Rezension Fobbe: Forensische Linguistik

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Rezension Rezensionstitel: Fobbe: Forensische Linguistik Autor: Dr. Sascha Bechmann, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Rezension: Eilika Fobbe, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Greifswald, hat mit dem Studienbuch Forensische Linguistik eine höchstinteressante Einführung in ein spezielles Teilgebiet der angewandten Linguistik vorgelegt. Als Schulungsleiterin für forensische Linguistik beim Bundeskriminalamt ist die Autorin prädestiniert dafür, Studierenden der Germanistik wie auch Jurastudenten und interessierten Laien einen Einblick in diesen Themenkomplex zu geben, der zwischen Kriminalistik, Linguistik und Rechtswissenschaft angesiedelt ist. Das Studienbuch umfasst 254 Seiten reinen Text, ergänzt durch ein ausführliches Literaturverzeichnis und ist in drei größere Teilabschnitte aufgegliedert. Der erste Teil befasst sich mit dem Gegenstandsbereich der forensischen Linguistik und gibt dem Leser Einblicke sowohl in die Arbeitsfelder als auch in die Arbeitstechniken forensischer Linguistik. Insbesondere der Aspekt der Autorenerkennung anhand spezifischer stilistischer Textmerkmale wird in den Fokus gerückt. Teil II des Studienbuchs ist Aspekten der Analyse verschiedener Textsorten gewidmet und umfasst interessante Textsorten wie etwa den Erpresserbrief oder Abschiedsbriefe im Zuge suizidaler Sachverhalte. Der Leser gewinnt hier u.a. wertvolle Hinweise dazu, anhand welcher Merkmale die Autorenschaft eines Textes zweifelsfrei gesichert werden kann. Die analytischen Befunde sind durchweg sprachwissenschaftlich durch Definitionen untermauert, so dass die besprochenen Techniken der Textanalyse auf gutem wissenschaftlichem Fundament stehen. Teil III dieser Arbeit befasst sich intensiv mit gerichtlichen Gutachten und gibt Einblicke in den Aufgabenbereich eines Sachkundigen vor Gericht. Dieser Abschnitt scheint mir der schwächste des Buches zu sein, weil hier insbesondere die Übungsaufgaben wenig zum Erkenntnisgewinn des Lesers beitragen. Befördert werden das Verständnis und die Lesbarkeit dieses Buches durch zahlreiche Beispiele und durch Übungsaufgaben, die das Buch auf den ersten Blick didaktisch erst zu einem echten Studienbuch für das Selbststudium machen. Leider muss man hier anmerken, dass die Übungsaufgaben, die sich in jedem Kapitel und äußerst zahlreich finden lassen, im Weiteren ohne Auflösung bleiben. Eine Selbstkontrolle für den Leser wird dadurch nur teilweise möglich, so dass aus didaktischer Sicht am Sinn der gestellten Aufgaben gezweifelt werden darf. Hier wäre weniger vermutlich mehr: Wenige, dafür aber deutlich zielgerichtete Übungsaufgaben mit ausführlichen Musterlösungen wären didaktisch sinnvoller. Die vielen eingängigen Beispiele (z.B. in der Darstellung verschiedener Textsorten) sorgen dafür, dass

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Rezension

Rezensionstitel: Fobbe: Forensische Linguistik

Autor: Dr. Sascha Bechmann, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

Rezension: Eilika Fobbe, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Greifswald, hat mit dem

Studienbuch Forensische Linguistik eine höchstinteressante Einführung in ein spezielles Teilgebiet der

angewandten Linguistik vorgelegt. Als Schulungsleiterin für forensische Linguistik beim

Bundeskriminalamt ist die Autorin prädestiniert dafür, Studierenden der Germanistik wie auch

Jurastudenten und interessierten Laien einen Einblick in diesen Themenkomplex zu geben, der

zwischen Kriminalistik, Linguistik und Rechtswissenschaft angesiedelt ist.

Das Studienbuch umfasst 254 Seiten reinen Text, ergänzt durch ein ausführliches Literaturverzeichnis

und ist in drei größere Teilabschnitte aufgegliedert. Der erste Teil befasst sich mit dem

Gegenstandsbereich der forensischen Linguistik und gibt dem Leser Einblicke sowohl in die

Arbeitsfelder als auch in die Arbeitstechniken forensischer Linguistik. Insbesondere der Aspekt der

Autorenerkennung anhand spezifischer stilistischer Textmerkmale wird in den Fokus gerückt. Teil II

des Studienbuchs ist Aspekten der Analyse verschiedener Textsorten gewidmet und umfasst

interessante Textsorten wie etwa den Erpresserbrief oder Abschiedsbriefe im Zuge suizidaler

Sachverhalte. Der Leser gewinnt hier u.a. wertvolle Hinweise dazu, anhand welcher Merkmale die

Autorenschaft eines Textes zweifelsfrei gesichert werden kann. Die analytischen Befunde sind

durchweg sprachwissenschaftlich durch Definitionen untermauert, so dass die besprochenen

Techniken der Textanalyse auf gutem wissenschaftlichem Fundament stehen.

Teil III dieser Arbeit befasst sich intensiv mit gerichtlichen Gutachten und gibt Einblicke in den

Aufgabenbereich eines Sachkundigen vor Gericht. Dieser Abschnitt scheint mir der schwächste des

Buches zu sein, weil hier insbesondere die Übungsaufgaben wenig zum Erkenntnisgewinn des Lesers

beitragen.

Befördert werden das Verständnis und die Lesbarkeit dieses Buches durch zahlreiche Beispiele und

durch Übungsaufgaben, die das Buch auf den ersten Blick didaktisch erst zu einem echten

Studienbuch für das Selbststudium machen. Leider muss man hier anmerken, dass die

Übungsaufgaben, die sich in jedem Kapitel und äußerst zahlreich finden lassen, im Weiteren ohne

Auflösung bleiben. Eine Selbstkontrolle für den Leser wird dadurch nur teilweise möglich, so dass aus

didaktischer Sicht am Sinn der gestellten Aufgaben gezweifelt werden darf. Hier wäre weniger

vermutlich mehr: Wenige, dafür aber deutlich zielgerichtete Übungsaufgaben mit ausführlichen

Musterlösungen wären didaktisch sinnvoller.

Die vielen eingängigen Beispiele (z.B. in der Darstellung verschiedener Textsorten) sorgen dafür, dass

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der Leser die Inhalte auch ohne fundiertes linguistisches Wissen erschließen kann. Somit eignet sich

das Studienbuch nicht nur für Studierende der Sprachwissenschaft, sondern vermutlich ebenso gut

auch für Praktiker aus dem Bereich Kriminalistik und selbstverständlich auch für Studierende

benachbarter Disziplinen. Dass Fobbe hier ein Studienbuch mit interdisziplinärer Ausrichtung vorlegt

und durch weitgehenden Verzicht auf Fachvokabular einer breiten Leserschaft zugänglich macht, ist

als besonders positiv hervorzuheben.

Trotz der vielen Beispiele und der sprachlichen Einfachheit dieses Buches gibt es doch einen

Wermutstropfen: Das Studienbuch ist sehr textlastig und auch wenn die dargestellten Sachverhalte

wenig komplex sind, würde die eine oder andere Abbildung dem Buch gut tun. Der Textfluss ist sehr

homogen, so dass man sich deutlichere typographische Strukturelemente wünschen würde, die

einzelne Abschnitte und Themenbereiche voneinander trennen. Ebenso fehlen Hervorhebungen

wichtiger Begriffe oder Merksätze, die gerade für den Laien das Lernen von Fachbegriffen erleichtern

würden. Ein kurzes Fazit am Ende eines jeden Kapitels oder Abschnitts wäre wünschenswert, so dass

man auch nach einiger Zeit noch Dinge einfach nachschlagen und wiederfinden kann.

Fazit: Insgesamt ist dieses Studienbuch eine interessante Einführung, die sich aufgrund der

Einfachheit der Darstellung an eine breite Leserschaft wendet, aber didaktisch deutliche Schwächen

aufweist und typographisch eher lieblos und langweilig gestaltet ist. Hier wäre mehr didaktisches und

gestalterisches Potenzial vorhanden gewesen und hätte genutzt werden sollen, insbesondere, da sich

das Studienbuch zum Selbststudium auch an interessierte (sprachwissenschaftliche) Laien richtet.

Ansonsten auch in Punkto Preis-Leistung ein empfehlenswertes Buch.