Reisebericht Libyen

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Lybien by www.ruedt.ch; [email protected] Table of Contents Einleitung Dieser Bericht über Libyen beruht auf Informationen, die ich zwischen dem 20. Apr il und dem 4. Mai 2002 ges ammelt habe. Die meisten geschichtlic hen Ang aben und die all gemeinen Inf or mationen über K ultur und Bevölkeru ng haben mir lokale Führer erzählt. Diese Informationen habe ich durch eigenen Erfahrungen und Eindrück e angereichert. Die folgenden Berichte bilden keinen vol lständigen Überblick über Lib yen , sondern sind nur eine kleine Auswahl. Lesende sind eingeladen, sich ein Bild von diesem Land zu machen und Tipps für eine Reise zu sammeln.

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Lybienby www.ruedt.ch; [email protected]

Table of Contents

Einleitung

Dieser Bericht über Libyen beruht auf Informationen, die ich zwischen dem 20.April und dem 4. Mai 2002 gesammelt habe. Die meisten geschichtlichenAngaben und die allgemeinen Informationen über Kultur und Bevölkerunghaben mir lokale Führer erzählt. Diese Informationen habe ich durch eigenenErfahrungen und Eindrücke angereichert.

Die folgenden Berichte bilden keinen vollständigen Überblick über Libyen,

sondern sind nur eine kleine Auswahl. Lesende sind eingeladen, sich ein Bildvon diesem Land zu machen und Tipps für eine Reise zu sammeln.

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Libyens Vergangenheit

Was haben die Berber, Römer,Griechen, Vandalen, Phönizier,Italiener, Franzosen, Engländerund Araber gemeinsam? Sie alle

bevölkerten in den vergangenen2500 Jahren Libyen, einige nurden Norden, also die Küste,andere haben sich weiter insLandesinnere vorgewagt.So verfügt der nordafrikanischeStaat über eine Vielzahl anRuinenstätten, die Zeugnis vonden verschiedenen Kulturenablegen. Die bekanntesten sindLeptis Magna und $abratha

östlich und westlich von derHauptstadt Tripolis so wie auch  Tripolis selbst. Während diebeiden erstgenannten Stättenseit langer Zeit nicht mehrbewohnt sind und nach 1920 vonden Intalienern teilweiseausgegraben wurden, befindensich die meisten Zeugnisse in der Hauptstadt unter den heutigen Häusern undsind nicht zugänglich. Eine der wenigen Ausnahmen ist der Marc Aurelius-Bogen in der Altstadt von Tripolis, der ebenfalls Anfangs des letzten Jahrhunderts freigelegt wurde.Leptis Magna und Sabratha sind zu einem grossen Teil freigelegt und bieten einfaszinierendes Bild vom früheren Leben in an der Küste Nordafrikas. Gebäudeund Strassen sind so gut erhalten, dass man sich ein umfangreiches Bild vomLeben der Leute in den Städten machen kann.

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Tradition und Gegenwart

Libyens Völker hatten nicht nur in der fernen Vergangenheit eine bewegendeGeschichte. In den letzten 20 Jahren hat der Verdrängungskampf voneinheimischen Kulturen immer noch seine Fortsetzung gefunden, so etwa das

Verschwinden dertraditionellen Kulturin Ghadames unddie Verdrängungder Tuareg aus derWüste.

Siedlungsprogramme der Regierung haben den EinheimischenAnnehmlichkeiten gebracht und gleichzeitig die traditionelle Gemeinschaftunwiederbringlich zerstört. Noch finden sich viele Menschen, die dastraditionelle Leben aus eigener Erfahrung kennen, doch bald wird es nur nochGeschichte sein.

Ihrer Traditionellen Lebensweise beraubt, suchen die Menschen dieser Kulturenneue Aufgaben und sind in traditionellen Berufen beschäftigt, viele arbeiten im Tourismussektor als Führer oder Fahrer, andere sind auf die Unterstützung derRegierung angewiesen. Ausländer wie auch Einheimische finden Arbeit bei dengrossen teilweise staatlichen Ölfirmen.

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Libyen heute

Libyen ist versteht sich als sozialistische islamische Volksrepublik. AlsGrundlage dient das «Grüne Buch» von Muammar Al Quaddafi mit seinerdritten Universaltheorie. Sie löst das Problem der Demokratie, das ökonomische

Problem des Sozialismus und regelt die soziale Basis der Universaltheorieselbst.

Die Regeln im Alltagberuhen im wesentlichenauf den Vorgaben desKorans, was Libyen zueinem islamischen Staatmacht. GrundlegendeUnterschiede zuBruderstaaten gibt esallerdings, was die Rechteder Frauen betrifft. Vorallem im Norden werden siestark gefördert, im Südenbestimmt die Tradition dieRolle der Frauen.

Der Grundsatz der Volksrepublik ist, dass das Volk in allen Belangen das Sagenhat und sich keine demokratischen Vertreter wählen muss. In der Praxis scheintdies allerdings nur beschränkt zu funktionieren: «Ich habe keine Ahnung, werwas bestimmt. Einige Entscheide kommen von Quaddafi, andere von seinenStellvertretern oder dem Militär, bei wieder anderen habe ich keine Ahnung,

wer sie fällt», erklärt uns ein Freund.Seinen Reichtum schöpft das Land aus seinen immensen Erdölvorkommen.Nach Jahren des Embargos wegen Libyens Sympathien und Unterstützung vonverschiedenen Terrorgruppen hat das Exportgeschäft wieder zugenommen. Dasviele Geld wird gerne in gigantische Projekte investiert, wie etwas das «ManMade River Project». Meterdicke Leitungen pumpen die unterirdischen

Wasservorkommen derWüste in die Küstenregion.

Libyen hat ein vorbildlichesGesundheitswesen, dasseinen Einwohnernpraktisch kostenlos zurVerfügung steht. Die relativgutenEinkommensverhältnissehaben viele Einwohner vonNachbarstaaten angezogen.Diese Schwarzafrikanerarbeiten in allen möglichenBereichen, entweder fest

angestellt oder als Handlanger.Obwohl Libyen von den westlichen Staaten mit Skepsis betrachtet wird, gilt esals sicheres Reiseland. Es hat seine Grenzen erst vor 10 Jahren wieder für

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 Touristen geöffnet und besitzt deshalb erst eine sehr bescheidene Infrastrukturund wenig Erfahrung mit europäischen Besuchern. Die Leute auf der Strassesind offen und nett und tolerieren die Andersartigkeit der Touristen.

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Sabratha

Sabratha isteineRuinenstadt ca.

70 Kilometerwestlich von  Tripolis. Siezählte wohl inden bestenZeiten bis zu 20000 Einwohnerund diente alsStützpunkt fürverschiedeneeinheimische

undausländischeMächte.

Heute sind vonder Stadt nurnoch Ruinenvorhanden, die anfangs Jahrhundert von den Intalienern freigelegt wurden. Dergrösste Teil der Bauten ist allerdings immer noch unter dem Erdreich verstecktund wird zurzeit nicht ausgegraben.

Ein Museum beherbergt viele Ausgrabungsstücke und ein riesiges Mosaik, das

fast vollständig erhalten ist (unbedingt sehenswert). Das ebenfalls von denIntalienern wieder aufgebaute Theater dürfte eines der besterhaltenen weltweitsein.

Mit einem guten Führer oder entsprechenden Kenntnissen lässt sich das Lebenin der Vergangenheit erahnen.

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Leptis Magna

Die zweite berühmteRuinenstadt in Libyen istLeptis Magna, ca. 120 km

im Osten von Tripolis. Wernur eine der beidenbesuchen kann, sollte LeptisMagna wählen.

Besonders gut erhalten sinddas Amphitheater und derCircus, die beide etwasausserhalb der eigentlichenStadt liegen. Man kann sichdie Kämpfe und Rennendeutlich vorstellen.Nebengebäude wie dieKäfige der Löwen sind ebenfalls gut erhalten.

Der ehemalige Hafen ist zwar versandet, aber immer noch gut erkennbar.Lagerhäuser und der Leuchtturm können noch gut erkannt werden.

In der Stadt selber sind verschiedene Gebäude wie Triumphbogen, Kirchen(ehemals Gericht und Parlament) oder das Bad noch gut erhalten

beziehungsweisewiederaufgebaut.

Ein Museum stelltdie wichtigstenFundgegenständeim Original vor.Der Besuch derganze Stättenimmt einenganzen Tag inAnspruch, einFührer istempfehlenswert.

Wie in Sabrathawurde die Stadtverlassen und laganfangs

 Jahrhundert fast gänzlich unter der Erde. Sie wurde Anfangs Jahrhundert etwazur Hälfte von italienischen Archäologen freigelegt.

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Gadhames

Lage

Ghadames ist einen

Oasenstadt im Osten vonLibyen im DreiländereckAlgerien-Tunesien-Libyen.Von Tripolis her sind esetwa 620 Kilometer, wobeidie letzten 300 durch reinesWüstengebiet sind. Nachstundenlanger Fahrt tauchtin der Ferne unvermittelteine mit Palmen gefüllteSenke auf, die die Stadtbeheimatet. Zuerst erreichtman die neuenSiedlungsgebiete, wo dieehemaligen ehemaligen Einwohner heute leben. Hier finden sich auch dieeinfachen Hotels.

Im Kern der Oase ist die unter UNESCO-Schutz stehende Altstadt. VierKilometer ausserhalb befindet sich eine zweite, kleinere Oase, die von einem Tuareg-Stamm besiedelt wird und ebenfalls eine teilweise verlassene Altstadtaufweist.

Ebenfalls einige Kilometer ausserhalbbefindet sich ein Flughafen, dermindestens einmal wöchentlichangeflogen wird.

Geschichte

Wie alt Ghadames tatsächlich ist, kannvor Ort niemand genau sagen. Es wirdvermutet, dass sich unter den heutigenHäusern Bausubstanz älterer

Siedlungen befinden, die aber niefreigelegt wurde. Einige Ruinenausserhalb der Stadt und zahlreiche inder Siedlung verbaute Säulen zeugenvon der Anwesenheit der Römer, dieaber offenbar auch nicht näher belegtist.

Lange Zeit hatte Ghadames einegrosse Bedeutung als Handelsstadt.Karawanen brachten auf ihrem Weg

aus dem Süden Tiere, Gold undGewürze und tauschten Sie gegenGüter, die andere Karawanen aus den

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Küstengebieten brachten oder gegen Lebensmittel aus der Stadt selbst. Mitdem Aufkommen der Schifffahrt, die einen günstigeren Transport von Güternaus dem Süden Afrikas nach Europa erlaubte als mit den kostspieligen undgefährlichen Kamelkarawanen, verlor Ghadames seine Bedeutung alsHandelsstadt.

Die Stadt wurde von den Berberstämmen Wasid und Walid bewohnt. Von denWasid waren es die vier Familien Djerzan, Tingtheen, Terfarfarah und OuladBillel, von den Walid die Tasko, Derrar und Masich. Jede Familie hatte ihreneigenen Stadteil.

Ausserhalb der Stadt lebtezudem dem Touareg-StammFoghaz als achte Familie.Zwischen den Berbern undden Touareg bestand eineArt Symbiose (Händler und  Transporteure), die das

Leben in der Oase erstmöglich machten.

Bis 1983/84 funktioniertedas Leben in der Stadt inder traditionellen Art. Dannbegannen die Familien ausden einfachen Häusern derAltstadt auszuziehen unddie von der Regierung gebauten, modernen Häuser zu beziehen. Dies führteautomatisch zum Zusammenbruch der traditionellen Gesellschaft, denn das

Leben in der Altstadt ist nur in der Gemeinschaft möglich.Die ehemaligen Bewohner sind noch die Besitzer der Häuser und Gärten,benutzen sie aber nur noch für die Haltung der Tiere und bewohnen die kühlenHäuser nur noch im heissen Sommer.

1980 Zählte die Stadt fast 10 000Einwohner, die in ca. 2500Wohnungen lebten. Pro Wohnunggibt es bis zu 150 Gärten, proEinwohner im Durchschnitt fünf Dattelpalmen. So stehen pro

Person und Tag rund 1 Kilo Dattelnzur Verfügung.

Die Quelle, die den Einwohnern dasWasser lieferte, ist heuteweitgehend versiegt und nur nochein unappetitlicher Tümpel. Sowurden alternative Quellenangezapft, um die Versorgung zugewährleisten.

Leben in Ghadames

Der Aufbau der Stadt und das

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Leben darin sind eng miteinander verknüpft. Als Schutz gegen Aussen ist dieStadt mit einer sieben Kilometer langen Mauer umgeben. Sieben separateEingänge führen in die Quartiere der sieben Familien, die untereinanderverbunden sind. Die eng zusammengebauten Häuser sind durch engeverschlungene Strässchen miteinander verknüpft, die mit Palmblätterabgedeckt wurden um der Hitze zu trotzen. Alle paar Meter befindet sich ein

Loch in der Abdeckung, damit Licht in die Strassen fällt. Im Falle eines Angriffeskonnten die Löcher abgedeckt werden, so dass sich die Eindringlinge in dendunklen Gassen verirrten.

Ein Ausgeklügeltes Wasserversorgungssystem zeiht sich durch die ganze Stadt:Von der Quelle wird das Wasser zuerst zu den Moscheen geleitet, wo es zurKörperreinigung vor dem Beten dient. Danach wird es durch Kanäle zu denPlätzen geleitet, wo es für den Hausgebrauch verwendet wird. Zum Schlusserreicht es die Gärten, wo es zum Bewässern der Pflanzen und zum Tränken der Tiere gebraucht wird. Schliesslich fliesst es auch in ausserhalb der Stadt, wo die Tiere der Karawanen getränkt werden und die Felder bewässert werden.

Das Leben der Männer und Frauen fand komplett getrennt statt. Die Strassenund Plätze wurden fast ausschliesslich von den Männern benutzt. Sieverkauften die Güter in den Läden, bestellten die Felder, versorgten die Tiere,trafen sich auf den Plätzen zum Diskutieren und um Neuigkeitenauszutauschen. Die verschiedenen Plätze wurden von Männern verschiedenenAlters benutzt. Sowohl Männer als auch Frauen bilden zudem untereinanderGruppen, die aus jenen bestehen, die gleichzeitig zum ersten Mal denRamadan begehen (zwischen dem 14. und 16. Lebensjahr). Diese Gruppenhalten ein Leben lang zusammen und bilden eine soziale Einheit. Jede Gruppehat einen Anführer (der oder die Älteste), untereinander ruft man sich bei

einem speziellen Übernamen.Die Frauen leben in den Hàusern und betreten die Strassen nur, um Wasser zuholen. Sie bestimmen im Haus. Um untereinander Kontakt halten zu können,bewegen Sie sich auf den Dächern, die untereinander mit schmalen Stegenverbunden sind. Ihr soziales Leben findet deshalb über der Stadt statt, von woaus sie auch einen Guten Blick in die Umgebung der Stadt haben. Kommt eineneue Karawane an oder bricht ein Feuer aus, stimmen die Frauen Gesänge an,um die Männer zu warnen. Die Botschaft wird in Melodien und Worte verpackt.

Doch wie finden sich ineiner so strickt nach

Geschlechtern geteiltenGesellschaft junge Männerund Frauen um heiraten zukönnen? Hier kommenwieder die sozialenGruppen ins Spiel: Männeraus einer Gruppe suchensich meist Frauen aus einer  jüngeren Gruppe aus. VomSingen der Frauen auf denDächern wissen sie, welche

Mädchen in heiratsfähigemAlter sind. Sie kennen dieseoft noch vom Sehen, als sie Kinder waren und noch in den Strassen zeigen

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durften. Wenn sich ein junger Mann für ein Mädchen interessiert, sagt er dasseiner Mutter. Diese teilt es der Mutter des Mädchens mit, welche wiederummit ihrem Mann spricht. Ist der Vater der Tochter einverstanden, trifft er sichauf der Strasse mit dem Vater des Sohnes. Der Kreislauf schliesst sich, wennder Vater des Sohnes wieder mit seiner Frau spricht. Nach diesen geheimenVerhandlungen wird die Heiratsabsicht auf den Dächern der Stadt unter den

Frauen weitergegeben und besungen, so dass es auch die Männer in denStrassen erfahren. Danach kann es bis zu einem Jahr dauern, bis das Paarheiratet (und sich erst dann auch tatsächlich wieder trifft). Eine Hochzeit dauertsieben Tage und sieben Nächte.

 Jede Familie hat ihr eigenes Haus, die Kinder blieben zu Hause bis sie heiraten.Im Erdgeschoss befindet sich oft nur der Treppenaufgang in den oberen Stockund ein Lagerraum. Im ersten Geschoss befinden sich der Essraum, der vonverschiedenen Schlafzimmern umgeben ist. So gibt es eins für die Eltern, einsfür die Mädchen und eins für die Jungen, manchmal noch ein weiters für dieGrosseltern. Diese Zimmer sind zum Teil leicht erhöht und über Treppen

erreichbar. Ein spezielles Zimmer (von der Grösse her fast eher eine Kammer)gehört ausschliesslich der Frau. Dort empfängt sie in der Hochzeitsnacht denBräutigam und gebiert die Kinder. Stirbt der Mann, wird sein Leichnam bis zurBeerdigung hineingelegt. Diverse weitere Nischen dienen als Lagerräume,Schränke und Toiletten. Die Toiletten bestehen aus Löchern im Boden, dieAusscheidungen werden in einen Behälter geleitet. Alle zwei Jahre wird diesergeleert und ausgespühlt.

Ein weitere Treppenaufgang führt auf das Dach, wo sich auch die Küchebefindet. Männer können dasDach nur in der Sommerzeit

betreten, wenn sie draussenübernachten.

In der Mitte der Stadt gibt eseinen Zentralplatz mit zweiMoscheen, eine für jedenStamm. Weiter Moscheen gibtes in den Quartieren. AmZentralplatz ist ebenfalls dieWasseruhr mit ihrer ganzspeziellen Zeitmessung. EinMann (früher ein Sklave) tauchteinen Korb aus Palmblättern insWasser und zieht in sofortwieder hoch. Das Wasser tropftdurch einen kleine Öffnung, sodass der Korb nach drei Minutenleer ist. Der Zeitmesser machteinen knoten in einePalmschnur und füllt den Korberneut. Wer an ihm vorbei gehtkann von ihm die genaue

Uhrzeit erfahren.Das soziale Netz unter denEinwohner ist für deren Leben

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unabdingbar. Als um 1983/84 ein Grossteil der Familien in die von derRegierung bereitgestellten komfortablen Häuser umzog, brach das Lebenzusammen. Heute lebt niemand mehr in der Altstadt von Ghadames. Zu späthaben die Einwohner gemerkt, dass sie der neu gewonnene Komfort für immeraus ihrem traditionellen Leben reisst.

Heute

Die Menschen, die heute rund um Ghadames leben, bewohnen komfortableHäuser mit Klimaanlage, Fernsehen und anderen Annehmlichkeiten deswestlichen Lebens. Die Menschen gehen denselben Berufen nach wie in allenanderen Städten, wobei aber viele als Touristenführer arbeiten. Unter den  Jungen herrscht eine Art Aufbruchstimmung. Sie versuchen, sich der neuenLebensform anzupassen und das Angebot für die Touristen mit Postbüros undInternetkaffees zu erweitern, was allerdings bis zum heutigen Zeitpunkt nochZukunftsmusik ist. Viele haben die Stadt gegen Norden verlassen, so dass dieBevölkerung auf 7500 gesunken ist. Betriebe wie Hotels und Restaurants

werden nicht von Einheimischen, sonder von Gastarbeitern aus Nachbarländernbetrieben.

Die Altstadt selbst ist eine Art Freichlichtmuseeum geworden. Einzig die Gärtenwerden noch benutzt und wer seinen Garten in den heissen Sommertagenaufsucht, nutzt sein altes Haus für einen Mittagsschlaf in den kühlen Räumen.Überall werden Renovationsarbeiten ausgeführt, um die Substanz zu erhalten.Nur wenige Häuser sind für Touristen zugänglich. Auch im vergleichsweisemodernen neuen Ghadames ist es einem Männlichen Besucher nicht möglichmehr als das Gästezimmer einer Wohnung zu sehen, wo er ausschliesslich diemännlichen Mitglieder der Familie trifft. Frauen werden gerne auch die anderen

Räumlichkeiten gezeigt, wo sich Mütter und Töchter aufhalten.

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heisser und warme Winde blasen einem den Sand ins Gesicht. Windet es in derNacht, ist man am Morgen fast gänzlich mit Sand bedeckt. Die feinen Körnerfinden ihren Weg in den Schlafsack, so dass auch Augen, Ohren und Mundvoller Sand sind.

Vollständigen Schutz gegen Sonnen, Sand und Wind bietet nur die Scheschia,das traditionelle Kopftuch der Tuareg. Es wird um den Kopf gewickelt undschützt auch Augen und Mund. Auch bei den Schuhen orientiert man sich ambesten an den Tuareg-Führern: Sie tragen Badeschlappen. Die haben denVorteil, dass man den Sand leicht ausklopfen kann, keine stinkigen Füsse erhältund trotzdem geschützt ist gegen die vielen dornigen Pflanzenteile, die sichunter dem Sand verstecken.

Die Tuareg

Die Tuareg sind ein Wüstenvolk, das seine Lebensweise an die hartenBedingungen der Wüste angepasst hat. Sie ziehen mit ihren Tieren (Schafe,

Ziegen und Kamele) durch die Wüste und verweilen jeweils so lange im selben Tal (Whadi), wie es ihre Gemeinschaft ernähren kann. In der Regenzeit wirdauch Feldbau (Hirse) betrieben.

Die Tuareg verfügen übereinen eigenen Sprache(Tamaschek) mit eigenenSchriftzeichen. Sie wirdheute noch gesprochen,dürfte aber über kurz oderlang vom Arabisch

verdrängt werden.

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Die Verbreitung der Tuareg beschränkt sich nicht auf den Süden Libyens,sondern auf das ganze Wüstengebiet Afrikas. Die Ziehung der GrenzlinienNordafrika durch die Franzosen Mitte des letzten Jahrhunderts hat dieNomadenvölker stark in Bedrängnis gebracht. Die «Söhne der Wüste» sahensich auf ihren traditionellen Wegen Grenzsoldaten gegenüber, die ihnen dieWeiterreise verweigerten. Die lebenswichtigen Brunnen konnten nicht mehr

erreicht werden, die Herden gingen ein. Zudem wurden sie von denRegierungen verfolgt und sogar massakriert. So gibt es heute kaum mehr Tuareg, die in traditioneller weise leben. Selbst jene, die in der Wüste gebliebensind, ziehen nur noch selten umher und wohnen nicht mehr in Zelten, sondernin primitiven Holzhütten. Von der arabischen Bevölkerung werden sie zum Teilmit Verachtung gestraft, ihre Lebensweise gilt als primitiv und sinnlos.

Mit dem Aufblühen des  Tourismus in Libyen habendie Tuareg einen neuesGeschäftsfeld entdeckt. Sie

betätigen sich als Guide inden Wüsten oder besitzenReiseagenturen in derHauptstadt. Die jüngerenkennen das Leben in derWüste oft nur noch aus denErzählungen der Eltern undGrosseltern. Allengemeinsam ist der Stolz auf ihre Herkunft.

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Speicherburgen der Berber

Das zweitge grosse einheimische Volk neben der Tuareg in Libyen sind dieBerber. Von ihnen sind Ruinenstädte und Speicherburgen erhalten geblieben,die erste im vergangenen Jahrhundert verlassen wurden.

Die Speicherbugen dientenzum sicheren Aufbewahrender Ernte. Sie wurden inovaler Form gebaut mitvielen kleinen Kammern,die innen an der Mauerangebracht wurden. JedeFamilie hatte ihre eigenenSpeicher.

Die Burgen wurden zum Teil

auch alsVerteidigungsanlagenbenutzt. So konnte sich dieBevölkerung gleich bei denNahrungsmitteln inSicherheit bringen.

Es gibt etwa sechs gut erhaltene Burgen in Libyen. Sie unterscheiden sich inder Form geringfügig, sind aber vom Prinzip her gleich gemacht.

Wer von Tripolis nach Ghadames unterwegs ist fährt automatisch an mehrerendieser Burgen vorbei. Ein Halt lohnt sich, für die Besichtigung reichen etwa 20

Minuten.

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Die Mandara Seen

Südlich von Sabratha, einerStadt im Zentrum vonLibyen, trifft man auf eine

riesige Düne. Sie ist eineder Hauptattraktionen imZentrum Libyens undentsprechend gut besucht.

Attraktiv ist sind nicht nurdie unglaublichenAusmasse der Düne, dasGeheimnis versteckt sichmitten drin. Insgesamt elf Seen, von Palmenumgeben, warten auf Entdeckung. Sie sind nurmit 4x4 Jeeps zu erreichen, und ohne ortskundigen Führer verirrt man sichsofort.

Die Seen sind stark salzhaltig und haben eine Dichte, die fast an jede des totenMeeres herankommt. Es ist auch hier möglich, auf dem Rücken Zeitung zulesen – also geeignet für Nichtschwimmer.

An einem der Seen ist eineverlassene Siedlung zufinden. Sie wurde noch bis

mitte der 80er- Jahrebewont, dann wurden dieBewohner umgesiedelt, weildie Regierung keinen Wegfand, die Häuser zu sanierenoder Strassen über die Dünezur Versorgung der Stadt zuerrichten. Das Dorf kannnoch besichtigt werden, undals einziges Gebäude wirdnoch die Moschee

unterhalten.Die ehemaligen Bewohner wurden als „Wurmesser“ bezeichnet, weil sie sichunter anderem von Krebsen ernährten, die im Seegrund hausen. Dieseweurden zu einer Paste verarbeitet und in dieser Form verspeist.

Am unteren Teil des Sees, vis-à-vis vom Dorf, gibt es heute ein Imbisslokal, wosich die zahlreichen Gäste verpflegen.

Während der Saison (November bis Februar) dürfte die Gegend sehr übrlaufensein. Den Müll, den die Touristen hinterlassen, hat der Natur schon grossenSchaden bereitet.

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Weitere Sehenswürdigkeiten

Nebst den bisher erwähnten Sehenswürdigkeiten hat Libyen noch vieles mehrzu bieten. Als absolutes gelten die Berge im Süden, die einerseitslandschaftlich schön sind, andererseits viele Höhlenmalereien und andere

historische Mahnmale beherbergen.Im Vulkangebiet finden sich riesige Krater, die ebenfalls lohnenswert sind.

Im ganzen Hinterland des Nordens finden sich Ausgrabungsstätten. Man findetzwar keine so grossen Städte wie Lebtis Magna und Sabratha, dafür einzelnegut erhaltene Villen oder Produktionsstätten von Olivenöl.

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Reiseinformationen

Formalitäten

Der Tourismus in Libyen ist erst gerade zehn Jahre alt. Vorher war es fast

unmöglich, ins Land zu kommen. Heute noch klagen die Reiseagenturen und-Führer über mangelnde Unterstützung durch die Regierung.

Individualtourismus wird durch die Vorgaben praktisch verunmöglicht. Einreisendarf nur, wer einer Einladung hat, die aber die Reisebüros problemlos besorgenkönnen.

Bürger aus europäischen Ländern benötigen in der Regel einen noch sechsMonate gültigen Pass mit einem arabischen Übersetzungsstempel. Dieser wirdzusammen mit dem Einladungsschreiben an die Libysche Vertretung imeigenen Land geschickt.

Für die meisten Länder gilt, dass nur Reisegruppen ab vier Personenzugelassen sind. Obwohl mit diese Auskunft auch von der Botschaft in Berngegeben wurde, war es schliesslich kein Problem, die Reise zu zweitanzutreten.

Was Sie erwartet 

Weil reisen in Libyen ausschliesslich mit Reiseagenturen vor Ort möglich ist,entstehen keinerlei Probleme während der Reise. Die Verantwortlichen nehmenden ganzen Papierkram auf sich und organisieren alle während der Reisebenötigten Einträge in den Reisepass.

Die Hotels sind gut und sauber und entsprechen meiste einem hiesigen 2-Stern-Hotel. In Tripolis gibt es grosse Hotelkomplexe, die wohl einen 4-Stern-Standard erreichen.

Weil die Führer vor Ort Fremdsprachen sprechen, ergibt sich auch keinSprachproblem. Beim Einkaufen konnte man sich auch in entlegenen Dörfernmeist auf englisch oder französisch mit dem Personal verständigen.

Ungewohnt für Westeuropäer dürften die allgegenwärtigen Plumpsklos sein, dieoft auch noch recht dreckig sind. Oft sehnt man sich beim Anblick eines Abortsan die stille Düne in der Wüste zurück, die immerhin sauber war. WC-Papier

steht nur in grösseren Hotels zur Verfügung.Die Kontrolle durch die Polizei findet an allen Strassen statt. In Grenzgebietenkann auch mal eine Militärpatrouille beim Trek Halt machen. Die Beamtentragen im Normalfall die Waffe nicht auf sich und sind ausgesprochenfreundlich.

Verhaltensregeln

Die Libysche Gesellschaft ist sehr tolerant gegenüber Ausländern. Selbst dieeinheimischen Frauen tragen – wenn auch in der Minderheit – nicht immer einKopftuch, Ausländerinnen praktisch nie. Trotzdem gilt es als höflich, wenn mansich einigermassen an die Kleidervorschriften haltet: Lange Ärmel, langeHosen.

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Es ist für Männer praktisch unmöglich, mit Frauen in Kontakt zu kommen,während sich kein Libyer im Kontakt mit ausländischen Frauen keine Scheuzeigen. Wer unangenehme Situationen vermeiden will, gibt sich zurückhaltendbis kühl.

Reiseführer warenen immer wieder davon, Gespräche über Religion und Politikzu führen. Beides sind aber mitunter sehr interessante und lehrreiche Themen,wenn man auch beim ersteren selten auf Toleranzt stösst. Ich rate, solcheGespräche mit Leuten zu führen, die man schon ein paar Tage kennt und dieeinen offenen Eindruck machen.

Reisen nach Libyen

Reisen nach Lybien können sehr kostspielig werden. Weil die Reiseformalitätenaufwändig sind, ist man schnell versucht, ins nächste Reisebüro zu rennen unddie anstehenden Probleme den Profis zu überlassen. Leider haben nur wenig

Reisebüros in der Schweiz Erfahrung mit Reisen nach Libyen, so dass es gutsein kann, das das kontaktierte Büro mit einem Spezialisten Kontakt aufnimmt,der dann schliesslich die Reise bei einem libyschen Reisebüro bucht. Das sindunnötig komplizierte Umwege; ich habe festgestellt, das mich die Buchung imSchweizer Reisebüro genau doppelt so viel gekostet hat, als nötig gewesenwäre.

 Trotzdem: Wer sich alleine vorbereiten will, muss sich erst von einem Reisebürovor Ort eine Einladung besorgen. Mit dieser Einladung kann man dann miteinem ins arabische übersetzten Pass ein Visum auf der libyschen Vertretung inBern organisieren.