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  • Staatliches Studienseminar fr das Lehramt an Grund- und Hauptschulen Trier Fachseminar Musik Handout zum Thema Relative Solmisation, 09.06.2008

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    Relative Solmisation

    1. Was ist Relative Solmisation? Mit dem Begriff Relative Solmisation wird ein System von singbaren Silben bezeichnet, die tonartunabhngig im Kontext von Intervallbeziehungen einer dem Lied zugrundeliegenden Skala zugeordnet werden. In Abgrenzung dazu verwenden heute einige Lnder (z. B. Frankreich, Italien, Luxemburg) eine Form der absoluten Solmisation, in welcher jeder Note eine feste Silbe zugeordnet wird (c=do, d = re etc.). Intensiv entwickelt wurde das Konzept von Zoltn Kodlhy, der Anfang bis Mitte des 20. Jahrhunderts in Ungarn den Grundstein fr ein nationales Konzept der Musikpdagogik in Schulen legte, das dort in einigen Ausprgungen bis heute wirksam ist. In neuerer Zeit wurde diese Methode besonders duch das Engagement einzelner Musikpdagogen aus dem Musikschulbereich (Malte Heygster, Michael Deimling u. a.) qualitativ ausgewertet und erprobt. Dabei kommt dem Gedanken groe Bedeutung zu, dass sich durch die konsequente Nutzung der Methode und durch ein ganz bestimmtes, logisch aufgebautes Repertoire von Singstcken eine flexible Melodieerfahrung jenseits des durch Hrerwartungen festgefahrenen Dur-Moll-Schemas prgen lsst. Eine Einschrnkung des bis ins Detail ausgeklgelten Konzeptes findet dadurch statt, dass sich tonale Modulationen schlecht darstellen lassen allerdings modulieren die wenigstens Lieder, die bis zum Sek 1-Bereich Verwendung finden, auf wirklich komplexe Art und Weise. Alterationen einzelner Tne funktionieren ganz gut: Aus so wird si, aus fa wird fi u. s. f.

    2. Pldoyer fr ein hermetisches Konzept Relative Solmisation lsst sich als geschlossenes (hermetisches) System zur intensiven Aneignung von musikpraktischen Fertigkeiten (praktisches Verstndnis von melodisch-harmonischenTonbeziehungen) und musikalisch-kognitiven Fhigkeiten (Tne lesen und schreiben) einsetzen. Da das Konzept in sich schlssig und ausgereift weiterentwickelt wurde, bietet es die Mglichkeit, musikalisches Wissen und Knnen im Sinne einer echten Aneignung von Musik zu vermitteln. Dabei lsst sich durch kontinuierliches Training sehr effektiv Stimm- und Gehrschulung durchfhren. Die Synchronisation von Silben und musikalischer Bedeutung festigt Melodiewahrnehmung strker, als es ein beliebiger Text vermag, da sie direkt auf den Melodieverlauf verweist. Die additive Umsetzung in (Hand-) Bewegungen verankert durch mehrkanalige Zugangsweisen die gesungene und gehrte Struktur im Gedchtnis.Der nachhaltige Musikalisierungserfolg ist dabei wie so oft von regelmigen Wiederholungen und einem inhaltlich eher kleinschrittigen Aufbau abhngig, da erworbenes Wissen und Knnen in Form neuer Tonbeziehungen erst vertiefend gebt und gesichert sein muss, bevor Neues gelernt werden kann. Insofern ist die Methode an sich zwar nicht zeitaufwndig (kann in kurzen Sequenzen immer eingefgt werden, wenn es ums

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    Singen geht), muss aber konsequent und langfristig eingesetzt werden, um erreichte Lernerfolge zu stabilisieren. Das alles klingt nach langweiligen bungen und stupidem Wiederholen. Autoren wie Malte Heygster betonen daher immer wieder die Bedeutung von Spiel und Aktion, welche die Aufmerksamkeit der Kinder auf spielerische Aktionen lenkt. Dadurch soll ein Aufforderungscharakter entstehen, der Hren und Singen unbewusst intensiviert1. Bei der Notation gehen Grunenberg und Heygster von einer verkrzten Variante aus, die Tonhhen und Rhythmen darstellt:

    entspricht2:

    Melodien lassen sich so schnell und nachvollziehbar notieren. Zum bergang zur traditionellen Notation werden zunchst nur zwei Notenlinien verwendet, auf denen so und mi platziert werden. Die immanente Logik dieses methodischen Stufenganges ist fr Kinder sehr bersichtlich:

    1 Grunenberg / Heygster S. 40ff

    2 Grunenberg / Heygster S. 87

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    so

    mi

    Handsymbole knnen ausgeschnitten, angeordnet, geklebt etc. werden. Martin Gellrich zieht ein pdagogisches Fazit:

    Auf diese Weise machen die Silben Musik zu einer wirklichen Sprache, die ihren

    ganz speziellen Wortschatz und ihre eigene Grammatik hat. Wie beim Erlernen

    der Muttersprache geht man zunchst einige Zeit mndlich mit dieser Sprache um,

    bevor man Lesen und Schreiben lernt. Und weil zum Solmisieren nichts weiter

    bentigt wird als die Stimme, bietet sich diese Lehrmethode nicht nur in der

    Instrumentalpdagogik als Vorbereitung oder Ergnzung an, sondern taugt auch und

    gerade im schulischen Musikunterricht als uerst preisgnstige, kommunikative

    Form der praxisbezogenen Musikalisierung auf breiter Basis.3

    3 www.nmz.de/nmz/nmz2002/nmz03/paed-gellrich.shtml-43k (Zugriff am 03.06.2008)

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    3. Praxisbeipiele

    a. Rumgebespiel (nach Grunenberg / Heygster S. 40 / 41)

    Die Gruppe sitzt im Kreis. Die Melodie wird vorgesungen, in der Viertelpause lsst die Lehrkraft einen Stein (o. .) von einer Hand in die andere fallen. Wenn alle in die Melodie eingestiegen sind, wandert der Stein in der Pause im Kreis herum, bis er wieder am Ausgangspunkt angekommen. Besonderheit: Der Gltigkeitspunkt der Pause ist der Moment des Auftreffends in der Hand: In einem Bruchteil einer Sekunde muss er durch das Loslassen des Steines antizipiert werden => Schulung von musikalischer Antizipationsfhigkeit. b. Musikmaschine (Grunenberg / Heygster S. 44 ff)

    Es knnen ganze Meldodien aufgebaut werden oder nur zwei Sthle, auf denen ein Kind herumsteigt (gut sichern!): Hier sind Anlsse zum Erfinden und Variieren von Tnen gegeben.

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    c. musikalische Phrasierung (Grunenberg / Heygster S. 85 / 86)

    Aus vier Stben 1,50 Lnge wird auf dem Boden ein Quadrat gelegt. Whrend des (Vor-)Singens der Melodie geht die Lehrkraft pro Phrase an je einer Seite entlang. Fragestellungen: Wann gehe ich um die Ecke? Mit welchem Ton beginnt der erste Stab (der zweite,...)? Mit welchem Ton endet der erste Stab? Welche Stbe klingen gleich / anders? d. Siebensprung (Grunenberg / Heygster S. 57 / 58)

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    Der bekannte Volkstanz als Solmi-Variante: Refrain im Kreis tanzen, pro Zeile Bewegungen entwickeln. Die Fermaten: So-mi! (Hnde in die Hfte stemmen), danach kommt bei jeder Strophe immer eine Bewegung dazu (rechtes Knie anheben, linkes Knie anheben, auf rechtem Knie niederknien, auf beiden Knien, rechter Ellenbogen zum Boden, beide Ellenbogen zum Boden, flach auf den Boden legen).

    4. Literatur und Links Grunenberg, Manfred / Heygster, Malte: Handbuch der relativen Solmisation, Mainz: Schott 1998 (in der Seminarbcherei vorhanden) Heygster, Malte: Die Melodie wird meine Melodie. Musikalischen Besitz erlangen, festigen und verstehen. In: AfS-Magazin Nr. 15 / 2003 (erhltlich im Internet ber das Archiv des AfS). www.hoeren-singen-spielen.de www.musik-fromm.de www.nmz.de/nmz/nmz2002/nmz03/paed-gellrich.shtml-43k www.solmi.de Anhang: Kopiervorlagen mit Ausschneidesymbolen (Quelle der Abbildungen: Handbuch der Relativen Solmisation, s. o.)

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