Resolution: Zukunft Krankenhaus Schlanders

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Zukunft Krankenhaus Schlanders Stellungnahme des Gemeinderates der Marktgemeinde Schlanders Der Gemeinderat von Schlanders nimmt als Vertretung der Bürgerinnen und Bürger von Schlanders zur Zukunft des Krankenhauses Schlanders wie folgt Stellung: 1. Geografische Lage und Verteilung der Krankenhäuser in Südtirol – Schlanders kann nicht mit Sterzing und Innichen gleichgestellt werden! Der Vinschgau ist mit 1.442 km² der flächenmäßig zweitgrößte Bezirk und umfasst 20 % der Südtiroler Landfläche; Der Vinschgau ist zudem ein sehr langes Tal mit einer Vielzahl von langen und sehr gebirgigen Seitentälern; die Entfernung in der Hauptachse von Meran bis Reschen beträgt 80 km. Um vom Langtauferer Tal oder von Sulden nach Schlanders zu kommen, benötigt man bereits eine Stunde, geschweige denn um nach Meran zu fahren. Im Winter ist die Erreichbarkeit noch viel kritischer; dasselbe gilt für die Urlaubszeiten aufgrund der ständigen Überlastung der Vinschger Staatsstraße. Trotz dieses ausgedehnten Gebietes und der schwierigen Straßeninfrastruktur gibt es im Westen unseres Landes (Bezirke Vinschgau und Burggrafenamt) auf einer Fläche von 2.542 km² und mit einer Bevölkerung von 134.000 Personen zwei Krankenhäuser, das Schwerpunktkrankenhaus Meran und das Grundversorgungskrankenhaus Schlanders, während es im Osten Südtirols (Bezirk Pustertal, Eisacktal und Wipptal) auf einer Fläche von 3.344 km und mit einer Bevölkerung von 150.000 Einwohnern gleich vier Krankenhäuser gibt, die zwei Schwerpunktkrankenhäuser Brixen und Bruneck und die beiden Grundversorgungskrankenhäuser Sterzing und Innichen. Die Erreichbarkeit auf der Nord-Süd-Achse ist mit der Autobahn bestens gewährt und auch die Pustertaler Straße ist wesentlich besser ausgebaut als die Vinschgauer Staatsstraße. Die doppelte Anzahl von Krankenhäusern bei ähnlichen Einzugsgebieten und vergleichbaren Bevölkerungszahlen spricht für sich selbst und belegt nur allzu deutlich, dass im Vergleich in der westlichen Landeshälfte objektiv wohl kaum mehr Kürzungen und Rationalisierungen vorgenommen werden können, ohne die unverzichtbare Grundversorgung der eigenen Bevölkerung des Einzugsgebietes empfindlich zu beschneiden! Dieses beschriebene Ost-West-Gefälle hat historische Gründe: in Vergangenheit hat man für Schlanders und den Vinschgau keinen eigenen Gesundheitsbezirk geschaffen, um zu gewährleisten, dass der Gesundheitsbezirk Meran immer eine solide deutsche Mehrheit im Sinne des Proporzes aufweist.

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Zukunft Krankenhaus Schlanders Stellungnahme des Gemeinderates der Marktgemeinde Schlanders

Der Gemeinderat von Schlanders nimmt als Vertretung der Bürgerinnen und Bürger von Schlanders zur Zukunft des Krankenhauses Schlanders wie folgt Stellung: 1. Geografische Lage und Verteilung der Krankenhäuser in Südtirol –

Schlanders kann nicht mit Sterzing und Innichen gleichgestellt werden! • Der Vinschgau ist mit 1.442 km² der flächenmäßig zweitgrößte Bezirk und

umfasst 20 % der Südtiroler Landfläche; • Der Vinschgau ist zudem ein sehr langes Tal mit einer Vielzahl von langen und

sehr gebirgigen Seitentälern; die Entfernung in der Hauptachse von Meran bis Reschen beträgt 80 km.

• Um vom Langtauferer Tal oder von Sulden nach Schlanders zu kommen, benötigt man bereits eine Stunde, geschweige denn um nach Meran zu fahren.

• Im Winter ist die Erreichbarkeit noch viel kritischer; dasselbe gilt für die Urlaubszeiten aufgrund der ständigen Überlastung der Vinschger Staatsstraße.

• Trotz dieses ausgedehnten Gebietes und der schwierigen Straßeninfrastruktur gibt es im Westen unseres Landes (Bezirke Vinschgau und Burggrafenamt) auf einer Fläche von 2.542 km² und mit einer Bevölkerung von 134.000 Personen zwei Krankenhäuser, das Schwerpunktkrankenhaus Meran und das Grundversorgungskrankenhaus Schlanders, während es im Osten Südtirols (Bezirk Pustertal, Eisacktal und Wipptal) auf einer Fläche von 3.344 km und mit einer Bevölkerung von 150.000 Einwohnern gleich vier Krankenhäuser gibt, die zwei Schwerpunktkrankenhäuser Brixen und Bruneck und die beiden Grundversorgungskrankenhäuser Sterzing und Innichen. Die Erreichbarkeit auf der Nord-Süd-Achse ist mit der Autobahn bestens gewährt und auch die Pustertaler Straße ist wesentlich besser ausgebaut als die Vinschgauer Staatsstraße.

• Die doppelte Anzahl von Krankenhäusern bei ähnlichen Einzugsgebieten und vergleichbaren Bevölkerungszahlen spricht für sich selbst und belegt nur allzu deutlich, dass im Vergleich in der westlichen Landeshälfte objektiv wohl kaum mehr Kürzungen und Rationalisierungen vorgenommen werden können, ohne die unverzichtbare Grundversorgung der eigenen Bevölkerung des Einzugsgebietes empfindlich zu beschneiden!

• Dieses beschriebene Ost-West-Gefälle hat historische Gründe: in Vergangenheit hat man für Schlanders und den Vinschgau keinen eigenen Gesundheitsbezirk geschaffen, um zu gewährleisten, dass der Gesundheitsbezirk Meran immer eine solide deutsche Mehrheit im Sinne des Proporzes aufweist.

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• Diese fehlende verwaltungstechnische Eigenständigkeit hat auch verhindert, dass das Krankenhaus Schlanders eine ähnliche Entwicklung wie jene von Bruneck durchgemacht hat. Strategisch und funktionell, im Sinne der Versorgung eines ganzen flächenmäßig großen Bezirkes, muss Schlanders mit Bruneck gleich gesehen werden!

• Aus all diesen Gründen wurde im Vinschgau die Einstufung des Krankenhauses von Schlanders als Grundversorgungskrankenhaus auf derselben Ebene wie die Krankenhäuser von Sterzing und Innichen immer schon als nicht tragbar, ungerecht und völlig realitätsfern angesehen. Diese Gleichstellung wurde immer schon als schwere Abstrafung unserer Realität aufgefasst.

• Bei aller Solidarität mit den beiden Grundversorgungskrankenhäusern Sterzing und Innichen kann daher das Krankenhaus Schlanders niemals mit jenen von Sterzing und Innichen verglichen und gleichgestellt werden! Das Krankenhaus Schlanders muss mit dem Krankenhaus Bruneck verglichen werden.

2. Das Krankenhaus Schlanders als strategischer Standort, Wirtschaftsfaktor und wichtiger Arbeitgeber

• Das Krankenhaus Schlanders ist für die gesamte Bevölkerung des Vinschgaus

die zentrale Anlaufstelle an 24 Stunden am Tag und 365 Tagen im Jahr für alle gesundheitlichen Not- und Problemfälle.

• Das Krankenhaus Schlanders ist ein unersetzlicher Wirtschaftsfaktor und mit rund 400 Arbeitsstellen der zweitgrößte Arbeitgeber im Vinschgau. Das Krankenhaus ist zudem einer der wenigen Arbeitgeber im Tale, der auch hochqualifizierte Arbeitsplätze anbietet. Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Krankenhauses für Schlanders und den gesamten Vinschgau ist augenscheinlich. Es bildet die Existenzgrundlage für hunderte von Familien und trägt einen wesentlichen Teil an der Wertschöpfung und Umweg-Rentabilität des Vinschgaus bei.

• Nachdem die Landesregierung seit Jahren große Anstrengungen unternimmt, die ländlichen Gebiete unseres Landes auch mit „hochwertigen Arbeitsplätzen“ zu stärken, darf es nicht sein, dass durch einen politischen Kraftakt in Schlanders das Gegenteil erzielt wird.

• Der Vinschgau gehört zu den wirtschaftlich ärmsten, strukturschwächsten und abwanderungsgefährdeten Bezirken des Landes. Jegliche Beschneidung bzw. Kürzung des Dienstleistungsangebotes im Krankenhaus würde diese nachteilhafte Situation verstärken und die wirtschaftliche Abwanderung in Richtung der großen Zentren unseres Landes intensivieren.

• Alle Zentralisierungsbestrebungen sind nur bedingt von Vorteil und führen bekanntlich zu bedenklichen volkswirtschaftlichen Entwicklungen. Subsidiarität ist auch im Bereich der Krankenhausdienste angesagt,

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insbesondere wenn Strukturen bereits bestehen. Wohnortnahe medizinische Versorgung erleichtert die persönliche und familiäre Betreuung, vermeidet Verkehr und ermöglicht eine breite Verteilung der Wertschöpfung auch auf dem Land.

3. Leistungsangebot • Das Krankenhaus Schlanders gewährt im Wesentlichen die Grundversorgung

für die eigene Bevölkerung des Vinschgaus von der Geburt bis zum Tod. Die meisten Klienten sind daher Bürger/innen des Vischgaus, und nur ein geringer Anteil sind Klienten aus dem Ausland oder anderen italienischen Regionen.

• Diese Grundversorgung der eigenen Bevölkerung ist die institutionelle Aufgabe des Südtiroler Sanitätsbetriebes und unerlässlich für die Gewährleistung einer gesunden und funktionierenden Gesellschaft. Deshalb ist es wichtig die Bevölkerung des Vinschgaus weiterhin in allen Lebensphasen angemessen, qualitativ, nahe und sicher betreuen zu können. Die Grundversorgung vom Ungeborenen bis hin zum Sterbenden muss auch weiterhin in hoher Versorgungsqualität über 24 Stunden an sieben Tagen die Woche garantiert werden.

• Das Krankenhaus Schlanders hat in den letzten Jahren bereits eine Vielzahl von Einsparungen, Zusammenlegungen, Rationalisierungen und Kürzungen z.T. selbst vorgenommen und z.T. erdulden müssen. So wurden die Gynäkologie und Geburtshilfe zur Mutter-Kind-Station zusammengelegt, die Betten für unterschiedliche Fachbereiche gemeinsam geführt, die Krankenhausapotheke wurde geschlossen und nach Meran ausgelagert, die Wäscherei wurde geschlossen. Entsprechend den Vorgaben der Klinischen Reform wurde begonnen die Patientenunterbringung nach Pflegeintensität zu organisieren. Die Röntgenabteilung als eigenständige Einrichtung wurde aufgelassen und organisatorisch der Abteilung in Meran angegliedert. Der radiologische Primar in Schlanders wurde nicht mehr nachbesetzt. Auch im Verwaltungsbereich wurden und werden ständig Einsparungen vorgenommen!

• Die Einsparungskapazitäten unseres Krankenhauses sind somit völlig ausgereizt. Jegliche weitere Kürzung oder Beschneidung würde einen schmerzlichen und nachhaltigen Verlust im Grundversorgungsangebot bewirken und damit eine Ungleichbehandlung der Bevölkerung des Westens unseres Landes zur Folge haben.

• Die Geburtenstation ist unbestritten einer der Dreh- und Angelpunkte unseres Krankenhauses. Ein Verlust unserer Geburtenstation wäre unweigerlich der Anfang vom Ende unseres Krankenhauses und würde eine nicht schließbare Lücke in diesem großen Einzugsgebiet aufreißen. Die Geburtenstation muss daher als solche erhalten bleiben.

• Im Krankenhaus Schlanders verzeichnet man jährlich rund 400 Geburten,

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deren Anzahl überdies steigend ist. Das Krankenhaus Meran wäre in der heutigen Situation weder räumlich noch mit seinem Personal in der Lage, weitere 400 Geburten aufzunehmen.

• Aber nicht nur die Geburt selbst, sondern auch die Begleitung während der Schwangerschaft und all ihren aufwerfenden Bedürfnissen seitens der werdenden Eltern sowie die Zeit danach sei erwähnt. Hier ist die Sicherheit einer strukturierten und 24 stündigen Hilfestellung unverzichtbar.

• Dies gilt im gleichen Maße auch für die Betreuung und Sicherstellung einer sicheren Pflege für die kleinsten unserer Gesellschaft, unseren Kindern!

• Statistische Fallzahlen können lediglich eine Richtungsweisung darstellen, dürfen aber nicht das einzige Entscheidungskriterium sein. Mit Sicherheit wichtiger müssen die Größe des Einzugsgebietes, die Entfernungen, die geografischen Begebenheiten und die Erreichbarkeit bewertet werden. Es gibt internationale Standards, nach denen eine Geburtenstation innerhalb einer halben Stunde erreichbar sein soll. Dies ist im Vinschgau für Schlanders bereits schwierig, nach Meran müsste man bis zum Dreifachen dieser Zeit einplanen!

• Die Fallzahlen lassen auch keine zwingenden Rückschlüsse auf die Qualität des angebotenen Dienstes zu. In Schlanders gab es noch nie größere Probleme dieser Art, da Risikofälle ohnehin nach Bozen weiter verwiesen werden.

• Für die Sicherheit der Bevölkerung wäre es sicherlich nicht von Vorteil, wenn eine beachtliche Zahl von Kindern zukünftig im Auto geboren werden müsste.

• Dem Krankenhaus Schlanders müssen aus entwicklungsstrategischen Gründen zusätzliche Spezialisierungsprofile z. B.im Bereich Unfallchirurgie und Orthopädie gegeben werden. Das Leistungsspektrum der klinischen Dienste soll erweitert werden etwa durch die Aufwertung der Zentralen Überwachungsstation, um Dienste der Grundversorgung programmieren und ausführen zu können. Dadurch kann man die vorhandenen ausgezeichneten Strukturen in Schlanders noch besser auslasten und gleichzeitig Freiräume für komplexere Fälle in den Schwerpunktkrankenhäusern schaffen.

4. Zusammenarbeit • Die Zusammenarbeit zwischen den beiden Krankenhäusern von Schlanders

und Meran muss verbessert werden. Es muss einen Arbeits- und Wissensaustausch in beide Richtungen und nicht nur im Einbahnverkehr geben. Von einer besseren Zusammenarbeit können beide Krankenhäuser und der gesamte Gesundheitsbezirk profitieren und ihre Effizienz gesteigert werden. Die Zusammenarbeit muss einen selbstverständlichen und verbindlichen Charakter erhalten. Durch eine systematische Rotation der Ärzte können auch Personalengpässe in verschiedenen Abteilungen gelindert oder überwunden werden.

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5. Forderung • Durch ausstehende Entscheidungen, langwieriges Hinhalten sowie gesteuerte

Negativmeldungen in der Tagespresse hat sich die Situation an den Grundversorgungskrankenhäusern und in der Bevölkerung zugespitzt. Eine große Verunsicherung und existentielle Sorgen belasten Patienten, Mitarbeiter und Ärzteschaft. Das gesamte Klima ist höchst angespannt.

• Daher fordert der Gemeinderat von Schlanders einstimmig von allen politischen und verantwortlichen Vertretern des Landes ein sofortiges und klares Bekenntnis zur Aufrechterhaltung und zum Ausbau aller derzeit angebotenen Dienste und Abteilungen am Krankenhaus Schlanders für 24 Stunden an sieben Tagen die Woche.

• Zudem fordert der Gemeinderat von Schlanders alle politischen und verantwortlichen Vertreter des Landes auf, die in dieser Stellungnahme angeführten Punkte in die anstehende Diskussion zur Erstellung des Landesgesundheitsplanes mit einzubringen und den hier geäußerten wesentlichen Anliegen der Bevölkerung des Vinschgaus Gehör zu schenken.

• Alle zuständigen Politiker fordern wir auf, endlich klare Entscheidungen im Sinne der Bevölkerung des Vinschgaus zu treffen und die vielfach, auch bei der Bürgerversammlung in Schlanders öffentlich gemachten Zusagen einzuhalten.

6. Aufruf

• Alle Bürgerinnen und Bürger, Gemeinderäte, Bürgermeister und Mandatare des Vinschgaus sind aufgerufen, gemeinsam für die Aufrechterhaltung aller Dienstleistungen und Abteilungen des Grundversorgungskrankenhauses Schlanders, gegen die fortschreitende Zentralisierung und für die Stärkung und Beibehaltung der Strukturen im Vinschgau einzutreten. Schlanders, am 18.09.2014 Der Gemeinderat von Schlanders