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Kapitel 7
Reihen
• Konvergenz unendlicher Reihen
• Konvergenzkriterien
• Potenzreihen und Taylorreihen
• Anwendungen
Reihen — Konvergenz unendlicher Reihen
Konvergenz unendlicher Reihen
Betrachtet man die ”unendliche Reihe“
1
2+
1
4+
1
8+
1
16+
1
32+
1
64+ . . . ,
so stellt man fest, dass jeder Summand stets um dieHalfte kleiner ist als sein Vorganger.
Die auf der Zahlengeraden hinzukommenden Stuckewerden also immer kleiner, bis sie wegen ihrer ”Win-zigkeit“ nicht mehr sichtbar sind.
Je langer man den Additionsvorgang fortsetzt, de-sto naher kommt man der Eins, sie wird aber in derSumme nie ubersprungen werden.
RI
11
2
3
4
7
8
15
16
31
32
0
1/81/2 41/ 1/16 1/32
Mathematik kompakt 1
Reihen
—K
onvergenzunendlicherR
eihenUntersuchung einer Reihe
Untersuchen wir andererseits die Reihe1
2+
1
3+
1
4+
1
5+
1
6+
1
7+
1
8+ . . . ,
so gilt
- Glieder 1 bis 2 der Reihe: 12 + 1
3 > 14 + 1
4 = 12,
- Glieder 3 bis 6 der Reihe: 14 + 1
5 + 16 + 1
7 > 4 · 18 = 1
2,
usw. Eine bestimmte Anzahl von Summanden, die wir Teilsumme nennenwollen, ergibt stets einen Summenwert großer als 1/2:
1
2+
1
3︸ ︷︷ ︸
>12
+1
4+ . . . +
1
7︸ ︷︷ ︸
>12
+1
8+ . . . +
1
15︸ ︷︷ ︸
>8· 116=
12
+1
16+ . . . +
1
31︸ ︷︷ ︸
>16· 132=
12
+1
32+ . . .
Die Summe wird also ”unendlich groß“, obwohl — wie im ersten Beispiel— die einzelnen Summanden auch hier immer kleiner werden.
Mathem
atikkom
pakt2
Reihen — Konvergenz unendlicher Reihen
Unendliche Reihe, Partialsumme
Definition
Ist (an)n∈IN = a0, a1, a2, · · · eine Zahlen-folge, dann heißt die durch die Vorschrift
sn :=n−1
∑
k=0ak = a0 + a1 + · · · + an−1,
n ∈ IN+, neu gebildete Folge (sn)n∈IN+
(die aus (an) gebildete) unendliche Reihe.Statt lim
n→∞sn schreibt man
∞∑
k=0ak.
Die Glieder sn dieser Folge werden Partial-summen genannt.
Man beachte, dass die n-te Partialsumme gemaßunserer Definition stets aus n Summanden besteht:
s1 = a0, s2 = a0 + a1, s3 = a0 + a1 + a2,
usw.
Mathematik kompakt 3
Reihen — Konvergenz unendlicher Reihen
BeispielDer Reihe
1
2+
1
4+
1
8+
1
16+ . . .
liegt die Folge(
1
2n+1
)
n∈IN
zugrunde.
Die Partialsummen ergeben sich zu
sn =2n − 1
2n.
Anstelle der ”Grenzwertnotation“
limn→∞
2n − 1
2n
schreibt man∞∑
k=0
1
2k+1.
Mathematik kompakt 4
Reihen — Konvergenz unendlicher Reihen
UbungDurch welche Folge wird die Reihe
1
2+
1
3+
1
4+
1
5+ . . .
definiert?
Mathematik kompakt 5
Reihen — Konvergenz unendlicher Reihen
LosungDie unendliche Reihe wird durch die Folge
(1
n + 2
)
n∈IN
definiert. Man kann sie in der Form
(n−1∑
k=0
1
k + 2)n∈IN+
schreiben.
Mathematik kompakt 6
Reihen — Konvergenz unendlicher Reihen
Konvergenz und Divergenz unendlicher Reihen
Definition
Eine unendliche Reihe (sn)n∈IN+heißt
konvergent, wenn die Folge ihrer Partial-summen konvergent ist, d.h. wenn
∞∑
k=0ak = lim
n→∞sn = s
gilt. Der Grenzwert s heißt Summe oderSummenwert der unendlichen Reihe. Exis-tiert s nicht, so nennt man die Reihedivergent.
Eigentlich steht das Symbol∞∑
k=0
ak
fur die Summe einer konvergenten Reihe. Man be-nutzt es aber auch zur Bezeichnung der (nicht not-wendigerweise konvergenten) Folge von Partialsum-men (sn =
∑n−1k=0 ak)n∈IN+
selbst.
Mathematik kompakt 7
Reihen — Konvergenz unendlicher Reihen
Beispiel
a) Zu untersuchen ist, ob die Reihe∑∞
k=0(−1)k
konvergent ist. Fur die Folge der Partialsum-men erhalt man
s1 = (−1)0 = 1, s2 = s1 + (−1)1 = 0,
s3 = s2 + (−1)2 = 1,
usw., d.h. diese ist alternierend: 1,0,1,0, . . .
Daher divergiert die Reihe.
b) Die sog. harmonische Reihe∑∞
k=01
k+1 stimmtbis auf den ersten Summanden mit der Rei-he
∑∞k=0
1k+2 uberein. Letztere wird unendlich
groß, was wir bereits festgestellt haben.
Dies trifft naturlich auch fur die harmonischeReihe zu. Man sagt, sie ist divergent gegen ∞und schreibt
∞∑
k=0
1
k + 1= ∞.
Mathematik kompakt 8
Reihen — Konvergenz unendlicher Reihen
UbungBestimmen Sie
∞∑
k=0
1
2k+1.
Mathematik kompakt 9
Reihen — Konvergenz unendlicher Reihen
LosungMan erhalt
∞∑
k=0
1
2k+1= lim
n→∞2n − 1
2n
= limn→∞
(
1 − 1
2n
)
= 1.
Mathematik kompakt 10
Reihen — Konvergenz unendlicher Reihen
Unendliche geometrische Reihe
Wir kennen endliche geometrische Reihen der Form
n−1∑
i=0
a0qi = a0
n−1∑
i=0
qi.
Jetzt konnen wir die Konvergenz der unendlichengeometrischen Reihe
∑∞k=0 qk untersuchen: Dazu
betrachten wir die Partialsummen
sn = 1 + q + q2 + . . . + qn−1.
Fur q = 1 ist sn = n. Wegen limn→∞ n = ∞ hatman bestimmte Divergenz mit dem uneigentlichenGrenzwert ∞.
Fur q 6= 1 ergibt sich aus der Formel fur die endli-che geometrische Reihe sn = qn−1
q−1 . Daraus folgt
limn→∞ sn = lim
n→∞qn − 1
q − 1=
limn→∞ qn − 1
q − 1.
Fur |q| < 1 konvergiert die Reihe mit dem Summen-wert 1
1−q , da bekanntlich limn→∞ qn = 0.
Fur |q| > 1 hat man wegen limn→∞ qn = ±∞Divergenz.Mathematik kompakt 11
Reihen — Konvergenz unendlicher Reihen
Unendliche geometrische Reihe
Zusammenfassend halten wir fest:
Falls |q| < 1, dann gilt fur die geometrischeReihe
a0(1 + q + q2 + q3 + . . .) = a0∞∑
k=0qk
= a01
1 − q.
In allen anderen Fallen liegt Divergenz vor.
Mathematik kompakt 12
Reihen — Konvergenz unendlicher Reihen
BeispielDie bereits bekannte Reihe
n−1∑
k=0
1
2k+1
n∈IN+
ist naturlich eine geometrische Reihe mit a0 = 1/2
und dem konstanten Quotienten q = 1/2.
Es ergibt sich damit:
∞∑
k=0
1
2k+1=
1
2
∞∑
k=0
(1
2
)k
=1
2· 1
1 − 1/2= 1.
Mathematik kompakt 13
Reihen — Konvergenz unendlicher Reihen
UbungBerechnen Sie die Summe der geom. Reihe
1 − 3
4+
9
16− 27
64+ . . .
Mathematik kompakt 14
Reihen — Konvergenz unendlicher Reihen
LosungFur diese geometrische Reihe gilt
a0 = 1 und q = −3/4.
Obige Formel liefert somit∞∑
k=0
(−3
4)k =
1
1 − (−3/4)
=4
7.
Mathematik kompakt 15
Reihen — Konvergenz unendlicher Reihen
Rechenregeln fur konvergente Reihen
Da eine Reihe lediglich eine in besonderer Weisegeschriebene Folge ist, gelten zu den Folgen ana-loge Rechenregeln:
Ist∞∑
k=0ak = a,
∞∑
k=0bk = b und c = const,
so gilt:∞∑
k=0(ak + bk) = a + b,
∞∑
k=0c ak = c
∞∑
k=0ak = c a.
Wegen des Kommutativgesetzes ist die Summe end-lich vieler Zahlen immer unabhangig von der Rei-henfolge der Summanden.
Die Summe einer konvergenten unendlichen Rei-he ist mittels der Folge ihrer Partialsummen defi-niert. In diese geht aber die Reihenfolge der Sum-manden wesentlich ein, so dass man i.Allg. die Un-abhangigkeit des Summenwertes von der Summa-tionsreihenfolge nicht erwarten kann.Mathematik kompakt 16
Reihen
—K
onvergenzunendlicherR
eihenAbhangigkeit von Summationsreihenfolge
Bekanntlich konvergiert die sog. alternierende harmonische Reihe gegenden Grenzwert ln 2:∞∑
k=0
(−1)k
k + 1= 1− 1
2+
1
3− 1
4+
1
5− 1
6+
1
7− 1
8+
1
9− 1
10+ . . . = ln2.
Wenn wir diese Reihe nun so umordnen, dass auf einen positiven Sum-manden stets zwei negative folgen, so ergibt sich:
(1 − 1
2) − 1
4+ (
1
3− 1
6) − 1
8+ (
1
5− 1
10) − 1
12+ (
1
7− 1
14) − . . .
=1
2− 1
4+
1
6− 1
8+
1
10− 1
12+
1
14− . . .
=1
2
(
1 − 1
2+
1
3− 1
4+
1
5− 1
6+
1
7− . . .
)
=1
2ln 2.
Die umgeordnete Reihe hat also einen anderen Wert (ln 2 6= ln 22 ).
Mathem
atikkom
pakt17
Reihen — Konvergenz unendlicher Reihen
Absolut konvergente Reihe
Definition
Die Reihe∞∑
k=0ak heißt absolut konvergent,
wenn die Reihe der ”absoluten Summan-den“
∞∑
k=0|ak| konvergiert.
Bei absolut konvergenten Reihen darf man die Sum-manden beliebig umordnen, die Reihe konvergiertdann immer noch gegen denselben Summenwert.
Die Reihe∞∑
k=0
(−1)k
k + 1
ist nicht absolut konvergent, da die zugehorige Rei-he mit den ”absoluten Summanden“ auf die harmo-nische Reihe
∞∑
k=0
1
k + 1
fuhrt und diese divergiert.Mathematik kompakt 18
Reihen — Konvergenzkriterien
Notwendiges Konvergenzkriterium
Bildet man aus der Folge (an) die Reihe∑∞
k=0 ak,so lasst sich jedes Folgenglied auch als Differenzzweier aufeinander folgender Partialsummen sn+1,sn schreiben:
an =n∑
k=0
ak −n−1∑
k=0
ak = sn+1 − sn.
Wenn man nun annimmt, dass die Reihe gegen dieSumme s konvergiert, dann muss naturlich gelten:
limn→∞ an = lim
n→∞ sn+1 − limn→∞ sn = s − s = 0.
Wenn eine Reihe ∑∞k=0 ak konvergiert, dann
ist die Folge der einzelnen Summanden(ak) eine Nullfolge.Umgekehrt: Wenn lim
k→∞ak 6= 0, dann diver-
giert die Reihe ∑∞k=0 ak.
Kriterium ist nicht hinreichend ! Z.B. harmonische Rei-he: Glieder ak = 1
k+1 bilden zwar Nullfolge, dieReihe ist aber divergent.Mathematik kompakt 19
Reihen — Konvergenzkriterien
Beispiel
a) Die Reihe∞∑
k=0
(−1)k
divergiert, da die ak entweder 1 oder −1 sind,also keine Nullfolge bilden.
b) Die Summanden der Reihe∞∑
k=0
1
2k+1
bilden eine Nullfolge. Da das Kriterium aber nichthinreichend ist, kann man nicht entscheiden, obdie Reihe konvergiert oder nicht. Hierzu sindandere Kriterien notig.
Mathematik kompakt 20
Reihen — Konvergenzkriterien
Leibniz-Kriterium
Dem notwendigen Kriterium sehr ahnlich ist ein hin-reichendes Kriterium fur sog. alternierende Reihen,deren Summanden abwechselndes Vorzeichen ha-ben (a2k > 0, a2k+1 < 0 oder umgekehrt).
Eine alternierende Reihe ist konvergent,wenn die Absolutbetrage der Summandeneine monoton fallende Nullfolge bilden.
Mit Hilfe der Abbildung kann man sich das Leibniz-Kriterium plausibel machen: Man sieht, wie die Par-tialsummenfolge sn immer ”weniger alterniert“ undgegen einen Grenzwert s konvergiert.
a0
s
a1a
0-s2=
s1=
s5s6
s4
a1 a
2a0- +s3=
Mathematik kompakt 21
Reihen — Konvergenzkriterien
BeispielDie alternierende harmonische Reihe
∞∑
k=0
(−1)k
k + 1
konvergiert nach Leibniz-Kriterium, da(
1
k + 1
)
eine monoton fallende Nullfolge ist.
Mathematik kompakt 22
Reihen — Konvergenzkriterien
UbungKonvergiert die Reihe
1 − 1
3+
1
5− 1
7+
1
9− 1
11. . .?
Mathematik kompakt 23
Reihen — Konvergenzkriterien
LosungEs handelt sich hier um die sog. Leibniz’sche Reihe
∞∑
k=0
(−1)k
2k + 1.
Da(
1
2k + 1
)
eine monotone Nullfolge ist, konvergiert diese nachLeibniz-Kriterium.
Ihr Summenwert, den wir hier aber nicht ermittelnwollen, ergibt sich interessanterweise zu π
4.
Mathematik kompakt 24
Reihen — Konvergenzkriterien
Vergleichskriterium, Majorantenkriterium
Wichtig sind Kriterien fur die absolute Konvergenzeiner Reihe
∑∞k=0 ak. Die Summanden der Reihe
∑∞k=0 |ak| sind alle nichtnegativ, daher bilden die
zugehorigen Partialsummen eine monoton wachsen-de Folge.Diese Partialsummenfolge und damit
∑∞k=0 |ak| kon-
vergiert also, falls sie nach oben beschrankt ist.
Ist die Reihe∞∑
k=0ck absolut konvergent
und gilt fur fast alle Summanden der Reihe∞∑
k=0ak
|ak| ≤ |ck|,
dann ist auch diese absolut konvergent.
Die absolute Konvergenz von∑∞
k=0 ak ergibt sichsofort:Die monoton wachsende Partialsummenfolge
(n−1∑
k=0
|ak|)n∈IN+
ist ja durch∑∞
k=0 |ck| nach oben beschrankt.
Mathematik kompakt 25
Reihen — Konvergenzkriterien
BeispielWir untersuchen die Konvergenz von
∞∑
k=0
3k
4k + 5.
Zunachst stellen wir fest, dass fur alle Summanden
ak :=3k
4k + 5<
3k
4k=
(3
4
)k:= ck
gilt. Fur die geometrische Reihe∑∞
k=0 ck gilt aber
∞∑
k=0
(3
4
)k=
1
1 − 3/4= 4.
Da diese absolut konvergiert, folgt nach dem Majo-rantenkriterium auch die absolute Konvergenz un-serer zu untersuchenden Reihe.
Mathematik kompakt 26
Reihen — Konvergenzkriterien
Vergleichskriterium, Minorantenkriterium
Da die Reihe∑∞
k=0 |ck| quasi so etwas wie eineobere Schranke fur die Reihe
∑∞k=0 |ak| ist, nennt
man erstere auch Majorante, entsprechend das Kri-terium eben Majorantenkriterium.
Nun kann man umgekehrt auch untere Schrankenfur gewisse Reihen angeben, so genannte Minoran-ten. Mit diesen erhalt man ein ahnliches Vergleichs-kriterium, das Minorantenkriterium:
Ist die Reihe∞∑
k=0ck divergent und gilt fur
fast alle k die Abschatzung
ak ≥ ck ≥ 0,
dann ist auch die Reihe∞∑
k=0ak divergent.
Mathematik kompakt 27
Reihen — Konvergenzkriterien
UbungIst die Reihe
1 +1√2
+1√3
+1√4
+1√5
+1√6
+ . . .
konvergent?
Mathematik kompakt 28
Reihen — Konvergenzkriterien
LosungWegen k ≥
√k ≥ 0 folgt sofort
ak :=1√k≥ 1
k=: ck.
Deshalb ist∞∑
k=1
ck =∞∑
k=1
1
k
eine divergente Minorante fur∑∞
k=11√k.
Diese Reihe divergiert also ebenfalls.
Mathematik kompakt 29
Reihen — Konvergenzkriterien
Wurzelkriterium
Besonders hilfreich als ”Vergleichsreihe“ ist die geo-metrische Reihe. Sie liefert das Wurzelkriterium:
Die Reihe∞∑
k=0ak ist absolut konvergent,
wenn fur ein positives q < 1 gilt:
k√
|ak| ≤ q fur fast alle k.
Gilt hingegen k√
|ak| ≥ 1 bzw. |ak| ≥ 1 furfast alle k, so divergiert die Reihe.
Da aus k√
|ak| ≤ q sofort |ak| ≤ qk folgt, ist diegeometrische Reihe
∑∞k=0 qk offenbar eine Majo-
rante fur∑∞
k=0 ak. Diese konvergiert absolut, weilfur |q| < 1 die geometrische Reihe absolut konver-gent ist. Die Divergenzaussage ist offensichtlich.
Mathematik kompakt 30
Reihen — Konvergenzkriterien
BeispielFur die Reihe∞∑
k=0
1
(3 + (−1)k)k= 1+
1
2+
1
42+
1
23+
1
44+ . . .
gilt mit k ≥ 1
k√
| ak | = 1
| 3 + (−1)k |≤ 1
2(=: q).
Nach dem Wurzelkriterium ist die Reihe daher kon-vergent.
Mathematik kompakt 31
Reihen — Konvergenzkriterien
UbungIst die Reihe
∞∑
k=0
5k
(3 + (−1)k)k
konvergent?
Mathematik kompakt 32
Reihen — Konvergenzkriterien
LosungMit k ≥ 1 gilt die Abschatzung
k√
| ak | = 5
| 3 + (−1)k |≥ 5
4≥ 1.
Also ist die Reihe nach dem Wurzelkriterium diver-gent.
Mathematik kompakt 33
Reihen — Konvergenzkriterien
Quotientenkriterium
Aus dem Wurzelkriterium kann man ein weiteres Kri-terium folgern, das Quotientenkriterium:
Die Reihe∞∑
k=0ak ist absolut konvergent,
wenn fur ein positives q < 1 gilt:∣∣∣∣∣∣∣∣
ak+1
ak
∣∣∣∣∣∣∣∣
≤ q fur fast alle k.
Gilt hingegen∣∣∣∣∣∣
ak+1ak
∣∣∣∣∣∣
≥ 1 fur fast alle k, sodivergiert die Reihe.
Mathematik kompakt 34
Reihen — Konvergenzkriterien
BeispielUm die Konvergenz der Reihe
∞∑
k=1
2k
k5= 2 +
1
8+
8
243+
1
64+ . . .
zu bestimmen, ermittelt man den Quotienten∣∣∣∣∣
ak+1
ak
∣∣∣∣∣=
∣∣∣∣∣
2k+1 · k5
(k + 1)5 · 2k
∣∣∣∣∣= 2
(k
k + 1
)5
.
Fur fast alle k, namlich fur k ≥ 7, gilt aber
2
(k
k + 1
)5
≥ 1.02.
Somit ist die Reihe divergent.
Mathematik kompakt 35
Reihen — Konvergenzkriterien
UbungEntscheiden Sie mit dem Quotientenkriterium, obdie Reihe
∞∑
k=0
1
k!
konvergent ist.
Mathematik kompakt 36
Reihen — Konvergenzkriterien
LosungEs gilt
∣∣∣∣∣
ak+1
ak
∣∣∣∣∣=
k!
(k + 1)!=
1
k + 1≤ 1
2
fur k > 0.
Damit folgt die Konvergenz der Reihe.
Mathematik kompakt 37
Reihen — Konvergenzkriterien
Quotientenkriterium — einfache Version
In beiden Kriterien ist die Bedingung q < 1 sehrwichtig. Gilt fur fast alle k nur
k√
|ak| ≤ 1 bzw.
∣∣∣∣∣
ak+1
ak
∣∣∣∣∣≤ 1,
dann kann man keine Entscheidung treffen (z.B. Kon-vergenz:
∑∞k=1
1k2 , Divergenz:
∑∞k=1
1k ).
Leichter zu handhaben als das Wurzelkriterium, da-fur aber nicht so weitreichend, ist das Quotienten-kriterium. Ist speziell die Folge
(ak+1ak
)
k∈INkonver-
gent, so genugt eine Grenzwertuntersuchung:
Die Reihe∞∑
k=0ak ist dann absolut konver-
gent, wenn gilt:
limk→∞
∣∣∣∣∣∣∣∣
ak+1
ak
∣∣∣∣∣∣∣∣
= q < 1
bzw. divergent, wenn gilt:
limk→∞
∣∣∣∣∣∣∣∣
ak+1
ak
∣∣∣∣∣∣∣∣
= q > 1.
Mathematik kompakt 38
Reihen — Potenz- und Taylorreihen
Potenzreihen
Die geometrische Reihe∑∞
k=0 qk konvergiert fur be-liebige |q| < 1 gegen 1
1−q .
Anders ausgedruckt kann man — statt q verwen-den wir jetzt x ∈ IR — sagen, dass fur |x| < 1 dieFunktion f(x) = 1
1−x durch eine unendliche Reihedargestellt wird. Es gilt schließlich
1
1 − x=
∞∑
k=0
xk fur |x| < 1.
Die Summanden dieser Reihe sind Potenzen von x.Man nennt solche Reihen daher Potenzreihen.
Definition
Gegeben seien eine Folge (ak) und eine fixereelle Zahl x0. Dann bezeichnet man fur x ∈
IR die Reihe∞∑
k=0ak(x − x0)
k
als Potenzreihe. Die ak heißen Koeffizientenund x0 nennt man Entwicklungspunkt.
Mathematik kompakt 39
Reihen — Potenz- und Taylorreihen
Konvergenzradius und -intervall
Mit Hilfe der bekannten Konvergenzkriterien kannman nun uberprufen, fur welche x-Werte eine Reihekonvergiert:
Es gibt Potenzreihen, die fur alle x ∈ IR konvergie-ren, solche die nur im Punkt x0 konvergieren undandere, die dann konvergieren, wenn x Werte auseinem Intervall der Form (x0−r, x0+r) mit reellemr > 0 annimmt.
Fur jede Potenzreihe, die nicht nur im Ent-wicklungspunkt x0 konvergiert, existiert ei-ne reelle Zahl r > 0, so dass die Potenzrei-he uberall im Intervall
|x − x0| < r (Konvergenzintervall)
konvergiert und fur |x − x0| > r diver-giert. Die Zahl r nennt man Konvergenzra-dius. Konvergiert die Reihe fur alle x ∈ IR,so setzt man r = ∞.
Mathematik kompakt 40
Reihen — Potenz- und Taylorreihen
Konvergenzbereich von Potenzreihen
Ob eine Potenzreihe auch an den Randstellen desKonvergenzintervalls, d.h. fur x = x0 ± r, konver-giert, muss jeweils gesondert untersucht werden.Die Abbildung veranschaulicht das Konvergenzver-halten von Potenzreihen:
( (x - r0 x + r0x0
? ?
KonvergenzDivergenz Divergenz
Der Begriff ”Konvergenzradius“ kommt ubrigens ausder ”Komplexen Analysis“:
Man kann in einer Potenzreihe anstelle der reellenVariablen x auch eine komplexe Variable z ∈ C zu-lassen. In diesem Falle ist der Konvergenzbereichdann ein Kreis mit Radius r.
Mathematik kompakt 41
Reihen — Potenz- und Taylorreihen
Beispiel
a) Die Potenzreihe∑∞
k=0 xk hat den Entwicklungs-punkt x0 = 0 und den Konvergenzradius r =
1. Das Konvergenzintervall ergibt sich zu
(−1,+1).
In den Randern divergiert die Reihe bekannt-lich.
b) Gegeben sei die Potenzreihe∑∞
k=0xk
k! . Mit ak =
xk
k! gilt fur festes, aber beliebiges x
limk→∞
∣∣∣∣∣
ak+1
ak
∣∣∣∣∣
= limk→∞
∣∣∣∣∣
xk+1
(k + 1)!· k!
xk
∣∣∣∣∣
= limk→∞
∣∣∣∣
x
k + 1
∣∣∣∣ = 0 < 1.
Aus der ”einfachen Version“ des Quotientenkri-teriums folgt daher die Konvergenz der Reihefur beliebige reelle x. Die Reihe hat den Kon-vergenzradius r = ∞ und das Konvergenzin-tervall (−∞,∞).
Mathematik kompakt 42
Reihen — Potenz- und Taylorreihen
Ubung
a) Welchen Konvergenzradius hat
∞∑
k=0
(−1)k x2k+1
(2k + 1)!?
b) Bestimmen Sie Konvergenzintervall und Kon-vergenzradius der Reihe
∞∑
k=0
k! xk.
Mathematik kompakt 43
Reihen
—Potenz-und
TaylorreihenLosung
a) Es ist
limk→∞
∣∣∣∣∣
x2k+3
(2k + 3)!
/
x2k+1
(2k + 1)!
∣∣∣∣∣= lim
k→∞x2
(2k + 2)(2k + 3)= 0,
also kleiner 1 fur festes, aber beliebiges x. Die Reihe konvergiert da-mit nach Quotientenkriterium fur alle reellen x. Man sagt, dass sie denKonvergenzradius r = ∞ hat.
b) Wir setzen ak := k! xk und benutzen das Quotientenkriterium:
limk→∞
∣∣∣∣∣
ak+1
ak
∣∣∣∣∣= lim
k→∞
∣∣∣∣∣
(k + 1)! xk+1
k!xk
∣∣∣∣∣= lim
k→∞|(k + 1)x| = ∞
fur beliebige x 6= 0. Die Reihe konvergiert nur fur x = 0. Das Kon-vergenzintervall besteht damit lediglich aus dem Punkt x = 0. Mansagt, dass die Reihe den Konvergenzradius r = 0 hat.
Mathem
atikkom
pakt44
Reihen — Potenz- und Taylorreihen
Taylorreihen
Betrachten wir eine beliebig oft differenzierbare Funk-tion y = f(x) und deren Taylorentwicklung um x0
vom Grad n, (Rn(x) ist das Lagrange’sche Rest-glied)
f(x) =n∑
k=0
f(k)(x0)
k!(x − x0)
k + Rn(x),
so konnen wir den Grenzubergang n → ∞ vorneh-men und erhalten eine spezielle Potenzreihe:
Definition
Die Taylorreihe der Funktion y = f(x) bzgl.der Stelle x0 ist definiert durch
T (x) =∞∑
k=0
f (k)(x0)
k!(x − x0)
k.
Mathematik kompakt 45
Reihen — Potenz- und Taylorreihen
Ubereinstimmungs-Kriterium
Auch Taylorreihen haben einen Konvergenzradius.Es stellt sich allerdings die Frage, ob die FunktionT (x), die durch sie definiert wird, im Konvergen-zintervall mit der Ausgangsfunktion f(x) uberein-stimmt.
Da die n-te Partialsumme der Taylorreihe das n-teTaylorpolynom ist, erhalt man aus der Taylorformelsofort:
Eine notwendige und hinreichende Bedin-gung dafur, dass f(x) durch die zugehori-ge Taylorreihe T (x) im Konvergenzintervalldargestellt wird, ist:
limn→∞
Rn(x) = limn→∞
f (n+1)(ξ)
(n + 1)!(x−x0)
n+1
= 0
mit x0 < ξ < x bzw. x < ξ < x0.
Mathematik kompakt 46
Reihen — Potenz- und Taylorreihen
BeispielFur f(x) = ex gilt
f(k)(x) = ex
und somit
f(k)(0) = 1 fur k ∈ IN.
Daher ergibt sich die Taylorreihe der Exponential-funktion bzgl. x0 = 0 zu
T (x) =∞∑
k=0
xk
k!.
Diese Reihe hat den Konvergenzradius r = ∞.Fraglich ist noch, ob sie mit der e-Funktion uber-einstimmt. Mit geeignetem ξ und eξ ≤ M (x fest!)gilt
limn→∞Rn(x) = lim
n→∞ eξ · xn+1
(n + 1)!
≤ M · limn→∞
xn+1
(n + 1)!= 0,
da naturlich auch die Reihe∑∞
k=0xk+1
(k+1)!uberall
konvergiert, deren Summanden also notwendiger-weise eine Nullfolge bilden.Mathematik kompakt 47
Reihen — Potenz- und Taylorreihen
Potenzreihenentwicklung von ex
Die Taylorreihe stimmt daher mit der Exponential-funktion uberein:
ex =∞∑
k=0
xk
k!= 1+x +
x2
2!+
x3
3!+
x4
4!+ . . .
Obige Gleichung wird auch als Potenzreihenentwick-lung der Exponentialfunktion bezeichnet.
Mathematik kompakt 48
Reihen — Potenz- und Taylorreihen
UbungErmitteln Sie die Taylorreihe T (x) der Funktion
y = sinx
in x0 = 0.
Fur welche Werte von x konvergiert diese Reihe?
Mathematik kompakt 49
Reihen — Potenz- und Taylorreihen
LosungFur die Funktion f(x) = sin x und deren Ableitun-gen gilt:
f(x) = sinx, f(0) = 0,
f(1)(x) = cosx, f(1)(0) = 1,
f(2)(x) = − sinx, f(2)(0) = 0,
f(3)(x) = − cosx, f(3)(0) = −1,
f(4)(x) = sinx, f(4)(0) = 0, usw.
Die Ableitungswerte von f(x) in x0 = 0 ergebensich also zyklisch zu 0,1,0,−1. Somit gilt:
T (x) = 0+1·x+0
2!x2+
−1
3!x3+
0
4!x4+
1
5!x5+. . .
Man erwartet folgende Potenzreihenentwicklung vonsin x:
sin x =∞∑
k=0(−1)k
x2k+1
(2k + 1)!
= x −x3
3!+
x5
5!−
x7
7!± . . .
Mathematik kompakt 50
Reihen — Potenz- und Taylorreihen
y(x) = sin xund zugeh. Taylorpolynome
Diese Vermutung lasst sich leicht verifizieren: Be-kannt ist, dass das Konvergenzintervall dieser Rei-he (−∞,∞) ist.
Zudem stellt sie f(x) = sin x dar, da mit geeigne-tem ξ unter Beachtung von |f (n+1)(ξ)| ≤ 1 folgt:
limn→∞ |Rn(x)| ≤ lim
n→∞
∣∣∣∣∣
xn+1
(n + 1)!
∣∣∣∣∣= 0.
Die Abbildung zeigt die Sinus-Funktion und ihre zu-gehorigen Taylorpolynome der ungeraden Ordnun-gen n = 3,5, . . . ,61.
p���� ����
p p��������
2
1
-1
-2
2
9
2
17
2
n=
n= 3 7 11 15 1923 27 31 35 39 43 47 51 55 59
5 9 13 17 21 25 29 33 37 41 45 49 53 57 61
Mathematik kompakt 51
Reihen — Potenz- und Taylorreihen
Potenzreihenentwicklung von cos x
Auf ahnliche Weise erhalt man auch die Potenzrei-henentwicklung von f(x) = cos x:
Definition
cos x =∞∑
k=0(−1)k
x2k
(2k)!
= 1 −x2
2!+
x4
4!−
x6
6!± . . .
Mathematik kompakt 52
Anwendung — Achilles und die Schildkrote
Zenons beruhmtestes Paradoxon
Im 5. vorchristlichen Jahrhundert lebte im damalsgriechischen Suditalien Zenon von Elea, der durchdie nach ihm benannten Paradoxien viel Verwirrungstiftete. Zenons beruhmtestes Paradoxon ist das vonAchilles und der Schildkrote:
Der Held Achilles war als besonders schneller Lauferbekannt und gab deshalb einer (10-mal langsame-ren) Schildkrote einen Vorsprung von 10 m. Zenonuberlegte nun, dass Achilles die Schildkrote niemalseinholen werde. Warum?
Nun, wenn Achilles den anfanglichen Vorsprung derSchildkrote durchlaufen hat, ist diese 1 m vorgeruckt.
Wenn Achilles diesen 1 m zurucklegt, ist die Schild-krote wiederum ein Stuck (namlich 10 cm) weiter.Und wenn Achilles auch diesen Vorsprung einholt,so hat die Schildkrote 1 cm gut gemacht. Usw.
Mathematik kompakt 53
Anwendung — Achilles und die Schildkrote
Achilles und die Schildkrote
Immer dann wenn Achilles den vorigen Vorsprungder Schildkrote eingeholt hat, ist diese wieder einkleines Stuckchen weiter. Also holt er sie nie ein.
10 m
10 m
11 m
11 m
11.1 m
11.1 m
11.11 m
Schildkröte
Schildkröte
Schildkröte
Schildkröte
Achilles
Achilles
Achilles
Achilles
1.)
2.)
3.)
4.)
Das klingt sehr logisch! Dennoch widerspricht esjeglicher Alltagserfahrung:
Schnellere Laufer uberholen langsamere, auch wenndiese einen Vorsprung hatten. Der heranpreschen-de Porsche wird auf der Autobahn am langsamerenPolo ohne Probleme vorbeiziehen.
Mathematik kompakt 54
Anwendung — Achilles und die Schildkrote
Konvergente geometrische Reihe
Wenn wir die oben genannten Strecken des Achilleszusammenzahlen, so erhalten wir die konvergentegeometrische Reihe
10+1+1
10+
1
100+
1
1000+. . . = 10+
∞∑
n=0
(1
10
)n
= 10 +1
1 − 1/10= 10 +
10
9= 11.1.
Den Wert 11.1 erhalten wir auch durch folgendeeinfache Uberlegung. Wenn die Geschwindigkeit derSchildkrote v betragt, dann ist die Geschwindigkeitvon Achilles 10v. Der Weg s, den Achilles bzw. dieSchildkrote in der Zeit t zurucklegen, ist
sAchilles = 10v · tbzw. sSchildkrote = v · t + 10.
Die beiden Laufer treffen einander, wenn beide We-ge gleich sind:
10v · t = v · t + 10.
Mathematik kompakt 55
Anwendung — Achilles und die Schildkrote
Treffpunkt der Laufer
10v · t = v · t + 10.
Diese einfache Gleichung ergibt 9vt = 10 bzw.nach t aufgelost: t = 10
9v . In eine der beiden Stre-cken sAchilles oder sSchildkrote eingesetzt erhaltenwir:
s = 10v · 109v
=100
9= 11.11111... = 11.1.
Also: Bei der Marke 11.1 m hat Achilles die Schild-krote eingeholt. Dies ist gerade die (endliche) Sum-me obiger konvergenter geometrischer Reihe.
Es gibt ubrigens noch eine subtilere Form der Pa-radoxie von Achilles und der Schildkrote: Danachkann Achilles uberhaupt nicht starten. Denn bevorer den Vorsprung der Schildkrote zuruckgelegt hatte,musste er ja erst die halbe Strecke durchlaufen ha-ben, vor der Halfte musse er ein Viertel passiert ha-ben, davor ein Achtel, davor ein Sechzehntel ... Alsokame er uberhaupt nicht zum Loslaufen!
Mathematik kompakt 56
Anwendung — Taschenrechner und e-Funktion
Wie wertet der Taschenrechner z.B. diee-Funktion aus?
Grob gesagt sind mathematisch und fur den Taschen-rechner die genannten Funktionen uber ihre Taylor-reihe definiert und werden durch Auswertung einesTaylor-Polynoms mit kleinem Restglied naherungs-weise berechnet.
Fur die e-Funktion wird etwa die folgende Taylorrei-henentwicklung benutzt:
ex =∞∑
k=0
xk
k!= 1 + x +
x2
2!+
x3
3!+
x4
4!+ . . .
bzw.
ex = 1 + x +x2
2!+
x3
3!+ . . . +
xn
n!︸ ︷︷ ︸
Taylorpolynom
+ Rn(x)︸ ︷︷ ︸
Restglied
mit dem Lagrange’schen Restglied
Rn(x) =eξ
(n + 1)!xn+1
mit 0 < ξ < x bzw. x < ξ < 0.Mathematik kompakt 57
Anwendung — Taschenrechner und e-Funktion
Rechengenauigkeit
Ein ublicher Taschenrechner hat etwa 8 Stellen imDisplay und rechnet intern mit 10 Stellen Genauig-keit. Um also dem vom Taschenrechner berechne-ten Wert trauen zu konnen, muss eine Genauigkeitvon ε = 0.5 · 10−11 (wegen Auf- bzw. Abrunden)erzielt werden, d.h. das Restglied Rn(x) muss klei-ner als ε werden.
Dazu betrachten wir zunachst den Bereich −0.1 <
x < 0.1. Das Restglied konnen wir dann mit
|Rn| ≤e0.1
(n + 1)!· 0.1n+1
abschatzen. Fur n = 5 ergibt sich fur das Restglied|R5| ≤ 1.53 · 10−9 und bereits fur n = 6 erhaltenwir |R6| ≤ 2.19 · 10−11 < ε. D.h. wir sind auf dersicheren Seite, wenn wir im Bereich von −0.1 <
x < 0.1 die e-Funktion durch das Taylorpolynom6-ten Grades annahern:
1 + x +x2
2!+
x3
3!+
x4
4!+
x5
5!+
x6
6!.
Mathematik kompakt 58
Anwendung — Taschenrechner und e-Funktion
Genauigkeits-Probleme I
Wir haben nun das Problem der Annaherung der e-Funktion im Bereich −0.1 < x < 0.1, also naheam Entwicklungspunkt 0 der Potenzreihe, gelost.
Wollten wir mit der gleichen Genauigkeit (10 Stel-len) im Bereich −1 < x < 1 rechnen, so musstenwir insgesamt ganze 13 Terme auswerten.
Und im Bereich −10 < x < 10 konnten wir bei dergeforderten Genauigkeit ε erst beim Taylorpolynom36-ten Grades sicher sein.
Ein weiteres Problem stellt die Auswertung der Tay-lorreihe fur x < 0 dar. Dieses Problem kann manaber ganz elegant durch die Formel
e−x =1
ex
umgehen und sozusagen die Auswertung fur nega-tive x auf die Auswertung fur positive x und Kehr-wertbildung zuruckfuhren.
Mathematik kompakt 59
Anwendung — Taschenrechner und e-Funktion
Genauigkeits-Probleme II
Was passiert aber nun fur x >> 0? Hier gibt esmehrere Moglichkeiten. Man kann z.B. die x-Wertemit x > 0.1 in den Bereich 0 < x < 0.1 transfor-mieren. Wegen
(
ex
2m)2m
= ex
suche man zunachst eine Zahl m, so dass x =x
2m < 0.1, werte ex aus uber das Taylorpolynom6-ten Grades, dann quadriere man m-mal (wegenhoch 2m).
Eine andere Moglichkeit ware es, die Zahl x > 0.1
in einen ganzzahligen Anteil, in einen Anteil zwi-schen 0.1 und 1 und in einen Anteil kleiner 0.1 zuzerlegen, also etwa 23.421 = 23 + 0.4 + 0.021.Dann ist
e23.421 = e23 · e0.4 · e0.021.
Die Auswertung von e0.021 erfolgt uber das Taylor-polynom 6-ten Grades, e0.4 entnehme man einerTabelle mit allen Werten von e0.1, e0.2, ... bis e0.9.Auch fur e23 kann man Tabellen benutzen, etwa sol-che mit Werten e1, e2, e5, e10 etc.Mathematik kompakt 60
Anw
endung—
Taschenrechnerunde-Funktion
Auswertungs-Alternativen
Auch fur das Taylorpolynom 6-ten Grades lassen sich noch Verbesserun-gen finden. Zunachst sollte man es mit dem Horner-Schema auswerten:
1 + x +x2
2!+
x3
3!+
x4
4!+ +
x5
5!+
x6
6!
=
(((((1
6!x +
1
5!
)
x +1
4!
)
x +1
3!
)
x +1
2!
)
x + 1
)
x + 1.
Die Fakultaten kann man wiederum als Konstanten im Speicher ablegen.Es werden dann fur die Auswertung obigen Polynoms nur 6 Multiplikatio-nen (und 6 Additionen) benotigt. Aber selbst hier kann man die Zahl derbenotigten Multiplikationen/Divisionen noch reduzieren. Man kann obigesTaylorpolynom auch durch eine rationale Funktion approximieren:
1 + x +x2
2!+
x3
3!+
x4
4!+ +
x5
5!+
x6
6!≈ x3 + 12x2 + 60x + 120
−x3 + 12x2 − 60x + 120.
Mathem
atikkom
pakt61
Anw
endung—
Taschenrechnerunde-Funktion
Pade-Approximation
Man gewinnt diesen Ausdruck durch die so genannte Pade-Approximation,einer Erweiterung der Taylor’schen Polynomnaherung auf rationale Funk-tionen. Den erhaltenen Bruch kann man dann noch durch sukzessive Po-lynomdivision in einen Kettenbruch uberfuhren — im obigen Beispiel er-hielte man:
x3 + 12x2 + 60x + 120
−x3 + 12x2 − 60x + 120= −1 +
24
−x + 12 − 50
x +10
x
.
Der Vorteil bei der Auswertung dieses Kettenbruchs liegt darin, dass hiernur noch 3 Divisionen (und einige Additionen) auszufuhren sind. Es gehtalso doppelt so schnell wie beim Einsetzen in obiges Horner-Polynom.
Mathem
atikkom
pakt62