Rico, Oskar und die Tieferschatten

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1 Rico, Oskar und die Tieferschatten nach einem Kinderbuch von Andreas Steinhöfel für alle ab 8 Jahren/ ab der 3. Klasse

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Rico, Oskar und die Tieferschatten

nach einem Kinderbuch von Andreas Steinhöfel für alle ab 8 Jahren/ ab der 3. Klasse

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Theaterpädagogische Materialmappe 2017/2018 1. Einleitung Liebe Pädagoginnen und Pädagogen, am 8. Oktober 2017 hat unsere Produktion RICO, OSKAR UND DIE TIEFERSCHATTEN Premiere im Kleinen Haus. Das Stück richtet sich an alle ab 8 Jahren/ 3. Klasse. Das gleichnamige Kinderbuch wurde im Jahr 2008 vom deutschsprachigen Autor Andreas Steinhöfel verfasst und u.a. mit dem Sonderpreis des Deutschen Jugendliteraturpreises ausgezeichnet. Auf der Grundlage der Bühnenfassung von Felicitas Loewe inszenieren die Regisseurin Angelika Schlaghecken und die Dramaturgin Julia Dina Heße das Stück nun im Theater Münster. Vier Schauspieler und ein Musiker zeigen auf der Bühne des Kleinen Hauses die Geschichte vom tiefbegabten Rico und seinem Freund Oskar, die in einem Mietshaus in Berlin gemeinsam einen Kriminalfall aufklären. Mit viel Humor und Wortwitz erzählt das Stück aus der Sicht des 10-jährigen Rico von seinen Abenteuern und der ungewöhnlichen Freundschaft zwischen ihm und Oskar. Rico und Oskar könnten unterschiedlicher nicht sein. Während Rico sich als ein tiefbegabtes Kind vorstellt, in dessen Kopf es hin und wieder zugeht wie in einer Bingotrommel, und der auf der Suche nach dem Besitzer einer Fundnudel das ganze Mietshaus befragt, ist der hochbegabte Oskar zur Sicherheit immer mit einem Helm auf dem Kopf unterwegs. Gemeinsam wollen die beiden Jungen dem Aldi-Kidnapper von Berlin auf die Schliche kommen. Als Oskar jedoch auf einmal auf rätselhafte Weise verschwindet sind Ricos Konzentration und Spürsinn gefragt. Er zögert nicht lange und beschließt, seinen Freund zu retten. Die Inszenierung dauert 75 Minuten und hat keine Pause. Mit unseren Materialmappen möchten wir Ihnen und Ihren Schüler*innen weiterhin den Weg ins Theater schmackhaft machen oder den Genuss des bereits erfolgten Theaterbesuchs durch Ideen der Nachbereitung verlängern. Die Mappe stellen wir, die Theaterpädagog*innen des Theaters Münster, nach eigenen Ideen, in Absprache mit der Dramaturgie oder der Regie der Inszenierung und durch gezielte Auswahl zusätzlicher Texte zusammen. Suchen Sie sich einzelne Punkte heraus, wandeln Sie diese ab oder verwenden Sie das gesamte Material – ganz, wie es für Ihre Zwecke passt. Mit herzlichen Grüßen aus dem Theater, Peter Hägele EMAIL: [email protected] TELEFON: 0251- 5909 211 POST: Junges Theater Münster BESUCHE: Junges Theater Münster Neubrückenstraße 63 Am Bült 2/ 1. Etage 48143 Münster 48143 Münster

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Inhaltsverzeichnis I. Einleitung Seite 2

II. Rico, Oskar und die Tieferschatten

a. Inszenierungsfakten Seite 4

b. Stückzusammenfassung Seite 5

III. Biografien Seite 7

a. Autor

b. Regisseurin

c. Dramaturgin

d. Bühnenbildnerin

f. Musiker

IV. Kostümbild Seite 9

V. Bühnenbild Seite 10

VI. Übungen, Themen, Vorlagen und Spiele Seite 11

a. Charakteraufstellung Seite 11

b. Spielorte der Geschichte Seite 13

c. Tiefbegabt und Hochbegabt Seite 14

d. Szene, Fragen und Spiel zum Thema Freundschaft Seite 16

e. Wörterspiel Seite 20

f. Szenen und Fragen zum Thema „Angst“ Seite 21

VII. Quellenangaben Seite 26

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II. RICO, OSKAR UND DIE TIEFERSCHATTEN II.a. Inszenierungsfakten RICO, OSKAR UND DIE TIEFERSCHATTEN nach dem Kinderbuch von Andreas Steinhöfel in der Bühnenfassung von Felicitas Loewe Premiere: Sonntag, den 8. Oktober 2017, 18 Uhr, Kleines Haus Produktionsteam

Inszenierung Angelika Schlaghecken

Bühne Birgit Kellner

Kostüm Silja Oestmann

Musik Jonas Nondorf

Dramaturgie Julia Dina Heße

Regieassistenz Florian Eschelbach

Inspizienz Marie Christine Molnar

Theaterpädagogik Peter Hägele

Besetzung

Frederico Doretti, genannt Rico Benedikt Thönes

Oskar Lucas Sánchez

Tanja Doretti / Frau Dahling Linn Sanders

Simon Westbühl / Marrak Dominik Paul Weber

Musiker / Fietzke Jonas Nondorf

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II.b. Stückzusammenfassung Der 10-jährige Rico lebt mit seiner Mutter in einem Mietshaus in der Dieffenbachstraße 93 in Berlin-Kreuzberg. Auf der Suche nach ungewöhnlichen Fundstücken entdeckt er eines Tages auf der Straße vor seiner Haustür eine „Fundnudel“. Um deren Besitzer zu ermitteln, besucht er zunächst seine Nachbarin Frau Dahling, da diese hin und wieder mal etwas aus dem Fenster wirft. Bei ihr ist Rico regelmäßig, um Filme zu gucken und dabei Müffelchen zu essen. Leider kann sie ihm bei seiner Suche nach dem Fundnudel-Besitzer jedoch nicht weiterhelfen und Rico zieht weiter zu Herrn Fitzke. Dieser wimmelt ihn brüsk ab und isst die Nudel zu Ricos Entsetzen einfach auf. Zu Hause unterhält sich Rico mit seiner Mutter über Mister 2000, einen Entführer, der in Berlin seit einiger Zeit Kinder in sein Auto lockt und sie gegen ein Lösegeld von 2000€ wieder freilässt. Weil seine Mutter einen Friseurtermin hat, erklärt Rico sich bereit, einkaufen zu gehen. Auf dem Rückweg vom Supermarkt stößt er, nach weiteren Fundstücken suchend, mit einem gleichaltrigen Jungen mit Schutzhelm auf dem Kopf und einem kleinen roten Flugzeug am Hemd zusammen: Oskar. Trotz anfänglicher Schwierigkeiten sind die beiden Jungen fasziniert voneinander. Oskar ist noch nie einem tiefbegabten Kind begegnet, und Rico hat – außer im Fernsehen – noch nie ein hochbegabtes Kind gesehen. Abends ist Rico alleine zu Hause, weil seine Mutter in einem Nachtclub arbeitet. Von seinem Bett aus sieht er durch das Fenster das einsturzgefährdete Hinterhaus, das angeblich vom Geist des verstorbenen Fräulein Bonhöfers, welches sich selbst in seiner Wohnung in die Luft gesprengt hat, heimgesucht wird, und in dem er hinter den gewöhnlichen Schatten noch weitere vermutet, die er „Tieferschatten“ nennt.

Am nächsten Morgen klingelt es an der Haustür der Dorettis und der neue Nachbar stellt sich vor. Rico findet Simon Westbühl gleich sympathisch und bemerkt mit Begeisterung, dass er und Ricos Mutter sich ausgesprochen gut zu verstehen scheinen. Rico wünscht sich jemanden in seinem Leben, der die Rolle seines Vaters übernimmt. Auf dem Weg durchs Treppenhaus stößt Rico zufällig wieder auf Oskar, und nachdem er ihn seiner Mutter vorgestellt hat, lotst er ihn auf die Dachterrasse des Mietshauses, um ihm dort das Hinterhaus zu zeigen. Oskar jedoch hat Höhenangst und ist dem Gedanken, ein einsturzgefährdetes Haus zu betreten, deutlich abgeneigt. Die beiden schließen Freundschaft und verabreden sich für den nächsten Tag.

Am vereinbarten Treffpunkt wartet Rico jedoch vergebens, denn Oskar ist nirgends zu sehen. Als Ricos Mutter auch noch für ein paar Tage wegfährt, um sich um den krebskranken Bruder zu kümmern, ist Rico einsam. Im Treppenhaus begegnet er kurz dem Marrak aus dem 5. Stock, der sich darüber aufregt, wie verantwortungslos manche Eltern mit ihren Kindern umgehen. Kurz darauf entdeckt Rico beim Müllrausbringen Oskars kleines Flugzeug, das wohl am Vortag von der Dachterrasse in den Container gefallen sein muss. Er steckt das Flugzeug ein und besucht Frau Dahling, um mit ihr einen Film zu sehen. Dort erfährt Rico in den Nachrichten, dass Mister 2000 ein weiteres Kind entführt hat: Oskar.

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Er beschließt, seinen Freund zu retten. Als er Simon Westbühl besucht, um ihm alles zu erzählen, entdeckt er in dessen Wohnung auf einmal eine Karte mit allen Entführungsorten von Mister 2000. Er kombiniert, dass Westbühl der Kidnapper sein muss, und dass er die entführten Kinder durch den Keller zum Hinterhaus bringt, das die Tieferschatten verursacht. Er klaut Marrak unbemerkt die Kellerschlüssel und findet tatsächlich Oskar. Während er ihn befreit, wird Rico auf einmal bewusst, dass der gerade zugezogene Westbühl nicht der Entführer sein kann, und dass es Marrak sein muss. Oskar bestätigt dies und erzählt, dass er gezielt nach dem Entführer gesucht hat und Rico, der im gleichen Haus wohnt, zuerst nur als Mittel zum Zweck benutzt hat. Gleichzeitig erklärt er, dass er Rico als Freund lieb gewonnen hat, und Rico ist erleichtert. Zusammen rekonstruieren die beiden, wie der Entführer vorgegangen ist. Auf einmal steht jedoch der Marrak vor hnen, macht sich über ihren Spürsinn lustig und droht den Jungen. Doch noch bevor er ihnen etwas anhaben kann, erscheinen die anderen Nachbarn, allen voran Simon Westbühl als Polizist, und Marrak wird überführt. Einige Zeit später sitzt Ricos Mutter an seinem Bett und erzählt ihm, dass die Presse vor dem Haus lauert. Mit dem Tod des Onkels haben die Dorettis sein gesamtes Vermögen geerbt und werden nun in den 5. Stock umziehen, in die Wohnung von Marrak über Simon Westbühl.

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III. Biografien III.a. Autor Andreas Steinhöfel ist ein deutscher Kinder- und Jugendbuchautor, schreibt Drehbücher und ist als Übersetzer tätig. Er wurde am 14. Januar 1962 in Battenberg geboren. Zunächst begann er, Biologie und Englisch auf Lehramt zu studieren, wechselte aber nach einem Schulpraktikum für ein Magister-Studium der Anglistik, Amerikanistik und Medienwissenschaften an die Universität Marburg. Nach Abschluss des Studiums erschien 1991 sein erstes Jugendbuch DIRK UND ICH. Es folgten u.a. PAUL VIER UND DIE SCHRÖDERS, DIE MITTE DER WELT, ANDERS und WENN MEIN MOND DEINE SONNE WÄRE. Andreas Steinhöfel erhielt 2009 als erster Kinder- und Jugendbuchautor den Erich Kästner Preis für Literatur. 2013 wurde er mit dem Sonderpreis des Deutschen Jugendliteraturpreises für sein Gesamtwerk ausgezeichnet. Der Film RICO, OSKAR UND DIE TIEFERSCHATTEN erschien am 10. Juni 2014 in den deutschen Kinos. III.b. Regisseurin Angelika Schlaghecken, 1982 in Hildesheim geboren, studierte Theaterwissenschaften, Pädagogik und Soziologie an der Universität Bayreuth. Währenddessen absolvierte sie Praktika und Regie- bzw. Dramaturgiehospitanzen in Kiel, Hildesheim, Köln und Düsseldorf. Nach ihrem Studium arbeitete sie als Produktions- und Regieassistentin bei freien Produktionen in Berlin und Köln, sowie als Regieassistentin bei den Burgfestspielen Bad Vilbel. Von 2009 bis 2012 war sie Regieassistentin des Schnawwl am Nationaltheater Mannheim, wo sie auch ihr Regiedebüt (SCHUHE SHOPPEN, DSE) gab. Seit der Spielzeit 2012/13 arbeitet sie als Regisseurin und Theaterpädagogin am Jungen Theater Münster und ist dort aktuell an den Produktionen HOCH UND HÖHER, KÖNIG DROSSELBART, SCHNURGERADE, SPACEMAN und RICO, OSKAR UND DIE TIEFERSCHATTEN beteiligt. III.c. Dramaturgin Julia Dina Heße studierte Germanistik, Philosophie, Kultur, Kommunikation und Management in Münster und Avignon. Im Anschluss arbeitete sie in der Dramaturgie und Öffentlichkeitsarbeit am Theater Oberhausen, bevor sie 2008 als Dramaturgin an das Schnawwl, Kinder- und Jugendtheater am Nationaltheater Mannheim, wechselte. Für Schnawwl und Junge Oper war sie bis Sommer 2012 zudem für Marketing und Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Zusammen mit Andrea Gronemeyer und Gerd Taube ist sie Herausgeberin des Buches "Kindertheater Jugendtheater. Perspektiven einer Theatersparte". Seit der Spielzeit 2012/13 ist sie Leiterin des Jungen Theaters Münster, wo unter ihrer Regie auch die Kleinkinderstücke oOPiCAsSOo (eingeladen zu Westwind 2015, zum Little Theatre Festival, Chennai und AHA!-Festival, Bangalore in 2016, sowie zum 6. internationalen Theaterfestival, Colombo, April 2017) und zuletzt das Tanztheaterstück SCHNURGERADE entstanden sind. Seit November 2015 ist sie Mitglied im Vorstand der deutschen ASSITEJ.

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III.d. Bühnenbildnerin Birgit Kellner wurde 1982 in Wien geboren. Nach einer Ausbildung zur Grafik-Designerin studierte sie Bühnen- und Filmgestaltung an der Universität für Angewandte Kunst Wien. Seit 2009 ist Birgit Kellner freischaffend tätig und arbeitete u.a. im Stadttheater Gießen, Schauspiel Frankfurt, OFF-Theater Wien, KosmosTheater, Staatstheater Mainz, der Oper Graz, am Dschungel Wien und am Oldenburgischen Staatstheater. 2013 erhielt sie gemeinsam mit dem Ausstatter Christian Schlechter den STELLA-Preis für herausragende Licht- und Raumgestaltung, 2014 das STARTstipendium für Darstellende Kunst. Als Live-Zeichnerin war Birgit Kellner unter anderem im WUK Wien, Festspielhaus St. Pölten und im Wiener Konzerthaus zu sehen. 2016 spielte und entwickelte sie im Team die Figurentheaterproduktion »Der Bär der nicht da war« und ist mit der Produktion zum SCHÄXPIR-Festival 2017 eingeladen. III.e. Musiker Jonas Nondorf geboren 1983 in Ahaus, arbeitete nach seinem Abitur von 2002 bis 2012 als Polizeibeamter in Gelsenkirchen, bevor er sich im Oktober 2012 für das Studium der Musikwissenschaft und Kultur- und Sozialanthropologie an der WWU Münster einschrieb. Bereits im Grundschulalter begann er mit Klavier- und Violinunterricht, später kamen Percussion und Gitarre, Kontrabass und Akkordeon hinzu, seit etwa acht Jahren betreibt er außerdem westlichen Obertongesang. Durch die zunehmende Beschäftigung mit musikalischen Strömungen außerhalb der europäischen Kunstmusik kamen zahlreiche, teils exotische Instrumente hinzu. Mit Weltmusik, europäischer und außereuropäischer Folklore sowie Obertongesang tritt er als Solist sowie im Duo, Trio oder Quartett auf. Seit der Spielzeit 2012/ 2013 verbindet Jonas Nondorf eine enge Zusammenarbeit mit dem Theater Münster, als Bühnenmusiker für Junges Theater, Schauspiel und Tanz sowie als Komponist und Musikpädagoge. Seit der Spielzeit 2016/ 2017 ist Jonas Nondorf als Bühnenmusiker und Musikpädagoge am Theater Münster fest angestellt.

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IV. Kostümbild

Das, was ihr hier seht, sind Figurinen. Die Kostümbildnerin hat sich zusammen mit der Regisseurin und der Bühnenbildnerin überlegt, wie die einzelnen Personen aussehen könnten und sie gemalt. Die Schneider*innen im Theater können die Figurinen als Vorlage nehmen, um die Kostüme zu nähen.

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V. Bühnenbild Die Bühnenbildnerin baut ein kleines Modell aus Pappe um zu zeigen, wie sie sich die Bühne vorstellt.

Die Klappen im Boden können von den Schauspielern geöffnet werden um verschiedene Orte darzustellen.

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VI. Übungen, Themen, Vorlagen und Spiele VI.a. Charakteraufstellung Frederico Doretti, genannt Rico: Der 10-jährige Rico, der Erzähler der Geschichte, wohnt mit seiner Mutter Tanja Doretti im 2. Stock des Mietshauses. Er erwähnt, dass sein Vater Italiener war und gestorben ist, erzählt jedoch nicht, unter welchen Umständen. Rico bezeichnet sich selbst als „tiefbegabt“. Er kann denken wie jeder andere, es dauert nur etwas länger als bei anderen Menschen, er gerät dabei schnell durcheinander und kann sich manchmal nicht konzentrieren. Trotzdem ist Rico anderen Menschen gegenüber sehr aufgeschlossen und vor allem sehr wissbegierig. Wörter, die er nicht kennt, schlägt er im Lexikon nach, um sie in sein Tagebuch zu schreiben. Manchmal denkt er sich auch Wörter aus, so zum Bespiel „Fundnudel“, „Tieferschatten“ und „graues Gefühl“.

„Ich wollte immer eine Figur erschaffen, die ganz vielen Kindern aus der Seele spricht. „Rico“ ist der beste Wurf, der mir bisher geglückt ist. Ich dachte, das wird so ein Förderzentrumskinderbuch, aber ich kriege Lawinen von Post aus allen Schulformen, und jedes Mal steht da drin: Endlich fühlt und denkt mal einer so wie ich.“ – Andreas Steinhöfel über Rico (von seinem Blog: www.newsfromvisible.blogspot.de)

Oskar: Oskar ist 7 Jahre alt und lebt mit seinem alleinerziehenden Vater in Berlin-Schöneberg. Er ist hochbegabt. Oskar weiß sehr viel, doch sein umfangreiches Wissen – besonders um das, was alles passieren könnte – hat ihn vorsichtig und ängstlich gemacht. Deswegen trägt er immer einen Helm, wenn er das Haus verlässt. Er kann manchmal etwas besserwisserisch sein und mit seiner Ehrlichkeit die Gefühle anderer Menschen verletzen. Zu Beginn des Stücks weiß noch niemand, dass Oskar sich bewusst auf die Spur des Aldi-Kidnappers begeben hat, um sich entführen zu lassen und den Verbrecher so zu entlarven. Auf diesem Weg lernt er Rico kennen, den er unerwartet schnell ins Herz schließt. Tanja Doretti, Ricos Mutter: Ricos Mama ist die Geschäftsführerin eines Nachtclubs. Sie ist alleinerziehend, arbeitet oft die ganze Nacht und verlässt sich bei der Betreuung Ricos daher sehr auf die Mithilfe ihrer Nachbarin Frau Dahling. Sie ist eine liebevolle Mutter und bringt ihrem Sohn bei, trotz seiner Schwächen selbstbewusst zu sein. Ihr Handeln ist jedoch oft verantwortungslos. So lässt sie ihren Sohn für mehrere Tage alleine, obwohl derzeit nach einem bekannten Kindes-Entführer gefahndet wird, oder lässt ihn Erledigungen im Haushalt machen, während sie zum Friseur geht. Auf der Straße gucken ihr viele Männer hinterher da sie, wie Rico sagt, „einfach toll“ aussieht. Beim ersten Treffen mit Simon Westbühl wird gleich klar, dass die beiden einander gefallen. Frau Dahling : Frau Dahling wohnt im 3. Stock des Mietshauses in der Dieffe. Sie arbeitet als Fleischverkäuferin bei Karstadt. Von ihrem Mann wurde sie verlassen, weil er eine Geliebte hatte. Frau Dahling macht die besten Müffelchen, sieht gerne Liebesfilme oder Krimis und ist in den Tagesschausprecher verliebt. Wenn Ricos Mama unterwegs ist, kümmert sie sich oft um Rico. Manchmal überkommt sie „das graue Gefühl“, wie Rico es nennt, und wirkt dann sehr abwesend und traurig.

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Herr Fitzke : Herr Fitzke ist Rentner und wohnt im Erdgeschoss des Mietshauses. Er mag keinen Lärm im Treppenhaus, ist sehr griesgrämig und hat eine schlechte Hygiene. Rico und andere Kinder spricht er immer nur mit „Schwachkopf“ an. Simon Westbühl : Simon Westbühl ist Polizeikommissar. Das weiß allerdings noch niemand im Mietshaus, da er vor ein paar Tagen in den 4. Stock gezogen ist. Er ist groß und schlank, hat braune lockige Haare und „krachblaue“ Augen, und Ricos Mutter bezeichnet ihn als die schärfste Schnitte, die sie in ihrem ganzen Leben getroffen hat. Sein Interesse an Ricos Mutter ist ebenso groß.

Der Marrak : Der Marrak ist Inhaber einer Sicherheitsfirma, wohnt im 5. Stock des Hauses und besitzt einen Dachgarten. Er ist selten heim, weil er immer bei seiner Freundin übernachtet. Der Marrak wird am Ende des Stückes von Rico und Oskar als Mister 2000 entlarvt. Anscheinend möchte mit den Entführungen bewirken, dass Eltern besser auf ihre Kinder aufpassen.

Fragen: 1. Welche Personen sind euch sympathisch, wen findet ihr unsympathisch? Warum? 2. Wohnt ihr auch in einem großen Haus mit mehreren Nachbarn? Kennt ihr eure Nachbarn? Sind sie vielleicht sogar so ähnlich wie Herr Fitzke, Frau Dahling, Simon Westbühl oder der Marrak?

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VI.b. Spielorte der Geschichte Rico lebt mit seiner Mutter in einem Mietshaus in der Dieffenbachstraße 93 in Berlin-Kreuzberg:

Im Haus gibt es 5 Stockwerke mit verschiedenen Wohnungen: Erdgeschoss: Herr Fitzke 2. Stock: Rico und Tanja Doretti 3. Stock: Frau Dahling 4. Stock: Simon Westbühl 5. Stock: Marrak Zu Marraks Wohnung gehört ein Dachgarten. Von Ricos Fenster aus kann man ins einsturzgefährdete (laut Rico „einsturzgefährliche“) Hinterhaus schauen. Rico meint, manchmal sogenannte „Tieferschatten“ im Hinterhaus zu sehen. Die entführten Kinder werden im Hinterhaus in einem grünen Zimmer im Hinterhaus gefangen gehalten. Fragen: Wo hat die erste Szene gespielt? In welchen Wohnungen war Rico zu Besuch? Versucht die Geschichte anhand der Orte nachzuerzählen.

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VI.c. Tiefbegabt und Hochbegabt

Oskar: Du bist wirklich doof, oder? Wenn man etwa s direkt vor Augen hat und nur geradeaus gehen muss, kann man si ch unmöglich verlaufen.

Rico: Ach ja? Und wenn du wirklich so schlau wärs t, wie du behauptest, wüsstest du, dass es Leute gibt, die da s können.

Oskar: Ich –

Rico: Und ich sag dir noch was: Es ist kein bissc hen witzig! Ich hab mir nicht ausgesucht, dass aus meinem Gehir n manchmal was rausfällt! Ich bin nicht freiwillig du mm oder weil ich nicht lerne!

Rico bezeichnet sich selbst als „tiefbegabt“. Er möchte damit ausdrücken, dass er genauso gut denken kann wie andere – es dauert bei ihm nur viel länger. Seine Gedanken beschreibt er wie Kugeln, die in einer Bingotrommel herumrollen. Sie wirbeln durcheinander, er kann sich schlecht konzentrieren und er vergisst öfter mal etwas. Damit zeigt er Anzeichen von ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung). ADHS ist eine neurobiologische Erkrankung, die sich durch Probleme mit Aufmerksamkeit, körperlicher Unruhe oder Impulsivität äußern kann. Kinder mit ADHS denken langsamer, reagieren verzögert und können sich schwer entscheiden. Sie sind oft verträumt und bringen Spiele oder Aufgaben nicht zu Ende. Oskar hingegen ist ein hochbegabtes Kind. Er weiß sehr viel, doch sein umfangreiches Wissen – besonders um das, was alles passieren könnte – hat ihn vorsichtig und ängstlich gemacht. Zum Schutz vor Unfällen trägt er einen Helm wann immer er das Haus verlässt. Anzeichen für eine Hochbegabung sind unter anderem frühes Erlernen von Sprache und ein großer Wortschatz, ein sehr gutes Gedächtnis und Beobachtungsgabe, das Aufzeigen ungewöhnlicher Lösungsstrategien und der Mangel an Sozialkontakten zu Gleichaltrigen.

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Fragen und Antworten von Andreas Steinhöfel zu „Rico und Oskar“ Woher kam die Idee zu Rico und Oskar? Die Idee zu den Tieferschatten kam mir, nachdem ich einen Zeitungsartikel über Hochbegabte gelesen hatte. Weshalb ich die Geschichte aus der Perspektive von Oskar begann. Und weil Gegensatzpaare so prima funktionieren, erfand ich Rico dazu. Es stellte sich dann aber schnell heraus, dass Rico da nur der Doofe war, der die Stichworte für die Gags gab. Also hab ich's umgekehrt: Um zu zeigen, wie jemand sich fühlt, den fast alle für dumm halten, obwohl sein einziges Problem ist, dass er manchmal nicht geradeaus denken kann. Klappte super! Woher kommt das Wort tiefbegabt? Habe ich mir ausgedacht. Klingt freundlicher als bekloppt, oder Spasti oder behindert, oder? Soll es auch. Schließlich ist Rico nicht dumm. Er denkt nur manchmal anders als andere. Und hat außerdem die Gabe, sich in andere Menschen einzufühlen. Das ist eine tolle Fähigkeit, die auch manche schlauen Leute nicht haben. Leider. Wie kommt man auf solche (und andere) Wörter? Fragt mal andere Künstler, woher ihre Ideen kommen – keiner wird euch das befriedigend beantworten können. Am ehesten lässt sich das biologisch und psychologisch erklären (Stichworte Außenreiz, Unterbewusstsein etc.) Aber das ist erstens ein wenig langweilig, und es nimmt zweitens er Sache die Magie und den Spaß.

Kennen Sie selber Kinder wie Rico und Oskar? Kinder nur ein paar – aber Erwachsene jede Menge, vor allem tiefbegabte ☺ Nee, im Ernst: Mein (leider verstorbener) Lebensgefährte war als Kind tiefbegabt. Das bedeutet nicht, dass er doof war, im Gegenteil. Aber seine Art zu denken (und zu fühlen) passte nicht zur gängigen Art, wie in Schulen Unterricht gemacht wurde. Heutzutage schaut man, was solche Kinder betrifft, etwas genauer hin und versucht sie besser zu unterstützen. (https://newsfromvisible.blogspot.de/)

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VI.d. Szene, Fragen und Spiel zum Thema „Angst“ Regieanweisungen werden schräg gedruckt und nicht laut vorgelesen. Szene 1: Auf der Dachterrasse

Rico Die Aussicht ist phänomenal. – (zu sich) Ich kenne manchmal auch ein Fremdwort.

Oskar Du hast gesagt, hier oben wäre es toll und u ngefährlich!

Rico Ist es doch auch.

Oskar (kläglich) Ich war noch nie auf einem Dach. Und jetzt weiß ich auch, warum.

Rico Und du warst nicht mal bis am Rand. Du kannst dich doch am Geländer festhalten.

Oskar Ich kann auch schwimmen, aber ich würde trot zdem nicht in ein Becken voller Piranhas springen.

Rico Was sind Piranhas?

Oskar Räuberische Fische mit sehr scharfen Zähnen aus der Familie der Salmler. Pyrocentrus nattereri. Sie leb en in den tropischen Süßgewässern Südamerikas. Ein verlet ztes Tier oder einen Menschen zerfetzen sie in ein paar Sekunden in lauter kleine Stücke.

Rico Na gut. Sollte ich mal einem von dieser Famil ie Salmler begegnen, weiß ich jetzt Bescheid. Trotzdem ... Has t du eigentlich immer vor irgendwas Schiss?

Oskar Das ist kein Schiss. Es ist Vorsicht. Reine Vorsicht. (murmelt) Selbsterhaltungstrieb.

Rico zeigt auf eine Trennwand, die den benachbarten Dachgarten abtrennt.

Oskar Was ist dahinter?

Rico Der Dachgarten vom Marrak.

Rico Ich zeig dir was. Es ist kein bisschen gefähr lich!

Oskar Was ist das für ein Haus? Da hinten?

Rico Das Hinterhaus. Im Hinterhaus gab es mal ein e Gasexplosion. Seitdem ist es einsturzgefährlich.

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Oskar Es ist was?

Rico Einsturzgefährlich. Wenn du so schlecht hörst unter deinem komischen Helm -

Oskar Es heißt gefährdet, nicht gefährlich. Warum sollte ich mir das angucken?

Rico Weil ich da mit dir rein will.

Oskar Ins Hinterhaus? Jetzt spinnst du aber wirkli ch! Wenn es einsturzgefährdet ist, kriegen mich da keine zehn P ferde rein.

Rico Ich wollte ja auch nicht da reinreiten.

Oskar Und da das Hinterhaus abgeschlossen ist, bes teht sowieso keine Chance. Wofür hältst du mich, für einen Schlossknacker?

Rico Wir könnten gucken, was in den verlassenen Wo hnungen noch alles drin rumfliegt und so komische Schatten macht . Tieferschatten.

Oskar Vergiss es.

Rico Hast du etwa schon wieder Angst?

Oskar Mit Angst hat das nichts zu tun. Nur mit Ver nunft.

Rico Also doch!

Oskar Du kannst einen echt nerven, weißt du das? U nd du? Hast du vor gar nichts Angst?

Rico Doch. Ich hab Angst, ich könnte mich mal in d er Stadt verirren. Ich find mich nicht zurecht, weißt du. Mi t dem vielen links und rechts und dergleichen.

Oskar Ist das schon mal passiert?

Rico Nee, ich war ja noch nie allein unterwegs.

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Fragen: 1. Oskar hat vor sehr vielen Dingen Angst, unter anderem auch vor der Höhe der Dachterrasse. Wovor haben die anderen Figuren aus dem Stück Angst? Mögliche Antworten: - Rico hat Angst vor den Tieferschatten im Hinterhaus und davor, sich zu verlaufen

- Ricos Mutter hat Angst davor, Rico zu verlieren oder eine unverantwortliche Mutter zu sein - Oskar hat Angst vor Verkehrsunfälle, vor einsturzgefährdeten Gebäuden und Piranhas

- die Bürger Berlins haben Angst vor dem Aldi-Kidnapper - Sophia hat Angst davor, ihren Goldfisch zu verlieren - … 2. Woher kommt Angst? Warum gibt es sie überhaupt? Überlegt gemeinsam.

- Angst entsteht aus schlechten Erfahrungen, z.B. Ricos Angst, sich zu verlaufen - Wir lernen von unserer Umgebung, vor bestimmten Dingen Angst zu haben, z.B. die Angst vor dem Aldi-Kidnapper - Angst ist uns von Natur aus angeboren, z.B. Höhenangst wie Oskar - Angst ist neben Trauer, Freude und Überraschung ein Grundgefühl des Menschen - Angst ist ein sehr nützlicher Instinkt, ein Mechanismus, der uns vor Gefahren schützt - …

3. Wovor fürchtet ihr euch? Erstellt eine Liste. Diese könnt ihr natürlich auch mit Zeichnungen versehen. - vor dem unfreundlichen Nachbarn, wie der Rentner Fitzke - vor Verkehrsunfällen - vor Tieren, z.B. Spinnen oder Hunden - davor, dass jemand anderem etwas zustößt - vor Entführern und anderen Verbrechern - … 4. Was passiert mit dem Körper, wenn man sich fürchtet? Woran kann man erkennen, dass jemand Angst hat? Gibt es bestimmte Signale, die uns das verraten? - zitternde Hände - schneller klopfendes Herz, steigender Puls und Blutdruck - flachere und schnellere Atmung - ängstlicher Gesichtsausdruck, bleiches Gesicht - Angstschweiß oder Übelkeit - Adrenalin wird ausgeschüttet - erhöhte Aufmerksamkeit und Muskelspannung, Fluchtbereitschaft - die Arbeit von Blase, Darm und Magen wird eingestellt - …

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5. Muss man etwas gegen seine Ängste tun? Wie kann man eine Angst überwinden? - Ja, es ist wichtig, seine Ängste zu überwinden - Nein, Ängste sind hilfreich und überhaupt nicht schlimm - Manche Ängste kann man nicht überwinden - Man muss sich seinen Ängsten aussetzen

- …

6. Haben nur Kinder Angst, oder auch Erwachsene? Wovor könnten sie Angst haben? Fragt eure Eltern, Omas und Opas, Nachbarn, Bekannte, Lehrer … Unterscheiden sich ihre Ängste von euren eigenen und denen eurer Klassenkameraden? - Angst vor bestimmten Aufgaben im Beruf

- Angst davor, zu versagen oder keinen Erfolg zu haben - Angst vor politischen Ereignissen oder Umweltproblemen - Angst um Kinder und Familienmitglieder - Ja, die Ängste Erwachsener sind oft abstrakter und schwerer zu fassen - Nein, Erwachsene haben vor genau denselben Dingen Angst wie Kinder - … Spiel zum Thema „Angst“

Materialien: Zettel (gleiche Anzahl wie Schüler) Die Schüler stellen sich in einen großen Kreis, sodass jeder von allen gesehen werden kann. Jeder Schüler zieht einen Zettel, den nur er ansehen darf. Mit Ausnahme eines einzigen Zettels sind alle unbeschrieben, nur auf diesem einen Zettel steht das Wort „Angst“. Der Schüler mit dem Angst-Zettel muss nun versuchen, seine Angst mimisch und körperlich darzustellen. Die anderen Schüler beobachten einander aufmerksam und versuchen, den ängstlichen Schüler zu identifizieren.

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VI.e. Wörterspiel 1. Weißt du noch, welche Figuren aus dem Stück dieses Gespräch führen, und wann? Woher kommt der Begriff „Fundnudel“? Was soll er bedeuten? - Rico und Oskar führen dieses Gespräch, als sie sich zum ersten Mal begegnen - Den Begriff „Fundnudel“ hat Rico erfunden

- Rico setzt gerne neue Wörter zusammen, um ungewöhnliche Dinge zu beschreiben - „Fundnudel“ ist ein neues Wort für eine gefundene Nudel

2. An welche anderen ungewöhnlichen Wörter aus dem Stück kannst du dich erinnern? Was sollen sie bedeuten?

- „Tieferschatten“: Die Schatten, die Rico hinter den gewöhnlichen Schatten im einsturzgefährdeten Hinterhaus zu erkennen meint – er glaubt, dass die Schatten vom Geist des verstorbenen Fräulein Bonhöfers herrühren - „tiefbegabt“: Rico bezeichnet sich selbst als tiefbegabtes Kind, weil er sich nicht gut konzentrieren und an Dinge erinnern kann

- „Blutmatsche“: Ketchup -„Müffelchen“: kleine belegte Schnittchen, die Frau Dahling für die Fernsehabende mit Rico vorbereitet

- „graues Gefühl“: das Gefühl der Traurigkeit, das Frau Dahling manchmal überkommt 3. Versuche, selbst ein paar neue Wörter zu erfinden oder zusammenzusetzen. Du kannst auch Skizzen dazu anfertigen. Kann dein Sitznachbar erraten, was sie bedeuten?

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VI.f. Szenen und Fragen zum Thema „Freundschaft“ Szene 2: Rico und Oskar lernen sich kennen

Oskar Pass doch auf! Was machst du?

Rico Was suchen.

Oskar Wenn du mir sagst, was, kann ich dir helfen.

Rico Eine Nudel.

Oskar Was für eine Nudel ist es denn?

Rico Auf jeden Fall eine Fundnudel. Eine Rigatoni, aber nur vielleicht. Genau kann man das erst sagen, wenn ma n sie gefunden hat, sonst wäre es ja keine Fundnudel. Ist doch wohl logisch, oder?

Oskar Hm ... Kann es sein, dass du ein bisschen do of bist?

Rico Ich bin ein tiefbegabtes Kind.

Oskar Tatsache? Ich bin hochbegabt.

Rico Ich habe noch nie ein hochbegabtes Kind geseh en, außer im Fernsehen bei einer Show. Da war ein Mädchen gewese n, das spielte wie eine Bekloppte irgendwas total Schwieri ges auf der Geige, und gleichzeitig rief der Moderator ihr kilometerlange Zahlen zu und sie musste dann sagen, ob es eine Primzahl war oder nicht.

Oskar Wo wohnst du denn?

Rico Na, hier.

Oskar Du bist wirklich doof, oder? Wenn man etwas direkt vor Augen hat und nur geradeaus gehen muss, kann man si ch unmöglich verlaufen.

Rico Ach ja? Ich kann das. Und wenn du wirklich so schlau wärst, wie du behauptest, wüsstest du, dass es Leut e gibt, die das können.

Oskar Ich –

Rico Und ich sag dir noch was: Es ist kein bissche n witzig! Ich hab mir nicht ausgesucht, dass aus meinem Gehir n manchmal was rausfällt! Ich bin nicht freiwillig du mm oder weil ich nicht lerne!

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Oskar Hey, ich –

Rico Aber du bist ja wohl eins von den Superhirnen , die alles wissen und dauernd mit irgendwas angeben müssen, we il sich nämlich keiner für sie interessiert, außer wenn sie im Fernsehen Geige spielen!

Oskar Ich hab das gar nicht so –

Rico Außerdem weiß ich, was 'ne Primzahl ist!

Oskar (geht zu Rico, streckt seine Hand aus)

Ich heiße Oskar. Und ich möchte mich aufrichtig bei dir entschuldigen. Ich hätte mich nicht über dich lusti g machen dürfen. Das war arrogant.

Rico Ich heiße Rico. Mein Vater war nämlich Italie ner.

Oskar Ist er tot?

Rico Logisch. Sonst hätte ich ja nicht war gesagt.

Oskar Wie ist er denn gestorben?

Rico Ich muss nach oben. Sonst schmilzt die Butter .

Fragen: Versetzt euch erst in Ricos und dann in Oskars Lage. Was könnte in den Köpfen der beiden vorgehen? Wie gehen sie miteinander um? Mögliche Antworten: - Oskar fällt es vielleicht nicht so leicht, sich in andere Menschen hineinzuversetzen - Er könnte wegen der „Fundnudel“ verwirrt sein - Er meint es sicher nicht böse und möchte sich auch gleich bei Rico entschuldigen - Rico fühlt sich durch Oskars direkten Worte gekränkt

- Er reagiert vielleicht besonders empfindlich darauf, wenn andere ihn „dumm“ oder „doof“ nennen - Er geht sehr offen auf andere Menschen zu und nimmt Oskars Entschuldigung gerne an

- …

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Szene 3: Der Freundschaftstest

Rico (zum Publikum) Ich war mir nicht sicher, ob er schon mein

echter Freund war. Ich musste das überprüfen. (zu Oscar) Kommst du morgen wieder? (zum Publikum) Das war ein ziemlich schlauer Test, fand ich.

Oskar Eigentlich habe ich morgen schon was vor. Da s kann den ganzen Tag dauern ... Das kann ich aber auch späte r erledigen, schätze ich.

Rico Sind wir jetzt echte Freunde?

Oskar (streckt Rico die Hand aus, Rico umarmt ihn)

Sind wir das nicht schon die ganze Zeit?

Rico Oskar ist jetzt mein Freund, auch wenn er ei nen an der Waffel hat. (nachdenklich) der Auffahrunfall heute, und der Bühl, der plötzlich in der Tür stand (freut sich, dann wieder nachdenklich) . Warum ist der eigentlich unterwegs gewesen? Der muss doch irgendeinen Job haben … hmm … merkwürdig.

Fragen:

Was meint ihr, warum werden die beiden Jungen im Lauf der Geschichte Freunde? Was ist wichtig in einer Freundschaft? - Rico und Oskar finden sich interessant, weil sie so unterschiedlich sind

- Es ist wichtig, dass man am anderen interessiert ist, Zeit miteinander verbringt und nett zueinander ist

- Man muss ähnliche Interessen haben - Man muss sich überhaupt nicht ähneln - …

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Szene 4: Wahre Freunde

Oskar Darüber bin ich ihm auf die Spur gekommen. Sophia k onnte sich an seinen klimpernden Schlüsselbund erinnern. Und an seinen roten Arbeitsanzug mit dem goldenen Tresor d rauf. Ich musste ihr versprechen, sie nicht zu verraten. Daher hab ich mir aus dem Telefonbuch alle Schließdienste in Berlin rausgeschrieben. Wochenlang hab ich sie jede n Nachmittag nach der Schule alle einzeln aufgesucht. Zuletzt fand ich den Marrak durch Zufall. Sein Auto war in der Dieffe geparkt, aber ich wusste nicht, in welch es Haus er verschwunden war. Ich wartete. Etwa zwei Stunden später verließ er die Nummer 93. Jetzt gab es zwei Möglich keiten. Entweder hatte er nur einen Kunden besucht...

Rico ... oder er wohnte dort. Stimmt doch, oder? Und um das rauszufinden, bist du in der Dieffe herumgeschliche n. Und hast dabei mich getroffen.

Oskar nickt.

Ich spürte einen bitteren Geschmack im Mund. Du has t mich benutzt, um ins Haus zu kommen! Um dort nach dem Ma rrak zu suchen! Um rauszukriegen, ob er hier wohnt!

Oskar schweigt betroffen, Rico und Oskar starren si ch an.

Oskar Am Anfang... Am Anfang warst du mir egal. Da wollte ich wirklich nur ins Haus kommen. Aber oben auf diesem Dachgarten –

Rico – wo du endlich gefunden hattest, was du woll test –

Oskar – da tat es mir leid, dass ich dich ausgenut zt hatte. Ich mag dich, Rico! Du bist mein einziger Freund. Du wa rst kein einziges Mal gemein zu mir, und du hast dein L eben riskiert, um mich zu finden. Riskierst es noch.

Rico Ich dachte an den Nachmittag auf dem Dach und wie Oskar seine warme Hand in meine gelegt hatte. Das war seh r schön gewesen und keine Lüge.

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Fragen: Oskar hat Rico zuerst nur benutzt, um näher an Mister 2000 heranzukommen. Was denkt ihr darüber? Wärt ihr an Ricos Stelle, wie würdet ihr reagieren?

- Es war nicht nett, Rico auszunutzen, aber Oskar hat sich schließlich mit ihm angefreundet - Es ist gut, dass Oskar ehrlich ist und seine erste Absicht nicht verschweigt - Oskar hätte Rico gleich von Anfang an einweihen sollen - Ich wäre ein bisschen gekränkt und verletzt, aber erleichtert, dass ich trotzdem Oskars Freund bin - Ich wäre richtig sauer auf Oskar - …

Lest die verschiedenen Dialoge in verteilten Rollen laut vor. Wenn ihr bereit seid, könnt ihr die Szenen auch schon richtig spielen und dabei Mimik und Gestik einbringen. Setzt euch danach noch einmal zusammen. Hat sich etwas verändert, nun, da ihr in Ricos und Oskars Haut geschlüpft seid?

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VII. Quellenangaben: Begabtenzentrum Diana Haese: Wann liegt eine Hochbegabung vor und welche Anzeichen gibt es bei hochbegabten Kindern? URL: https://www.begabtenpaedagogik.de/ hochbegabung.html (Stand: 02.10.2017). Knabenhans, Anja: Bingokugeln im Kopf (03.09.2008), in: Neue Züricher Zeitung. URL: https://www.nzz.ch/bingokugeln_im_kopf-1.822042 (Stand: 02.10.2017). Menzel, Hilde Elisabeth: Hochbegabt und tiefbegabt (20.03.2008), in: Zeit Online. URL: http://www.zeit.de/2008/13/KJ-Steinhoevel (Stand: 02.10.2017). Von Selchow, Stephanie: Bloß nicht so lehrreich! (30.06.2014), in: Chrismon: Das Evangelische Magazin. URL: http://chrismon.evangelisch.de/artikel/2014/bloss-nicht-so-lehrreich-21698 (Stand: 02.10.2017). Andreas Steinhöfels Blog: www.newsfromvisible.blogspot.de Übungsmappe vom Carlsen-Verlag: http://www.filmernst.de/media/files/Materialien/R/Rico,%20Oskar%20und%20die%20Tieferschatten_Buch.pdf Stückfassung: Rico, Oskar und die Tieferschatten, nach einem Roman von Andreas Steinhöfel, von Felicitas Loewe.