Rettungsdienst Journal 04-2010

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Journal K 8337 F - ISSN 0178-2193 – 29. Jahrgang 04-2010 Rettungsdienst Rettungsdienst Postvertriebsstück K 8337 F, Gebühr bezahlt, Berufsverband für den Rettungsdienst e.V., Gießener Straße 42, 35423 Lich Mitgliederorgan des Berufsverbandes für den Rettungsdienst e.V. Journal Ausbildungsqualität: Projekte AQiG + AQiG Reloaded Katastrophenschutzübung: SOGRO MANV 500 in Frankfurt 04-2010

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Das Mitgliederorgan für den Berufsverband für den Rettungdienst (BVRD). Ausgabe 04-2010

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JournalK 8337 F - ISSN 0178-2193 – 29. Jahrgang 04-2010

RettungsdienstRettungsdienstPostvertriebsstück K 8337 F, Gebühr bezahlt, Berufsverband für den Rettungsdienst e.V., Gießener Straße 42, 35423 Lich

Mitg l iederorgan des Berufsverbandes für den Rettungsd ienst e.V.

Journal

Ausbildungsqualität: Projekte AQiG + AQiG Reloaded

Katastrophenschutzübung: SOGRO MANV 500 in Frankfurt

04-2010

­2 Rettungsdienst Journal 04-2010

Edi to r ia l . . .

Rettungsdienst Journal 04-2010

EDITORIAL

Liebe Leserinnen und Leser,

in dieser Ausgabe unserer Zeitschrift möchten wir Ihnen einen Einblick in zwei Forschungsprojektezur Qualität der beruflichen Bildung in Gesundheitsfachberufen geben, wir möchten Sie über dieAnhörung des Hessischen Landtages zur Neufassung des Hessischen Rettungsdienstgesetzes infor-mieren sowie Ihnen Eindrücke von einer Katastrophenschutzübung von einem bisher einmaligenAusmaß am Rhein-Main-Flughafen in Frankfurt vermitteln.

Der Beitrag von Angelika Unger, Janika Grunau und Professor Thomas Bals zum Forschungsprojekt„AQiG“ und dem Folgeprojekt „AQiG-Reloaded“ soll Rettungsassistenten und Rettungssanitäternsowie anderen Interessierten einen Einblick in diese beiden Projekte gewähren sowie einen Über-blick über die Ergebnisse geben. An diesen beiden Projekten war der BVRD als Kooperationspartnerbeteiligt; Dr. Gerhard Nadler aus München und Rainer Viering aus Castrop-Rauxel waren in dieArbeitsgruppen eingebunden. Mehr dazu können Sie den Seiten 6 bis 11 entnehmen.

Mit einem kurzen Artikel der RDJ-Redaktion möchten wir Sie über die Anhörung des Sozialpoliti-schen Ausschusses im Hessischen Landtag zur Neufassung des Hessischen Rettungsdienstgesetzes, zuder auch der BVRD geladen war, informieren. Interessant dürfte für viele Leser vor allem sein, daßdie Verbände von einer Fraktion im Hessischen Landtag nach Auffassung und Vorstellungen bezüg-lich einer offiziellen Erweiterung der Kompetenz der Rettungsassistenten gefragt wurden. Unserenkurzen Artikel sowie die umfangreiche Stellungnahme des BVRD finden Sie auf den Seiten 12 bis15.

Der Beitrag von Michael Ehresmann, Sebastian Stenzel und W. (Don) Broemme über die Katastro-phenschutzübung „SOGRO“ soll Ihnen Eindrücke von einer Großübung am Rhein-Main-Flughafen inFrankfurt vermitteln. Am einem Samstag im Oktober übten über 1.500 „Retter“ das Vorgehen beieinem Zusammenstoß zweier Flugzeuge auf der Landebahn mit insgesamt 560 Verletzten. Mehrdazu können Sie den Seiten 20 bis 29 entnehmen.

Da unsere Zeitschrift aus technischen Gründen einige Tage später als üblich erscheinen muß und dieWeihnachtszeit beim Erscheinen bereits hinter uns liegt, möchten wir Ihnen statt dessen einenguten Start in das Jahr 2011 wünschen.

RDJ-Redaktion

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INHALTSVERZEICHNIS RDJ 04-2010

Editorial 3Inhalt 4Aufnahmeantrag / Abo-Formular 5Impressum / Termine 30

Rettungsdienst

Journal

Ergebnisse aus den Projekten“AQiG” und “AQiG-Reloaded”

ab Seite 6

BVRD-Vertreter für Kompetenzer-weiterung für RettAss in Hessen

ab Seite 12

Titelbild: “SOGRO-Übung” am Airport Frankfurt (Michael Ehresmann - wiesbaden112.de)

Buchbesprechungen

BVRD Intern

Forschung

Berufspolitik

Ausbildungsqualität in Gesundheitsberufen:Ergebnisse aus den Projekten “AQiG” und “AQiG-Reloaded” 6

AQiG-Abschlußveranstaltung in Berlin 11

Hessischer Landtag:BVRD-Vertreter spricht sich bei Ausschußanhörung für Kompetenzerweiterung für RettAss durch Berufsordnung aus 12

BVRD-Stellungnahme für den Sozialpolitischen Ausschussim Hessischen Landtag 13

Rettungsdienst Journal 04-2010

Katastrophenschutzübung SOGROMANV 500 am Airport Frankfurt

SEITE 20

Änderung des Versicherungsschutzes für Mitglieder 16

Die Auswirkungen des Unionsrechts auf den deutschen Rettungsdienst 18

Der Einsatz nicht-ärztlichen Heilpersonals bei der am-bulanten Versorgung chronisch kranker Patien 18

Die Unterbringung Obdachloser durch Polizei- undOrdnungsbehörden 18

Krankentransport und Rettungsdienst 18

Der Weg zum erfolgreichen Ausbilder 19

Soziale Kompetenz im Notfall 19

Übersicht über das Arbeitsrecht / Arbeitsschutzrecht 19

Übersicht über das Sozialrecht 19

Katastrophenschutzübung SOGRO MANV 500 in Frankfurt 20

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für ZDL, Azubis, Studenten, Ruheständler etc. 40 Euro Jahresbeitrag (einschließlich RDJ-Bezug)

für informierte Mitglieder 25 Euro Jahresbeitrag(keine Versicherungsleistungen, aber RDJ-Bezug)

Der Aufnahmeantrag gilt gleichzeitig alsBankeinzugsermächtigung laut Delegiertenbeschluß!

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FORSCHUNG

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Ausbildungsqualität in Gesundheitsberufen:Ergebnisse aus den Projekten „AQiG“ und „AQiG Reloaded“

Von Angelika Unger / Janika Grunau / Thomas Bals

Projekt AQiG - Struktur, Verlauf und Ziele

Das Vorhaben „Entwicklung, Erprobung undEvaluierung übergreifender Qualitätskriterien fürdie Berufsausbildung der Gesundheitsberufe“(Kurzbezeichnung: Ausbildungsqualität in Ge-sundheitsberufen - AQiG) repräsentiert eine vonder Robert Bosch Stiftung ergriffene Initiative, inwelcher mehrere bis dato vorliegende Initiativenzur Verbesserung der Ausbildungsqualität auseinzelnen Gesundheitsberufen bzw. Berufsver-bänden gebündelt wurden.

Ziel des Projekts war es, in einem konsensorien-tieren Verfahren berufsübergreifende Qualitäts-kriterien für die Berufsausbildung der Gesund-heitsberufe zu entwickeln, diese an ausgewählteneinschlägigen Bildungseinrichtungen zu imple-mentieren und zu evaluieren. Dabei wurde insbe-sondere auch angestrebt, überberufliches Denkenund Handeln zu einem zentralen Element bzw.Qualitätsaspekt der Berufsqualifizierung der Ge-sundheitsberufe werden zu lassen.

Dieser Aspekt der Interdisziplinarität realisiertesich auf mehreren Ebenen: Während der Ent-wicklungsphase stand die Formulierung ausbil-dungsgangsübergreifend gültiger Qualitätskri-terien im Vordergrund. Durch die interdisziplinä-re Zusammensetzung der am Projekt beteiligtenGruppen (insbesondere Expertengruppe undLenkungsausschuss) wurde der berufsübergrei-fende Austausch von Anfang an strukturell veran-kert. Folgende Berufsgruppen waren vertreten:Pflegeberufe (generalistische Perspektive auf die

Gesundheits- und Kranken- bzw. Kinderkranken-pflege und Altenpflege), therapeutisch-rehabili-tative Berufe (Ergotherapie, Physiotherapie,Orthoptik), diagnostisch-technische und pharma-zeutisch-technische Berufe (MTA/Röntgen undLabor sowie PTA), Hebammenwesen, Diätassis-tenz und Rettungsassistenz.

Im Rahmen der Implementierungsphase wurde anden beteiligten Modell(hoch)schulen ein interdis-ziplinäres Projekt durchgeführt, d.h. Lernende ausverschiedenen Ausbildungsgängen arbeitetenfallbezogen und lernortübergreifend in berufsge-mischten Gruppen zusammen. Folgende Insti-tutionen waren an dieser Erprobung beteiligt:

Charité Gesundheitsakademie:Ausbildungsbereich DiätassistenzAusbildungsbereich HebammenwesenAusbildungsbereich Physiotherapie

Uniklinikum Düsseldorf - Ausbildungszentrumfür Gesundheitsfachberufe:Fachbereich Medizinisch-Technische-AssistenzFachbereich OrthoptikFachbereich PflegeFachbereich Physiotherapie

Wannsee-Schule e.V. Berlin:ErgotherapieschuleGesundheits- und KrankenpflegeschulePhysiotherapieschule

Ev. Fachhochschule Berlin:Studiengang Bachelor of Nursing

Dieser Beitrag vermittelt einen Einblick in das Forschungsprojekt "AQiG" sowie das Folge-projekt "AQiG-Reloaded". Gegenstand von AQiG war die Entwicklung, Erprobung und Eva-luierung übergreifender Qualitätskriterien für die Berufsausbildung in Gesundheitsfachbe-rufen. Im Rahmen von AQiG-Reloaded wurde ein Kriterienkatalog zur beruflichen Bildung anSchulen für Gesundheitsfachberufe entwickelt. In diesen Projekten arbeiteten Wissenschaft-ler der Technischen Universität Dresden bzw. der Universität Osnabrück und Experten ausverschiedenen Berufsverbänden zusammen.

Der Berufsverband für den Rettungsdienst e.V. (BVRD) war am Forschungsprojekt „AQiG“ der Technischen UniversitätDresden, das sich vom Herbst 2006 bis zum Sommer 2009 erstreckte, als Kooperationspartner beteiligt. Für dieBerufsgruppe der Rettungsassistenten waren Dr. Gerhard Nadler, der seit Jahren wissenschaftlich mit der Materiebefaßt ist, sowie Rainer Viering, Schulleiter einer RettAss-Schule, in den Arbeitsgruppen vertreten. Auch amFolgeprojekt „AQiG-Reloaded“ der Universität Osnabrück, das sich vom Herbst 2009 bis zum Sommer 2010 erstrecktewar der BVRD wieder als Kooperationspartnern beteiligt. Um die speziellen Belange zur Ausbildung vonRettungsassistenten einbringen zu können, war Dr. Gerhard Nadler in der Expertengruppe vertreten.

FORSCHUNG

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Die Expertengruppe erarbeitete zentrale Quali-tätskriterien für die Ausbildung von Gesundheits-berufen (vgl. pädea 2008, S. 10 ff.), die für alleAusbildungsformen (schulisch und hochschulisch)sowie für alle am Projekt beteiligten BerufeGültigkeit beanspruchen sollten. Dabei entschiedsich die Arbeitsgruppe gegen eine Standardisie-rung und Evaluation im Sinne von Messung oderTestierung von Ausbildungsqualität. Stattdessenwurde ein Rahmenkonzept entwickelt, welcheszunächst eine übergeordnete Orientierung, vorallem für die curriculare Arbeit und für denUnterrichtsprozess, bieten sollte. Als zentraleQualitätskriterien wurden aus dieser Perspektiveformuliert (vgl. Bögemann-Großheim 2009, S. 59,vgl. Sieger/Ertl-Schmuck/Bögemann-Großheim2010, S. 203ff.):

• ProfessionalitätDie Ausbildung orientiert sich an einem Profes-sionsbegriff, mit dem die doppelte Handlungslo-gik fokussiert wird: Ausbildungsziel ist professio-nelles Berufshandeln, d.h. einerseits die Beherr-schung wissenschaftlich fundierten Wissens, aufder anderen Seite die hermeneutische Kompetenzdes Verstehens des Einzelfalls (Situation desKlienten).

• BildungDie Ausbildung orientiert sich an einem theore-tisch fundierten Bildungsbegriff. Ausbildungbeschränkt sich nicht nur auf die Qualifizierungzur Berufstätigkeit, sondern umfasst auch dieErmöglichung von Bildungsprozessen.

Projekt AQiG - Ergebnisse aus der Entwicklungsphase: Qualitätskriterien

Diese basieren auf dem Eigenrecht des Menschenauf Selbstbestimmung, Individualität, Universali-tät und Ganzheit (humanistisches Menschenbild)sowie dem Verständnis, dass Bildungsinhalte alsMedium zur Entfaltung des Individuums dienen(formaler Bildungsbegriff).

• KompetenzorientierungDie Ausbildung ist an einem Kompetenzkonzeptorientiert, welches die Dimensionen Wissen,Können und Einstellung umfasst. Die zu erwerbe-nden Kompetenzen sollen anhand von Niveau-stufen erfasst werden; richtungsweisend könntenach Auffassung der Expertengruppe der euro-päische Qualifikationsrahmen sein.

• Subjektorientiertes LernverständnisLernen wird aufgefasst als Lernleistung desLernsubjekts im Sinne von aktiver Aneignung, d.h.es kann nicht durch Lehren erzeugt werden.Lernprozesse müssen selbsttätiges, selbstgesteu-ertes Lernen ermöglichen. Lernen beschränkt sichnicht auf den kognitiven Bereich und den Erwerbexpliziten Wissens; daher müssen emotionale undkörperliche Aspekte sowie der Erwerb implizitenWissens stärker in den Blick genommen werden.

• FallbezugCurriculum und Lehr-Lern-Prozesse orientierensich an relevanten beruflichen Handlungssitua-tionen und nicht in erster Linie an der Systematikvon Unterrichtsfächern oder Disziplinen. Dem-entsprechend kommt der fallorientierten Didak-tik eine zentrale Bedeutung zu. Dies zeigt sich vorallem in der Nutzung geeigneter didaktischerInstrumente zur Unterrichtsplanung sowie imEinsatz fallorientierter Lehr-Lern-Methoden.

Die Expertengruppe des AQiG-Workshops "Zukunftswerkstatt", die am 30. November und 1. Dezember 2006 in derRepräsentenz der Robert-Bosch-Stiftung in Berlin entscheidende Arbeit leistete; Dr. G. Nadler (BVRD) vorne links im Bild.

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FORSCHUNG

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Um der besonderen Bedeutung fallbezogenenLernens Rechnung zu tragen, entwickelten dieExpertinnen und Experten eine heuristischeFallmatrix, welche die Multiperspektivität einesFalls hervorhebt und insbesondere auch die inter-disziplinäre Perspektive fokussiert.

Die Ergebnisse der Expertengruppe konnten bis-her noch nicht umfassend publiziert werden;jedoch sind bereits verschiedentlich Teilergebnissein Form von Vorträgen referiert worden bzw. inFachzeitschriften und Sammelbänden erschienen(vgl. bspw. Bögemann-Großheim 2009, Sieger/Gorontzi 2009 und Sieger/Ertl-Schmuck/Böge-mann-Großheim 2010).

Die Projektevaluation im Rahmen der Begleitfor-schung hat gezeigt, dass bis zur Etablierung derangestrebten Qualitätskriterien in einschlägigenBildungsgängen und Bildungsinstitutionen jedochnoch ein weiter Weg zu beschreiten ist. Deutlichwurde zudem auch auch die Notwendigkeit einerweiteren Konkretisierung und „Handhabbar-machung“ der Qualitätskriterien.

Projekt AQiG - Ergebnisse aus derImplementierungsphase: InterdisziplinäresLernen

Wie bereits einleitend bei der AQiG-Projekt-beschreibung erwähnt, wurde als zentrale Maß-nahme zur Etablierung überberuflichen Denkensund Handelns an den beteiligten Modellschuleneine interdisziplinäre Lerneinheit (in der Regel imRahmen einer Projektwoche) entwickelt unddurchgeführt. Die im Hinblick auf die Evaluationerkenntnisleitende Fragestellung lautete: Inwie-weit kann dadurch die Entwicklung interdiszi-plinärer Kompetenz in der Ausbildung unter-stützt werden? Dazu wurden die beteiligtenSchülerinnen und Schüler mit Hilfe eines standar-disierten Fragebogens unmittelbar vor und kurznach der Durchführung des interdisziplinärenProjekts zu ihren Lernfortschritten befragt. ImVordergrund stand dabei die Selbsteinschätzungder Lernenden zu den Kompetenzdimensionen„Wissen“ und „Einstellung“. Dieses Vorgehenkorrespondierte mit der von den Expertinnen undExperten vertretenen Auffassung, die Selbstein-schätzung der Lernenden als festen Bestandteilder Leistungserfassung zu etablieren (vgl.Bögemann-Großheim 2009, S. 63 f.).

Sowohl die Daten zum Kooperationswissen alsauch die einstellungsbezogenen Daten zeigtengrößtenteils signifikante Lernfortschritte. DieSchülerinnen und Schüler konnten ihr Wissenüber berufliche Aufgabengebiete und Zuständig-keiten, über diagnostische und interventionsbe-

zogene Verfahren sowie über theoretische Kon-zepte, Fachbegriffe und Ausbildungsinhalte deranderen Berufe erweitern. Zudem wurde deut-lich, dass die Auszubildenden bereits zu Beginnmotiviert waren, mit Angehörigen anderer Be-rufsgruppen zusammenzuarbeiten und dass sieihre Motivation in den interdisziplinären Lern-arrangements noch steigern konnten. Die Ergeb-nisse verweisen somit auf gute Möglichkeiten undChancen, interdisziplinäres Denken und Handelnin der beruflichen Bildung der Gesundheitsberufezu entwickeln. Allerdings kann interdisziplinäreKompetenz auch unter hohem Motivations-niveau nur dann in der beruflichen Praxis hand-lungswirksam werden, wenn die Arbeitsbedin-gungen dies auch zulassen. Im Projekt hat sichgezeigt, dass die klinischen Organisationsstruk-turen in vielerlei Hinsicht als kooperationsfeind-lich einzustufen sind. Die institutionellen Rah-menbedingungen für interdisziplinäres Handelnmüssen daher bei der Konzeption und Durch-führung zukünftiger Lerneinheiten von denLehrenden nicht nur mitbedacht, sondern auchausdrücklich zum Gegenstand interdisziplinärenLernens gemacht werden.

An einigen der beteiligten Schulen hat sich inter-disziplinäres Lernen in unterschiedlichen Formenbereits nachhaltig verselbstständigt. Vier bis fünfMonate nach Abschluss wurden die verantwortli-chen Lehrerinnen in leitfadengestützten Inter-views unter anderem nach den mittel- und län-gerfristigen Auswirkungen des Projekts gefragt.Sie gaben an, in Bezug auf eine interdisziplinärePerspektive sensibilisiert worden zu sein und dieseauch zukünftig weiterverfolgen zu wollen. Vieleder Lehrenden bringen seitdem einzelne Aspekteinterdisziplinärer Kooperation verstärkt in ihrenUnterricht ein und beobachten dies auch bei denSchülerinnen und Schülern, die am Projekt AQiGteilgenommen haben. An einer Modelleinrich-tung läuft angesichts der positiven Gesamtbilanz(vgl. Schmidt/Kordell 2009) derzeit bereits diezweite „Neuauflage“ des interdisziplinären Proje-kts; an einigen anderen waren interdisziplinäreProjekte bereits vor der Beteilung am ProjektAQiG fester Bestandteil des Ausbildungskonzepts.

Angesichts der zumindest an den einbezogenenModelleinrichtungen nachweisbaren Lern-effek-te, des großen Interesses und nicht zuletzt derMotivation der Lernenden und Lehrenden ermuti-gen die hier skizzierten Untersuchungsergebnissezur Ausweitung interdisziplinären Lernens an denBildungseinrichtungen des Gesundheitswesens.

Mit diesem positiven Fazit wurde das “ProjektAQiG” im September 2009 abgeschlossen.

FORSCHUNG

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Folgeprojekt AQiG Reloaded - Entstehung und Zielsetzung

Trotz des o.g. positiven Fazits sind im Hinblick aufdie Zielsetzungen von AQiG noch Fragen offengeblieben. Hier haben dann auf Initiative vonWorkshopteilnehmern der ersten Abschlusstag-ung im Juni 2009 die mit dem Label "AQiG-Reloaded" etikettierten Bemühungen um eineWeiterführung der Erarbeitung von Qualitätskri-terien, -indikatoren und -standards angesetzt. DieArbeit der überwiegend aus Mitgliedern des vor-maligen Expertengremiums und Lenkungsaus-schusses bestehenden weiteren Arbeitsgruppewurde wiederum von der Robert Bosch Stiftunggefördert.

War im ursprünglichen Projekt ein Rahmenkon-zept entwickelt worden, welches einzelne grund-legende Qualitätsansprüche theoretisch fundierteund diesbezügliche Kriterien sowohl für die schu-lische als auch für die hochschulische Ausbildungformulierte, so sollte nun ein Kriterienkatalogerarbeitet werden, der auf ein spezifisches undzugleich alle Qualitätsbereiche umfassendessystematisches Qualitätsmanagement an Schulendes Gesundheitswesens abzielt (s.a. Tabelle).Dieser Katalog dient zum einen interessiertenSchulen als Anregung, Prozesse systematischenQualitätsmanagements anzustoßen oder gegebe-nenfalls zu erweitern. Zum anderen richten sichdie erarbeiteten Kriterien und die dazu definier-ten Standards ausdrücklich auch an die Adresseder für die gesundheitsberufliche Bildung poli-tisch bzw. administrativ Verantwortlichen. In die-sem Sinne sind die Kriterien auch als Aufforde-rung zu verstehen, die bisherigen Mindeststan-dards bei der Genehmigung und schulfachlichenAufsicht der Schulen des Gesundheitswesens zuüberdenken, gegebenenfalls erforderliche Res-sourcen zur Verfügung zu stellen und Rahmen-

bedingungen zu schaffen, die eine Verbesserungder Ausbildungsqualität ermöglichen.

Folgeprojekt AQiG Reloaded -Durchführung und Ergebnis

Von Dezember 2009 bis Mai 2010 erarbeitete dieo.g. Gruppe in mehreren Workshop-Sitzungeneinen Katalog mit Kriterien, Indikatoren undStandards zur Qualitätsentwicklung an Schulendes Gesundheitswesens. Dabei wurde auf das inder pädagogischen Fachöffentlichkeit weithinrezipierte und inzwischen auch im Bereich derstaatlichen Schulevaluation vielfach angewandteModell Q2E (vgl. Landwehr/Steiner 2007) alsStrukturierungshilfe zurückgegriffen. Zu folgen-den Qualitätsbereiche bzw. -dimensionen wurdenKriterien, Indikatoren und Standards formuliert:

• Inputqualitäten (Konzeptionelle Grundlagen, Personelle Strukturen und Materielle Ressourcen),

• Prozessqualitäten Schule (Schulführung, Schulorganisation und -administration und Schulkultur),

• Prozessqualitäten Unterricht (Lehr- und Lernarrangements, Soziale Beziehungen und Prüfen und Beurteilen) sowie

• Output- und Outcomequalitäten (Zufriedenheit der Anspruchsgruppen, Lern- und Sozialisationsergebnisse und Ausbildungserfolg).

Der Katalog versteht sich als erster SchrittArbeitsgrundlage zur Etablierung ausbildungs-gangsübergreifender Qualitätskriterien undwurde im Rahmen der Abschlusstagung „Quali-tätsentwicklung an Schulen des Gesundheits-wesens“ im Juni 2010 in der Robert Bosch Stiftungvorgestellt und diskutiert. Die Ergebnisse stießenseitens der anwesenden Vertreterinnen und

Projekt AQiG Folgeprojekt AQiG Reloaded

Projektstruktur Komplexes­Organigramm:­ Gemischter­Arbeitskreis­aus­Mitgliedern­des

Projektleitung/-koordination­und­ AQiG-Lenkungsausschusses­und­

der­wissenschaftliche­Begleitung,­ Expertengruppe­sowie­weiteren­Personen

Prozessbegleitung,­Lenkungsausschuss,­ aus­relevanten­Verbänden

Expertengruppe,­Modell(hoch)schulen

Zieleinrichtungen Schulen­und­Hochschulen Schulen­des­Gesundheitswesens

Bearbeitete­

Qualitätsbereiche v.a.­Prozessqualitäten­Unterricht Inputqualitäten,­Prozessqualitäten­Schule­

und­Unterricht,­Output-/Outcomequalitäten

Arbeits-­und­

Dokumentenstruktur Kriterien,­Indikatoren,­Begründungen Kriterien,­Indikatoren,­Standards

Unterscheidungsmerkmale von AQiG und AQiG Reloaded im Überblick (vgl. Bals 2010)

Rettungsdienst Journal 04-2010

FORSCHUNG

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Vertreter aus den zuständigen Ministerien,Berufsverbänden und Schulen grundsätzlich aufbreite Zustimmung und wurden als überfälligerSchritt in Richtung einer nachhaltigen Verbes-serung der Ausbildungsqualität ausdrücklichbegrüßt. Im Rahmen von Posterpräsentationen,einer Podiumsdiskussion und schriftlichen Stel-lungsnahmen konnten bereits zentrale Problem-bereiche des Kriterienkatalogs identifiziert undvielfältige Anregungen zur Weiterentwicklunggesammelt werden.

Eine als Handreichung konzipierte Dokumenta-tion mit dem Katalog von Kriterien, Indikatorenund Standards zur Ausbildungsqualität und wei-teren in diesem Kontext relevanten Unterlagenaus dem Projekt AQiG Relaoded wird in Kürzeveröffentlicht.

Weitere Information zu den beiden Projekten imInternet unter: www.aqig.de

Die Entwicklung und Bedeutung "InterprofessionellerKompetenz" ist auch Thema des 22seitigen Buchbeitragesvon A. Unger in der kürzlich erschienenen kompass-Publikation: Marzinzik, Nauerth, Walkenhorst (Hrsg.),Kompetenz und Kooperation im Gesundheitsbereich, LIT-Verlag, 2010

Literatur:Bals, Thomas (2010): Ansatz, Bedeutung und Prämissen von Qualitätsentwicklung an Schulen des Gesundheitswesens. Vortraganlässlich der Abschlusstagung des Projekts AQiG Reloaded am 29.06.2010 in der Robert Bosch Stiftung, Berlin. UnveröffentlichtesVortragsmanuskript.

Bals, Thomas (Hrsg.) (2009): Wege zur Ausbildungsqualität. Stand und Perspektiven in den Gesundheitsfachberufen. Paderborn.

Bögemann-Großheim, Ellen (2009): Berufsübergreifende Qualitätskriterien - Ergebnisse der AQiG Expertengruppe. In: Bals,Thomas (Hrsg.): Wege zur Ausbildungsqualität. Stand und Perspektiven in den Gesundheitsfachberufen. Paderborn. S. 55-71.

Landwehr, Norbert/Steiner, Peter (2007): Q2E - Qualität durch Evaluation und Entwicklung. Konzepte, Verfahren und Instrumentezum Aufbau eines Qualitätsmanagements an Schulen. Bern.

pädea (Hrsg.) (2008): Qualitätskriterien und Indikatoren für die Ausbildungsqualität in den Gesundheitsberufen.Unveröffentlichtes Skript, o. O.

Schmidt, Regine Astrid/Kordell, Lisa (2009): Steigerung der Ausbildungsqualität in Gesundheitsberufen: AQiG - ein Projekt amAusbildungszentrum der Universitätsklinik Düsseldorf. In: pt - Zeitschrift für Physiotherapeuten, 61 (2009) 11; S. 998-1001.

Sieger, Margot/Ertl-Schmuck, Roswitha/Bögemann-Großheim, Ellen (2010): Interprofessionelles Lernen als Voraussetzung für inter-professionelles Handeln - am Beispiel eines interprofessionell angelegten Bildungs- und Entwicklungsprojektes fürGesundheitsberufe. In: Pflege und Gesellschaft 15 (2010) 3; S. 197-216.

Sieger, Margot/Gorontzi, Frauke (2009): Interberufliches Handeln als Voraussetzung für Profilbildung innerhalb derGesundheitsberufe. In: Walkenhorst, Ursula et al. (Hrsg.): Kompetenzentwicklung im Gesundheits- und Sozialbereich. Bielefeld.

AQiG und AQiG Reloaded - Fazit

Das Projekt AQiG repräsentierte sowohl in derEntstehungsphase als auch im Rahmen derDurchführung ein äußerst komplexes Vorhaben,an dem eine Vielzahl von Verbänden, Institutio-nen und Personen beteiligt waren, weshalb viel-fältige Interessen und individuelle "Befindlich-keiten" berücksichtigt werden mussten. Vor die-sem Hintergrund ist die verstetigte interprofessio-nelle bzw. interdisziplinäre Zusammenarbeit ansich schon als ein wesentlicher Projekterfolg zukonstatieren. Weiterhin wurden vor allem mit derInitiierung und Implementierung berufsübergrei-fender bzw. interdisziplinärer/-professionellerProjekte in den Modelleinrichtungen und ihrerEvaluation zentrale Ziele des Projektes erreicht. Mit dem Folgeprojekt AQiG-Reloaded konntendie noch offenen Fragen und Zielsetzungen vonAQiG abgearbeitet werden. Der Projekterfolg istvor allem auch an den durchweg positiven Rück-meldungen von Verbänden und Behörden/Minis-terien zu dem erarbeiteten umfassenden Katalogvon Qualitätskriterien und -standards ersichtlich.Darüber hinaus haben sich auch schon erste kon-krete weiterführende Perspektiven für eine Etab-lierung als Instrument der Schul-/Qualitätsent-wicklung an Schulen des Gesundheitswesensergeben. Damit sind die ursprünglichen Projekt-ziele nunmehr nicht nur umfassend und erfolg-reich umgesetzt worden, sondern erfüllen darü-ber hinaus auch Nachhaltigkeitsansprüche.

Autoren:

Angelika Unger, Dipl.-Medizinpädagogin (TU Dresden)

Janika Grunau, Dipl.-Gesundheitslehrerin (Univ. Osnabrück)

Prof. Dr. Thomas Bals, Hochschullehrer fürBerufspädagoik an der Universität Osnabrück

Diskussionsrunde im Rahmen der AQiG-Abschlussveranstaltung

Rettungsdienst Journal 04-2010

FORSCHUNG

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AQiG-Abschlußveranstaltung am 29. Juni 2010 in BerlinStellungnahme des BVRD zum AQiG-Kriter-ienkatalog und Anregungen zur Diskussion auf der AQiG-Abschlußveranstaltung Der Vorstand des Berufsverbandes für den Rettungs-dienst e.V. (BVRD) hält den nun vorliegenden Kriteri-enkatalog - insgesamt betrachtet - für sehr gelungenund verbindet damit mehrere Hoffnungen. Bisher istdie Qualität der Ausbildung an Schulen für Rettungs-assistenten auch aufgrund des Fehlens (berufs-)pädagogischer Standards sehr unterschiedlich. DerBVRD knüpft an die nun vorliegenden Qualitätskrite-rien die Hoffnung, daß sie an einer Vielzahl vonSchulen für Rettungsassistenten kurzfristig auf frei-williger Basis etabliert werden und ferner, daß siemittelfristig von der Exekutive in Verordnungen über-nommen werden.

Wie bereits bei der Auftaktveranstaltung des For-schungsprojektes „Qualitätskriterien für die Gesund-heitsfachberufe“ am 25. September 2006 in Stuttgartdurch Herrn Dr. Gerhard Nadler bekundet, ist nachunserer Auffassung die fachliche und (berufs-)pädagogische Qualifikation der an den Schulen Lehr-enden und auch der Praxisanleiter der wichtigsteFaktor bezüglich der Qualität der Ausbildung. Inso-fern hätten wir uns konkretere Vorgaben zur not-wendigen Qualifikation für die an den Schulen fürGesundheitsfachberufe Lehrenden gewünscht. Diedamit verbundenen Probleme sind uns bewußt.Andererseits haben wir die Erfahrung gemacht, daßsehr weiche bzw. interpretationsfähige Formulierun-gen in aller Regel zu folgendem führen: Einerseits„schmückt“ man sich mit der angeblichen Beachtungvon Standards, andererseits wird die Intentionumgangen. Insbesondere wäre es aus unserer Sichtder Qualität förderlich stärker zu betonen, daß nureine „berufspädagogische“ bzw. „medizinpädagogi-sche“ oder „pflegepädagogische“ Qualifikation ziel-führend sein kann. Um es auf den Punkt zu bringen:Eine erwachsenenpädagogische Qualifikation istsicher für den Bereich der internen betrieblichenWeiterbildung oder für eine Tätigkeit an einer Volks-hochschule einschlägig, für das Lehren an Schulen fürGesundheitsfachberufe aus unserer Sicht aber nicht.Ebenso ist der Grundschullehrer oder der Gymnasial-lehrer dafür nicht geeignet. In der Praxis wird gegen-wärtig diesbezüglich leider meist zu wenig differen-ziert, in der Regel wohl durch fehlendes Problembe-wußtsein. Wir bitten den von uns kritisierten Aspektim Rahmen der Diskussion auf der Abschlußtagung zuberücksichtigen.

Aus unserer Sicht ist der vorliegende Kriterienkatalog- insgesamt betrachtet - im Hinblick auf die Qualitätder Ausbildung in den Gesundheitsfachberufen einMeilenstein.

Lich, 21. Juni 2010Der Vorstand des BVRD

Diskussion an einer Posterstation im Foyer der Robert-Bosch-Stiftung

Die AQiG-Abschlußveranstaltung in derRepräsentanz der Robert-Bosch-Stiftung

in Berlin-Charlottenburg in Bildern

Podiumsdiskussion: Die Diskutanten aus Hochschule,Ministerien und von Verbänden; u.a. Prof. Bals (4. v.l.)

Podiumsdiskussion: Das Auditorium; erste Reihev.l.n.r.: J. Grunau (Uni Osnabrück), A. Unger (TUDresden), Dr. Nadler (BVRD) und S. Pfeiffer (BVpta)

BERUFSPOLITIK

Rettungsdienst Journal 04-2010­12

BVRD-Vertreter spricht sich bei Landtagsanhörung fürKompetenzerweiterung für RettAss durch Berufsordnung aus

Das Hessische Rettungsdienstgesetz (HRDG) von1998 war bis zum 31.12.2010 befristet. Deshalbwurde von der Landesregierung demHessischen Landtag am 31. August 2010 derEntwurf für eine „Neufassung“ des HRDG vor-gelegt. Im Rahmen der parlamentarischen Be-ratungen zu diesem Gesetzentwurf führte derSozialpolitische Ausschuss im HessischenLandtag unter Vorsitz des Abgeordneten Dr.Andreas Jürgens (B90/Grüne) am 4. November2010 eine öffentliche mündliche Anhörung derrelevanten Verbände durch. Aufgrund diverserVorschläge aus den Reihen der Abgeordnetenwar dazu auch der BVRD geladen worden. Zu-dem waren wir gebeten worden, zum Gesetz-entwurf sowie zu einem Fragenkatalog derSPD-Fraktion bereits vorab eine schriftlicheStellungnahme einzureichen.

Obwohl von einigen Parlamentariern bereitsWochen vor der Anhörung zu hören war, daßam vorliegenden Regierungsentwurf wohlnicht mehr viel geändert werden wird, nahmder BVRD die Gelegenheit wahr, zu einigen imGesetzentwurf vorgesehenen Regelungen, zuden im Gesetzentwurf ausgeklammerten Pro-blemen sowie zu den Fragen der SPD-FraktionStellung zu nehmen. Vor allem lag uns daran,zu den konkreten Fragen, die von den SPD-Abgeordneten an uns gerichtet worden waren,Stellung zu beziehen. Die von der SPD-Fraktionan uns und auch an andere Verbände gerichte-ten Fragen bezogen sich auf den Problemkreis„Kompetenz des RettAss und Möglichkeiteneiner offiziellen Erweiterung der Kompetenzdes RettAss“ sowie auf den Problemkreis „lan-desweite Etablierung von First Response -Systemen“.

Die Stellungnahme des BVRD, die am 28.Oktober eingereicht wurde, finden Sie auf denSeiten 13, 14 und 15 abgedruckt. Die Stellung-nahme wurde von Herrn Dr. Gerhard Nadler ausMünchen verfaßt, der unseren Verband bei derAnhörung im Hessischen Landtag in Wiesbadenauch vertrat.

Sowohl bei der Anhörung des Ausschusses wieauch bei einem kurzen Gespräch mit dem Land-tags-Abgeordneten Dr. Thomas Spies (SPD) im

Anschluß an die Anhörung, sprach sich unserVertreter, Herr Dr. Gerhard Nadler, für eine offi-zielle Erweiterung der Kompetenz von RettAssdurch eine landesrechtliche Berufsordnung aus.Zum einen wies er darauf hin, daß es für He-bammen in allen Bundesländern (landesrechtli-che) Berufsordnungen gibt. Zum anderen hobDr. Nadler hervor, daß mit einer Berufsordnung,die praxisgerechte Regelungen zur Kompetenzenthält, die diesbezüglich gegenwärtig beste-henden Unsicherheiten beseitigt werden könn-ten. Die Ermächtigungsgrundlage zum Erlaßeiner Berufsordnung für RettAss, die aus meh-reren Gründen vom Rechtscharakter her eineRechtsverordnung sein sollte, könnte sowohl indas Rettungsdienstgesetz wie auch in ein ande-res Landesgesetz eingefügt werden, so Nadler.

Unsere Stellungnahme mit umfangreichemMaterial in der Anlage, die Stellungnahmen deranderen Verbände sowie der stenografischeBericht über die Anhörung ist auf der websitedes Hessischen Landtages einsehbar. DieRedebeiträge unseres Vertreters finden Sie imstenografischen Bericht auf den Seiten 11 und27. Am schnellsten sind die Materialen zu dieserAnhörung zu finden, wenn bei „google.de“ dieSuchbegriffe > Hessischer Landtag Sozialpoli-tischer Aussschuss HRDG 04.10.2010 < eingege-ben werden.

RDJ-Redaktion

Dr. Gerhard Nadler (im Bild vorne links), der den BVRD imHessischen Landtag vertrat, kurz vor der Anhörung; fernerim Bild v.l.n.r.: M. Görbing (BKS) und M. König (DBRD)

BERUFSPOLITIK

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BVRD-INTERN

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Änderungen zum Versicherungsschutz für Mitglieder des BVRDSeit 01.07.2010 gilt:

Vereinshaftpflicht

Versichert ist die gesetzliche Haftpflicht des Vereins und deren Mitglieder aus der Betätigung im Interesse und fürdie Zwecke des versicherten Vereins.Deckungssummen:

2.000.000 Euro für Personenschäden • 500.000 Euro für Sachschäden • 100.000 Euro fürVermögensschäden (bis max. das 3-fache pro Versicherungsjahr)Im Rahmen der Vereinshaftpflicht gelten auch Ausstellungen / Messen, die der Öffentlichkeit zugänglich sind mitversichert.

Rechtsschutz

a) Universal-Straf-Rechtsschutz:Mitversichert sind Ordnungswidrigkeiten, fahrlässig und vorsätzlich begehbare Straftaten bezüglich der beruflichenTätigkeit. z.B. Abwehr einer Anzeige wegen dem Vorwurf der "Unterlassenen Hilfeleistung" oder"Körperverletzung".b) A rbeitnehm errechtsschutz:Versichert sind Verbandsmitglieder als natürliche Personen, also Rettungssanitäter /- assistenten in ihrer Funktion alsArbeitnehmer.- Schadenersatzrechtsschutz- Arbeitsrechtsschutz (SB 500 Euro) (z.B. für arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen mit Arbeitgebern)- Sozialgerichtsrechtsschutz (für alle gerichtlichen Streitigkeiten mit gesetzlichen Sozialversicherungsträgern (BG, KV,Rentenvers.)c) Fahrer-Rechtsschutz: Versichert sind Verbandsmitglieder als Führer eines Motorfahrzeuges im Einsatz als Rettungssanitäter / -assistent.- Schadenersatz-Rechtsschutz(z.B. für die Geltendmachung von erlittenem Schaden nach einem Verkehrsunfall im Rettungseinsatz{Schmerzensgeld})- Verwaltungs-Rechtsschutz in Verkehrssachen (z.B. Wiedererlangung der Fahrerlaubnis)- Straf-Rechtsschutz (z.B. Körperverletzung, nach einem Verkehrsunfall im Rettungseinsatz)Ordnungswidrigkeiten-RechtsschutzDeckungssummen:

Verfahrenskosten bis 250.000 Euro • Strafkaution bis 100.000 Euro

Diensthaftpflicht für das Rettungspersonal

Umfang der Dienst-Haftpflichtversicherung

Die Dienst-HV schützt die Mitglieder vor Rückgriffs- und Haftungsansprüchen des Dienstherrn bei Schäden inAusübung ihrer Tätigkeit als Rettungssanitäter und Rettungsassistent.Deckungssummen pro Versicherungsfall:

2 Mio. für Personenschäden, 1 Mio. bei Sach- und Vermögensschäden.M itversichert ist:- Geräte- und Geräte-Regress-HV:

d.h. schützt vor Haftpflicht- u. Regressansprüchen aus Schäden durch den dienstlichen Umgang mit Geräten des Dienstherrn (an und durch diese Geräte) bis max. 10.000€Euro.

- Dienstfahrzeug-Regress-HVd.h. schützt vor Haftpflicht- u. Regressansprüchen des Dienstherrn bei Schäden an und durch Kfz, Wasser- oder Schienenfahrzeugen des Dienstherrn bei Dienstfahrten. (bis max. 100.000 Euro)

- Abhandenkommen von persönlichen Ausrüstungsgegenständen (bis 500 Euro)- Schüsselschäden (außer Tresor- u. Möbelschlüsseln) bis 50.000 Euro.- Auslandsschäden bei dienstlichen Reisen bis 1 Jahr

Generell gilt eine Selbstbeteiligung von 200 Euro pro Schadenfall für Sach- und Vermögensschäden.

Eine Unfallversicherung existiert seit 2005 nicht mehr.

Text: Versicherungsbüro Eberlein, Frensdorf

NEU

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BUCHBESPRECHUNGEN

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Frank Zander

Die Auswirkungen des Unionsrechts auf den deutschen Rettungsdienst

Die vorliegende Arbeit, die im Sommer 2010 von der Juristischen Fakultät der Universität Augsburg alsInaugural-Dissertation angenommen wurde, beschäftigt sich mit aktuellen Fragen des Vergaberechts imHinblick auf den Rettungsdienst in Deutschland. Der Verfasser untersucht bestehende Strukturen, analy-siert nationale und europäische Rechtsprechung und beschäftigt sich mit möglichen Bereichsausnahmen.Er zeigt auf, wie das wirtschaftlich orientierte Vergaberecht den Besonderheiten im Bereich „Rettungs-dienst“ Rechnung tragen kann und beschreibt Ausgestaltungsmöglichkeiten künftiger Vergabeverfahren.Dieses Werk ist sicher kein Buch für den Praktiker im Rettungsdienst, aber sicher interessant für alle, diemit Recht und Organisation des Rettungswesen befaßt sind und über die notwendigen Grundkenntnisseauf diesem Rechtsgebiet verfügen.

Verlag Dr. Kovac, Hamburg, 2010Umfang: 190 SeitenISBN: 978-3-8300-5406-1 Euro: 68,00

Jochen Taupitz / Andreas Pitz / Katharina Niedziolka

Der Einsatz nicht-ärztlichen Heilpersonals bei der ambulanten Versorgung chronisch kranker Patienten

Die Übernahme ärztlicher Aufgaben durch nicht-ärztliches Heilpersonal ist ein Dauerbrenner auch in dermedizinrechtlichen Diskussion. Bei dieser Publikation handelt es sich um die überarbeitete und aktuali-sierte Fassung eines Gutachtens, das von dem renommierten Medizinrechtler Professor Taupitz undMitarbeitern im Auftrag des AOK-Bundesverbandes erstellt wurde. Die Untersuchung geht der Frage nach,welche Problemfelder und Risiken, aber auch welche Möglichkeiten der im Zusammenhang mit demEinsatz von nicht-ärztlichem Heilpersonal bei der ambulanten Versorgung chronisch Kranker im Rahmenvon > Disease Management Programmen < entstehen. Deshalb stehen die Pflegeberufe und die Medizini-schen Fachangestellten im Fokus der Betrachtung. Andererseits werden Aspekte wie „Rechtliche Rahmen-bedingungen eigenverantwortlichen Handelns“ und „Haftungsrecht einschließlich Beispiele aus der Recht-sprechung“ behandelt, die die Untersuchung auch für andere Gesundheitsfachberufe interessant macht.

LIT-Verlag, Berlin und Münster, 2008Umfang: 154 SeitenISBN: 978-3-8258-0889-1 Euro: 19,90

Georg Huttner

Die Unterbringung Obdachloser durch Polizei- und Ordnungsbehörden

Die polizei- bzw. ordnungsrechtliche Unterbringung Obdachloser erfolgt auf der Grundlage der Vorschrif-ten der Gefahrenabwehrgesetze der Bundesländer. Im Laufe der Jahre hat sich eine kaum noch über-schaubare Rechtsprechung zu dieser Thematik angesammelt. Ziel dieses Werkes ist es, dieses Rechtsgebietmit Verweisen auf Literatur, Rechtsprechung und die einschlägigen Vorschriften der einzelnen Bundeslän-der umfassend zu erläutern. Das vorliegende Werk kann für Mitarbeiter der Hilfsorganisationen und auchfür Führungskräfte im Rettungsdienst deshalb von Interesse sein, weil Hilfsorganisationen und Rettungs-dienst immer öfter durch Personen in „Sozialnot“ in Anspruch genommen werden und das Werk einerseitsaufzeigt welche Behörden bei „unfreiwilliger Obdachlosigkeit“ zuständig sind sowie andererseits einenguten Einblick in die Möglichkeiten der Zuständigen gewährt.

Kommunal- und Schulbuchverlag, Wiesbaden, 2007Umfang: 150 SeitenISBN: 978-3-8293-0786-4 Euro: 19,80

Gerdelmann / Korbmann / Kutter (Hrsg.)

Krankentransport und Rettungsdienst

Loseblattwerk mit regelmäßigen Ergänzungslieferungen, Stand 11/2010

Bei diesem Handbuch für die Praxis handelt es sich um ein Loseblattwerk in drei Ordnern, das zirka fünfmal pro Jahr durch Ergänzungslieferungen aktualisiert wird. Das Werk enthält wichtige Gesetze, Rechts-verordnungen, Erlasse und Regelungen des Bundes, der Länder und sogar der Kommunen zum Kranken-transport und Rettungsdienst. Ferner enthält es grundlegende einschlägige (Gerichts-)Entscheidungen zumVerfassungsrecht, Verwaltungsrecht, Zivilrecht, Arbeitsrecht und Sozialrecht. Das Werk richtet sich primäran alle, die bei Hilfsorganisationen und privaten Unternehmen mit der Organisation und dem Betrieb vonKrankentransport und Rettungsdienst zu tun haben. Die letzte Aktualisierung, die Ergänzungslieferungvom November 2010, enthält vor allem die (Neu-)Vereinbarungen über Rettungsdienstentgelte in sechsBundesländern.

Erich Schmidt Verlag, BerlinUmfang: ca. 5.400 SeitenISBN: 978-3-503-01549.8 Euro: 148,00 (zzgl. Versandkosten)

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BUCHBESPRECHUNGEN

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Günter Dobler (Hrsg.)

Der Weg zum erfolgreichen Ausbilder

Dieses Werk ist sicher eines der Klassiker unter den zahlreichen Publikationen für die Ausbilder im Sani-tätsdienst und Rettungsdienst. Im Juni 1986 war das Werk in erste Auflage erschienen, nun 24 Jahre spä-ter, im Juli 2010, ist es in 7. Auflage erschienen. Auf den Punkt gebracht handelt es sich um ein Buch vonPraktikern für den Praktiker. Ein Blick in das Inhaltsverzeichnis verrät mehr über den Inhalt. Die großenThemen sind: Lernverhalten, Didaktik (u.a. Stoffauswahl, Lernstoffabgrenzung, Zeiteinteilung), Methodik(z.B. Referat, Lehrgespräch, Gruppenarbeit, Diskussion, Medieneinsatz), Rhetorik und Prüfungen. Die nunvorliegende 7. Auflage enthält ein eigenes Kapitel über die Besonderheiten bei Prüfungen, insbesonderewerden die Anforderungen an einen „guten Prüfer“ beschrieben.

7. Auflage, Stumpf+Kossendey-Verlag, Edewecht, 2010Umfang: 322 SeitenISBN: 978-3-938179-76-5 Euro: 29,00

Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.)

Übersicht über das Sozialrecht - Ausgabe 2010 / 2011

Dieses Werk gibt einen vollständigen Überblick über das gesamte Sozialrecht der Bundesrepublik Deutsch-land auf aktuellem Stand. Es erläutert das gesamte Sozialrecht zuverlässig und in einer auch dem „Nicht-juristen“ verständlichen Sprache. Die beiliegende CD-ROM und das umfangreiche Stichwortverzeichnisermöglichen eine schnelle Recherche. Dieses Buch ist auf der Grundlage von zahlreichen Einzelbeiträgenfachkundiger Autoren aus den zuständigen Ministerien und Behörden zusammengestellt worden. Es rich-tet sich an die „Fachleute“ in den Betrieben und bei den Verbänden sowie an den interessierten Bürger.Dieses Werk sollte allen, die im Rettungsdienst mit dem Sozialrecht zu tun haben - vom Personalverant-wortlichen bis zum Betriebsratsmitglied - zur Verfügung stehen.

7. Auflage 2010 (Ausgabe 2010 / 2011)Umfang: 1.040 Seiten + CD-RomBW Bildung und Wissen Verlag und Software GmbH, Nürnberg, 2010ISBN: 978-3-8214-7246-1 Euro: 36,00

Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.)

Übersicht über das Arbeitsrecht / Arbeitsschutzrecht - Ausgabe 2010 / 2011

Das deutsche Arbeitsrecht ist zersplittert und schon deshalb wenig transparent. Dieses Nachlagewerk ver-schafft (auch) dem „Nichtjuristen“ einen Überblick über das Arbeitsrecht, einschließlich dem Arbeits-schutzrecht, in der Bundesrepublik Deutschland. Schwerpunkte sind das Individualarbeitsrecht, das Kollek-tivarbeitsrecht, der technische, medizinische und soziale Arbeitsschutz sowie das arbeitsgerichtliche Ver-fahren. Dieses Buch ist auf der Grundlage von zahlreichen Einzelbeiträgen fachkundiger Autoren aus denzuständigen Ministerien und Behörden zusammengestellt worden. Es richtet sich an die „Fachleute“ in denBetrieben und bei den Verbänden sowie an interessierte Arbeitnehmer. Dieses Werk sollte allen, die imRettungsdienst mit dem Arbeitsrecht zu tun haben - vom Personalverantwortlichen bis zum Betriebsrats-mitglied - zur Verfügung stehen.

4. Auflage 2010 (Ausgabe 2010 / 2011)Umfang: 864 Seiten + CD-RomBW Bildung und Wissen Verlag und Software GmbH, Nürnberg, 2010ISBN: 978-3-8214-7283-6 Euro: 36,00

Arnd May / Reinhold Mann

Soziale Kompetenz im Notfall

Beim Lesen des Titels werden sich viele zunächst fragen: „Soziale Kompetenz“ - was ist das eigentlichgenau? Nun, Soziale Kompetenz ist - wissenschaftlich betrachtet - eine Kategorie der Schlüsselkompeten-zen. Darum geht es in diesem Buch eigentlich nicht, vielmehr geht es „nur“ um die Komponenten „Mit-menschlichkeit“ und „Kommunikationsfähigkeit“; genauer es geht um den Umgang mit Menschen in Not-fallsituationen. Basis dieses Werkes - zumindest drängt sich dieser Eindruck auf - sind die zahlreichenPublikationen zu dieser Thematik in der Fachliteratur der letzten zehn Jahre, deren Inhalte und Aussagenwurden von den beiden Verfassern in diesem Buch zusammengeführt. Insofern gibt das Werk einen gutenÜberblick über den Stand der Diskussion zu dieser Thematik von der Mitte der 1990er Jahre bis zumErscheinen der zweiten Auflage.

2. überarb. u. erw. Aufl., LIT Verlag, Münster, 2005Umfang: 184 SeitenISBN: 3-8258-6034-5 Euro: 15,90

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Katastrophenschutzübung

SOGRO MANV 500

09.10.2010 Frankfurt am Main

„SOGRO MANV 500“ – Großübung von bisher einmaligen Ausmaß am Frankfurter Flughafen

Den Zusammenstoß zweier Flugzeuge auf der Landebahn mit insgesamt 560 Menschen anBord zu üben, ist bereits eine große Herausforderung. Um das Ganze jedoch in Echtzeit, mitTransport bis ins Krankenhaus und mit einem neuen, digitalen System zur Triage zu tun,gehörte viel Mut. Am Samstag den 9. Oktober 2010 übten insgesamt rund 2500 Beteiligtegenau dieses Szenario auf dem Frankfurter Flughafen. Eine Katastrophenschutzübung, wiesie in dieser Größe bisher europaweit einzigartig war, mit technikgestützter Triage durch dasPDA-gestützte Forschungsprojekt „SOGRO“. SOGRO bedeutet "Sofortrettung bei Groß-unfall" und ist der Titel eines Forschungsprojekts im Bereich des Rettungswesens.

Es ist 10:30 Uhr, eine halbe Stunde später als ur-sprünglich geplant, als sich 560 Menschen auf derim Bau befindlichen Landebahn Nord-West(LBNW), Landerichtung 07 des Frankfurter Air-ports, zwischen Flugzeugtrümmern und Koffernin Position gebracht haben. Viele von ihnen sindals Verletzte geschminkt, manche mit leichtenBlessuren, andere mit schweren oder gar lebens-gefährlichen Verletzungen. 30 Puppen liegen zu-dem als „Tote“ auf der Landebahn und in denFlugzeugtrümmern. Mehr als 500 Beobachter vonPresse, verschiedenen Organisation und Behördenwarten auf den Beginn der Übung. Der Tower FRAlöst das Crashhorn aus und alarmiert damit dieEinsatzkräfte der Fraport AG. Die Einsatzkräfte

der Werkfeuerwehr und der Rettungsdienst derFraport AG, welche unter anderem auf der Feuer-wache 4 stationiert sind, fahren die Einsatzstellean. Durch das Auslösen des Crashhorns wurde dieNotfallstufe “A 11” ausgelöst. Die Sicherheitsleit-stelle alarmiert alle internen und externen Ein-satzkräfte. Die ersten Einsatzkräfte der (nochsimulierten - siehe Foto rechts) Feuerwache 4 derFlughafenfeuerwehr müssen zwar bei dieserÜbung keine Brände bekämpfen, sind aber den-noch mehr als beschäftigt. Im Minutentakt folgenunzählige Rettungs-, Polizei und Feuerwehrfahr-zeuge, die aus dem Rhein-Main-Gebiet und ande-ren Regionen Hessens hinaus mit Sondersignalzum Flughafen eilen.

Ein Bildbericht von Michael Ehresmann (Wiesbaden112.de) unter Mitarbeit von Sebastian Stenzel und W. (Don) Broemme

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Die ersten Kräfte erreichen die Schadenstel-le. Der Einsatzleiter erteilt seinen Kollegenkonkrete Anweisungen und gibt eine ersteLagemeldung ab. Nicht- oder Leichtverletzte(Kategorie grün = III) bewegen sich auf dieHelfer zu und erwarten sofortige Hilfe. AlleGehfähigen werden, teilweise gestützt,etwas abseits von der “Unfallstelle” ge-bracht, wo sie später weiter behandelt, regi-striert und betreut werden. Später sollen siemit Bussen der Fraport abtransportiert wer-den. Schnell ist der Unglücksort um knapp290 Menschen leerer. Feuerwehr- und Ret-

tungsdienstkräfte beginnen mit derSichtung der Verletzten. Fraport-Boden-personal (Medical-Support-Team) eilthinzu und unterstützt die “Retter” vor-allem als Trageteams zur und von derVerletztensammelstelle.

Das Konzept für einen Massenanfall mit ca. 500Verletzten („MANV 500“) sieht Sanitätszüge mitenormen Transportkapazitäten aus nahezu ganzHessen vor. Doch sowohl die Alarmierung, als dieAnfahrt der Einheiten braucht eben seine Zeit.

So sind die Fahrzeuge des Flughafen Frankfurtvorerst auf sich allein gestellt. Weitere 21 Ret-tungswagen aus Frankfurt konnten zwar ad-hoczum Flughafen geschickt werden und sind auchnach 15 bis 20 Minuten vor Ort, doch bei 560beteiligten “Verletzten”, von denen später rund270 in Krankenhäuser gefahren werden müssen,kann man nicht einfach den nächstbesten Ver-letzten einladen undabtransportieren.

Bilder rechts: DieVerletztendarstellerwerden kurz vorÜbungsbeginn“positioniert”, ande-re werden noch mitreichlich Kunstblut“versorgt”.

Die Fraport-Feuerwehr rückt an.

Der Fraport-Rettungsdienst erreichtden “Unglücksort”, die Teams machensich für die Triage fertig.

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Die Flugfeldlöschfahrzeuge sind vor-gezogen; “Verletzte” laufen auf dieersten Rettungswagen zu. DiesePersonen werden von Rettungskräf-ten empfangen und etwas entferntvom eigentlichen Unfallszenariogesammelt (später Triage III = GRÜN)und betreut. Helfer entnehmenMatrial aus den Gerätewagen undbeginnen mit dem Aufbau derTriageplätze (GELB = II und ROT = Ifür die Mittel- und Schwerverletzten).

Einsatzleitung im Aufbau Oben:“Verletzte” der Kategorie GELB (II) undROT (I) warten auf Hilfe.Links: Das Medical-Support-Team der Fraport-AG sowie Feuerwehr- und Rettungskräftebeginnen mit der Versorgung bzw. dem Trans-port zum Triageplatz (Verletztensammelstelle).Rettungswagen aus der Stadt Frankfurt sindeingetroffen. Unten: OLRD und LNA auf demWeg zur Sichtung.

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Im geprobten MANV-Konzept sind die Ret-tungsassistenten zur Sichtung ausgebildet. Miteinem Minicomputer (PDA) schätzen sie denVerletzungsgrad der Patienten ein und gebendie notwendigsten Daten ein. Ein farbiges Arm-band mit integriertem „RFID-Chip“ (Radio-Frequency Identification“) wird vom PDA be-schrieben und dem Patienten angelegt.

Die Armbänder sind je nach Verletzungskate-gorie gefärbt und geben so einen ersten Über-blick. Doch das Besondere an der Sichtung mitdem PDA ist, dass die Daten live über WLANoder UMTS an die Einsatzleitung, Leitstelle undalle Krankenhäuser übermittelt werden. So er-halten alle Beteiligten einen sofortigen Über-blick über die Situation. Dieses IT-GestützteSystem namens „SOGRO“ wird vom Bundes-ministerium für Bildung und Forschung (BMBF)unterstützt und soll 2012 (vorerst in Frankfurt)die bisherigen Umhängekarten für Patientenersetzen und die Versorgung effektiver undschneller machen.

Am diesem Samstag konnten die Zuschauer, dieteils aus aller Welt angereist waren, bereits 43Minuten nach der ersten Alarmierung verfol-gen, wie der erste Abtransport zu einer Klinikim System gemeldet wurde. Über diese Zeitenzeigten sich die Verantwortlichen von Bund undKatastrophenschutzeinheiten später begeistert.„Früher konnte bis zu zwei Stunden lang keineinziger Patient gefahren werden“, berichtetder Leiter der Feuerwehr Frankfurt, ReinhardRies, den Pressevertretern später.

Im Verlauf der Übung konnten die Einsatzleiterdaher jederzeit den aktuellen Stand abfragen.Die Einsatzleitung wusste zu jeder Zeit, wieviele Verletzte noch auf der Landebahn sind,wie viele wohin unterwegs sind und auch wieviele schon in welchen Krankenhäusern ange-kommen sind und konnten ihre Einheiten ausden Bereitstellungsräumen gezielter einsetzen.

ROT (I) signalisiert den Behandlungs- und Sammelplatzfür Schwerverletzte - GELB (II) für mittelschwer Verletzte

Die TEL (Technische Einsatzleitung) von Feuerwehr,Polizei und Airportsecurity mittlereweile komplet.

Verletzungen und weitere Daten werden in den PDAeingegeben und "Verletzte" mit einem Band mit Chipgekennzeichnet.

Vom Sammelplatz tragen Helfer vom Medical-Supportdie Patienten zum Rettungsmittelhalteplatz, Transport-priorität haben die “Verletzten” der Kategorie ROT .

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Hintergrundinformationen

Größte Rettungsübung aller Zeiten Das Szenario für die größte Katastrophenübung in Deutschland: Bei einem Unglück auf der neuen Landebahndes Frankfurter Airports werden 500 Personen verletzt. Ziel der vom Forschungsprojekt SOGRO initiiertenÜbung ist die Optimierung der medizinischen Erstversorgung von Unfallopfern und der Aufbau übergreifenderInformationsketten zwischen den beteiligten Organisationen unter Notfallbedingungen. Durch Einsatz neue-ster Technologien soll die Verkürzung der ersten, potenziell chaotischen Phase bis zum Beginn des Transportsder Verletzten in Krankenhäuser erreicht werden. Zu den Kernpunkten gehören die Sichtung und elektronischeErfassung der Verletzten durch farbige mit einen RFID-Chip ausgestatteten (Arm-) Bänder, sowie die Einbindungdieser neuen elektronisch unterstützten Triageform (=erste Sichtung und Einteilung der Verletzten in Dringlich-keitsstufen) in den Rettungsprozess.

Das Projekt SOGRODas vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Projekt SOGRO verfolgt die Erfor-schung neuer Ansätze, wie bei einem Großunfall (mit Hunderten von Verletzten = Massenanfall von VerletztenMANV) möglichst viele Menschenleben gerettet und Verletzte optimal versorgt werden können. Erstmals wur-den nun in Deutschland die Abläufe in einem Rettungseinsatz dieser Größenordnung mit 500 „Verletzten“erprobt. Bei der Übung kam ein Erfassungssystem aus PDA (kompakter, tragbarer Computer) und farbigen, mitDatenchip ausgerüsteten (Arm-) Bändern zur Kennzeichnung der Verletzten zum Einsatz. Anstelle der bisherüblichen, manuell beschrifteten Verletztenanhängekarten erhielt jedes Opfer ein Band mit Funk-Etikett (RFID-Chip). Über den PDA wird der Zustand des Patienten auf dem Datenchip erfasst sowie alle vorgenommenenBehandlungen und Maßnahmen bis hin zu Transportmittel und -ziel vermerkt. Da die Daten automatisch undzeitgleich an die Leitstelle und andere Beteiligte (z.B. TEL = Technische Einsatzleitung vor Ort) übermittelt wer-den, ist die Person stets lokalisierbar. Rettungskräfte wissen, wo sie den Verletzten finden und was sie erwartet. Bereits während des Transports kannsich das Krankenhauspersonal auf seine Ankunft vorbereiten. „Der Funkchip ersetzt die bei Massenunfällen bis-lang übliche so genannte Triagierung, bei der die gesichteten Opfer mit verschiedenfarbigen Anhängekarten inDringlichkeitskategorien eingeteilt werden“, erläutert Professor Leo Latasch das neue Verfahren. „Eine solcheautomatisierte medizinische Informationskette verursacht eine minimale Interaktion der Rettungskräfte undermöglicht trotzdem eine schnellere, zeitnahe medizinische und logistische Versorgung“, erklärt der Projekt-koordinator Mario Di Gennaro, der das Projekt für das DRK Frankfurt betreut.

Das Szenario / Ablauf der ÜbungAm 9. Oktober 2010 wurde, mit einer halbstündigen Verpätung, im Rahmendes Forschungsprojektes SOGRO - Sofortrettung bei Großunfall der Alarm„MANV 500“ ausgelöst. Übungsort für den „Massenanfall von Verletzten“(MANV) mit über 500 Probanden war die neue im Bau befindliche Landebahndes Frankfurter Flughafens. Aufgrund dieser Größenordnung wurden überre-gionale Einheiten aus ganz Hessen alarmiert. Als erstes traf der Rettungsdienstder Fraport AG ein. Er hat sich ein erstes Bild der Lage verschafft und eine ersteRückmeldung geben. Parallel begannen bereits erste Rettungskräfte mit Ret-tung und Sichtung der Verletzten.

Während weitere Rettungskräfte eintrafen, baute die Feuerwehr eine techni-sche Einsatzleitung auf. Per Datenübertragung (Handynetz, lokales WLAN)trafen hier dank des neuen Systems aus PDA und Triageband mit RFID-Chipzeitnah Verletztenzahlen, Status und andere Details ein. Sie dienen dazu, vorallem Schwerstverletzte schneller als bisher zu erkennen, zu transportierenund medizinisch zu versorgen. Durch die Chip-Armbänder, die allen Verletzten angelegt wurden, verkürzte sichdiese Zeitspanne erheblich und die erforderlichen Informationen standen der Einsatzleitung schneller zurVerfügung. Bei der Triagierung sollte zur besseren Identifizierung auch ein Foto des Verletzten erstellt und aufden Chip geladen werden. Allerdings ist hierbei die Rechtslage noch nicht abschließend geklärt.

Datensicherheit? Ein Zusammenbruch des Handynetzes würde die Rettungsarbeiten nicht behindern, betont Mario Di Gennaro,der Projektassistent des DRK Frankfurt. Primär übermitteln die PDA Ihre Daten über das Handynetz. Sollte die-ses ausfallen oder überlastet sein, so würden die Daten gesammelt und schnellstmöglich übertragen. AlsRückfallebene steht zusätzlich ein lokales WLAN Netz mit Verbindung zu einem Satelliten zur Verfügung, dasmit dem Eintreffen der technischen Einsatzleitung zur Verfügung steht.

Links Prof. Leo Latasch (ärztli-cher Leiter der Stadt Frankfurt),MdB Helge Braun (BMBF) undder Direktor der BF FrankfurtReinhard Ries während derPressekonferenz “Sogro”.

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Die Überörtlichen rund 210 MANV-S (Sanitäts),MANV-T (Technik) und MANV-B (Betreuung)Einheiten mit mehr als 500 Einsatzfahrzeugensollten laut Übungsbefehl vom P 9 (Buspark-platz bei Veranstaltungen) nahe der Frank-furter Commerzbank-Arena im Bereitstel-lungsraum gebündelt und nach Registrationund angenommener “Eintreffzeit” abgerufenwerden. Doch schon die Anfahrt zum Bereit-stellungsplatz 1 der vielen Rettungsfahrzeugezeigte bereits in der Mörfelder Landstraße,daß die Anmeldeeinheit an der Einfahrt zum P9 leicht überfordert war. Es bildete sich einStau von Rettungsfahrzeugen. Die Polizei lei-tete die anrückenden Kräfte auf einen weite-ren vorgelagerten Parkplatz am Stadion-Badum. Viele der Ü-MANV-Einheiten benötigtenrund eine Stunde und mehr, um zum eigentli-chen externen Bereitstellungsraum zu kom-men. Dort wurden alle Einheiten registriertund dann nach einem ausgeklügeltem Plan(Eintreffzeiten für externe Einheiten) nach derStoppuhr zum interen Bereitstellungplatz 2auf dem Flughafengelände losgeschickt.

VorgelagerterParkplatz amStadion-Bad

Fotos oben: die externen Einheiten wurden am Stadion-Bad gesammelt bevor es dann im Schritttempo überdie Landstraße zum ersten Bereitstellungsraum “P 9” ging. Fotos unten: ein kleiner Teil der zahlreichenüberörtlichen Kräfte, andere Einheiten sind auf dem Weg vom P9 zum Einsatzort am Flughafen.

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Ausschnitt aus dem Zeitplan derüberörtlichen Einheiten Foto: DON

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Wenige Minuten dauerte die Alarmfahrt vom Be-reitstellungsplatz an der Commerzbank-Arena biszur Baustelleneinfahrt der neuen Landebahn Nord-West. Bereits auf den wenigen Kilometern dorthinkamen den anrückenden Kräften zahlreiche Ret-tungsfahrzeuge mit Patienten an Board unter Ein-satzbedingungen entgegen, schließlich gehörte esauch zur Übung alle “gelben und roten” Patientenin eine der Frankfurter Kliniken zu bringen. Am Be-reitstellungsraum 2 auf dem Neubaugelände derStartbahn Nord-West angekommen, kam es erneutzu einem Stau der Rettungseinheiten, wiederumwurden die anrückenden Kräfte per KFZ-Kennzei-chen erfasst. Kurze Zeit später rollten die Rettungs-

fahrzeuge zum Rettungsmittelhalteplatz auf derneuen Rollbahn. Zügig wurden die RTWs eingewie-sen und beladen. Mit Hilfe der PDAs wurde derAbtransport und die Zielklinik der Verletzten erfasst- nach einen kurzer Übergabe erfolgte der Transportin das vorher angegebene Krankenhaus.

Oben links: Übungsgelände auf der neuen LandebahnNord-West. Oben rechts: Anrückenden Einheitenkommt ein Frankfurter RTW mit Patient entgegen. Bildmitte: “RettungswagenStau” am Bereitstellungsplatz 2auf dem neuen Flughafengelände. Bild unten links:Warten auf eine weitere Registration. Bild rechts unten:Zwischenzeitlich erfolgte der Abtransport mit Bussenvon Verletzten der grünen Kategorie III.

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Foto: Fraport

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Prof. Leo Latasch (Ärztlicher Leiter der Stadt Frankfurt undMdB Helge Braun (BMBF) erklären Beobachtern und Vertre-tern der Presse das Sogro Erfassungssystem aus PDA (kompak-ter, tragbarer Computer) und farbigen, mit Datenchip aus-gerüsteten (Arm-) Bändern zur Kennzeichnung der Verletzten.Diese Bänder wurden statt der bisher üblichen, manuell be-schrifteten Verletztenanhängekarten, in den Farben rot, gelbund grün, verwandt. Dies neue elektronisch unterstützteTriageform (=erste Sichtung und Einteilung der Verletzten inDringlichkeitsstufen) beschleunigt den Rettungsprozess.

Per Datenübertragung (Handynetz, lokalesWLAN) trafen hier dank des neuen Systems ausPDA und Triageband mit RFID-Chip zeitnahVerletztenzahlen, Status und andere Detailsein. So hatten Einsatzleitung und Organisationjederzeit den Überblick über den Stand derRettungsarbeiten. Unter anderem konnten dieLeitstelle Frankfurt, die Sicherheitsleitstelle, dieTEL und die teilnehmenden Krankenhäuserauf diese Daten zugreifen.

Die „Standartaufgaben“ kann SOGROnatürlich nicht ersetzen. Die Einsatzkräf-te mussten alle Verletzten zur Erstversor-gung an oder in Sanitätszelte bringenund noch vor Ort mit der Erstversorgungbeginnen. Für die kräftezehrende Trage-arbeit kam hier eingewiesenes Boden-personal (Medical-Support-Team) desFlughafens als Unterstützungstrupps zurHilfe.

Während zwei Stunden nach Übungsbe-ginn noch immer ununterbrochen Ein-heiten An- und Abrücken, zeigen sich dieOrganisatoren der Großübung bereitsbegeistert. Sowohl das MANV-Konzeptals auch SOGRO haben wunderbar funk-tioniert. Natürlich zeigte die Übung auchSchwachstellen, welche im Nachgangintensiv ausgewertet werden sollen.

Rechnerisch sollte nach 3,5 Stunden derletzte Patient im Krankenhaus angekom-men sein. Für einen Verkehrsunfall wäredas eine Ewigkeit, für einen „MANV 500“ist das jedoch eine Marke, die bisherunerreichbar schien.

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SOGRO MANV 500 - Zahlen, Daten, FaktenFahrzeuge EinsatzkräfteWerkfeuerwehr Fraport AG 16 Werkfeuerwehr Fraport AG 35 Rettungsdienst Fraport AG 5 Rettungsdienst Fraport AG 20 Airport Security Fraport AG 6 Airport Security Fraport AG 28 Berufsfeuerwehr Stadt Ffm 10 Berufsfeuerwehr Stadt Ffm 50 Rettungsdienst der Stadt Ffm 15 Rettungsdienst der Stadt Ffm 35 Übungsleitung / Logistik BF 20 Übungsleitung / Logistik BF 130 Rettungsdienst Frankfurt Hi Org 45 Rettungsdienst Frankfurt Hi Org 140 Externe Ü-MANV-Einheiten 210 Externe Ü-MANV-Einheiten 515 Freiwillige Feuerwehr Ffm 25 Freiwillige Feuerwehr Ffm 185 Polizei 100 Polizei 360 Zoll 5 Zoll 14

Unterstützungsdienste Fraport AG 60 Darsteller 560

Summe 457 Summe 2132

Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Schadenslagemit 500 Verletzten eintrifft, erschien vielen Betei-ligten bei Beginn der Planungen vor drei Jahrennoch verschwindend gering, berichtet Prof. LeoLatasch (Ärztlicher Leiter Rettungsdienst FFM).Latasch weiter: „Doch leider wurden wir von denschrecklichen Ereignissen in Duisburg überholt“.

Wie SOGRO funktioniert, wenn die Rahmenbe-dingungen (Infrastruktur, Wetter, Lage und ver-fügbarer Platz) unangenehmer sind, bleibt abzu-warten. In diesem Szenario erwies es sich jedochals zukunftsweisend.

Start- und Landebahnensystem:Start- und Landebahn Nord: 4.000 Meter lang, 60 Meter breit. Start- und Landebahn Süd: 4.000 Meter lang, 45 Meter breit plus 2 x 7,50 Meterbreite „Schultern“; Achsabstand: 518 Meter zwi-schen Start- und Landebahn Nord und Start- undLandebahn Süd. Startbahn West: 4.000 Meter lang, 45 Meter breit plus 2 x 7,50 Meterbreite „Schultern“. Im Bau: Landebahn Nord-West Geplante Länge 2.800 Meter mit einem Achsen-abstand zur heutigen Nordbahn von rund 1.400Meter. Fertigstellung bis zum Winterflugplan2011/2012. Terminal 3 Vorgesehen sind 75 Abstellpositionen für Flug-zeuge. Fertigstellung abschnittweise ab 2015. An-bindung über Personen-Transport-System geplant.Quelle: Fraport

Fraport AG Medizinische Dienste - Rettungsdienst

Der RD der Medizinischen Dienste ist offizieller Leis-tungserbringer im öffentlichen Rettungsdienst derStadt Frankfurt (Rettungswachen Versorgungsbereich30). Insgesamt 70 Mitarbeiter/innen fahren pro Jahrrund 20.000 Einsätze (Zahlen 2009) in den BereichenBehinderten- Service, Krankentransport, Notfallversor-gung, BA- Not (u.a. Feuerwehreinsätze wie Gefahrgut-unfälle oder Brandmeldungen). Die Wache ist eine an-erkannte Lehrrettungswache, jährlich absolvieren 10RAiP (Rettungsassistenten im praktischen Anerken-nungsjahr) ihr praktisches Jahr im Rettungsdienst undbeenden ihre Ausbildung hier mit dem Abschlussge-spräch. 21 Fahrzeuge (18 Motorgetriebe Fahrzeugeund 3 Anhänger) sind derzeit beim Rettungsdienst imEinsatz. Im Einzelnen sind dies:

- 5 RTW (alle ausgestattet wie NAW) - 1 Sonderrettungsmittel für Parkhauseinsätze - 1 Sonderrettungsmittel für Geländeeinsätze - 1 Gerätewagen für Großschadenfälle (MANV) - 2 Hubfahrzeuge (Ambulance-Lift) - 3 Mannschaftstransportfahrzeuge - 5 PKWs als ELW1 oder Arzt- PKW (Rufbereitschaft /

Hintergrunddienste) - 3 Geräteanhänger

Ende 2005 wurde die neue Rettungswache bezogen.Auf 1360qm ist Platz für die Fahrzeuge in einer großenFahrzeughalle im Erdgeschoss. Außerdem befindetsich dort eine Waschhalle, ein Desinfektionsraum, einLager für Fahrzeugersatzteile und ein Sanitärbereich,2 Lagerräume für RD- Material.

10 Mitarbeiter haben die Qualifikation zum Lehr-Rettungsassistenten und nahezu jeder Rettungsassi-stent hat die Qualifikation zum OLRD, damit ein Groß-schadensereignis von der ersten Minute an strukturiertgeleitet werden kann. Alle im Rettungsdienst einge-setzten Notärzte verfügen über den “Fachkundenach-weis Rettungsdienst“ und die Ausbildung zum LNA(Leitender Notarzt).

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TermineTermineTermineTermineTermineTermineTermineTermineTermine

Malteser Schule Aachen:

“Der renitente Patient”6.Feb. 2011

“Algorithmen im Rettungsdienst”20.Feb. 2011

“AMLS-Provider Kurs”26. - 27. März 2011

Tel.: 0241-9670-124www.malteser-aachen.de

DRK-Bildungszentrum Düsseldorf:

“Medizinproduktegesetz für Anwender“27.Feb. 2011

Fortbildungswoche „Pädiatrische Notfälle“

(Bildungsurlaub)11.-15. April 2011

“Körperliche Bedrohung - Eigenschutz imRettungsdienst” 27.-28. Mai 2011

Tel: 0211 - 2299 2199www.bildungszentrum-duesseldorf.de

DRK Rettungsschule Goslar

Ausbildung zum Kollegialen AnsprechpartnerMindestalter 23 J. + 5 Jahre aktiver Einsatz

06.-09. Juni 2011

[email protected]

ImpressumRettungsdienst Journal: Mitgliederorgan des Berufsverbandes für den Rettungsdienst e.V. (BVRD)29. Jahrgang = 2010Verantwortlich für fachlichen Inhalt: Martin Ritter (1. Vorsitzender)

Herausgeber und Vertrieb:Berufsverband für den Rettungsdienst e. V., Bundesgeschäftsstelle, Gießener Straße 42, 35423 Lich, Tel.: (0 64 04) 95 00 65, Fax: (0 64 04) 95 00 66 e-mail: [email protected] www.bvrd.org

Redaktion:Redaktionsmitglieder: H.-J. Bielke, Wilfried Brömme, Andi Bachsleitner, Urs Spörri, Tobias Weimann, Andreas Zimmermann, Redaktionsadresse wie Herausgeberaddresse

Anzeigenverkauf und -verwaltung:Wilfried Brömme, Gießener Str. 42, 35423 Lich, Tel.: (0 64 04) 95 00 65, Fax: (0 6404) 95 00 66 e-mail: [email protected]ültig ist die Anzeigenpreisliste Nr.13 vom 01.01.2008.

Erscheinungsweise: Regulär alle drei Monate zum Quartalsende.

Gesamtherstellung: BVRD Lich

Druck: Köllen Druck und Verlag GmbH, Bonn www.koellen.de

Alle Rechte vorbehalten

Bezugspreis:Im BVRD-Mitgliedsbeitrag enthalten. Für informierte Mitglieder im Inlandsjahres bezug für 25 Euro; im Auslands jahresbezug für 30 Euro (Preise inkl. Porto).

Erfüllungsort und Gerichtsstand ist Giessen.

Hinweis: Diejenigen Bezeichnungen, die zugleich eingetragene Waren zeichen sind, werden nicht immer besonders kenntlich gemacht. Es kann also ausder Bezeichnung einer Ware nicht geschlossen werden, daß die Bezeichnung ein freier Warenname ist; ebenso ist nicht zu entnehmen, ob Patente oderGebrauchsmuster vorliegen. Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

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