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Report Acoustic Signature Autor: Andreas Wenderoth Fotografie: Andreas Wenderoth

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Report Acoustic SignatureAutor: Andreas Wenderoth Fotografie: Andreas Wenderoth

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Ein bisschen ist es wie in einer Filmsze-

ne: „Ich an seiner Stelle würd’ auf’s Dach

achten“, sagt Frohnhöfer, der durch seine

Windschutzscheibe beobachtet, wie ein

12,5-Tonner vor seinem Firmeneingang

rückwärts manövriert. Wenige Sekunden

später hat der LKW das Dach gerammt

und der Boden liegt voller großer Glas-

scherben. „Hab ich’s nicht gesagt?“

Frohnhöfer scheint relativ unbeteiligt, fast

so, als habe er mit dem Vordach gar

nichts zu tun. Dabei ist es ja seines. Er

könnte also aus dem Auto springen, dem

anderen Vorhaltungen machen, oder we-

nigstens irgendwas sagen, aber Gunther

Frohnhöfer sagt gar nichts. Unaufgeregter

kann man kaum reagieren, wenn einem

gerade ein Stück vom Gebäude weggeris-

sen wurde. Aber erstens regeln sich die

meisten Dinge entweder selbst oder je-

denfalls am besten in Ruhe (er sieht, der

LKW-Fahrer geht ins Büro, die Dinge ge-

hen also ihren Lauf), und zweitens, wenn

er ganz ehrlich ist, so richtig gemocht hat

er das Vordach sowieso nicht.

Der teutonische Tüftler

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im Betrieb schon etwas ruhiger wird. Aber jetzt ist esgerade erst zehn.Frohnhöfer geht durch die Tür mit dem skurril ver-bogenen Vordach und betritt sein 420-Quadratme-ter-Reich, das für die Produktion von aktuell 13Laufwerken nebst Zubehör im Grunde schon wiederzu klein geworden ist. Nächstes Jahr werden sie neubauen. Aber so lange muss es noch gehen. Rechtsvom Eingang sitzt Herr Fischer, jedenfalls normaler-weise, heute ist er gerade im Urlaub. Wie überhaupteinige heute im Urlaub sind. Oder krank. Herr Fi-scher ist Industriedesigner und macht alle CAD-Zeichnungen, vor fünf Jahren hat Frohnhöfer dieEntwicklung gänzlich darauf umgestellt, weil mandamit erstens schneller sieht, wie das fertige Produktaussieht, und zweitens auch Fehler vermeiden kann.Früher, als sie noch auf Basis von Handzeichnungengefertigt haben, kam es schon mal vor, dass in einemLoch das Gewinde fehlte. Im 3-D-Verfahren amComputer kann das nicht mehr passieren, weil nuneine Fehlermeldung aufploppt: „Gewinde fehlt!“ In einer Acoustic Signature-Anzeige heißt es: „DerTeufel steckt wie immer im Detail. Er lernt dort vonChefentwickler Gunther Frohnhöfer.“ Wobei mansagen muss, dass Frohnhöfer eigentlich alles andereals teuflisch ist. Für seine jüngeren Mitarbeiter ist erso etwas wie eine Vaterfigur. Hilft, wenn es finanzielleng wird, und er mal die Miete vorschießen muss,geht zur Bank, wenn er findet, dass jemand einenKredit oder zumindest mehr Vertrauen verdient;berät, so gut er kann, auch bei Ehekrisen, und achtetdarauf, dass eine Mitarbeiterin, die sich scheiden las-sen will, dabei nicht von ihrem Mann über den Tischgezogen wird. Frohnhöfer mag zwar von wuchtigerStatur sein, aber dahinter verbirgt sich ein feinfühli-ger, sensibler Mensch, der gut zuhören kann und sichviele Gedanken macht, die eher im Menschlichen alsim Technischen angesiedelt sind. Was auch die Dameam großen Rundfenster bestätigen wird. Dort waltet Jacqueline Dawo, die sehr vielfältigeAufgaben hat und in der Firmenbroschüre als„Herz“ des Unternehmens bezeichnet wird, aberunter anderem eben auch die Frau vom Chef ist.

Frohnhöfer parkt ein. Stuttgart Göppingen, Immelmann-Zentrum. DasErdgeschoss eines eher funktionalen Neubaus beher-bergt das zweitgrößte PlattenspielerunternehmenDeutschlands: Acoustic Signature. 23 Mitarbeiter fer-tigen hier mit „Teutonic Engineering“ und schwäbi-scher Gründlichkeit rund 2000 Plattenspieler im Jahr– wobei die Bezeichnung „Plattenspieler“ bei einigenWerken die Sache natürlich nur unzureichend trifft.So wird der Challenger Mk3 in einem Firmenpro-spekt mit einigem Selbstbewusstsein als „fortschritt-lichste musikalische Decodierungsmaschine auf demPlaneten“ bezeichnet. Und seit knapp einem Jahr gibtes da ja noch ein anderes Laufwerk, das seinen An-spruch bereits mit dem Namen „Invictus“ mehr alsdeutlich macht. Jenseits des Werbegerassels istGunther Frohnhöfer übrigens ein Mensch, der erfri-schend geerdet ist. Mit einem guten Schuss Selbstiro-nie sagt er über seine eigenen Produkte: „Reines Män-nerspielzeug, braucht kein Mensch!“ Andererseits, Spaß macht es natürlich schon. Um fünf Uhr morgens ist Frohnhöfer aufgestanden.Gegen sieben war er zum ersten Mal im Büro und hatper Handschlag den Dreher begrüßt, der in der Regelder Erste in der Firma ist. Der frühe Morgen ist dieZeit, in der Gunther Frohnhöfer alles machen kann,wobei er später in der Regel gestört werden wird. E-Mails beantworten zum Beispiel, die drängenden ausAsien zuerst, denn die erwarten in der Regel eine Ant-wort innerhalb von zwei Stunden. Normalerweisesind alle Mitarbeiter spätestens um acht Uhr da. Bisauf Produktionsleiter Martin, der Frohnhöfer sowichtig ist, dass er ihm gelegentlich den einen oderanderen Freiraum einräumt, der im Zusammenhangmit seiner jugendlichen Sturm- und Drangzeit stehenmag. Bis elf Uhr müssen sämtliche Zollanmeldungengemacht werden für die Sendungen, die am nächstenTag rausgehen. Montags gibt’s ein kurzes Meeting, indem besprochen wird, ob besondere Aufgaben anlie-gen, aber auch, was in der letzten Woche vielleichtweniger gut lief. Um 14 Uhr sollten die Pakete fertigsein, weil dann bereits der Paketabholer auf der Mattesteht. Der Zeichner kommt erst um 16 Uhr, wenn es

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Ihr gegenüber Frau Macke von der Buchhaltung.Frohnhöfers Büro ist geschlossen. Er sagt, er müssezunächst einmal schauen, ob das Zimmer in einemZustand ist, „dass man mal einen Blick hineinwer-fen kann.“ Aber im Grunde ist das Büro auch nichtso wichtig, denn ein guter Chef ist selbstverständ-lich überall. Jetzt zum Beispiel im Zwischenlagerfür Schaumstoffe, die wasserstrahlgeschnitten wer-den, oder links davon, im Raum mit dem UV-Drucker, mit dem sie die Typenschilder machenund den Siebdruck auf Geräte und Chassis. Früherhaben sie extern drucken lassen, aber die Wartezei-ten waren meist zu lang, und kleine Stückzahlen so-wieso meist ungern gesehen. Also hat Frohnhöfer45 000 Euro für den Drucker investiert – und istnun unabhängig. Die Firma hat 2800 Lagerplätze, die von der EDVfrei vergeben werden. Bis zur kleinsten Unterleg-scheibe wird mit Stückliste und Fertigungsaufträgengearbeitet. Ein Warenwirtschaftssystem ist mit ei-nem Produktionsplanungssystem gekoppelt: WennTeile nicht da sind, bestellt das System automatischnach. Bis vor zwei Jahren konnte er nur Rega-Tonar-me für seine Plattenspieler anbieten. Auf sanftenDruck der Auslandsvertriebe begann er dann, selbstArme zu bauen. Was sich im Nachhinein als hervor-ragende Idee erwies. Seit diesem Jahr haben sie auchnoch sechs eigene Tonabnehmer, drei MM’s und dreiMC’s zwischen 500 und 1250 Euro im Programm.

Letztere lässt Frohnhöfer nach seinen Vorgaben fer-tigen, die Gehäuse machen sie selbst, die MM’s kaufter bei Ortofon dazu. Hinten links ist Laufwerkmontage. „Schaffen, ba-steln, machen, tun“, wie Frohnhöfer es nennt. EinAscona, den er persönlich in Miami ausliefern wird,wird gerade zusammengesetzt. Im davon abgehen-den Raum montiert ein gelernter Uhrmacher dieTonarme. Rechts davon steht CNC-ProgrammiererThomas Geiss, der wie jeden Monat Überstundenschiebt, unter anderem deshalb, weil er sein Flug-hobby finanzieren muss. Zwischen Hauptspindelund Werkzeugrevolver entstehen hier die Metallteileder Plattenspieler. Die Drehmaschine mit Fräsfunk-tion und Gegenspindel (Anschaffungskosten: 240000 Euro) hat den großen Vorteil, dass man einWerkteil für unterschiedliche Bearbeitungen nureinmal einspannen und zwischendurch gar nichtmehr in die Hand nehmen muss – was die Genauig-keit und Reproduzierbarkeit erhöht. Zehn Jahre lang, bis 1996, hat der Ingenieur fürNachrichtentechnik (FH) Frohnhöfer im Stuttgar-ter HiFi-Studio „Stereo-Galerie“ gearbeitet undfrüh sein Faible fürs Analoge entdeckt. Nur, dass esdamals die Plattenspieler nicht gab, die seinen Vor-stellungen von Maschinenbau entsprachen: „Dasmüsste doch besser gehen“, sagte sich Frohnhöfer,wechselte in die mechanische Fertigung und kauftesich von seinem Gesparten eine CNC-Drehmaschi-

Gerahmt von seinen Werken: der Chef Jaqueline Dawo, „Herz“ des Unternehmens und Frohn -höfers Ehefrau

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war es nicht möglich, genau diese Farbe zu eloxieren. Also überlegte sich Frohnhöfer, ob man nicht an-derweitig goldene Komponenten im Plattenteller in-tegrieren könnte. Hat Löcher gebohrt und Messing-zylinder hinein geklebt. Und festgestellt, dass es umWelten besser klang, wenn er die Zylinder gummige-lagert, also ohne direkten Kontakt zum Teller, hinein-presst, anstatt sie zu verkleben. Um den Unterschiedzu demonstrieren, klopft Frohnhöfer („Hören Siemal!“) mit dem Fingernagel gegen einen unbearbei-teten Alu-Teller. Ein helles „Pling“ ist zu hören. BeimTeller daneben sind acht polierte Messingstöpsel ver-presst, wieder klopft Frohnhöfer dagegen und… keinKlingeln, nichts. „Komplett tot“, sagt er und erklärtdas Schweigen des Tellers mit höherem Dämpfungs-grad und Absorptionsvermögen. Wählt man Metall für den Teller – bei Masselauf-werken naheliegend –, ist die Auswahl des Materialslaut Frohnhöfer im Grunde vorgegeben. Denn alles,was auch nur im Entferntesten magnetisch wäre,würde den Tonabnehmer „erledigen“. Deshalb müs-se man mit Aluminium operieren. Normalerweiseheißt es ja auch von Messing, dass es unmagnetischsei, aber als Frohnhöfer begann, mit den Silencern zuexperimentieren, bemerkte er, dass der Tonabneh-mer – ihm unerklärlich – zu tanzen begann. Und alser weiter forschte, kam er dahinter, dass in gewöhn-lichem Messing geringe Verunreinigungen sind, diezwar zulässig sind, aber doch ferritisch wirken. Also

ne, die allerdings nicht immer genau machte, was ervon ihr wollte. „Die Kommunikation zwischen derMaschine und mir war eher schwierig.“ Jedenfallszu Anfang, denn schon bald hatte er mit dem „Ana-log One“ sein erstes Masselaufwerk geschaffen. Erwollte ja nie etwas anderes. „Mit diesen Subchassis-Geschichten kann ich wenig anfangen.“ Und Stückfür Stück wurde es allmählich besser. Sein zweiterDreher hieß „Final Tool“ und kostete damals 3000Mark. Weil die „stereophile“ in höchsten Tönen lob-te, kamen bald Nachfragen aus dem Ausland. Undso ging es dann los. Frohnhöfer ist sich sicher, dass er die Kundenzunächst einmal optisch erreichen muss: mit einer,wie er sagt, Maßstäbe setzenden Oberflächenqualität.„Viele andere sehen halt aus, wie sie aussehen“, aberseine Plattenspieler, sagt Frohnhöfer, lägen „um Wel-ten“ über dem, was mit jenen jemals zu erreichen wä-re. Seit 2003 prägen neben der sorgfältigen Eloxie-rung kleine runde Messingeinschübe, sogenannte„Silencer“, das Erscheinungsbild der Laufwerke – undnatürlich auch ihren Klang. Das, was heute ein opti-sches Aushängeschild ist, war eigentlich eine Zufalls -entdeckung. Sein damaliger Vertrieb machte auchAccuphase und hätte gern gehabt, wenn Frohnhöfer,im Sinne einer gelungenen Gesamtkomposition, denChampagner-Ton dieser Geräte auch für seine Plat-tenspieler hätte anbieten können. Er hat viel versuchtund Geld versenkt, aber aus irgendwelchen Gründen

Die Verkabelung fest im Blick: Produktionsleiter MauriceMartin

Er hat überhaupt nicht gebohrt. Aber manchmal muss esnatürlich sein

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verwendet er heute eine sündhaft teure Speziallegie-rung des Ulmer Herstellers Wieland, mit der er dasProblem ausschließen kann. Wenn Frohnhöfer im Prinzip ein Mensch ist, derso wenig aus der Ruhe kommt wie ein Masselauf-werk, heißt das natürlich nicht, dass er zu allemschweigt. Berührt das Thema zum Beispiel etwas soDelikates wie Tellerlager, kann er sich durchausechauffieren. Ein Lager ist für ihn „nichts anderesals Maschinenbau“, auch „kein Vodoo oder sonsti-ger Firlefanz“. An einem Modell erklärt er, wie La-gerspiel, Reibung, (die beide genau gegensätzlicheAnforderungen haben), Drehpunkt und seitlicheAchsenführung zusammenhängen. Wie bei vielemim Leben gehe es dabei um den goldenen Mittel-weg. Denn wenn man das Spiel zu sehr einenge, waseinige Mitbewerber versucht haben, erleide manSchiffbruch, sobald die Temperaturen steigen –zum Beispiel in Asien. „Dann frisst das Lager.“ DasLager blockiert und man könne den Plattenspielerwegschmeißen. Gunther Frohnhöfer ist entschiedener Anhängerdes klassischen stehenden Lagers („immer überle-gen!“) und hat eine sehr deutliche Meinung, wenn esum sogenannte invertierte Lager geht, die bei einigenHerstellerkollegen in den letzten Jahren ja sehr inMode gekommen sind. Ihr Argument sei, dass sichder Teller durch diese Konstruktion selbsthängendzentriert. „Aber wie wird dieser Teller denn angetrie-

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ben?“, fragt Frohnhöfer und die Art, wie er das sagt,deutet darauf hin, dass er sogleich den eklatantenDenkfehler dahinter bloßlegen wird. Ein seitlich ste-hender Motor sorgt über den Riemen dafür, dass derTeller in Richtung des Motors gezogen wird – alsoganz offenbar nicht mehr in der Mitte hängt. „DerTeller wiegt aber deshalb immer noch zehn Kilo undwill eigentlich in seine Ausgangsposition zurück,muss also permanent gegen den Zug vom Riemenarbeiten.“ Frohnhöfer: „Das halte ich für eine herr-lich katastrophale Lösung.“Wobei das Schlimmste noch etwas ganz anderes sei:Denn das Hauptgeräusch an einem Lager ist der Auf-standspunkt der Achse am Boden, die normalerweiseetwa zehn Zentimeter unterhalb des Plattentellersliegt. Im Falle des invertierten Lagers aber rückt dasGeräusch bis auf wenige Millimeter an die Schall-platte heran. „Kompletter Schwachsinn“, urteiltFrohnhöfer. „Physikalisch absoluter Mist!“ Häufigsoll in diesem Fall ein Magnetlager Verbesserungbringen, denn wenn man einen Plattenteller magne-tisch abstößt, wiegt er keine zehn Kilo mehr, sondernnur noch, sagen wir, zwei Kilo. Der Druck auf denDrehpunkt der Achse wird geringer und somit auchdas Geräusch. Nur, sagt Frohnhöfer, wäre der Magnet ja völlig unnötig, wenn man von vornhereinden Drehpunkt des Lagers unten gelassen hätte. „Dasist so“, sagt Frohnhöfer, „als wenn jemand sagt, alleReifen sind rund, nur meiner nicht. Und deshalb ver-

Das sogenannte Backenfutter, das in der CNC-Drehmaschi-ne zum Klemmen der Werkstücke verwendet wird

Die gelernte Uhrmacherin Stefanie Mattes bei der Platten-spielermontage

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wie das Öl einfach weggedrückt.“ Für eine funktio-nierende Schmierung sei es bei schweren Tellerndeshalb notwendig, im eigentlichen Grundmateri-al, auf dem die Kugel steht, Schmierstoff „einzu-bauen“, der nicht weggedrückt werden kann. DieLösung bei Acoustic Signature ist seit 1999 einhochwertiger Werkstoff namens Tidorfolon: selbst-schmierend, hart und extrem langzeitstabil. Ge-bundenes Teflon (reines wäre zu weich), Vanadiumund Bindemittel. Ein Lager, mit dem Frohnhöferdas Kunststück gelungen ist, beides – Spiel undReibung – deutlich zu mindern. Während Gunther Frohnhöfer immer noch über

kaufe ich Ihnen für zusätzliche 5000 Euro diese hy-droelektrisch-pneumatische Vorrichtung, mit derman die Vibration meiner eckigen Reifen eliminie-ren kann, sodass Sie Auto fahren können wie mit’mrunden Reifen!“Wenn man das Lager umdreht, folge aber auch dasÖl der Schwerkraft – mit der Folge, dass man ir-gendwann keine Schmierung mehr hat. „Nun sagenmanche, tun wir oben’n bisschen Fett hin, das istträge und fließt nicht weg.“ Laut Frohnhöfer dernächs te physikalische Fehler, weil die Aufstands-fläche der Kugel mimimal ist. „Das heißt, wir habenhier Druck ohne Ende und das Fett wird genauso

Akustische Beruhigung: Zylinder aus nichtmagnetischemMessing

Mitarbeiter Otto Hanak setzt die Silencer in den Platten teller

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Lager referiert, wage ich einen Blick auf die Anlage,die im Hintergrund steht. Cayin-Vollverstärker, klei-ne Gauder-Lautsprecher, Wow XL, sein zweitkleins -ter Plattenspieler. Kein sichtbares Tuning, keine arm-dicken Kabel. Man tritt Frohnhöfer sicherlich nichtzu nahe, wenn man die Vorführanlage als, sagen wir,nicht überambitioniert bezeichnet. Aber das hat sei-nen Grund, er will ja eben nicht eine perfekte Vor-führung hinzaubern, die die meisten Kunden dannzu Hause nicht reproduzieren können. Und imGrunde steht es ja auch nur da, falls mal jemand un-angemeldet klingeln sollte. Ein Großteil der Ange-stellten, sagt Frohnhöfer, hat mit High-End oder Hi-Fi gar nichts am Hut. Genau diese zieht er beiHörvergleichen aber gern heran, denn wenn manwochenlang etwas aufwendig verändert hat, ist mandoch relativ voreingenommen, was die klanglicheBeurteilung angeht. Er fragt also gern die Leute ausder Produktion, ob und was sie feststellen. Ein neu-traler Gradmesser, der ihn abseits aller verständli-chen Projektionen oft schnell wieder auf den Bodender Tatsachen bringt. Im Fertigungsraum steht festungsgleich ein Invic-tus, der je nach Bestückung deutlich über 100 000 Eu-ro kostet. Nächste Woche geht er per Luftfracht nachThailand raus. Asien ist Frohnhöfers Hauptmarkt.Ein handliches Päckchen à 420 Kilo. Zurzeit verkaufter zwei davon im Monat. Was ein bisschen mit Jona -than Valin zu tun hat. Der schreibt für das amerikani-

sche Fachmagazin „Absolute Sound“ und hatte dasLaufwerk – noch vor der eigentlichen Besprechung –in seinem Blog Anfang Dezember als „besten Platten-spieler, den ich je zu Hause gehört habe“ (und mandarf davon ausgehen, dass er dort einiges gehört hat)gelobt. Frohnhöfer war zuvor volles Risiko gegangenund hatte acht Laufwerke ans Lager gebaut: „Nochvor Weihnachten war alles weg!“ Auf Messen bekommen Gunther Frohnhöfer undseine Frau manchmal merkwürdige Fragen nach denvier Tonarmen des Invictus zu hören. Wie man diealle gleichzeitig auf die Platte bekomme, damit sie inder richtigen Rille liegen? Ob es für besseren Gleich-lauf wäre? Manchmal antwortet Frau Dawo dann:„Nein, da können Sie vier Platten gleichzeitig abspie-len!“ Aber weil sie ein freundlicher Mensch ist,schiebt sie natürlich die richtige Erklärung hinter-her. Frohnhöfer antwortet auf die Frage, wozu manvier Tonarme braucht, eher rustikal: „Kennen Sieniemanden, der mehrere Autos, aber bloß einenArsch hat, mit dem er sich reinsetzen kann?“ Erstdurch seine Frau habe er gelernt, sagt er, verbindli-cher zu sein, und Menschen nicht vor den Kopf zustoßen. Obwohl, manchmal muss es natürlich sein. Früher hat er seine Dreher „Thunder“ und „Storm“genannt, die neuen Serien hat er eher ans Lateinischeangelehnt. „Die Namensgebung ist ein schwierigerProzess“, sagt Frohnhöfer, erstens müssen die Namenetwas ausdrücken und zweitens weltweit aussprech-

Produktionsleiter Martin am Vorzeige-Laufwerk mit demschönen Namen „Invictus“

Nur mit Handschuhen: Tonarmjustage am „Invictus“

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spieler Manfred nennen?“ „So hieß mein Vater“, hatFrohnhöfer geantwortet und dann war der andereganz still. Um 18 Uhr beginnt an der Drehmaschine die zwei-te Schicht. Gunther Frohnhöfer, der noch im Büro istund voraussichtlich auch noch eine ganze Weile dortsein wird, sitzt nun in der Entwicklungsarbeit, fürdie er natürlich Ruhe braucht. Die besten Ideen aberhat er sowieso meist mitten in der Nacht. Er schläftmit dem Gedanken an ein Problem ein, und späte-stens um vier wacht er auf und hat es gelöst. So hater nicht wenige seiner Laufwerke sozusagen imSchlaf entwickelt.

bar sein. „Barzetti“ zum Beispiel ist ein reiner Fan ta -sie name, obwohl es mal einen italienischenKomponis ten gab, der Barazetti hieß – aber ob dasauch einem Chinesen halbwegs locker über die Lip-pen gegangen wäre? „Triple X“ ist natürlich auch soeine Sache, denn in den USA heißen Pornos so. Ob-wohl Frohnhöfer dabei ja eher an den gleichnamigenFilm mit Vin Diesel gedacht hat, der darin einen Ge-heimagenten spielt. Die besonders Schlauen fragendann oft, ob er denn wisse, was das „eigentlich“heißt. „Klar“, sagt Frohnhöfer dann, „ich bin zwarblond, aber nicht doof.“ Einmal hat einer zu ihm ge-sagt: „Wie kann man so blöd sein, und einen Platten-

Uhrmacher Fatik Dönmez ist im Betrieb für die Tonarme zu-ständig

Mess-Equipment