigra (X) Tümpfelsumpfhuhn Porzana porzana 2 1 X X X Tundrasaatgans Anser fabalis rossicus X Uferschwalbe Riparia riparia 3 3 X X Uhu bubo bubo 2 3 x X Waldsaatgans Anser fabalis fabalis X Waldwasserläufer Tringa ochropus R X X Wanderfalke Falco peregrinus 1 3 x X Weißstorch Ciconia ciconia 3 3 X X X Wiesenweihe Circus pygargus 1 2 X (X) X Wespenbussard Pernis apivorus 3 - x X Ziegenmelker Caprimulgus europaeus 1 2 x X Zwergsäger Mergus albellus X

Konflikte zwischen Windparkplanung und Lebensräumen von Fledermäusen (Tab. 11-4) können sich prinzipiell aus der Ver-nichtung oder Beeinträchtigung von Fledermausquartieren, der Errichtung von Baukörpern in Jagdgebieten und der Zerschnei-dung von Fledermaus-Flugstraßen ergeben (Bach et al. 1999). Flugbewegungen von Fledermäusen finden von den Quartieren in die Jagdgebiete sowie zwischen den verschiedenen Quartieren bzw. Jagdgebieten statt. Sie orientieren sich dabei an vorhandenen Strukturen. Die Errichtung von Windparks im Bereich dieser Flugrouten kann zur Zerschneidung von Flugstraßen führen und damit Beeinträchtigungen auslösen.

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Regionalplan Westsachsen 2008 11 Energieversorgung und erneuerbare Energien

Tab. 11-4: Gegenüber Windenergieanlagen störungsempfindliche, geschützte Fledermausarten

Art (deutscher Name)

Art (wissenschaftlicher Name)

RL SN RL D (1997)

FFH-Anhang

Großer Abendsegler Nyctalus noctula 3 3 IV Breitflügelfledermaus Eptesicus serotinus 3 V IV Großes Mausohr Myotis myotis 2 3 II Kleiner Abendsegler Nyctalus leisleri R G IV Mückenfledermaus Pipistrellus pygmaeus IV Rauhhautfledermaus Pipistrellus nathusii R G IV Zweifarbfledermaus Vespertilio murinus R G IV Zwergfledermaus Pipistrellus pipistrellus V D IV

RL SN Rote Liste Sachsen (Stand 1999)

0 ausgestorben oder verschollen 3 gefährdet 1 vom Aussterben bedroht R extrem selten 2 stark gefährdet

RL D Rote Liste Deutschland (Stand 2002) 0 ausgestorben oder verschollen R extrem seltene Arten 1 vom Aussterben bedroht V Arten der Vorwarnliste 2 stark gefährdet D Daten defizitär; Einstufung unmöglich 3 gefährdet

EG-VSchRl Anhang I EG-Vogelschutzrichtlinie Anhang I 1979 x in Anhang 1 enthalten

BNatSchG Bundesnaturschutzgesetz b besonders geschützt s streng geschützt

BV Brutvogel X Brutvogel im Regierungsbezirk (RB) Leipzig (X) Brutvogel in Sachsen, der aber nicht im RB Leipzig brütet oder von dem nur ein sporadischer bzw.

unsicherer Brutnachweis vorliegt ZV Zugvogel (Sommer- bzw. Wintergast) FFH-Anhang II Liste der Tier- und Pflanzenarten, für die Schutzgebiete im NATURA 2000-Netz eingerichtet werden

IV Liste von Tier- und Pflanzenarten, die unter dem besonderen Rechtsschutz der EU stehen, weil sie selten und schützenswert sind.

A 5 Offene Wasserflächen einschließlich der bis ca. 2015 entstehenden Seen im Zuge der Sanierung im Braunkohlenplangebiet

Westsachsen (gemäß Orthofoto 2005, Braunkohlenpläne)

Oberflächengewässer sind vielgestaltige und artenreiche Ökosysteme, die vielfältige ökologische Funktionen wie z. B. Wasser-rückhaltung, Klimaausgleich und Lebensraum erfüllen. Sie besitzen zudem eine hohe landschaftsästhetische Bedeutung und sind damit prädestiniert für die Erholungsnutzung. Darüber hinaus sind die bis 2015 entstehenden Tagebaurestseen regional-planerisch für eine Erholungsnutzung (insbesondere auch für den Wassersport) und die Entwicklung von Natur und Landschaft vorgesehen. Die Errichtung von Windenergieanlagen in Stand- und Fließgewässern ist deshalb aus ökologischen Gründen und unter dem Aspekt der Erholungsvorsorge nicht zu vertreten.

A 6 Heidelandschaften (gemäß Leitbilder für Natur und Landschaft unter Kapitel 4.1 i. V. m. Anhang 3 und Karte 16 „Bereiche der

Landschaft mit besonderen Nutzungsanforderungen“)

Die Heidelandschaften sind von raumbedeutsamen Windenergieanlagen freizuhalten, um • das Potenzial für eine naturbezogene und umweltverträgliche Erholungsnutzung zu sichern, • den Charakter des Naturparks Dübener Heide zu erhalten und zu entwickeln, • die größten zusammenhängenden Wälder Westsachsens zu schützen, • national bedeutsame Freiraumbereiche großräumig zu schützen, • die typischen Binnendünenausbildungen in der Annaburger Heide zu bewahren, • die ausschließlich in den Heidelandschaften vorhandenen regional bedeutsamen Ruhegebiete zu erhalten, • den Charakter einer gering zerschnittenen, naturnahen Landschaft zu bewahren, • eine technogene Überprägung des Freiraums zu vermeiden und • eine flächendeckende Streuung von Windenergieanlagen in Westsachsen zu vermeiden. Das heißt, der Landschaftsraum der Heide ist insgesamt für den ökologischen Schutz sowie für die Erholung von sehr hoher landesweiter und regionaler Bedeutung und deshalb als zusammenhängendes Gebiet von der Errichtung raumbedeutsamer Windenergieanlagen auszunehmen, unabhängig davon, ob im Ergebnis einer Beurteilung des Mikrostandorts die Errichtung einer raumbedeutsamen Windenergieanlage möglich wäre. Zu berücksichtigen ist auch die im Vergleich zu anderen Natur-räumen Westsachsens geringere Windhöffigkeit. Der Träger der Regionalplanung ist verpflichtet, für Naturräume und Landschaftseinheiten ein zukunftsgerichtetes Konzept zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 1 SächsNatSchG) aufzustellen. Soweit die Nutzung zur Windenergiegewinnung mit einem diesen Anforderungen genügenden Leitbild nicht in Einklang zu bringen ist, kann das umfasste Gebiet (wie für die Heidelandschaften geschehen) deshalb als ein die Windenergienutzung ausschließender Tabu-Bereich in die Abwägung eingestellt werden, selbst wenn sein aktueller Zustand dem angestrebten Zustand noch nicht

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Regionalplan Westsachsen 2008 11 Energieversorgung und erneuerbare Energien

entspricht. Das aufgestellte Leitbild der Naturräume der Heidelandschaften entspricht den Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 SächsNatSchG (vgl. SächsOVG Az. 1 D 2/03).

A 7 Landschaftsprägende Höhenrücken, Kuppen und Hanglagen (gemäß Ziel 4.1.7 i. V. m. Karte 16 „Bereiche der Landschaft

mit besonderen Nutzungsanforderungen“)

Mit der Ausweisung von Vorrang- und Eignungsgebieten Windenergienutzung wird die konzentrierte Errichtung von Wind-energieanlagen auf geeigneten Standorten gesichert. Danach müssen diese Gebiete eine Mindestgröße von 10 ha aufweisen, um die Aufstellung von mindestens 3 Windenergieanlagen zu ermöglichen. Dieser Vorhabenskonzentration ist zugleich eine stärkere Beeinträchtigung landschaftlicher Schutzgüter wie z. B. eine Veränderung des Landschaftsbilds immanent. Mit der Wahrnehmung bzw. Überschaubarkeit einer Landschaft (hier der landschaftsprägenden Höhenrücken, Kuppen und Hanglagen) steigt auch ihre visuelle Verletzlichkeit. Durch Hinzufügen von wesensfremden (Landschafts-)Elementen wird die natürliche Eigenart der Landschaft – ihr ästhetischer Eigenwert – beeinträchtigt. Windenergieanlagen als landschaftsuntypische technische Elemente stehen – insbesondere bei einer Vorhabenskonzentration von mindestens 3 Windenergieanlagen – mit ihrer Fernwirkung in Konkurrenz zu den natürlichen Landmarken. Raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen stellen dann eine erhebliche Beeinträchtigung dar, wenn diese dem vor-handenen Landschaftsbild grob unangemessen sind. Das ist in der Regel dann der Fall, wenn die raumbedeutsame Planung oder Maßnahme bzw. einzelne raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen in ihrer Summenwirkung die Dominanz des/der landschaftsprägenden Höhenrücken, Kuppe oder Hanglage unmittelbar durch Eingriff in diese(n) zerstört bzw. dadurch ablöst, indem sie selbst den umgebenden Landschaftsraum dominiert. Dabei ist zu beachten, dass diese Auswirkung auch bei raum-bedeutsamen Planungen und Maßnahmen auftreten kann, die nicht unmittelbar innerhalb der ausgewiesenen landschafts-prägenden Höhenrücken, Kuppen und Hanglagen lokalisiert sind.

A 8 Regional bedeutsame Bereiche des Denkmalschutzes

a) Regional bedeutsame Bereiche des baulichen Denkmalschutzes (gemäß Landesamt für Denkmalpflege) (Umgebungsschutzgebiete von Denkmalen und Gebiete mit herausragender Sichtbeziehung zu einem sichtexponierten historischen Kulturdenkmal i. S. v. § 2 Abs. 3 Nr. 1 SächsDSchG)

Windenergieanlagen stellen im Landschaftsraum weithin sichtbare Elemente dar, deren Wahrnehmung durch die in Bewegung befindlichen Rotoren noch verstärkt wird. Stehen sie in markanten Sichtachsen vor oder hinter einem Kulturdenkmal, so kann es dadurch optisch entwertet werden. Dies reicht von einer eingeschränkten Wahrnehmbarkeit durch Überschneidung oder Hinterschneidung über die Verunklärung tatsächlicher Proportionen bis hin zu einer Entwertung durch das Erzeugen völlig neuer Größenverhältnisse raumbeherrschender Elemente. Die historisch gewachsene Siedlungsstruktur Westsachsens ist in der Landschaft durch Dominanten wie Türme von Kirchen und Rathäusern, Wassertürme, Burgen, Schlösser oder Herrenhäuser mit prägnanten Silhouetten und charakteristischen Bau-kubaturen bzw. komplette unverwechselbare Stadtbilder erlebbar. Diese Dominanten sind untrennbare Bestandteile der Kultur-landschaft, bezeichnen die Lage von Städten, Dörfern und Siedlungen, bekrönen Höhenzüge und Berge, sind Landmarken auch in der weiten Ebene und Zielpunkte für Straßen und Eisenbahntrassen. Dominante Kulturdenkmale als Bestandteile der gewachsenen Kulturlandschaft geben dieser Struktur, die sich in das Bewusstsein der Bevölkerung einprägt, Reisenden und Fremden die Orientierung und bestimmen Vorstellungen von Entfernung und Größe. Ungünstig platzierte und falsch proportio-nierte Windenergieanlagen können in dieses gewachsene Bild der Landschaft erheblich eingreifen und dieses zum Nachteil verändern. Nicht nur direkte Über- oder Hinterschneidung von Kulturdenkmalen beeinträchtigt diese, auch die seitliche Zuordnung kann zum Nachteil für das Denkmal werden, wenn die Dominanz der Windenergieanlage zu stark wird, gewohnte Proportionen sprengt und alle Aufmerksamkeit auf sich zieht. Die Beurteilung denkmalschutzrelevanter Bereiche orientiert sich an vorhandenen Kulturdenkmalen. Maßgebend sind expo-nierte Objekte von weitreichender Wirkung und prägender Erscheinung sowie Gartenanlagen und Parks, in denen Sichtachsen und Alleen entscheidende künstlerische Gestaltungsmittel darstellen. Bei der Bewertung möglicher negativer Erscheinungen sind nur die hauptsächlichen Sichtbeziehungen berücksichtigt und lediglich solche Situationen bedacht, die nicht bereits durch eine frühere Bebauung die Wahrnehmung der Kulturdenkmale nur eingeschränkt zulassen. Vielfach überlagern sich wichtige Sichtachsen sowie weitreichende Blickbeziehungen zu sehr bedeutenden Objekten und Ansichten auf kurze Distanz. Dadurch entstehen teilweise relativ geschlossene Flächen. Die Beurteilung der für die Region Westsachsen relevanten Gebiete beruht auf einer Abstimmung mit dem Landesamt für Denk-malpflege. b) Regionale Schwerpunkte des archäologischen Kulturdenkmalschutzes (gemäß Ziel 4.4.8 i. V. m. Karte 16 „Bereiche

der Landschaft mit besonderen Nutzungsanforderungen“)

Gemäß Ziel 4.4.8 sind die regionalen Schwerpunkte des archäologischen Kulturdenkmalschutzes vor Gefährdungen zu schüt-zen. Die Errichtung von Windenergieanlagen in diesen Gebieten würde zu einer Zerstörung bzw. erheblichen Beeinträchtigung dieser Gebiete führen. Hinweis: Unabhängig vom Ausschlusskriterium A 8 bedarf es nach § 14 SächsDSchG der Genehmigung der Denkmalschutz-behörde, sofern jemand Erdarbeiten etc. an einer Stelle ausführen will, von der bekannt oder den Umständen nach zu vermuten ist, dass sich dort Kulturdenkmale befinden. Der künftige Bauherr wird im Rahmen des Zumutbaren an den Kosten beteiligt (§ 14, Abs. 3 SächsDSchG). Dies betrifft auch Vorhaben innerhalb der Vorrang- und Eignungsgebiete Windenergienutzung. Im Genehmigungsverfahren über die Zulässigkeit zur Errichtung von Windenergieanlagen ist zu entscheiden, in welchem Umfang in den von Bautätigkeit betroffenen Arealen archäologische Grabungen durchzuführen sind, um auftretende Befunde und Funde sachgerecht auszugraben und zu dokumentieren.

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Regionalplan Westsachsen 2008 11 Energieversorgung und erneuerbare Energien

A 9 Rohstoffabbau (gemäß Kapitel 7 i. V. m. Karte 14 „Raumnutzung, Sächsisches Oberbergamt)

a) Vorranggebiete Braunkohlenabbau b) Vorranggebiete oberflächennahe Rohstoffe einschließlich einer Pufferzone von 300 m bei Festgesteinslager-

stätten bzw. -gewinnungsgebieten c) Gebiete mit Bergwerkseigentum oder Bewilligungen nach BBergG sowie nach anderen Gesetzen oder Vor-

schriften genehmigte Rohstoffgewinnungsflächen und die jeweils dazugehörigen Lagerstätten einschließlich einer Pufferzone von 300 m bei Festgesteinslagerstätten bzw. -gewinnungsgebieten

Die Pufferzone von 300 m markiert – ausgehend von erforderlichen Sprengarbeiten – den Gefahrenbereich um Festgesteins-lagerstätten bzw. -gewinnungsgebiete. Es wird dabei davon ausgegangen, dass im normalen Steinbruchbetrieb ein Steinflug nicht weiter als im 300-m-Umkreis auftritt (vgl. dazu auch „UVU Sprengarbeiten" und „Abstandserlass Nordrhein-Westfalen").

A 10 Waldgebiete

a) bestehende Waldgebiete mit einer Pufferzone von 200 m (gemäß Staatsbetrieb Sachsenforst)

Wind wird in Bodennähe durch Strömungswiderstände der Erdoberfläche in seiner Gleichförmigkeit und seiner Geschwindigkeit beeinflusst. Insbesondere Wälder haben hohe so genannte Rauigkeitslängen. Mit zunehmender Nabenhöhe der Windenergie-anlagen nehmen die Strömungswiderstände ab, so dass theoretisch auch Windenergieanlagenstandorte innerhalb des Waldes über ein wirtschaftlich nutzbares Windpotenzial verfügen können. Der Waldbestand besitzt wiederum folgende, gemäß der Waldfunktionskartierung des Staatsbetriebes Sachsenforst dargestellte besondere Waldfunktionen, die durch den dauerhaften Betrieb von Windenergieanlagen erheblich beeinträchtigt werden würden: Restwald in waldarmer Region, das Landschaftsbild prägender Wald, Wald mit Sichtschutzfunktion, Wald mit Denkmalschutzfunktion, Wald mit besonderer Erholungsfunktion und Wald mit Lärmschutzfunktion. Darüber hinaus erfüllt der anteilmäßig unter dem Landes- und Bundesdurchschnitt liegende Waldbestand in der Region eine hohe Anzahl von weiteren besonderen Schutz- und Erholungsfunktionen. Die 200-m-Pufferzone zum Waldbestand begründet sich in der nachweisbar sehr hohen biotischen, insbesondere avifau-nistischen und geoökologischen Artenmannigfaltigkeit und -dichte dieses Übergangsbereichs zwischen den Ökosystemen Wald und Offenland. Insbesondere für Vogel- und Fledermausarten ist für das Erreichen einer optimalen Funktionsfähigkeit ihres Lebensraums ein dem eigentlichen Waldsaum vorgelagerter ungestörter Offenlandbereich erforderlich. Eine Größe von etwa 200 m entspricht dem minimalen Aktionsradius der meisten störungsempfindlichen Vogelarten. Weiterhin besitzen Waldsäume einen sehr hohen landschaftsästhetischen und Erholungswert. Unter Beachtung des in diesen Übergangsbereichen vorhan-denen besonders hohen Biotopentwicklungspotenzials ist die Möglichkeit der Schaffung und der hinsichtlich Ökologie und Land-schaftsästhetik optimalen Gestaltung von Waldrändern in der Dimensionierung der Pufferzone impliziert (vgl.: Blab, J.: „Grundlagen des Biotopschutzes“, Bonn 1989). b) Vorranggebiete Waldmehrung (gemäß Kapitel 9.2 i. V. m. Karte 14 „Raumnutzung) Die Vorranggebiete Waldmehrung werden aus Vorsorgegründen als Tabubereich für die Windenergienutzung ausgewiesen. Aufforstung und Windenergienutzung schließen sich aus. Die beabsichtigte Nutzung eines Gebiets als Wald rechtfertigt ihren Ausschluss (SächsOVG 1 D 3/03). Im Sinne der Vorranggebiete Waldmehrung gelten auch die innerhalb der „Bereiche mit Originärausweisungen der Braun-kohlenpläne“ vorkommenden Ausweisungen der Vorranggebiete Land- und Forstwirtschaft sowie Erholung/Waldmehrung, da diese gleichfalls eine Aufforstung zum Ziel haben.

A 11 Siedlungsabstand (gemäß ATKIS, Realnutzungskarte Westsachsen, Bauleitplanungen)

a) 1 200 m zu Kur- und Klinikbereichen sowie Pflegeanstalten b) 1 000 m zu Wohnbebauungen innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile c) 500 m zu Gewerbegebieten

Für die räumliche Begrenzung der Vorrang- und Eignungsgebiete Windenergienutzung ist ein konkreter Abstand zu Siedlungen anzunehmen. Hierbei macht der Plangeber von seiner Möglichkeit der Typisierung Gebrauch, wobei das Schutzgut „Mensch“ und die unterschiedliche Schutzbedürftigkeit von einzelnen Nutzungen in den Siedlungen angemessen zu berücksichtigen sind. Insofern werden unterschiedliche Abstandswerte zu Kur- und Klinikbereichen sowie Pflegeanstalten, zu Wohnbebauungen und zu Gewerbegebieten in die Planung eingestellt. Hierzu wird auch auf die technische Entwicklung von Windenergieanlagen (siehe Tabelle 11-1) und die daraus resultierenden veränderten Standortanforderungen verwiesen. Die Siedlungsabstandswerte begründen sich auf eine angemessene Berücksichtigung des Allgemeinwohlgebots, des Ver-hältnismäßigkeitsgebots und des Gebots der nachbarlichen Rücksichtsnahme. Bei der Festlegung von Tabu-Zonen aus Gründen des Immissionsschutzes können pauschale Abstände zu jeder schützens-werten Wohnbebauung angesetzt werden. Diese Abstände können zulässigerweise auch auf einen vorbeugenden Immissions-schutz ausgerichtet werden und konkret für weitere Entwicklungen in den Blick genommene potenzielle Siedlungserweiterungs-flächen mitberücksichtigen. Geht es nur um die Zuordnung verschiedener Nutzungsbereiche in den Grundzügen, mithin um ein mehr oder weniger grobes Raster, kann die flächenmäßige Zuordnung zulässigerweise daran ausgerichtet werden, dass mehr oder weniger pauschale Abstände zu jeder schützenswerten Wohnbebauung angesetzt werden. Diese Abstände können ferner ihrer Größenordnung nach daran orientiert sein, dass problematische Immissionssituationen bei der Ansiedlung der emissions-trächtigen Anlagen generell ausgeschlossen sind, so dass man im Hinblick auf den gebotenen Immissionsschutz von vorn-herein auf der sicheren Seite liegt (vgl. OVG Münster, Az.: 7 A 4857/00). Letztendlich kommt hinzu, dass der Träger der Regionalplanung nicht gehalten ist, seine Planung von vornherein darauf zu beschränken, dass bei Umsetzung seiner

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Regionalplan Westsachsen 2008 11 Energieversorgung und erneuerbare Energien

planerischen Festlegungen die einschlägigen Maßstäbe des Immissionsschutzes gerade noch eingehalten werden können. Er kann seine Planungen vielmehr zulässigerweise auch auf den vorbeugenden Immissionsschutz ausrichten. Eine Windenergieanlage kann in der Nachbarschaft von Wohngebäuden erhebliche immissionsschutzrechtliche Probleme durch Lärm der Rotoren, den so genannten „Disco-Effekt“ durch die Reflektion der Sonnenstrahlen oder durch Eisabwurf ver-ursachen. Mit den dargestellten Siedlungsabstandswerten sollen insbesondere Gesundheitsschäden durch kontinuierlich über Jahre auftretende akustische (hörbare Schallwellen, Infraschall, Hochfrequenz) und optische (Rotorblattbewegung, Lichtreflexe, Schattenwurf, Befeuerung) Beeinträchtigungen, die von Windenergieanlagen ausgehen, verhindert werden. Darüber hinaus ist das Ortsbild vor Verunstaltung zu schützen. Der (zu schützende) Gesamteindruck des Ortsbilds besteht vor allem in der Ortssilhouette. Diese kann durch Art und Größe des Vorhabens, durch seinen Standort verunstaltet werden. Gleichfalls sind die bisherigen Erfahrungen und Einschätzungen der Wohnbevölkerung im näheren Umfeld von bereits in Betrieb befindlichen Windenergieanlagen sowie die Gewährleistung einer Entwicklung/Eigenentwicklung der Siedlungstätigkeit in den Gemeinden) im Rahmen des Vorsorgegedankens eingeflossen. Gleichfalls wurden die immissionsschutzrechtlich geforderten Siedlungs-abstände gemäß den Anforderungen nach der 6. Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BImSchG (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm) vom 26.08.1998 und den „Orientierungswerten für Mindestabstände der für Windnutzung vorgesehenen Gebiete zu den Baugebieten“ (Anlage 4 der „Gemeinsamen Handlungsempfehlung des Sächsischen Staatsministeriums des Innern und des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft zur Zulassung von Windenergieanlagen“ vom 08.08.2007) berücksichtigt. Im Übrigen basiert der Siedlungsabstand auch auf dem Abstandskriterium „10-Faches der Nabenhöhe zwischen Windenergie-anlage und Siedlung“ nach Ziel 6.3.5 des Regionalplans Westsachsen 2001. Beim derzeitigen Stand der Technik und den zur Anwendung kommenden Anlagentypen kann prinzipiell von Nabenhöhen von 100 m und mehr ausgegangen werden. Dem-zufolge bildet ein Siedlungsabstand von 1 000 m eher eine Untergrenze. Die Anwendung eines solchen Siedlungsabstands er-möglicht daher den Einsatz oder das Repowering von besonders großen Windenergieanlagen. Die immissionsschutzrechtliche Prüfung in den Genehmigungsverfahren erfolgt unbenommen von den regionalplanerischen Ausweisungen. Als Wohnbebauung innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile gelten die Wohnbebauungen im Sinne von BauGB § 34. Dabei ist ein Ortsteil ein Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Die organische Siedlungsstruktur erfordert nicht, dass es sich um eine nach Art und Zweckbestimmung einheitliche Bebauung handeln muss. Auch eine unterschiedliche, unter Um-ständen sogar eine in ihrer Art und Zweckbestimmung gegensätzliche Bebauung kann einen Ortsteil bilden (vgl. BVerwG, Az.: IV C 31.66).

A 12 Bauschutzbereiche von Flugplätzen und Schutzbereiche von zivilen Flugsicherungsanlagen (gemäß Regierungs-

präsidium Dresden, Referat 36 Luftverkehr und Binnenschifffahrt)

Das Kriterium beinhaltet das Gebot der Rücksichtnahme. Die Freihaltung der Bauschutzbereiche von Flugplätzen und Schutz-bereichen ziviler Flugsicherungsanlagen von Luftfahrthindernissen, zu denen Windenergieanlagen zweifelsohne zu rechnen sind, entspricht zudem dem raumordnerischen Ziel zur Entwicklung und Sicherung des Luftverkehrs (siehe Kapitel 10.5). Die Region Westsachsen ist von den Bauschutzbereichen des Verkehrsflughafens Leipzig/Halle und der Flugplätze, Böhlen, Roitzschjora, Oschatz, Taucha, Riesa-Canitz, Altenburg-Nobitz und Halle-Oppin betroffen. Die Konfiguration der ausgewiese-nen Bauschutzbereiche basiert auf der 100 m über Flugplatzniveau liegenden Umfassungslinien des Bauschutzbereichs bzw. der für Sonderlandeplätze geltenden Richtlinie. Schutzbereiche von zivilen Flugsicherungsanlagen sind für den Verkehrs-flughafen Leipzig/Halle existent und können auch außerhalb des Bauschutzbereiches gemäß § 12 Luftverkehrsgesetz (LuftVG) zur Unzulässigkeit von Windenergieanlagen nach § 18 a LuftVG führen. Nach § 17 LuftVG kann bei Genehmigung eines Landeplatzes ein Bauschutzbereich festgelegt werden. Dass in diesen Bereichen die Errichtung baulicher Anlagen nicht ab-schließend verboten, sondern nur einem Erlaubnisvorbehalt unterworfen ist, steht der Wertung dieser Flächen als Vorabaus-scheidungskriterium nicht entgegen, sondern ist von der planerischen Befugnis, das Entstehen problematischer Situationen in Einzelzulassungsverfahren von vornherein zu vermeiden, umfasst. Dafür spricht insbesondere auch, dass nach der aktuellen Entwicklung davon ausgegangen werden darf, dass künftige Windenergieanlagen regelmäßig eine Höhe erreichen werden, aufgrund derer ihre Errichtung sogar außerhalb von Bauschutzbereichen der Zustimmungspflicht der Luftverkehrsbehörde bedarf (vgl. SächsOVG Az. 1 D 2/03). Von Bedeutung kann ferner das Gebot sein, bei einem Vorhaben im Außenbereich auf den luftverkehrsrechtlich genehmigten Betrieb eines Landeplatzes oder eines Segelfluggeländes Rücksicht zu nehmen. Auch dann, wenn die Luftverkehrsbehörde keinen so genannten Bauschutzbereich gemäß §§ 12 ff. LuftVG festlegt, ist der luftverkehrsrechtlich genehmigte Betrieb eines Landeplatzes oder eines Segelfluggeländes als unbenannter öffentlicher Belang gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB hinreichend zu würdigen (BVerwG, Urteil vom 18.11.2004, Az.: 4 C 1/04). Für den Flugplatz Torgau-Beilrode wird deshalb ein Hindernis-begrenzungsbereich von 1 000 m um die Start- und Landebahn berücksichtigt. Für das Segelfluggelände Riesa-Canitz (Planungsregion Oberes Elbtal/Osterzgebirge) werden die Belange des Segelflugs für eine sichere Flugbetriebsdurchführung berücksichtigt.

A 13 Schutzbereiche von militärischen Flugsicherungsanlagen (gemäß Wehrbereichsverwaltung-Ost)

i. V. m. § 3 Abs. 1 Schutzbereichsgesetz

Windenergieanlagen können Radaranlagen in ihrer Funktionsfähigkeit behindern und damit Belange des militärischen Luftverkehrs gefährden. Zur Aufrechterhaltung der Verteidigungsfähigkeit sind daher ein Schutzbereich von 5 km und ein zusätzliches Interessengebiet um Radaranlagen der Radarführungsdienststellen notwendig.

In Gleina (Freistaat Thüringen, Landkreis Altenburger Land) betreibt die Bundeswehr eine Radaranlage zur Flugüberwachung.

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Regionalplan Westsachsen 2008 11 Energieversorgung und erneuerbare Energien

Störungen dieser Radaranlage sind durch Windenergieanlagen in einem Bereich bis 35 km um die Radaranlage möglich. Daraus resultiert der militärische Interessenbereich. Zwar ragt der für diese Radaranlage Gleina festgelegte Schutzbereich nicht in die Planungsregion hinein, jedoch wirkt der Interessenbereich auf Westsachsen ein (vgl. Z 11.3.5).

A 14 Wasserschutzgebiete – Trinkwasserschutzzonen I und II (gemäß Regierungspräsidium Leipzig, Umweltfachbereich i. V. m.

Karte 11 „Wasserschutzgebiete“) gemäß § 48 SächsWG, sofern nicht die entsprechende Rechtsverordnung das Vorhaben ausdrücklich zulässt

Nach § 48 SächsWG sollen die Schutzzonen (TWSZ) I bis III den Schutz vor Verunreinigungen und sonstigen Beeinträchti-gungen gewährleisten. Mit der Anwendung dieses Ausschlusskriteriums erfolgt eine vorsorgende Sicherung des Trinkwassers auch vor Beeinträchtigungen, die mit der Errichtung und dem Betrieb von Windenergieanlagen verbunden sind. Als Grundlage ist dazu das DVGW-Regelwerk (Arbeitsblatt W 101) heranzuziehen, sofern in den entsprechenden Rechtsverordnungen für die festgesetzten Trinkwasserschutzgebiete diese Nutzung nicht ausdrücklich zugelassen ist. Danach sind als Gefährdungen für die Schutzzonen I und II das „Errichten und Erweitern baulicher Anlagen“ (wozu Windenergieanlagen gehören) explizit benannt. Für die Schutzzone III gelten diese Einschränkungen nicht pauschal.).

A 15 Abstand zwischen Windenergieanlagen-Standorten von mindestens 5 km (Überlastungsschutz) (gemäß Landesamt für

Umwelt und Geologie, angrenzende Regionale Planungsgemeinschaften in Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen)

Die Raumwirkung von Windenergieanlagen, die durch das Bewegungsmoment der Rotoren erheblich gesteigert wird, ist generell im Umkreis von 2 bis 2,5 km vordergründig in der Landschaft sichtbar (mittlerer Wirkbereich) und erreicht erst bei einer Entfernung ab etwa 4 bis 5 km den Zustand, dass die Windenergieanlagen keine Dominanzwirkung in der Landschaft mehr ausüben. Durch die Beachtung dieses Abstandswerts werden eine Überschneidung der mittleren Wirkbereiche und somit eine massive und großflächige Raumbelastung durch Windenergieanlagen sowie erhebliche Beeinträchtigungen des Landschafts-bilds, des Erholungswerts der Landschaft und der Gesundheit der betroffenen Wohnbevölkerung verhindert. Letztendlich liegt diesem Kriterium der Gedanke zugrunde, dass nur bei angemessenen Abständen zwischen den Standorten von Windenergie-anlagen bzw. den Vorrang- und Eignungsgebieten zur Windenergienutzung die landschaftliche Schönheit erlebt werden kann.

A 16 Abstandswerte zu Einrichtungen der technischen Infrastruktur (gemäß Topographische Karte, ATKIS, Orthofoto 2005,

Verkehrskarte Sachsen)

Die Abstandswerte werden in besonderem Maße unter Beachtung des Vorsorgegedankens und der Konfliktvermeidung zum Schutz der Einrichtungen der technischen Infrastruktur, insbesondere auch vor dem Hintergrund der technischen Entwicklung der Windenergieanlagen mit zunehmenden Naben- und Gesamthöhen (siehe auch Tabelle), festgelegt. Sie orientieren sich prinzipiell an den entsprechenden Fachgesetzen, Verordnungen und Regelungen, in denen die Einhaltung von bestimmten Abständen zu den jeweiligen Einrichtungen gefordert wird, ohne jedoch die in diesen Gesetzen, Verordnungen und Regelungen enthaltenen Abstandswerte im Detail der Planung zugrunde zu legen. Der Aspekt der Vorsorge gilt dabei nicht nur für Verbreiterungen, Verschiebungen, Begradigungen usw., sondern auch für künftige Trassenbündelungen. Gerade dies ist ein wesentliches Erfordernis einer nachhaltigen Regionalplanung und steht damit in engem Zusammenhang zu regionalplanerischen Erfordernissen wie Z 2.6.3 und G 12.2. Weiterhin wird mit den der Planung zugrunde gelegten Abständen gleichfalls eine Störfallvorsorge (Gewährleistung Umfallhöhe, Rotorbruch, Eisabwurf und Ähnliches) und ein Schutz der Einrichtungen der technischen Infrastruktur betrieben. Zur Ermittlung von Abstandswerten waren Annahmen zur Entwicklung der Windenergieanlagen hinsichtlich der Naben- und Gesamthöhen erforderlich. Diese stützen sich auf bereits vollzogene Entwicklungen in der Region und erkennbare künftige Entwicklungen. Unter Beachtung der Maßstabsebene der Regionalplanung wurden gerundete Werte der Planung zugrunde gelegt. Gleichfalls war deshalb der Bezug im Rahmen der Planung immer die Trassenachse. Im Übrigen wurden die benannten Abstände nicht generell angewandt. Mit der Übernahme/Beibehaltung der Vorranggebiete für die Nutzung von Windenergie aus dem Regionalplan Westsachsen wurden die Abstände im Einzelfall unterschritten. Bei den Abständen, die in den in der Folge angeführten Fachgesetzen, Verordnungen und Regelungen festgelegt sind, handelt es sich um Mindestwerte. Bei der Festlegung der Abstandswerte nutzt der Regionale Planungsverband letztendlich auch sein breites Planungsermessen für die zur Inanspruchnahme des Planvorbehalts erforderliche typisierende und pauschalierende Regelung. Im Übrigen ist festzustellen, dass durch die alleinige Inanspruchnahme des Kriteriums A 16 keine potenziellen Vor-rang- und Eignungsgebiete Windenergienutzung ausgeschlossen wurden. a) elektrifizierte Bahnstrecken 250 m

i. V. m. Regelung der Deutschen Elektrotechnischen Kommission im DIN und VDE (DKE K 421) nicht elektrifizierte Bahnstrecken 100 m

i. V. m. § 4 Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG) b) Bundesautobahnen und diesbezügliche Vorrangtrassen 250 m

i. V. m. § 9 FStrG, § 24 SächsStrG, § 19 Abs. 2 SächsBO Autobahnkreuze, Anschlussstellen und diesbezügliche Vorrangtrassen 300 m

i. V. m. § 9 FStrG, § 24 SächsStrG, § 19 Abs. 2 SächsBO Autobahnen implizieren durch ihre Ausbauart gegenüber niederrangigen Straßen eine höhere Verkehrsdichte sowie höhere Geschwindigkeiten der Fahrzeuge. Demzufolge sind die verkehrssicherheitstechnischen Anforderungen wesentlich höher eingestuft. Den in diesem Planungskonzept angewandten Abstandswerten zu Autobahnen liegen die geltenden anbau-rechtlichen Bestimmungen zugrunde. Darüber hinaus wurden in der Dimensionierung der Abstandswerte verkehrssicher-

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Regionalplan Westsachsen 2008 11 Energieversorgung und erneuerbare Energien

heitsrelevante Bedenken bezüglich Betrieb und Nutzung von Windenergieanlagen in Autobahnnähe im Sinne einer präventiven Gefahrenabwehr berücksichtigt (Einsatz von Rettungshubschraubern, visuelle Ablenkungsgefahr der Fahrzeug-führer durch Bewegung der Rotorblätter teilweise in Verbindung mit Schattenwurf, „Discoeffekten“ und Gefahrenkenn-zeichnung, Folgen eines möglichen Versagens des Baukörpers der Windenergieanlage, Eisabwurf). Hinzu kommt, dass zur Bündelung überregionaler Verkehrs- und Leitungssysteme besonders Autobahnen prädestiniert sind. Darüber hinaus sind in Westsachsen lediglich 5 % des überörtlichen Straßennetzes Bundesautobahnen, so dass die Ausschlusswirkung durch sie bezogen auf den Gesamtraum eher unerheblich ist.

Bundes-, Staats- und Kreisstraßen und diesbezügliche Vorrangtrassen 100 m i. V. m. § 9 FStrG, § 24 SächsStrG, § 19 Abs. 2 SächsBO c) Hochspannungsfreileitungen (> 30 kV) und Umspannwerke 200 m i. V. m. Regelung der Deutschen Elektrotechnischen Kommission in DIN und VDE (DKE K 421) Produktenleitungen (Leitungen zum Transport von Erdöl oder Erdölprodukten) 200 m Ferngasleitungen 100 m

A 17 Gebiete, in denen Windenergieanlagen gravierende und unausgleichbare Beeinträchtigungen des Landschaftsbilds

hervorrufen (gemäß G 4.1.6 i. V. m. Fachbeitrag Natur und Landschaft, Naturschutzbehörden)

Die optische Reichweite der Windenergieanlagen beeinträchtigt die Eigenart, Vielfalt und Schönheit des Landschaftsbilds sowie das damit in Verbindung stehende Landschaftserleben in Abhängigkeit von der Naturausstattung und dem Gelände. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 14 BNatSchG sind historische Kulturlandschaften und -landschaftsteile von besonders charakteristischer Eigenart zu erhalten. Bei der Planung von baulichen Anlagen sind die natürlichen Landschaftsstrukturen zu berücksichtigen (§ 1a Pkt. 12 SächsNatSchG). Das schließt die Errichtung von Windenergieanlagen in naturschutzrechtlichen Schutzgebieten aus. Landschaftsteile mit hohem Natürlichkeitsgrad und geringer Überprägung durch Hochbauten sind besonders sensibel. Der Umfang übermäßiger Bebauung und Verbauung durch Windenergieanlagen ist nach Kriterien der Landschaftsbildbe-wahrung zu beurteilen. Landschaftsästhetische Beeinträchtigungen sind vielfältig. Die Beurteilung der Beeinträchtigung/Verun-staltung der Eigenart, Vielfalt und Schönheit des Landschaftsbilds erfolgt nach den Merkmalen: • Verfremdung der Eigenart von Kulturlandschaften durch Einbringen technischer Anlagen, die zu neuen Maßbeziehungen

durch Volumen, Höhe und Massierung führen • Sprengen des durch natürliche Elemente (Bäume, Wälder, Hecken) geprägten vertikalen Maßstabs um ein Vielfaches mit

Verlusten des Natürlichkeitsgrads • Setzen anthropogener und landschaftsuntypischer Akzente, die weithin sichtbar sind (Landmarkencharakter) • Veränderung gewohnter Horizontbilder und Silhouetten • Strukturstörung durch technische Elemente in der Landschaft, die sich nicht an vorgegebenen landschaftlichen Leitlinien

orientieren, wodurch die Elemente in unverhältnismäßiger Weise in den Blickpunkt rücken und die das Landschaftsbild prägenden Strukturen visuell verdrängt werden

• Bedeutungsverlust der Landschaft durch Einführung von Bauwerken • Betrachtung gegliederter Kuppenlandschaften (Taucha-Eilenburger Endmoränengebiet sowie der Bereich zwischen

Kühnitzscher Höhenzug, Hohburger Berge und Schildauer Berg) als Einheit von Kuppenlandschaft und Zwischenraum Die Berücksichtigung des Landschaftsbilds und der Schutz der gewachsenen Kulturlandschaften in ihren prägenden Merkmalen sind legitime Belange der raumordnerischen Abwägung (vgl. auch § 2 Abs. 2 Nr. 13 ROG).

A 18 Landschaftsschutzgebiete (gemäß Regierungspräsidium Leipzig, Umweltfachbereich i. V. m. Karte 9 „Schutzgebiete Natur

und Landschaft“)

Nach § 19 SächsNatSchG ist in Landschaftsschutzgebieten ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder der Regenerationsfähigkeit und nachhaltigen Nutzungsfähigkeit der Naturgüter oder wegen ihrer Vielfalt, Eigenart oder Schönheit oder der besonderen kulturhistorischen Bedeutung der Landschaft oder wegen ihrer besonderen Bedeutung für die Erholung erforderlich. Alle Hand-lungen, die den Charakter des Gebiets verändern, den Naturhaushalt schädigen, das Landschaftsbild und den Naturgenuss beeinträchtigen oder sonst dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen, sind verboten. Windenergieanlagen sind geeignet, derartige Beeinträchtigungen hervorzurufen.

A 19 Pufferzonen zu

a) Vorranggebieten Natur und Landschaft b) NSG c) FFH- und SPA-Gebieten d) offenen Wasserflächen

in Abhängigkeit von der jeweiligen Gebietsbedeutung und dem Landschaftscharakter bzw. von den verbindlichen Schutz-, Erhaltungs- und Entwicklungszielen und soweit die Möglichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung des jeweiligen Schutzguts besteht. Auch außerhalb von NSG sind nach § 16 Abs. 4 SächsNatSchG Vorhaben unzulässig, wenn sie in das NSG hineinwirken können und dessen Bestand gefährden. Für alle FFH- und EU-Vogelschutzgebiete gilt der so genannte Umgebungsschutz. Vorhaben im Umfeld der FFH-Gebiete

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Regionalplan Westsachsen 2008 11 Energieversorgung und erneuerbare Energien

dürfen deren Erhaltungsziele nicht erheblich beeinträchtigen. Allein der Verdacht hierauf zwingt zur Durchführung einer Ver-träglichkeitsprüfung. Gewässer bedürfen aufgrund ihrer vielfältigen ökologischen Funktionen sowie ihrer Erholungsfunktion nicht nur im Bereich der offenen Wasserfläche, sondern auch in ihrem Uferbereich bzw. ihrem Umfeld eines besonderen Schutzes vor Beeinträchti-gungen. Nach § 50 Abs. 3 Nr. 4 SächsWG ist die Errichtung von baulichen und sonstigen Anlagen, soweit sie nicht standort-gebunden oder wasserwirtschaftlich erforderlich sind, auf dem Gewässerrandstreifen verboten.

A 20 Auenbereiche und Überschwemmungsgebiete (gemäß Regierungspräsidium Leipzig, Fachbeitrag Natur und Landschaft)

Der Schutz und die naturnahe Entwicklung von Auen als wesentliche landschaftliche Vernetzungsbereiche sind aus raumordne-rischer Sicht von besonderer Bedeutung. Nach dem LEP, Ziel 4.1.1 sollen naturnahe Fließgewässerauen und -landschaften von jeglicher Bebauung und Verbauung freigehalten werden. Entsprechend der Begründung zu diesem Ziel ist eine Aue auch dann noch als naturnah einzustufen, wenn zwar einzelne Bebauungen und Verbauungen erfolgt sind, Charakter und Funktion aber insgesamt nicht gestört sind. Überschwemmungsgebiete sind Bestandteile der Vorranggebiete für Natur und Landschaft.

Methodische Bearbeitungsschritte (siehe Umweltbericht, 2.2.8.2) Ergebnis In der Karte 14 „Raumnutzung“ sind 22 Vorrang- und Eignungsgebiete Windenergienutzung mit einer Fläche von 1 145 ha (entspricht 0,26 % der Regionsfläche) ausgewiesen. Die Vorrang- und Eignungsgebiete Windenergienutzung erzeugen gegenüber der gemeindlichen Bauleitplanung nach § 1 Abs. 4 BauGB eine Anpassungspflicht. Im Rahmen dieser Anpassung ist eine Konkretisierung dahingehend möglich und geboten, die Gebiets-festlegungen weiter zu präzisieren sowie ggf. Festlegungen hinsichtlich Anzahl, Höhe, Gestaltung und Farbgebung unter Beachtung von § 12 SächsBO zu treffen. Weiterhin wird empfohlen, die Abstandsflächen in den Geltungsbereich des Plans aufzunehmen.

Bei der Ausformung der Vorrang- und Eignungsgebiete Windenergienutzung im Döbelner Lösshügelland ist durch die Bauleitplanung die Möglichkeit einer Minderung von Beeinträchtigungen der Landschaftsgestalt und Verringerung der landschaftlichen Erlebniswirksamkeit durch Repowering und damit verbundener Reduzierung der Windenergieanlagenzahl zu prüfen und ggf. vorzunehmen (vgl. Umweltbericht Abschnitt 2.3.1.2).

Die Errichtung von Windenergieanlagen mit einer Gesamthöhe über 150 m bedarf in der nachfolgenden Planungsebene und im Zulassungsverfahren einer vertiefenden Prüfung insbesondere hinsichtlich der Beeinträchtigungen der Landschaftsgestalt und der landschaftlichen Erlebniswirksamkeit (vgl. Umweltbericht Abschnitt 2.2.8.2).

Bei der Ausformung der Vorrang- und Eignungsgebiete Windenergienutzung 04 Knautnaundorf und 07 Thräna soll sich die Bauleitplanung am Bestand der errichteten Windenergieanlagen orientieren (vgl. Umweltbericht Abschnitt 2.2.8.2, 2.3.1.2 und 5.3).

Bei der Zulassung von Windenergieanlagen im Vorrang- und Eignungsgebiet 10 Großbardau ist ein fledermauskundliches und avifau-nistisches Gutachten beizubringen (vgl. Umweltbericht Abschnitt 2.2.8.2).

Wegen der Vorschrift des § 6 Abs. 4 BauGB sind die zuständigen Genehmigungsbehörden und die gemeindliche Bauleitplanung an die Ausschlusswirkung der Eignungsgebiete gebunden. So ist auch im Fall eines verbindlichen Flächennutzungsplans, der sich im Wider-spruch zu den Festlegungen dieser Gesamtfortschreibung befindet, ein raumbedeutsames Windenergievorhaben außerhalb der Vorrang- und Eignungsgebiete Windenergienutzung nicht genehmigungsfähig. Das bedeutet letztendlich, dass die in verbindlichen FNP dar-gestellten Sondergebiete Wind, die nicht als Vorrang- und Eignungsgebiete Windenergienutzung im Regionalplan ausgewiesen sind, keine Bindungswirkung entfalten.

Zu Grundsatz 11.3.2 Die Anzahl der Windenergieanlagen innerhalb der Vorrang- und Eignungsgebiete Windenergienutzung hängt auch von ihrer mikrostand-örtlichen Zuordnung ab. Durch fehlplatzierte Einzelanlagen kann die Anzahl der möglichen Windenergieanlagen und damit das raum-ordnerisch zu sichernde Potenzial an Windenergie eingeschränkt werden. Deshalb ist bei der Errichtung von Windenergieanlagen auf eine optimale Einordnung innerhalb der Vorrang- und Eignungsgebiete zu achten.

Vorhaben zur Windenergienutzung können durch ihre Flächeninanspruchnahme eine erhebliche Störung der Nutzungsfähigkeit des be-troffenen Landschaftsraums darstellen. Bei der konkreten Standortwahl sind die Belange der Landwirtschaft besonders zu berücksichtigen. Die Anlagenstandorte sind so zu wählen, dass der geringste Entzug an landwirtschaftlicher Nutzfläche eintritt und Nutzungseinheiten (Schläge) nicht unzumutbar geteilt werden bzw. ihre Bewirtschaftbarkeit und auch ihre Ertragssicherheit erhalten bleiben. Die konkreten Windenergieanlagenstandorte sollten an die Randlagen von Bewirtschaftungseinheiten (Schlägen) mit bereits vorhandener Zuwegung positioniert werden. Auf die Erhaltung der Funktionsfähigkeit von Dränagen ist zu achten.

Farbgestaltung, Laufbild der Rotoren und Anordnung der Windenergieanlagen haben Einfluss auf die Einpassung ins Landschaftsbild und somit auf das ästhetische Empfinden. Die flächenhafte Konzentration von Windenergieanlagen und ihre gleichartige Gestalt (wie Rotorblattanzahl, Mastgestaltung, Höhe, Proportion Rotorblattlänge zu Nabenhöhe, technische Ausführung) innerhalb eines Standorts können deshalb die Einbindung in die umgebende Landschaft und Siedlungsstruktur befördern. Hinsichtlich der von der Farbgebung und der konkreten Standortwahl der Windenergieanlagen ausgehenden Wirkung im Landschaftsraum wird auf die Gestaltungsvorschriften des § 12 SächsBO zur Minimierung der Störwirkung durch bauliche Anlagen hingewiesen.

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Regionalplan Westsachsen 2008 11 Energieversorgung und erneuerbare Energien

Zu Ziel 11.3.3 und Ziel 11.3.4 Die Plansätze sind Folge eines zugunsten der Windenergienutzung eingegangenen Kompromisses. Sie sichern damit in Teilen der seit 20.12.2001 verbindlichen Vorranggebiete eine weitere Nutzung der Windenergie, die in anderen Teilen der Region aufgrund eines einzu-haltenden Siedlungsabstands von 1 000 m generell ausgeschlossen ist. Begrenzungen zur Höhe zulässiger Windenergieanlagen sind unter dem Gesichtspunkt der raumordnerischen Zurückhaltung nicht zu beanstanden, wenn diese Regelungen im Wesentlichen darauf be-ruhen, dass in den betroffenen Standorten Windenergieanlagen bereits vorhanden oder genehmigt sind, obwohl sie nach den aufgestellten Kriterien regionalplanerisch eigentlich nicht zuzulassen wären. Indem der Regionale Planungsverband mithin Regelungen trifft, um diese Standorte nicht gänzlich in Frage zu stellen, verfolgt er legitime regionalplanerische Zwecke (SächsOVG, Az.: 1 D 2/03 vom 7.4.2005)

Vor dem Hintergrund der technischen Entwicklung der Windenergieanlagen (siehe Tabelle 11-1) erfolgt für Windenergieanlagen, die unterhalb von 1 000 m zu Wohnbebauungen innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile liegen, eine Beschränkung der Gesamthöhe. Damit sollen das Allgemeinwohl- und das Verhältnismäßigkeitsgebots sowie das Gebots der nachbarlichen Rücksichtsnahme ange-messen berücksichtigt werden, um zusätzliche Belastungen der angrenzenden Wohnbevölkerung, die im Rahmen von Genehmigungs- bzw. Änderungsverfahren entstehen können, vermieden, ein vorbeugender Immissionsschutz gewährleistet und die Akzeptanz zu Wind-energieanlagen neueren Typs aufrechterhalten werden. Dadurch sollen zusätzliche Belastungen der angrenzenden Wohnbevölkerung, die im Rahmen von Genehmigungs- bzw. Änderungsverfahren entstehen können, vermieden, ein vorbeugender Immissionsschutz gewähr-leistet und die Akzeptanz zu Windenergieanlagen neueren Typs aufrechterhalten werden. Die technische Weiterentwicklung der Anlagen-typen steht in enger Verbindung mit der Erhöhung der Anlagen. 2007 werden von Herstellern bereits Windenergieanlagen mit Naben-höhen von 138 m serienmäßig angeboten. Die Ausstattung der Anlagen mit einer Luftfahrthinderniskennzeichnung erhöht zudem die visuelle Präsenz der Windenergieanlagen bei Tag und Nacht. Für die angrenzende Wohnbevölkerung würden derartig dimensionierte An-lagen, deren ständige Gegenwart durch die rotierende Bewegung der Rotorblätter noch verstärkt wird, zu einer über Jahre bestehenden unzumutbaren Belästigung führen. Dabei erfolgt für Windenergieanlagen mit Abständen zu Wohnbebauungen innerhalb im Zusammen-hang bebauter Ortsteile unter 750 m eine Beschränkung der Gesamthöhe auf 100 m und für Windenergieanlagen mit Abständen von 750 m bis unter 1 000 m eine Beschränkung der Nabenhöhe, die ein Zehntel des Abstands zwischen Windenergieanlage und nächst-gelegener Wohnbebauung innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile nicht überschreitet.

Das Ziel 11.3.4 gilt nicht für solche Windenergieanlagen, die zwar den festgelegten Abstand nicht einhalten, jedoch zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Fortschreibung des Regionalplans Westsachsens bereits errichtet waren oder genehmigt sein werden. (Letzteres bezieht sich beispielsweise auf derzeit im Verfahren befindliche Anlagen in den Vorrang- und Eignungsgebieten Windenergienutzung Bockwitz und Sitten, in denen sich die Planung bereits soweit verfestigt hat, dass – das kommunale Einvernehmen vorausgesetzt – die Zulassung solcher Anlagen erwartet werden kann.) Ein Ersatz dieser Anlagen ist möglich, sofern das gemeindliche Einvernehmen dazu erteilt wird. Eine Steigerung der Nabenhöhe dieser Anlagen soll dagegen ausgeschlossen werden. Tab. 11-5: Flächen innerhalb der Vorrang- und Eignungsgebiete Windenergienutzung hinsichtlich ihres Abstands zur Wohnbebauung

innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile (x … zutreffend)

Gebietsbezeichnung Abstand zur Wohnbebauung Gebietsbezeichnung Abstand zur Wohnbebauung < 750 m 750 m-

< 1 000 m 1 000 m

und mehr < 750 m 750 m-

< 1 000 m 1 000 m

und mehr Zaasch (i. V. m. Z 11.3.7) x x Schkortitz x x Rackwitz (i. V. m. Z 11.3.7) x x x Jeesewitz/Ablaß x x x Großlehna x x Sitten x x x Knautnaundorf x x Bockelwitz x x Pegau (i. V. m. Z 11.3.5) x x x Großweitzschen x Hohendorf/Ramsdorf (i. V. m. Z 11.3.5)

x x Mochau x

Thräna (i. V. m. Z 11.3.5) x x Bockwitz x x Tautenhain (i. V. m. Z 11.3.5)

x x Hartha x

Fuchshain (i. V. m. Z 11.3.6)

x x x Kaiserburg x

Großbardau x Littdorf x x Silberberg x x Naundorf x x x

Als Wohnbebauung innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile gelten die Wohnbebauungen im Sinne von § 34 BauGB.

Das Ziel 11.3.4 gilt für die Vorrang- und Eignungsgebiete Windenergienutzung Pegau, Hohendorf/Ramsdorf, Thräna und Tautenhain unter Beachtung von Z 11.3.5.

Zu Ziel 11.3.5 Nach § 2 Abs. 2 Nr. 15 ROG ist den räumlichen Erfordernissen der militärischen Verteidigung Rechnung zu tragen. In Gleina (Freistaat Thüringen, Landkreis Altenburger Land) betreibt die Bundeswehr eine Radaranlage zur Flugüberwachung. Störungen solcher Radar-anlagen sind durch Windenergieanlagen in einem Bereich bis 35 km um die Radaranlage möglich. Daraus resultiert der militärische Inte-ressenbereich.

Die Radaranlage Gleina ragt daher mit ihrem Interessenbereich in die Planungsregion Westsachsen hinein. Innerhalb dieses Interessen-bereichs liegen die Vorrang- und Eignungsgebiete Windenergienutzung Pegau (ca. 30 km entfernt), Hohendorf/Ramsdorf (ca. 20 km

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Regionalplan Westsachsen 2008 11 Energieversorgung und erneuerbare Energien

entfernt), Thräna (ca. 16 km entfernt) und Tautenhain (ca. 27 km entfernt). Auf Grund der unterschiedlichen Entfernungen von der Radar-anlage, unterschiedlicher Baugrundhöhen und bedingt durch die Erdkrümmung ergeben sich für die Errichtung von Windenergieanlagen in den genannten Vorrang- und Eignungsgebieten Windenergienutzung unterschiedliche zulässige Bauhöhen. Diese Bauhöhen müssen sich auf die Gesamthöhe der Windenergieanlage beziehen, da der bewegliche Anteil von Windenergieanlagen mehr Störpotenzial als der Turm birgt. Störungen des Radars der Verteidigungsanlage Gleina sind bis zu den zulässigen Gesamthöhen der Windenergieanlagen grund-sätzlich nicht zu erwarten. Windenergieanlagen, die die zulässigen Gesamthöhen überschreiten und dadurch in die Radarsicht hinein-ragen, können errichtet werden, sofern sie keine Störungen des Radars verursachen. Die in die Radarsicht hineinragenden Windenergie-anlagen müssen jedoch aus Sicht der Radaranlage einen seitlichen Mindestabstand zueinander von mindestens 750 m aufweisen.

Um Störungen des Radars der Verteidigungsanlage Gleina auszuschließen ist in jedem Fall im Rahmen des Zulassungsverfahrens für die Errichtung von Windenergieanlagen die Stellungnahme der Wehrbereichsverwaltung Ost einzuholen. Das gilt auch, wenn die genannten Bauhöhen nicht überschritten werden.

Die Höhenbegrenzungen nach Z 11.3.5 setzen nicht die Höhenbegrenzungen nach Z 11.3.3 und Z 11.3.4 außer Kraft.

Zu Ziel 11.3.6 Die Errichtung von Windenergieanlagen innerhalb des Vorrang- und Eignungsgebiets Windenergienutzung Fuchshain wird auf Anlagen-typen mit einer Gesamthöhe von maximal 90 m begrenzt. Hierzu wird auf umfangreiche landschaftsökologische und landschafts-ästhetische Untersuchungen und Bewertungen im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zu bereits errichteten zwei Windenergieanlagen verwiesen. Im Ergebnis dieser standortkonkreten Beurteilung wurden durch die zuständige Genehmigungsbehörde zwei Anlagen mit einer Gesamthöhe von ca. 86 m bei einer Nabenhöhe von 65 m für zulässig erklärt. Da diese Festsetzung aufgrund der Sensibilität des Raums damit im besonders engen Zusammenhang zu G 11.3.2 steht, wonach unter Beachtung der Belange des Landschaftsbilds die Errichtung gleichartiger Windenergieanlagen anzustreben ist, wird gleichfalls der zulässige Rotordurchmesser auf maximal 50 m begrenzt. Der Plan-satz sichert mit der Festsetzung des Rotordurchmessers gleichfalls den langfristigen Bestand einer Windenergieanlage, die sich im Nah-bereich einer 110-kV-Leitung befindet.

Zu Ziel 11.3.7 Bei Errichtung von Windenergieanlagen im Raum Zaasch und Rackwitz ist aufgrund der Lage zum Flughafen Leipzig/Halle eine Höhen-begrenzung auf 100 m vorzunehmen. Zaasch liegt in der Nähe des Sichtanflugpunkts „November" und es kommt tags als auch nachts zu einer Kanalisierung im Sichtflugverkehr. Rackwitz befindet sich im An- bzw. Abflugbereich. Ungeachtet dieser Festlegung erfolgt für Bereiche dieses Vorrang- und Eignungsgebiete bereits eine Höhenbegrenzung nach Z 11.3.3/4.

Zu Ziel 11.3.8 Auf dem Vorrang- und Eignungsgebiet Windenergienutzung Thräna ist eine Nutzung für die Tierzucht und für alternative Energien beabsichtigt. Dazu wird durch die Osterland Agrar GmbH auf den Flächen einer ehemaligen Brikettfabrik die Errichtung von drei Wind-energieanlagen, einer Tierzuchtanlage und einer Biogasanlage geplant. Die Ausweisung dieser Fläche erfolgt im Regionalplan West-sachsen als Vorrang- und Eignungsgebiet Windenergienutzung. Die Errichtung der gleichfalls geplanten Schweinezuchtanlage mit Biogas-anlage innerhalb dieses Vorrang- und Eignungsgebiets steht einer Nutzung der Windenergie nicht entgegen.

Zu Ziel 11.3.9 Mit der Inanspruchnahme des Planvorbehalts nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB sind die nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB aufgeführten Vor-haben, die einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dienen und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnehmen, nicht erfasst. Die Privilegierung von land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienenden Vorhaben ist damit in Nr. 1 abschließend geregelt. Als Grundlage für die regionalplanerische Steuerung dieser Vorhaben verbleibt § 35 Absatz 3 Satz 2 Halbsatz 1 BauGB, wonach raumbe-deutsame Vorhaben nach den Absätzen 1 und 2 den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen dürfen.

Die unmittelbar dienende Zuordnung einer geplanten Windenergieanlage zu einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb kommt nach herrschender Rechtsprechung nur dann in Betracht, wenn die Anlage nahezu ausschließlich zum Zweck der eigenen Stromversorgung, z. B. der Stallanlagen, betrieben wird und einen räumlichen Bezug zu den Wohn- und Wirtschaftsgebäuden (Betriebsstandort) aufweist. Als Bemessungsgrundlage für die Dimensionierung der zu installierenden elektrischen Leistung der Windenergieanlagen ist der „konti-nuierliche“ Elektroenergieleistungsbedarf (Grundlastbedarf) des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs zugrunde zu legen. Aufgrund der Diskontinuität bei der Energieerzeugung durch Windenergieanlagen ist nur so gesichert, dass diese Windenergieanlagen in ihrer Zuordnung überwiegend dem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dienen.

Windenergieanlagen als Nebenanlagen land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb entfalten die gleiche Wirkung wie sonstige Windenergie-anlagen und können raumbedeutsam sein. Die Anlagen unterliegen einer raumordnerischen Einzelfallprüfung. Dabei ist davon aus-zugehen, dass eine Errichtung von Windenergieanlagen als Nebenanlagen land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe innerhalb der Vor-ranggebiete für Natur und Landschaft, der landschaftsprägenden Höhenrücken und Kuppen sowie der Heidelandschaften in Anlehnung an die Begründung zu 4.4.8.1, Ausschlussgebiete A 1, A 6 und A 7 nicht in Betracht kommt. Gleichfalls sollen solche Anlagen unter dem Aspekt eines vorsorgenden Immissionsschutzes und dem Erhalt der Akzeptanz in der Bevölkerung einen Abstand zu Siedlungen auf-weisen, der bei Nabenhöhen > 50 m dem 10-Fachen der Nabenhöhe entspricht, ansonsten jedoch mindestens 500 m.

Im Übrigen sind die Belange des Artenschutzes nach A 4 zu beachten.

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Regionalplan Westsachsen 2008 12 Telekommunikation und technische Leitungssysteme

12 Telekommunikation und technische Leitungssysteme Begriff Technische Leitungssysteme sind Verteilungs- und Entsorgungsnetze einschließlich dazugehöriger Anlagen

der Bereiche Energie, Wasser und Telekommunikation.

G 12.1 Die Telekommunikationsinfrastruktur und -dienstleistungen sind so zu entwickeln, dass sie zum Abbau von Standort- und Strukturnachteilen beitragen.

G 12.2 Neu zu schaffende überregionale bzw. regionale technische Leitungssysteme sollen vorrangig auf den Achsen und mit bestehenden linearen Infrastrukturelementen gebündelt werden. Neue Hochspannungsfreileitungen sind so zu planen und zu errichten, dass sie vorrangig parallel zu bestehenden Hochspannungsleitungen verlaufen. Rohrleitungen sollen in Verbindung mit Straßen und Wegen geführt werden.

G 12.3 Neue Umspannwerke sollen landschaftsschonend und vorrangig in Anbindung an bestehende Bebauung errichtet werden.

Begründung zu 12 Telekommunikation und Technische Leitungssysteme

Zu Grundsatz 12.1 Gemäß LEP (Grundsatz 12.1) sind Telekommunikationsdienstleistungen auf dem jeweils neuesten Stand der Technik für die wirtschaft-liche Entwicklung einer Region unverzichtbar. Durch den Ausbau der Telekommunikation verlieren räumliche Entfernungen, insbesondere in vielen Bereichen des expandierenden Dienstleistungssektors, an Bedeutung. Dies verbessert die Standortvoraussetzungen peripherer Gebiete des Ländlichen Raums und trägt zur Herstellung annähernd gleichwertiger Lebensbedingungen bei. Die neuen Fernmelde-techniken bieten somit günstigere Entwicklungschancen auch für strukturschwache Räume wie im Raum Torgau-Oschatz, da damit keine einseitige zeitliche Bevorzugung von Städten und Gemeinden im Verdichtungsraum Leipzig gegeben ist. Dazu ist der Auf- und Ausbau eines leistungsfähigen, flächendeckenden Kommunikationsnetzes (RegioNet) erforderlich. Die technologieneutrale Breitbanderschließung, insbesondere im ländlichen Raum ist eine Voraussetzung, um die ansässigen Handwerk- und Gewerbebetriebe zu stärken bzw. Neuan-siedlungen zu fördern. Eine Benachteiligung des Ländlichen Raums durch Rückstellung von Ausbaumaßnahmen gilt es zu verhindern.

Zu Grundsatz 12.2 und Grundsatz 12.3 Leitungstrassen, insbesondere Elektroenergiefreileitungen, haben einen hohen Flächenverbrauch und führen zur Zerschneidung des Freiraums. Damit verbunden sind Einschränkungen für andere Nutzungen und visuelle Beeinträchtigungen (bei Freileitungen).

Die Bündelung der überregional und regional bedeutsamen Bandinfrastruktur entlang der Achsen minimiert Zerschneidungseffekte und Eingriffe in bisher unberührte Landschaftsteile. Gleichzeitig sichert die Bündelung leistungsfähiger Verkehrsadern und Leitungsverbindun-gen die Funktionsfähigkeit der Achsen und verstärkt die von dort ausgehenden Entwicklungsimpulse. Sie führt zu einer Verbesserung der Standortvoraussetzungen der Siedlungen und erhöht die Wirtschaftlichkeit der Infrastruktureinrichtungen. Bei der Trassenplanung für Bandinfrastruktureinrichtungen ist daher dieser Bündelungseffekt zu berücksichtigen. In landschaftlich sensiblen Räumen ist daher auch nach LEP, G 11.6 auf eine Verkabelung hinzuwirken. Bauliche Anlagen der technischen Infrastruktur wie Umspannwerke sind vorrangig im Anschluss an bestehende Bebauungen zu errichten, um auch damit zusammenhängende Freiräume zu schützen. Bei jedem Neubau muss außerdem geprüft werden, ob bestehende Leitungen ihre Funktion verlieren und rückgebaut werden können.

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Regionalplan Westsachsen 2008 13 Wasserver- und Abwasserentsorgung

13 Wasserver- und Abwasserentsorgung Hinweis Festlegungen für die Einordnung von Leitungssystemen zur Wasserver- und Abwasserentsorgung sind im

Kapitel 12 ausgewiesen.

Karte Die Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Wasserressourcen sind in der Karte 14 „Raumnutzung“ ausgewiesen. Die Trinkwasserschutzgebiete sind in der Karte 11 „Wasserschutzgebiete“ dargestellt.

Z 13.1 Die Grundwasservorkommen in den Vorrang- und Vorbehaltsgebieten Wasserressourcen sind so zu nutzen, dass die dauerhafte Regenerationsfähigkeit des Wasserdargebots gewährleistet ist und nachhaltige Beeinträchtigungen des Naturhaushalts vermieden werden.

G 13.2 Abwasseranlagen sollen auf der Grundlage der derzeitigen Verhältnisse und unter Beachtung der absehbaren Siedlungs- und Bevölkerungsentwicklung bemessen und angelegt werden. Insbesondere im ländlichen Raum sind dezentrale Abwasserbehandlungsanlagen bis hin zu Einzel-lösungen nach dem Stand der Technik in die Abwasserbeseitigungskonzepte zu integrieren.

G 13.3 Regenwasserrückhaltebecken sind dann zu errichten, wenn die Möglichkeiten der Versickerung ausgeschöpft sind und eine weitere Minderung niederschlagsbedingter Stoßbelastungen von Fließ-gewässern erforderlich ist. Sie sollen naturnah gestaltet werden.

Begründung zu 13 Wasserver- und Abwasserentsorgung

Zu Ziel 13.1 Nach LEP, Z 13.2 sollen in den Regionalplänen Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Wasserressourcen ausgewiesen werden, die sich für die Trinkwasserversorgung besonders eignen. Dazu sollen für den gesicherten Bedarf Vorranggebiete und für die langfristige Sicherung Vorbehaltsgebiete ausgewiesen werden. Die Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Wasserressourcen dienen der quantitativen und qualitativen Sicherung genutzter Wasservorkommen einschließlich ihrer Einzugsgebiete über bestehende Schutzgebiete hinaus und damit der lang-fristigen Wasserversorgung von Bevölkerung und Gewerbe. Darüber hinaus dienen sie der vorsorglichen Sicherung nutzbarer Wasser-vorkommen für nachfolgende Generationen sowie dem Ersatz bergbau- und qualitätsbedingt entfallender Dargebote. Sie sichern im Vorgriff zu notwendigen fachplanerischen Unterschutzstellungen gemäß § 48 SächsWG die regional und überregional bedeutsamen Wasservorkommen vor quantitativen und qualitativen Beeinträchtigungen und damit für eine langfristige Wasserversorgung.

Die Wasserversorgung der Region erfolgt aus regionalen Dargeboten und durch die Fernwasserversorgung aus der Elbaue. Die Ver-sorgung der Stadtregion Leipzig erfolgt darüber hinaus aus Dargeboten in der Parthen- und Muldenaue über Fernwasserleitungen aus den Wasserwerken Naunhof I und II sowie Canitz/Thallwitz.

Laut Grundsatzplan 2002 der öffentlichen Wasserversorgung im Freistaat Sachsen ist der Wasserbedarf in der Region Westsachsen seit 1990 stark rückläufig. Damit verbunden ist eine Reduzierung der Anlagenanzahl der öffentlichen Wasserversorgung. Dieser Prozess wird sich bis 2010 weiter fortsetzen. In der Bilanz wird davon ausgegangen, dass die Wasserbedarfsdeckung in der Region bis weit über das Jahr 2010 gesichert werden kann. Die Erschließung neuer Wasservorkommen ist somit aus Bedarfsgesichtspunkten nicht erforderlich.

Im Raum Oschatz ist zur Sicherung einer quälitätsgerechten Wasserversorgung der Ersatz der Wasserfassung Oschatz I durch das Dar-gebot Großböhla erfolgt. Die Ausweisung eines Vorranggebiets Wasserressourcen erfolgt dazu auf der Grundlage der Rechtsverordnung zur Festsetzung des Wasserschutzgebietes (Zone III) Wasserwerk Großböhla (unbestätigter Entwurf).

Die Ausweisung des Vorranggebiets Wasserressourcen Steina dient der vorsorgenden quantitativen und qualitativen Sicherung von Wasservorkommen im Einzugsgebiet der Tiefbrunnen Steina vor konkurrierenden Nutzungen zur langfristigen Sicherung der Trinkwasser-versorgung im Versorgungsgebiet Hartha-Waldheim-Gersdorf. Durch den Wasserverband Döbeln-Oschatz wurde ein mittelfristiges Bilanz-defizit an Trinkwasser für das Versorgungsgebiet Hartha-Waldheim-Gersdorf prognostiziert, das insbesondere auf einem zusätzlichen Wasserbedarf bei voller Auslastung der bereits vorhandenen Gewerbegebiete beruht und die Offenhaltung gewerblicher Entwicklungs-möglichkeiten einschließt. Die fehlenden Wassermengen können derzeit noch aus dem Fassungsgebiet der Jahnaaue bereitgestellt werden. Dem Wasserverband ist jedoch an einer Entlastung der Fassungsanlage Jahnaaue nach 2010 (Vermeidung von Versorgungs-ausfällen durch Störungen, Anlagenausfall etc.) sowie an einer ausgeglichenen Wasserbilanz und einer quantitativ und qualitativ ge-sicherten Trinkwasserbereitstellung, insbesondere zur Vermeidung von Versorgungseinschränkungen bzw. -unterbrechungen infolge von Hochwasserereignissen im Versorgungsgebiet, gelegen. Im Vorranggebiet Abbau oberflächennaher Rohstoffe für den Steinbruch Steina 1 kann der Abschlussbetriebsplan zur Verfüllung des Restlochs mit Stoffen nach der Klassifikation Z 1.1 bei Einhaltung des im Abschluss-betriebsplan festgeschriebenen Monitorings uneingeschränkt abgearbeitet werden. Diese Wiedernutzbarmachung und die Sicherung der Wasserressourcen als Vorranggebiet Wasserressourcen beeinträchtigen einander nicht.

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Regionalplan Westsachsen 2008 13 Wasserver- und Abwasserentsorgung

Ausweisungskriterien: zur Ausweisung von Vorranggebieten regional und überregional bedeutsame Wassereinzugsgebiete auf der Grundlage der Schutzzonenkarte für die TWSZ III bzw. III A mit

einer mittleren genehmigten Entnahmemenge > 300 m³/d, Landkreis Döbeln > 100 m³/d und einem gesicherten Bedarf bis 2015 Teile von Wasserkörpern, aus denen Trinkwasser gewonnen wird und die als Trinkwasserschutzgebiet nicht fachgesetzlich geschützt

sind)

zur Ausweisung von Vorbehaltsgebieten regional und überregional bedeutsame Wassereinzugsgebiete auf der Grundlage der Schutzzonenkarte für die TWSZ III B Schutz bedeutender Wasserressourcen, deren Nutzungsbedarf gegenwärtig nicht gesehen wird, als langfristige Daseinsvorsorge

Ausweisungsgrundlagen: − Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft: Grundsatzplan öffentliche Wasserversorgung Freistaat Sachsen 2002 − Regierungspräsidium Leipzig: Trinkwasserschutzzonen und -vorbehaltsgebiete im Regierungsbezirk Leipzig (Stand: 05/2007) − Fachplanerische Untersuchungen zu Wassereinzugsgebieten Die Notwendigkeit der ökologisch vertretbaren Nutzung der Grundwasservorkommen resultiert aus den negativen Folgen zu massiver Wasserentnahme für die Regenerationsfähigkeit des Wasserdargebots und die Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts. Sie können ins-besondere grundwassernahe Böden, Arten und Biotope in ihrem Bestand sowie Fließgewässer in ihrer Wasserführung gefährden und können darüber hinaus zu einer Verringerung des Wasserdargebots bei Überschreiten der Grundwasserneubildungsrate führen. Grund-wasserentnahmen sollen deshalb unter Berücksichtigung der Grundwasserneubildung und ökologischer Erfordernisse so erfolgen, dass − Grundwasserentnahmen nur in dem Maß erfolgen, wie es sich neu bildet, − eine Gefährdung grundwasserabhängiger Arten und Biotope sowie − eine Beeinträchtigung des Bodenwasserhaushalts grundwasserabhängiger Böden vermieden wird und − der ökologisch begründete Mindestabfluss von Bächen und Flüssen gesichert wird.

Aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit der Ressource Wasser und dem hohen Grad seiner Belastung ist auf den sparsamen und sorg-fältigen Umgang mit dem Naturgut Wasser hinzuwirken. Dazu ist insbesondere die Mehrfachverwendung des Wassers zur Reduzierung des Bedarfs anzustreben. Wasserverluste infolge defekter Versorgungssysteme sind zu minimieren.

Aufgrund ihrer hohen Bedeutung für die Wasserversorgung der Region sind die ausgewiesenen Vorranggebiete Wasserressourcen vor Beeinträchtigungen oder Gefährdungen hinsichtlich ihrer Quantität und Qualität zu schützen. Gefährdungen für die Quantität der Grund-wasservorkommen, die im Wesentlichen von der Grundwasserneubildung bestimmt wird, gehen insbesondere von Bodenversiegelungen und -verdichtungen, die zu einer Zunahme des Oberflächenwasserabflusses führen, sowie von der Erhöhung der natürlichen Ver-dunstungsrate infolge der Grundwasserfreilegung bei Rohstoffabbau und Veränderungen der Vegetationsbedeckung aus. Die Qualität der Grundwasservorkommen wird in Abhängigkeit von ihrer Verschmutzungsempfindlichkeit maßgeblich durch die Art und Intensität von Nutzungen bestimmt. Nutzungen mit hohem Gefährdungspotenzial sind u. a. intensive Landwirtschaft, Rohstoffabbau und Gewerbe-anlagen, Abfallbeseitigungsanlagen, Militäranlagen und Verkehrstrassen. Sie können durch direkte Einwirkung sowie über die Medien Boden, Luft und Oberflächenwasser zur Anreicherung des Grundwassers mit Schad- und Nährstoffen führen. Zur Sicherung einer qualitäts-gerechten Wasserversorgung sind Grundwasserverschmutzungen in Einzugsgebieten von Wassergewinnungsanlagen zu vermeiden. Die ausgewiesenen Vorranggebiete Wasserressourcen sind dazu entsprechend den in der „Richtlinie für Trinkwasserschutzgebiete“ (DVGW Regelwerk) geforderten Nutzungsbeschränkungen in der Schutzzone III A vor qualitativen Beeinträchtigungen zu schützen. Sie sind insbesondere von neuen Rohstoffabbaugebieten, Kläranlagen, Deponien und Abfallbeseitigungsanlagen, Lagerungs- und Umschlagstellen für wassergefährdende Stoffe sowie Militäranlagen freizuhalten. In den Vorranggebieten Wasserressourcen ist die Ausbringung von Klär-schlamm zu unterlassen und auf eine extensive Landbewirtschaftung hinzuwirken. Maßnahmen, die zur Verlangsamung des Oberflächen-wasserabflusses beitragen, wie die bodenschonende Bewirtschaftung verdichtungsempfindlicher Gebiete, die Reduzierung von Boden-versiegelungen und die Änderung von Nutzungsarten (z. B. Aufforstung), dienen darüber hinaus der Sicherung der Regenerationsfähigkeit des Grundwassers.

Bei der Erteilung neuer wasserrechtlicher Genehmigungen zur Trinkwasserförderung insbesondere in den Vorrang- und Vorbehaltsge-bieten Borna, Canitz/Thallwitz, Gärtitz/Klitzschbach, Göttwitz, Grimma Muldenaue, Jahna und Jahnaaue sowie Liebersee ist das Verhältnis Grundwasserneubildung zu Entnahmemenge zu überprüfen. Dabei ist die besondere Konfliktträchtigkeit gegenüber Grundwasserab-senkungen und gegenüber im Verhältnis zur Grundwasserneubildung unangepassten Entnahmemengen zu berücksichtigen (vgl. Umwelt-bericht, Abschnitt 2.2.9.2).

Bei der wasserrechtlichen Genehmigung zur Trinkwasserförderung in den Vorranggebieten Wasserressourcen Schirmenitz, Liebersee, Torgau, Grimma-Muldenaue, Canitz-Thallwitz, Wurzen, Wedelwitz, Prellheide, Brandis, Naunhof sowie Großböhla, Mügeln, Jahnaaue, Beicha, Möbeltitz-Zschaitz, Kossa ist eine FFH-verträgliche Entnahmemenge, in den Vorranggebieten Rathendorf, Göttwitz, Canitz-Thallwitz, Wurzen, Podelwitz, Grimma-Muldenaue zugleich eine SPA-verträgliche Entnahmemenge sicherzustellen. Die Vereinbarkeit der jeweiligen Entnahmemengen mit den Erhaltungszielen der betroffenen FFH- und SPA-Gebiete ist zu belegen (vgl. Umweltbericht, Ab-schnitt 2.2.9.2).

Zu Grundsatz 13.2 Eine ordnungsgemäße Abwasserbeseitigung ist sicherzustellen. Dies kann grundsätzlich durch zentrale und dezentrale Anlagen nach dem Stand der Technik gewährleistet werden. Die Entscheidung zwischen zentralen oder dezentralen Lösungen ist nach Kosten-Nutzen-Unter-suchungen und entsprechend den gewässerökologischen Anforderungen im Einzelfall zu treffen und sollte nicht präjudiziert werden. Da die Aufwendungen für den Bau der Kanalisationsnetze den wesentlichen Anteil der Gesamtinvestition betragen, ist es insbesondere in dünner besiedelten Räumen erforderlich, angemessene und individuelle Lösungen zur Gewährleistung des notwendigen Gewässer-

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Regionalplan Westsachsen 2008 13 Wasserver- und Abwasserentsorgung

schutzes bei vertretbaren Bau- und Betriebskosten zu finden. Der Vermeidung von Niederschlagswasserabfluss ist dabei besonders wichtig.

Eine Erhöhung des Behandlungsniveaus von Kläranlagen (zusätzliche Reinigungsstufen) erfordert darüber hinaus die Flächenvorhaltung für damit verbundene Standorterweiterungen. Dabei sind die geltenden Bestimmungen zur Behandlung von kommunalem Abwasser zu beachten.

Zu Grundsatz 13.3 Um dem gestiegenen Gefährdungspotenzial in vom Hochwasser bedrohten Siedlungsbereichen Rechnung zu tragen und zusätzliche Risiken für Natur und Landschaft zu vermeiden, ist nicht nur in den hochwassergefährdeten Gebieten, also am Ende der Wirkungskette, sondern flächendeckend eine konsequente und möglichst rasche Durchsetzung von Erfordernissen zur Erhaltung eines ausgeglichenen Wasserhaushalts notwendig. Dazu sind die Regulationsfunktion des Bodens für den Wasserhaushalt zu erhalten und zu verbessern und nicht standortgerechte Bodennutzung, Bebauung, Flächenversiegelung und Bodenverdichtung zu minimieren, um die Versickerung des Niederschlagswassers zu gewährleisten. Sollte damit ein ausreichender Hochwasserschutz nicht erreichbar sein, so kann durch Errichtung von Hochwasserrückhaltebecken der Wasserabfluss zusätzlich ausgeglichen werden.

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Regionalplan Westsachsen 2008 14 Abfall

14 Abfall Hinweis Die Festlegung zur energetischen Verwertung von biologischen Abfällen ist in 11.2 enthalten.

Festlegungen zur Zentraldeponie Cröbern sind im Braunkohlenplan als Sanierungsrahmenplan Tagebau Espenhain (Fortgeschriebene Fassung) enthalten.

Z 14.1 Bei der Festlegung von Folgenutzungen für Deponien ist auf die • Aufwertung des Landschaftsbilds, • Erhöhung des Waldanteils und • Ausweisung ausreichend großer Areale für den Schutz und die Entwicklung artenreicher Tier-

und Pflanzengesellschaften entsprechend den regionalen Nutzungs- und Schutzerfordernissen hinzuwirken.

Begründung zu 14 Abfall

Zu Ziel 14.1 Die Stilllegung und Rekultivierung der Deponien unterliegt technischen Regeln. Die angestrebte und zulässige Folgenutzung stellt damit auch bestimmte Anforderungen an die Rekultivierungsschicht (Mächtigkeit, Tragfähigkeit, Landschaftsbild, Vegetation etc.) neben ihrer Funktion der Überdeckung und des Schutzes des Abdichtungssystems.

Bei der Entwicklung und Realisierung von Folgenutzungskonzepten soll eine an den spezifischen Standortgegebenheiten orientierte optimale Form der Flächennutzung entwickelt werden. Dabei ist für die Folgenutzung das „Vorsorgeprinzip“ anzuwenden, d. h., es soll Ziel sein, den Optimalzustand zur Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen zu erreichen. Sie kann gekennzeichnet sein durch eine Wieder-eingliederung in die Landschaft bzw. durch die Schaffung eines Ausgleichs für beeinträchtigte Landschaft. Dazu können eine forst-wirtschaftliche Nutzung oder die Entwicklung von Biotopen u. Ä. dienen.

Deponien entwickeln sich im Laufe des Betreibens in der Regel zu landschaftsprägenden Elementen und erlangen dadurch eine be-sondere Bedeutung im Landschaftsbild und im landschaftlichen Erleben. Damit ist die Einbindung des Deponie-Bauwerks in die um-gebende Landschaft von vorrangiger Bedeutung.

Bei Bepflanzungen mit Bäumen (Waldmehrung) und Sträuchern sind die Bereiche auszunehmen, in denen durch Durchwurzelung Deponieoberflächendichtungen zerstört werden können.

Die Festlegung steht nicht im Widerspruch zu den Zielen 11.2.1 und 11.2.2.

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Regionalplan Westsachsen 2008 15 Lärmschutz

15 Lärmschutz Karte Der Siedlungsbeschränkungsbereich für den Verkehrsflughafen Leipzig/Halle ist als Fluglärmkontur A und

Fluglärmkontur B in der Karte 14 „Raumnutzung“ ausgewiesen.

Hinweis Für die Fluglärmkontur A und die Fluglärmkontur B gelten die Festlegungen nach LEP, Z 15.2.

Z 15.1 Werden innerhalb der Fluglärmkontur B Wohngebäude sowie schutzbedürftige Einrichtungen wie Krankenhäuser, Altenheime, Erholungsheime errichtet, soll das mit baulichem Schallschutz er-folgen.

Begründung zu 15 Lärmschutz Nach LEP, Z 15.2 sind in den Regionalplänen Siedlungsbeschränkungsbereiche für Verkehrsflughäfen und für ausgewählte Verkehrs-landeplätze auszuweisen. Im Regionalplan Westsachsen erfolgt eine solche Ausweisung lediglich für den Verkehrsflughafen Leipzig/Halle. Für weitere Verkehrslandeplätze ist aufgrund der vorhandenen bzw. prognostizierten Flugbewegungen sowie ihrer räumlichen Lage eine solche Ausweisung nicht erforderlich.

Mit dem Siedlungsbeschränkungsbereich soll die Bauleitplanung in der Umgebung eines Flughafens langfristig so gelenkt werden, dass zukünftig keine neuen Konflikte entstehen. Folglich soll mindestens das Gebiet durch den Siedlungsbeschränkungsbereich erfasst werden, in dem bei einer zukünftigen wesentlichen baulichen Erweiterung des Flughafens Leipzig/Halle gesetzliche Regelungen zum Lärmschutz zu beachten sind. Nach dem Gesetz zur Verbesserung des Schutzes vor Fluglärm in der Umgebung von Flugplätzen vom 01.06.2007 § 2 (2) Ziffer 1 ist das für die Tag-Schutzzonen 1 und 2 mit den durch Fluglärm hervorgerufenen energieäquivalenten Dauerschallpegeln LAeq Tag = 60 dB(A) und LAeq Tag = 55 dB(A) und die Nacht-Schutzzone ab dem 01.Januar 2011 mit dem durch Fluglärm hervorgerufenen energieäquivalenten Dauerschallpegel LAeq = 50 dB(A) und dem fluglärmbedingten Maximalpegel LAmax=6 * 68 dB(A) der Fall.

Der gegenwärtige technische Stand der Luftfahrzeuge und die durch den Planfeststellungsbeschluss für den Ausbau des Verkehrsflug-hafens Leipzig/Halle Start-/Landebahn Süd mit Vorfeld vom 04.11.2004 vorgegebene Entwicklung des Luftverkehrs erfordern eine Aktuali-sierung des Siedlungsbeschränkungsbereichs am Flughafen Leipzig/Halle. Die Berechnung der Fluglärmkonturen des Siedlungs-beschränkungsbereichs im Jahr 1997 erfolgte auf der Grundlage der dem Planfeststellungsbeschluss für den Bau der nördlichen Start- und Landebahn zugrunde liegenden Prognosezahlen von 190 000 Flugbewegungen im Jahr. Der Flughafen Leipzig/Halle schätzt ein, dass diese Prognosezahlen aus heutiger Sicht nicht erreicht werden und wesentlich über den realen Gegebenheiten liegen. In den Unterlagen zum Planfeststellungsbeschluss für den Ausbau des Verkehrsflughafens Leipzig/Halle Start-/Landebahn Süd mit Vorfeld vom 04.11.2004 geht die Prognose für das Jahr 2015 von 125 000 Flugbewegungen aus. Der Anteil der Nachtflugbewegungen ist mit 44 % der Gesamt-flugbewegungen sehr hoch und bestimmt zukünftig die Fluglärmbelastung in der Umgebung des Flughafens Leipzig/Halle. Bei der Aktualisierung des Siedlungsbeschränkungsbereichs für den Flughafen Leipzig/Halle muss daher der Nachtfluglärm entsprechend dem Stand der Lärmwirkungsforschung berücksichtigt werden. Der Schwerpunkt der Flüge für den Luftfrachtverkehr wird an den Wochentagen Montag bis Freitag in der Nacht in den Zeiten von 22:00 bis ca. 00:30 Uhr für die Landungen und ca. 03:30 bis 06:00 Uhr für die Starts liegen. Die Prognose 2015 geht von 75 Flugzeugen in einer durchschnittlichen Nacht aus, das sind 150 Flugbewegungen. Die Flug-bewegungen in den Spitzenstunden nachts erreichen die Kapazität des Zweibahnsystems. Damit erfüllen die Prognosezahlen für das Jahr 2015 und das zugehörige Datenerfassungssystem die Voraussetzungen für die Berechnung der Fluglärmkonturen für einen Siedlungs-beschränkungsbereich, der langfristig die Bauleitplanung in der Umgebung des Flughafens lenken soll. Fluglärmkontur A

Für die Siedlungsbeschränkung am Flughafen Leipzig/Halle sind folglich vier Fluglärmkonturen zu betrachten: Leq = 60 dB(A) und Leq = 55 dB(A) für die Belastung durch Fluglärm tags und Leq = 50 dB(A) und LAmax = 6 * 68 dB(A) für die Belastung durch Fluglärm nachts. Im Ergebnis umfasst die Fluglärmkontur der Maximalpegelhäufigkeit LAmax = 6 * 68 dB(A) sowohl die Kontur des energieäquivalenten Dauerschallpegels LAeq von 50 dB(A) nachts als auch die beiden Konturen der energieäquivalenten Dauerschallpegel LAeq von 55 dB(A) und 60 dB(A) tags. Deshalb wird im Regionalplan Westsachsen die Kontur mit der Maximalpegelhäufigkeit LAmax = 6 * 68 dB(A) als Sied-lungsbeschränkungsbereich Fluglärmkontur A ausgewiesen.

Innerhalb dieser Fluglärmkontur sollen im Rahmen der Bauleitplanung nach LEP, Z 15.2 nur - gewerbliche Bauflächen im Flächennutzungsplan und - Industrie- und Gewerbegebiete im Bebauungsplan ausgewiesen werden.

Die Berechnung der Fluglärmkontur A LAmax= 6 * 68 dB(A) erfolgt auf der Basis der Flugbewegungszahlen und Flugrouten des Planfest-stellungsbeschlusses vom 4.11.2004. Fluglärmkontur B

Als Fluglärmkontur B wird die über die Fluglärmkontur A hinausgehende Grenzlinie des Nachtschutzgebiets aus dem Planfeststellungs-beschluss für den Ausbau der Start-/Landebahn Süd mit Vorfeld vom 04.11.2004 in der Fassung des Änderungsplanfeststellungs-beschlusses vom 09.12.2005 ausgewiesen.

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Regionalplan Westsachsen 2008 15 Lärmschutz

Nach LEP, Z 15.2 sind innerhalb der Fluglärmkontur B gemischte Bauflächen im Flächennutzungsplan und Mischgebiete, Dorfgebiete und Kerngebiete im Bebauungsplan zulässig. Damit ist innerhalb dieser Gebiete auch die Errichtung vor Lärm schutzbedürftiger Einrichtungen prinzipiell möglich. Im Gebiet der Fluglärmkontur B sollen daher vor Lärm schutzbedürftige Einrichtungen (Krankenhäuser, Altenheime, Erholungsheime und ähnliche in gleichem Maße schutzbedürftige Einrichtungen) und Wohngebäude mit baulichem Schallschutz errichtet werden. Die baulichen Schallschutzmaßnahmen sollen den Schallschutzanforderungen des § 7 „Schallschutz“ des Gesetzes zur Ver-besserung des Schutzes vor Fluglärm in der Umgebung von Flugplätzen vom 01.06.2007 genügen. Ausweisungsgrundlagen: - „Leitlinie zur Beurteilung von Fluglärm durch die Immissionsschutzbehörden der Länder v. 14.5.1997 (Leitlinie wird zurzeit entspre-

chend dem Stand der Technik der Luftfahrzeuge überarbeitet) - Gesetz zur Verbesserung des Schutzes vor Fluglärm in der Umgebung von Flugplätzen vom 01.06.2007 in der Bekanntmachung der

Neufassung vom 31.10.2007, BGBl. I Nr. 56, S. 2550 - Griefahn, Jansen, Scheuch und Spreng: Fluglärmkriterien für ein Schutzkonzept bei wesentlichen Änderungen oder Neuanlagen von

Flughäfen/Flugplätzen; Zeitschrift für Lärmbekämpfung 49(2002) Nr. 5, S. 171-175 - Basner, Isermann, Samel (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V., Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin, Institut für Aero-

dynamik und Strömungstechnik: Lärmmedizinische Stellungnahme zum geplanten Aus- und Neubau des Flughafens Leipzig/Halle, Köln/Göttingen 2005

- Planfeststellungsbeschluss für das Vorhaben „Ausbau des Verkehrsflughafens Leipzig/Halle, Start-/Landebahn Süd mit Vorfeld“ vom 4.11.2004, ergänzt am 09.12.2005 und am 27.06.2007

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Regionalplan Westsachsen 2008 16 Soziale und kulturelle Infrastruktur

16 Soziale und kulturelle Infrastruktur G 16.1 Zur Sicherung der sozialen und kulturellen Grundversorgung sollen verstärkt fachübergreifende

Konzepte entwickelt, neue organisatorische Zuschnitte und Modelle erprobt und alternative Angebotsformen sowie freiwilliges bürgerschaftliches Engagement unterstützt werden.

G 16.2 Zeitliche und räumliche Anpassungsmaßnahmen der öffentlichen Infrastrukturversorgung sollen die künftigen Belange aller Bevölkerungsgruppen und die Beförderung von Chancengleichheit und sozialer Integration angemessen berücksichtigen.

G 16.3 Die Erreichbarkeit von Infrastrukturangeboten ist durch den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien weiterzuentwickeln.

Z 16.4 Funktionen der Daseinsvorsorge sollen unter Berücksichtigung örtlicher Gegebenheiten in den Versorgungs- und Siedlungskernen der Gemeinden gesichert und entwickelt werden.

Z 16.5 Durch das Zusammenwirken von ambulanten und stationären Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen soll unter Einbindung von medizinischen Forschungs-, Rehabilitations- und Präventionseinrich-tungen in allen Kreisen eine qualitativ hochwertige, den bevölkerungsstrukturellen Veränderungen angepasste, medizinische und pflegerische Versorgung gesichert werden.

Z 16.6 In Ergänzung des funktional abgestuften Systems von Krankenhäusern der Regel-, Schwerpunkt- und Maximalversorgung soll die bedarfsgerechte medizinische Versorgung der Bevölkerung durch die Fachkrankenhäuser im Oberzentrum Leipzig, im Mittelzentrum Schkeuditz, in den Gemeinden mit der besonderen Gemeindefunktion Medizinische Versorgung Bad Düben, Großweitzschen, Werms-dorf und Zschadraß sowie in der Gemeinde Bennewitz gesichert werden.

Z 16.7 In den Versorgungs- und Siedlungskernen der Grundzentren ist auf die Sicherung von Apotheken-standorten sowie von Post- und Bankdienstleistungsstandorten hinzuwirken.

Z 16.8 Das Schulnetz ist in Anpassung an die raum- und siedlungsstrukturellen Bedingungen und die demografische Entwicklung in der Planungsregion Westsachsen zu planen und umzusetzen. Dabei sind vorrangig Zentrale Orte entsprechend ihrer Einstufung als Schulstandorte zu sichern. Insbesondere für ländlich periphere Räume sollen kreisübergreifende Strategien entwickelt werden, die unter Berücksichtigung angemessener Schulwege tragfähig sind.

Z 16.9 An den allgemeinbildenden Schulen soll ein bedarfsgerechtes Netz an Ganztagsangeboten bereit-gestellt werden, die in einem konzeptionellen Zusammenhang zum Unterricht stehen.

Z 16.10 Das Rudolf-Hildebrand-Gymnasium Markkleeberg und die Mittelschule Beilrode sollen im Rahmen des Modellprojekts des Freistaats Sachsen „Sächsische Schulen mit Ganztagsangeboten/Ganztags-schulen“ unterstützt und gesichert werden.

Z 16.11 Das Projekt Gemeinschaftsschule an der Mittelschule Geithain soll im Rahmen des Schulversuchsdes Freistaats Sachsen „Schulen mit besonderem pädagogischen Profil/Gemeinschaftsschulen“ unterstützt und entwickelt werden.

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Regionalplan Westsachsen 2008 16 Soziale und kulturelle Infrastruktur

G 16.12 Die beruflichen Aus- und Weiterbildungseinrichtungen sollen den künftigen wirtschaftsstrukturellen Anforderungen entsprechend gesichert und entwickelt werden.

Z 16.13 Die überregional bedeutsame Ausbildungsstätte der Sächsischen Landesanstalt für Landwirtschaft in Köllitsch ist zu sichern und auszubauen.

Z 16.14 Die Kulturräume sollen eine stärkere Vernetzung von kulturellen Einrichtungen und Projekten, insbesondere von professionellen Orchestern, Museen, Bibliotheken und soziokulturellen Ein-richtungen, sowohl innerhalb als auch zwischen benachbarten Kulturräumen befördern.

Begründung zu 16 Soziale und kulturelle Infrastruktur Ein nachfrageorientiertes, wirtschaftlich tragfähiges Infrastrukturangebot soll für alle Bevölkerungsgruppen in zumutbarer Entfernung zur Verfügung stehen. Die Erreichbarkeit und die Vielfalt des Angebots spielen eine zentrale Rolle bei der Einschätzung der Attraktivität der Region als Wohn- und Produktionsstandort und bilden wichtige Voraussetzungen für die zukünftige Entwicklung.

Der LEP enthält im Kap. 16 weitreichende Plansätze zur sozialen und kulturellen Infrastruktur. Soweit darüber hinaus regionalplanerische Erfordernisse erkennbar sind, werden diese im Regionalplan ergänzt oder regionalspezifisch ausgeformt.

Zu Grundsatz 16.1 Neue Herausforderungen bei der Bereitstellung von Infrastruktur ergeben sich aus den Bedürfnissen einer alternden und zahlenmäßig abnehmenden Bevölkerung bei sinkender Finanzkraft der öffentlichen Hand. Besonders im Ländlichen Raum ergeben sich zunehmend Tragfähigkeitsprobleme, die Anpassungsleistungen im Bereich der Infrastrukturversorgung erfordern.

Ziel der Anpassung muss die Erarbeitung von flexiblen und vernetzten Lösungen für eine bedarfsgerechte und tragfähige Infrastruktur sein, die den Zugang zu den Kernfunktionen Bildung, Medizinische Versorgung und ÖPNV als Mindeststandards gewährleistet. Fachübergreifende Ansätze stellen ein wichtiges Potenzial zum Erhalt von Daseinsfunktionen dar. Effiziente arbeitsteilige Auslastungen von Infrastruktureinrichtungen einerseits, neue Formen der Mobilität und Leistungserbringung andererseits sollen erprobt werden. Mehr und mehr ist auch freiwilliges bürgerschaftliches Engagement gefragt. Die Kommunen sollen die organisatorischen Voraussetzungen dafür schaffen und die Akteure beim Aufbau lokaler Netzwerke unterstützen (z. B. Einbindung älterer Menschen in den infrastrukturellen Umbau auf sozial-kultureller Ebene).

Zu Grundsatz 16.2 Die Konzepte und Maßnahmen zur Anpassung der sozialen und kulturellen Infrastruktur sollen die künftigen Belange aller Bevölkerungs-gruppen angemessen berücksichtigen. Dazu gehören Kinder und Jugendliche, Familien, ältere oder beeinträchtigte Personen, ein-heimische und zugewanderte Einwohner, verschiedene soziale Gruppen.

Die Kommunen sollen Unterstützung bei Aufbau oder Qualifizierung von Betreuungsnetzwerken und generationsübergreifenden Projekten leisten sowie Maßnahmen für Chancengleichheit und soziale Integration befördern, z. B. von Netzwerken sozialer Dienste, Betreuung sozial benachteiligter Kinder und Jugendlicher, soziale Integration von Ausländern, Strategien zum Umgang mit Armut, qualifizierte inter-kulturelle Arbeit, Förderung der Arbeitsmarktchancen für Jugendliche und Langzeitarbeitslose.

Zu Grundsatz 16.3 Der Zugang zur modernen Kommunikationsinfrastruktur gewinnt nicht nur bei der Auswahl von Unternehmensstandorten an Bedeutung, sondern spielt auch für die Sicherung der Lebensqualität bei Erreichbarkeitsdefiziten eine wichtige Rolle.

Dabei geht es um die Nutzung von Infrastrukturangeboten, die durch den Ausbau von E-Government, E-Learning, E-Commerce usw. wahrgenommen werden können. Die Kommunen sollen die Infrastrukturangebote ihrer Verwaltungen und kommunalen Einrichtungen weiterentwickeln, z. B. Bibliotheken, VHS, kommunale Diskussionsforen, Ticket-Service kommunaler Einrichtungen, …

Zu Ziel 16.4 In den Versorgungs- und Siedlungskernen sollen durch Synergieeffekte verschiedener Einrichtungen der Daseinsvorsorge die Voraus-setzungen für ihren langfristigen Erhalt gestärkt werden (vgl. Z 5.1.5 und Z 5.1.6). Die Gemeinden sollen die städtebaulichen Voraussetzungen für die Konzentration von Einrichtungen der Daseinsvorsorge in diesen Ge-meindeteilen schaffen und, sofern Schließungen von Einrichtungen erforderlich sind, auf die Sicherung dieser Funktion im Versorgungs- und Siedlungskern hinwirken.

Zu Ziel 16.5 Die Dienste und Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens sollen gemäß G 16.2.1 und Z 16.2.5 LEP bedarfsgerecht und in zumutbarer Entfernung angeboten werden.

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Regionalplan Westsachsen 2008 16 Soziale und kulturelle Infrastruktur

Angesichts des Bevölkerungsrückgangs einerseits, der wachsenden Anforderungen an die Betreuung der zunehmenden Zahl allein lebender Hochbetagter und pflegebedürftiger Senioren andererseits und wachsender Defizite in der allgemeinmedizinischen und fach-ärztlichen Versorgung wird es in den in den Ländlichen Räumen zunehmend schwerer werden, diesen Ansprüchen zu genügen. Daher ist eine engere Verzahnung zwischen den Einrichtungen der ambulanten und stationären Gesundheits-, Rehabilitations- und Pflegebereiche zu schaffen, um auch künftig eine ausreichende medizinische und pflegerische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Der Aufbau eines regionalen Gesundheitsmanagements könnte hier zur Lösung beitragen. In Abstimmung mit den Kommunen soll die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen die zur Verfügung stehenden Förderinstrumente gezielt für die Gebiete nutzen, in denen eine Unterversorgung besteht oder droht.

Zu Ziel 16.6 Das funktional abgestufte Netz von Krankenhäusern der Regel-, Schwerpunkt- und Maximalversorgung orientiert sich am System der Zentralen Orte (vgl. Z 16.2.2 LEP). Es wird ergänzt durch Fachkrankenhäuser mit speziellen Versorgungsaufträgen, die unterschiedliche Versorgungsbereiche besitzen und für diese Bereiche auch künftig zu einer bedarfsgerechten medizinischen Versorgung beitragen sollen.

In der Planungsregion Westsachsen nehmen folgende Fachkrankenhäuser spezielle Versorgungsaufträge wahr: - Herzzentrum Leipzig, Fachkrankenhaus für Herzchirurgie, Innere Medizin/Kardiologie, Pädiatrie/Kinderkardiologie - Soteria-Klinik Leipzig, Fachklinik für Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit - Fachkrankenhaus für Psychiatrie und Psychotherapie Bethanien Hochweitzschen - Waldkrankenhaus Bad Düben, Fachkrankenhaus für Orthopädie - Fachkrankenhaus Neurologie und Psychiatrie Zschadraß - Sächsisches Krankenhaus für Psychiatrie und Neurologie Altscherbitz - Fachkrankenhaus Hubertusburg - Neurologisches Rehabilitationszentrum Bennewitz

Zu Ziel 16.7 Eine staatliche Regulierung der Ansiedlung von Apotheken, Post- oder Bankfilialen findet nicht statt. Dennoch handelt es sich um einen wichtigen Teil der Daseinsvorsorge, für den die Zentralen Orte die städtebaulichen Voraussetzungen schaffen sollen. Bislang ist in den Grundzentren Westsachsens mindestens eine Apotheke vorhanden. Mit dem Rückgang von Bevölkerung und Haus-ärzten sowie gleichzeitiger Zunahme von Internet-Apotheken gewinnt die Sicherung von Apothekenstandorten in den Versorgungs- und Siedlungskernen der Grundzentren längerfristig gesehen an Bedeutung. Ähnliches gilt für Post- oder Bankfilialen bei der weiteren Zu-nahme elektronischer Dienstleistungsangebote. In den Versorgungs- und Siedlungskernen der Grundzentren sollen durch Synergieeffekte mit Einrichtungen der Verwaltung, des Handels und Handwerks sowie anderen Einrichtungen der Daseinsvorsorge die Voraussetzungen für ihren langfristigen Erhalt gestärkt werden. Damit könnte auch eine Berücksichtigung in den Planungen der Betreiber befördert werden.

Zu Ziel 16.8 Die Sicherung eines vielfältigen und auf die konkreten Raumbedingungen ausgerichteten Bildungswesens ist auch zukünftig ein wichtiger Faktor bei der Bewahrung bzw. Schaffung lokaler Konkurrenzfähigkeit. Besonders von den ländlich geprägten Schulen gehen neben dem Bildungsauftrag auch wichtige Impulse für das kommunale Zusammen-leben in den Gemeindegebieten aus. Sie sind ein wesentlicher Standortfaktor in den zentralen Orten, aber auch in weiteren ländlichen Gemeinden mit tragfähigem Einzugsgebiet. Insbesondere in den strukturschwachen Räumen sind sie von substanzieller Bedeutung als Träger von Kultur-, Sport- und Freizeitangeboten zur Aufrechterhaltung des Gemeindelebens und fungieren maßgebend als Identitäts-träger der jüngeren Generationen zu ihrer jeweiligen Heimatregion. Daher ist das Schulnetz entsprechend des Bildungsauftrags in allen Teilen der Planungsregion unter Berücksichtigung der vorhandenen raum- und siedlungsstrukturellen Besonderheiten und den demografischen Entwicklungen zu planen und zu entwickeln, wobei der Erhalt der Einrichtungen in den Zentralen Orten vorrangig zu sichern ist. Grund- und Mittelschulen sollen in Grundzentren vorhanden sein, um die Attraktivität der Orte als Voraussetzung ihrer Weiterentwicklung bzw. deren Erhalt zu sichern. Im Rahmen der Schulnetzplanung sind alle Möglichkeiten zur Erreichung eines „tragfähigen Einzugsbe-reichs“ gemäß Schulgesetz zu berücksichtigen. Einbrüche in Schülerzahlen sollten nicht zur Schließung einer Schule im Grundzentrum, vor allem im Ländlichen Raum, führen. Insbesondere für Schulen in ländlich peripheren Räumen sind im überregionalen Maßstab Anpassungsstrategien zu entwickeln, die zur Sicherung eines leistungsfähigen Schulnetzes tragfähig sind. Zumutbare Entfernungen müssen unter dem Aspekt des Alters von Schul-kindern eingehalten werden.

Zu Ziel 16.9 In allen Teilen der Region werden an allgemeinbildenden Schulen Ganztagsangebote auf- und ausgebaut. Dabei steht die Verbesserung der Schul- und Unterrichtsqualität sowie der Lernvoraussetzungen im Mittelpunkt. Zentrales Anliegen des Förderprogramms Ganztagsangebote ist die leistungsdifferenzierte Förderung und Forderung der Schüler. Unter-stützt werden damit Maßnahmen zur schülerorientierten Unterrichtsgestaltung, die Zusammenarbeit mit außerschulischen Kooperations-partnern (z. B. Theater, Museen, Unternehmen u. a.), unterrichtsergänzende Angebote (z. B. Hausaufgabenbetreuung, Projekte) und An-gebote im schulischen Freizeitbereich (z. B. Sport, Arbeitsgemeinschaften). Ganztagsangebote beruhen auf dem Prinzip der Freiwilligkeit. Interessierte Schulen können bedarfsorientiert verschiedene Modelle von Ganztagsangeboten schulspezifisch erarbeiten, umsetzen und weiterentwickeln. Dabei sind u. a. Kooperationen zwischen mehreren Schulen möglich.

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Regionalplan Westsachsen 2008 16 Soziale und kulturelle Infrastruktur

Zu Ziel 16.10 Das Rudolf-Hildebrand-Gymnasium Markkleeberg und die Mittelschule Beilrode sind die beiden einzigen Schulen der Planungsregion, die am Modellprojekt des Freistaats Sachsen „Sächsische Schulen mit Ganztagsangeboten/Ganztagsschulen“ beteiligt sind. Die beiden Schulen sollen bei der Umsetzung ihrer Konzepte besonders unterstützt werden, um im Rahmen des Modellprojekts wichtige Erfahrungen zu sammeln und für andere Schulen in der Region zugänglich zu machen.

Zu Ziel 16.11 Das Projekt Gemeinschaftsschule an der Mittelschule Geithain wurde 2006 als landesweit erster Standort des Schulversuchs des Frei-staats Sachsen „Schulen mit besonderem pädagogischen Profil/Gemeinschaftsschulen“ zugelassen. Da es sich neben der Nachbarschaftsschule Leipzig, die bereits seit 1991 an einem Schulversuch teilnimmt, um die einzige Schule dieser Art in der Planungsregion handelt, sind die Unterstützung und der Ausbau dieses Profils in regionalem Interesse, um die Entwicklung einer differenzierten Schullandschaft zu befördern.

Zu Grundsatz 16.12 Das Angebot an qualifizierten Arbeitskräften ist für die Entwicklung der Region ebenso wichtig wie eine ausgebaute Infrastruktur. Es wird daher ein breites Ausbildungsangebot benötigt, das den künftigen Bedarf an Fachkräften für die Wirtschaft sichert. Die beruflichen Aus- und Weiterbildungseinrichtungen sollen sich mit ihren Angeboten an Bildung und Qualifizierung auf die künftigen wirtschaftsstrukturellen Anforderungen einstellen und lebenslanges Lernen in der modernen Gesellschaft ermöglichen.

Zu Ziel 16.13 Die Überbetriebliche Ausbildungsstätte der Sächsischen Landesanstalt für Landwirtschaft ist integriert in das Lehr- und Versuchsgut Köllitsch und organisatorisch Bestandteil des Fachbereichs Tierzucht, Fischerei und Grünland. Köllitsch ist überbetriebliche Ausbildungs-stätte für Lehrlinge der Berufe Landwirt/-in, Tierwirt/-in, Landwirtschaftswerker/-in, Fischwirt/-in und Fachkraft Agrarservice für den ge-samten Freistaat Sachsen und im Beruf Landwirt auch für den südlichen Teil von Brandenburg. Im Rahmen der Berufsausbildung im Beruf Fischwirt werden Lehrgänge für Lehrlinge aus Sachsen und Brandenburg angeboten. Aufgrund der strukturellen Bedeutung der Landwirtschaft als Lebensgrundlage in der strukturschwachen Region „Ostelbien“ soll die Über-betriebliche Ausbildungsstätte am Standort gesichert und entsprechend den künftigen Anforderungen an die Aus- und Weiterbildung weiterentwickelt werden.

Zu Ziel 16.14 Nach § 2 Abs. 1 SächsKRG ist die Kulturpflege eine Pflichtaufgabe der Gemeinden und Landkreise im Freistaat Sachsen. Die Kulturräume unterstützen die Träger kommunaler Kultur bei ihren Aufgaben von regionaler Bedeutung, insbesondere bei deren Finanzierung und Koordinierung. Um weitere Verbesserungen in Bezug auf Angebot und Nachfrage, Effizienz, regionale Bedeutsamkeit sowie Nachhaltigkeit zu erreichen, sollen die Kulturräume eine stärkere Vernetzung von kulturellen Einrichtungen und Projekten in ihren und mit den benachbarten Gebieten befördern. Diese Aspekte sind u. a. in den Kulturentwicklungsplanungen der Kulturräume zu berücksichtigen.

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Regionalplan Westsachsen 2008 17 Verteidigung

17 Verteidigung Karte Die Vorranggebiete Verteidigung sind in der Karte 14 „Raumnutzung“ ausgewiesen.

Z 17.1 Sofern die der Ausweisung als Vorranggebiet Verteidigung zugrunde liegende militärische Zweck-bestimmung aufgehoben wird, ist auf eine Nutzung dieses Gebiets im Sinne von Natur und Landschaft bzw. Waldmehrung hinzuwirken.

Begründung zu 17 Verteidigung

Zu Ziel 17.1 Nach LEP, Z 17.11 sind im Regionalplan Westsachsen auf der Grundlage der räumliche Erfordernisse der militärischen Verteidigung der Standortübungsplatz Delitzsch der Standortübungsplatz Bad Düben das Munitionshauptdepot Mockrehna

als Vorranggebiete Verteidigung auszuweisen. Mit der Ausweisung von Vorranggebieten Verteidigung in den Regionalplänen ist den räumlichen Erfordernissen der militärischen Verteidigung Rechnung zu tragen. Die Ausweisung von Vorranggebieten Verteidigung erfolgte auf der Grundlage der von der Wehrbereichsverwaltung Ost übergebenen Abgrenzungen.

Für das Munitionshauptdepot Mockrehna besteht ein Schutzbereich nach Schutzbereichsgesetz. Folgeplanungen in unmittelbarer Nähe und innerhalb des Schutzbereichs des Munitionshauptdepots sind daher der Wehrbereichsverwaltung Ost vorzulegen.

Die Übungsplätze sind allein schon wegen ihrer Flächenausdehnung für den Naturhaushalt von Bedeutung. Aufgrund der Lage der aus-gewiesenen Vorranggebiete Verteidigung in der Nachbarschaft zu Vorranggebieten Natur und Landschaft sowie Waldschutz (Stand-ortübungsplatz Delitzsch), Vorbehaltsgebieten Waldschutz sowie Natur und Landschaft (Standortübungsplatz Bad Düben, Munitions-hauptdepot Mockrehna) eignen sich im Fall der Aufgabe der militärischen Zweckbestimmung in besonderem Maße für eine Nutzung im Sinne von Natur und Landschaft bzw. Waldmehrung. Damit kann das ökologische Verbundsystem in der Planungsregion Westsachsen weiter gestärkt werden. Soweit im Rahmen der militärischen Zweckbestimmung möglich, werden Übungsplätze bereits für die Umsetzung spezifischer Ziele des Naturschutzes genutzt.

Bei Aufgabe der Zweckbestimmung Verteidigung ist der Rückbau baulicher Anlagen (wie Gebäude) zu prüfen und ggf. vorzunehmen.

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