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RFID: Potenziale für Deutschland Stand und Perspektiven von Anwendungen auf Basis der Radiofrequenz-Identifikation auf den nationalen und internationalen Märkten www.bmwi.de Innovationspolitik, Informationsgesellschaft, Telekommunikation

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RFID: Potenziale für DeutschlandStand und Perspektiven von Anwendungen auf Basis der Radiofrequenz-Identifikation auf den nationalen und internationalen Märkten

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Innovationspolitik, Informationsgesellschaft, Telekommunikation

Vorwort-Rückseite 07.03.2007 10:51 Uhr Seite 1

HerausgeberBundesministerium fürWirtschaft und TechnologieReferat Öffentlichkeitsarbeit / P310115 Berlinwww.bmwi.de

StandMärz 2007

Text und RedaktionVDI/VDEInnovation + Technik GmbH, Berlin im Auftrag desBundesministeriums für Wirtschaft und Technologie

AutorenDr. Marc BovenschultePeter GabrielDr. Katrin GaßnerUwe Seidel

TitelbildFraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration

Vorwort-Rückseite 07.03.2007 10:51 Uhr Seite 2

RFID: Potenziale für Deutschland Stand und Perspek t i ven von Anwendungen au f Bas is de r Rad io f requenz - Iden t i f i ka t i on au f den na t iona len und i n te rna t i ona len Märk ten Dr. Marc Bovenschulte Peter Gabriel Dr. Katrin Gaßner Uwe Seidel VDI/VDE Innovation + Technik GmbH

Management Summary Das Thema Radio Frequency Identification – kurz RFID – ist ein Phänomen: Obwohl noch weit davon entfernt, eine umfassende Massenanwendung zu sein, hat es sich in den wirt-schafts- und innovationspolitischen Diskussionen innerhalb kurzer Zeit zu einem zentralen Hoffnungsträger für Industrie und Handel entwickelt. Belegt wird die Bedeutsamkeit von RFID mit dem Verweis auf den geradezu explodierenden Anstieg der verwendeten Tags: In den nächsten zehn Jahren soll sich die Menge auf das 450fache der heutigen Anzahl erhö-hen und der Gesamtmarkt RFID soll sich von 2006 bis 2016 auf weltweit 20,5 Milliarden Euro fast verzehnfachen. Die Erwartungen und Hoffnungen sind also enorm. Doch wie entwickelt sich das Gesamtfeld RFID in den nächsten Jahren und in welchen Kontext ist es eingebettet? Welche Branchen profitieren besonders von dieser Technologie und wie steht es um die Rolle Deutschlands im internationalen Wettbewerb? Welches sind die sozioöko-nomischen Effekte?

Eine Vielzahl von Studien befasst die sich mit den technischen, betriebswirtschaftlichen und regulatorischen Einzelaspekten von RFID. Gleichwohl liegen über die tatsächlichen gesamt-wirtschaftlichen Effekte der Funkidentifikationstechnik auf die deutschen Nutzer, Technolo-gieanbieter und technischen Dienstleister noch keine verlässlichen Aussagen vor. Vor die-sem Hintergrund wurde im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) die vorliegende Studie erarbeitet. Sie beschreibt den aktuellen Stand von RFID-Technik und -Anwendungen, zeigt die ökonomischen Potenziale der Funkidentifikation für die deutsche Wirtschaft auf, nennt die Erfolgsfaktoren für eine erfolgreiche Technikeinfüh-rung und leitet Handlungsoptionen für die Akteure aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft ab.

Kernaussagen dieser Studie sind:

• Mittelfristig wird RFID in wesentlichen Branchen der deutschen Volkswirtschaft zu einer Querschnittstechnologie: In den RFID-relevanten Unterkategorien des produzierenden Gewerbes, des Handels und des Verkehrs sowie der privaten und öffentlichen Dienstleister werden nach unserer Schätzung im Jahr 2010 8 % der Bruttowertschöp-fung durch RFID beeinflusst, während dies im Vergleich im Jahr 2004 erst 0,5 % waren. Das entspricht einer Verzwanzigfachung von etwa 3 Mrd. Euro RFID-beeinflusster Wert-schöpfung im Jahr 2004 in diesen Branchen auf ca. 62 Mrd. Euro im Jahr 2010.

• In Europa sind deutsche Unternehmen führend bei der Erprobung und Umsetzung von RFID-Anwendungen. Dazu gehören insbesondere der Handel, die Logistik und die Au-tomobilindustrie.

• Kurzfristig ist RFID vor allem eine Rationalisierungstechnologie, die die Wettbewerbsfä-higkeit der deutschen Wirtschaft sichert. Auf mittlere und lange Sicht erlaubt die Funk-identifikation den Anwendern jedoch das Angebot neuer Produkte und Dienstleistungen. Sie trägt damit nachhaltig zur Stärkung der Innovationskraft deutscher Unternehmen bei.

• Deutschland verfügt bei RFID über leistungsstarke sowie wettbewerbsfähige Technolo-gieanbieter und technische Dienstleister. Zu großen Teilen ist diese „RFID-Wirtschaft“ mittelständisch geprägt.

• In der Summe werden die Arbeitsplatzeffekte der RFID-Einführung weitgehend neutral bleiben: In den Anwendungsbranchen wird es eher geringe Zu- und Abgänge von Ar-beitsplätzen geben, während bei den Technologieanbietern und technischen Dienstleistern ein Aufbau von hochqualifizierten Arbeitsplätzen zu erwarten ist.

• Insbesondere in der Frequenzpolitik, der Forschungs- und Technologiepolitik sowie beim Verbraucherschutz können die politischen Vertreter aktiv dazu beitragen, dass Wirt-schaft und Gesellschaft die Potenziale von RFID auch tatsächlich nutzen können.

II

RFID-Technologie bewährt sich bereits seit Jahren in der Praxis. Es existiert eine große Produktvielfalt am Markt mit allgemeinen und speziellen Lösungen für die unterschiedlichs-ten Einsatzfelder. Trotz der breiten Nutzung sind aber noch lange nicht alle technischen Herausforderungen gelöst. Ein Hauptproblem besteht für Massenanwendungen noch immer in den Kosten. Hier wird versucht, mit hybriden Technologien und in der Zukunft mit Poly-mertechnologie Funkchips zu entwickeln, die bei rund einem Zehntel des heutigen Preises liegen. Entwicklungsbedarf besteht weiterhin in der Sensortechnologie, der effizienten Ener-gieversorgung und der Display-Technologie für die mobilen Teilsysteme. Andere Herausfor-derungen beziehen sich auf notwendige Software, wie beispielsweise Kommunikationspro-tokolle, Sicherheitsmaßnahmen gegen den Missbrauch von RFID, Software zur Unterstüt-zung der Supply Chain, Middleware, oder langfristig auf die technische Realisierung eines „Internet der Dinge“.

Grundvoraussetzung für den Einsatz von RFID ist die internationale Standardisierung von Datenformaten und Kommunikationsprotokollen sowie eine weltweit abgestimmte Regulie-rung der Funkfrequenzen. Bei der Standardisierung ist neben der ISO vor allem das ur-sprünglich vom Handel und von der Konsumgüterindustrie initiierte Industriekonsortium EPCglobal sehr aktiv, und es hat bei der Verbreitung der Funkidentifikation wesentlich Vorschub geleistet. Ein zentrales Element dieser Initiative besteht in der Realisierung eines Object Name Services (ONS), über den Produkte eine eindeutige Repräsentation im Internet bekommen, um so den Datenaustausch zwischen Unternehmen zu erleichtern. Hier sollte dafür Sorge getragen werden, dass durch die zentrale Struktur des ONS keine Nachteile im internationalen Wettbewerb entstehen; eine dezentrale Lösung könnte hier Abhilfe schaffen. Außerdem sollten bei den von der Großindustrie dominierten Standardisierungsprozessen auch mittelständische Unternehmen ihre Interessen wahren und sich an der Erarbeitung neuer Standards beteiligen können.

Eine wesentliche Hürde bei der Frequenzpolitik ist, dass bei den für RFID wichtigen UHF-Frequenzen in Europa weniger Bandbreite zur Verfügung steht als in den USA. Um die Beschränktheit im UHF-Bereich zu überwinden, bestehen mehrere Optionen. Die weitest- reichende sieht vor, die „digitale Dividende“ aus der Umstellung des analogen auf das digita-le Fernsehen für RFID zu nutzen. Für die freiwerdenden Frequenzbänder liegen aber auch seitens der Fernsehsender und Mobilfunkgesellschaften Nutzungskonzepte vor. Daher sollte darauf geachtet werden, dass bei den langfristigen Überlegungen zur Nutzung der digitalen Dividende die Interessen von RFID-Anwendern auf der einen und von Fernseh- und Mobil-funkgesellschaften auf der anderen Seite miteinander abgeglichen werden.

In zwei Bereichen greifen staatliche Vorgaben direkt in die Gestaltung von RFID-Systemen ein: Im Daten- und im Umweltschutz. In einigen Anwendungsbereichen ist eine Abstimmung mit weiteren gesellschaftlichen Akteuren im Hinblick auf Fragen des Daten- und Verbrau-cherschutzes erforderlich, um bestehende Vorbehalte aufzugreifen und gemeinsam mit allen Beteiligten zu lösen. Ein solches Vorgehen ist unabdingbar für die Akzeptanz von RFID durch den Bürger. Unterbleibt eine solche weitgehend akzeptierte Regelung, kann die man-gelnde Kundenakzeptanz insbesondere für den Handel ein nahezu unüberwindbares Inno-vationshemmnis werden. Wie für andere Elektronikprodukte gelten auch für RFID-Systeme die erst unlängst verschärften umweltpolitischen Auflagen für gefährliche Materialien und deren Entsorgung. Auf lange Sicht wird auch die mögliche Beeinträchtigung von Recycling-prozessen durch das massenhafte Auszeichnen von Objekten mit RFID-Transpondern ein relevantes Thema werden.

Deutschland ist weltweit einer der RFID-Pioniere, kann stilbildende Pilotprojekte vorweisen und zählt in Europa – gemeinsam mit Frankreich und Großbritannien – zu den bedeutends-ten Akteuren. In den drei Anwendungsfeldern, die heute die größte wirtschaftliche Bedeu-tung haben, zeigen sich deutlich die Potenziale von RFID für die deutsche Wirtschaft. Dies sind der Handel, die Logistik und die Automobilproduktion.

III

Der Handel als führender RFID-Anwender ist dadurch gekennzeichnet, mit sehr vielen Partnern, den Konsumgüterherstellern, zusammen zu arbeiten. Da der Preisdruck sowohl auf den Handel als auch auf die Konsumgüterindustrie sehr hoch ist und der Umsatz in Deutschland mittelfristig stabil um die Marke von jährlich 360 Mrd. Euro stagniert, sind die Gewinnmargen auf absehbare Zeit sehr gering. Auch hier kann eine Gewinnsteigerung in erster Linie nur durch Rationalisierung und Prozessoptimierung erreicht werden. Diese Effekte lassen sich bevorzugt in großen SB-Warenhäusern, großen Verbrauchermärkten und Discountern realisieren, während klassische Supermärkte sowie Fach- und Einzelhandels-geschäfte kaum davon profitieren werden. Die Potenziale werden insbesondere darin gese-hen, den Warenein- und -ausgang zu optimieren, den Warenfluss im Laden zu verbessern und Ausverkaufssituationen ebenso wie überhöhte Nachbestellungen und damit Produktion zu vermeiden. Durch die wachsende Zahl von Unternehmen, die RFID einsetzen (von 20 % im Jahr 2006 auf 40 % im Jahr 2010) steigt der Produktivitätseffekt in Höhe von gegenwärtig 0,72 Mrd. Euro auf 8,64 Mrd. Euro; interessanter als die absoluten Zahlen ist hierbei die Verzehnfachung innerhalb von 5 Jahren.

In dieser Betrachtung muss jedoch berücksichtigt werden, dass im genannten Zeitraum der Kunde in Deutschland – anders als beispielsweise in Japan – mit Ausnahme einiger Hoch-preisprodukte und ggf. Textilien noch so gut wie gar nicht mit RFID in Berührung kommen wird. Das item tagging und die damit möglichen Zusatzfunktionen und Dienste werden hier erst nach dem Jahr 2010 eine Rolle spielen, so dass die ökonomischen Effekte allein auf der Rationalisierung durch die breite Anwendung von RFID beruhen. Entsprechend ist davon auszugehen, dass vor dem Hintergrund des stagnierenden Umsatzes keine neuen Arbeits-plätze im Handel und in der Konsumgüterindustrie entstehen, sondern sich diese zumindest in der ersten Phase tendenziell verringern. Grund für diesen negativen Saldo ist, dass eine Umsatzsteigerung nicht erkennbar ist und die Implementierung von RFID einen erheblichen finanziellen Aufwand bedeutet – Investitionen, die an anderer Stelle eingespart werden müssen.

Auch die deutsche Logistik wird innerhalb der nächsten fünf Jahre stark von RFID profitie-ren. Bis etwa 2010 wird sich der Einsatz von RFID auf Transportbehältern flächendeckend durchgesetzt haben, um den wachsenden Anforderungen der globalisierten Wirtschaft zu genügen. Aufgrund der konstant niedrigen Margen besteht die wesentliche Möglichkeit zur Gewinnsteigerung in einer Erhöhung der Effizienz in Form von Automatisierung und Rationa-lisierung. Die Optimierungspotenziale werden dabei sowohl in internen Abläufen gesehen (gilt insbesondere für die Kurier-, Express- und Paketbranche) als auch in den zwangsläufi-gen Kooperationen mit Partnern (andere Logistikunternehmen, Industrie und Handel). Er-folgsbedingungen sind – neben der Integration von wirtschaftlichen und prozesssicheren Systemen auf Unternehmensebene – insbesondere übergreifende Standards, die netzweite Austausch- und Kooperationsprozesse gewährleisten. Unter diesen Bedingungen wird von Branchenvertretern geschätzt, dass sich Effizienzeffekte in der Größenordnung von 5-10 % durch den Einsatz von RFID erzielen lassen. Für die deutsche Logistikwirtschaft entspräche dies – bei einem jährlichen Anstieg des Umsatzes um 2 % aufgrund der weltweiten Zunah-me von Transportprozessen – einem RFID-bedingten Produktivitätseffekt in Höhe von 2,6 Mrd. Euro im Jahr 2006 und etwa 6 Mrd. Euro im Jahr 2010. Dabei ist bemerkenswert, dass trotz der Rationalisierungsbestrebungen davon ausgegangen wird, dass die Beschäftigten-zahlen in der Logistikwirtschaft tendenziell eher zunehmen werden.

Im Gegensatz zum Handel und zur Logistik ist die Automobilindustrie als eine der zentralen Branchen der deutschen Industrie bereits seit Jahren ein Vorreiter bei der Nutzung von RFID, wobei die Technologie bisher vor allem in unternehmensinternen Prozessen zum Einsatz kommt. Die Branche hat sich gleich mehreren Herausforderungen zu stellen, die aus der Komplexität des Produkts, der weltweiten Dezentralisierung der Standorte, der abneh-menden Fertigungstiefe der Automobilhersteller und der Übertragung von Produktionsschrit-ten an Zulieferer, der Notwendigkeit zur kundenindividuellen Massenfertigung und dem globalen Verdrängungswettbewerb resultieren. Auch hier soll RFID bestehende Prozesse optimieren und die Effizienz bzw. Produktivität steigern; Anwendungen ergeben sich insbe-

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sondere für die Bereiche der Produktionslogistik, der Steuerung von Anlagen und Prozes-sen, der Auslastung und Verfügbarkeit von Produktionsstraßen etc. Um die bestehenden Anwendungen auf die gesamte Supply Chain und damit auf die verzweigte Partnerstruktur zu übertragen, muss RFID mit den bestehenden Standards der Branche harmonieren. Darüber hinaus besteht das Problem, dass eine Investition in die neue Technologie für die mittelständisch geprägten Zulieferer ein erhebliches Risiko birgt.

Auf der Basis der Annahme, dass sich die Zahl der RFID-Pioniere bei den Automobilherstel-lern von 25 % im Jahr 2006 auf 50 % im Jahr 2010 erhöht und der Anteil bei den Zulieferern im gleichen Zeitraum von 10 % auf 30 % wächst, ergibt sich auf der Grundlage eines stetig wachsenden Umsatzes der deutschen Automobilindustrie ein RFID-bedingter Produktivitäts-effekt in Höhe von 0,75 Mrd. Euro im Jahr 2006 und 2,42 Mrd. Euro im Jahr 2010. Beschäf-tigungseffekte lassen sich aus den verfügbaren Daten nicht ableiten. Die durch RFID stei-gende Pro-Kopf-Produktivität dürfte jedoch dem Trend zur Verlagerung der Fertigung in das Ausland aus Kostengründen entgegenwirken. Zudem spielen die Personalkosten in der Automobilindustrie mit einem Anteil von durchschnittlich 18 % eine vergleichsweise geringe Rolle, so dass nicht zu erwarten ist, dass die Investitionskosten für RFID eins zu eins durch Personalabbau kompensiert werden.

Auch in anderen Anwendungskontexten wie der chemischen Industrie und Pharmazie, Flugsicherheit, Militär, elektronischen Ausweisdokumenten, Gesundheitswesen, Verkehr etc. spielt RFID eine zunehmende Rolle und unterstreicht damit den Querschnittscharakter dieser Technologie. Die Nutzung zielt dabei teilweise auf die Gewährleistung von Fäl-schungssicherheit ab, andererseits soll, wie in den vorangegangenen Branchenbeispielen, eine Optimierung von Prozessen erreicht werden, um diese effektiver und kostengünstiger zu gestalten; dies ist die durchgängige Nutzungsperspektive für RFID bis zum Jahr 2010.

In der Fachdiskussion wird gelegentlich vernachlässigt, dass Deutschland nicht nur ein bedeutender RFID-Nutzer, sondern auch ein wichtiger RFID-Lieferant ist. Die deutschen Technologieanbieter und technischen Dienstleister sind für den Wachstumsmarkt der Funk-identifikation gut gerüstet. Nach unseren Berechnungen wird der gesamte Umsatz der RFID-Wirtschaft von ca. 914 Mio. Euro im Jahr 2006 auf etwa 1,4 Mrd. Euro im Jahr 2010 wach-sen. Hier ist die Schaffung neuer und hochqualifizierter Arbeitsplätze zu erwarten.

Wie die Anwendungsfelder Handel, Logistik und Automobilproduktion zeigen, wird RFID mittelfristig in erster Linie dafür sorgen, dass Prozesse effizienter und effektiver gestaltet werden können. RFID ist damit in den Anwenderbranchen per se eine Automatisierungs- und Rationalisierungstechnologie, die dazu führen wird, dass bestehende Prozesse mit weniger Personal mehr leisten. Diese Effizienzgewinne können als „Effekte erster Ordnung“ bezeichnet werden, die im Wesentlichen die Wettbewerbsfähigkeit der Anwender erhalten. Langfristig werden sich aber auch neue RFID-Anwendungs- und Nutzungskonzepte erge-ben, die neue Produkte und Dienste auf der Grundlage der Funkidentifikation ermöglichen und somit als „Effekte zweiter Ordnung“ neue Geschäftsmodelle und Dienstleistungen in nennenswertem Umfang entstehen lassen. Diese neuen Geschäftsmodelle und Dienstleis-tungen werden dann dazu beitragen, dass die RFID-Anwender sich von Wettbewerbern differenzieren können. Sie stärken damit nachhaltig die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen RFID-Nutzer.

Während die gegenwärtigen Aktivitäten und Implementierungen fast ausschließlich von Großunternehmen durchgeführt werden, stellt der Einsatz von RFID allerdings für manche Mittelständler noch ein erhebliches Risiko dar, da die Einführung der Technologie mit großen Kosten verbunden ist und besonderes Know-how voraussetzt. Hier gibt es bedeutenden wirtschaftspolitischen Handlungsbedarf. Allgemein ist die Zukunftsperspektive, die für den Mittelstand mit RFID verbunden ist, aber eher positiv. RFID führt langfristig zu flexibleren Wirtschaftsstrukturen und zu einer Diversifizierung von Geschäftsbeziehungen und bietet damit gerade für den Mittelstand relevante Optionen.

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Eine volkswirtschaftliche Gesamtrechnung der Effekte der RFID-Einführung liegt derzeit nicht vor. Auf Basis heute verfügbarer Daten kann aber abgeschätzt werden, dass der Anteil der RFID-beeinflussten Bruttowertschöpfung in den relevanten Wirtschaftsbereichen bereits mittelfristig stark steigen wird. Bis zum Jahr 2010 erwarten wir für die RFID-relevanten Unterkategorien in den Bereichen produzierendes Gewerbe, Handel/Verkehr sowie öffentli-che und private Dienstleister mit einer Bruttowertschöpfung von 764 Mrd. Euro einen RFID-beeinflussten Anteil von etwa 62 Mrd. Euro im Vergleich zu einem Anteil von gut 3 Mrd. Euro im Jahr 2004 bei einer Bruttowertschöpfung in Höhe von 654 Mrd. Euro. Dies ist ein deutli-ches Indiz dafür, dass RFID schon mittelfristig eine Rolle als bedeutende Querschnittstech-nologie einnehmen wird.

Wenngleich es in der ersten Stufe der Einführung von RFID in der Mehrzahl der Anwender-unternehmen vermutlich zu einem leichten Verlust von Arbeitsplätzen kommen wird, werden bei Technologieanbietern und technischen Dienstleistern neue Arbeitsplätze geschaffen. In der volkswirtschaftlichen Bilanz steht dem Verlust von Arbeitsplätzen somit die Schaffung neuer Arbeitsplätze gegenüber. Dabei ist jedoch nicht damit zu rechnen, dass eine vollstän-dige Kompensation erreicht werden kann, da die Fertigung von RFID-Komponenten und -Systemen ihrerseits in weitgehend automatisierten Prozessen erfolgt. In der Bilanz ist daher absolut ein Verlust von Arbeitsplätzen zu erwarten. Diese Bilanz wird allerdings in Zukunft teilweise dadurch ausgeglichen werden, dass nach 2010 bei den Anwendern neue Arbeits-plätze durch die Effekte zweiter Ordnung entstehen. Zudem ist der durch RFID, wie auch durch andere Rationalisierungstechnologien, bewirkte Produktivitätsgewinn ein zentrales Element zum Erhalt der sozialen Sicherungssysteme. In der schrumpfenden und älter wer-denden deutschen Bevölkerung werden in Zukunft weniger Erwerbstätige mehr Nichter-werbstätige versorgen müssen. Dies kann nur auf Basis einer steigenden Pro-Kopf-Produktivität erreicht werden.

RFID eröffnet der deutschen Wirtschaft große Potenziale, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und zu steigern. Um diese Potenziale aber auch tatsächlich zu nutzen, müssen sich die Akteure aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft einer Reihe von Aufgaben stellen. We-sentliche Handlungsempfehlungen dieser Studie an die Akteure sind daher:

• Die internationale Frequenzharmonisierung weiter aktiv mitbestimmen und vorantreiben.

• Mittelständische RFID-Nutzer und -Technologieanbieter verstärkt in Standardisierungs-prozesse einbeziehen.

• Mittelständischen RFID-Nutzern einen frühzeitigen Technologieeinstieg ermöglichen.

• In konkreten, bürger- und kundennahen RFID-Anwendungen die Interessen der Anwen-der und der Bürger bzw. Kunden in Bezug auf den Daten- und Verbraucherschutz in Übereinstimmung bringen.

• Die bestehenden Entsorgungs- und Wiederverwertungsprozesse frühzeitig auf den zu erwartenden Masseneinsatz von RFID vorbereiten.

• Die Beteiligung der europäischen Unternehmen am EPC Network sichern.

• Die bestehende forschungs- und technologiepolitischen Förderungen von RFID ausbau-en und stärker miteinander verzahnen.

• RFID in der beruflichen und akademischen Ausbildung angemessen berücksichtigen.

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Inhalt

1 Einleitung......................................................................................................................... 1

2 Technologie..................................................................................................................... 3

2.1 Kopplungsprinzipien und Sendefrequenzen.......................................................... 4

2.2 Gestaltungsvarianten............................................................................................. 5

2.3 Software................................................................................................................. 6

2.4 Technologie-Roadmap .......................................................................................... 7

3 Funkregularien und Datenstandards.......................................................................... 11

3.1 Funkregulierung................................................................................................... 12

3.1.1 Akteure der Funkregulierung................................................................... 12

3.1.2 Frequenzbereiche für RFID..................................................................... 13

3.1.3 Digitale Dividende durch Digitalisierung des Fernsehens....................... 15

3.2 Kommunikations- und Datenstandards ............................................................... 15

3.2.1 ISO-Standards......................................................................................... 16

3.2.2 EPCglobal ............................................................................................... 17

4 Daten- und Umweltschutz............................................................................................ 21

4.1 Daten- und Verbraucherschutz............................................................................ 21

4.2 Entsorgung und Ressourcenbedarf..................................................................... 24

5 RFID-Anwendungen in der Konsumgüterindustrie und im Handel......................... 27

5.1 Ausgangslage ...................................................................................................... 27

5.2 Motivation für die Einführung von RFID............................................................... 27

5.3 Operative Umsetzung und Pilotprojekte.............................................................. 29

5.4 Erfolgsfaktoren..................................................................................................... 30

5.5 Szenario 2010...................................................................................................... 31

5.5.1 Betriebswirtschaftliche Effekte in der Konsumgüterindustrie .................. 31

5.5.2 Betriebswirtschaftliche Effekte im Handel ............................................... 33

5.5.3 Umsatz- und Produktivitätseffekte .......................................................... 36

5.5.4 Beschäftigungseffekte ............................................................................. 37

5.6 Internationaler Vergleich...................................................................................... 37

6 RFID-Anwendungen in der Logistik............................................................................ 41

6.1 Ausgangslage ...................................................................................................... 41

6.2 Motivation für die RFID-Einführung ..................................................................... 42

6.3 Operative Umsetzung und Pilotprojekte.............................................................. 44

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6.4 Erfolgsfaktoren.....................................................................................................45

6.5 Szenario 2010 ......................................................................................................46

6.5.1 Betriebswirtschaftliche Effekte.................................................................46

6.5.2 Umsatz- und Produktivitätseffekte...........................................................48

6.5.3 Beschäftigungseffekte .............................................................................51

6.6 Internationaler Vergleich ......................................................................................52

7 RFID-Anwendungen in der Automobilindustrie.........................................................53

7.1 Ausgangslage ......................................................................................................53

7.2 Motivation für die RFID-Einführung......................................................................55

7.3 Operative Umsetzung und Pilotprojekte ..............................................................57

7.4 Erfolgsfaktoren.....................................................................................................58

7.5 Szenario 2010 ......................................................................................................59

7.5.1 Betriebswirtschaftliche Effekte.................................................................59

7.5.2 Umsatz- und Produktivitätseffekte...........................................................60

7.5.3 Beschäftigung ..........................................................................................62

7.6 Internationale Einordnung....................................................................................62

8 Perspektiven weiterer Anwendungsbereiche ............................................................63

8.1 Chemische Industrie ............................................................................................63

8.2 Pharmaindustrie ...................................................................................................64

8.3 Anwendungen des öffentlichen Interesses ..........................................................66

8.3.1 Blutkonserven ..........................................................................................67

8.3.2 Militärlogistik ............................................................................................67

8.3.3 Internationale Flugsicherheit ...................................................................68

8.3.4 Elektronischer Reisepass ........................................................................68

8.3.5 Euro-Banknoten.......................................................................................69

9 Die deutsche RFID-Wirtschaft .....................................................................................71

9.1 Deutsche Unternehmen in der RFID-Wertschöpfungskette ................................71

9.2 Szenario 2010 ......................................................................................................73

9.3 Internationale Wettbewerbssituation....................................................................75

9.4 Perspektiven der deutschen RFID-Wirtschaft......................................................76

10 Gesamtwirtschaftliche Effekte bis 2010 .....................................................................79

10.1 Die zweistufige Durchdringung von Wirtschaftsprozessen durch RFID ..............79

10.2 Der wachsende RFID-Anteil an der Bruttowertschöpfung...................................81

10.3 Sozioökonomische Effekte...................................................................................84

11 Handlungsempfehlungen .............................................................................................87

11.1 Frequenzharmonisierung .....................................................................................87

IX

11.2 Standardisierung.................................................................................................. 87

11.3 Technikerschließung für den Mittelstand............................................................. 88

11.4 Daten- und Verbraucherschutz............................................................................ 89

11.5 Forschungs- und Technologiepolitik.................................................................... 89

11.6 Umweltschutz ...................................................................................................... 90

11.7 Ausbildung ........................................................................................................... 91

11.8 Berücksichtigung der Hochtechnologien in der Wirtschaftsstatistik .................... 91

12 Literatur ......................................................................................................................... 93

13 Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................. 107

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1 Einleitung Die RFID-Technologie (radio frequency identification) ermöglicht die berührungslose Identifi-kation von Objekten per Funk und wird bereits in zahlreichen Prozessen in Wirtschaft und Verwaltung eingesetzt. Etwa seit der Jahrtausendwende hat sich ein regelrechter RFID-Boom entwickelt. Vorangetrieben durch technische Fortschritte in der Mikroelektronik be-schäftigen sich neue Anwendergruppen – insbesondere der Handel mit logistischen Anwen-dungen und die öffentliche Hand mit Identifikationssystemen wie dem elektronischen Reise-pass oder dem geplanten digitalen Personalausweis – intensiv mit neuen Anwendungsmög-lichkeiten der Funkidentifikation und setzen sie gegenwärtig in die Praxis um. Andere Bran-chen, etwa die pharmazeutische Industrie oder der Flugzeugbau, greifen diesen Trend auf und beteiligen sich ebenfalls intensiv an der Diskussion um innovative Applikationen. Auf-grund ihrer vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten bietet die Querschnittstechnologie RFID sowohl für Anwender als auch für die Technologieanbieter und die technischen Dienstleister ein hohes Innovations- und Wachstumspotenzial.

Es gibt eine Vielzahl von Studien, die sich mit den technischen, betriebswirtschaftlichen und regulatorischen Aspekten von RFID befassen. Zahlreiche Marktstudien sagen große Wachs-tumsraten für diesen Markt voraus. Für die tatsächlichen gesamtwirtschaftlichen Effekte der Funkidentifikationstechnik auf die deutschen Nutzer, Technologieanbieter und technischen Dienstleister liegen gleichwohl noch keine verlässlichen Aussagen vor. Bewirkt RFID tat-sächlich die manchmal vorhergesagte „Revolution in der Logistik“, oder ist diese neue Tech-nik lediglich eine evolutionäre Fortführung des Barcodes? Sind deutsche Unternehmen führend in diesem Markt oder hinken sie dem Ausland hinterher? Ebenso ist der politische und gesellschaftliche Handlungsbedarf derzeit noch umstritten. Bedarf es eines eigenen RFID-Gesetzes, um den Datenschutz auch bei diesen neuen Anwendungen zu wahren? Mit welchen wirtschafts- und technologiepolitischen Instrumenten sollte die deutsche Wirtschaft bei der Nutzung der Funkidentifikation unterstützt werden?

Vor diesem Hintergrund an offenen Fragen wurde daher im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) die vorliegende Studie erarbeitet. Sie soll die ökono-mischen Potenziale von RFID für die deutsche Wirtschaft aufzeigen, die Erfolgsfaktoren für eine erfolgreiche Technikeinführung benennen und Handlungsoptionen für die Akteure aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft aufzeigen. Im Zentrum der Betrachtungen steht eine mittelfristige Abschätzung der ökonomischen Entwicklung der RFID-Technologie bis zum Jahr 2010. Innerhalb dieses Zeitfensters von drei bis vier Jahren kann diese Entwicklung auf Basis heute vorhandener Informationen und Studien vergleichsweise fundiert abgeschätzt werden.

RFID ist eine komplexe Systemtechnologie, die genau auf die jeweilige Anwendung zuge-schnitten werden muss und eine breite Palette an Realisierungsmöglichkeiten anbietet. Kapitel 2 stellt daher zunächst kurz die heute am Markt verfügbaren Technologien für RFID-Systeme – Transponder, Lesegeräte und Software – vor und beschreibt die wesentlichen technischen Entwicklungstrends, u. a. in den Bereichen Sensorik, autarke Energieversor-gung, Ad-hoc-Netzwerke, Polymerelektronik und Internet der Dinge.

Neben den grundlegenden funktechnischen Regularien sind einheitliche Daten- und Anwen-dungsstandards eine zwingende Voraussetzung für eine erfolgreiche Einführung von RFID-Systemen. Nur mit solchen Standards können organisations- und länderübergreifende An-wendungen betrieben werden. Kapitel 3 führt in den gegenwärtigen Stand wesentlicher RFID-Regulierungen und -Standardisierungen ein. Ebenso wichtig – und teilweise kontro-vers diskutiert – sind die gesetzlichen Regulationen des Daten- und des Verbraucherschut-zes bei RFID-Systemen sowie die Fragen des Umweltschutzes. Kapitel 4 befasst sich daher mit den Datenschutz- und Umweltaspekten der Funkidentifikationstechnik.

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RFID wird seit langem in einfachen Anwendungen wie der Zugangskontrolle oder dem Datenschutz eingesetzt. Besondere volkswirtschaftliche Effekte werden aber vor allem von neuen, für viele Unternehmen und Organisationen offenen RFID-Anwendungen erwartet. Die Kapitel 5, 6 und 7 stellen die gegenwärtig besonders relevanten Anwendungsbereiche Handel/Konsumgüterindustrie, Logistik und Automobilindustrie vor. Dabei werden zunächst für jedes Anwendungsszenario die Motivation der Technikeinführung und der gegenwärtige Umsetzungsstand vorgestellt. Anschließend werden die zu erwartenden mittelfristigen öko-nomischen Effekte der RFID-Einführung qualitativ beschrieben, um sie anschließend in einer mittelfristigen Prognose zusammenzuführen. Jedes Kapitel schließt mit einer Einordnung der deutschen Aktivitäten im internationalen Vergleich.

Neben Handel, Transport und Produktion zeichnen sich viele weitere RFID-Anwendungen in der Privatwirtschaft und der Verwaltung ab. In einer Auswahl stellt Kapitel 8 Anwendungen der öffentlichen Hand und Anwendungen aus den Bereichen Pharma und Chemie vor.

In der wirtschaftspolitischen Diskussion wird häufig noch zu wenig berücksichtigt, dass Deutschland nicht nur einer der großen RFID-Anwender ist, sondern auch über eine breit aufgestellte und sehr innovative „RFID-Wirtschaft“ aus Technologieanbietern und techni-schen Dienstleistern verfügt, die zudem auch noch zu weiten Teilen mittelständisch geprägt ist. Kapitel 9 stellt die Segmente und Akteure der deutschen RFID-Wirtschaft vor. In der vorliegenden Studie werden erstmalig ihr Umsatz und ihre Mitarbeiterzahl abgeschätzt.

Kapitel 10 führt schließlich die Einzelbetrachtungen der Kapitel 4 bis 9 in eine zusammen-fassende, quantitative und qualitative Abschätzung der volkswirtschaftlichen Effekte der RFID-Technologie zusammen.

RFID bietet große Potenziale für Wirtschaft und Verwaltung in Deutschland, sei es als Nut-zer oder als Technologieanbieter bzw. als technischer Dienstleister. Um diese Potenziale tatsächlich zu realisieren, müssen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft jedoch eine Reihe von Barrieren überwinden. Mit entsprechenden Handlungsempfehlungen an die Akteure in Kapitel 11 schließt diese Studie.

Die Aussagen der vorliegenden Studie beruhen auf der Auswertung und Analyse der ein-schlägigen Fachliteratur und ergänzenden Gesprächen mit Experten. Die quantitativen Hochrechnungen der branchenbezogenen und volkswirtschaftlichen Effekte wurden eigens im Rahmen der Studie erstellt. Ihre Rechenmodelle setzen auf Annahmen und Prognosen auf, die der Fachliteratur entnommen wurden. Zur Validierung der Aussagen wurden ergän-zend im Dezember 2006 Fachleute aus der deutschen Wirtschaft befragt, deren Unterneh-men entweder zu RFID-Anwendungsbranchen gehören oder die als Anbieter von RFID-Produkten bzw. -Dienstleistungen tätig sind. An der Befragung beteiligten sich 165 Unter-nehmen. Die Antworten der Experten finden sich an den entsprechenden Stellen in der Studie.

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2 Technologie Ein RFID-System (radio frequency identification) ist wie Barcode- oder SmartCard-Systeme ein automatisches Identifikationssystem, mit dessen Hilfe Objekte oder Personen eindeutig gekennzeichnet und identifiziert werden können.

Ein RFID-System besteht prinzipiell aus drei Komponenten (siehe Abb. 1; vgl. Finkenzeller 2006)1:

• Transponder. Auf oder in dem zu identifizierenden Trägerobjekt – etwa einer Chipkarte oder einer Palette – ist ein sogenannter Transponder2 (tag) angebracht. Die Bezeich-nung Transponder steht für die Kombination aus einem Chip und einer Antenne. Eine Sensorik ist optional. Der Chip beinhaltet üblicherweise eine eindeutige Identifikations-nummer und gegebenenfalls weitere Daten. Die Antenne dient als Koppelelement zum Lesegerät.

• Lesegerät. Ein Lesegerät (reader) erkennt einen Transponder und kommuniziert mit diesem unter der Voraussetzung, dass sich der Transponder in einer angemessenen Reichweite befindet. Diese definiert sich durch die physikalischen Parameter des Sys-tems. Das Lesegerät dient dazu, die Identifikationsnummer und – falls vorhanden – die weiteren Daten aus dem Chip auszulesen. Bei wiederbeschreibbaren Transpondern kann das Lesegerät auch Daten auf den Transponder schreiben.

• EDV-System. In den meisten Fällen werden die Transponderdaten in einem EDV-System weiterverarbeitet, etwa einem Lagerwirtschaftssystem oder einem Zugangskon-trollsystem. Ausnahmen bilden beispielsweise Warensicherungssysteme.

Charakteristisch für ein RFID-System ist, dass Lesegerät und Transponder berührungslos und ohne Sichtkontakt über magnetische oder elektromagnetische Felder miteinander kom-munizieren. Dabei bezieht der Transponder seine Stromversorgung für die Kommunikation mit dem Lesegerät immer aus dem magnetischen bzw. dem elektromagnetischen Feld des Lesegeräts. Genau diese Eigenschaft trennt RFID-Systeme von Funksystemen. Zwar wer-den heute gelegentlich auch Systeme, die aktiv senden, als RFID-Systeme bezeichnet, streng genommen ist dies aber nicht korrekt (vgl. Finkenzeller 2006). Solche Funksysteme – etwa auf Basis der Industriestandards Bluetooth oder ZigBee – beinhalten eigene Sendean-lagen. Sie erlauben damit eine flexiblere Kommunikation als ein RFID-System, sind in der Regel aber auch teurer und benötigen eine eigene Energieversorgung per Batterie oder Akku.

Der berührungslose Nachrichtenaustausch hebt ein RFID-System von anderen Identifikati-onssystemen ab, etwa dem Barcode und der kontaktbehafteten Chipkarte. Um einen Barco-de zu scannen, wird eine Sichtverbindung benötigt. Die Chipkarte muss das Lesegerät direkt berühren. Entscheidende Leistungsparameter für RFID-Systeme sind die Lesereichweite des Lesegeräts und die Fähigkeit, Flüssigkeiten oder Metalle mit dem zur Kommunikation notwendigen Feld durchdringen zu können oder im negativen Fall davon abgeschirmt zu werden. Bestimmt werden diese Parameter insbesondere durch das Kopplungsprinzip zwischen Lesegerät und Transponder und die Sendefrequenz des Lesegeräts. Ein Transponder muss sich in der Lesereichweite eines Lesegeräts befinden, um aktiv zu wer-den. Über besondere Kommunikationsverfahren ist es auch möglich, dass ein Lesegerät mehrere Transponder in seiner Reichweite parallel auslesen kann („Pulkerkennung“).

1 An manchen Stellen in der Literatur werden hier nur zwei Komponenten genannt und dabei die Software in den Backend-Systemen vernachlässigt. Da aber gerade im Bereich der Software Entwicklungen zum Umgang mit dem Datenaufkommen getätigt werden müssen, sehen wir diese als relevanten Bestandteil eines RFID-Systems. 2 Transponder: Zusammengesetztes Kunstwort aus Transmitter (Sender) und Responder (Antwortgeber)

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RFID ist keine neue Technologie. Die zugrunde liegenden Prinzipien wurden zum ersten Mal Ende der Dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts bei der Freund/Feinderkennung von Militärflugzeugen eingesetzt. Technische Fortschritte, insbesondere in der Mikroelektro-nik, haben aber dann seit den Siebziger Jahren zum Einsatz der Technologie in vielen neuen Einsatzgebieten geführt, etwa bei der Identifikation von Nutztieren und in Warensiche-rungssystemen. Mit Hilfe von Transpondern können heute beispielsweise Güter während ihres Transports verfolgt werden oder es können mit Hilfe eines RFID-Systems Zugänge zu Betriebsräumen kontrolliert werden.

Abb. 1 Die Komponenten eines RFID-Systems

2.1 Kopplungsprinzipien und Sendefrequenzen

RFID-Systeme werden heute im gesamten Frequenzspektrum von der Langwelle bis zur Mikrowelle entwickelt und eingesetzt. Da die verschiedenen Frequenzen sehr unterschiedli-che Eigenschaften aufweisen, ist es nicht möglich, eine einzelne Frequenz herauszugreifen und diese als Grundlage aller RFID-Anwendungen zu etablieren. Stattdessen muss für jede Anwendung individuell das am besten geeignete Kopplungsprinzip und die günstigste Fre-quenz bestimmt werden (vgl. Tab. 1).

Beim Kopplungsprinzip gibt es drei prinzipielle Ansätze, die induktive, die elektromagneti-sche und die kapazitive Kopplung, von denen gegenwärtig nur die induktive und die elektro-magnetische Kopplung in der Praxis relevant sind3:

Bei der induktiven Kopplung kommunizieren Lesegerät und Transponder über das magneti-sche Wechselfeld der Lesegerätantenne, die eine Spannung in der Antennenspule des Transponders induziert. Diese Spannung wird zur Energieversorgung des Chips auf dem Transponder genutzt. Der Transponder sendet seine Daten an das Lesegerät, indem er gezielt auf dessen Magnetfeld zurückwirkt (Modulation). Das Induktionsprinzip wirkt nur im Bereich des so genannten Nahfelds, dessen Ausdehnung ausschließlich von der Frequenz des Wechselfelds abhängt. Für die Nahfeldkommunikation gibt es damit eine nicht zu über-windende, physikalische Grenze der Lesereichweite eines Readers. Für die weit verbreitete Frequenz 13,56 MHz liegt diese Reichweitengrenze bei 3,5 m, für die Frequenz 868 MHz bei nur noch ca. 5,4 cm. Die Nahfeldkommunikation wird daher fast ausschließlich in den unte-ren Frequenzbereichen Langwelle (30–300 kHz) und Kurzwelle (3–30 MHz) eingesetzt. Diese niederfrequenten Systeme zeichnen sich durch eine sehr geringe Absorption des Magnetfelds durch Wasser oder nicht leitende Stoffe aus. Andererseits werden induktive

3 Die kapazitive Kopplung wirkt nur bei sehr geringen Abständen bis zu 1 cm und spielt nur eine untergeordnete Rolle bei RFID-Systemen.

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Systeme durch elektromagnetische Störfelder, wie sie im industriellen Einsatz häufig vor-kommen, beeinträchtigt. Induktiv gekoppelte Systeme stellen heute 90 % aller eingesetzten RFID-Systeme (vgl. Finkenzeller 2006).

Langwelle Kurzwelle UHF Mikrowelle

Kopplung induktiv elektromagnetisch

Einfluss von Flüssigkeiten

niedrig

niedrig hoch sehr hoch

Einflusse von Metall

Abschwächung des Felds, Verstimmung der Resonanzfrequenz

Reflexionen, bei Antenne auf Metall Anpassungen notwendig

Pulkerkennung technisch möglich, kaum implementiert

theoretisch bis zu 100 Stück/sec

theoretisch bis zu 500 Stück/sec

theoretisch bis zu 500 Stück/sec

Typische Lese-reichweite (bei Scheckkarten-größe)

< 1 m bis ca. 1,7 m bis ca. 3 m bei passiven Systemen ohne Stützbatterie, bei Funksystemen mit Batterie für die Kommunikation bis zu 100 m

Datentransfer-Rate

langsam mittel schnell sehr schnell

Tab. 1 Typische Leistungsdaten von Transpondern je nach Kopplungsprinzip und Fre-quenz (angelehnt an Mannel 2006 und Fuchs & Strauss 2006)

Bei der elektromagnetischen Kopplung strahlt das Lesegerät eine elektromagnetische Welle ab, die auch außerhalb des Nahfelds vom Transponder empfangen werden kann. Ein Teil der abgestrahlten Energie induziert – wie bei der Nahfeldkommunikation – an der Transpon-der-Antenne eine Spannung, ein Teil wird reflektiert und kann vom Lesegerät gelesen wer-den. Lesegerät und Transponder können die elektromagnetischen Wellen modulieren und so Daten an ihr Gegenüber senden. Diese Backscatter-Systeme werden vor allem im UHF-Bereich (Ultrahochfrequenz, 300 MHz – 3 GHz) und im Mikrowellenbereich (größer 3 GHz) eingesetzt und erreichen ohne eigene Energieversorgung Lesereichweiten von bis zu 6 m. Eine größere Reichweite von 15 m und mehr kann erzielt werden, wenn eine Stützbatterie auf dem Transponder zur Energieversorgung des Chips und des Datenspeichers eingesetzt und die Energie des elektromagnetischen Felds ausschließlich für die Kommunikation mit dem Lesegerät eingesetzt werden kann. Systeme im UHF- und im Mikrowellenbereich sind empfindlich gegenüber Absorption durch Wasser und Reflektion durch Metall. Dafür erlau-ben die höheren Kommunikationsfrequenzen im UHF- und Mikrowellenbereich eine höhere Datenrate und kürzere Lesezeiten. Somit können leichter mehrere Transponder parallel im Pulk gelesen werden.

2.2 Gestaltungsvarianten

Es gibt mittlerweile eine nahezu unüberschaubare Anzahl von RFID-Varianten, so dass sich neben dem Kopplungsprinzip und der Sendefrequenz weitere Unterscheidungsmerkmale etabliert haben:

Bauformen. Ebenso wie beim Kopplungsprinzip und der Sendefrequenz gibt es auch bei den Bauformen der Transponder zahlreiche Varianten. Dazu gehören seit langem u. a. waschfeste Spritzgussmünzen, die in Mietwäsche eingebracht werden, Glaskapseln für die Implantation von Transpondern in Großvieh oder Plastikgehäuse, etwa für elektronische Wegfahrsperren. Ebenso werden Transponder in Werkzeuge oder in Gasflaschen integriert. Induktive Systeme werden häufig als kontaktlose Chipkarten realisiert, bei denen Chip und Antenne in PVC-Folien einlaminiert werden. Bei einem Smart Label wird die Antenne auf einer 0,1 mm dünnen Plastikfolie aufgedruckt oder aufgeätzt. Das Label kann dann z. B. mit Papier laminiert werden und als bedruckbares Selbstklebeetikett eingesetzt werden.

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Passive/semiaktive/semipassive/aktive Transponder. Passive Transponder beziehen ihre Energie ausschließlich aus dem Feld des Lesegeräts. Sie besitzen keine eigene Strom-versorgung. Die Bezeichnungen aktiver Transponder und semi-passiver Transponder sind Synonyme (vgl. Finkenzeller 2006). Hier besitzt der Transponder eine Stützbatterie, die ausschließlich zur Versorgung des Chips dient. Auch für diese Transponder gilt, dass sie die Energie zur Kommunikation aus dem magnetischen oder elektromagnetischen Feld des Lesegerätes ziehen. Die Batterie dient dazu, leistungsstärkere Chips oder Sensoren mit entsprechend höherem Energieverbrauch in den Transponder zu integrieren. Insbesondere im UHF- und im Mikrowellenbereich werden auch semiaktive Transponder eingesetzt. Diese können zwischen einem „Schlafmodus“ und einen aktiven Modus hin und her versetzt wer-den, um Batteriestrom zu sparen. Als aktive Transponder werden auch Systeme bezeichnet, die selbst elektromagnetische Wellen für die Kommunikation erzeugen und damit streng genommen nicht mehr unter den Begriff RFID fallen.

Zusatzfunktionen. Im einfachsten Fall des Read-only-Transponders liefert dieser an das Lesegerät nur seine nichtveränderbare Identifikationsnummer zurück. Read-write-Transponder beinhalten einen Datenspeicher, der beschrieben und ausgelesen werden kann verbunden mit einem fest kodierten Algorithmus für die Kommunikation mit dem Lesegerät. Die Speichergrößen reichen von 2 kBit, die bei induktiven Systemen üblich sind, bis zu 256 KByte bei Systemen im UHF- und Mikrowellenbereich. Manche dieser Read-write-Systeme enthalten bereits kryptographische Funktionen zur gegenseitigen Authentifizierung und zur Verschlüsselung des Datenverkehrs. Anzutreffen sind auch bereits Sensorik-Transponder für Temperatur, Feuchte, Stöße, etc. Die Sensordaten werden vom Lesegerät ausgelesen und dienen beispielsweise dazu, die Einhaltung einer Kühlkette oder den stoßfreien Trans-port zu kontrollieren. Auf kontaktlosen Chipkarten finden sich teilweise auch schon Mikropro-zessoren mit eigenem Betriebssystem und kryptographischem Koprozessor.

2.3 Software

Bis auf Warensicherungs- und einfache Zugangssysteme geben in RFID-Systemen die Lesegeräte die Transponderdaten an IT-Systeme im Hintergrund weiter, etwa ein Lagerwirt-schaftssystem oder ein Produktionssteuerungssystem.

Für diese Hintergrundsysteme müssen die Transponderdaten jedoch zunächst aufbereitet werden. Diese Aufgabe übernimmt im Allgemeinen eine RFID-Middleware (vgl. Abb. 2). Sie übernimmt die Kommunikation mit den Lesegeräten, überführt die Daten in ein einheitliches Format, filtert doppelte oder fehlerhafte Meldungen aus, gruppiert die Daten zu sinnvollen Einheiten und liefert schließlich eine Meldung über ein Ereignis an das oder die Hintergrund-systeme (vgl. Glover & Bhatt 2006).

Allerdings sind viele IT-Systeme in den Unternehmen mit betriebswirtschaftlichen Aufgaben derzeit noch nicht darauf ausgerichtet, die in Echtzeit anfallenden Bewegungsdaten der Transponder zu verarbeiten. Teilweise geschieht die Datenübergabe an die IT-Systeme noch im Stapelbetrieb in größeren zeitliche Abständen („Batch-Läufe“). Weiterhin sind die internen Datenstrukturen und Funktionen dieser Systeme oft nicht auf die sehr viel größeren Datenmengen ausgerichtet, die durch die Echtzeitverfolgung der Transponder entstehen. In diesem Fall müssen entweder die IT-Systeme an die gestiegenen Anforderungen angepasst werden oder eine eigene Integrations-Software bereitet die Bewegungsdaten für die Über-nahme durch die Hintergrundsysteme auf (vgl. Thiesse & Gross 2006). Diese Software-Integration kann bis zur Hälfte der Kosten eines RFID-Projekts verursachen (vgl. DB 2006).

Eine umfassende IT-Architektur für die Integration von RFID-Lesegeräten und Hintergrund-systemen wird im RFID-Industriestandard EPCglobal beschrieben, der im Detail in Abschnitt 3.2 vorgestellt wird. Dabei steht EPC für Electronic Product Code, ein Nummernsystem, das verwendet wird, um weltweit eindeutig Objekte wie z. B. Handelsgüter zu identifizieren. Die EPC-Nummern werden für Anwendungen im Warenverkehr auf den RFID-Transpondern

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hinterlegt. Die EPCglobal-Architektur beinhaltet neben der RFID-Middleware ein eigenes Netzwerk, das EPC Network, über das Informationen zu Objekten, die durch einen EPC-Transponder identifiziert werden, aus einem System verteilter Datenbanken abgerufen werden können. EPCglobal definiert zu diesem Zweck auch die Schnittstelle zwischen RFID-Middleware und Anwendungssystemen (vgl. EPCglobal 2005b).

Abb. 2 Bestandteile einer RFID-Middleware (angelehnt an Glover & Bhatt 2006)

2.4 Technologie-Roadmap

RFID ist eine seit langem eingesetzte und erprobte Technologie. Zurzeit werden neben den üblichen ingenieurtechnischen Weiterentwicklungen vorhandener Systeme und Systemkom-ponenten zwei große Entwicklungslinien für zukünftige RFID-Systeme diskutiert:

• Insbesondere für Massenanwendungen besteht das Ziel, möglichst preisgünstige Transponder zu entwickeln, damit diese auch für Einwegverpackungen und Produkte wie Lebensmittel problemlos eingesetzt werden können. Eine häufig genannte Zielgröße ist ein Transponderpreis von einem Cent.

• In anderen Anwendungen dagegen wird nach Transpondern mit Zusatzfunktionen wie Sensorik, Datensicherheit und erweiterten Rechenkapazitäten verlangt, die weitgehend autonom agieren können und damit teilweise Steuerungsfunktionen von IT-Systemen und Produktionsprozessen übernehmen können. In der langfristigen Perspektive vernet-zen sich diese Transponder zu Sensornetzwerken, mit denen etwa großflächig Indust-rieanlagen überwacht werden können oder sich Umwelt-Monitoring-Systeme einrichten lassen. In der noch weiterführenden Vision des „Internet der Dinge“ werden Alltagsge-genstände mit Chips und Kommunikationseinrichtungen ausgestattet und erbringen all-gegenwärtige Dienste für ihre Nutzer (vgl. Pflaum 2006, Fleisch & Mattern 2005 und BSI 2006).

Für die technologische Weiterentwicklung von RFID-Systemen müssen eine Reihe von Fachdisziplinen zusammenwirken, u. a. die Mikroelektronik, die Mikrosystemtechnik, die Hochfrequenztechnik und die Softwaretechnik. Aus vorhandenen RFID-Roadmaps lassen sich einige zentrale Schwerpunkte der zukünftigen Technologie-Entwicklung von RFID-Systemen ableiten (vgl. Abb. 3, CE RFID 2006, Schmidt et al 2006 und Pflaum 2006):

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• Zusatzfunktionen. Es gibt bereits eine Vielzahl technisch umgesetzter Sensorprinzipien. Für Transponder sollten die Sensoren idealerweise nicht als separate Komponente aus-gelegt sein, sondern direkt in den Chip integriert werden („system-on-chip“). Um die bei Transpondern immer knappe Energie zu sparen, sind Sensoren, die keine Energie einer Stützbatterie mehr benötigen, sondern in passiven Transpondern mit der Energie des Lesefelds auskommen, ein relevantes Entwicklungsziel. Langfristig ist es für viele An-wendungen sinnvoll, diese „Sensorknoten“ zu einem Sensornetzwerk zu verbinden, in dem Knoten untereinander ohne Lesegerät kommunizieren können. Damit ließen sich etwa großflächige Überwachungssysteme in Industrieanlagen oder im Umwelt-Monitoring realisieren. Eine wesentliche Voraussetzung für die Kommunikation der Kno-ten und die Überwachung der Messwerte ist die Realisierung erweiterter Rechenkapazi-täten mit vollwertigen Mikroprozessoren auf dem Transponder, wie sie heute erst bei den Chipkarten realisiert sind. Für viele Anwendungen, insbesondere in offenen Syste-men, ist es von großer Wichtigkeit, die Daten und die Kommunikation des Transponders zu schützen. Heute etablierte kryptographische Verfahren erfordern sehr leistungsfähige und damit teure Chips mit großem Energieverbrauch. Für viele RFID-Anwendungen – vor allem für Massenanwendungen, die auf preiswerten und energiesparsamen Transpondern aufsetzen – müssen daher die kryptographischen Verfahren auf die be-grenzten Ressourcen der Transponder hin angepasst werden.

• Preisgünstige Transponder. Die Herstellungskosten eines Transponders werden wesentlich durch die Chip-Herstellung sowie durch Montage- und Kontaktierungsprozes-se bestimmt. Mittelfristig angelegte Forschungsarbeiten zielen darauf ab, gedruckte An-tennen mittels leitfähiger Tinte zu erstellen oder die Antennen direkt in Verpackungsma-terialien wie Textilien und Folien zu integrieren, um preisgünstiger produzieren zu kön-nen. Langfristig sollen die heute eingesetzten Transponder, die mit Silizium-Chips aus-gestattet sind, durch Transponder auf Basis leitender Polymere ersetzt werden. Poly-mer-Chips können in einfachen Ausführungen bereits im Druckverfahren hergestellt werden. Sie sind bisher jedoch noch deutlich teurer als die herkömmliche Variante und es wird auch noch nicht die gleiche Leistung erzielt. Das Ziel besteht langfristig darin, den teuren Silizium-Einsatz bei Chips für RFID-Massenanwendungen komplett durch den Einsatz von Polymeren zu ersetzen. Die wesentlichen Herausforderungen bei der Entwicklung von Polymer-Chips bestehen in der Erhöhung der Leistungsfähigkeit und der Lebensdauer.

• Energieversorgung. Insbesondere bei leistungsfähigen Transpondern mit Sensoren oder kryptographischen Funktionen ist die Stützbatterie ein wesentlicher technologischer Engpass. Die Energie reicht bei längeren Produktions-, Transport- oder Lagerungspro-zessen oft nicht für die Lebensdauer einer Ware aus. Wird eine größere Menge von Transpondern eingesetzt, ist außerdem ein Auswechseln der Transponder nicht möglich. Neben dem sparsamen Umgang mit der Energie („power management“) wird die Opti-mierung der Batteriesysteme selbst angestrebt. Dies bezieht sich insbesondere auf Fo-lienbatterien und soll kurzfristig Verbesserungen herbeiführen. Langfristig wird an Ver-fahren gearbeitet, mit denen ein Transponder autark aus mechanischer Energie, Tempe-raturunterschieden oder Licht elektrische Energie gewinnen kann („energy harvesting“).

• Internet der Dinge. Die am weitesten reichende RFID-Vision ist die Ausstattung einer Vielzahl von Alltagsgegenständen mit Chips und Kommunikationseinrichtungen und ihre Vernetzung untereinander zum „Internet der Dinge“ oder „Ubiquitous Computing“ (vgl. Fleisch & Mattern 2005 und BSI 2006). Dieses Fernziel des „Internet der Dinge“ setzt damit die Vorstellung des Sensornetzwerks fort, geht aber deutlich über die heute übli-che Definition von RFID-Systemen hinaus. Die Intelligenten Gegenstände im Ubiquitous Computing werden in der Regel als autonome Computer mit Sensorik und eigenständi-gen Kommunikationsmöglichkeiten verstanden. Angestoßen durch das EPC Network beschäftigen sich praxisnahe Arbeiten heute zunächst mit der Schaffung einer RFID-Middleware, die Transponder, Lesegeräte und heutige IT-Systeme in einem flexiblen Netzwerk miteinander verbindet (vgl. Abschnitt 2.3). Ein weiterer Schwerpunkt der Arbei-ten in Richtung des „Internet der Dinge“ ist die Entwicklung der „Intelligenten Fabrik“, in der die heute noch weitgehend zentralen IT-Steuerungssysteme in der industriellen Pro-

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duktion durch mit RFID-Transpondern versehene Werkstücke oder Logistikträger ersetzt werden, die dann eigenständige Steuer- und Kontrollfunktionen übernehmen. In der Au-tomobil- und der Elektronikbranche werden solche dezentralen RFID-Steuerungen an-satzweise bereits eingesetzt.

Abb. 3 Mittel- und langfristige Forschungsthemen für RFID (angelehnt an Pflaum 2006, Schmidt et al 2006 und CE RFID 2006)

Bund und Länder fördern eine Vielzahl von RFID-Forschungsprojekten und -Pilotprojekten. Die RFID-Tickets der Fußballweltmeisterschaft 2006 und der elektronische Reisepass waren bzw. sind große RFID-Projekte mit hoher Sichtbarkeit. Allerdings setzen auch die Haupt-wettbewerber USA und Japan sowie die zukünftigen Konkurrenten Südkorea und China erhebliche Fördergelder für RFID ein. Zudem starten bzw. unterstützen sie große beispiel-gebende Projekte, etwa durch die Empfehlungen des Verteidigungsministeriums oder der Food and Drug Agency (FDA) in den USA für den Einsatz von RFID (vgl. DoD 2004, FDA 2006).

Um die bestehende starke Stellung der deutschen RFID-Nutzer und Technologieanbieter zu sichern, sollten die bestehenden Förderaktivitäten der öffentlichen Hand fortgesetzt und erweitert werden. Die Fördereinrichtungen des Bundes und der Länder sollten dabei ihre Aktivitäten stärker miteinander verknüpfen, um Synergieeffekte zwischen den einzelnen Projekten zu erzielen und redundante Initiativen zu vermeiden. Sinnvoll wäre es auch, wenn die öffentliche Hand in ihrer Rolle als Auftraggeber oder Regulator gemeinsam mit Industrie und Anwendern Leuchtturmprojekte, d.h. große, beispielgebende und technologieübergrei-fende Verbundprojekte mit engem Anwendungsbezug, aufsetzen würde. Anwendungen könnten etwa die Rückverfolgung von Lebensmitteln oder die Bundeswehrlogistik sein. Gleiches sollte auch auf europäischer Ebene überlegt werden.

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3 Funkregularien und Datenstandards Damit RFID-Systeme überhaupt effizient implementiert werden können und die Funkidentifi-kation verlässlich und ohne Beeinträchtigung anderer Kommunikationssysteme funktioniert, müssen sie einer Vielzahl technischer Regularien und Standards genügen, die von öffentli-chen und privatwirtschaftlichen Gremien gesetzt werden. Zentrale Rahmenbedingungen für den europäischen und den internationalen Einsatz von RFID-Systemen sind insbesondere die Funkregulierung sowie die Daten- und Kommunikationsstandards, die nachfolgend vorgestellt werden.

Insbesondere für die neuen RFID-Anwendungen sind die Definition neuer oder die Adaption bestehender Standards und ihre Einordnung in die gegebene Funkregulierung von großer Bedeutung, um für Technologienutzer und -anbieter eine verlässliche Grundlage für ihr wirtschaftliches Handeln zu schaffen. Dabei sollten sich Technologienutzer und -anbieter aktiv in die Regulierungs- und Standardisierungsprozesse einbringen, um die Berücksichti-gung ihrer Interessen zu wahren.

Viele Unternehmen bemängeln jedoch die mangelnde Beteiligung deutscher Akteure an den Standardisierungsarbeiten. In der für diese Studie durchgeführten Online-Befragung kritisie-ren immerhin 45 % der Befragten, dass es bei den deutschen Akteuren kein strategisches Vorgehen gibt, um spezifische Interessen durchzusetzen. 21 % sehen Deutschland sogar in einer untergeordneten Position im Gegensatz zu den USA und den asiatischen Ländern. Nur 33 % sehen Deutschland bei den internationalen Standardisierungsbemühungen gut vertre-ten.

Abb. 4 Auszug aus der für diese Studie durchgeführten Online-Befragung: Im Bereich der internationalen Standardisierung sind deutsche Firmen nicht ausreichend vertreten.

Insbesondere für mittelständische Unternehmen ist die Beteiligung an Regulierungs- und Standardisierungsprozessen wegen des hohen Aufwands und der damit entstehenden Kosten oft kaum zu leisten. Hier können Industrieverbände und Politik zusammenarbeiten, um auch mittelständischen Interessen Geltung in diesen Prozessen zu verschaffen.

Eine umfassendere Darstellung der im Folgenden vorgestellten und weiterer technischer Standards und Regularien – etwa zu Grenzwerten für Sendeleistungen – findet sich in Finkenzeller 2006.

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3.1 Funkregulierung

RFID-Systeme strahlen elektromagnetische Wellen ab und gelten damit als Funkanlagen. Funkanwendungen im Frequenzbereich von 3 kHz bis 3.000 GHz unterliegen einer weltwei-ten Regulierung, um eine effiziente und störungsfreie Frequenznutzung sicherzustellen. Solche Funkanwendungen sind z. B. Fernsehen und Rundfunk, Mobilfunk, Polizeifunk, drahtlose Computernetzwerke und Fernsteuerungen sowie RFID.

3.1.1 Akteure der Funkregulierung

Die Zuweisung von Funkfrequenzbereichen für Funkdienste und die Festlegung von Nut-zungsbestimmungen ist eine hoheitliche Aufgabe, die den nationalen Fernmeldeverwaltun-gen unterliegt. In Deutschland unterliegt diese Fernmeldeverwaltung dem Bundesministeri-um für Wirtschaft und Technologie (BMWi) und der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen.

In der Praxis geschieht die Zuweisung, Zuteilung und Nutzungsregelung von Funkfrequenz-bereichen top down. Auf oberster, internationaler Ebene wird die Zuweisung von Funkfre-quenzen von der UN-Unterorganisation ITU (International Telecommunication Union) koor-diniert, in der 191 Nationalstaaten mit ihren Telekommunikationsverwaltungen und über 600 Vertreter aus Wirtschaft und Verwaltung vertreten sind. Das wesentliche Entscheidungsgre-mium für die Frequenzzuweisungen ist die World Radiocommunication Conference (WRC), die alle drei bis vier Jahre tagt und über Anpassungen der Internationalen Funkordnung (radio regulation) entscheidet. Größere Änderungen der Internationalen Funkordnung haben in der Regel einen Vorlauf von mehreren Jahren.

In Europa haben sich die Telekommunikationsverwaltungen aus 47 europäischen Staaten – inklusive Deutschland – in der CEPT (European Conference of Postal and Telecommunica-tions Administrations) zusammengeschlossen. Die CEPT versteht sich als Koordinator und Forum der europäischen Telekommunikationsverwaltungen, um eine möglichst einheitliche Nutzung von Frequenzen in Europa zu erreichen.

Die Erarbeitung technischer Normen unterliegt dem ETSI (European Telecommunications Standards Institute), das derzeit von über 600 Mitgliedern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung getragen wird und sich auf Anregung der Mitglieder mit der Erarbeitung von Standards der Informations- und Kommunikationstechnik befasst.

Die Arbeitsergebnisse der CEPT zu Funkfrequenzen sind Empfehlungen, die erst bei Um-setzung durch die nationalen Fernmeldeverwaltungen verbindlich werden, in Deutschland etwa durch das BMWi und die Bundesnetzagentur. Das Gegenstück zur Bundesnetzagentur ist in den USA die Kongressbehörde FCC (Federal Communications Commission), in Groß-britannien die Medienaufsichtsbehörde OFCOM (Office of Communications), in Japan das International Affairs Department des MIC (Ministry of Internal Affairs and Communications), in Südkorea die unabhängige KCC (Korea Communications Commission) im Bereich des MIC (Ministry of Information and Communication) und in der Volksrepublik China das De-partment of Foreign Affairs im Ministry of Information Industry.

Die Europäische Kommission hat die Arbeitsergebnisse der CEPT zu RFID in eine Kommis-sionsentscheidung überführt. In der EU wurde im Jahr 2006 von der Europäischen Kommis-sion auch eine Konsultation zum Thema RFID durchgeführt, deren abschließende Ergebnis-se allerdings noch nicht vorliegen (vgl. EU 2006a). Die Kommission hat die Gründung einer europäischen Frequenzagentur vorgeschlagen, weil die Koordinierung der Fernmeldeverwal-tungen der Mitgliedsstaaten durch die EU und die CEPT nicht ausreichend sei. (vgl. EU 2006b).

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3.1.2 Frequenzbereiche für RFID

Es gibt derzeit keine exklusiv zugeteilten Frequenzen für RFID. Um andere Funkdienste wie Fernsehen, Rundfunk, Seefunk oder Mobilfunk nicht zu stören, bieten sich für RFID-Anwendungen ISM-Frequenzen (industrial, scientific, medical) an, die für industrielle, wis-senschaftliche und medizinische Hochfrequenz-Anwendungen zugeteilt sind. Solche ISM-Anwendungen können z. B. auch Mikrowellengeräte oder Funkenerosionsmaschinen sein. Seit einiger Zeit definiert die CEPT besondere Regeln für nichtöffentliche Funkanwendungen mit kurzer Reichweite, die Short Range Devices (SRD), zu denen auch RFID-Systeme gehören.

Weltweit sind zurzeit vier Frequenzbereiche für RFID von Bedeutung (siehe Tab. 2):

Langwelle. Im Langwellenbereich (30–300 kHz) waren ursprünglich die meisten RFID-Anwendungen – etwa Zutrittskontrollen, Wegfahrsperren oder industrielle Anwendungen – angesiedelt. Primärnutzungen in diesem Frequenzbereich sind See- und Schiffsnavigation, Zeitzeichen und militärische Funkdienste, auf die die RFID-Anwendungen Rücksicht nehmen müssen.

Frequenzbereich RFID-Einsatzbereiche Besonderheiten

Langwelle bis 135 kHz u. a. Zutrittskontrollen, Weg-fahrsperren

Nicht als ISM-band reserviert

6,78 MHz nur vereinzelte Nutzung weltweit einheitliches ISM-Band

13,56 MHz u. a. Chipkarten, ÖPNV, Biblio-theken, Einzelauszeichnung von Textilien

weltweit einheitliches ISM-Band, besondere europäische Regelung für SRD

Kurzwelle

27,125 MHz vereinzelt Nutzung, vor allem Bahnverkehr (Eurobalise)

weltweit einheitliches ISM-Band

433,920 MHz Containerverfolgung Europa: ISM-Band. USA: Registrierung der Anwendung durch FCC notwendig UHF

(Dezimeterwelle) 860-915 MHz Palettenverfolgung, Container-verfolgung, EPC

weltweit unterschiedli-che ISM-Bänder, besondere europäische Regelung für SRD

2,45 GHz weltweit einheitliches ISM-Band, besondere europäische Regelung für SRD

5,8 GHz Mautsysteme weltweit einheitliches ISM-Band, besondere europäische Regelung für SRD

Mikrowelle (Zentimeter- und Millimeterwellen)

24,125 GHz weltweit einheitliches ISM-Band

Tab. 2 ISM-Frequenzen und ihre RFID-Nutzung (angelehnt an Finkenzeller 2006 und Rot-hammel 2002)

Kurzwelle, HF (high frequency). Sehr stark an Bedeutung hat der Kurzwellenbereich (3–30 MHz) gewonnen, insbesondere die Frequenz 13,56 MHz, die weltweit als ISM-Band ausgewiesen ist. In Europa sind zudem für SRD-Anwendungen, zu denen auch RFID zählt, höhere Feldstärken als bei ISM-Anwendungen erlaubt. 90 % aller RFID-Anwendungen sind heute in diesem Frequenzbereich angesiedelt, in dem überwiegend induktiv gekoppelte Systeme eingesetzt werden.

UHF (Ultra High Frequency). Insbesondere durch den Standard EPCglobal vorangetrieben, wird der UHF-Frequenzbereich (300 MHz – 3 GHz) in Zukunft eine bedeutende Rolle ein-nehmen, insbesondere in den Anwendungsbereichen Handel, Konsumgüter und Logistik.

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Erschwerend erscheint zunächst, dass weltweit unterschiedliche UHF-Frequenzen für RFID mit unterschiedlichen technischen Parametern ausgewiesen sind (siehe Tab. 3). Die unter-schiedlichen Frequenzen lassen sich auch nicht kurzfristig vereinheitlichen. Die UHF-Frequenzen, die für ISM-Anwendungen in Europa freigegeben sind, werden beispielsweise in den USA vom Mobilfunk genutzt und umgekehrt. In der Praxis stellen sich diese Unter-schiede aber als beherrschbar heraus, da die zugeteilten UHF-Frequenzen so nah beieinan-der liegen, dass die Transponder weltweit mit Lesegeräten verschiedener Frequenzbereiche kommunizieren können. Entscheidender sind die zur Verfügung stehende Bandbreite und die Synchronisation der Lesegeräte. In Europa dürfen Lesegeräte nur dann ihr Signal aus-strahlen, wenn einer der 10 Unterkanäle im zur Verfügung stehenden Frequenzbereich frei ist (LBT, listen before talk). Mit dieser Vorschrift soll die Funktionsfähigkeit anderer SRD-Anwendungen im UHF-Bereich – z. B. Feuermeldeanlagen oder Babyphone – geschützt werden. Allerdings lassen sich mit LBT nicht mehrere Lesegeräte auf eng begrenztem Raum betreiben, so dass ein RFID-Einsatz im Wareneingang eines größeren Lagers nur einge-schränkt möglich wäre. Beim in den USA üblichen FHSS-Verfahren (frequency hopping spread spectrum) wechseln das Lesegerät und der Transponder ständig nach einer Zufalls-folge die Sendefrequenz, so dass Konflikte zwischen mehreren Lesegeräten weitgehend ausgeschlossen werden können. FHSS setzt allerdings ein breites Frequenzband voraus, das in Europa nicht gegeben ist. Derzeit diskutiert die zuständige Arbeitsgruppe der ETSI einen Lösungsansatz, bei dem in Europa RFID-Anwendungen ausschließlich bestimmte UHF-Kanäle verwenden und in diesen Kanälen LBT aufgehoben wird. Ein erster technischer Test in einem Verteilzentrum der Metro in Unna hat die technische Machbarkeit dieses Wegs aufgezeigt. Die zuständige technische Gruppe in der ETSI hat angekündigt, den entspre-chenden Standard EN 302 208 zu überarbeiten (vgl. ETSI 2006). Im Anschluss müssten die CEPT-Empfehlung, die Entscheidung der Europäischen Kommission und die nationalen Regularien angepasst werden.

Die Bundesregierung sollte gemeinsam mit den Mitgliedsstaaten der CEPT, der EU und der Europäischen Kommission aktiv darauf hinarbeiten, dass die gegenwärtige Empfehlung der CEPT und Entscheidung der Kommission für den UHF-Bereich tatsächlich in allen Mitglieds-staaten umgesetzt wird und dass der gegenwärtig von der ETSI bearbeitete Vorschlag zur Aufhebung des ‚Listen before Talk’ zügig als Standard verabschiedet wird.

Region Frequenz Synchronisation der Lesegeräte

Stand Regulierung

Europa 865–868 MHz LBT Noch nicht in allen Mitgliedsstaaten der CEPT umgesetzt (Termin zur Umsetzung durch die Europäische Kommission bis Mai 2007)

USA 902–928 MHz FHSS abgeschlossen

Japan 952–955 MHz LBT abgeschlossen Lizenz erforderlich

Südkorea 908,5–910 MHz 910–914 MHz

LBT / FHSS

abgeschlossen / abgeschlossen

Volksrepublik China

917–922 MHz noch offen in Arbeit: Vorläufige Zuweisung, Lizenz erforderlich

Tab. 3 Weltweite UHF-Frequenzzuweisung (Stand November 2006, angelehnt an GS 1 Germany 2006a)

Mikrowelle. Im Mikrowellenbereich (ab 3 GHz), in dem unter günstigen Verhältnissen sehr große Reichweiten erzielt werden können, finden sich heute vor allem Mautsysteme und Systeme für die Verfolgung von Containern oder Wechselbrücken. In der Regel werden dabei aktive Transponder mit eigenen Sendekomponenten eingesetzt.

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3.1.3 Digitale Dividende durch Digitalisierung des Fernsehens

Manche Experten gehen davon aus, dass die derzeit verfügbaren Frequenzbereiche, insbe-sondere im UHF-Bereich nur mittelfristig ausreichen, um dem zunehmenden Kommunikati-onsverkehr von RFID-Anwendungen gerecht zu werden (vgl. Kungl 2006 und Walk 2006). Neben der gerade laufenden Diskussion zur teilweisen Aufhebung des LBT-Prinzips im UHF-Frequenzbereich (vgl. Abschnitt 3.1.2) wird aktuell ein weiterer Lösungsvorschlag thematisiert, die Nutzung zusätzlicher Frequenzen aus der „Digitalen Dividende“, die aus der Umstellung von terrestrischem Fernsehen von analog auf digital bis 2012 in der EU resul-tiert. Bei gleichbleibender Auflösung und Kanalzahl können durch die Digitalisierung des Fernsehens etwa die Hälfte der heute benötigten Frequenzen in den Bereichen 174–230 MHz und 470–862 MHz frei werden, so dass sie grundsätzlich für andere Funkanwendun-gen, etwa RFID, vergeben werden können. Für die frei werdenden Frequenzen haben aber auch schon Fernseh- und Rundfunksender sowie Telekommunikationsunternehmen Ansprü-che für neue Dienste wie Mobile-TV und DVB-H angemeldet (vgl. BITKOM 2006 und Bun-desnetzagentur 2006).

Zudem gibt es derzeit auch keine verlässliche Abschätzung, ob tatsächlich – und gegebe-nenfalls wann – für zukünftige Massenanwendungen im Handel und in der Logistik die Kapazitäten der europäischen UHF-Frequenzen nicht mehr ausreichen. Erste Ergebnisse der Online-Befragung in der RFID-Konsultation der Europäischen Kommission deuten darauf hin, dass zukünftige RFID-Anwendungen innerhalb von drei bis fünf Jahren an die Kapazi-tätsgrenzen heute verfügbarer UHF-Frequenzen in Europa stoßen (vgl. EC 2006c). Aufgrund der sehr langen Entscheidungszeiträume für die Anpassung von Frequenzregelungen er-scheint eine kurzfristige Behebung dieses Kapazitätsengpasses durch die Nutzung zusätzli-cher Frequenzen jedoch äußerst unwahrscheinlich.

Im Rahmen der laufenden Flexibilisierungsdiskussion zu der heute üblichen top-down-Prozess von Frequenzzuweisungen und -zuteilungen vertritt beispielsweise die britische Medienaufsichtsbehörde OFCOM (Office of Communications) folgendes Modell: OFCOM plant, die freiwerdenden Frequenzen der Digitalen Dividende in Großbritannien zum größten Teil zu versteigern. Für Funkanwendungen mit geringer Sendeleistung (low power applicati-ons) sollen bestimmte Frequenzen freigehalten werden. Neue Frequenzen für low power applications sollen dann zugeteilt werden, wenn der gesellschaftliche Nutzen durch entspre-chende Studien (impact analysis) belegt ist. Zurzeit sieht OFCOM aber keinen Beleg für einen solchen Nutzen bei der Zuteilung neuer Frequenzen für low power applications aus der Digitalen Dividende. Auch wenn das OFCOM-Regulierungsmodell – das sich derzeit noch in der Erarbeitung befindet – damit keine direkten Auswirkungen auf die Zuteilung neuer Frequenzen für RFID-Anwendungen hat, kommt dieser markt- und nutzenorientierte Ansatz den RFID-Anwendungen mit ihren potenziell schnell steigenden Bedarf an Frequen-zen entgegen (vgl. OFCOM 2006).

An dieser Stelle sollte die Bundesregierung darauf hinwirken, dass bei den langfristigen Überlegungen zur Nutzung der Digitalen Dividende auch RFID-Anwendungen berücksichtigt werden. Diese langfristigen Überlegungen sollten auch für den noch weitgehend unregulier-ten Mikrowellenbereich angestellt werden, wo sich aller Voraussicht nach langfristig neue RFID-Anwendungen wie Sensorennetzwerke etablieren werden.

Zudem sollte in einer Fachstudie geprüft werden, ob alternative, flexiblere und mehr markt-orientierte Frequenzvergabemodelle wie das der OFCOM – zumindest in Teilen – weiter verfolgt und künftig sowohl in deutschen bzw. europäischen Regelungen Beachtung finden sollten.

3.2 Kommunikations- und Datenstandards

Wie viele andere Systeme der Informations- und Kommunikationstechnik sind auch RFID-Systeme auf Standards angewiesen, damit für Hersteller und Anwender ein einheitlicher

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Markt entsteht und die Komponenten herstellerübergreifend miteinander interagieren kön-nen. Die wesentlichen Standardisierungstreiber im RFID-Umfeld sind dabei die ISO und das Industriekonsortium EPCglobal. Branchen- und anwendungsspezifische Standards setzen dann in der Regel auf diesen Vorgaben auf.

3.2.1 ISO-Standards

Die ISO (International Organization for Standardization) vereinigt über 150 nationale Stan-dardisierungsorganisationen, darunter das DIN (Deutsches Institut für Normung). Die ISO gibt – zum Teil gemeinsam mit dem IEC (International Electrotechnical Commission) – einen großen Teil der relevanten RFID-Standards heraus. Dazu gehören die lange etablierten Standards für die Tieridentifikation, die Standards für kontaktlose Chipkarten und die neue-ren Standards für die Verfolgung von Gütern und Waren.

Bezeichnung Inhalt Status

Tieridentifikation ISO/IEC 11784 ISO/IEC 11785 ISO/IEC 14223

Tieridentifikation veröffentlicht

Kontaktlose Chipkarten ISO/IEC 10536 Close coupling (bis 1 cm) veröffentlicht ISO/IEC 14443 proximity coupling (bis 10 cm) veröffentlicht ISO/IEC 15693 vicinity coupling (bis 1 m) veröffentlicht Güter- und Werenwirtschaft Luftschnittstelle ISO/IEC 18000-1:2004 Referenzarchitektur für 18000-

Standardserie veröffentlicht

ISO/IEC 18000-2:2004 unterhalb 135 kHz veröffentlicht ISO/IEC 18000-3:2004 13,56 MHz veröffentlicht ISO/IEC 18000-4:2004 2,45 GHz veröffentlicht ISO/IEC 18000-4:2004 5,8 GHz wegen mangelnder Akzeptanz

zurückgezogen ISO/IEC 18000-6:2004 860-960 MHz veröffentlicht ISO/IEC 18000-6:2004/ Amendment 1:2006 (Typ C)

860-960 MHz veröffentlicht

ISO/IEC 18000-7:2004 433 MHz veröffentlicht Datenprotokolle ISO/IEC 15961:2004 Anwendungsschnittstelle veröffentlicht ISO/IEC 15962:2004 Transponderschnittstelle veröffentlicht ISO/IEC 15963:2004 Eindeutige Identifikation der

Transponder veröffentlicht

Anwendungen ISO 17358 Anwendungsanforderungen in Arbeit ISO 17363 Frachtcontainer in Arbeit ISO 17364 Wiederverwendbare Transportein-

heiten In Arbeit

ISO 17365 Transporteinheiten in Arbeit ISO 17366 Produktverpackungen in Arbeit ISO 17367 Produktidentifikation in Arbeit

Tab. 4 Auswahl von ISO-Standards für RFID (angelehnt an Walk 2006 und Clasen 2006)

Die ISO-Standards zur Verfolgung von Gütern und Waren lassen sich grob in drei Klassen unterteilen:

• In den Standards zur Luftschnittstelle wird die Kommunikation zwischen Transponder und Lesegerät – u. a. Sendefrequenz, Modulations- und Antikollisionsverfahren – nor-miert.

• Die Datenprotokollstandards beschreiben Datenformate und Datenaustauschkomman-dos zwischen Transponder und Anwendungssystem.

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• Die Anwendungsstandards beschreiben die konkreten Verfahren zur Auszeichnung logistischer Einheiten vom Produkt über die Verpackung bis zum Container.

Die veröffentlichten ISO-Standards sind weltweit etabliert, lassen aber bei der Güterverfol-gung die anwendungsnahen Aspekte einer RFID-Anwendung, insbesondere die Datenfor-mate und -inhalte, noch offen. Diese Standardisierung der Datenformate und -inhalte ist jedoch eine zentrale Voraussetzung für offene Logistiksysteme, in denen sehr viele Akteure auf einem gemeinsamen Verständnis der ausgetauschten Transponderdaten aufsetzen. Sehr große aktuelle Bedeutung hat daher die Erweiterung des Standards ISO/IEC 18000-6 im Jahr 2006 um den Typ C, weil damit der Industriestandard EPCglobal, der im folgenden Abschnitt erläutert wird, Eingang in die ISO-Standardisierung gefunden hat.

3.2.2 EPCglobal

EPCglobal ist eine Non-profit-Organisation, die von dem Industriegremium GS1 getragen wird. GS1 selbst ist ein Zusammenschluss von drei Industriegremien, der europäischen EAN International, des US-amerikanischen UCC (Uniform Code Council) und des ECCC (Electro-nic Commerce Council of Canada). EAN International und UCC haben in den 1970er Jahren jeweils als Organisationen des Handels und der Konsumgüterindustrie die Produktnum-mernkreise EAN (European Article Number) in Europa und UPC (Universal Product Code) in den USA definiert und damit die Grundlage für die Einführung der heute für Konsumgüter üblichen Barcode-Auszeichnung gelegt. Mit EPCglobal will GS1 jetzt schrittweise mit dem EPC (Electronic Product Code) die RFID-Identifikation von Konsumgütern und Logistikein-heiten im Handel einführen. Wie schon bei EAN und UPC üblich, müssen auch die Anwen-der des EPC-Nummernkreises moderate, umsatzabhängige Aufnahme- und Jahresgebüh-ren entrichten. Derzeit gibt es ca. 850 Mitglieder in EPCglobal, die zu 57 % aus den USA kommen, zu 20 % aus Asien und zu 18 % aus Europa (vgl. Hogan 2006). Während EPC in den USA und Europa – zumindest im Handel und der Konsumgüterindustrie – auf breite Akzeptanz stößt, ist die Situation in der Volksrepublik China noch offen; hier gibt es sowohl starke Bestrebungen, überwiegend von RFID-Nutzern, sich an EPCglobal anzuschließen als auch Pläne der chinesischen Regierung, eigene RFID-Standards zu formulieren (vgl. ABI research 2006).

Der EPC bezeichnet weltweit eindeutig ein Produkt oder eine größere logistische Einheit, etwa einen Karton, eine Palette, einen Mehrwegbehälter oder einen Container. EPC ist kompatibel zu zahlreichen, heute gängigen Nummernkreisen der Logistik wie der Global Trade Item Number (GTIN), der Nummer der Versandeinheit (NVE) und dem Global Retur-nable Asset Identifier (GRAI). EPC geht über die bestehenden Barcode-Nummernkreise EAN und UPC hinaus, die für ein Produkt lediglich dessen Produktgruppe angeben. Mit EPC lassen sich eindeutig einzelne Produkte einer Warengruppe („item level“) unterscheiden. Der EPC enthält im Wesentlichen einen Verweis auf den Nummerngeber, d.h. den Hersteller oder Versender eines Objekts, und eine eindeutige Kennzeichnung des Objekts über Artikel- und Seriennummer (vgl. Abb. 5).

Für den Abruf weiterer Informationen zum Objekt, das mit der EPC-Nummer gekennzeichnet ist, steht dann ein eigenes Netzwerk, das EPC Network, im Internet zur Verfügung. Die Daten zu einem Objekt werden dabei dezentral vom jeweiligen Nummerngeber über EPC-Dienste (EPCIS: EPC Information Service) angeboten, wobei jeder Teilnehmer am EPC Network bei Bedarf mehrere EPCIS betreiben kann.

Wenn etwa der Empfänger einer Palette Informationen über ein Produkt auf der Palette von dem Produkthersteller abruft, läuft im Hintergrund folgender Prozess ab (vgl. Abb. 6):

1. Der EPCIS des Empfängers ruft an Hand der Identifikation des Herstellers in der EPC-Nummer von einem zentralen Dienst, dem ONS (Object Naming Service), die Internet-Adresse des Herstellers ab.

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2. Der EPCIS des Empfängers ruft an Hand der Artikel- und der Seriennummer vom loka-len ONS des Herstellers die Adresse des Hersteller-EPCIS ab, in dem sich die Produkt-daten befinden.

3. Der EPCIS des Empfängers ruft vom EPCIS des Herstellers mit den Produktdaten die gewünschten Informationen ab.

Abb. 5 Struktur des EPC

Abb. 6 Die Kommunikation im EPC Network

Die wesentlichen Bestandteile des EPC-Systems – Luftschnittstelle, Datenformat, Schnitt-stellen von Lesegeräten und RFID-Middleware sowie der ONS – sind mittlerweile in EPCglo-bal standardisiert (vgl. Tab. 5). In Vorbereitung sind derzeit noch weiterreichende Dienste, etwa für die Authentifizierung der Teilnehmer am Netzwerk oder für das Verfolgen eines Objekts durch das EPC Network („discovery service“). Mit dem Betrieb des zentralen ONS hat EPCglobal derzeit das US-Unternehmen Verisign beauftragt, das auch den zentralen Verzeichnisdienst (Domain Name Service, DNS) des Internet betreibt. Das EPC Network wird derzeit aber noch nicht operativ genutzt.

Wie der DNS-Dienst im Internet nehmen auch der ONS und die weiteren Nachschlagediens-te im EPC Network eine entscheidende Rolle für den Betrieb und die Nutzung des Netz-werks ein. Sollte sich das EPC Network tatsächlich in der Praxis etablieren, entstünde eine direkte Abhängigkeit der EPC-Nutzer vom ONS und seinem Betreiber. Bestimmten Nutzern könnte der Zugang zum EPC Network verwehrt oder erschwert werden oder es könnten einzelne Warenströme unautorisiert verfolgt werden. In einem operativen EPC Network würden sich ähnliche Fragestellungen wie im Internet nach einem diskriminierungsfreien Zugang zu den zentralen Diensten ergeben (vgl. Fältström 2006). Für europäische Unter-

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nehmen besteht daher ein großes Interesse, einen diskriminierungsfreien Zugang zum EPC Network herzustellen, etwa über eine dezentrale Betreiberstruktur des Netzwerks.

Bezeichnung Inhalt Status

Class 1 Generation 2 UHF Air Interface Protocol Luftschnittstelle UHF

veröffentlicht (auch als ISO-Standard 18000-6 Typ C)

EPC Tag Data Standard Transponder-Datenformat veröffentlicht

Reader Protocol Schnittstelle zwischen Lesegerät und RFID-Middleware

veröffentlicht

Reader Management Konfiguration und Überwachung von Lesegeräten

in Arbeit

Object Naming Service (ONS) ONS-Dienst veröffentlicht

Application Level Events (ALE)

Anwendungsschnittstelle zwischen Middleware und Anwendungen bzw. EPCIS

veröffentlicht

EPC Information Service (EPCIS)

Schnittstellen der EPC-Informationsdienste

in Arbeit

Tab. 5 Auswahl von EPCglobal-Standards

EPCglobal setzt derzeit vor allem auf einem UHF-Transponder („Class 1 Generation 2“ bzw. „Gen2“) auf (vgl. EPCglobal 2005b und EPCglobal 2006).4 Mit der Verabschiedung von Gen2 als ISO-Standard im Jahr 2006 haben auch die bislang eher konkurrierenden Organi-sationen ISO und EPCglobal begonnen, sich einander anzunähern. Insbesondere auf Betreiben der Pharmaindustrie wird derzeit aber auch an der Übertragung des Gen2-Standards auf den HR-Bereich gearbeitet.

Sehr viele neuere RFID-Anwendungen und -Pilotprojekte setzen auf EPC auf. Das sind insbesondere Projekte des Handels und der Konsumgüterindustrie, die EPCglobal gegrün-det haben. EPC strahlt aber auch in angrenzende Branchen aus. Mittlerweile haben sich in EPCglobal Arbeitsgruppen für die Bereiche Transport/Logistik und Gesundheit gebildet. In den USA ist das Verteidigungsministerium ein wesentlicher Treiber, das in seinen Logistik-prozessen für Paletten, Kartons und einzelne Logistikeinheiten die Verwendung von EPC-Transpondern vorschreibt (vgl. DoD 2004).

Als möglicher Kostentreiber bei der Umsetzung von EPCglobal könnten sich bestehende Patentansprüche herausstellen. Der US-amerikanische RFID-Hersteller Intermec postuliert, Patente zu besitzen, die für eine technische Umsetzung der Gen2-Spezifikation notwendig sind und hat ein entsprechendes Lizenzierungsprogramm aufgelegt, dem eine Reihe nam-hafter Hersteller, u. a. Zebra, Symbol und SAMSys beigetreten, andere aber bewusst fern-geblieben sind, wie etwa Alien und NXP (vgl. LogicaCMG 2005). Als Gegenreaktion hat sich eine Reihe von US-Herstellern im RFID Consortium zusammengeschlossen, um einen gemeinsame Patentpool für RFID-Systeme im UHF-Bereich zu bilden. Deutsche Unterneh-men sind derzeit nicht an diesen Patentpool beteiligt (Via Licensing 2006). Damit droht die Gefahr, dass deutschen Unternehmen über Patente der Marktzutritt erschwert wird. Es wäre sinnvoll, dass sich deutsche Unternehmen verstärkt an dem bestehenden Patentpool in den USA beteiligen bzw. einen eigenen europäischen Patentpool bilden, um dann mit dem US-Pool zu kooperieren.

4 Die Vorläuferstandards Class 0 Generation 1 und Class 1 Generation 1 wurden bei Vorarbeiten am Massachusetts Institute of Technology (MIT) entwickelt und spielen heute keine praktische Rolle mehr.

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4 Daten- und Umweltschutz Neben den Frequenzregularien und Datenstandards, die für die technische Funktionsfähig-keit von RFID-Systemen unerlässlich sind, müssen zwei weitere Bereiche in Betracht gezo-gen werden, die einer staatlichen Aufsicht unterliegen: Wenn bei der Funkidentifikation personenbezogene oder personenbeziehbare Daten verarbeitet werden, müssen die Belan-ge des Datenschutzes beachtet werden. Diese Frage nimmt derzeit in der öffentlichen Diskussion einen breiten Raum ein und könnte die RFID-Einführung in den betroffenen Anwendungsbereichen verzögern. Daneben fallen RFID-Systeme aber auch unter die – unlängst verschärften – umweltpolitischen Regularien zur Materialzusammensetzung und zur Entsorgung elektronischer Geräte. Auf lange Sicht wird auch die Frage relevant, inwie-weit in Alltagsgegenstände integrierte RFID-Transponder bestehende Entsorgungs- und Wertkreisläufe beeinflussen.

4.1 Daten- und Verbraucherschutz

Bei einem Großteil heutiger RFID-Anwendungen entstehen keine Daten mit Personenbezug, sei es, weil – wie beim Autoschließsystem – die Transponderdaten nicht weiterverarbeitet werden, sei es, weil die Transponderdaten – wie bei der Containerverfolgung – keinen Rückschluss auf eine natürliche Person erlauben. Anders sieht dies für Anwendungen wie beispielsweise dem elektronischen Reisepass oder Chipkarten aus. Sind personenbezogene Daten auf dem Medium gespeichert, so müssen dem Datenschutz konforme Sicherheits-maßnahmen getroffen werden. Auch wenn auf dem Transponder selbst keine personenbe-zogenen Daten hinterlegt sind, besteht trotzdem die Möglichkeit, dass über Hintergrundsys-teme indirekt ein Personenbezug hergestellt werden kann und unbefugt Bewegungs- oder Verhaltensprofile erstellt werden. Auch in diesem Fall müssen RFID-Anwendungen unter dem Aspekt des Datenschutzes betrachtet werden.

Seitens des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates liegt mit der Daten-schutzrichtlinie 95/46/EG eine verbindliche Regelung zum Schutz persönlicher Daten bei der Datenverarbeitung vor, die in den Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt wurde, in Deutschland durch das Bundesdatenschutzgesetz und durch Datenschutzgesetze in den meisten Bundesländern (vgl. EC 2006). Wesentliche Prinzipien der europäischen Daten-schutzgesetzgebung sind

• Transparenz. Die betroffene Person willigt ausdrücklich in die Datenerhebung und -verarbeitung ein. Die Art der Datenverarbeitung ist offengelegt.

• Datensparsamkeit. Es werden nur die Daten erhoben, die für den angegebenen Zweck erforderlich sind.

• Zweckbindung. Die Daten werden nur für den vorgesehenen Zweck verwendet.

Gegenwärtig werden drei Ansätze zum Umgang mit dem Daten- und Verbraucherschutz bei RFID diskutiert: die Anwendung bzw. Erweiterung bestehender Datenschutzgesetze, Selbst-verpflichtungen der Anwender und Datenschutzzertifikate.

Im Mittelpunkt der Diskussion steht dabei die Frage, ob das bestehende europäische bzw. deutsche Datenschutzrecht bereits ausreicht, um RFID-Anwendungen zu regeln und wie es anzuwenden ist. Zentrales Element der Diskussion ist der Begriff der „personenbeziehbaren Daten“: Kann etwa die zufällig bestimmte Identitätsnummer eines Transponders an einem Produkt zu einem personenbezogenen Datum werden, indem es in mehreren Geschäften von Lesegeräten erkannt wird und mit anderen Daten zu einem Bewegungsprofil verarbeitet wird, das dann einer einzelnen Person zugeordnet werden kann? Viele Datenschützer argumentieren, dass mit der zukünftigen Allgegenwart von RFID-Systemen deren personen-

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beziehbare Daten prinzipiell zu personenbezogenen Daten werden und damit der Daten-schutzgesetzgebung unterliegen. Auf europäischer Ebene wird diese Position prominent durch die Artikel 29-Gruppe vertreten, in der sich Datenschutzbehörden der EU-Mitgliedsstaaten zusammengeschlossen haben (vgl. Artikel 29-Gruppe 2005).

Wirtschaftsnahe Expertisen – etwa die Task Force RFID der EICAR (European Institute for Computer Anti-Virus Research) – gehen davon aus, dass die bestehenden Datenschutzge-setze für RFID-Anwendungen ausreichen und schlagen die Erarbeitung von Anwendungs-empfehlungen oder -richtlinien vor (vgl. EICAR 2006 und Holznagel & Bonnekoh 2006). Daten- und Verbraucherschützer erkennen die prinzipielle Abdeckung von RFID-Anwendungen durch bestehende Datenschutzgesetze zwar prinzipiell an. Sie argumentieren aber, dass die Unsichtbarkeit des Auslesens eines Transponders und die potenziell umfang-reichen Möglichkeiten zur Verknüpfung auch unverfänglicher Daten auf dem Transponder mit anderen Datenbeständen zu personenbeziehbaren Daten ein RFID-Gesetz notwendig machen. Dort sollen ausdrücklich das unbemerkte Auslesen eines Transponders, die Be-nachteiligung bei Nichtverwendung oder Deaktivierung eines RFID-Systems und das Anle-gen von Personenprofilen ohne Einwilligung des Betroffenen verboten werden (vgl. Schaar 2006 und FoeBuD 2006).

Das Industriegremium EPCglobal hat mit den „Guidelines on EPC for Consumer Products“ bzw. der deutschen Version dieser Richtlinie den Gedanken der Anwendungsrichtlinie auf-gegriffen und eine freiwillige Selbstverpflichtung für seine Mitgliedsunternehmen definiert. Diese Richtlinie beinhaltet im Wesentlichen die Kennzeichnung aller Verpackungen oder Produkte, die einen EPC-Transponder enthalten und die Möglichkeit für den Käufer, den Transponder zu entfernen, auszuschalten oder unbrauchbar zu machen (vgl. EPC 2005 und GS1 2006).

Häufiger wird in der gegenwärtigen Diskussion auch vorgeschlagen, Datenschutzzertifikate für RFID-Systeme einzuführen, die von neutralen Prüfinstitutionen erteilt werden, wie dies beispielsweise seit einigen Jahren für IT-Anwendungen durch das Unabhängige Landes-zentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein („Datenschutz-Gütesiegel“) oder durch den TÜV Rheinland („Datenschutz Audit“) praktiziert wird (vgl. Müller 2004). Bereits durchgeführ-te Datenschutz-Audits für RFID-Systeme oder das konkrete Angebot einer RFID-Auditierung sind derzeit nicht bekannt. Das dürfte zum einen darauf zurückgehen, dass es bislang außer in Pilotprojekten keine Transponder auf Ebene der Konsumgüter („item level“) gibt und somit noch kein Bedarf an Audits besteht. Zum anderen liegt dies auch daran, dass es zwischen Daten- und Verbraucherschützern auf der einen und Wirtschaft auf der anderen Seite im Detail noch keinen Konsens über die Elemente eines angemessenen Datenschutzes bei RFID-Systemen gibt (vgl. vzbv 2006).

Trotz der unterschiedlichen Ansichten zur Datenschutz-Regulation bei RFID-Systemen auf Konsumgütern und ihren Inhalten entsteht gegenwärtig ein Minimalkonsens darüber, welche Rahmenbedingungen auf jeden Fall hergestellt werden sollten:

• RFID-Transponder auf Konsumgütern werden eindeutig gekennzeichnet.

• Ohne Einwilligung des Verbrauchers werden die Transponderdaten nicht für die Bildung von Personenprofilen verwendet.

• Der Verbraucher erhält die Möglichkeit zur Deaktivierung des Transponders nach Ab-schluss der Kauftransaktion. Diskutiert werden als Realisierungsmöglichkeit die tatsäch-liche Zerstörung des Transponders – etwa durch Beschädigung oder Ablösen der An-tenne – oder eine wieder aufhebbare Deaktivierung, um den Transponder für spätere Dienstleistungen wie Reklamationen, Wartung etc. wieder zu verwenden (vgl. BITKOM 2006a, Düsseldorfer Kreis 2006 und CTC 2006).

Umstritten sind dagegen andere Punkte:

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• Ist es zulässig, dass besondere Konditionen – etwa ein besonderer Service – nur Kun-den gewährt wird, die in den Gebrauch des RFID-Systems einwilligen?

• Sollen verbindliche Datenschutz-Audits für RFID-Systeme eingeführt werden? Wie sollen Verstöße gegen Selbstverpflichtungen sanktioniert werden?

• Inwieweit muss der Leseprozess für den Verbraucher erkennbar sein?

• Soll der Verbraucher über die Weiterverarbeitung der Transponderdaten informiert werden, auch wenn sie nicht mit personenbezogenen Daten verknüpft werden?

• Inwieweit können Aufklärungskampagnen dazu beitragen, die Akzeptanz von RFID-Anwendungen herzustellen?

Diese Punkte sollten für die relevanten RFID-Anwendungen geklärt werden, um keine Bar-rieren für die Technologieeinführung entstehen zu lassen. RFID-Nutzer aus Industrie und Verwaltung auf der einen Seite und Daten- und Verbraucherschutz auf der anderen Seite sollten daher fallweise einen Konsens über den Datenschutz bei den jeweiligen RFID-Anwendungen erreichen. Das könnte über die Vereinbarung einer Selbstverpflichtung der RFID-Nutzer, die Einführung von Datenschutz-Gütesiegeln oder die direkte Verwendung von Datenschutz-Technologien in den RFID-Systemen erreicht werden.

Der letztgenannte Ansatz bezieht sich auf die direkte Integration von Datenschutz-Technologien in RFID-Systeme (privacy enhancing technologies, PET), womit die Privat-sphäre des Bürgers auf technischem Wege gewahrt werden soll. Zu diesen Technologien gehören einfache Mechanismen wie die Deaktivierung von Transpondern durch abziehbare Antennen, Software-Ansätze bzw. elektrotechnische Ansätze, die ein unerwünschtes Ausle-sen blockieren („blocker tags“) oder die Kill-Funktion im EPCglobal-Standard, mit der ein Transponder per Software-Befehl deaktiviert wird. (Juels 2006)

Für den Gesetzgeber sollte die Diskussion zum Datenschutz bei RFID ein Anlass sein, die Datenschutzgesetzgebung in regelmäßigen Abständen hinsichtlich ihrer Eignung für die stark zunehmende Vernetzung von IT-Systemen, mobilen Endgeräten und Alltagsgegen-ständen zu bewerten und bei Bedarf im Sinne einer nachsorgenden Regulierung an neue Erfordernisse anzupassen. Ein dringender Handlungsbedarf für ein RFID-spezifisches Datenschutzgesetz ist zurzeit angesichts des sehr frühen Stadiums der RFID-Auszeichnung von Einzelprodukten nicht zu erkennen. Auch bei RFID sollte der bisherige Ansatz, techno-logiespezifische Datenschutzregelungen zu vermeiden, beibehalten werden.

Ähnliche Diskussionen zum Daten- und Verbraucherschutz bei RFID wie in Deutschland und Europa werden auch in den USA und in Südostasien geführt, wenngleich die Akzente zum Teil anders gesetzt werden. Anders als die europäische Rahmengesetzgebung wird der Datenschutz in den USA etwa durch eine Kombination aus Richterrecht, sektoraler und regionaler Gesetzgebung und durch Selbstverpflichtungen bestimmt. Es gibt kein umfassen-des nationales Datenschutzrecht und bei vielen Verfahren wird statt auf eine Einwilligung in eine Datenerhebung („opt-in“) auf eine nachträgliche Löschung aus einer Datensammlung („opt-out“) gesetzt (vgl. Genz 2004). In einer Reihe von US-Bundesstaaten wie Missouri, Utah und Kalifornien wurden eigene RFID-Gesetze eingebracht, die in der Regel eine ver-bindliche Kennzeichnung von Transpondern und die Möglichkeit zur Deaktivierung beinhal-ten. Bislang hat noch keiner der Vorschläge Gesetzeskraft gefunden (vgl. OECD 2006).

In Japan haben das MIC (Ministry of Internal Affairs and Communications) und das METI (Ministry of Economy, Trade and Industry) auf Basis des nationalen Datenschutzgesetzes eine nichtverbindliche Richtlinie „RFID Privacy Guideline“ herausgegeben, die die Kenn-zeichnung von Transpondern, die Möglichkeit zur Deaktivierung des Transponders und eine Informationspflicht zur Weiterverarbeitung der Daten vorsieht (vgl. MIC & METI 2004). In Südkorea hat das Ministry of Information & Communication eine ähnliche, ebenfalls unver-bindliche Richtlinie vorgelegt (vgl. OECD 2006). In der Volksrepublik China gibt es derzeit

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keine Datenschutzgesetzgebung; Aktivitäten für RFID-Richtlinien wie in Japan oder Südko-rea sind nicht bekannt.

Für internationale RFID-Anwendungen, bei denen personenbezogene Daten entstehen und verarbeitet werden, wäre eine einheitliche Datenschutzregelung eine notwendige Vorausset-zung für die Schaffung von Akzeptanz bei den Betroffenen. Wenn konkrete Anwendungsfälle vorliegen, sollte die Europäische Kommission darauf hinwirken, europäische Vorstellungen zum Schutz personenbezogener Daten in globalen RFID-Anwendungen weltweit zur Geltung zu bringen. Als Vorbild könnte das Safe-harbor-Abkommen zwischen der EU und den USA dienen, das den Austausch von Personendaten in internationalen geschäftlichen Anwen-dungen unter Maßgabe der europäischen Datenschutzprinzipien pragmatisch regelt, ohne dass dafür ein einheitlicher Rechtsrahmen für den Datenschutz hergestellt werden muss.

4.2 Entsorgung und Ressourcenbedarf

Ein handelsüblicher Transponder in Form eines Smart Label beinhaltet eine Reihe von Metallen, Halbleitern und Kunststoffen: die Antenne enthält typischerweise Kupfer, der Chip besteht aus Silizium, das Substrat beinhaltet Polyester. In aktiven Transpondern ist sogar eine Batterie enthalten, die z. B. Lithium beinhaltet. Abb. 7 zeigt die Zusammensetzung eines Smartlabels. Wie bei anderen Elektronikkomponenten mit einer reichhaltigen und teilweise umweltbelastenden Materialzusammensetzung stellt sich daher auch bei RFID-Systemen die Frage der Materialzusammensetzung und der Entsorgung. In Deutschland setzt das Elektro- und Elektronikgerätegesetz die entsprechenden EU-Richtlinien WEEE und RoHS um.

Abb. 7 Materialzusammensetzung eines Smart Label (in Anlehnung an Behrendt 2004)

Nur RFID-Transponder, die direkt in ein Elektrogerät integriert sind, müssen mit dem Gerät nach der WEEE-Richtlinie 2002/96/EG (waste electrical and electronic equipment) entsorgt werden. Gehört der Transponder dagegen zur Verpackung oder ist er etwa als Etikett aufge-klebt, wird er im Hausmüll entsorgt. Das gleiche gilt, wenn der Transponder in nichtelektroni-sche Produkte integriert ist. (vgl. EC 2005)

Die RoHS-Richtlinie 2002/95/EG der EU (restriction of the use of certain hazardous substan-ces in electrical and electronic equipment) verbietet die Nutzung bestimmter Materialien wie Blei oder Cadmium in elektrischen und elektronischen Geräten und Komponenten, bzw. legt Grenzwerte für Höchstmengen fest. RFID-Lesegeräte und Transponder fallen unter die

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RoHS (vgl. EC 2005). Die europäische Elektronikindustrie hatte sich über mehrere Jahre hinweg auf diese Richtlinie eingestellt, RoHS-konforme RFID-Produkte sind heute Standard.

Auch wenn sich mit der WEEE und der RoHS in den meisten Anwendungsfällen kein drän-gender Problemdruck für die Fertigung und die Entsorgung von RFID-Systemen ergibt, wird zukünftig doch zu prüfen sein, inwiefern bestehende Entsorgungs- und Recyclingprozesse durch die langfristig vorhergesagten sehr großen Mengen an RFID-Transpondern in Kon-sumgütern und anderen Alltagsgegenständen beeinträchtigt werden. Die Entsorgung im Hausmüll gilt dabei als relativ unproblematisch, da ihre chemische Zusammensetzung für heutige Verbrennungsanlagen keine wesentliche Hürde darstellt.

Schwieriger könnten sich aber Sortierprozesse gestalten, wenn sich die Transponder nicht von den Produkten aus Papier, Glas, Plastik oder Stoff trennen lassen und damit das Recyc-ling-Gut verunreinigen. Das Kupfer aus den Antennen könnte etwa die Qualität von Altglas deutlich senken, Aluminium könnte langfristig durch das Silizium der Chips verunreinigt werden. Hier müssen unter Umständen die Materialzusammensetzungen der Transponder geändert oder die Recyclingprozesse angepasst werden. Die konkreten Auswirkungen hängen allerdings sehr stark von der zukünftigen Materialzusammensetzung der Transpon-der und den gefertigten Stückzahlen ab, so dass heute nur erste grobe Aussagen zur zu-künftigen Entsorgung von RFID-Transpondern in Massenanwendungen möglich sind (vgl. Behrendt 2004, Hilty et al 2003 und Hilty et al 2005). Hier besteht Bedarf an weiteren ent-sprechenden Studien und Forschungsarbeiten.

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5 RFID-Anwendungen in der Konsumgüterindustrie und im Handel

Ihre besondere Sichtbarkeit hat die RFID-Technologie mit großen Pilotprojekten im Kon-sumgüterhandel und der Konsumgüterindustrie erhalten. Das Unternehmenskonsortium EPCglobal, das sich ursprünglich aus diesen Branchen heraus gründete, hat mit seiner Erarbeitung des Industriestandards EPC und der schnellen Umsetzung in erste Pilotprojekte den Boom der RFID-Technologie hauptsächlich mit ausgelöst. Handel und Konsumgüterin-dustrie gelten als mit die wichtigsten Nutznießer der Funkidentifikation.

5.1 Ausgangslage

Die Konsumgüterindustrie und der Handel umfassen ein breites Warenspektrum, das sich von Lebensmitteln und Getränken über Kosmetika und Reinigungsmittel bis hin zu Textilien, Elektrogeräten und Büchern erstreckt. Ein großer Teil der Konsumgüterindustrie und des Handels wird unter dem Begriff der „fast moving consumer goods“ zusammengefasst. Dar-unter fallen Produkte des täglichen Bedarfs die oft im Preisbereich von wenigen Euros oder Cents liegen. Allein die Ernährungsindustrie, als Ausschnitt dieser Branche wird mit ca. 130 Mrd. Euro Umsatz im Jahr 2004 als viertgrößter Wirtschaftszweig in Deutschland eingeord-net. Er ist weitgehend mittelständisch geprägt (vgl. Foodwatch 2005). Dichtauf folgt der Lebensmitteleinzelhandel mit einem Umsatz von rund 122 Mrd. Euro im Jahr 2004 (vgl. Dresdener Bank 2004). Hier herrschen große Handelsketten wie Metro, Edeka, Rewe, Aldi und Schwarz vor.

Die Situation des Handels und der Konsumgüterindustrie ist durch einen hohen Preisdruck charakterisiert. Beispielsweise stagnieren im Lebensmitteleinzelhandel die Umsätze seit Jahren weitgehend. Seit rund 10 Jahren steigen sie im Jahresdurchschnitt nur um etwa 1 %. Grundsätzlich sind – insbesondere in Deutschland – die Margen auf den Produkten des täglichen Bedarfs äußerst gering, wobei ein großer Preisdruck von den Verbrauchern ausgeht (vgl. Dresdener Bank 2004).

Vor diesem Hintergrund werden in der Branche im Wesentlichen zwei Ziele verfolgt, um die Konkurrenzfähigkeit aufrecht zu erhalten. Das sind die Einsparung von Kosten und die Einführung neuer Dienstleistungen. Instrumente zur Umsetzung dieser Ziele sind (in Anleh-nung an GS 1 Germany et al 2003):

• Reduktion von Nichtverfügbarkeiten am Point of Sale, • Kostenreduktion entlang der Lieferkette, • Reduktion der Beschaffungskosten, • Bestandsmanagement und Steuerung der Warenflüsse und • Customer Relationship Management zur Verbesserung der Kundenbindung.

Diese Instrumente stellen einen Rahmen für viele Einsatzfelder von RFID dar, die nachfol-gend erläutert werden.

5.2 Motivation für die Einführung von RFID

Angesichts des hohen Preisdrucks, der nicht vollständig durch Senkung der Produktionskos-ten aufgefangen werden kann und angesichts des Wunsches, die Kundenbindung durch neue Dienstleistungen zu erhöhen, gibt es zentrale Handlungsfelder zur Reduktion von Kosten und zur Verbesserung von Dienstleistungen der Konsumgüterindustrie und des Handels die durch den Einsatz von RFID sinnvoll unterstützt werden können.

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Optimierung der logistischen Prozesse. Zentral für RFID-Anwendungsszenarien in der Konsumgüterindustrie und im Handel ist die Optimierung der logistischen Abläufe. Dabei stehen nicht die Prozesse der Konsumgüterproduktion im Fokus der Betrachtung, sondern vielmehr der optimale Weg der produzierten Waren bis zur letzten Station der Verwertung, dem Endkunden. Neben den logistischen Szenarien wird außerdem diskutiert, wie Informati-onsflüsse zwischen Geschäftspartnern sowie prozessbegleitende Dokumentationen zur Produktion, zur Qualität der Produkte oder zur Produkthistorie realisiert werden können.

Bestehende Ansätze zur verbesserten Organisation der Prozessabläufe entlang der Liefer-kette sind zwar noch nicht ausgereizt aber RFID verspricht an vielen Punkten ein deutlich höheres Verbesserungspotenzial als andere Maßnahmen. Wichtige Potenziale der RFID-Technologie bilden hier die Pulkerkennung mehrerer Objekte auf einer Palette oder einem Karton sowie die Auszeichnung kleinerer Verpackungsgrößen oder sogar einzelner Objekte. Damit wird bei der Übergabe von Waren zwischen Lagerorten gleicher oder unterschiedli-cher Unternehmen Zeit gewonnen und die Fehleranfälligkeit bei der Dokumentation redu-ziert. Die Transparenz der logistischen Prozesse wird erhöht und zusätzliche Dienstleistun-gen (z. B. Tracking and Tracing) können angeboten werden.

Die Plausibilisierung für den Einsatz dieser neuen Technologie wird deshalb von verschie-densten Unternehmen stark forciert (vgl. Kapitel 5.3). Derzeit befindet sich die RFID-Technologie im Stadium der Entwicklung wirtschaftlich wie technisch tragfähiger Umset-zungsmodelle, gestützt durch die Ergebnisse aus praxisnahen Pilotprojekten. Die Bereit-schaft zum Einsatz von RFID ist sehr hoch und wird mit einem Volumen von 229 Mio. Euro im Jahr 2005 sogar als Investitionsmotor für die gesamte RFID-Sparte eingeschätzt (vgl. Monse 2006).

Vermeidung von Out-of-stock-Situationen (OOS). Nicht aufgefüllte Regale stellen für den Handel bis heute ein ungelöstes Problem dar, für das die Einführung von RFID auf Item-Ebene einen hohen Nutzen bringen würde. Ein relevanter Unterschied besteht in dem Be-stand, der sich im Lagern befindet, und der eigentlichen Regalauslastung am Point-of-Sale. Letzteres wird durch Warenwirtschaftsysteme nicht abgebildet. Da die Information über die Warenbewegung zwischen Filiallager und Regal heute generell nicht vorgehalten wird, können digitale Verfahren, die auf einen Regalleerstand hinweisen, nicht implementiert werden. Mit Hilfe von RFID-Tags auf einzelnen Items kann diese Situation grundsätzlich verändert werden. So könnten Automatismen entwickelt werden, um Leerstand oder Fehl-platzierungen zu erkennen, was bisher nur durch personalintensive Prozesse geleistet werden kann. Statistisch hat sich am OOS-Problem seit 1968 nichts Wesentliches verändert. Die unregelmäßig schwankende OOS-Quote liegt zwischen 4,5% und 12,2% (8,3% im Jahr 2002). Durch OOS entsteht dem Handel rund 4% Verlust, was bei den vorliegenden gerin-gen Margen als hoch einzustufen ist (vgl. Angerer 2004).

Verbesserte Umsetzung des Efficient Customer Response (ECR). Der im Rahmen des RFID-Einsatzes am meisten diskutierte Baustein des ECR ist das so genannte Efficient Replenishment (ER). Dabei geht es darum, Waren bedarfsorientiert zum Kunden zu bringen. Um dies leisten zu können, müssen Verkaufszahlen und Anforderungen möglichst zeitnah zum Hersteller übermittelt werden. Das Ziel besteht darin, die Kapazitäten der Zwischenla-ger zu minimieren, und möglichst angelehnt an den Bedarf zu produzieren. Zentrales Ele-ment für ECR ist die Beobachtung des Abverkaufs. Bisher wird der Verkauf mit deutlichem Zeitversatz beobachtet. Oft werden nur Standard-Bestellungen ausgeführt. Über RFID-gestützte Monitoring-Prozesse können solche Analysen stärker automatisiert und qualitativ verbessert werden.

Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln und Informationen entlang der Wertschöp-fungskette. Seit dem 28.1.2002 besteht die Verordnung EG 178/2002 des Europäischen Parlaments, die die Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln fordert. Darin wird verpflichtend vorgeschrieben, dass ein Produkt und alle seine Bestandteile lückenlos über die gesamte Prozesskette bis zu den Erzeugern recherchierbar sein müssen. Im Prinzip ist das heute

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bereits möglich, aber oft nicht zufrieden stellend gelöst (vgl. Deloitte & LZ 2004). RFID bietet hier die Unterstützung, Produkte durch ihren Lebenszyklus zu begleiten und relevante Infor-mationen auf dem Chip zu hinterlegen. Dies kann z. B. eine genaue Chargeninformation sein oder - wie bei Tiertransporten – z. B. Grenzüberschreitungen. Um die Informationen entgegensetzt zum Produktionsprozess verfolgen zu können, würde also ein Informations-fluss etabliert, der parallel zur Produktion verläuft. Wenn dies umgesetzt ist, ergibt sich als zusätzliche Nutzungsmöglichkeit, weitere Informationen, die in gleicher Weise mit dem Produkt laufen, für neue Services zu nutzen.

Neue Dienstleistungen im Verkaufsprozess. Mit Hilfe von RFID-Tags kann Verbrauchern Information zu einem Produkt leicht zur Verfügung gestellt werden (z. B. an Kiosksystemen, elektronische Preisschilder), wenn sich diese entweder auf dem Transponder am Produkt befindet oder in einem Software-System hinterlegt ist. Dabei kann es sich um Preisinformati-onen handeln, Erläuterungen zu Zutaten und Zusatzstoffen, Verfallsdatum, Herkunft, Her-stellungsprozess, etc. RFID kann außerdem für Kundenkarten verwendet werden. Diese werden heute schon vielfach eingesetzt, allerdings meistens ohne RFID, um Kundenprofile zu erstellen und darauf verbesserte Analysen aufzusetzen und Marktforschung zu betreiben. Diskutiert werden speziell im Handel neue Werbe- und Marketingkonzepte. Es besteht die Hoffnung, dass über RFID teilweise in Kombination mit mobilen Geräten (PDA, Mobiltelefon) individualisierte Werbemaßnahmen ausgebaut werden können. In diesem Kontext werden zurzeit Methoden entwickelt, die eine Brücke zwischen Werbung und Kundeninformation schaffen. Ein Konzept ist das Permission Marketing (vgl. Godin 1999 und Krishnamurthy 2001), das auf der Zustimmung des Endkunden basiert, über bestimmte Produkte oder Neuerungen informiert zu werden. Was sich für den Kunden als sinnvolle Information dar-stellt, ist für den Anbieter Werbung. Über RFID sind damit „persönliche“ Einkaufsberater realisierbar. Diese können für das gesamte Einkaufsmanagement realisiert werden, vom digitalen Einkaufszettel, über Leit- und Beratungssysteme am Point-of-Sale bis hin zum individuellen Home-Service. Zurzeit in der Entwicklung befinden sich außerdem automati-sche Kassensysteme, die auf Basis von RFID funktionieren. Weiterhin ist das gesamte Garantie- und Umtauschwesen leichter abzuwickeln durch Informationen, die sich auf einem Tag befinden. Für den Handel sind solche Maßnahmen Teil eines Customer Relationship Managements (CRM). CRM hat heute ganz wesentlich die Kundenbindung zum Ziel, die im gesättigten Konsumgütermarkt gegenüber der Kundenneugewinnung deutlich an Bedeutung zunimmt.

5.3 Operative Umsetzung und Pilotprojekte

Sowohl im Handel als auch in der Konsumgüterproduktion sondieren Marktteilnehmer die Möglichkeiten des RFID-Einsatzes und konkrete Entwicklungsperspektiven. Damit hat die Technologie deutlich die Phase rein wissenschaftlicher und technologischer Machbarkeits-tests überschritten. Die operative Umsetzung in die Breite wird von Industrievertretern for-ciert, die echte Produktivitätserfolge aus dem Einsatz erwarten. Die operative Umsetzung von RFID-Lösungen im Zusammenwirken von Herstellern und Handel hat auf beispielhafter Ebene bereits begonnen. In einigen Regionen des Welthandels gibt es schon einen direkten Zwang des Handels zum Einsatz von RFID. So hat z. B. der Konsumgüter-Discounter Wal-Mart in den USA bereits 2004 von seinen 100 größten Zulieferern verlangt, Kisten und Paletten, die über ausgewählte Umschlagszentren verteilt werden, mit passiven RFID-Chips auszustatten (vgl. Ostler 2004). Solche weitgehenden Szenarien sind in Europa derzeit noch nicht formuliert. In Deutschland führen neben großen Handelskonzernen jedoch auch schon mehrere Hersteller RFID-Pilotprojekte durch.

Der Handelskonzern Metro AG hat bereits im Jahr 2003 den Metro Extra Future Store in Rheinberg eröffnet, in dem neue technologische Perspektiven für den Handel entwickelt und in realer Kundenumgebung erprobt werden. Auf 4.000 m² sind u. a. auch innovative Laden-einrichtungen auf Basis der RFID-Technologie installiert worden. Der Laden ist als normaler Supermarkt eingerichtet und um einige Innovationen – persönlicher Einkaufsberater für

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Kunden, intelligente Waage, elektronische Preisschilder und Werbedisplays, Info-Terminals, Selbstzahlerkasse, drahtlose Datenübertragung – erweitert, die die Kunden ausprobieren und bewerten können. Das 2004 eröffnete Metro Group RFID Innovation Center in Neuss bietet allen Interessierten praxisnahe Informationsmöglichkeiten zum Einsatz von RFID und Industrievertretern die Chance, sich in realitätsgerechten Testaufbauten mit dem Thema RFID auseinanderzusetzen. Die Metro Future Store Initiative mit SAP, IBM und weiteren 60 Kooperationspartnern aus der IT- und der Konsumgüterindustrie derzeit nimmt eine heraus-ragende Position bei der praktischen Umsetzung von Pilotprojekten ein. Gleichzeitig wird damit eine stark wirkende Öffentlichkeitsarbeit durchgeführt.

In der ersten Phase des „RFID roll out“ statten ausgewählte Lieferanten der Metro logisti-sche Einheiten (Paletten, Pakete und Hängewarensendungen) mit RFID-Transpondern aus. In einem zweiten Schritt folgen Handelseinheiten, d.h. Kartons und Unterkartons. Zentrale Aspekte der RFID-Einführung sind:

• Der Wareneingang und –ausgang sowie die Steuerung der Zulieferung aus den Distribu-tionslägern soll weitgehend automatisiert werden.

• Die Organisation des Warenflusses innerhalb der Läger der Metro Group soll verbessert werden.

• Die schrittweise Einbeziehungen weiterer Divisionen der Metro (vgl. RFID Atlas 2006a).

Weitere Pilotprojekte im Handel laufen derzeit etwa beim Otto-Versand beim Versand hoch-wertiger Produkte zum Kunden, im Hochregallager des Handelsunternehmens Tchibo und beim Handelskonzern Rewe.

5.4 Erfolgsfaktoren

Für die erfolgreiche Einführung von RFID in den Bereichen Konsumgüterindustrie und Han-del bestehen gute Voraussetzungen in wesentlichen Bereichen der Prozesskette. Eine Reihe erfolgreicher Pilotprojekte haben die beteiligten Partner und das interessierte Umfeld ermutigt, auf dem eingeschlagenen Weg fortzufahren (vgl. FTK 2006).

Wenn der Einsatz von RFID in der Konsumgüterindustrie und im Handel bewusst vorange-trieben werden soll, sind dafür als begleitende Maßnahmen verschiedene Voraussetzungen zu schaffen bzw. Entwicklungen zu befördern, die nachfolgend dargestellt werden. Gelingt dies nicht, könnten sich in Bezug auf RFID Innovationsbarrieren in dieser Branche bilden bzw. verfestigen.

Aktive internationale Standardisierung. Ein abgestimmtes, nach international geltenden Standards funktionierendes Vorgehen aller Teilnehmer einer Wertschöpfungskette, ist eine der wesentlichsten Voraussetzungen für die Realisierung wirtschaftlicher Erfolge. Mit der Entwicklung des EPC (Elektronischer Produkt-Code), der die bewährten Barcode-Standards EAN und UUCN um die wesentlichen Erweiterungskodierungen zum Einsatz der RFID-Technologie ergänzt, hat das Industriekonsortium EPCglobal bereits erste Schritte dazu unternommen. Für deutsche Konsumgüterhersteller und den deutschen Handel tritt die GS1 Germany als aktiver Interessenvertreter in nationalen und internationalen Gremien zur Standardisierung von Prozessen und Prozesskomponenten im Bereich RFID auf. Allerdings sind europäische Unternehmen mit einem Anteil von nur 18 % in EPCglobal deutlich unter-repräsentiert (vgl. Hogan 2006).

Flächendeckende Einführung von RFID. RFID wird sich in dieser Branche nur durchset-zen, wenn es weitgehend flächendeckend eingeführt wird. Der parallele Betrieb von Barco-de-Systemen und RFID-Systemen zur Kennzeichnung von Sammelverpackungen, Paletten, etc. (mittelfristig) wird sich für die Branche als zu kostenintensiv herausstellen. Eine flächen-deckende Einführung von RFID ist nur durchsetzbar, wenn sich auch der Mittelstand an der

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Nutzung dieser Technologie beteiligt. Beispielsweise ist die Lebensmittelindustrie, einer der größten Vertreter der Konsumgüterindustrie, mittelständisch geprägt und auch im Handel existieren noch viele mittelständische Unternehmen. Bisher wird die Einführung von RFID von globalen Marktteilnehmern bestimmt und vorangetrieben. Diese Top-Down-Einführung kann zu einer Akzeptanz-Hürde bei der breiten Einführung von RFID führen.

Stärkere Einbeziehung des Mittelstands. Damit sich mittelständische Unternehmen an der Einführung von RFID-Technologie beteiligen können, müssen auch für diese ökonomisch tragfähige Prozessmodelle aufgezeigt werden. Diese weichen u. U. von denen der Großkon-zerne ab, die bisher die Praxisbeispiele initiieren und umsetzen. Allerdings ist die Beteiligung des Mittelstandes durchaus kritisch zu betrachten. Die Investitionskosten für RFID sind im Verhältnis zum Umsatz höher als für Großkonzerne, das gilt insbesondere für die Durchfüh-rung von Pilotprojekten. Gleichzeitig ist ein geringerer wirtschaftlicher Nutzen zu erwarten, da weniger Güter den Verkaufsprozess durchlaufen. Das bedeutet, dass insgesamt ein deutlich größeres Risiko für den Mittelstand besteht, sich an der RFID-Technologie zu betei-ligen und Amortisationszeiträume deutliche länger sind als für Großunternehmen. Wichtig für die Etablierung der Technologie ist deshalb, dass ein Wissenstransfer stattfindet zwischen denjenigen Unternehmen, die bereits Erfahrungen im Umgang mit der Technologie gesam-melt haben und denjenigen, die sich neu engagieren wollen. Für mittelständische Unterneh-men sind groß angelegte Pilotprojekte mit Entwicklungsanteilen kaum tragbar. Sie sind deshalb auf einen fundierten Wissens- und Erfahrungstransfer und eine kompetente Beglei-tung bei der RFID-Einführung angewiesen.

Verstärkung der Kooperation zwischen Partnern im Wertschöpfungsnetz. Traditionell agieren die Wertschöpfungspartner in dieser Branche weitgehend unabhängig voneinander. Sowohl die Hersteller als auch die Handelsorganisationen von Konsumgütern organisieren ihre Prozesse noch meistens in geschlossenen Systemen. Selbst die Logistikdienstleister als verbindende Partner sind mit der Gestaltung ihrer Abläufe nicht unmittelbar einbezogen, sondern agieren weitgehend auf Basis ihrer eigenen Prozesse. Allerdings nimmt die Er-kenntnis zu, dass heutzutage wesentliche Konzepte, die zur innerbetrieblichen Wertschöp-fung beitragen sollen, gerade die zwischenbetriebliche Kooperation voraussetzen, um auch prozessübergreifende Effekte zu erzielen. Dafür existieren bereits Managementkonzepte wie das Efficient Consumer Response (ECR) und das Collaborative Planning Forecasting and Replenishment (CPFR), die helfen sollen, präzise zu planen sowie bedarfsgerecht zu produ-zieren und zu liefern (vgl. IfH 2005). Beide Konzepte würden durch den Einsatz von RFID deutlich effektiver. Um solche Kooperationen auch technisch umsetzen zu können werden offene Systeme mit dazugehörigen Architekturen benötigt.

Akzeptanz in der Öffentlichkeit. Das Thema RFID findet zurzeit eine erhebliche öffentliche Beachtung. Nicht zu vernachlässigen sind dabei Bedenken in Bezug auf den Datenschutz bei RFID-Systemen, die bei Daten- und Verbraucherschützern sowie bei Bürgerrechtsgrup-pen bestehen und die durch Medien häufig thematisiert werden. Beispielsweise untersucht und belegt eine neuere Studie Verbraucherängste im Einzelhandel in Bezug auf RFID (vgl. Berthold et al 2005). Dieses negative Image ist vor allem für die Konsumgüterindustrie und den Handel von Nachteil, wo der Verbraucher in Zukunft vermutlich in direkten Kontakt mit den Transpondern kommt.

5.5 Szenario 2010

5.5.1 Betriebswirtschaftliche Effekte in der Konsumgüterindustrie

Aus RFID-Pilotprojekten liegen gegenwärtig erste Erkenntnisse zu möglichen wirtschaftli-chen Effekten durch die Einführung von RFID in die Prozesse der Konsumgüterherstellung und des Handels vor. Allerdings lassen sich diese Aussagen aufgrund der immer noch

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geringen Anzahl echter Praxiserfahrungen zunächst nur schwer quantifizieren. Trotzdem können prospektiv Aussagen über Wirkzusammenhänge getroffen werden.

Übergeordnet ist festzustellen, dass sich in einem mittelfristig terminierten Szenario (um 2010) vor allem quantitative Effekte durch den Einsatz von RFID nachweisen lassen werden. In diesem Zeitrahmen werden bestehende Prozesse soweit angepasst, dass der Einsatz von RFID möglich wird. Effekte stellen sich dann vor allem in Form von Zeiteinsparungen ein, wie z. B. die schnellere Registrierung angelieferter Waren in einem Warenwirtschaftsystem.

Qualitative Effekte sind vornehmlich in einer Folge technisch erfolgreich etablierter RFID-Prozesse zu erwarten. In dieser langfristigen Perspektive ist massiv mit der Schaffung neuer technischer Services und Informationsdienstleistungen zu rechnen, die auf einer gewonne-nen Transparenz der Prozesse aufsetzen und der daraus resultierenden Möglichkeit, Pro-zesse besser kontrollieren und steuern zu können. In diesem Zeitrahmen können auch die quantitativen Effekte so groß werden, dass sie als qualitativer Wandel einzuordnen sind.

Die Anlaufinvestitionen für die Konsumgüterindustrie in RFID sind hoch. Soll bereits die Logistik des jeweiligen Herstellerunternehmens vom Einsatz der RFID-Technologie profitie-ren, so bedeutet dies eine umfassende Ausstattung von Partnern und Unternehmensteilen mit der notwendigen Infrastruktur von der Auszeichnung der Produkte mit Transpondern über Lesegeräte und Middleware bis hin zur Anpassung der Prozesse und IT-Hintergrund-systeme. Notwendig sind neue Prozessschritte zum Applizieren und zum Beschreiben der Transponder, die möglichst weitgehend automatisiert sein sollten.

Weiterhin fallen laufende Kosten für die Tags, die auf den Produkten oder Verpackungen appliziert werden, bei der Industrie an. Sie können nur im geringen Umfang auf die Produkte umgelegt werden, da die Margen bei vielen Konsumgütern zu gering sind. Entsprechend wird der Handel nur wenig Bereitschaft zeigen, sich an den Tag-Kosten zu beteiligen.

Den Investitionskosten für die Ausstattung der logistischen Abläufe stehen bei den Herstel-lern allerdings auch in den logistischen Prozessen die wesentlichen Potenziale zur Effizienz-gewinnung durch den Einsatz von RFID-Technologie gegenüber. In der mittelfristigen Per-spektive erfolgen quantitative Optimierungsschritte auf der Ebene der Produktionsoptimie-rung, des Transports, der Lagerhaltung und der Kommissionierung. Der Effizienzgewinn ergibt sich durch automatisierte Interaktionen zwischen Produkten bzw. Produktsammelbe-hältern und Software-Systemen zur Dokumentation von Warentransaktionen, Bearbeitungs-schritten oder sonstigen Statusinformationen. Alleine in der Automatisierung der Dokumenta-tion besteht jedoch bereits ein Mehrwert, da Zeit eingespart wird, an vielen Stellen des Prozesses Statusinformationen eingeholt werden können und der Prozess weniger fehleran-fällig ist als eine händische Dokumentation.

Durch die zusätzlichen Informationen können erste Services wie das Tracking und Tracing von Gütern umgesetzt werden. Diese Information wird in dieser Phase verwendet, um Transparenz in Bezug auf Lieferprozesse zu gewinnen. Weiterhin werden erste Ansätze zu einem ereignisgesteuerten Prozessmanagement realisiert. Z. B. existieren bereits Pilotum-setzungen, die bei RFID-überwachten Auslieferprozessen automatisch Fehlzuordnungen von Gütern zu Empfängern erkennen.

Bis zum Jahr 2010 wird sich RFID vorerst nur bei der Auszeichnung von Lager- und Trans-portbehältern amortisieren. Die technologische Entwicklung eines preisgünstigen Transpon-ders für das Auszeichnen einzelner Produkte ist außer in Teilbereichen noch nicht so weit vorangeschritten, dass die umfassende Einführung zum jetzigen Zeitpunkt möglich wäre. Damit sind die notwendigen Investitionsvolumina eine echte Barriere der Technologieeinfüh-rung.

Von den mittelfristigen Effekten sind die eher langfristig anzusiedelnden Effekte abzugren-zen. In der langfristigen Betrachtung wird zwar von großen Einsparungspotenzialen bei

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Herstellern und einer entsprechenden Technologieverbreitung ausgegangen, aber es liegen sehr unterschiedliche Einschätzungen vor, in welchen Zeitfenstern diese zu erwarten sind.

Mit der langfristig erwarteten weitgehenden Verbreitung der Technologie und dem item tagging könnten umfangreich Daten zum Produktionsprozess und zu den logistischen Pro-zessen gewonnen werden. Mit diesen Informationen könnten neue Funktionen und Services realisiert werden. So könnten beispielsweise Warenrückrufaktionen vereinfacht und be-schleunigt werden und es könnte leichter festgestellt werden, wer im Schadensfall haften muss. Ausgewertet werden könnten Statusinformationen über Transportbedingungen, etwa ob zulässige Transporttemperaturen eingehalten worden sind oder wie lange ein Transport benötigt hat. So könnten Rückschlüsse auf Frische und Qualität der Produkte gezogen werden. Tracking/Tracing-Informationen würden ausgenutzt, um Lieferprozesse zu kontrol-lieren und zu steuern. Der logistische Prozess würde so deutlich an Transparenz gewinnen. Durch die Abbildung der Produktionsabläufe liessen sich unternehmerische Entscheidungen über Zeitpunkt und Menge der Herstellung, zu Optimierungsmaßnahmen in der Lagerhaltung und zur Abstimmung von Lieferfristen sehr viel zielgerichteter treffen.

Konsumgüterindustrie

Hohe Investitionen in Infrastruktur und IT

Anpassung der Produktionsprozesse

Effizienzgewinn bei Warenein- und Ausgang

Mittelfristige Effekte

Verringerung von Fehllieferungen

Neue Services und Informationsdienste

Optimierung bei der Lagerhaltung

Einführung offener Warenwirtschaftsysteme

Vereinfachte Warenrückrufe / Traceability

Optimierte Produktionskapazitäten

Langfristige Effekte

Verbessertes Supply Chain Controlling

Tab. 6 Mittelfristige und langfristige Effekte der Einführung von RFID in die Prozesse der Konsumgüterherstellung

5.5.2 Betriebswirtschaftliche Effekte im Handel

Im Handel werden nur in Einzelbereichen RFID-Tags auf Item-Ebene eingesetzt. Mittelfristig wird vor allem der Einsatz von RFID für die logistischen Prozesse realisiert und Lager- und Transportbehälter damit ausgezeichnet, da nach Ergebnissen aus Pilotprojekten sich RFID vorerst nur dort amortisiert. Allerdings sind erhebliche Investitionen notwendig, da das ge-samte Lagerwesen umstrukturiert werden muss. Der Leseprozess ist außerdem für Produkte bzw. Verpackungen, die Metalle oder Flüssigkeiten enthalten, technisch oft schwer hand-habbar.

Auch im Handel zeigen sich in der mittelfristigen Perspektive vor allem quantitative Effekte. Beispielsweise kommt beim Wareneingang ein zentraler Mehrwert von RFID, die Pulkerken-nung und die automatische Registrierung von Daten auf den Tags, zum Tragen. Der Waren-eingang, der immer ein hohes Risiko für den Empfänger birgt, wird besser überprüfbar und damit sicherer. Reklamationen sind direkter möglich. Als Voraussetzung dieser und anderer nachfolgender Prozesse wird die Abbildung des Warentransfers in die Warenwirtschaftsys-teme umgesetzt. Dadurch werden sich auch positive Effekte bei Kommissionsgeschäften zeigen. Durch RFID lässt sich außerdem das Lagermanagement vor Ort in den einzelnen Filialen verbessern.

Die Vorteile, die RFID bei der handelsinternen Logistik bietet, unterscheiden sich zwar nicht grundsätzlich von denen für die Hersteller. Allerdings sind für den Handel die Statusinforma-tionen zur Qualität der Produkte besonders wichtig, wie Temperaturangaben während des

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Transportes, Transportdauer und Verfallsdaten, da beim Warenempfänger die entscheiden-de Kontrolle stattfinden muss, ob ein Produkt verkauft werden kann oder reklamiert werden muss.

Bis zum Jahr 2010 wird der Endkunde kaum in einen von ihm wahrnehmbaren Kontakt mit einem RFID-Chip kommen. Nur in einzelnen Produktbereichen kann das item tagging mittel-fristig schon eingeführt werden. Bei hochwertigen Produkten wie Luxusgüter und Medika-menten könnte der erhöhte Fälschungsschutz den Aufwand lohnen, bei Textilien wird bereits über den Einsatz von Mehrwegtranspondern in Form von Etiketten nachgedacht.

Von den Effekten, die durch RFID erzielt werden, werden allerdings voraussichtlich nicht alle Handelstypen im Konsumgüterbereich gleichermaßen profitieren. Zu erwarten ist vielmehr, dass vor allem Unternehmen mit hohen Umschlagszahlen und komplexen Logistikverfahren die besonderen Nutznießer der Funkidentifikation sein werden. Dies lässt sich am Beispiel des Lebensmitteleinzelhandels, der sich mit RFID-Pilotprojekten besonders hervorhebt, gut verdeutlichen (Klassifikation in Anlehnung an Nielsen 2005). In diesem Segment sind die positiven RFID-Effekte vor allem bei den SB-Warenhäusern, den großen Verbrauchermärk-ten und den Discountern zu erwarten, die aufgrund ihrer umfangreichen logistischen Prozes-se und ihrer großen Einkaufsmengen für die Hebung von Optimierungspotenzialen in der Logistik besonders gut geeignet sind. Bei kleinen Verbrauchermärkten und Supermärkten sind diese Voraussetzungen nicht in demselben Masse gegeben, so dass wir hier mehr Zurückhaltung bei der RFID-Einführung sehen. Bei Fachgeschäften und dem Lebensmittel-einzelhandel spielen Logistikkosten eine eher untergeordnete Rolle, so dass wir mittelfristig – außer in Sonderfällen wie Luxusgütern und Textilien – wenig Bereitschaft für den RFID-Einsatz erwarten (vgl. Tab. 7). Allerdings wickeln die RFID-Gewinner im Einzelhandel – SB-Warenhäuser, große Verbrauchermärkten und Discounter – bereits 70 % des Gesamtum-satzes im Konsumgüterhandel ab (vgl. Verdi 2006).

Sobald der Einsatz von RFID auch auf Produktebene umgesetzt ist, wird es zu deutlichen qualitativen Veränderungen der Prozessabläufe und zu neuen Dienstleistungsangeboten kommen. Diese Entwicklungen sind jedoch erst in einer langfristigen Perspektive zu erwar-ten. Hier siedeln sich insbesondere visionäre Ideen bei der Veränderung der Verkaufspro-zesse an:

Über die RFID-Tags können Informationsprozesse unterstützt und gesteuert werden. Dazu gehört das Angebot diverser Produktinformationen vom Preis, über das Verfallsdatum bis hin zur Erläuterung von Herstellungsprozessen sowie ein vereinfachtes Garantiewesen. Grund-sätzlich können die Informationen auch für individuelle Informationsbedarfe angepasst werden. Notwendig ist dafür die Arbeit mit individuellen Profilen, die heute schon über die vielfach genutzten Kundenkarten erhoben werden. Über Kiosksysteme und mobile Endgerä-te wie Mobiltelefone ist es möglich individualisierte Werbung persönlich zu übermitteln. Home-Services können ebenfalls leichter implementiert werden. Durch die automatisierte Abbildung von Verkaufsvorgängen wird auch die Steuerung der Supply Chain verbessert. Es werden schnelle Reaktionszeiten bei Bestellungen und Lieferungen möglich.

Die Verfügbarkeit von Waren, eine der großen Herausforderungen im Handel, kann auf RFID-Basis weitgehend optimiert werden. Durch die Identifikation einzelner Items kann insbesondere das Regalmanagement deutlich verbessert werden, das heute in Warenwirt-schaftsystemen nicht abgebildet wird. Dadurch kann als Folge auch das Out-of-Stock-Problem am Point-of-Sale reduziert werden. Inventuren sind im Prinzip zu jedem Zeitpunkt sehr einfach durchführbar, da der Bestand im Wesentlichen automatisiert erkannt werden kann. Auch Verluste können so schnell kalkuliert werden.

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Einzelhandelstyp Wirkung durch RFID Tendenz

SB-Warenhäuser Einzelhandelsgeschäfte mit mindestens 5.000 m² Verkaufs-fläche, die ein breites, waren-hausähnliches Sortiment des Lebensmittel- und Nichtle-bensmittelbereichs in Selbst-bedienung anbieten

Große Einzelhandelsgeschäfte und große Verbrauchermärkte sind zumeist in Konzernstrukturen organisiert, die über ausge-prägte Logistikprozesse verfügen und das Management entlang der Supply Chain durch den Einsatz von IT-Systemen organisie-ren. Nutzbare Skaleneffekte durch konzernweit eingeführte Rationalisierungstechnologien wirken hier am stärksten. Daher gingen die ersten Anstrengungen zur Einführung von RFID von großen, global agierenden Handelskonzernen aus.

Große Verbrauchermärkte Einzelhandelsgeschäfte mit Verkaufsflächen zwischen 1.500 und 4.999 m², die ein breites, warenhausähnliches Sortiment des Lebensmittel- und Nichtlebensmittelbereiches in Selbstbedienung anbieten

Durch die vorhandene Einkaufsmacht können diese Konzerne auch Einfluss auf vorgelagerte Prozesse bei Herstellern und Logistikdienstleistern nehmen. Wesentliche Effekte entstehen durch geringere Lagerkosten, geringere Prozesskosten intern (Inventur, Lagermanagement) und extern (Abruf aus Zwischenlager bei Logistik-Dienstleiter, Vermeidung von Schwund). Zu Effekten am Point of Sale kommt es, wenn die Tags zukünf-tig auch auf Produktebene angebracht werden. Dann lassen sich die Einkaufabläufe der Endkunden neu organisieren und Einsparungen durch Diebstahlschutz und Sortimentoptimierung erreichen.

Kleine Verbrauchermärkte Lebensmittel-Einzelhandelsgeschäfte mit einer Verkaufsfläche zwischen 800 und 1.499 m²

In kleineren Verkaufseinheiten lassen sich Effekte durch RFID mittelfristig kaum realisieren. Hohe Investitionen in Hardware und IT-Infrastruktur sind Barrieren für eine mittelfristige Einfüh-rung. Zur Abkehr von der Barcode-Technologie bedarf es plausibler, ökonomischer Modelle.

� Discounter Lebensmittel-Einzelhandelsgeschäfte, für deren Absatzpolitik das Discount-Prinzip (Niedrigprei-se, begrenztes Sortiment) maßgebend ist, unabhängig von der Größe der Verkaufsflä-che

Auch die so genannten Discounter sind in der Regel in Kon-zernstrukturen organisiert. Hier gelten ähnliche Argumente wie bei den SB-Warenhäusern. Eine Einführung von RFID auf Produktebene wird von den Discountern mittelfristig nicht betrieben werden, zu groß ist der Preis- und Margendruck pro Produkt. Um Effizienzsteigerungen auf Paletten- oder Kartonebene zu erreichen sollten sich die Discounter jedoch mittelfristig für RFID engagieren.

Supermärkte Lebensmittel-Einzelhandelsgeschäfte mit einer Verkaufsfläche zwischen 400 und 799 m²

Für kleine Supermärkte ist die Auseinandersetzung mit dem Thema RFID mittelfristig unwahrscheinlich. Das Verhältnis der Investitionen für RFID zum entstehenden Nutzen ist hier schlechter als für große Märkte. Deshalb ist die Amortisations-phase länger und das Risiko höher.

Restliche Geschäfte Fachgeschäfte und Lebensmit-tel-Einzelhandelsgeschäfte mit einer Verkaufsfläche unter 400 m².

Für die restlichen Geschäfte ist das Thema RFID aufgrund der eigenen Ladenfläche nicht interessant. Die Betreiber dieser Geschäfte werden von den Effekten bei den vorgeschalteten Wertschöpfungspartner partizipieren, eigene Anstrengungen werden sie, außer in Spezialfällen (Luxusgüter), nicht unter-nehmen.

Tab. 7 Übersicht über die Wirkung von RFID auf die verschiedenen Geschäftstypen im Lebensmitteleinzelhandel

Allerdings ist noch einmal mit deutlichen Investitionen zu rechnen, wenn der Verkaufsraum für RFID-Prozesse ausgestattet wird. Dazu gehören RFID-Kassensysteme und Selbstzah-lerkassen, die den Bezahlvorgang beschleunigen sowie Regalsysteme, die mit den RFID-Tags auf den Produkten kommunizieren und Kiosksysteme, über die Produktinformationen angeboten werden.

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Handel

Hohe Investitionen in Infrastruktur und IT

Anpassung der logistischen Prozesse

Effizienzgewinn beim Wareneingang

Geringere Bestandskosten

Mittelfristige Effekte

Vereinfachtes Lagermanagement und Kommissionierung

Bessere Verfügbarkeit der Waren

Vereinfachte Warenrückrufe / Traceability

Verbessertes Supply Chain Controlling

Höhere Kundenzufriedenheit

Minimale Inventurkosten

Individualisierte Werbung

Leitsysteme

Langfristige Effekte

Neue Service-Leistungen

Tab. 8 Effekte der Einführung von RFID in die Prozesse des Handels

5.5.3 Umsatz- und Produktivitätseffekte

Es ist nicht zu erwarten, dass sich im mittelfristigen Szenario bis 2010 die Umsätze des Handels durch die Einführung der RFID-Prozessunterstützung grundsätzlich erhöhen wer-den. Die schrittweise Umsetzung von Rationalisierungseffekten entlang der Wertschöp-fungskette kann aber zu Kosteneinsparungen im Handel und damit zu höheren Margen führen. Ein Effekt, der aus den verbesserten Abstimmungen im Wertschöpfungsnetz resultie-ren kann, beispielsweise durch RFID-gesteuerte Bestellvorgänge, ist die Verringerung des so genannten Bullwhip-Effekts. Dieser bezeichnet die Schwankungen der Bestellmengen und resultierender Lagerkosten durch isoliert vorgenommene Bedarfsplanungen der einzel-nen Akteure (vgl. Melski 2006). Sobald der Handel die Potenziale einer verbesserten Ver-fügbarkeitsplanung am Point of Sale kurzfristig bis zum Hersteller durchleiten kann, werden sich die Kosten für Lagerkapazitäten oder Rücksendungen deutlich verringern lassen.

In ersten Studien werden diese Produktivitätsgewinne bereits beispielhaft quantifiziert: Auswertungen der im Metro Future Store getesteten Technologien belegen, dass Ausver-kaufssituationen um bis zu 14 % zurück gingen. Der Verlust von Waren reduzierte sich sogar um bis zu 18 %. Des Weiteren ergaben sich Einsparungspotenziale bei der Lagerorganisati-on oder der Warenannahme in Höhe von 17 % (vgl. INM 2005).

Um eine quantitative Einschätzung der wirtschaftlichen Auswirkungen von RFID auf den Handel in Deutschland bis 2010 zu ermitteln, haben wir ein rechnerisches Modell entwickelt, das von folgenden Randbedingungen ausgeht:

• Der Einzelhandelsumsatz (ohne Handel mit KfZ und Tankstellen) betrug im Jahr 2005 nach der amtlichen Statistik 348 Mrd. Euro und wird sich bis 2010 stabil um die Marke von 360 Mrd. Euro bewegen (Statistisches Bundesamt 2007, Metro 2006).

• RFID befindet sich noch am Beginn der Einführung und der Weg zur flächendeckenden Umsetzung in allen Prozessschritten des Handels wird noch einige Jahre in Anspruch nehmen. Bis zum Jahr 2010 sind die Anwender der RFID-Technologie im Handel noch als Pioniere zu bezeichnen. Die Unternehmen, die RFID einsetzen, vereinen nach unse-rer Schätzung auf Basis der Pilotprojekte und deren erkennbaren Folgeaktivitäten heute einen Anteil am Gesamt-Branchenumsatz von 20% auf sich. Auf Basis der heute laufen-den oder bereits realisierten Pilotprojekte werden die Bestrebungen großer Handelskon-zerne, RFID-Technologie einzuführen, nach unserer Auffassung, ihre Wirkung auf die Branche langfristig nicht verfehlen. Das Streben der Handelsinstitutionen nach sinken-

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den Lagerkosten, kürzeren Lagerumschlagszeiten, Senkung der Bestandskosten und der Kosten für Rückrufaktionen wird die Einführung ebenso beschleunigen, wie die Opti-onen zur Senkung der Verluste durch Produktpiraterie.

• Sobald die Effekte des RFID-Einsatzes durch betriebswirtschaftliche Kenngrößen für den Handel berechenbar sind, wird sich der Druck auf die Hersteller verstärken, ihre Produkte mit RFID-Tags auszustatten. Bis zum Jahr 2010 schätzen wir, dass sich der Anteil der RFID-Pioniere von 20 % auf 40 % verdoppelt, da einerseits neue Unterneh-men einsteigen und bereits aktive Unternehmen ihr Engagement auf mehr Betriebsteile ausweiten werden.

• Produkte, deren Wertschöpfungsverlauf maßgeblich durch RFID beeinflusst ist, machen heute, nach unserer Einschätzung, noch einen eher geringen Anteil am Umsatz der Handelsorganisationen aus. Wir haben diesen Anteil mit 10 % im Jahr 2006 geschätzt, haben in unserer Modellrechnung jedoch eine zu erwartende Steigerung auf 30 % bis zum Jahr 2010 angenommen.

• Die betriebswirtschaftlichen Produktivitätseffekte, die direkt aus dem Einsatz von RFID abzuleiten sind, pendeln nach Auswertung der Pilotprojekte zwischen 10 und 20 % (vgl. Metro 2006). Wir sehen diese Werte derzeit bei 10 % und erwarten eine Steigerung der Produktivitätseffekte bis 2010 auf 20 %.

Unter diesen Annahmen ergibt sich durch den RFID-Einsatz im Einzelhandel eine Steige-rung des Produktivitätseffekts von heute ca. 700 Mio. Euro auf etwa 8,6 Mrd. Euro im Jahr 2010 (siehe Tab. 9).

2006 2007 2008 2009 2010

Umsatz in Mrd. € 360 360 360 360 360

Anteil der RFID-Pioniere 20% 25% 30% 35% 40%

Umsatzanteil der RFID-Pioniere in Mrd. € 72 90 108 126 144

Anteil Umsatz „RFID-beeinflusst“ 10% 15% 20% 25% 30%

Umsatzanteil „RFID-beeinflusst“ in Mrd. € 7,2 13,5 21,6 31,5 43,2

Produktivitätseffekt nach RFID-Einsatz in % 10% 10% 10% 15% 20%

Produktivitätseffekt nach RFID-Einsatz in Mrd.€ 0,7 1,4 2,2 4,7 8,6

Tab. 9 Modellrechnung: Produktivitätseffekte durch den Einsatz von RFID im deutschen Einzelhandel

5.5.4 Beschäftigungseffekte

Die wesentliche Triebfeder zur Einführung von RFID im Handel und der Konsumgüterindust-rie besteht in Rationalisierungsbemühungen. Durch RFID wird ein höherer Automatisie-rungsstand der Prozesse angestrebt mit dem zusätzlichen Vorteil, Medienbrüche weitge-hend zu vermeiden (vgl. BITKOM 2006a). Vergleichswerte bietet die schnelle Einführung der Barcode-Systeme in Ländern mit hohem Lohnniveau, die offensichtlich auf Rationalisie-rungsbemühungen zurückgehen (vgl. Beck et al 2005). Wir gehen daher in der mittelfristigen Perspektive von Personaleinsparungen durch die Einführung von RFID im Handel und der Konsumgüterindustrie aus, wenngleich diese Arbeitsplatzverluste zurzeit noch nicht quantifi-ziert werden können.

5.6 Internationaler Vergleich

In Europa befinden sich die treibenden Kräfte bei der Einführung von RFID im Handel in Deutschland, Großbritannien und Frankreich, wo im Jahr 2008 jeweils etwa 500 Mio. Euro in RFID investiert werden (vgl. Abb. 8). Die Ursache für die große Nachfrage nach RFID in

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diesen Ländern dürften die im europäischen Vergleich vergleichsweise hohen Lohnkosten sein, die schon ein wesentlicher Faktor bei der Einführung des Barcodes als Rationalisie-rungstechnik im Handel waren (vgl. Beck et al 2005).

Noch ist Deutschland in Europa führend in der Weiterentwicklung und der praktischen Um-setzung von RFID in Konsumgüterindustrie und Handel. Aber auch in anderen europäischen Ländern gibt es Pilotprojekte mit deutlichem Zuwachs an Praxisrelevanz, etwa bei Tesco in Großbritannien, Carrefour in Frankreich oder Migros in der Schweiz. Bis zum Jahr 2008 kann Deutschland die Spitzenposition bei den Investitionen zwar noch halten, aber andere Regionen Europas holen deutlich auf (vgl. DB 2005). Dies muss kein Nachteil sein. Die europaweite Ausweitung des RFID-Einsatzes dient generell der zunehmenden Verbreitung von RFID und hat aller Voraussicht nach damit auch wieder eine positive Rückwirkung auf deutsche Handelsunternehmen und Konsumgüterhersteller, die in der Regel in europäische Lieferketten eingebunden sind.

Abb. 8 RFID-Investitionen im Handel; in Mio. Euro (vgl. DB 2006)

Die größten Impulse zur Entwicklung und Einführung von RFID sind von Unternehmen Handelsunternehmen und Konsumgüterherstellern in den USA ausgegangen, deren wesent-liche Promotoren im EPC-Netzwerk zusammengeschlossen sind. Dazu zählen unter ande-rem das Handelsunternehmen Wal-Mart und die Konsumgüterhersteller Procter & Gamble und Kraft Foods.

In Japan gibt es eine breite Palette von Anwendungsprojekten, die sich auffallend häufig auch schon auf Konsumenten-Level bewegen. Die Initiative für den Einsatz von RFID wird dort u. a. durch einen Zusammenschluss von Industrieunternehmen mit Forschungsinstituten koordiniert. Zu den beteiligten Unternehmen am „Home Appliance Electronic Tag Consorti-um“ gehören z. B. Hitachi, Sony, Toshiba und Mitsubishi (vgl. VDI-Nachrichten 2006).Thematisch wird vor allem an Richtlinien gearbeitet und einheitliche Datenformate entwickelt. Auch die Kompatibilität mit internationalen Standards soll erreicht werden (vgl. Heise 2005a). Toshiba als einer der wesentlichen Hersteller von Auto-ID-Technologie ist als einer der Partner in die Future Store Initiative der Metro Group eingebunden.

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Auch Südkorea versucht durch massive staatliche Unterstützungsmaßnahmen Anschluss an die RFID-Technologie zu halten. Im Vordergrund der Bemühungen steht ein „Ubiquitous-Sensor Network“ (USN), das in einer eigens ausgewählten Region, der New Songdo City, den Einsatz von RFID in den persönlichen Lebenswelten der Einwohner testen soll. Noch sind die Bestrebungen Südkoreas sehr auf inländische Anwendungen gerichtet (vgl. Bfai 2006).

Als eines der wesentlichen Herstellerländer im Bereich der Konsumgüterproduktion (insbe-sondere Textilien) beschäftigt sich China auf Druck der Abnehmerindustrie bereits intensiv mit dem Einsatz von RFID in der Supply Chain. Noch fehlt es im Land an Technologie und Know-how, um die notwendigen RFID-Komponenten eigenständig herzustellen. Multinatio-nale Konzerne wie Sun Microsystems, Philips Texas Instruments oder SAP haben ihre Präsenz in China stark ausgebaut. Erste Pilotprojekte (z. B. automatisches ticketing in der Untergrundbahn Peking) wurden gestartet und EPCglobal China wurde bereits 2004 ge-gründet (vgl. US & FCS 2005).

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6 RFID-Anwendungen in der Logistik RFID wird ganz wesentlich zur Optimierung logistischer Prozesse eingesetzt. Die meisten Pilotprojekte fokussieren auf logistische Prozesse und dort werden auch die größten ökono-mischen Effekte erwartet. Damit sind die Logistikdienstleister mit am stärksten von den technischen Neuerungen der RFID-Technologie betroffen. Mit dem zunehmenden Einsatz von RFID in Unternehmen zur effizienten Gestaltung logistischer Prozesse wird den Lo-gistikdienstleistern kaum eine Wahl hinsichtlich ihrer Beteiligung an der RFID-Einführung bleiben. Um konkurrenzfähig zu bleiben, müssen sie den Umgang mit der Technologie beherrschen oder sogar noch weiter gehen, indem sie zusätzliche Dienstleistungen anbie-ten, die auf der Technologie basieren und u. U. sogar Know-how an ihre Kunden vermitteln.

6.1 Ausgangslage

In den Bereich der Logistik fallen alle Aspekte zur Planung, Steuerung und Durchführung von Güter- und Informationsflüssen die einen relevanten Einfluss auf den Unternehmenser-folg haben (vgl. BVL 2006). In der vorliegenden Betrachtung konzentrieren wir uns auf die Logistik, die zwischen den Unternehmen stattfinden, also verstärkt auf die Material- und Informationsflüsse entlang der Supply Chain, die über Logistikdienstleister abgewickelt werden. Diese erbringen ca. 45% der gesamten Logistik-Leistungen deutscher Unterneh-men. Die Dienstleister im Bereich der Logistik unterscheiden sich nach den Distanzen, die sie überwinden:

Traditionelle Transportunternehmen der ersten Stufe befördern Fracht in großen Verpa-ckungseinheiten (Container, Palette, Schüttgut) und über große Distanzen auf dem Luftweg, dem Seeweg, der Straße oder der Schiene. Beispielhaft genannt seien hier Lufthansa Car-go, Reedereien, Speditionen oder Deutsche Bahn.

Transportdienstleister der zweiten Stufe befördern Sendungen auf zusammengefassten, aber kleineren Transporteinheiten (Paletten, Kartons) über mittelgroße Distanzen, zumeist innerhalb eines Landes entlang verschiedener Übergabepunkte und auf den gleichen Trans-portwegen wie traditionelle Logistikdienstleister. Typische Beispiele sind Reedereien und Speditionen.

Die dritte Stufe wird auch als KEP – Kurier, Express- und Paketbranche bezeichnet. Von Vertretern dieses Wirtschaftszweiges werden Güter in kleinen Verpackungseinheiten (Pake-te, Päckchen) über mittelgroße bis kurze Distanzen transportiert. Hier sind z. B. DHL, FedEx oder United Parcels Services typische Vertreter.

Sehr viele Veränderungen, die heute in der Struktur von Wertschöpfungsnetzen zu erkennen sind, wirken sich maßgeblich auf die Anforderungen an Logistikdienstleister aus:

Internationalisierung. Einzelne Unternehmen und ganze Wertschöpfungsnetze sind zu-nehmend international aufgestellt. Gleichzeitig werden international neue Absatzmärkte erschlossen und die Konkurrenz nimmt international zu. Das führt im globalen Handelsver-kehr zum Anstieg des Transportvolumens bei gleichzeitiger Senkung der Ladungsgrößen und der daraus abzuleitenden Erhöhung der Zustellfrequenzen und bei erhöhten Anforde-rungen an die Wirtschaftlichkeit der logistischen Prozesse.

Fragmentierung und Differenzierung. Vielfach fokussieren Unternehmen verstärkt auf ihre Kernkompetenzen. Dies führt zum Outsourcing von Geschäftsfeldern und oft zu einer Ab-nahme der Leistungstiefe, d.h. insgesamt zur Auslagerung von Produktionsschritten. Daraus resultiert eine steigende Differenzierung des Wertschöpfungsnetzes und eine zunehmende Komplexität der Kooperationen und der logistischen Prozesse.

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Nachfrageorientierte Wertschöpfungsnetze. Es wird zunehmend auf individuelle Kunden-bedarfe eingegangen. Um das leisten zu können, muss u. a. das Life Cycle Management optimiert werden. Dafür ist ein nachfrageorientierte Produktion notwendig und eine schnelle Reaktionsfähigkeit durch die Unternehmen und die Logistikdienstleister. Diese Individualisie-rung geht einher mit kleineren Verpackungsgrößen, Nutzung von mehr Transportkapazitä-ten, die flexibel abgerufen werden können und der Verringerung von kostenintensiven La-gerkapazitäten.

Unternehmensübergreifende Geschäftsprozesse. Viele Unternehmen sehen vermehrt wesentliche Einsparungspotenziale in der Realisierung eines abgestimmten Supply Chain Management zwischen den Partner im Wertschöpfungsnetz. Darin sind zwingend auch die Logistikdienstleister einbezogen. Notwendig sind dafür Standardisierungen bei der Abbil-dung des Daten- und Informationsflusses in die EDV-Systeme, um digitale Kommunikations-schnittstellen zwischen den Unternehmen implementieren zu können.

Umsatzrenditen von Herstellerunternehmen sind wesentlich von der Leistungsfähigkeit der Transport- und Logistikdienstleister beeinflusst. Der Weg vom Hersteller zum Käufer oder Endverbraucher läuft heute in der Regel über zahlreiche Zwischenstationen. In vielen Zwi-schenschritten und durch verschiedene Pack- und Transportformen erreicht das Produkt den Kunden. Anforderungen, wie produktionssynchrone Anlieferung oder Traceability erhöhen den Druck auf die Logistikdienstleister, ihre Lieferkette optimal auszurichten. Als wesentliche Grundlage ist das Ziel zu betrachten, eine stark verbesserte Kombination von Material-, Daten- und Informationsfluss zu erreichen. Lieferanten und Kunden stellen an die Verfolg-barkeit einer Warensendung höchste Ansprüche. In Transportprozessen mit einer Vielzahl von beteiligten Partnern geht es zunehmend darum, die jeweiligen Anteile an den auftreten-den Kosten möglichst genau zuzuweisen. Fehler im Prozess sollen dem Verursacher ein-deutig zuzuordnen sein. Dies erfordert Transparenz und abgestimmtes Handeln. Im Busi-ness-to-business-Verkehr ist ein direktes Zusammenspiel zwischen Logistikdienstleistern und industriellen Kunden notwendig. Nur so lassen sich Transaktionseffekte erreichen, die den Gesamtprozess rentabel machen.

Die Akteure im Bereich der Logistik stärken heute ihre eigene Marktposition, indem sie ihren Kunden in der Transportkette hochwertige Dienstleistungen und kostensenkende Prozess-schritte anbieten, die sich bei diesen dann wiederum in messbaren Effizienzeffekten auswir-ken.

6.2 Motivation für die RFID-Einführung

Die Motivation zur Einführung neuer Technologien bei der Realisierung zukunftsfähiger Prozessabläufe liegt für die Logistikdienstleister in der mittelfristig zu erwartenden Kostenre-duktion und einer daraus folgenden Verbesserung der Wettbewerbsposition im international stark umkämpften Umfeld. Verändertes Konsumverhalten und die zunehmende Globalisie-rung von Hersteller-Endkunden-Beziehungen machen die Erschließung von Wertschöp-fungspotenzialen entlang der Prozessschritte unabdingbar.

In Zeiten immer geringerer Margen für alle Marktteilnehmer und schwer prognostizierbarer Marktbedingungen ist die Rationalisierung möglichst vieler Einzelschritte in der Logistik eine dringende Notwendigkeit. Dienstleistungsangebote müssen ganzheitlicher über die Supply Chain gestaltet werden. Just-in-time-Lieferungen, die verstärkt im Pull-Zugriff organisiert werden, werden immer mehr nachgefragt. Transportdistanzen und Abstimmungsbedarfe erhöhen sich. Die Konkurrenzsituation verschärft sich bei zunehmender Deregulierung. Transportdienstleister müssen, um bestehen zu bleiben, in der Lage sein, mit neuen Bezie-hungsstrukturen umgehen zu können.

Nach einer aktuellen Studie wird der Einsatz von RFIDs auf Transportbehältern schon flä-chendeckend für die nächsten 3-5 Jahre prognostiziert (vgl. FTK 2006 und Abb. 13). Diese

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Prognose bestätigt den großen Nutzen, der für die Logistik mit RFID verbunden ist. Für die Logistik-Branche besteht nicht das Problem, einzelne Produkte mit RFID auszustatten. Der Bedarf beschränkt sich auf die Ausstattung von Umverpackungen, Paletten oder auch Con-tainer wo das Kostenverhältnis zwischen Tag und Transportgut jeweils sehr günstig ist. Da außerdem ein Barcode und ein Tag gut integriert auf einem Transportgut angebracht werden können, ist in dieser Branche die Diskussion, die in der Konsumgüterindustrie und im Handel um die Abschaffung des Barcodes geführt wird, deutlich weniger brisant. Barcode und RFID-Tags können verhältnismäßig gut miteinander koexistieren. Allein die Abbildung zwischen beiden Systeme muss ermöglicht werden, was auf Ebene der Verpackungen durchaus denkbar ist und von EPCglobal schon weitgehend realisiert wurde.

Allerdings erschließen sich für die Logistik spezifische Aktionsfelder durch den Einsatz von RFID, um einerseits die logistischen Prozesse zu optimieren, andererseits Services für Unternehmen zu entwickeln (vgl. FTK 2004, FTK 2006a und Fleisch et al. 2005).

Automatische Identifikation. Die Identifizierung eines Transportgutes, ob als Container oder als Stückgut, kann durch RFID automatisiert und in sehr kurzer Zeit erfolgen. Die automatische Identifizierung von Einzelobjekten ist zukünftig ebenso möglich wie die Erfas-sung von Objektgruppen in Pulks. Eine solche Perspektive hat für die Logistik einen grund-sätzlichen Reiz, da der Warentransfer, die Güterabbildung in die EDV oder auch die Opti-mierung der Lagerhaltung die zentralen Prozesse der Logistik darstellen.

Tracking / Tracing. Das Sichtbarmachen des physischen Warenflusses, meistens als Tracking and Tracing bezeichnet, bildet eine Grundinformation für darauf aufsetzende Infor-mationsdienste. Insbesondere in den Einsatzfeldern Container-Transport und KEP wirken sich die Effekte einer lückenlosen Verfolgung von Sendungen positiv aus. Nicht nur für die gewerblichen Kunden ist die Information, wo sich eine Sendung im Verlaufe des Transports befunden hat, von besonderer Wichtigkeit. Auch in der Kommunikation mit dem Endkunden lassen sich für Dienstleister im KEP-Bereich echte Vorteile ableiten.

Condition Monitoring. Angaben über die Beschaffenheit des transportierten Gutes, über Transportzustände, wie Temperatur oder mechanische Belastungen, oder Angaben über den Transportstatus bedeuten eine neue Qualität bei der Verfolgung und Kontrolle der Transportgüter. Ohne RFID ist die Erhebung solcher Statusinformation nicht automatisiert und damit weder effizient noch effektiv möglich.

Prozessoptimierung. Die hohe Transparenz über alle wesentlichen Transaktionen in der Historie des Transportvorgangs eröffnet neue Möglichkeiten der Prozessoptimierung. Auf Basis erhobener Statusinformationen können Prozesse besser analysiert und kontrolliert werden. So können Lieferzeiten verkürzt und Lieferkosten verringert werden. Wirtschaftliche Vorteile ergeben sich nur dann, wenn RFID in das Datenmanagement möglichst vieler Mitglieder der Supply Chain eingebunden ist.

Optimierung von Warentransaktionen. Durch die automatisierte Registrierung von Waren in Warenwirtschaftsystemen, allgemein in EDV-Sytemen sowie der Abbildung der Transakti-onen in Systemen zum Management der Supply Chain werden Warenlieferungen stark verkürzt und besser kontrollierbar.

Planung und Proaktive Optimierungen. Durch die Auswertung von der Statusinformatio-nen können Prozesse besser geplant werden und proaktiv Kapazitäten zur Verfügung ge-stellt werden. In logistischen Prozessen kann beispielsweise die Anlieferung von Waren mit LKWs vorgeplant werden, so dass Wartezeiten verkürzt werden. Wesentliche Ableitungen aus den Statusinformationen können für die Koordination der Logistik vorteilhafte Effekte entlang der Transportkette erzielen. Z. B. können Termine mit wichtigen Ereignissen (Über-gabe oder Zusammenführung von Sendungen) abgeglichen werden.

Angebot von Services zur Erhöhung der Transportsicherheit. Mit Hilfe von RFID können Fehlzuordnungen bei der Auslieferung erkannt werden. Daten über Besonderheiten des

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Warenverkehrs, wie sie z. B. bei Gefahrguttransporten wesentlich sind, können auf RFID-Tags abgespeichert und am Warenübergabepunkt vereinfacht ausgelesen und berücksich-tigt werden.

Unterstützung bei Haftungsfragen. In allen Einsatzfeldern, wo die nachträgliche Identifizie-rung von Übergabepunkten aus Gründen der Gewährleistung oder der Nachweis einer nicht unterbrochenen Transportkette (z. B. bei Kühltransporten) gefordert wird, bietet eine Identifi-zierung über RFID-Tags eine Lösung. Voraussetzung wäre eine durchgängige Ausstattung aller Verlade- und Zwischenladestationen mit einer Leseinfrastruktur.

Management der Netzwerkdynamik. Dezentrale und weitgehend autonome Steuerung der Prozessschritte ist das Ziel auf dem Weg zu erhöhter Wirtschaftlichkeit. Dafür werden weit-gehend offene Systeme mit entsprechenden Architekturen und Sicherheitsmaßnahmen benötigt, standardisierte Kommunikationsschnittstellen und standardisierte Datenformate.

6.3 Operative Umsetzung und Pilotprojekte

Vielfach verstehen sich Logistik-Unternehmen als Partner ihrer Kunden, mit denen sie zu-sammen Lösungen zur Optimierung der Prozesse entlang der Logistikkette erarbeiten wol-len. Voraussetzung für die Einführung innovativer Logistik-Anwendungen ist die enge Ko-operation mit Herstellern und Handelsorganisationen zwischen denen die Logistik-dienstleister eine Brücke bilden.

Pilotanwendungen unter Nutzung von RFID-Technologie und unter wirklichen Praxisbedin-gungen sind allerdings noch die Ausnahme. Deutsche Unternehmen versuchen zwar mit kleineren Ansätzen erste Erfahrungen in der Praxis zu sammeln, diese lassen aber noch keine Aussagen für die Breitenwirkung zu. Noch immer sind die First Mover gesucht, die als Vorreiter der neuen Technologie den Weg bereiten. Die Bemühungen um den Nachweis der Praxisrelevanz werden insbesondere von den Großen der Branche geprägt.

Bei dem Logistikdienstleister BLG Logistics Groups wurde beispielsweise ein RFID-gestützter Prozess bei der Warenauslieferung etabliert, um Durchlaufzeiten zu verringern und Fehlerquoten bei der Zuordnung der Ware zum Empfänger zu verbessern (vgl. RFID Atlas 2006c). Mit RFID wird die Verteilung der Waren von der Förderbahn zum Ausgangstor überprüft. Dafür wird der Stapler, der die Waren vom Band zum Warenausgang transportiert, mit einem RFID-Tag ausgestattet. Sowohl am Band als auch am Ausgang wird dieses Tag erfasst und ein Plausibilitätstest zur korrekten Ablage durchgeführt. Verwendet werden dafür aktive Tags, die mit einer Frequenz von 2,4 GHz arbeiten und mit dem bestehenden WLAN-System kommunizieren. Die Ortung findet nicht über Gates statt, sondern es wird mit WLAN-Technologie über 3-Punkt-Berechnung geortet.

Die Logistiktochter des Bayer-Konzerns Chemion Logistik hat ein RFID-Projekt durchgeführt, mit dem die hauseigene Containerverwaltung optimiert wird. Dabei handelt es sich um die Inbetriebnahme eines internationalen Container-Terminals im Bayer Chemiepark Leverku-sen (vgl. Chemion 2006). Das Ziel besteht darin, Verwechslungen der Container ausschlie-ßen und die Platzwahl und die Reihenfolge der Ein- und Auslagerungen flexibler gestalten zu können. Gleichzeitig soll damit die händische Bearbeitung von Listen abgeschafft werden. Das dort eingerichtete Lager für Leercontainer ist mit einer Transponder-Technologie aus-gestattet, die speziell für die Anforderungen des Terminals entwickelt wurde. Sie arbeitet im Kilohertz-Bereich und erreicht damit nur geringe Leseabstände von 5-10 cm, wodurch Lese-fehler in der für RFID-Technologie schwierigen Umgebung mit vielen Stahlcontainern ver-mieden werden.

Auf mehr Transparenz in der Versorgungskette zielt ein Pilot-Projekt des Logistik-dienstleisters Schenker. Darin werden Container mit RFID-Tags ausgestattet, die auf der Seestrecke zwischen Hamburg und Hongkong pendeln. In verschiedenen Phasen, zunächst an den Haftungsübergängen in den Häfen, später auch in den Containerterminals selber,

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werden die Container erfasst und diese Information in den angeschlossenen Systemen dargestellt. Später soll auch das Öffnen und Schließen der Container mit dokumentiert werden (vgl. Schenker 2006).

Das Tochterunternehmen der Deutschen Post DHL Solutions betreibt in Dortmund für den Körperpflege-Konzern Johnson & Johnson das Zentrallager mit 33.000 Palettenplätzen. DHL kommissioniert die Sendungen auftragsindividuell und versieht die Paletten für bestimmte Empfänger aus dem Metro-Konzern mit RFID-Etiketten. Die Paletten werden vor der Verla-dung durch ein RFID-Gate gezogen. Ist die Sendung komplett erfasst, werden diese Daten unverzüglich digital an den Warenempfänger übermittelt. Ein vergleichbares RFID-Projekt läuft bei DHL Solutions im Lager Krefeld für den Metro-Lieferanten Dr. Oetker. Im DHL-Distributionszentrum für die Deutsche Telekom in Euskirchen wurde die RFID-Technik bei der Belieferung der T-Punkte getestet (vgl. DPWN 2005).

6.4 Erfolgsfaktoren

Die Akteure aus dem Bereich der Logistik sind eher zögerlich bei der Einführung von RFID-Technologie und bei vorbereitenden Pilotprojekten. Aktiv sind auch hier, wie beim Handel und der Konsumgüterindustrie, eher die großen Vertreter der Branche. Die Logistik ist dabei jedoch an sich eine zukunftsweisende Branche, da sie aufgrund der strukturellen Entwick-lungen von Wertschöpfungsnetzen international an Bedeutung zunimmt. Eine führende Rolle der deutschen Dienstleister könnte die Bedeutung der deutschen RFID-Wirtschaft deutlich fördern. Neben der Hardware sind hierfür auch neue Software-Systeme notwendig, mit denen logistische Prozesse unternehmensübergreifend abgebildet werden.

Aus Pilotvorhaben und Aussagen wesentlicher Akteure in der Logistik ergeben sich ver-schiedene Randbedingungen, die für eine erfolgreiche Umsetzung von RFID in diesem Anwendungsbereich erfüllt sein müssen.

Standardisierung der RFID-Schnittstellen. Die Themen Globalisierung und Standardisie-rung sind im Bereich des Transports und der Logistik ein wesentlicher Faktor. Verzögerun-gen bei der globalen Vereinheitlichung von Standards und Ausführungsrichtlinien hätten auch im Bereich der Logistik negative Folgen für den mittelfristigen Erfolg. In den Pilotprojek-ten zeigt sich, dass die verwendeten RFID-Technologien stark divergieren, z. B. Ortung auf WLAN-Basis vs. Registrierung über RFID-Gates. Schreitet diese Tendenz fort, so kann sich das negativ auf eine spätere Integration von Einzelprozessen auswirken.

Kollaboratives Zusammenwirken von Herstellern, Handel und Logistikdienstleistern. Die Voraussetzungen für die Umsetzung von RFID in der Logistik sind auf Ebene der „losge-lösten“ Prozesse, also der Abläufe innerhalb eines Transportvorgangs, grundsätzlich gege-ben. Große Logistikdienstleister arbeiten bereits sehr konkret an Konzepten der Umsetzung. Bisher existieren jedoch kaum Pilotierungen, um auch kooperative, unternehmensübergrei-fende Geschäftsprozesse auf Basis von RFID zu etablieren. Für die Logistikdienstleister ist eine Initiative dazu mit einem erhöhten Risiko verbunden, da sich noch keine bestimmten Ausprägungen von RFID-Technologien etabliert haben. Sollte es Bestrebungen in der In-dustrie geben, ihre bisher geschlossenen Systeme nicht für eine enge Zusammenarbeit entlang der Logistikkette zu öffnen, würde dies positive Effekte verhindern.

Zunehmende Diffusion in Netzwerken. Ausgehend von der Erkenntnis, dass der Wert einer Netzleistung, z. B. eines Standards oder eines Netzwerkes, mit der Zahl ihrer Nutzer steigt, ist die möglichst weit reichende Nutzung von RFID in Kooperationsnetzen eine Rand-bedingung für deren Erfolg in der Logistik (vgl. Melski 2006). Relevant ist diese „Diffusion“ in drei Dimensionen, bzgl. der Ebenen des Materialflusses (von Paletten-, über Verpackungs- bis zu Einzelteilebene), bzgl. der Anzahl der Objekte auf der gleichen Ebene (von wenigen hin zu vielen) und bzgl. des Umfanges der betrachteten Wertschöpfungskette (von kleinen Ausschnitten bis hin zum gesamten Wertschöpfungsnetz).

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Verbesserung des RFID-Know-Hows. Die Logistik ist keine ausgesprochene High-Tech-Branche, es herrschen insbesondere bei KMUs noch unzureichende Kenntnisse zu RFID. Unsicherheiten gegenüber Zuverlässigkeit und Einsetzbarkeit in schwierigen Transportum-gebungen – etwa Metall, Feuchtigkeit oder Vibration – können die offene Auseinanderset-zung mit RFID behindern.

Erstellung und Verbreitung von Wirtschaftlichkeitsberechnungen. Aus engeren Koope-rationen der Akteure entlang der Transportkette können wirtschaftlichen Effekte aus RFID generiert werden, die über cost-sharing-Modelle echte win-win-Situationen für alle Partner entstehen lassen. Aus den bereits realisierten oder derzeit laufenden Pilotprojekten müssen sich Modelle ableiten lassen, die den Einsatz in allen Transportbereichen wirtschaftlich plausibilisieren.

Integration von Hard- und Software in die Infrastruktur der Logistik. Erhebliche An-strengungen müssen insbesondere von der Softwareindustrie in die Entwicklung von pro-zessabbildenden Tools und deren Integration in bestehende Abläufe unternommen werden. Entwickelt werden müssen offene Systeme, die Standards unterstützen und den Sicher-heitsanforderungen der Branche beim Datentransfer Rechnung tragen. Mit Unterstützung solcher Systeme kann auch ein Impuls gegeben werden, um zusätzliche Informationsservi-ces zu implementieren.

Erhöhung der Prozesssicherheit. Logistikprozesse unterliegen weltweit geltenden Sicher-heitsbestimmungen, z. B. bei der Datensicherheit und den Gefahrgutbestimmungen. Die erfolgreiche Einführung neuer Technologien muss einhergehen mit abgesicherten Prozes-sen des Transports aber zunehmend auch der Informationsverarbeitung. Nur wenn für alle Teilnehmer des Wertschöpfungsprozesses alle Sicherheitsanforderungen erfüllbar sind, wird sich eine Innovation wie RFID durchsetzen. Um diesen Aspekt zu einem Vorteil für Anbieter von durchgängigen Sicherheitskonzepten werden zu lassen, sind beispielhafte Wirtschaft-lichkeitsberechnungen mit angemessenen Informationsverbreitungsmaßnahmen notwendig. Auftretende Verzögerungen des Transportprozesses durch derzeit schon existierende Si-cherheitsanforderungen, etwa bei der Zollabwicklung, lassen sich durch den Einsatz der RFID-Technologie signifikant verbessern. Hierfür ist eine enge Kooperation der Hersteller, der Prozessgestalter und der Sicherheitsbehörden notwendig.

6.5 Szenario 2010

6.5.1 Betriebswirtschaftliche Effekte

In allen drei Stufen der Logistik können manuelle Prozesse durch RFID automatisiert wer-den. Dies gilt in einer mittelfristigen wie in einer langfristigen Perspektive.

Erste Schritte sind bereits vollzogen. Der technische Stand von RFID wirkt sich im Umgang mit großen Verpackungseinheiten bereits günstig aus, was besonders wichtig für die Transportdienstleister der ersten und auch der zweiten Stufe ist, wie sich am Beispiel Schen-ker und DHL zeigt (vgl. Kapitel 6.3). Ein Vorteil der Logistik-Branche bei der RFID-Einführung besteht darin, dass bei größeren Verpackungsvolumina oder auch bei höherwer-tigen Einzelsendungen der Preis eines einzelnen Tags keine so bedeutende Rolle spielt wie bei der Ausstattung einzelner Konsumgüter. Gleichzeitig sind in den langjährig eingespielten Übergabeprozeduren Rationalisierungseffekte durch den Einsatz traditioneller Technologien weitgehend ausgeschöpft. RFID bietet einen neuen Ansatzpunkt zur Optimierung von Pro-zessen.

Die exakte Information über den Verlauf einer Sendung ist eine wesentliche Grundlage für ein effizientes Supply Chain Management. Mit Hilfe der RFID-Technologie können die not-

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wendigen Informationen zu einer Güterverfolgung geliefert werden. RFID-Chips können die Fracht begleiten und so für höhere Prozesssicherheit sorgen.

Für Logistikdienstleister aus allen drei Stufen der Logistik befinden sich eine Vielzahl von Transportbehältern aller Größenordnungen und Transportfahrzeuge weltweit im Einsatz. Beides kann über die eindeutige Auszeichnung durch RFID-Tags besser koordiniert werden, da Informationen über den jeweiligen Ort zur Verfügung stehen, wenn strategische Punkte in der Transportkette mit RFID-Lesern ausgestattet sind. Über den Einsatz von Erfassungsge-räten und die Rückführung der Daten in das Supply Chain Management können relevante Effizienzeffekte erzielt werden. Auf Basis dieser Informationen können Transportrouten dynamisch angepasst und aufgrund verbesserter Analysemöglichkeiten die Routen optimiert werden. Die wirtschaftlich günstigsten Routen und Transportvarianten zusammenzustellen, ist eine wesentliche Herausforderung zur Erreichung größtmöglicher Prozesseffizienz. Je kleinteiliger die Sendungen, umso wichtiger ist außerdem die Planung und Koordination der Zustellungsabläufe.

Die Verfolgung der transportierten Güter wirkt außerdem positiv auf die Transportsicherheit im Sinne einer Überprüfung von Zustellungen. Fehllieferungen können deutlich verringert werden, indem schon beim Warenausgang die Zuordnung von Waren zum Empfänger überprüft wird. Durch die Gegenüberstellung von Warenausgang und Wareneingang beim Empfänger kann leichter belegt werden, an welchem Punkt der Transportkette es zu Fehlpo-sitionen gekommen ist. In ähnlicher Weise ist auch das Einbringen von gefälschten Produk-ten in die Supply Chain besser überprüfbar und damit deutlich erschwert. Auch die Nutzung von Sensor-Tags hilft, die Transportsicherheit zu erhöhen. Mit diesen können Transportbe-dingungen belegt werden. Dies dient einerseits der Klärung von Haftungsfragen, anderer-seits der Qualitätskontrolle der transportierten Güter.

Durch eine durchweg digitale Datenverarbeitung werden Medienbrüche vermieden. Objekte wie Paletten, Container oder auch Einzelsendungen können eindeutig mit Verwaltungsvor-gängen in Verbindung gebracht werden. Auf Paletten- oder Kartonebene übernehmen Transportdienstleister Abrechnungsvorgänge für andere Partner der Lieferkette. Insbesonde-re im KEP-Bereich kommt der unmittelbaren Abrechnung nach der Zustellung eine erhebli-che Bedeutung zu. Aber auch bei Speditionen, Vertreter der zweiten Stufe der Logistik, können Mehrwerte z. B. aus der schnellen Überprüfung und Quittierung von Wareneingän-gen erzielt werden.

Viele Transportdienstleister haben erhebliche Zwischenlagerungsaufgaben für die von ihnen übernommenen Waren zu erfüllen. Sie leisten in weiten Teilen ein Bestandsmanagement für ihre Kunden. RFID kann hier sehr viele Mehrwerte erzielen. Durch die digitale Abbildung in Software-Systemen können Lagerdauer und Lagerort leicht verwaltet werden. So werden Zugriffe auf die Waren verkürzt und Waren werden nicht „vergessen“. Es können unproble-matisch entsprechende Warnsysteme implementiert werden. Sortierzeiten können optimiert werden. Potenzielle Diebstähle werden deutlich erschwert. RFID kann somit Sicherheitssys-teme unterstützen und damit das Ausfallrisiko vermindern.

Langfristig können alle Akteure der Logistikkette gewinnen. Für traditionelle Transportunter-nehmen sind Effekte kurzfristig zu erreichen, da sie sich vor allem auf großvolumige Waren konzentrieren, die kostengünstig mit RFID auszustatten sind, und auch in geschlossenen Systemen schon wirtschaftliche Effekte erwartet werden können. Die Transportdienstleister der zweiten Stufe werden ökonomische Erträge vor allem in offenen Systemen im engen Zusammenwirken mit vor- und nachgelagerten Partnern erreichen.

Für die Transportdienstleister der zweiten Stufe ergeben sich mittelfristig ebenfalls Potenzia-le aus der Einführung von RFID. Stärker im Vordergrund steht hier die ständige Kooperation, also das Zusammenspiel der Geschäftspartner. Im Gegensatz dazu steht in der ersten Stufe eher die Unterstützung der Warenübergabe an den Übergabepunkten im Vordergrund. In der zweiten Stufe lässt sich ein wirtschaftlicher Effekt vor allem dadurch herstellen, dass

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auch nachgeordnete Prozessschritte mit einbezogen werden, um so zusätzlichen positiven Nutzen für die Kunden der Dienstleister zu schaffen.

Dienstleister der ersten Stufe

Dienstleister der zweiten Stufe

KEP – Branche (dritte Stufe)

Verbessertes Bestandsmanagement

+++ ++ +

Höhere Transportsicherheit

++ ++ ++

Optimierung von Transportrouten

+ ++ +++

Steuerung des effizienten Einsatzes von Transportmitteln

++ ++ ++

Verbesserte Abläufe bei der Sendungsübergabe

+ +++ ++

Verbesserte Abrechungsprozeduren

+ +++ + +

Verbesserte Verfolgung und Überwachung von Sendungen

+++ + ++ + +

Zustandsüberwachung von Sendungen (z. B. Temperatur)

+ ++ + + +

Angebot neuer Serviceleistungen

+ ++ ++

Tab. 10 Effekte der Einführung von RFID in die Prozesse der Logistikdienstleister (+ bis +++: Gewichtung der Effekte)

Für den KEP-Bereich liegen die Vorteile eindeutig in der Optimierung interner Abläufe, da die Transportgegenstände eher kleinteilig sind und entsprechend sehr viele kleine Einzel-transfers verwaltet werden müssen. Bei der Abwicklung dieser Transporte kann der Einsatz von RFID-Chips Vorteile bringen, wenn entweder der Preis pro Tag sinkt oder die Chips wieder verwendbar eingesetzt werden können. Durch die Einbindung der Informationen aus der Logistik in die Informationsprozesse des Handels (z. B. Tracking von Lieferungen des Online-Anbieters Amazon) lassen sich neue Serviceangebote kreieren, die die Kundenzu-friedenheit direkt positiv beeinflussen können.

In den Branchen, wo Hersteller und Handel sich bereits intensiv mit der Einführung von RFID in der Wertschöpfungskette auseinandergesetzt haben, ist die Überführung in die Logistik-prozesse ein logischer Schritt. Hier lassen sich wirtschaftliche Effekte schon kurz- bis mittel-fristig erreichen. Für den KEP-Bereich sind positive Effekte eher langfristig realisierbar. Erst wenn Einzelpakete oder Sendungen wirtschaftlich mit RFID ausgestattet werden können, werden sich die gewünschten Ergebnisse erreichen lassen.

In Tab. 10 sind die Effekte, die in der Logistik durch den Einsatz von RFID-Technologie erreicht werden können, zusammengefasst.

6.5.2 Umsatz- und Produktivitätseffekte

Im Bereich der Logistikdienstleister agieren nach Schätzungen des Bundesverbands Logistik ca. 60.000 Unternehmen, zum Großteil mittelständisch geprägt. Der Umsatz dieser Unter-nehmen wurde für das Jahr 2004 auf 79 Mrd. Euro geschätzt. Die Branche befindet sich durchgängig im Aufwärtstrend.

Die Transportleistungen in Deutschland werden zum überwiegenden Teil im Rahmen des Straßengüterverkehrs realisiert. Das Verhältnis der Transportvolumen, die über das Stra-ßennetz abgewickelt werden, zu denen, die über Luft- und Seewege transportiert werden, wird sich auch in den nächsten Jahren kaum verändern. Allerdings ist insgesamt ein kontinu-ierlicher Anstieg des gesamten Güterverkehrs zu erwarten (vgl. Abb. 9). Prognostiziert wird in der Tendenz ein linearer Anstieg des transportierten Volumens.

49

Abb. 9 Güterverkehr in Deutschland bis 2015 (vgl. BVL 2006)

Der Logistik-Kernbereich kann in verschiedene Funktionsbereiche unterteilt werden (vgl. Klaus 2006):

• Transport: z. B. mobile Transportbelege ohne Medienbrüche

• Lagerwirtschaft und Umschlag: z. B. schnellere Übergaben, Fehlervermeidung bei Auslieferung

• Beständehaltung: z. B. einfachere Verwaltung, schnellere Zugriffe trotz platz- und zugriffseffizienter Lagerung

• Auftragsabwicklung: z. B. stärker automatisierte Verwaltung von Aufträgen und Doku-mentation

• Logistikplanung/Administration: z. B. dynamische Routenplanung, einfachere Verwaltung

Dabei machen die Kosten für die eigentlichen Transporte (z. B. Betriebskosten für Waren-park, Personalkosten) nur 44% der gesamten Aufwendungen aus. Wesentliche Budgets (46%) werden durch Beständehaltung und durch Lagerwirtschaft verursacht. Administration und Auftragsabwicklung bilden dann den Rest von 10% (vgl. Abb. 10). In der Statistik noch nicht ersichtlich sind Aufgaben, die heute mit der Beständehaltung und Lagerwirtschaft verbunden sind. Dazu gehören teilweise schon Veredelungsarbeiten an den gelagerten Produkten. Gerade solche Dienstleistungen erhalten die Konkurrenzfähigkeit zu Billiganbie-tern aus Nationen mit geringerem Lohnniveau.

Durch den Einsatz der RFID-Technologie in Verbindung mit intelligenten Prozess-Management-Tools lassen sich Effizienzeffekte erreichen, die nach Branchenschätzungen ca. 5-10% bei Logistikdienstleistern ausmachen (vgl. Kehrwald 2004 und warehouse lo-gistics 2005).

Vorausgesetzt, die RFID-Technologie entwickelt sich so, wie es führende Technologieexper-ten prognostizieren, so wird der Einsatz von RFID zur Realisierung der zukünftigen Anforde-rungen im Bereich Transport und Logistik im Jahr 2010 einen nicht mehr wegzudenkenden Erfolgsfaktor darstellen. Wenn es Deutschland gelingt, den technologischen Vorsprung im Bereich der RFID-Technologie mit der Stärke als Exportnation und der globalen Position der Logistik-Unternehmen zu kombinieren, lassen sich bedeutende Wettbewerbsvorteile errei-chen.

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Abb. 10 Aufteilung der deutschen Logistik-Aufwendungen in Funktionsbereiche (vgl. Klaus 2006)

Um eine quantitative Einschätzung der wirtschaftlichen Auswirkungen im mittelfristigen Szenario zu ermitteln haben wir ein rechnerisches Modell entwickelt, das nach den reinen Transportleistungen und den Zusatzleistungen wie Lagerwirtschaft, Beständehaltung, Auf-tragsabwicklung und Logistikplanung unterscheidet.

Bei den Transportleistungen gehen wir von folgenden Randbedingungen aus:

• Der Wert der Logistik-Aufwendungen der Deutschen Wirtschaft betrug 2004 170 Mrd. Euro (vgl. Klaus 2006) und steigt nach unserer Schätzung in den nächsten Jahren um 2 % pro Jahr.

• Der Anteil der reinen Transportleistungen betrug 2004 79 Mrd. Euro (vgl. Klaus 2006), er steigt bei der von uns angenommenen jährlichen Steigerungsrate von 2 % bis zum Jahr 2010 auf 89 Mrd. Euro.

• Die Logistikdienstleister, die RFID einsetzen, vereinen nach unserer Schätzung heute einen Anteil am Gesamt-Branchenumsatz von 10% auf sich; bis zum Jahr 2010 kann sich dieser Anteil nach eigener Annahme, basierend auf den qualitativen Ergebnissen erster Pilotprojekte, auf 25 % mehr als verdoppeln, da insbesondere bereits heute aktive Konzerne ihr Engagement auf mehr Betriebsteile ausweiten werden.

• Bei den reinen Transportleistungen machte der Umsatz der RFID-Pioniere im Jahr 2004 damit 7,9 Mrd. Euro aus und wird nach unserer Schätzung bis zum Jahr 2010 auf 22,3 Mrd. Euro ansteigen.

• Die betriebswirtschaftlichen Produktivitätseffekte, die direkt aus dem Einsatz von RFID abzuleiten sind, schätzen wir im Durchschnitt auf 7,5%.

Damit ergibt sich in unserer Modellrechnung ein Ansteigen des Produktivitätsgewinns durch die Einführung von RFID bei den reinen Transportleistungen der Logistikwirtschaft von heute 600 Mio. Euro auf 1,7 Mrd. Euro in 2010 (siehe Tab. 11).

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2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010

Umsatz in Mrd. € (Anstieg 2%/a.) 79,0 80,6 82,2 83,8 85,5 87,2 89,0

Anteil der RFID-Pioniere 10% 15% 20% 20% 25% 25% 25%

Umsatz der RFID-Pioniere in Mrd. € 7,9 12,1 16,4 16,8 21,4 21,8 22,2

Produktivitätseffekt nach RFID-Einsatz in % 7,5% 7,5% 7,5% 7,5% 7,5% 7,5% 7,5%

Produktivitätseffekt nach RFID-Einsatz in Mrd. €

0,6 0,9 1,2 1,3 1,6 1,6 1,7

Tab. 11 Modellrechnung: Produktivitätseffekte durch den Einsatz von RFID bei den Trans-portleistungen in der Logistik

Bei der Modellierung der Produktivitätseffekte der Zusatzleistungen haben wir folgende Annahmen getroffen:

• Der Anteil der Zusatzleistungen in der Logistik betrug 2004 95,2 Mrd. Euro (vgl. Klaus 2006), er steigt bei der angenommenen jährlichen Steigerungsrate im Jahr 2010 auf 106,2 Mrd. Euro.

• Die Zusatzleistungen in der Logistik, die von RFID beeinflusst werden, vereinen heute bereits einen Anteil am Gesamt-Branchenumsatz von 20% auf sich; bis zum Jahr 2010 wird sich dieser Anteil auf 40 % verdoppeln, da insbesondere bereits aktive Konzerne ihr Engagement auf mehr Betriebsteile ausweiten werden, aber auch neue Unternehmen RFID in diesem Bereich einsetzen werden (eigene Schätzung).

• Bei den Logistikleistungen außerhalb von Transport machte der Umsatz der RFID-Pioniere nach unseren Schätzungen im Jahr 2004 damit 19 Mrd. Euro aus und wird bis zum Jahr 2010 auf 42,5 Mrd. Euro ansteigen.

• Die betriebswirtschaftlichen Produktivitätseffekte, die direkt aus dem Einsatz von RFID abzuleiten sind, schätzen wir im Durchschnitt auf 10%.

Insgesamt führt das in der Modellrechnung zu einem Ansteigen der RFID-bedingten Produk-tivitätseffekte bei den Zusatzleistungen der deutschen Logistikwirtschaft von heute 1,9 Mrd. Euro auf etwa 4,3 Mrd. Euro im Jahr 2010 (siehe Tab. 12).

2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010

Umsatz in Mrd. € (Anstieg 2%/a.) 95,2 97,1 99,0 101,0 103,0 105,1 107,2

Anteil der RFID-Pioniere 20% 25% 25% 30% 35% 35% 40%

Umsatz der RFID-Pioniere in Mrd. € 19,0 24,3 24,8 30,3 36,1 36,8 42,9

Produktivitätseffekt nach RFID-Einsatz in % 10% 10% 10% 10% 10% 10% 10%

Produktivitätseffekt nach RFID-Einsatz in Mrd. €

1,9 2,4 2,5 3,0 3,6 3,7 4,3

Tab. 12 Modellrechnung: Produktivitätseffekte durch den Einsatz von RFID bei den Zu-satzleistungen in der Logistik

6.5.3 Beschäftigungseffekte

Aktuell befindet sich die Logistik-Branche im Aufwärtstrend. In einer Umfrage geben 46 % der befragten Unternehmen an, dass sie im Jahr 2006 Personal eingestellt haben. 37 % der Befragten äußern auch für die Zukunft Personalbedarf (vgl. SCI 2006). Insgesamt wird geschätzt, dass rund 2 Mio. Personen in der Logistikbranche beschäftigt sind (vgl. Klaus 2006). Für die Logistikzulieferer kommen noch einmal rund eine halbe Mio. Beschäftigte hinzu (vgl. Klaus 2006). Wir erwarten, dass die Effekte durch RFID-basierte Technologien eher als beschäftigungsfördernd einzuschätzen sind. Wenn deutsche Transportdienstleister mit verbesserten, auch international wettbewerbsfähigen Leistungsangeboten Umsatzsteige-rungen erlangen können, wird sich das positiv auf die Zahl der Beschäftigten auswirken.

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6.6 Internationaler Vergleich

In Europa sind die Bemühungen um die Einführung von RFID in der Logistik vielfältig. Wie auch in anderen Anwendungsbereichen, sind neben Deutschland vor allem in Großbritan-nien und Schweden wesentliche Akteursgruppen aus Industrie und Forschung zu finden. In der Schweiz wird ein Pilotprojekt durch die Schweizerische Post zur Erreichung einer effi-zienteren Transportplanung und Sendungssteuerung realisiert, mit dem Ziel der automati-schen Erkennung von Wechselbehältern auf Eisenbahnen und Lastwagen (vgl. RFID Atlas 2006d).

In den USA sind eine Reihe von Pilotprojekten gestartet worden, von der Containerverla-dung bis zur Verfolgung auf Paketgröße. Innovationsmotoren sind große, international agierende Unternehmen, wie NYK Logistics oder United Parcel Service. Die zunehmenden Diskussionen über notwendige Sicherheitsanforderungen beim Gütertransport werden die Umsetzung der Ergebnisse aus den Pilotprojekten in das reale Marktumfeld beschleunigen. Bis zum Jahr 2010 werden wesentliche Impulse für die Logistik erwartet, die dann auch andere Länder und insbesondere Europa tangieren werden.

Auch in Japan werden einige Anstrengungen unternommen, um die Effizienz des Einsatzes von RFID in der Logistik zu verifizieren. Es sind einige Pilotprojekte bekannt, die sich vor allem auf den nachverfolgbaren Transport von Lebensmitteln konzentrieren.

Die südkoreanische Regierung hat ein so genanntes „Smart Container“ Programm finanziert, mit dem im drittgrößten Containerhafen der Welt, in Busan, die Logistik mit RFID getestet werden soll. Insgesamt wird Südkorea im Bereich der Logistik-Lösungen mit RFID ein hohes Maß an Innovationskraft und finanziellen Ressourcen eingesetzt. Korea etablierte 2005 eine Konferenz-Serie mit RFID-Fokus (vgl. Rfidkorea 2005), die mit rund 600-800 Teilnehmern national bereits auf deutliches Interesse gestoßen ist.

Auch in China wurden erste Pilotversuche gestartet und teilweise auch schon einer realen Umsetzung zugeführt. So hat in 2005 eine Fabrik der Firma PPPC (Maoming / China mit Niederlassungen in Shanghai und Solothurn/Schweiz) zur Produktion von Plastik-Paletten mit „eingegossenen“ RFID-Chips eröffnet, die mit einer Produktionszahl von 570.000 Palet-ten pro Monat gestartet wurde. Die Paletten sind geeignet, den Weg der Waren zu verfolgen und den jeweiligen Standort zu lokalisieren. Im asiatischen Raum ist China als Markt mit erheblicher Perspektive für Produktion und Anwendung von RFID-Transpondern in der Logistik anzusehen.

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7 RFID-Anwendungen in der Automobilindustrie Die Automobilindustrie ist ein Vorreiter bei der Nutzung von RFID-Technologie. Eingesetzt wird RFID dort bisher vor allem bei der unternehmensinternen Kontrolle der Produktion und bei der Verwaltung der Anlagen und der Ressourcen (vgl. Fleisch et al. 2004). Der Einsatz spielt sich deshalb oft in geschlossenen Systemen ab, wo einerseits die Tags mehrfach eingesetzt werden oder lange Zeit in Gebrauch sind, andererseits keine große Interoperabili-tät zwischen unterschiedlichen Systemen gefordert ist. Eine produktionsorientierte Nutzung von RFID stellt vielfach andere Anforderungen an RFID als z. B. die Logistik, bei der der Warentransfer und damit die Supply Chain im Zentrum stehen muss oder der Handel, wo vor allem ein preiswertes Auszeichnen von Verpackungen oder Produkten angestrebt wird. In der Produktion spielt der Preis des einzelnen Tags eine geringere Rolle und der Einsatz dient oft der Produktionseffizienz.

Die Supply Chain der Automobilbranche ist ganz wesentlich durch Zulieferstrukturen ge-prägt, so dass komplexe Kommunikationsprozesse zwischen den Unternehmen bestehen. Die Optionen, die RFID für die Effizienzsteigerung in der Supply Chain bietet, werden des-halb zwar erkannt, haben bisher aber noch kaum Widerhall in Form von technischen Reali-sierungen gefunden (vgl. Fleisch et al. 2004).

7.1 Ausgangslage

Der Automobilbau (Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen) nimmt innerhalb der Gesamtproduktion aller Industrieunternehmen in Deutschland den größten statistisch aus-gewiesenen Einzelanteil am Umsatz ein. In 2004 erwirtschafteten rund 1.300 Betriebe mit 802.000 Beschäftigten einen Umsatz von 279 Mrd. €. Im Jahr 2006 erzielte die deutsche Automobilindustrie einen Exportrekord (vgl. VDA 2006). Die Automobilindustrie nimmt damit in Deutschland eine wichtige Position bei der Bewertung der volkswirtschaftlichen Leistungs-fähigkeit ein. Trotzdem findet seit Jahren eine zunehmende Standortverlagerung statt. Die Produktion im Heimatland bietet zwar viele Vorteile, wie Qualitätsstandards oder Personal-qualifizierung. Der Kostenfaktor Arbeit (trotz des stetig geringer werdenden Anteils der Lohnkosten an den Gesamtkosten) und die Nähe zu den Kunden sind jedoch starke Argu-mente, die für die Verlagerung an ausländische Standorte sprechen.

Die Automobilbranche zeichnet sich durch einen hohen Grad der Fertigungsautomatisierung aus. Das spiegelt sich auch in der Kostenstruktur der Branche. Abb. 11 zeigt diese im Ver-gleich zu anderen Branchen der industriellen Produktion. Der Anteil der Personalkosten in der Automobilindustrie ist mit 18% am geringsten. Die Grafik macht deutlich, dass die be-stimmende Größe bei der Produktion zunehmend der Einsatz von Material und Zukaufteilen ist. Der Anteil der Kosten durch den Einsatz eigener Arbeitskräfte wird zunehmend geringer. Um sich im internationalen Wettbewerb zu behaupten, müssen der Materialeinsatz und die damit zusammenhängenden Prozesse optimiert werden. Der RFID-Technologie wird das Potenzial zuerkannt, Kostensenkungen in diesen Bereichen zu ermöglichen.

Überall dort, wo die Kooperationen mit Partnern entlang der Fertigungskette besonders intensiv kultiviert sind, müssen Waren und Daten möglichst effektiv ausgetauscht werden. n der Automobilfertigung haben sich offene Systeme und ihre IT-gestützten Managementstruk-turen als gängige Prozessstrukturen durchgesetzt. Man spricht von offenen Systemen inso-fern, als dass Daten zwischen OEMs und Zulieferern ausgetauscht werden. Dafür waren deutliche Harmonisierungsbestrebungen an den Schnittstellen der beteiligten Partner not-wendig.

Die wichtigsten Anforderungen an RFID-Systeme sind neben der generellen Forderung nach zunehmender Effizienz vor allem hohe Prozesssicherheit, geringe Fehlerhäufigkeit bei hoher

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Qualität des Outputs, optimierte Ausnutzung der Infrastruktur und wirtschaftlicher Einsatz von Mensch und Material (vgl. Lampe & Flörkmeier 2005). Diese Parameter betreffen inner-halb geschlossener Produktionsprozesse zunächst nicht den Übergabepunkt fertiger Pro-dukte an den Kunden. Sobald die Warenströme zu Kunden betroffen sind, beginnt das Zusammenspiel der Hersteller mit den Logistikdienstleistern (vgl. Kapitel 6). Für die Akteure im Bereich der Industrieproduktion stellen die internen Prozesse alleine schon ein immenses Aktionsfeld dar, das sie eigenständig bearbeiten können.

Abb. 11 Ausgewählte Kosten von Unternehmen (>20 Mitarbeiter) im verarbeitenden Ge-werbe 2003 (vgl. Destatis 2006)

Die Automobilindustrie hat sich spezifischen Randbedingungen und Herausforderungen zu stellen, die teilweise auch auf die gesamte Branche übertragbar sind. Sie unterscheiden sich aber durchaus von denen, die in den vorangegangenen Kapiteln zur Logistik und zur Kon-sumgüterindustrie und Handel dargestellt wurden (vgl. Harrop & Das 2006 und VDA 2006).

Kundenindividuelle Massenfertigung. Jedes Automobil ist heute spezifisch für einen Kunden konfiguriert. Dies stellt hohe Anforderungen an die Flexibilität der Produktionspro-zesse. Um diese Vielfalt von Produktvarianten überhaupt anbieten zu können, ist ein auf-wändiges Management notwendig. Ein Automobil besteht aus rund 10.000 Teilen. Funktio-nalitäten werden durch eingebettete Systeme abgebildet und nicht alle Teilsysteme können kombiniert werden. Diese Komplexität wirkt sich z. B. auf die Bestellvorgänge aus, in die jeweils unterschiedliche Zulieferer einbezogen werden müssen. Die Variantenvielfalt erhöht außerdem den Schwierigkeitsgrad bei Fragen der Gewährleistung und bei der Rückverfol-gung der Bestandteile. Zusätzlich wird immer mehr versucht, just-in-time zu produzieren, um Lagerbestände zu reduzieren. Das stellt hohe Anforderungen an die Kommunikation zwi-schen den Unternehmen.

Vernetzung und Dynamik von Standorten (Dezentralisierung). Die deutsche Automobil-industrie fertigt zunehmend außerhalb von Deutschland. Zulieferer wie Hersteller ziehen etablieren sich in Niedriglohnländern (vgl. VDA 2006). Die Automobilindustrie erwirtschaftet

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heute in Mittel- und Osteuropa rund 40% der Wertschöpfung (vgl. VDA 2006). Die Zuliefer-unternehmen weisen teilweise 100 bis 200 Standorte auf. Dabei ist die Dauerhaftigkeit eines Standorts teilweise auf 5-10 Jahre gesunken (vgl. VDA 2006). Gleichzeitig werden mehr Zulieferer in einen Herstellungsprozess einbezogen, da sich die die Fertigungstiefe der OEMs verringert. Dies ist vor allem auf Outsourcing-Aktivitäten zurückzuführen mit den versucht wird, Kernkompetenzen zu stärken.

Starke Konkurrenz. Die Konkurrenz nimmt vor allem aus dem asiatischen Raum zu, wie Indien, Korea oder Japan. Auch die asiatischen Hersteller produzieren nicht mehr nur in der heimischen Nation, sondern suchen ebenfalls die Niedriglohnländer z. B. in Osteuropa als Produktionsorte aus. Die deutsche Automobilindustrie versucht ihre Wettbewerbsfähigkeit durch verbesserte Technologien aufrecht zu erhalten (z. B. Partikelfilter, Sicherheit, Assis-tenzsysteme, Senkung von Kraftstoffverbrauch).

7.2 Motivation für die RFID-Einführung

In der variantenreichen und vertikal tief gegliederten Automobilindustrie werden zentrale, IT-gestützte Steuerungssysteme und die Betriebsdatenerfassung in der Fertigung zu einem wachsenden Engpass. Der Einsatz von RFID-Technologie bietet einen Ansatz, die laufende Betriebsdatenerfassung zu automatisieren. Weiterreichende Anwendungsszenarien sehen vor, die bislang zentral organisierten Produktionsplanungs- und –steuerungssysteme zu dezentralisieren, um die Komplexität und Fehleranfälligkeit der Fertigungsprozesse zu reduzieren. Dies wird vor allem durch das Mitführen von Produktionsdaten am Werkstück erreicht.

Die Einführung von RFID zielt auf die Beschleunigung, Individualisierung, Kostensenkung der Produktionsprozesse sowie auf die Erhöhung der Produktionssicherheit (in Anlehnung an Strassner 2005).

Kontrolle der Produktionsprozesse (Effizienz und Analysen). Eine verbesserte Daten-basis über die eigenen Prozessabläufe und deren intelligente Auswertung lassen Optimie-rungspotenziale bei Herstellungs- und Lagerbestandskosten oder Kunden- und Produktprofi-tabilität erschließen. Entsprechend wird bei deutschen Branchenvertretern der Produk-tionsprozess selbst immer stärker Gegenstand von Analysen und Reorganisation. In ge-schlossenen Systemen können Unternehmen bereits über den RFID-Einsatz vorhandene Informations- und Kontrollinfrastrukturen mit erweiterten Informationen versorgen und eine Echtzeitverarbeitung der Daten ermöglichen. Die wichtigsten Anforderungen an RFID-Systeme sind neben der generellen Forderung nach zunehmender Effizienz vor allem hohe Prozesssicherheit, geringe Fehlerhäufigkeit bei hoher Qualität des Outputs, optimierte Aus-nutzung der Infrastruktur und wirtschaftlicher Einsatz von Mensch und Material (vgl. Lampe & Flörkmeier 2005). Diese Parameter sind innerhalb geschlossener Produktionsprozesse zu beachten, sie berühren zunächst nicht den Übergabepunkt fertiger Produkte an den Kunden. Sobald die Warenströme zu Kunden betroffen sind, beginnt das Zusammenspiel der Herstel-ler mit den Logistikdienstleistern (vgl. Kapitel 6). Für die Akteure im Bereich der Automobilin-dustrie stellen die internen Prozesse alleine schon ein immenses Aktionsfeld dar, das sie eigenständig bearbeiten können.

Management der Variantenvielfalt. Durch die kundenspezifische Massenfertigung ergibt sich eine sehr hohe Variantenvielfalt, die mit verschiedensten Problemen verbunden ist. Dazu gehört die zunehmende Komplexität bei der Bestellung der zu verarbeitenden Teile, die Überprüfung der fertigen Automobile hinsichtlich korrekter Zusammensetzung und auch die Steuerung der Montage. In allen drei Punkten kann RFID durch automatische Überprü-fungen, automatisierte Steuerungen und automatisierte Verwaltungsvorgänge zu Zeiterspar-nissen führen und die Prozesssicherheit erhöhen. Allerdings sind nicht alle Funktionalitäten grundsätzlich mit der selben RFID-Technologie abzudecken.

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Nachfrageorientierte Produktion. Die Suche nach Optimierungspotenzialen ist nicht abge-schlossen, sondern wird stetig weitergeführt. Aspekte wie die notwendige Erhöhung von Transparenz und Reaktionsvermögen auf Veränderungen des Marktes zwingen die Auto-mobilbranche dazu, Qualitätssteigerungen mit Kostensenkungen zu kombinieren. Eine effektive Steuerung von Produktionsabläufen ist abhängig von der Genauigkeit der Daten und ihrer zeitlichen Verfügbarkeit. Hier setzen die Möglichkeiten der RFID-Technologie direkt an.

Verringerung der Ausfallzeiten. Bei entsprechender Softwareunterstützung kann RFID die Wartung von Maschinen und Anlagen unterstützen. Über mikroelektronische Sensoren kombiniert mit RFID-Tags oder die Nutzung von RFID-Tags im Kontext von Wartungspro-zessen kann die Wahrscheinlichkeit von Ausfällen gesenkt werden. Unterstützt wird dabei z. B. die Einhaltung von Wartungszyklen durch RFID-gesteuerte Push-Informationen. Die Auswertung von Maschinendaten wie Standort, Benutzerstatus, Produktionsschritte und Sensordaten können helfen, die Performance zu optimieren und die Nutzungsrate zu stei-gern.

Asset Management. Die Transparenz des Bestandes an Material, unfertigen Produkten aber auch Maschinen und Anlagen sind wesentliche Informationen für die Optimierung von Fertigungsabläufen. In der Automobilindustrie werden in intern diverse Transportmittel eingesetzt, um Einzelteile vom Lager zur Verarbeitung bringen. Die Information über Ort und Auslastung dieser Transportmittel ist sehr wichtig, um sie gezielt einzusetzen. Weiterhin müssen Lagerbestände effizient verwaltet werden. Langsame Zugriffe und Verwechselungen stellen Kostentreiber dar.

Sicherheit, Rückrufe, Services. Durch RFID kann die Produktionssicherheit erhöht werden. Beispielsweise kann an vielen Stellen die Verwechselung von Einzelteilen ausgeschlossen werden. Die Ausstattung der Einzelteile durch Tags kann außerdem die Verwaltung der Teilhistorien deutlich vereinfachen und so auch Rückruf-Aktionen erleichtern. Nachbestel-lungen oder und damit der Austausch von Einzelteilen können mit der RFID-Information leichter durchgeführt werden. Dies ist in Form von Services später auch für Kunden spürbar.

Veringerung von Kapitalbindungszeiten. Durch effizientere Lagerhaltung und verbesserte Verfügbarkeit von Zulieferteilen lassen sich wesentliche wirtschaftliche Effekte erzielen.

Effiziente Gestaltung der Supply Chain. Die Wertschöpfung innerhalb der Automobilin-dustrie ergibt sich aus dem Zusammenwirken von diversen Zulieferbetrieben, Logistik-dienstleistern, OEMs und Handelsorganisationen. Bedingt durch die häufig weltweiten Ab-satzperspektiven, sind Fahrzeughersteller und Zulieferer bereit, zur Steuerung und Optimie-rung der Supply Chains in erheblichem Masse in innovative Technologien zu investieren. In einer älteren Studie wurden beispielsweise die Ineffizienzen im Automobilhandel untersucht. Darin konnten 30% der Transaktionen im Warenverkehr als nicht wertschöpfend identifiziert. Dazu zählen doppelte Dateneingaben, manuelle Dateneingaben, redundante Datensamm-lungen und wiederholte Datenanalysen (vgl. Capgemini 2004).

Einhaltung gesetzlicher Vorgaben. U. a. wurden in den USA gesetzliche Richtlinien erlas-sen, die z. B. die Rückverfolgbarkeit der Einzelteile in Kraftfahrzeugen fordert und alle Her-steller und Zulieferer verpflichtet, sicherheitsrelevante Mängel offiziell zu melden. Die Rück-verfolgbarkeit stellt auch im Handel und der Konsumgüterindustrie einen Anreiz zur Einfüh-rung von RFID in der Produktionskette dar. Das Thema Rückrufaktionen aufgrund techni-scher Mängel hat die Automobilindustrie in den letzten Jahren wiederholt beschäftigt. Das Kraftfahrt-Bundesamt hat allein im Jahr 2004 137 Aktionen starten müssen (vgl. KBA 2004). Für die Hersteller ist die eindeutige Identifikation des gesamten Fahrzeugs und einzelner Fahrzeugkomponenten von immenser wirtschaftlicher Bedeutung. RFID-Tags ermöglichen nicht nur die genaue Identifikation, sondern ermöglichen auch die Speicherung der Herstel-lungshistorie und damit die genaue Eingrenzung der Rückrufteile.

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7.3 Operative Umsetzung und Pilotprojekte

Zunehmender Kosten- und Margendruck und damit verbunden die internationale Wettbe-werbsfähigkeit ist der bestimmende Faktor der gewerblichen Wirtschaft in Deutschland. Die Umsetzung von RFID-Projekten in der Industrie hängt im hohen Maße von der Nachweis-barkeit wirtschaftlicher Effekte ab. Zu Pionieren wurden die Akteure in der hart umkämpften Automobilindustrie. Dies zeigt sich auch an den diversen Anwendungen von RFID-Technologie.

Im BMW-Werk Leipzig wurde eine Lösung implementiert, mit der fahrerlose Transportfahr-zeuge gesteuert werden, die Zulieferteile am Standort transportieren (vgl. Shyfryn & Wilhelm 2006). Dafür werden unterschiedliche Funktechnologien – WLAN, RFID und Bluetooth – parallel eingesetzt. Während die Steuerung dieser Transporte über WLAN implementiert ist, werden Karosserien und Einbauteile mit Transpondern ausgestattet und können so automa-tisch erfasst werden. Die größte Schwierigkeit bei der Umsetzung bestand in einem rei-bungslosen Zusammenspiel der verschiedenen Funktechnologien und der stark umge-bungsabhängigen Ausbreitung der Funksignale. Dafür wurden umfangreiche Analysen der Funksysteme durchgeführt.

Im VW-Werk in Hannover wird die RFID-Technologie zur Steuerung der Produktionsprozes-se eingesetzt und - damit unmittelbar verbunden – die Organisation der Variantenvielfalt der Fahrzeuge unterstützt (vgl. Haaf 2005). Im Presswerk und bei der Karosserieverfolgung in der Wachsflutanlage werden programmierbare Transponder eingesetzt, die mit 125 kHz arbeiten. Im Presswerk gefertigte Großteile werden mit Transpondern ausgestattet auf welche die Produktions- und Logistikdaten geschrieben werden, die speziell für das jeweilige Teil bzw. die Variante zutreffen. Mit diesen Daten ausgestattet, können die Teile gelagert werden und stehen dort schnell und ohne Verwechselungsgefahr wieder zur Verfügung. Mit der verwendeten Antennentechnologie können Transponder und damit Teile identifiziert werden, die nur 55 mm auseinander liegen. Ein zweites System aus Tags, Antennen und Daten, dass mit dem aus der Lagerhaltung kommuniziert, begleitet die Teile durch die Wachsflutanlage, denn dort sind andere Reichweiten notwendig. Nach diesem Produktions-schritt werden beide Daten wieder miteinander abgeglichen, um Fehler zu verhindern.

Die hauseigene interne Steuerung des Materialflusses bei VW Wolfsburg innerhalb und zwischen den Werken ist ein komplexes Problem (vgl. RFID Atlas 2006e). Ein logistisches Problem besteht in der Verwaltung und dem Zugriff auf Transportfahrzeuge, die oft spezi-fisch für eine Art von Teilen konstruiert sind. Diese werden oft auf jede neue Teilvariante angepasst und sind kostenintensiv. Mit einer RFID-Lösung ist eine Verbesserung der Trans-parenz des Verbleibs der Behälter und des Materialflusses erreicht worden. Die Behälter werden verfolgt und ein termingerechter Rückfluss erreicht. Ausgestattet sind die Behälter mit aktiven Transpondern. An strategischen Positionen in verschiedenen Werken wurden Gates installiert. Wird nun ein solches Gate passiert, so wird die Tag-Information, die Identi-fikationsnummer, automatisch an die EDV übermittelt. Diese Daten können visualisiert werden und stehen für Analysen Stand-, Reparatur- und Ausfallzeiten zur Verfügung.

Das Münchener BMW-Werk synchronisiert über RFID zusammen mit einer Software zum Disponieren die LKW-Anlieferungen auf dem Werksgelände. Wegen flächenmäßiger Ein-schränkungen kam es vorher zu Engpässen. Außerdem konnte die Reihenfolge der Abferti-gung nicht korrekt eingehalten werden und über den Zustand der Ladestellen (frei oder belegt) konnte keine präzise Aussage getroffen werden (vgl. BMW 2004). In letzter Konse-quenz konnte teilweise der Bedarf in der Produktion nicht ausreichend gedeckt werden (vgl. BMW 2004). Mit der kombinierten Software/RFID-Lösung wird nun die Ankunft eines LKWs schon avisiert. Auf dem Werkgelände werden dann Transponder und Pager ausgehändigt mit denen die Fahrer auf dem Gelände gelotst werden (vgl. BMW 2004). Über die RFID-Ausgabe wird auch eine automatische Registrierung angestoßen über die der Beginn und der Abschluss des Entladevorgangs erfasst wird. So können auch die Transportpapiere schnell ausgefertigt werden.

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7.4 Erfolgsfaktoren

Bestimmende Faktoren in Diskussionen um die Zukunft der deutschen Automobilproduktion sind zunehmend Veränderungen der Produktionsstrukturen (Fertigungstiefen, verteilte Standorte, globale Zulieferketten), der Produktstrukturen (Typenvielfalt, Individualisierung) und der damit verbundenen Wettbewerbsstrukturen. Zur Absicherung von Marktanteilen und einer internationalen Wettbewerbsfähigkeit sind Unternehmen aller Größenordungen be-müht, ihre Prozessstrukturen zu optimieren. Daraus entstehen die wesentlichen Antriebs-kräfte für eine erfolgreiche Umsetzung von RFID-Lösungen.

Die Automobilindustrie sieht sich selbst als Innovator beim Einsatz von RFID-Technologie (vgl. Fleisch et al. 2004). Deren Nutzung wird aus der Branche selber vorangetrieben und kaum eine Branche hat mehr Erfahrungen im Umgang damit. Schon seit über 10 Jahren wird unternehmensintern ein Asset Management sowie Tracking/Tracing auf Basis von RFID betrieben (vgl. Strassner 2005).Die Automobilindustrie hat schon sehr früh angefangen, RFID-Technologie einzusetzen und hat diese für spezifische Bedarfe weiter entwickelt. Die Innovationen in Bezug auf RFID beziehen sich allerdings auf die unternehmensinterne Prozesse.

Die Herangehensweise bei der Einführung von RFID ist eher konservativ und teilweise mit einer deutlichen Skepsis verbunden. Zum einen wurden die Möglichkeiten moderner Daten-erhebung und –verarbeitung in den letzten Jahren bereits erkannt und haben auch zu erheb-lichen Veränderungen in den Prozessabläufen vieler Unternehmen geführt. Zum anderen wird gerade wegen des schon bestehenden hohen Automatisierungsgrades jede neue Technologie deutlich in Bezug auf ihren Mehrwert geprüft und Neuerungen werden schritt-weise und allmählich umgesetzt. Um RFID-Technologie einsetzen zu können, ist es an vielen Stellen wiederum notwendig, Schnittstellen zwischen bestehenden Systemen und neuen herzustellen, um punktuell sinnvolle Ergänzungen in bestehenden Prozessen vorzu-nehmen oder Teilprozesse miteinander zu koppeln. Es ist allerdings nicht notwendig, gerade in geschlossenen Systemen, die vorhandene Infrastruktur komplett zu ersetzen.

Für die gesamte deutsche Automobilindustrie gilt, dass die internen Forschungsteams verhältnismäßig klein sind und diese nicht strategisch auf Unternehmensebene agieren (vgl. Fleisch et al. 2004). Entsprechend werden keine langfristigen Strategien verfolgt und keine Roadmaps erstellt. Der Blick auf Verbesserungen und Abstimmungen in der Supply Chain blieb so bisher versperrt.

Wegen der starken Vernetzung der Unternehmen in der Automobilindustrie bei gleichzeitig enormem Wettbewerbsdruck steigt die Notwendigkeit, neue Möglichkeiten zur Kostenverrin-gerung zu erschließen. Wie auch in anderen Branchen wird diese Möglichkeit zurzeit vor allem in der Optimierung der Liefernetzwerke gesehen und damit in den verbesserten Kom-munikationsprozessen zwischen den Unternehmen. Liefernetzwerke sollen effizient und flexibel gestaltet sein. Trotz der langjährigen Expertise der Automobilbranche bei der digita-len Kommunikation über EDI (Electronic Data Interchange), ENX (European Network Ex-change) oder auch bei der Etablierung verschiedenster elektronischer Marktplätze, wird von der Schaffung neuer Kooperationsformen vor allem ein Wettbewerbsvorteil erwartet.

Die Erfolgsfaktoren beim Einsatz von RFID in der Automobilindustrie gruppieren sich des-halb vor allem um die Integration von RFID in die Supply Chain. Für die Nutzung von RFID zur Optimierung der unternehmensspezifischen Prozesse können vor allem konkrete Hand-lungsleitfäden oder detaillierte Erfahrungswerte kommuniziert werden.

Fokussierung auf Return On Invest. Der Fokus bei der Einführung von RFID liegt bisher auf der Erhöhung der Prozesseffizienz von Teilprozessen und damit auf geschlossenen Systemen (vgl. Strassner 2005). Die Automobilindustrie verfolgt dabei meistens nicht die Implementierung völlig neuer Produktionsprozesse, sondern es sollen neue technische Möglichkeiten in bestehende Prozesse integriert werden. Die Fertigungsprozesse laufen aber in der Regel über mehrere Jahre hinweg mit nur inkrementellen Änderungen. Der

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Wechsel einzelner Prozessschritte auf die neue RFID-Technologie ist daher nicht selbstver-ständlich, sondern muss sich nach rein wirtschaftlichen Kriterien begründen lassen.

Entwicklung und Einführung von Standards. In vernetzt agierenden Systemen, wie der Automobilindustrie, kann die RFID-Technologie echte Vorteile gegenüber herkömmlichen Informationstechnologien bieten. Die Voraussetzung dafür ist eine Standardisierung der Informationen, die zwischen den Betrieben ausgetauscht werden, eine Vereinheitlichung der Technologie, die im konkreten Warenverkehr zum Beschreiben und Auslesen der Tags eingesetzt wird sowie kompatible Anwendungen, die die RFID-Informationen verarbeiten. Nur wenn der Austausch von Produkten und anhängenden Informationen reibungslos funkti-oniert lassen sich ökonomische Effekte erreichen. Die aktuelle Vorgehensweise der Auto-mobilindustrie, RFID-Systeme für Teilprozesse einzusetzen und die so entstehenden Infor-mationen in die bestehenden Informationssysteme zu integrieren, vermehrt zwar die Nut-zung von RFID, führt aber zu „Hausstandards“ und damit u. U. zu einer Präjudizierung allgemeiner Standards, die einer Etablierung in der Supply Chain entgegen steht.

Erforschen der Informationsstrukturen in der Supply Chain. Die Komplexität der Bezie-hungen in der Automobilindustrie ist weithin bekannt. Ein Austausch oder eine Anpassung zentraler Kommunikationsmedien, auszutauschender Informationen oder Prozesse ist da-durch besonders schwierig. Die Integration von RFID in wesentliche Geschäftsprozesse stellt erhebliche Herausforderungen an das Management, IT und Nutzer und scheitert ohne strategische Vorbereitung. Deshalb müssen im Vorfeld einer tiefgreifenden Änderung der Abläufe der Supply Chain die Funktionalität und vor allem die Wirkmechanismen neuer Systeme untersucht werden. Zu erforschen sind Fragen, nach der Wirkung von RFID auf die Supply Chain, Einführungsstrategien für Unternehmen, Koordinationsprozesse zwischen den Unternehmen und der Nutzen der Technologie für die Beteiligten (vgl. Fleisch et al. 2004).

7.5 Szenario 2010

7.5.1 Betriebswirtschaftliche Effekte

RFID wird in der Automobilindustrie Deutschlands bis zum Jahr 2010 weiterhin vorwiegend in geschlossenen Prozessketten zum Einsatz kommen. Durch Tracking/Tracing zur Materi-alverfolgung, durch Asset Management, durch die Erhöhung der Prozesssicherheit und automatische Steuerungen können mit RFID ökonomische Effekte erzielt werden. Es etablie-ren sich bestimmte RFID-Technologien in verschiedenen Prozessen der Produktion wie sie in den Pilotprojekten schon aufgezeigt wurden. Dabei werden in der Regel zunächst proprie-täre „Hausstandards“ definiert. Die Kosten für die Tags und die Leser fallen weitgehend gleichmäßig bei allen Partnern der Wertschöpfungskette an, die mit RFID arbeiten. Die Kosten für das einzelne Tag sind dabei im Verhältnis zum Handel und der Konsumgüterin-dustrie unerheblich.

Die zunehmende Verteilung und Globalisierung der Automobilproduktion wird auch das Wertschöpfungsszenario für RFID in dieser Branche wesentlich bestimmen. Die Optimierung der Liefernetze ist zurzeit der einzige sichtbare Ansatz, der einen qualitativen Wertschöp-fungseffekt verspricht. Alle anderen Optimierungen zeigen sich heute als punktuelle quanti-tative Verbesserungen. Zu einer Verbesserung der Liefernetze gehören zwingend die Ab-stimmungsprozesse hinzu. Deshalb ist langfristig davon auszugehen, dass kein Weg an der Optimierung dieser Prozesse vorbeiführt. RFID ist zurzeit die einzige Technologie, die aus-reichende Vorteile bietet, um eine solche Optimierung zu ermöglichen. Sie erlaubt die ein-deutige und kontaktlose Identifikation sowie das ubiquitäre Mitführen und Schreiben von Informationen. Eine effiziente Kollaboration setzt jedoch offene Systeme mit standardisier-tem Datenaustausch voraus (vgl. Johansson 2005). Auf lange Sicht werden die Aktivitäten zur Standardisierung der RFID-Technologie daher stark zunehmen. Von deren Erfolg ist der

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Zeithorizont für Etablierung von Systemen zur Unterstützung der Supply Chain maßgeblich abhängig. Allerdings kann damit gerechnet werden, dass bei einer zu großen Verzögerung einzelne Vertreter defacto-Standards anstreben werden.

In einer sehr langfristigen Vision löst die Kundenbestellung eines individuellen Kraftfahr-zeugs im Internet automatische Bestellvorgänge: Die Einzelteile werden dann in optimierten Liefervorgängen zur Verfügung gestellt. Vom Wareneingang bis zum Ausgang finden die meisten Produktionsvorgänge, Überprüfungen und Dokumentationen weitgehend automa-tisch statt. Auch Rückrufaktionen aufgrund fehlerhafter Teile oder Produktionsschritte lassen sich automatisch durchführen.

Die Effekte auf Unternehmensebene sind in Tab. 13 zusammengefasst.

Steigerung der Wertschöpfung durch Prozessinnovation +++

Produktionseffizienz +

Ausnutzungsgrad von Anlagen ++

Qualitätssicherung ++

Verbessertes Lagerwesen +++

Lieferketten-Management +++

Flexibilität bei Reaktion auf Kundenwünsche +++

Kooperative Geschäftsmodelle mit Partnern der Wertschöpfung +++

Tab. 13 Effekte durch den Einsatz von RFID-Technologie auf Unternehmensebene in der Automobilindustrie (+ bis +++: Gewichtung der Effekte)

7.5.2 Umsatz- und Produktivitätseffekte

Nach wie vor ist die Automobilindustrie der wichtigste Industriezweig der deutschen Wirt-schaft. Der gesamte Umsatz der Automobilindustrie betrug im Jahr 2005 nach Angaben des VDA 236 Mrd. Euro (vgl. VDA 2006). Diese Zahl unterteilt sich in die Bereiche

• Herstellung von Kraftwagen (159 Mrd. Euro, Anstieg zu 2004: 3,5%) • Herstellung von Anhängern und Aufbauten ( 9 Mrd. Euro, Anstieg zu 2004: 4,7%) • Herstellung von KFZ-Teilen und –Zubehör (68 Mrd. Euro, Anstieg zu 2004: 4,4%)

Die Branche ist geprägt durch eine überdurchschnittlich hohe Exportquote. Die Verkäufe in Auslandsmärkte erreichen eine Quote von fast 60% für die Gesamtbranche und von über 67% für die Herstellung von Kraftwagen. Internationaler Wettbewerb, aber auch neue globa-le Absatzmärkte (insbesondere in Asien und Osteuropa) sind wesentliche Faktoren für das Geschäft der deutschen Automobilhersteller. Während Absatz und Produktion in Deutsch-land nahezu stagnieren, werden in den „Boom-Regionen“ Osteuropa (72% Produktionszu-nahme bis 2015), Indien (133%) und China (113%) gewaltige Wachstumsraten prognosti-ziert (vgl. VDA 2006). Für die deutschen Anbieter wird es in den nächsten Jahren darum gehen, die erreichten Marktanteile mindestens zu halten, besser aber noch deutlich auszu-bauen. In der Wettbewerbssituation werden sich deutsche Anbieter von PKW und Nutzfahr-zeugen zukünftig zunehmender Anbieter aus asiatischen Produktionsländern stellen müs-sen.

Die Globalisierung betrifft nicht nur die deutschen Hersteller von Automobilen, sondern auch die Zulieferbranche. Einerseits besteht zunehmende internationale Konkurrenz, andererseits müssen die Zulieferer den Herstellern an ihre Produktionsstätten im Ausland folgen. Die Fertigungstiefe der Automobilindustrie ist in den letzten Jahren stetig gesunken. In einer Studie der Marktforscher von Mercer (vgl. Fraunhofer et al 2005) wird für das Jahr 2015 ein Wertschöpfungsanteil der Hersteller an der Gesamtwertschöpfung von nur noch 23% vor-hergesagt. Die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Zulieferer nimmt an Bedeu-tung zu, wenn man sich die Entwicklung der absoluten Zahlen von Herstellern und Zuliefe-rern durch den anhaltenden Konsolidierungsprozess verdeutlicht (vgl. Abb. 12). Nach Schät-zungen (vgl. Fraunhofer et al 2005) wird sich die Zahl der Zulieferer bis 2015 halbieren und

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den Abwärtstrend der absoluten Zahl nochmals beschleunigen (vgl. Fraunhofer et al 2005, vgl. Abb. 12).

Hohe Qualität und eine hohe Produktivität sind die wesentlichen Erfolgsfaktoren für die deutsche Automobilindustrie zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit. Der hohe Druck auf Preise und Margen hat die Branche bereits zu einer sehr hohen Produktivität gezwungen. RFID wirkt daher in der Automobilproduktion überwiegend als Rationalisierungstechnologie, von der Produktivitätssteigerungen erwartet werden.

Abb. 12 Die Anzahl von Unternehmen in der Automobilbranche (vgl. Fraunhofer et al 2005).

Um eine quantitative Einschätzung der wirtschaftlichen Auswirkungen im mittelfristigen Szenario für die Automobilindustrie zu ermitteln haben wir ein rechnerisches Modell entwi-ckelt, das von folgenden Randbedingungen ausgeht:

• Der Umsatz der deutschen Automobilindustrie (Herstellung von Kraftwagen und Motoren sowie Herstellung von Anhängern und Aufbauten) betrug Im Jahr 2005 168,1 Mrd. Euro (VDA 2006). Nach eigener Schätzung gehen wir von einer Umsatzsteigerung von etwa 3% pro Jahr bis 2010 aus.

• Der Umsatz der deutschen Zulieferindustrie (KFZ-Teile und -Zubehör) betrug 2005 rund 68,2 Mrd. Euro (VDA 2006). und wird nach unserer Schätzung in den nächsten Jahren ebenfalls um 3 % pro Jahr ansteigen.

• Die Hersteller, die RFID einsetzen vereinen heute einen Anteil am Gesamt-Branchenumsatz von 25 % auf sich; bis zum Jahr 2010 wird sich dieser Anteil auf 50 % verdoppeln, da insbesondere bereits aktive Konzerne ihr Engagement auf mehr Be-triebsteile ausweiten werden und neue Anwender folgen werden (eigene Schätzung).

• Unter den Zulieferbetrieben ist die Euphorie gebremster, Unternehmen die RFID bereits einsetzen, erreichen heute einen Anteil am Umsatz der Zulieferer von 10%; bis zum Jahr 2010 wird sich dieser Anteil auf 30 % verdoppeln, da insbesondere neue Anwender den RFID-Einsatz vollziehen werden (eigene Schätzung) .

• Die betriebswirtschaftlichen Produktivitätseffekte, die direkt aus dem Einsatz von RFID abzuleiten sind, schätzen wir vorsichtig mit derzeit 1 % und mit einem Anstieg auf 2 % bis 2010.

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Nach dieser Modellrechnung ergibt sich damit ein Wachstum der RFID-bewirkten Produktivi-tätseffekte in der deutschen Automobilindustrie von heute 750 Mio. Euro auf etwa 2,42 Mrd Euro im Jahr 2010 (siehe Tab. 14).

2005 2006 2007 2008 2009 2010

Umsatz Automobilindustrie in Mrd. € (Anstieg 3%/a.)

168,1 173,1 178,3 183,7 189,2 194,9

Umsatz Zulieferer in Mrd. € (Anstieg 3%/a.) 68,2 70,3 72,4 74,5 76,8 79,1

Anteil der RFID-Pioniere Hersteller 20% 25% 40% 45% 50% 50%

Anteil der RFID-Pioniere Zulieferer 10% 10% 15% 20% 25% 30%

Umsatzanteil der RFID-Pioniere Hersteller in Mrd. €

33,6 43,3 71,3 82,7 94,6 97,4

Umsatzanteil der RFID-Pioniere Zulieferer in Mrd. €

6,8 7,0 10,9 14,9 19,2 23,7

Produktivitätseffekt nach RFID-Einsatz 1% 1,5% 1,5% 2% 2% 2%

Produktivitätseffekt nach RFID-Einsatz in Mrd. € 0,4 0,8 1,2 2,0 2,3 2,4

Tab. 14 Modellrechnung: Produktivitätseffekte durch den Einsatz von RFID in der Auto-mobilindustrie

7.5.3 Beschäftigung

Die Beschäftigung in der gesamten Automobilindustrie betrug 2005 nach Statistiken des VDA im Jahresdurchschnitt 329.095 Personen, was einem Rückgang zum Vorjahr um 0,1 % zum Vorjahr entspricht. Damit ist die Branche noch immer führend in der Bedeutung direkter und indirekter Beschäftigungseffekte in Deutschland. Die Zahl der Mitarbeiter im Bereich der Produktion wird durch Verlagerungen der Fertigungskapazitäten in Niedriglohnländer auch zukünftig eher abnehmen. Der RFID-Einsatz wird diesem Trend aber tendenziell eher ent-gegenwirken, da er die Pro-Kopf-Produktivität in deutschen Fertigungsstätten steigert. Der Einsatz von RFID in der Fertigung der Automobilbranche wird daher nach unserer Einschät-zung eher beschäftigungsneutral bleiben.

7.6 Internationale Einordnung

Nach einer Phase der allgemeinen Euphorie hinsichtlich der Effizienzeffekte für die Automo-bilproduktion, die noch vor ca. zwei Jahren verbreitet wurde, sind die Einschätzungen we-sentlicher Branchenvertreter einer weitaus vorsichtigeren Abschätzung gewichen. Die inter-nationalen Initiativen zur Standardisierung und zur Berechung realistischer Geschäftsmodel-le lassen den Schluss zu, dass eine flächendeckende Einführung von RFID-Anwendungen in der Automobilproduktion eher langfristig, das heißt nach 2010, zu erwarten sind.

In Europa übernehmen die großen Automobilbauer die Vorreiterrolle bei der Ausgestaltung von RFID-Prozessen, zunächst insbesondere für geschlossene Systeme. Die Automobilin-dustrie ist aufgrund der beschriebenen Randbedingungen gezwungen, jede Möglichkeit der Effizienzsteigerung in Betracht zu ziehen und ist damit auch im Themenfeld RFID-Erprobung führend.

Auch in den USA werden zunehmend die Erkenntnisse früh initiierter Pilotprojekte in Handel und Logistik auf die Automobilproduktion übertragen. Im Jahr 2006 wurde z. B. ein umfang-reiches Pilotprojekt zur Verfolgung des gesamten Produktionsablaufs von Fahrzeugsitzen durchgeführt. Der Automobilzulieferer Johnson Controls hat zusammen mit Systemintegrato-ren ein System auf Item-Level aufgebaut, mit dem Produktionsprozesse über die gesamte Wertschöpfung durch RFID begleitet werden (vgl. Harrop & Das 2006).

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8 Perspektiven weiterer Anwendungsbereiche Neben den lange eingeführten RFID-Applikationen in der Zugangskontrolle und dem Ticke-ting sowie den neueren Anwendungen in Handel/Konsugüterindustrie, Logistik und Automo-bilproduktion gibt es zahlreiche weitere potenzielle Einsatzfelder der Funkidentifikation. Dazu gehören zunächst weitere Wirtschaftsbranchen, etwa der Flugzeugbau – wo RFID für die sichere Identifikation von Ersatzteilen und Spezialwerkzeugen genutzt werden kann – oder die chemisch-pharmazeutische Industrie – wo RFID für die sichere Erkennung und Verfol-gung von Grundstoffen, Zwischenprodukten und Produkten genutzt werden kann. Vor der Einführung der Funkidentifikation in diesen und weiteren Branchen müssen aber noch we-sentliche Barrieren überwunden werden, so dass die breite Technologiediffusion in weiteren Anwenderbranchen eher langfristig zu erwarten ist.

Anders ist die Situation bei RFID-Anwendungen im öffentlichen Sektor. Dabei wird in der Regel eine qualitative Verbesserungen bestehender Prozesse, etwa im Gesundheitswesen, oder im Bereich der inneren und äußeren Sicherheit angestrebt. Ihre wirtschaftliche Bedeu-tung gewinnen diese Projekte aus der Tatsache, dass die öffentliche Hand hier eine – zum Teil sehr bedeutende – Marktnachfrage auslöst und damit aktiv das Wachstum des RFID-Markts fördert.

Nachfolgend werden zunächst die Erfolgsfaktoren und die Barrieren neuer industrieller RFID-Anwendungen am Beispiel der chemischen und der pharmazeutischen Industrie aufgezeigt. Anschließend werden exemplarisch einige Anwendungen des öffentlichen Inte-resses diskutiert.

Abb. 13 Auszug aus der für diese Studie durchgeführten Online-Befragung: Mittelfristig erwartete Zuwachsraten in einzelnen Anwendungsbereichen

8.1 Chemische Industrie

Unter den Industriebranchen Deutschlands gilt die Chemieindustrie gemeinhin als einer der Innovationsmotoren. Die Wertschöpfungs- und Logistikprozesse der Unternehmen unter-scheiden sich jedoch im Prinzip nicht wesentlich von denen anderer Industrievertreter. Auch die erreichbaren Effekte von Prozessinnovationen sind vergleichbar (vgl. Abb. 14). Der Einsatz neuer Technologien zur Steigerung der betrieblichen Wertschöpfung wird stetig betrieben, zumal sich auch die Chemieindustrie Deutschlands internationalem Wettbewerb stellen muss. Transportkosten und Transportsicherheit sind wesentliche Herausforderungen

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der Logistikprozesse in der Chemieindustrie, die im Wesentlichen durch die Verwendung von Mehrwegbehältern realisiert werden.

Branchenspezifisch gibt es Arbeitsbereiche mit besonderer Gefährdung (z. B. in der petro-chemischen Industrie), die eine schnelle Lokalisierung und Evakuierung von Mensch und wertvollen Anlagen verlangen. Hier würde sich der Einsatz von RFID-Systemen anbieten. Auf der Ebene geschlossener Logistik-Systeme werden allerdings auch in der chemischen Industrie derzeit bereits Barcode-basierte Lösungen eingesetzt, deren Ablösung durch RFID nicht zwingend zu Optimierung der Logistikprozesse führen würde. Da der überwiegende Anteil der Produkte in größeren Verpackungseinheiten transportiert wird und eine Identifika-tion auf Item-Ebene nur in wenigen Branchenteilen notwendig ist, wird ein Ersatz der Barco-de-Infrastruktur durch RFID aus wirtschaftlichen Erwägungen eher langfristig im Rahmen regelmäßiger Ersatzinvestitionen erfolgen.

Abb. 14 Effekte von Prozessinnovation in Chemie, Pharma und Mineralöl (2004) (in Anleh-nung an ZEW 2005)

Das gilt umso mehr, da die chemische Industrie derzeit vor allem mit der Umsetzung der neuen Chemikalien- Richtlinie REACH beschäftigt ist bei bis 2008 die erste Phase der Initialisierung abgeschlossen sein soll (vgl. REACH 2006).

In der die deutsche Chemieindustrie sind noch keine nennenswerten Pilotprojekte initiiert worden. IBM und SAP sind in verschiedenen Inhouse-Projekten als Systemintegratoren damit beauftragt, auch in Unternehmen der Chemieindustrie den RFID-Einsatz zu verifizie-ren. Ergebnisse oder Modellrechnungen wurden noch nicht öffentlich vorgestellt. Im August 2005 hat der VCI ein Positionspapier „Einsatz von Transpondern (RFID) in der chemischen Industrie“ veröffentlicht (vgl. VCI 2005), das eine grundlegende Aufbereitung des Themas für die Mitglieder beinhaltet. Auffallend an diesem Papier ist die relativ allgemein gehaltene Beschreibung der Möglichkeiten des RFID-Einsatzes. Konkrete Anwendungsszenarien sind nicht beschrieben. Die Chemieindustrie wird sich aller Voraussicht eher langfristig zu einer relevanten Anwenderbranchen für RFID-Lösungen in Deutschland entwickeln.

8.2 Pharmaindustrie

Die Pharmaindustrie diskutiert intensiv in den Einsatz von eindeutigen Identifikationssyste-men, die den Fluss der Produkte von der Produktion bis zu den Apotheken begleiten. Dabei geht der Bedarf deutlich über die erzielbaren Effizienzsteigerungen in der Logistik hinaus. Ein Treiber sind die hohen Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit von Pharmaprodukten in verschiedenen Abnehmerländer. Vor dem Hintergrund des rasant wachsenden Handels mit gefälschten Medikamenten erlangt zudem die Sicherheit für den Patienten auf Grundlage einer eindeutigen Identifikation eine zunehmende Bedeutung.

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In der Branche sind der Barcode und seine Hardware-Umgebung seit Jahren etabliert. Die Probleme zunehmender Arzneimittelfälschungen und Neuetikettierungen bereits abgelaufe-ner Medikamente zeigen jedoch, dass die bestehenden Barcode-Lösungen nur bedingt geeignet sind, um die Sicherheitsanforderungen zu lösen. Es werden Identifikationssysteme benötigt, die die Produkte auf Item-Ebene kennzeichnen. Dafür ist RFID im Prinzip geeignet. Allerdings ist die Barcode-Technologie in der Branche eingeführt und etabliert.

International wird vor allem von der US Food and Drug Administration (FDA) das Thema RFID in der Pharmaindustrie vorangetrieben (vgl. FDA 2006). Die Behörde geht von deutli-chen Vorteilen für die Industrie bei der Nutzung von RFID aus: Über speziell von der FDA geprüfte Produkte könnten dann besonders beaufsichtige Vertriebswege zur Verfügung gestellt werden, von denen auch Apotheken und Krankenhäuser profitieren könnten. Ein zentrales Kernstück wäre die elektronische Verfolgung bzw. Verwaltung der Produkte. Davon verspricht man sich nicht zuletzt auch Kostenersparnisse. Durch die Vermeidung von Produktfälschungen werden deutliche Ersparnisse für die Hersteller und Händler gesehen. Die Anforderungen staatlicher Regulierungsbestimmungen in den USA bestimmen im We-sentlichen die Diskussion um die Notwendigkeit weit reichender Rückverfolgbarkeit von Medikamenten. Wesentliche US-amerikanische Pharmaunternehmen haben sich zur An-wendung von RFID für die Produktidentifikation verpflichtet.

Speziell in Deutschland besteht hingegen ein eher verhaltener Wunsch, RFID in die Prozes-se einzuführen (vgl. Stiehler et al 2005). Danach entstehen für die Pharmaindustrie erhebli-che Aufwände bei der Einführung dieser Technologie. Außerdem wird das Problem der Medikamentenfälschungen weniger als nicht so hoch bewertet wie international. Da jedoch die Pharmaindustrie besonders international vernetzt ist, ist nicht davon auszugehen, dass sich die deutsche Industrie diesen Anforderungen langfristig verschließen kann.

Wie auch in anderen Branchen wurden erste Pilotanwendungen in der Pharmaindustrie in geschlossenen Systemkreisen realisiert. Unternehmensinterne Logistikprozesse wurden, teilweise unter Einbindung von Logistikdienstleistern mit RFID-Komponenten angereichert, um damit den traditionell eingesetzten Barcode mit weitergehenden Informationen in seiner Effizienz zu verbessern. In der Wertschöpfungskette der Pharmaindustrie kann die RFID-Technologie jedoch nur in offenen, unternehmensübergreifenden Systemen und nach Mög-lichkeit auf Item-Ebene zu erkennbaren wirtschaftlichen Effekten führen.

Öffentlich bekannt gewordene Pilotprojekte in Europa im Bereich der Pharmaindustrie sind selten. Im Jahr 2004 gab es in Großbritannien eine Versuchsphase zur Authentifizierung von Arzneimitteln durch die Kombination von RFID und Barcode. Ein sehr umfangreiches Projekt mit dem Schwerpunkt Patientensicherheit durch Versorgung mit sicheren Medikamenten wurde im Jahr 2005 erfolgreich abgeschlossen. Beteiligt waren mit mehreren Medikamen-tenherstellern, IT-Systemanbietern, einem Logistk-Dienstleister und ausgewählte Apotheken wesentliche Partner der gesamten Wertschöpfungskette. Untersucht wurden insbesondere die Fehlerraten bei der Übergabe der Medikamente an die Patienten, die Prozessbeeinflus-sung beim Versand der Medikamente und insbesondere die Parallelität von Barcode und RFID. Im Ergebnis der Pilotphase haben sich deutliche Verbesserungen entlang der Pro-zesskette ergeben. Besonders positiv hervorgehoben wurden die Effekte durch die Speiche-rung und den Abruf der medizinischen Daten auf den Packungen. Dies wurde von Apothe-ken und Kunden als besonderer Vorteil gewürdigt (vgl. manufacturing chemist 2005). Die Umsetzung der Ergebnisse in marktverfügbare Anwendungen steht noch aus.

In den USA werden die Bestrebungen in Richtung RFID aktuell weiter forciert, wie das Beispiel der Zusammenarbeit von MedicAlert und Siemens Business Services zeigt. Derzeit werden 3.500 Mitglieder von MedicAlert, einer weltweit agierenden Hilfsorganisation, mit Ausweisen ausgestattet, auf denen die medizinischen Informationen der Patienten auf einem RFID-Chip gespeichert sind. In einem eintretenden Notfall können die Daten von den Ret-tungskräften mobil erfasst und bewertet werden. Bei Einlieferung ins Krankenhaus kann die Krankheitsgeschichte des Patienten aus einer Datenbank abgerufen werden und in die

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Diagnose übernommen werden. Traditionell werden wesentliche Daten der über vier Millio-nen MedicAlert-Mitglieder auf einer gravierten Metallbrosche um den Hals getragen (vgl. Innovations report 2006).

In den USA sind zwei Pharmaunternehmen mit RFID-Pilotprojekten aktiv. Pfizer setzt RFID für die Kennzeichnung von Viagra ein, Purdue Pharma zeichnet das Schmerzmittel OxyCon-tin aus (vgl. Swedberg 2004).

Eine umfangreichere Ablösung vorhandener Barcode-Systeme ist mittelfristig nicht wahr-scheinlich. Zu erwarten ist eher, das Lösungen implementiert werden, die die Vorzüge von RFID mit der ausgereiften Barcode-Technologie vereinen. Branchenspezifische Randbedin-gungen könnten den Einsatz von RFID allerdings stark fördern:

• Produkte, Produktionsprozesse und Vertriebswege sind stark reguliert. Staatliche Regu-lierungsbestimmungen, z. B. zur Patientensicherheit, könnten die Durchdringung in der Branche forcieren.

• Das Risiko der Medikamentenfälschungen wird durch strukturell veränderte Vertriebs-wege wie über das Internet und im Versandhandel stark vergrößert. Damit steigt der An-reiz, RFID zur Abwehr von Fälschungen einzusetzen.

• Seiten der FDA geht ein starker internationaler Druck zur Einführung von RFID aus. Es kann vermutet werden, dass sich europäische Aufsichts- und Regulierungsbehörden in-tensiv mit den Vorgaben der FDA für den US-amerikanischen Markt und seine Zulieferer auseinandersetzen und bei einer erfolgreichen Umsetzung in den USA eigene entspre-chende Vorgaben ableiten werden.

• Das Preisverhältnis zwischen Transponder und Produkt ist deutlich günstiger als z. B. im Lebensmittelhandel (vgl. Stiehler et al 2005). Gleichzeitig hat die herstellende Industrie in dieser Branche die größere Durchsetzungskraft als der Handel. Dies sollte sich positiv auf den Zeitraum einer RFID-Einführung auswirken (vgl. Stiehler et al 2005).

Für Hersteller und Zwischenhändler in der Pharmaindustrie wird die RFID-Einführung Mög-lichkeiten zu Optimierung ihrer nationalen und internationalen Logistikprozesse eröffnen. Dies könnte die hohen Infrastrukturkosten amortisieren. Ein großer Kostenvorteil wird durch die Verringerung von Medikamentfälschungen prognostiziert, die allerdings in der Regel nur bestimmte Medikamentengruppen betreffen.

Für die Akteure am Point of Sale würden dagegen die Ablösung oder die Ergänzung der Barcode-Strukturen allerdings hohe Investitionen ohne deutlichen Zusatznutzen bedeuten. Zurzeit werden in z. B. Großapotheken vielfach hochkomplexe, vollautomatisierte Lagersys-teme eingesetzt und eingeführt, die auf Basis von Barcodes arbeiten.

Durch eine verbesserte Informationsverarbeitung könnte schließlich auch die Patientensi-cherheit und ihre Versorgung deutlich verbessert werden.

8.3 Anwendungen des öffentlichen Interesses

Im Gesundheitswesen und in Bereichen der inneren und äußeren Sicherheit ist die öffentli-che Hand selbst ein bedeutender Anwendungstreiber. Besonders hervorgetan haben sich dabei das Verteidigungsministerium in den USA und die Europäische Union mit der Einfüh-rung des elektronischen Reisepasses. Neben der eigentlichen Zielstellung dieser Projekte lösen diese staatlichen Aktivitäten eine große Nachfrage aus und treiben das Wachstum des RFID-Markts mit an (vgl. Harrop & Das 2006). Diese wirtschafts- und innovationspolitische Rolle der öffentlichen Hand in ihren eigenen Beschaffungsprozess wird zunehmend als eigenständige Aufgabe wahrgenommen, Vorreiter sind dabei insbesondere die USA und Großbritannien (vgl. Edler et al 2005).

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8.3.1 Blutkonserven

Im Gesundheitsbereich sind verschiedene RFID-Szenarien vorstellbar, die neben ökonomi-schen Effekten vor allem dem Wohl und der Sicherheit von Patienten dienen sollen. Eines dieser Anwendungsszenarien ist die Logistik von Blutprodukten. Die Prozesskette, die eine Blutkonserve zu durchwandern hat, ist sehr komplex (vgl. Gaßner et al. 2006). Sie fängt schon beim Spender an und reicht bis zum Patienten. Sie durchläuft verschiedene Verarbei-tungsprozesse und mehrere Lagerhaltungen z. B. bei der Blutbank und im Krankenhaus. Oft wird schon im Verlauf der Blutbearbeitung eine Zuordnung des Blutproduktes zum Patienten vorgenommen.

Die gesetzlich vorgeschriebene Dokumentation stellt hohe Ansprüche an die genannte Prozesskette. So schreibt die EU-Richtlinie 2002/98/EG eine uneingeschränkte Rückverfolg-barkeit aller Bestandteile eines Blutproduktes vor. Die Dokumentationen werden bisher vor allem über Barcodes unterstützt, sind jedoch fehleranfällig, da viele Neuauszeichnungen und Übergaben stattfinden müssen. RFID ist in diesem Bereich bereits eindeutig als Ansatz anerkannt, um Fehler durch die Logistikkette zu verringern. Bisher sind dabei vor allem technische Probleme zu lösen, denn die Blutprodukte werden z. B. in Zentrifugen einer hohen mechanischen Belastung ausgesetzt, der einfache RFID-Tags nicht standhalten können (vgl. Gaßner et al. 2006). Eine weitere Sicherheitslücke sind die Lagertemperaturen. Über Sensortags kann auch in diesem Fall RFID-Technologie die Prozesse überwachen.

In Gaßner et al. (2006) werden verschiedene Praxisprojekte vorgestellt in denen versucht wird, RFID-Chips in die logistische Kette der Blutprodukte einzubinden. Im Detail vorgestellt werden dort Ansätze wie z. B. vom DRK-Blutspendedienst Sachsen GmbH, von der Asklepi-os Klinik Barmbek oder dem Allgemeinen Krankenhaus der Stadt Wien. In den meisten Projekten werden die RFID-Chips eingesetzt, um Daten zur Blutprobe darauf zu hinterlegen. Patientendaten werden grundsätzlich nicht auf dem Chip hinterlegt, da dies ohne aufwändi-ge Verschlüsselung zu Problemen mit dem Datenschutz führen würde. Patientenbezogene Daten werden immer in Backend-Systemen (Datenbank) verwaltet, die die RF-Identifikation intern aufschlüsseln.

Haupttreiber dieser Anwendungen sind ökonomische Gründe und Gesetzeslagen. Ethische Gründe werden zwar auch diskutiert und gerade in medizinischen Kreisen im Vordergrund gesehen. Aber die Motivation zur Umsetzung liegt erkennbar in den Zeit- und Kostenerspar-nissen. Dass zudem die Fehlerquoten verringert werden, erhöht den Nutzen.

8.3.2 Militärlogistik

Nicht selten werden die Anforderungen des internationalen Militärs zum Innovationstreiber, mit Auswirkungen und wirtschaftlichen Effekten im Zivilbereich. Da viele Ansätze einer verbesserten Logistik auf den Bedürfnissen von Militärstrategen nach lückenloser Versor-gung der Armee basieren, ist es wenig verwunderlich, dass auch die RFID-Technologie eine hohe Beachtung und finanzielle Unterstützung zur Umsetzung von Militär-logistischen Lö-sungen erfährt. Insbesondere die Verbindung von Bestandspflege und exakter Ortung haben Entwicklungen zur Kombination von RFID und GPS forciert. Im übergreifenden Kontext (z. B. im Rahmen der NATO) sind Lösungen gefragt, die eine Kommunikation über globale Daten-netze ermöglicht. Vorreiter für diese Anforderungen ist die US-Armee, die über eine „Army Logistics Transformation Agency“ Industrieaufträge zur Entwicklung neuer Lösungen vergibt. Die von den USA initiierten Entwicklungen finden, insbesondere über die NATO-Allianz, sehr kurzfristig ihren Weg nach Europa. So hat z. B. das spanische Militär im August 2006 eine Software-Plattform in Betrieb genommen, die die logistische Versorgung und Verwaltung von Streitkräften unterstützt (vgl. PR Newswire Europe 2006). Diese Lösung wird in enger Ko-operation mit dem Unternehmen Savi Technology realisiert, das auch im zivilen Bereich logistischer Lösungen aktiv ist.

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8.3.3 Internationale Flugsicherheit

Die Angst vor internationalem Terror hat die öffentlichen Anstrengungen um eine verbesser-te Sicherheit der Bürger verstärkt. Insbesondere der Reiseverkehr und sein immenses Ausmaß an notwendiger Gepäcklogistik stellen die Sicherheitsbehörden vor komplexe Herausforderungen. Für die Koordination der Gepäckabwicklung an europäischen Flughäfen werden zunehmend RFID-Szenarien diskutiert. Eine aktuelle Studie geht von einem RFID-Marktvolumen bei der Gepäckinfrastruktur von derzeit knapp 12 Mio. US-$ auf 28 Mio. US-$ im Jahr 2011 aus (vgl. ABI research 2006a). Auf Flughäfen und von Fluggesellschaften werden derzeit fast ausschließlich Barcode-Aufkleber zur Gepäckverfolgung eingesetzt. (Silicon 2006) Diese erreichen ihre Einsatzgrenzen bei der Abwicklung interkontinentaler Transaktionen. Hier wären globale Standards notwendig und damit Potenzial für RFID-Anwendungen gegeben. Die deutsche Industrie könnte dabei eine wirkungsvolle Rolle spielen. Wesentliche Drehkreuze im globalen Flugverkehr und bedeutende Fluggesellschaf-ten könnten sich zu erfolgreichen Akteuren herausbilden.

Am ungarischen Flughafen in Debrecen hat die Regierung im Jahr 2006 mit dem Test eines neuen Überwachungssystems begonnen. Fluggäste sollen mit Kameras und RFID-Chips, die sich entweder in Armbändern oder im Boarding-Pass befinden, überwacht werden. Die RFID-Chips können von Datenlesegeräten aus 10 bis 20 Metern Entfernung gelesen wer-den. In Verbindung mit Panorama-Überwachungskameras ließe sich somit die Position der Passagiere auf einen Meter genau bestimmen.

Das Überwachungssystem wurde am Centre for Security and Crime Science des University College in London entwickelt und wird von der Europäischen Union im Rahmen des OpTag-Programms gefördert. Es soll in zwei Jahren zur Marktreife gelangen. Auf den Chips sollen vorerst nur die Namen und Flugnummern der Passagiere gespeichert sein. Später sollen auch biometrische Daten hinzukommen. Der Test soll insbesondere klären, wie verhindert werden kann, dass die Passagiere die RFID-Chips entfernen, zerstören oder untereinander austauschen (vgl. Heise 2006a).

8.3.4 Elektronischer Reisepass

Die EU-Mitgliedstaaten haben sich 2004 auf die Umsetzung der ersten Einführungsstufe des elektronischen Reisepass (ePass) bis August 2006 geeinigt. Ein in den neuen EU-Reisepass integrierte Chip enthält neben den bisher auch üblichen Passdaten als biometrisches Merk-mal auch ein digitales Passfoto.

Die biometrischen Daten, die auf dem Chip im ePass gespeichert werden, fordern höchste Sicherheitsvorkehrungen, um das unbefugte Auslesen der Daten zu verhindern. Mit einem ersten Schritt wurden gespeicherte Passbilder durch die Basic Access Control (BAC) ge-schützt. Die zweite Einführungsstufe, die die Pässe auch mit einem elektronischen Finger-abdruck ausstattet, soll in Deutschland ab 2007 realisiert werden. Im Juni 2006 hat die Europäische Kommission dazu einen weit reichenden Zugriffsschutz (Extended Access Control) verabschiedet. Wichtig ist dabei u. a., dass sich nun auch die Lesegeräte für das Auslesen der Informationen authentifizieren müssen. Allgemein wird eine sehr hohe Ver-schlüsselungsstärke und damit ein hohes Sicherheitsniveau erzielt (vgl. BMI 2006).

Der ePass steht im allgemeinen öffentlichen Interesse und ist insbesondere bei Datenschüt-zern nicht unumstritten. Kritisiert wird u. a., dass über den ePass eine europaweite Perso-nenkennzeichnung eingeführt wird, deren Verwendung nicht mehr durch die jeweils ausstel-lende Nation kontrolliert werden kann (vgl. Sietmann 2005).

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8.3.5 Euro-Banknoten

Die Diskussion um Euro-Banknoten mit integriertem RFID-Chip, der vor allem die Fäl-schungssicherheit deutlich erhöhen soll, wurde 2003 von der Europäischen Zentralbank begonnen, jedoch noch nicht zu einem veröffentlichten Ansatz vollendet (Lange 2005). In der Fachdiskussion wurden vor allem die Gefährdung des Datenschutzes durch eine Verfol-gung einzelner Banknoten und ihrer Besitzer sowie die IT-Sicherheit des Systems themati-siert (vgl. Avoine 2004).

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9 Die deutsche RFID-Wirtschaft Eine Vielzahl deutscher Unternehmen bietet Produkte und Dienstleistungen im Bereich RFID an, eine ganze Reihe dieser Unternehmen sind dabei auch im internationalen Wettbewerb führende Anbieter. Es gibt allerdings keine klar abgrenzbare „RFID-Industrie“, vielmehr stammen die Unternehmen mit RFID-Produkten aus den Branchen Elektronikindustrie, Software-Industrie und Maschinenbau. Daher wird nachfolgend der Begriff der „RFID-Wirtschaft“ verwendet 5 . Damit sollen die Aktivitäten der Elektronikhersteller und IT-Unternehmen bezeichnet werden, die sich um die Herstellung von RFID-Hardware und -Software sowie um die Dienstleistungen der Installation und der Systemintegration von RFID-Systemen herum gruppieren. Die Weiterentwicklung des Themas RFID geschieht in der RFID-Wirtschaft vor allem durch die Vertreter im deutschen Zweig des internationalen Industrieverbands für Identifikationssysteme und mobile Datenkommunikation AIM (Associa-tion for Automatic Identification and Mobility) und in den RFID-Arbeitskreisen der IT-Verbände BITKOM und VDEB.

9.1 Deutsche Unternehmen in der RFID-Wertschöpfungskette

Die deutschen Unternehmen der RFID-Wirtschaft sind in fast allen Bereichen der Herstel-lungskette von RFID-Systemen aktiv. Diese Wertschöpfungskette ist von der Produktion des Transponder-Chips über die Herstellung eines Smart Label bis hin zur Integration der Lese-geräte in die betrieblichen IT-Systeme stark ausdifferenziert und weist in den einzelnen Segmenten sehr unterschiedliche Marktstrukturen auf.

Die RFID-Wertschöpfungskette umfasst im Wesentlichen die Bereiche Hardware, Software und Systemintegration, wie sie in Abb. 15 dargestellt ist.

• Die Hardware-Linien beginnen bei der Herstellung der Chips und münden in die Herstel-lung von Transpondern, von Lesegeräten und von Druckern.

• Bei der RFID-relevanten Software handelt es sich um eine so genannte Middleware, die die Kommunikation zwischen Lesegerät und dem ERP-System als geschäftsprozessori-entierter Datenverarbeitung des Unternehmens gewährleistet sowie um anwendungs-spezifische Lösungen, die bereits Prozess-KnowHow integrieren.

• Die einzelnen Hard- und Software-Komponenten müssen untereinander und mit der IT-Infrastruktur zu einem funktionstüchtigen, anforderungsgerechten Gesamtsystem ver-bunden werden. Dies ist Aufgabe der Systemintegration.

Als Zulieferindustrie bedienen die Hersteller von kontaktbehafteten und kontaktlosen Smart-Cards, die etwa als Geldkarte, im öffentlichen Nahverkehr oder bei der elektronischen Ge-sundheitskarte Einsatz finden, die RFID-Wirtschaft. Aufgrund der unterschiedlichen System-anforderungen und Kundengruppen sind RFID-Systeme und SmartCard-Systeme weitge-hend unterschiedliche Marktsegmente, obwohl gemeinsame Basistechnologien und Stan-dards verwendet werden.

Chip-Hersteller. In Deutschland sind mit NXP in Hamburg, Infineon in München und Texas Instruments in Freising drei große Hersteller von Halbleiter-Chips ansässig, die auch die RFID-Wirtschaft bedienen. Infineon hat allerdings einen Teil seiner RFID-Forschungs-aktivitäten nach Österreich (Graz) ausgelagert. Andere deutsche Hersteller (z. B. Sokymat, bis 2006 Atmel) fertigen nicht nur Chips, sondern integrieren weitere Fertigungsstufen – 5 Diese Begriffsbildung folgt dem vergleichbaren Ansatz, unter „Logistik-Wirtschaft“ (Klaus 2006) sowohl eigenstän-dige Logistikdienstleister als auch unternehmensinterne Logistikfunktionen zusammenzufassen.

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etwa zum kompletten Münz- oder Glasröhrchen-Transponder. Weitere, international namhaf-te Chip-Hersteller (Hitachi, Legic, Omron, ST Microelectronics, Toshiba) mit Relevanz für die RFID-Wirtschaft unterhalten eine Vertretung in Deutschland, ohne hier zu produzieren oder zu entwickeln.

Inlays und Etiketten. Eine größere Anzahl von Unternehmen in Deutschland befasst sich mit der Herstellung von Inlays und Etiketten. Ein kleinerer Teil hiervon sind Tochterunter-nehmen größerer, auch internationaler Konzerne (z. B. Checkpoint Systems, ExypnoTech, Fleischhauer Datenträger, X-ident), der überwiegende Teil dieser Unternehmen gehört dem Mittelstand an (z. B. Franz Schäfer Etiketten, KSW Microtec, smartTEC oder TagStarSys-tems).

Transponder. Transponder werden in sehr ausdifferenzierten Bauformen angeboten. In Deutschland hat sich eine Reihe von Unternehmen auf die verschiedenen Arten von Transpondern spezialisiert. Dabei werden die anspruchsvollen Bauformen wie SmartLabels oder SmartCards – oder auch extrem kleine Bauformen auf Spritzguss- oder Glasröhrchen-basis – i.d.R. im Inland produziert. Einfache, standardisierte Münz- oder Knopftransponder werden zumeist in ausländischen Fertigungsstätten hergestellt. Bekannte Transponder-Hersteller sind neben dem Siemens-Bereich Automation and Drives viele mittelständische Unternehmen wie AEG Informationssysteme, Schreiner Logidata und HERMA oder junge Technologieunternehmen wie Microsensys.

Lesegeräte. Zahlreiche Unternehmen – viele davon aus dem Bereich Industrieautomatisie-rung kommend – stellen Lesegeräte für RFID her. Hierzu gehören Siemens Automation and Drive) wiederum viele mittelständische Unternehmen wie AEG Informationssysteme, Bau-mer, deister electronics, Feig, HERMOS Informatik oder Pepperl&Fuchs. Einige Lesegeräte-Hersteller bieten nicht nur fertige Geräte an, sondern auch die zu Grunde liegende Module (Boards) an.

Drucker. RFID-Drucker codieren typischerweise Smart Label, indem sie den jeweiligen Code zunächst auf den Transponder schreiben und dann als Barcode auf das Etikett dru-cken. In Deutschland sind nur wenige Hersteller solcher Drucker ansässig. Printronix und Zebra sind Tochterunternehmen ausländischer Unternehmen. F+D Feinwerk- und Druck-technik ist dagegen ein deutsches, mittelständisches Unternehmen.

Abb. 15 Die RFID-Wertschöpfungskette (angelehnt an LogicaCMG 2005, Gillert & Hansen 2007 und VDI/VDE-IT 2005)

Fertigungsmaschinen. Ein wichtiger Gruppe von Zulieferern der RFID-Wirtschaft sind die Hersteller von Fertigungsanlagen für Smart Label, kontaktlose Chipkarten etc. In Deutsch-land sind wenige, aber auch für den Weltmarkt wesentliche Hersteller ansässig. darunter mittelständische Unternehmen wie bielomatik, Melzer und die börsennotierte Mühlbauer AG.

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Middleware. Die als Middleware (manchmal auch als „Edgeware“) bezeichneten Software-systeme stellen das Bindeglied zwischen den RFID Hardwarekomponenten (insbesondere den Schreib-/Lesegeräten oder auch Druckern) und der den Produktionsprozess steuernden Unternehmenssoftware dar. Ihre zentralen Funktionen sind Datenfilterung und Event-Handling. Mehrere große Software-Unternehmen bieten solche Middleware-Systeme an, darunter die deutsche SAP. Die großen Wettbewerber aus den USA Sun Microsystems, IBM, Oracle und Microsoft sind alle auch in Deutschland vertreten. Weitere Anbieter sind einige mittelständische Unternehmen wie Seeburger und Dabac, und die ausgegliederte Infineon-Konzerntochter RF-iT Solutions mit Sitz in Österreich.

Systemintegration. Die Systemintegration umfasst die Installation der Hardware vor Ort und die Anbindung an die IT-Hintergrundsysteme. Für die Ankopplung der RFID-Systeme an die ERP-Unternehmenssoftware ist außerdem ein erheblicher Aufwand an Software-Engineering und auch weitergehender IT-Beratung oder prozessorientierter Unternehmens-beratung erforderlich. Die Ankopplung der RFID-Systeme an die ERP-Unternehmenssoftware ist zumeist mit individuellen Gestaltungswünschen der Anwender verbunden und daher Gegenstand individuellen Software-Entwicklung. Die derzeitigen Systemintegratoren kommen aus den drei Bereichen Prozessautomatisierung, Logistik-Systeme und IT-Beratung/IT-Systemhäuser (vgl. VDI/VDE-IT 2005).

9.2 Szenario 2010

Die Diskussionen um die Zukunftsperspektiven der RFID-Industrie sind geprägt von Progno-sen, die den Anbietern von RFID-Systemen und Systemkomponenten ein erhebliches globa-les Marktwachstum in den nächsten zehn Jahren vorhersagen. Die Technologie wird in erster Linie nicht als Ersatz für die existierende Barcode-Technologie gesehen, sondern ihr werden weit mehr Potenziale eingeräumt, die echte qualitative Veränderungen für Prozesse und Geschäftsmodelle bewirken (vgl. Abb. 16).

Abb. 16 Auszug aus der für diese Studie durchgeführten Online-Befragung: RFID wird das Potenzial für qualitative Veränderungen bestehender Prozesse und Geschäfts-modelle zugetraut

Der industrielle Einsatz der Technologie ist der Phase erster Pilotprojekte entwachsen und kommt in wesentlichen Anwendungsbereichen zunehmend in den operativen Einsatz. Die in dieser Studie gewählten Anwendungsszenarien sind deutliche Treiber dieses Verbreitungs-prozesses.

Nach einer aktuellen Marktstudie des auf Identifikationssystem spezialisierten Marktfor-schungsunternehmens IdTechEx wird sich der Gesamtmarkt für RFID in den nächsten zehn Jahren von 2,77 Mrd. USD in 2006 auf 26,23 Mrd. USD in 2016 nahezu verzehnfachen. Die wesentliche Bedeutung nehmen die eigentlichen Tags ein, deren Anteil am quantitativen

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Volumen in 2006 46 % betrug und in 2016 immerhin noch mit 41 % prognostiziert wird. Der Bereich der Lese- und Schreib-Lese-Systeme sowie der Drucker wird im Jahr 2006 bei ca. 20% gesehen und entwickelt sich in seiner Bedeutung bis 2016 auf ca. 25-30 % des Ge-samtmarktes. Die Differenz der Gesamtwerte entfällt auf Software und Integrationsdienstleis-tungen (Harrop und Das 2006).

Bei der regionalen Aufteilung des Gesamtmarktes wird eine deutliche Verschiebung in Richtung Ostasien erwartet. Betrug der Umsatzanteil in 2006 noch 7 % für Ostasien, 32 % für Europa und 57 % für Nordamerika, so sollen sich diese Werte mit 19% für Europa, 25 % für Nordamerika und 49 % für Ostasien bis 2016 deutlich verändern. Für den europäischen Markt wird eine Entwicklungslinie von derzeit 700 Mio. USD Umsatzvolumen für Tags, Systeme and Services über 3,5 Mrd. USD in 2011 bis hin zu 5,1 Mrd. USD in 2016 vorher-gesagt.

Quantitative Daten für die RFID-Wirtschaft liegen in Deutschland nicht vor, weder bei den einschlägigen Wirtschaftsverbänden noch beim statistischen Bundesamt. Sehr viele wesent-liche Hardware-nahe Akteure der RFID-Wirtschaft sind jedoch im Branchenverband AIM Deutschland zusammengeschlossen. Aus deren Angaben lassen sich Umsätze und Arbeits-plätze der deutschen RFID-Wirtschaft in einer ersten Nährung quantifizieren. Zu diesem Zweck wurden zunächst die Umsätze der Mitglieder von AIM-Deutschland, die RFID-Komponenten – d.h. Chips, Transponder, Lesegeräte und Drucker – anbieten, recherchiert bzw. geschätzt. Anschließend wurden für die drei Klassen KMU, größere Mittelständler und Großunternehmen eigene Einschätzungen der RFID-Umsatzanteile angesetzt (angelehnt an FTK 2006). Diese eigenen Berechnungen beziffern den Umsatz der deutschen Anbieter von RFID-Komponenten für 2005 auf etwa 360 Mio. Euro, der jeweils etwa zur Hälfte von KMU einerseits und von größeren Mittelständlern und Vertretern der Großindustrie andererseits erbracht wird. Der tatsächliche Umsatz dürfte sogar noch über dieser Zahl liegen, da im AIM Deutschland nicht alle, sondern etwa 75-80 % der Unternehmen deutschen Anbieter von RFID-Komponenten organisiert sind.

Bei der Abschätzung der Umsätze der deutschen RFID-Wirtschaft müssen zwei weitere wesentliche Segmente der Wertschöpfungskette berücksichtigt werden: Die Herstellung von Smart-Label-Fertigungsmaschinen sowie RFID-spezifische Beratungsdienstleistungen und -Software. Die Umsätze der deutschen Hersteller von SmartLabel-Fertigungsmaschinen wurden anhand der veröffentlichten Zahlen des Marktführers Mühlbauer (vgl. Mühlbauer 2006) abgeschätzt. Diese dem Maschinen- und Anlagenbau zuzurechnenden Unternehmen weisen ein Umsatzvolumen für Smart-Label-Fertigungsmaschinen von geschätzten 288 Mio. Euro auf. Die Umsätze RFID-spezifische Beratungsdienstleistungen und -Software deut-scher Unternehmen wurden analog zum Anteil der Umsätze für Software und Integrations-dienstleistungen am RFID-Gesamtmarkt auf 266 Mio. Euro geschätzt (vgl. Harrop und Das 2006). Ingesamt addieren sich diese Zahlen zu einem geschätzten Umsatzvolumen der deutschen RFID-Wirtschaft von 920 Mio. Euro im Jahr 2006

Unter der Annahme, dass die deutsche RFID-Wirtschaft als Anbieter mindestens proportio-nal mit dem Weltmarkt mitwächst, ergibt sich nach unserer Einschätzung im Jahr 2010 für die deutsche RFID-Industrie ein Gesamtumsatz von 1,4 Mrd. Euro (siehe Abb. 17).

Für eine Prognose der Beschäftigtenzahlen ist das vorliegende Datenmaterial nicht ausrei-chend. Anhand der branchenüblichen Pro-Kopf-Produktivitäten für die Elektro- und die Elektronikindustrie, den Maschinen- und Anlagebau und die Software-Industrie (vgl. ZVEI 2006 und Statistisches Bundesamt 2006a) gehen wir jedoch bei dem geschätzten Umsatz-wachstum von 480 Mio. Euro in der deutschen RFID-Wirtschaft von einem Aufbau mehrerer Tausend neuer Arbeitsplätze aus.

75

Abb. 17 Umsatz der deutschen RFID-Wirtschaft (in Mio. Euro)

9.3 Internationale Wettbewerbssituation

Die deutsche RFID-Industrie hält im internationalen Marktumfeld eine wettbewerbsfähige Position inne. Deutlich wird dies dadurch, dass deutsche Anbieter in großem Umfang und zum Teil auch federführend in Projekte im europäischen und außereuropäischen Ausland eingebunden sind. Dies trifft auf Großunternehmen wie auch auf zahlreiche Mittelständler zu. So ist Infineon beispielsweise der Chip-Lieferant für die Transponder in US-amerikanischen Reisepässen und Mühlbauer nimmt die Position des Weltmarktführers für Inlay-Fertigungsmaschinen ein. Das Gemeinschaftsunternehmen PolyIC des Elektronikkonzerns Siemens und des Foliendruckunternehmens Kurz ist eines der weltweit führenden Unter-nehmens für Polymerelektronik und arbeitet derzeit an RFID-Transpondern auf Polymerba-sis. Die insgesamt gute Position der deutschen RFID-Industrie im internationalen Wettbe-werb wird begünstigt durch einen tragfähigen und expandierenden RFID-Heimatmarkt.

Die wesentlichen Wettbewerber der deutschen RFID-Wirtschaft kommen vor allem aus den USA, Europa und Japan. Dazu gehören im Chipbereich die Halbleiterhersteller Alien (USA), Atmel (USA), Hitachi (Japan), Toshiba (Japan), Omron (Japan) oder ST Microelectronics (Frankreich). Bei den nachfolgenden Bereichen der Wertschöpfungskette – Inlays, Transponder und Lesegeräte – ist das Feld der ausländischen Wettbewerber ähnlich hete-rogen und von kleinen und mittleren Unternehmen wie in Deutschland geprägt. Bei der Systemintegration und der RFID-Middleware setzt sich die dominante Rolle von US-Unternehmen in der Softwareindustrie fort. Die großen US-amerikanischen IT-Unternehmen IBM, Microsoft, Oracle und Sun sind durchweg mit RFID-Projekten in Deutschland vertreten, die aber zum Teil auch von den deutschen Niederlassungen dieser Unternehmen durchge-führt werden.

Auch die Experten, die sich an der Online-Befragung für diese Studie beteiligt haben, schät-zen die Position der deutschen Anbieter von RFID-Technologie als gut ein. Allerdings sehen lediglich 18 % der Befragten deutsche Unternehmen im internationalen Wettbewerb als führend an, während 44 % annehmen, dass Wettbewerber aus anderen Ländern bereits gleichauf liegen (vgl. Abb. 18).

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Abb. 18 Auszug aus der für diese Studie durchgeführten Online-Befragung: Deutsche Un-ternehmen sind Spitzenreiter bei der Entwicklung von RFID aber diese Position ist nicht stabil

9.4 Perspektiven der deutschen RFID-Wirtschaft

Im stark wachsenden RFID-Markt ist derzeit noch Vieles im Fluss. Dies gilt auch für die industriellen Strukturen der RFID-Wirtschaft. Momentan sind sie noch von den Vorteilen einzelner, technisch innovativer First Mover geprägt. In den kommenden Jahren werden aber zunehmend andere Faktoren eine wichtigere Rolle spielen.

Erfahrungsgemäß wünschen die Anwender Lösungen aus einer Hand, möglichst von einem verlässlichen und mit guter Reputation versehenen Anbieter. Aller Voraussicht nach werden die Systemintegratoren die Rolle des Systemanbieters einnehmen. Die anderen Stufen der Wertschöpfungskette werden sich diesem als Zulieferer unterordnen müssen. Diese Rollen-verteilung lässt für die Systemanbieter größere Verhandlungsmacht und profitablere Ge-winnspannen erwarten. Die derzeit am Markt aktiven Systemintegratoren kommen aus den unterschiedlichen Bereichen der Prozessautomatisierung, der Fachberatung in der Anwen-derbranche oder der IT-Beratung. Zudem haben auch manche Hersteller von Hardware-Schlüsselkomponenten, etwa Lesegeräthersteller, ebenfalls die Rolle von Systemintegrato-ren übernommen. Welche der genannten Unternehmens-Typen die besseren Chancen hat, künftig das Feld der Systemintegration zu dominieren, ist heute noch völlig offen.

Mit dem Reifen des Marktes und dem Fortschreiten standardisierter Lösungen wird der Preisdruck in den nachgelagerten Stufen der Wertschöpfungskette steigen. Vertikale Integ-ration verspricht einen Vorteil bei den Herstellungskosten und dürfte deshalb innerhalb der Wertschöpfungskette voranschreiten. Dazu kommt, dass zahlreiche deutsche RFID-Systemanbieter bereits heute einfache System-Komponenten (z. B. Münz-Transponder) im Ausland fertigen lassen, sei es in Osteuropa oder in Asien. Mit wachsendem Preisdruck wird sich dieser Trend verstärken. Die Fertigung im Inland wird sich auf die anspruchsvolleren Bauteile beschränken. Angesichts dieser Trends bleibt daher abzuwarten, ob die heute noch stark mittelständisch geprägte Struktur der Hersteller von Inlays, Transpondern und Lesege-räten in ihrer jetzigen Form erhalten bleibt.

Insbesondere das Feld der Middleware ist gegenwärtig durch eine hohe Dynamik und Kon-kurrenzsituation gekennzeichnet. Zum einen gibt es das Bestreben von Großanbietern, ihre eigenen Lösungen zu entwickeln und am Markt als De-facto-Standard durchzusetzen. Zum anderen entsteht von den technischen Systemgrenzen her der Sog, Funktionalitäten auf die angrenzenden Hardware-Komponenten bzw. die betriebliche Standardsoftware. zwischen

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denen die Middleware steht, zu verlagern. Beide Effekte – das Vordringen der Standards und die Ausdünnung der Funktionalitäten – verringern das Geschäftspotenzial der kleineren Anbieter, die individuelle Middleware-Lösungen erstellen oder anforderungsspezifisch an-passen. Dieser Trend wird in den nächsten Jahren stark spürbar werden und voraussichtlich dazu führen, dass viele dieser Software-Häuser aus dem RFID-Markt ausscheiden.

79

10 Gesamtwirtschaftliche Effekte bis 2010 Auf Basis der vorhergehenden Betrachtungen zu den Anwendungsfeldern Han-del/Konsumgüterindustrie, Logistik und Automobilproduktion lässt sich in einer ersten groben Nährung abschätzen, welche Auswirkungen der Einsatz der RFID auf die deutsche Volks-wirtschaft bis zum Jahr 2010 haben wird. Grundannahme ist dabei, dass die RFID-Einführung in die deutsche Wirtschaft in einem zweistufigen Prozess erfolgt und der RFID-Einsatz bis 2010 im Wesentlichen als inkrementelle Innovation in geschlossenen Systemen erfolgt.

10.1 Die zweistufige Durchdringung von Wirtschaftsprozessen durch RFID

In den beschriebenen Anwendungsfeldern Handel/Konsumgüterindustrie, Logistik und Automobilproduktion vollzieht sich die erste Einführung von RFID-Applikationen in aller Regel in einem zweistufigen Prozess. Die erste Entwicklungsstufe zielt auf die unterneh-mensinternen Prozesse. Die Annäherung an das Thema RFID wird zunächst durch die Evaluierung interner Bearbeitungsschritte und ihrer Eignung für den Einsatz von RFID be-gonnen. Im Anschluss daran werden Pilotanwendungen definiert und in geschlossenen Systemen bzw. mit einer begrenzten Anzahl von festen Partnern umgesetzt. Erst in der zweiten, erweiterten Stufe öffnen sich die Unternehmen dem Umfeld und binden eine Viel-zahl von Partnern in einem offenen System entlang der Wertschöpfungskette mit ein.

Die Einführung von RFID in anderen Branchen und Anwendungsbereichen wird einen ähnli-chen Prozessverlauf nehmen. Für alle Einsatzfelder wird es zunächst darauf ankommen, in bestehenden Arbeitsprozessen, Wertschöpfungsketten und Organisationseinheiten Teilpro-zesse zu definieren, in die RFID sinnvoll integriert werden können. Eine solche Einführung in sinnvolle Teilprozesse wird insbesondere für KMU essentiell sein, da sie auf diese Weise nicht vor einer „Alles oder Nichts“-Entscheidung – einerseits hohe Investitionsrisiken, ande-rerseits Verlust von Anschlussfähigkeit und Herausfallen aus der Wertschöpfungskette – stehen, sondern zunächst in einem überschaubaren Rahmen Erfahrungen mit der neuen Technologie sammeln können. Eine solche Teileinführung trägt auch dem ohne Zweifel in Unternehmen vorhandenen Beharrungsvermögen im Hinblick auf etablierte Prozesse und Strukturen Rechnung.

Ferner wird es darauf ankommen, die Einführung von RFID mit bestehenden Innovations-zyklen in den Unternehmen zu synchronisieren – diese Synchronisation muss nicht auf eine gleichzeitige Umsetzung der verschiedenen Prozesse hinauslaufen, sondern kann auch zeitlich verschoben stattfinden. Von zentraler Wichtigkeit ist jedoch, dass die Einführung von RFID die regulären Innovationszyklen nicht dominiert und sie somit überlagert. Die Einfüh-rung von RFID erfolgt in einer ersten Phase in inkrementellen Innovationen und meist in geschlossenen Systemen. Wesentliches Ziel ist dabei, dass bestehende Prozesse optimiert werden. Die sich daraus ergebenden Effekte sind vorwiegend Rationalisierungs- und Ein-sparungseffekte und sollen hier als „Effekte erster Ordnung“ bezeichnet werden. Deren Effizienzgewinne dienen im Wesentlichen dazu, die Wettbewerbsfähigkeit der RFID-Anwender erhalten.

Wenn RFID im Rahmen der ersten Phase in einer ausreichenden Zahl von Teilprozessen und Unternehmen etabliert ist, wird es mit der wachsenden Anzahl von Transponder und Anwendungskontexten und dem daraus resultierenden potenziellen Wachstum von Kombi-nationsmöglichkeiten zu einer zweiten Stufe der RFID-Nutzung kommen. In dieser Stufe findet neben der weiteren Optimierung bestehender Prozesse dann auch zunehmend die Herausbildung neuer Prozesse und Geschäftsmodelle durch RFID und der Einsatz in offe-nen Systemen statt. Dieser Prozess wird durch technische Weiterentwicklungen – etwa von

80

Transpondern mit Sensorik oder sehr preiswerten Transpondern – noch beschleunigt. Damit wird RFID zu einer Schlüsselinnovation, die sich allerdings nicht schlagartig vollziehen wird, sondern sukzessive aufgrund der zunehmenden Verbreitung. Die zu erwartenden Effekte in dieser zweiten Stufe sind folglich nicht nur Einsparungseffekte, sondern beinhalten auch die Schaffung von neuen Mehrwertdiensten. Diese Wirkungen sollen nachfolgend als „Effekte zweiter Ordnung“ bezeichnet werden. Diese neuen Geschäftsmodelle und Dienstleistungen werden dann dazu beitragen, dass die RFID-Anwender sich von Wettbewerbern differenzie-ren können. Sie stärken damit nachhaltig die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen RFID-Nutzer. Betrachtet man den derzeitigen Stand in den heutigen RFID-Anwendungsfeldern sind die Auswirkungen dieser zweiten Stufe jedoch eher im langfristigen Verlauf, also deut-lich nach 2010, zu erwarten.

Diese Sicht wird von den Experten der Online-Befragung geteilt. Grundsätzlich trauen sie der RFID-Technologie zu, dass sie die internationale Wettbewerbsfähigkeit von Deutschland stärkt (vgl. Abb. 19). In der durchgeführten Online-Befragung schätzen 39%, dass RFID dazu beiträgt, die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu halten und zu sichern. 42% gehen sogar von einem Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit aus.

Abb. 19 Auszug aus der für diese Studie durchgeführten Online-Befragung: RFID stärkt die internationale Wettbewerbsfähigkeit von Deutschland

Die Entwicklung neuer Services und Geschäftsmodellen werden dabei insbesondere mittel-ständischen Unternehmen zugute kommen, die sich wegen ihrer erhöhten Flexibilität gegen-über Großunternehmen schneller auf Änderungen ihres Produkt- und Dienstleistungsportfo-lios einlassen. Diese Sichtweise wird auch von den Experten der für diese Studie durchge-führten Online-Befragung vertreten. Immerhin 54% sehen durch RFID gerade für kleine und mittlere Unternehmen eine Chance zur Diversifizierung von Geschäftsbeziehungen (vgl. Abb. 20).

81

Abb. 20 Auszug aus der für diese Studie durchgeführten Online-Befragung: RFID eröffnet Chancen für mittelständische Unternehmen

10.2 Der wachsende RFID-Anteil an der Bruttowertschöpfung

Bei der quantitativen Abschätzung der Effekte von RFID auf die deutsche Volkswirtschaft wurde als Bezugsgröße für die Modellrechnung die Bruttowertschöpfung gewählt, als Ge-samtwert der im Produktionsprozess erzeugten Waren und Dienstleistungen abzüglich der im Produktionsprozess verbrauchten Vorleistungen. Der Gesamtwert der Bruttowertschöp-fung betrug im Jahr 2004 für Deutschland 1.994,21 Mrd. Euro (vgl. Statistisches Bundesamt 2005). Gemäß der in dieser Studie schwerpunktmäßig beschriebenen Anwendungsfeldern Handel/Konsumgüter, Transport und Produktion haben wir die Wirtschaftsgliederung mit den für den RFID-Einsatz relevanten Unterkategorien in die Betrachtung einbezogen und schät-zen ab, welche Anteil der Bruttowertschöpfung in diesen Wirtschaftsbereichen mittelfristig vom RFID-Einsatz beeinflusst sein wird.

Produzierendes Gewerbe

• Fahrzeugbau • Textil- u. Bekleidungsgewerbe • Herstellung von chemischen Erzeugnissen • Maschinenbau

Handel, Gastgewerbe und Verkehr

• Handelsvermittlung u. Großhandel, o. Kfz • Einzelhandel, o. Kfz • Verkehr u. Nachrichtenübermittlung

Öffentliche und private Dienstleister

• Gesundheits-, Veterinär- u. Sozialwesen

Diese ausgewählten Kategorien machten im Jahr 2004 einen Anteil von nahezu 33% an der gesamten Bruttowertschöpfung Deutschlands aus.

Bei der Verlaufsdarstellung der Bruttowertschöpfung von 2004 bis 2010 haben wir die Stei-gerungsraten der jeweiligen Unterkategorien zwischen 2003 und 2004 zur Grundlage ge-nommen und linear hochgerechnet.

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2004

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Sum-me

Bruttowertschöpfung in Mrd. €

73,1 37,4 45,6 67,2 89,5 84,0 116,4 141,2 654,4

Anteil RFID-Pioniere

10 % 5 % 5 % 2 % 10 % 10 % 7 % 1 %

Wertschöpfungs-anteil RFID-Pioniere in Mrd. €

7,3 1,9 2,3 1,3 9,0 8,4 8,2 1,4 39,8

Anteil Leistungen „RFID beeinflusst“

10 % 5 % 10 % 2 % 10 % 10 % 5 % 1 %

Anteil der Wert-schöpfung, die durch RFID beein-flusst wird in Mrd. €

0,7 0,1 0,2 0,03 0,9 0,9 0,4 0,01 3,24

Tab. 15 Modellrechung: Anteil der RFID-beeinflussten Wertschöpfung in den Wirtschafts-bereichen produzierendes Gewerbe, Handel/Verkehr und Dienstleistung im Jahr 2004

Für den Fahrzeugbau (Rückgang der Bruttowertschöpfung per anno: -0,4%) ergab sich von 2003 auf 2004 ein Rückgang der Bruttowertschöpfung um 0,4 %. Der Anteil der RFID-Pioniere, also der Branchenvertreter, die RFID-Applikationen bereits einsetzen haben wir ausgehend von einer angenommenen noch geringen Durchdringung im Jahr 2004 (10 %) auf einen Anteil von 40 % aller Betriebe im Fahrzeugbau im Jahr 2010 hochgerechnet. Da sich viele Anwendungen von RFID im Fahrzeugbau in positiv verlaufenden Pilotstadien befinden, haben wir den Anteil der Produkte, deren Wertschöpfungsprozess durch RFID positiv beeinflusst in dieser Branche als deutlich wachsend prognostiziert.

Das Textil- und Bekleidungsgewerbe (Rückgang der Bruttowertschöpfung per anno: -1,4%) in Deutschland ist nach unserer Einschätzung derzeit noch sehr gering durch RFID-Anwendungen beeinflusst. Wir sehen ein Steigerungspotenzial bis 2010. Trotz der extrapo-lierten Berechnung einer negativen Gesamtentwicklung bis 2010 sehen wir eine erhöhte Durchdringung der Branche mit RFID-Applikationen und damit einen stark steigenden Anteil von RFID-beeinflusster Wertschöpfung.

Ähnliches gilt für die Hersteller von chemischen Erzeugnissen (Anstieg der Bruttowert-schöpfung per anno: 3,3%) und dem Maschinenbau (Anstieg der Bruttowertschöpfung per anno: 4,1%) die sich, nach unseren Berechnungen, von einem geringen Niveau in 2004 auf einen Anteil von immerhin 1,7 Mrd. Euro, bzw. 2,6 Mrd. Euro in 2010 entwickeln können.

Der Anstieg der Bruttowertschöpfung im Bereich Handelsvermittlung/Großhandel wird, basierend auf dem Anstieg 2003 zu 2004 auf 6,9 % per anno und im Bereich des Einzelhan-dels (ohne Kfz) auf 0,8% per anno geschätzt. Bezug nehmend auf die Darstellung der An-wendungszenarien, sehen wir eine deutlich positive Entwicklung in diesen beiden Unterka-tegorien des Handels. Von einer bereits in Ansätzen vorhandenen Durchdringung im Jahr 2004 wird es, nach unserer Einschätzung zu erheblichen Steigerungsraten bis 2010 kom-men, die einen hohen Anteil „RFID-beeinflusster“ Wertschöpfung in dieses prosperierenden Segmenten erwarten lassen.

Die Unterkategorie Verkehr und Nachrichtenübermittlung (Anstieg der Bruttowertschöpfung per anno: 4,1%) aus der amtlichen Statistik korrespondiert mit unseren Darstellungen des Anwendungsfeldes Logistik. Hier erwarten wir, aufgrund der angenommenen zunehmenden

83

Durchdringung von Prozessabläufen mit RFID einen hohen Wertschöpfungsanteil in der wachsenden Branche.

Im Bereich Gesundheits- Veterinär- und Sozialwesen (Anstieg der Bruttowertschöpfung per anno: 0,8%) ergeben sich durch die Einführung von RFID-Anwendungen eher langfristig positive Effekte. Die möglichen Einsatzfelder, insbesondere im Gesundheitswesen werden sich nach unserer Einschätzung erst nach 2010 substantiell auswirken.

In der Gesamtbewertung ergibt sich, dass der Anteil der RFID-beeinflussten Wertschöpfung in den für den mittelfristigen RFID-Einsatz relevanten deutschen Wirtschaftsbereichen von etwa 3,24 Mrd. Euro im Jahr 2004 auf 62,2 Mrd. Euro im Jahr 2010 steigen wird. Etwa 8 % der Wertschöpfung in diesen Wirtschaftsbereichen wird dann vom Einsatz der RFID-Technologie beeinflusst sein.

2010

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gbau

Tex

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Soz

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Sum-me

Bruttowertschöpfung in Mrd. €

71,4 34,4 55,4 85,5 133,5 88,1 148,1 148,1 764,5

Anteil der RFID-Pioniere

40 % 20 % 15 % 15 % 40 % 40 % 25 % 15 %

Wertschöpfungs-anteil RFID-Pioniere in Mrd. €

28,6 6,9 8,3 12,8 53,4 35,3 37,0 22,2 204,5

Anteil Leistungen, die durch RFID beeinflusst sind

35 % 30 % 20 % 20 % 30 % 30 % 40 % 20 %

Anteil der Wert-schöpfung, die durch RFID beein-flusst wird in Mrd. €

10,0 2,1 1,7 2,6 16,0 10,6 14,8 4,4 62,2

Tab. 16 Modellrechnung: Anteil der RFID-beeinflussten Wertschöpfung in den Wirt-schaftsbereichen produzierendes Gewerbe, Handel/Verkehr und Dienstleistung im Jahr 2010

Abb. 21 greift die Ergebnisse aus Tab. 15 und Tab. 16 noch einmal auf. Darin ist die gesam-te Bruttowertschöpfung in Deutschland im Vergleich zu dem Anteil aufgeführt, der durch die RFID beeinflusst ist. Die Zahlen für die Jahre 2004 und 2010 spiegeln die in der Modellrech-nung dargestellten Einschätzungen und Prognosen wieder. In diesem Modell gewinnt RFID damit in den nächsten Jahren deutlich an gesamtwirtschaftlicher Bedeutung (vgl. Abb. 21).

Dieser starke mittelfristige Anstieg der RFID-beeinflussten Wertschöpfung ist ein wesentli-ches Indikator dafür, dass sich RFID einer wesentlichen Querschnittstechnologie für die deutsche Volkswirtschaft entwickeln wird (vgl. Abb. 21).

84

Abb. 21 Modellrechnung: Anstieg des Anteils der RFID-beeinflussten Wertschöpfung in den Wirtschaftsbereichen produzierendes Gewerbe, Handel/Verkehr und Dienst-leistung von 2004 nach 2010

10.3 Sozioökonomische Effekte

In den Bereichen Produzierendes Gewerbe (ohne Baugewerbe), Handel Gastgewerbe und Verkehr sowie öffentliche und private Dienstleister waren im Jahr 2005, nach Angaben des Statistischen Bundesamts 29,409 Mio. Erwerbstätige beschäftigt, was eine Quote von 75,75 % an der Gesamtzahl der Beschäftigten in Deutschland ausmacht (vgl. Statistisches Bundesamt 2005).

Wie dargestellt, wird RFID mittelfristig erster Linie dafür sorgen, dass Prozesse effizienter und effektiver gestaltet werden können. RFID ist damit in den Anwenderbranchen per se eine Automatisierungs- und Rationalisierungstechnologie, die dazu führen wird, dass beste-hende Prozesse mit weniger Personal mehr leisten. Bei dieser Feststellung muss jedoch zwischen der betriebs- und der volkswirtschaftlichen Dimension von Rationalisierung unter-schieden werden: Wenngleich zumindest in der ersten Stufe die Einführung von RFID in den einzelnen Anwenderunternehmen Logistik, Handel, Produktion etc. zum Verlust von Arbeits-plätzen führen wird, werden bei den Technologieanbietern und technischen Dienstleistern neue Arbeitsplätze geschaffen. In der volkswirtschaftlichen Bilanz steht dem Verlust von Arbeitsplätzen somit die Schaffung neuer Arbeitsplätze gegenüber. Dabei ist jedoch nicht damit zu rechnen, dass hier eine vollständige Kompensation erreicht werden kann, da die Fertigung von RFID-Komponenten und -Systemen ihrerseits in weitgehend automatisierten Prozessen erfolgt. In der Bilanz ist daher absolut ein Verlust von Arbeitsplätzen zu erwarten. Diese Bilanz wird jedoch in Zukunft teilweise dadurch ausgeglichen werden, dass bei den RFID-Anwendern durch die langfristigen Effekte zweiter Ordnung, d.h. mittels des Entste-hens neuer Geschäftsmodelle und Dienstleistungen, Arbeitsplätze in nennenswertem Um-fang neu entstehen.

85

Zudem ist der durch RFID – wir auch durch andere Rationalisierungstechnologien – bewirkte Produktivitätsgewinn ein zentrales Element zum Erhalt der sozialen Sicherungssysteme. In der schrumpfenden und älter werdenden deutschen Bevölkerung werden in Zukunft weniger Erwerbstätige mehr Nichterwerbstätige versorgen müssen. Dies kann nur auf Basis einer steigenden Pro-Kopf-Produktivität erreicht werden.

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11 Handlungsempfehlungen RFID ist eine der Schlüsseltechnologien der vernetzten Welt mit großen ökonomischen Potenzialen für die deutsche Wirtschaft, sowohl für die Nutzer als auch für die Technologie-anbieter und technischen Dienstleister. Im internationalen Wettbewerb ist die deutsche Wirtschaft gegenwärtig gut aufgestellt, um diese Chancen auch wahrzunehmen.

Gleichwohl müssen die Akteure aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sich einer Reihe von Herausforderungen stellen, um die Potenziale der RFID-Technologie auch tatsächlich zu heben. Vor diesem Hintergrund werden nachfolgend Handlungsempfehlungen formuliert, die sich an Bund und Länder, an die Wirtschaft und ihre Verbände sowie an Daten- und Verbraucherschützer richten. Bei einer Reihe der vorgeschlagenen Aktivitäten ist es zu empfehlen, sich eng mit der europäischen Kommission bzw. den Mitgliedsstaaten der EU abzustimmen.

11.1 Frequenzharmonisierung

Die nach wie vor schleppende Umsetzung der Entscheidung für RFID–Anwendungen im UHF-Band in einzelnen europäischen Mitgliedsstaaten wirkt sich nachteilig auf die Einfüh-rung unternehmens- und länderübergreifender RFID-Anwendungen aus. Auch ist anzumer-ken, dass im UHF-Bereich in den USA deutlich mehr Bandbreite als in Europa zur Verfügung steht.

Umsetzung von Frequenzentscheidungen und -normen. Die Bundesregierung, und dabei insbesondere das Bundeswirtschaftsministerium als zuständiges Fachministerium, sollte daher zunächst gemeinsam mit den Mitgliedsstaaten der CEPT, der EU und mit der Europäischen Kommission aktiv auf eine schnelle Umsetzung der gegenwärtigen europäi-schen Frequenzentscheidungen und -normen hinwirken, um zunächst einen tatsächlichen europäischen Markt für RFID-Anwendungen vorzubereiten.

Schnelle Umsetzung des ETSI-Vorschlags zu ‚Listen before Talk’. Die Bundesregierung sollte gemeinsam mit den Mitgliedsstaaten der CEPT, der EU und mit der Europäischen Kommission Sorge dafür tragen, dass die Lösungen zur besseren Nutzung des zur Verfü-gung stehenden europäischen UHF-Bereichs für RFID-Anwendungen, die derzeit von der ETSI erarbeitet werden (exklusive UHF-Bänder für RFID ohne ‚Listen before Talk’), ohne Verzögerungen umgesetzt werden.

Erarbeitung einer Strategie für zukünftiges Spektrum für RFID-Anwendungen Die Bundesregierung sollte eine langfristige Strategie erarbeiten, wie dem Frequenzbedarf von RFID-Anwendungen Rechnung getragen werden kann. Diese langfristigen Überlegungen sollten auch auf den noch weitgehend unregulierten Mikrowellenbereich ausgedehnt werden, in dem sich wahrscheinlich langfristig neue RFID-Anwendungen wie Sensorennetzwerke ansiedeln werden. Dabei sollte ein möglichst flexibler und marktorientierter Ansatz zur Nut-zung der Frequenzen diskutiert werden.

11.2 Standardisierung

Neben der Frequenzharmonisierung ist eine internationale Standardisierung von Datenfor-maten, Luftschnittstellen und Kommunikationsprotokollen eine wesentliche Voraussetzung für die Schaffung eines für alle frei zugänglichen RFID-Markts. Diese Standardisierungspro-zesse werden vor allem von Großunternehmen und öffentlichen Institutionen vorangetrieben. Mittelständische RFID-Nutzer und -Technologieanbieter nehmen aufgrund der hohen Auf-wände und der damit verbundenen Kosten häufig nicht an diesen Prozessen teil, obwohl

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deren Ergebnis direkten Einfluss auf ihre Teilhabe an standardisierten Geschäftsprozessen bzw. dem Zugang zu Märkten hat.

Unterstützung mittelständischer Unternehmen bei der Mitarbeit in Standardisierungs-gremien. Es ist daher von unmittelbarem Interesse einer mittelständisch orientierten Wirt-schaftspolitik, dass auch kleine und mittlere Unternehmen Zugang zu den relevanten natio-nalen und internationalen RFID-Standardisierungsaktivitäten haben, etwa indem sie direkt teilnehmen oder indem sie ihre Interessen über gemeinsame Vertreter bündeln. Seitens der Bundesregierung sollten mittelständische Unternehmen bei der Mitarbeit in RFID-Standardisierungsgremien gezielt durch Zuschüsse unterstützt werden.

Beteiligung deutscher Unternehmen an UHF-Patentpool. Insbesondere im UHF-Bereich besteht das Risiko, dass über Patente der Marktzutritt für deutsche Unternehmen von Wett-bewerbern aus den USA erschwert wird. Es ist daher wünschenswert, dass sich deutsche Unternehmen verstärkt an dem bestehenden Patentpool in den USA beteiligen bzw. einen eigenen europäischen Patentpool bilden, um dann mit dem US-Pool zu kooperieren.

Schaffung eines dezentralen EPC Network. Zentrales Element des EPC Network ist der ONS-Verzeichnisdienst, der von dem US-Unternehmen Verisign betrieben wird, das eben-falls den Verzeichnisdienst DNS des Internet verwaltet. Gegenwärtig hat der ONS-Dienst noch keine praktische Bedeutung. Sollte sich das EPC Network aber tatsächlich als Informa-tionsnetzwerk für logistische Systeme etablieren, entstünde eine direkte Abhängigkeit der Logistiksteuerung einzelner Unternehmen von diesem Dienst. Bestimmten Teilnehmern könnte die Nutzung des ONS-Dienstes und damit die Nutzung des gesamten Netzwerks verweigert werden oder es könnten einzelne Warenströme unautorisiert verfolgt werden. Wegen der zu erwartenden großen Bedeutung des EPC Network besteht bei einer tatsächli-chen Inbetriebnahme und breiten Nutzung des EPC Network ein großes wirtschaftspoliti-sches Interesse, zukünftigen deutschen und europäischen Teilnehmern einen diskriminie-rungsfreien Zugang zum Netzwerk zu ermöglichen. Eine denkbare technische Maßnahme wäre der Aufbau einer dezentralen Betreiberstruktur des EPC Network mit einem internatio-nalen Entscheidungsgremium unter europäischer Beteiligung. Dies zu erreichen, ist zu-nächst eine Aufgabe für die deutschen und europäischen Unternehmen in EPCglobal. Die Bundesregierung sollte jedoch, gemeinsam mit der Europäischen Kommission, auf die Entwicklung eines dezentralen Betreibermodells für das EPC Network hinwirken, etwa durch die Unterstützung entsprechender FuE-Projekte.

11.3 Technikerschließung für den Mittelstand

Die meisten RFID-Nutzer müssen sich gegenwärtig mit viel Aufwand an praxistaugliche Lösungen heranarbeiten, die sich angemessen in bestehende Prozesse und Systemumge-bungen einbinden lassen. Das sind typische Anlaufschwierigkeiten neuer Technologien, die sich mit wachsender Erfahrung im Umgang mit der Technik auflösen und von großen Unter-nehmen verhältnismäßig leicht getragen werden können. Insbesondere für kleine und mittel-ständische Unternehmen stellen aber die hohen technischen und finanziellen Unwägbarkei-ten einer RFID-Einführung eine bedeutende Barriere dar. Ein Herausdrängen des Mit-telstands aus Branchen, in denen RFID eingeführt wird, ist jedoch nicht im Interesse einer mittelstandsorientierten Wirtschaftspolitik.

Frühzeitige Einbindung des Mittelstands über RFID-Kompetenzzentren. Industriever-bände und Wirtschaftspolitik sollten daher aktiv darauf hinarbeiten, kleinen und mittelständi-schen Unternehmen einen frühzeitigen Einstieg in RFID-Projekte zu ermöglichen. Mögliche Maßnahmen dafür sind etwa das Angebot praxis- und branchennaher Informationen und Veranstaltungen und die Durchführung von vorbildhaften Pilotprojekten. Anbieter und Ver-mittler dafür können z. B. RFID-Kompetenzzentren sein, die aus Effizienzgründen möglichst auf bestehenden Strukturen – wie etwa dem Netzwerk elektronischer Geschäftsverkehr – aufsetzen sollten.

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Faire Kostenverteilung in Anwenderbranchen. Die Unternehmen und ihre Verbände sind aufgerufen, in ihren Branchen bei Bedarf faire Modelle für die Kostenteilung in unterneh-mensübergreifenden Lieferketten zu entwickeln und einzuführen, die auch kleinen und mittelständischen Unternehmen die Teilnahme an RFID-gestützten Prozessen erlauben.

11.4 Daten- und Verbraucherschutz

Der Schutz der Daten des Einzelnen, sei es in seiner Rolle als Verbraucher, Patient oder als Bürger, wird in der Öffentlichkeit sehr kontrovers diskutiert. Eine konfrontative Gegenüber-stellung von Daten- und Verbraucherschützern auf der einen Seite und RFID-Anwendern auf der anderen Seite könnte zu einer nicht wünschenswerten Zurückstellung von RFID-Anwendungen führen. Eine verbesserte Aufklärung des Bürgers über den potenziellen Nutzen von RFID alleine dürfte aber kaum ausreichend sein diese Konfrontation aufzulösen.

Anwendungsbezogene Verständigung bei Daten- und Verbraucherschutz. RFID-Nutzer aus Industrie und Verwaltung einerseits sowie Daten- und Verbraucherschützer andererseits sind als direkte Beteiligte aufgefordert, in den relevanten Anwendungsfeldern einen Interes-sensausgleich über den Datenschutz bei den jeweiligen RFID-Systemen herzustellen, etwa über die Vereinbarung einer Selbstverpflichtung der RFID-Nutzer (code of conduct) oder die Einführung von Datenschutz-Gütesiegeln. Der Handel könnte und sollte dabei – wie dies schon bei den Gesprächen zum Datenschutz bei den Kundenbindungssystemen geschehen ist – eine Vorreiterrolle übernehmen. Die Bundesregierung sollte im Sinne der Subsidiarität die Konsensbildung den Gesprächspartnern überlassen und lediglich anbieten, bei Bedarf und auf Wunsch die Rolle des Moderators zu übernehmen.

Es ist umstritten, inwiefern die bestehende Datenschutzgesetzgebung ausreichend ist, um in Zukunft bürgernahe RFID-Anwendungen verantwortungsvoll zu regulieren. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, ob die vorhergesagte Allgegenwart von RFID zu einer neuen Qualität der Verknüpfbarkeit von Daten führen könnte, die mit den bestehenden Datenschutzprinzi-pien der Transparenz und der Datensparsamkeit nicht mehr zu vereinbaren wäre.

Weiterentwicklung der Datenschutzgesetze angesichts der zunehmenden ITK-Vernetzung. Bundestag und Bundesregierung sollten die Diskussion zum Datenschutz bei RFID zum Anlass nehmen, die Datenschutzgesetzgebung dauerhaft begleitend hinsichtlich ihrer Eignung für die stark zunehmende Vernetzung von ITK-Systemen, mobilen Endgeräten und Alltagsgegenständen („Internet der Dinge“, „Pervasive Computing“) zu überprüfen und gegebenenfalls im Sinne einer nachsorgenden Regulierung an neue Erfordernisse anzupas-sen. Angesichts des nach wie vor sehr frühen Stadiums der RFID-Auszeichnung von Einzel-produkten gibt es allerdings keinen drängenden Handlungsbedarf, kurzfristig ein RFID-spezifisches Datenschutzgesetz zu erarbeiten und zu verabschieden. Der bisherige Ansatz, technologiespezifische Datenschutzregelungen zu vermeiden, sollte beibehalten werden.

Internationale Abstimmung des Datenschutzes bei RFID. Die Europäische Kommission sollte darauf hinarbeiten, europäischen Vorstellungen zum Schutz personenbezogener Daten in globalen RFID-Anwendungen weltweit Geltung zu verschaffen. Ein Vorbild könnte das Safe-Harbor-Abkommen zwischen der EU und den USA sein, das den Austausch von Personendaten in internationalen geschäftlichen Anwendungen unter Maßgabe der europäi-schen Datenschutzprinzipien regelt.

11.5 Forschungs- und Technologiepolitik

Bund und Länder unterstützen derzeit eine Vielzahl von RFID-Forschungsprojekten und Projekten zur RFID-Technologieerprobung. Mit den RFID-Tickets der Fußballweltmeister-schaft 2006 und dem in Deutschland frühzeitig eingeführten elektronischen Reisepass wurden auch bereits große öffentliche RFID-Projekte ins Leben gerufen, die den heimischen

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Markt erschließen. Die heutigen Technologiewettbewerber USA und Japan sowie die zu-künftigen Wettbewerber Südkorea und China forcieren mit großem Mitteleinsatz ihre For-schungs- und Technologieförderung und initiieren ebenfalls große RFID-Projekte. Zudem haben sich – mit Ausnahme von Deutschland – in allen oben genannten Wettbewerbsnatio-nen Auto-ID- Labs als Forschungslabore des Industriekonsortiums EPCglobal gebildet.

Ausbau und Verzahnung bestehender Förderungen. Die bestehenden Aktivitäten der deutschen Forschungs- und Technologiepolitik sollten daher fortgesetzt und erweitert wer-den, um die bestehende starke Stellung der deutschen RFID-Nutzer und Technologieanbie-ter weiter auszubauen. Dabei sollten die verschiedenen Fördereinrichtungen des Bundes und der Länder ihre Aktivitäten stärker miteinander vernetzen, um Synergieeffekte zwischen den einzelnen Projekten zu erzielen und redundante Initiativen zu vermeiden. Wünschens-wert ist auch das gemeinsame Aufsetzen großer Leuchtturmprojekte, d. h. große, beispiel-gebende und technologieübergreifende Verbundprojekte mit engem Anwendungsbezug, durch die öffentliche Hand, Industrie und Anwender. Beispiele sind etwa der Einsatz von RFID bei der Rückverfolgung von Lebensmitteln oder der Bundeswehrlogistik. Abgestimmt mit der Europäischen Kommission sollten Leuchtturmprojekte auch auf europäischer Ebene gestartet werden, um die Bildung eines europäischen RFID-Marktes zu unterstützen.

11.6 Umweltschutz

Wie andere Elektronikprodukte unterliegen auch RFID-Systeme den gesetzlichen Vorgaben für den Umwelt- und den Gesundheitsschutz, die den Einsatz gesundheitsschädlicher Mate-rialien beschränken, bei bestimmten Produktgruppen ein geschlossenes Entsorgungssystem verlangen und Grenzwerte für die Belastung durch Funksendeanlagen setzen. Ein besonde-rer kurzfristiger Handlungsbedarf, der sich ausschließlich auf RFID-Systeme bezieht, ist derzeit nicht erkennbar.

Eine zukünftige Herausforderung könnte, langfristig betrachtet, in den Auswirkungen des zu erwartenden massenhaften Einsatzes von Transpondern in Alltagsgegenständen auf beste-hende Entsorgungs- und Wiederverwertungsprozesse bestehen. Das betrifft zunächst die Integration von Transpondern in recyclingfähige Materialien wie Papier, Glas, Plastik oder Aluminium. Ohne Trennung senken die Transpondermaterialien den Reinheitsgrad der Recyclingstoffe und mindern damit potenziell deren Qualität. Daneben könnte bei einem massenhaften RFID-Einsatz auch der Anteil bestimmter – für die Entsorgung unerwünschter oder zu wertvoller – Stoffe wie Kupfer und Aluminium im Restmüll signifikant ansteigen.

Anpassung bestehender Entsorgungs- und Wiederverwertungsprozesse an RFID / Umweltfreundliches Design von RFID. RFID-Hersteller und Entsorgungswirtschaft sind aufgerufen, diese Fragestellungen frühzeitig anzugehen. Maßnahmen können ein entsor-gungsfreundliches Design von Transpondern – vor allem hinsichtlich ihrer Materialzusam-mensetzung – und die Anpassung bestehender Entsorgungs- und Wiederverwertungspro-zesse an das Vorkommen von Transpondern im Abfall sein. Ziel sollte es sein, Transpon-dermaterialien möglichst weitgehend wiederzuverwerten. Aus umweltpolitischer Sicht ist es wünschenswert, diesen Abstimmungsprozess frühzeitig zu beginnen, damit auch in RFID-Systemen Ressourcen sparsam eingesetzt werden. Die Entwicklung einer umweltfreundli-chen RFID-Technologie durch deutsche Technologieanbieter ist aber auch aus einem in-dustriepolitischen Blickwinkel heraus wertvoll, da sie – wie andere Umwelttechnologien auch – ein Alleinstellungsmerkmal für die deutschen Anbieter im internationalen Markt begründen kann. Es ist daher im öffentlichen Interesse, diesen Entwicklungsprozess anzustoßen und bei Bedarf zu moderieren. Begleitende Maßnahmen der Bundesregierung könnten einschlä-gige Fachstudien und Fachgespräche sein, um das Bewusstsein für diese Fragestellung zu schärfen und mögliche Umsetzungskonzepte unter Berücksichtigung ökonomischer Aspekte anzudenken.

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11.7 Ausbildung

RFID-Technologieanbieter, -Systemintegratoren und -Anwender klagen heute zum Teil über das fehlende Praxiswissen bei Ingenieuren, Informatikern und Technikern, was Entwick-lungs- und Einführungsprojekte behindere. Das betrifft insbesondere das unzureichende Wissen um die prinzipiellen funktechnischen Möglichkeiten und Begrenzungen von RFID. Dies ist eine typische Begleiterscheinung von neuen bzw. neu eingesetzten Technologien, die üblicherweise sowohl durch eine Anpassung bestehender beruflicher Aus- und Weiterbil-dungsprogramme als auch durch Ergänzungen in der Hochschulausbildung aufgefangen werden muss.

Berücksichtigung von RFID in der beruflichen und akademischen Ausbildung. RFID-spezifische Themen sollten möglichst zügig in die Curricula der bestehenden beruflichen Aus- und Weiterbildung aufgenommen werden. Ansprechpartner sind hier vor allem die an der Neuordnung von Berufsbildern beteiligten Einrichtungen. Um jedoch die technologische Diffusion mit geeigneten Qualifizierungsmaßnahmen zeitnah flankieren zu können, erschei-nen vom industriellen Bedarf getriebene und mit den Industrie- und Handelskammern abge-stimmte Qualifizierungsmodule – und nach Möglichkeit zertifizierte – Bildungsmaßnahmen sinnvoll. Damit kann die berufliche Handlungsfähigkeit der Beschäftigten sichergestellt werden. Daneben sollten Universitäten und Fachhochschulen Sorge dafür tragen, dass die wesentlichen RFID-Wirkprinzipien zukünftig stärker in den ingenieurtechnischen Studien-gängen berücksichtigt werden.

11.8 Berücksichtigung der Hochtechnologien in der Wirtschaftsstatistik

Wie die vorliegende Studie zeigt, bietet RFID bereits innerhalb der nächsten Jahre ausrei-chend Potenzial, um erkennbar zur Wertschöpfung und zur Steigerung der Wettbewerbsfä-higkeit Deutschlands beizutragen. Allerdings sind die hier vorgenommenen Modellrechnun-gen noch vergleichsweise ungenaue Näherungen, was auf dem Umstand beruht, dass nicht einmal für den gegenwärtigen Stand umfassendes und einheitliches statistisches Material zur Verfügung steht: Ähnlich wie in anderen Hochtechnologiefeldern, wird auch RFID nicht von den bestehenden Wirtschaftsstatistiken erfasst, so dass mit approximierten Branchen gearbeitet werden muss. Aufbau eines Hochtechnologie-Indikatorensystems. Um in Zukunft sowohl detaillierte als auch umfassende Aussagen über die wirtschaftliche Bedeutung und Dynamik von RFID und anderen Hochtechnologien machen zu können, sollte RFID als Anlass genommen werden, um ein geeignetes Hochtechnologie-Indikatorsystems zu entwickeln. Auf einer solchen Grundlage sollten wirtschafts- und damit verbundene technologiepolitische Abwägungen und Entscheidungen sehr viel präziser möglich sein, als dies heute der Fall ist.

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13 Abkürzungsverzeichnis

BELV Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

BITKOM Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V.

BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung

BMI Bundesministerium des inneren

BMWi Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie

CEPT European Conference of Postal and Telecommunications Administrations

CPFR Collaborative Planning Forecasting and Replenishment

DNS Domain Naming Service

EAN European Article Nmber

ECCC Electronic Commerce Council of Canada

ECR Efficient Customer Response

EDI Electronic Data Interchange

EICAR European Institute for Computer Anti-Virus Research

EIRP effective isotropic radiated power

ENX European Network Exchange

ePass Elektronischer Reisepass

EPC electronic product code

EPCIS EPC Information Service

ER Efficient Replenishment

ERP effective isotrpic radiated power

ETSI European Telecommunications Standards Institute

FCC Federal Communications Commission (USA)

FDA US Food and Drug Administration

FHSS frequency hopping spread spectrum

FHSS frequency hopping spread spectrum

FoeBuD Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenver-kehrs

108

GHz Gigahertz

GRAI Global Returnable Asset Number

GTIN Global Trade Item Number

IEC International Electrotechnical Commission

ISM Industrial, scientific, medical

ISO International Standards Organization

ITU International Telecommunication Union

KCC Korean Communications Commission

KEP Kurier-, Express- und Paketbranche

kHz Kilohertz

LBT Listen before talk

METI Ministry of Economy, Trade and Industry (Japan)

MHz Megahertz

MIC Ministry of Information and Communication (Südkorea)

MIC Japan Ministry of Internal Affairs and Communications (Japan)

NVE Nummer der Versandeinheit

OFCOM Office of Communications (UK)

ONS Object Naming Service

OOS Out-of-stock-Situation

PET privacy enhancing technology

REACH Registrierung, Evaluierung und Autorisierung von Chemikalien

RFID radio frquency identificaton

SRD Short Range Devices

UCC Uniform Code Council

UHF ultra high frequency

UPC Universal Product Code

USN Ubiquitous Sensor Network

VCI Verband der Chemischen Industrie e.V.

VDA Verband der Automobilindustrie

109

VDEB Verband der EDV-Software- und -Beratungsunternehmen eV

vzbv Verbraucherzentrale Bundesverband

W Watt

WEEE waste electrical and electronic equipment

WLAN Wireless Local Area Network

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März 2007

Vorwort-Rückseite 07.03.2007 10:51 Uhr Seite 3