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RINDERZUCHT AUSTRIA Die beste Kuh für‘s Gras Anforderungen an die Zucht bei unterschiedlichen Betriebsintensitäten Seminar des Ausschusses für Genetik der ZAR, 21. März 2013, Salzburg

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RINDERZUCHT AUSTRIA

Zentrale Arbeitsgemeinschaft österreichischer RinderzüchterA-1200 Wien, Dresdner Straße 89/19, Tel.: +43 (0) 1 334 17 21-0, Fax: +43 (0) 1 334 17 13

E-mail: [email protected], www.zar.at, Fotodatenbank auf http://bilder.zar.at

FLECKVIEH AUSTRIA

RINDERZUCHT AUSTRIA

Die beste Kuh für‘s GrasAnforderungen an die Zucht bei

unterschiedlichen Betriebsintensitäten

Seminar des Ausschusses für Genetikder ZAR, 21. März 2013, Salzburg

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ZAR-Seminar 2013 Inhaltsverzeichnis

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Inhaltsverzeichnis

Verzeichnis der ReferentInnen 2

DI Franz Steininger:

Welche Anforderungen stellen die Züchter an die Küh e? 3

Prof. Dr. Holger Martens:

Die negative Energiebilanz in der frühen Laktation: 13

Risikofaktor für Ketose und Fruchtbarkeit

Univ.-Doz. Dr. Leonhard Gruber:

Grundfutterqualität, Kraftfutterniveau und genetisc hes Potenzial als 21

Schlüsselfaktoren für die Höhe der Milchleistung

DI Michael Wöckinger:

Kraftfuttereinsatz in schwankenden Märkten 41

PD Dr. Birgit Fürst-Waltl:

Genetische Hintergründe von Merkmalsbeziehungen unt er 47

verschiedenen Umweltbedingungen

Dr. Hermann Schwarzenbacher:

Züchten wir die richtigen Kühe für extensive Betrie be? 55

Dr. Christian Fürst:

Brauchen wir unterschiedliche Zuchtziele und Zuchtp rogramme? 63

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ZAR-Seminar 2013 Verzeichnis der ReferentInnen

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Verzeichnis der ReferentInnen Dr. Christian Fürst ZuchtData EDV-Dienstleistungen GmbH Dresdner Straße 89/19, 1200 Wien [email protected], www.zuchtdata.at PD Dr. Birgit Fürst-Waltl Universität für Bodenkultur Institut für Nutztierwissenschaften Gregor Mendel-Straße 33, 1180 Wien [email protected], www.boku.ac.at Univ.-Doz. Dr. Leonhard Gruber Institut für Nutztierforschung Lehr- und Forschungszentrum für Landwirtschaft LFZ Raumberg-Gumpenstein 8952 Irdning [email protected], www.raumberg-gumpenstein.at Prof. Dr. Holger Martens Institut für Veterinär-Physiologie Freie Universität Berlin Oertzenweg 19b D-14163 Berlin [email protected], www.vetmed.fu-berlin.de Dr. Hermann Schwarzenbacher ZuchtData EDV-Dienstleistungen GmbH Dresdner Straße 89/19, 1200 Wien [email protected], www.zuchtdata.at DI Franz Steininger ZuchtData EDV-Dienstleistungen GmbH Dresdner Straße 89/19, 1200 Wien [email protected], www.zuchtdata.at DI Michael Wöckinger Landwirtschaftskammer OÖ Referent Milchwirtschaft und Leiter Beratungsstelle Rinderproduktion Auf der Gugl 3, 4021 Linz [email protected], www.lk-ooe.at

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ZAR-Seminar 2013 Steininger - Welche Anforderungen stellen die Züchter an die Kühe?

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Welche Anforderungen stellen die Züchter an die Küh e?

Franz Steininger, Birgit Fürst-Waltl und Christa Egger-Danner Die letzten beiden Jahrzehnte sind geprägt von einer massiven Steigerung des Leistungspoten-tials unserer Milchkühe. Die durchschnittliche Milchleistung je Laktation der österreichischen Milchkühe stieg in den letzten 15 Jahren um etwa 25-30 Prozent an. Mit dem Anstieg der Leistung steigen aber auch die Anforderungen an das Management in den Betrieben und sei-tens der Landwirte wird oftmals die "unkom-plizierte, problemlose Kuh" gefordert. Doch was genau soll man sich unter diesem Begriff vorstellen und verstehen alle Praktiker, die dies fordern, darunter dasselbe? Im Rahmen des Projektes OptiGene wurde versucht, mittels einer Onlinebefragung diesen Fragen auf den Grund zu gehen und in einem weiteren Schritt die aktuellen Zuchtziele der Zuchtprogramme der Rinderrassen Fleckvieh, Braunvieh, Holstein, Pinzgauer und Grauvieh zu beleuchten und Vorschläge für Verbesse-rungen auszuarbeiten. Ziele verändern sich Die gesamte Landwirtschaft war speziell im 20. Jahrhundert davon geprägt, die Leistungs-fähigkeit zu steigern, um die Ernährung der Bevölkerung sicher zu stellen. In den letzten Jahren hat sich diese Zielsetzung allerdings geändert. Natürlich geht es nach wie vor da-rum, die Ernährung abzusichern und möglichst

ökonomisch die landwirtschaftlichen Betriebe zu führen, aber einerseits gilt es dem Konsu-mentenwunsch nach möglichst ökologisch produzierten Lebensmitteln nachzukommen und andererseits drängen auch wirtschaftliche Rahmenbedingungen und gesundheitliche Probleme der Nutztiere dazu, Managementsys-teme und Zuchtziele zu überdenken und an neue Gegebenheiten anzupassen. Ziele ändern sich allerdings nicht nur durch Veränderung der externen Rahmenbedingun-gen, sondern auch durch den in der Vergan-genheit erzielten Zuchtfortschritt selbst. Auch in der Tierzucht gilt die Regel des abnehmen-den Ertragszuwachses. Dies führt dazu, dass bei steigender Leistung in den Produktions-merkmalen der zusätzliche Gewinn einer wei-teren Steigerung sinkt. Stattdessen nimmt aber der mögliche Vorteil durch Verbesserung von Fitnessmerkmalen zu. Tabelle 1 zeigt für ausgewählte Merkmale der Rassen Fleckvieh, Braunvieh und Holstein Entwicklungstrends der letzten 15 Jahre. Bei allen drei Rassen stieg die durchschnittliche Milchleistung im Beobachtungszeitraum um etwa 1400 bis 2000 kg. Für die Nutzungsdauer ist bei allen drei Rassen ein leicht negativer Trend feststellbar, während für die Zwischen-kalbezeit und Zellzahl die Entwicklungstrends rassenspezifisch unterschiedlich sind.

Tabelle 1: Entwicklung ausgewählter Merkmale bei Fleckvieh, Braunvieh und Holstein über die letzten 15 Jahre.

Fleckvieh Braunvieh Holstein

1997 2012 Diff. 1997 2012 Diff. 1997 2012 Diff.

Milch kg (alle Lakt.) 5231 7039 +1808 5646 7094 +1448 6500 8473 +1973

FE-kg 396 533 +137 421 541 +120 485 626 +141

Nutzungsdauer (in J.) 3,92 3,81 -0,11 4,20 3,82 -0,38 4,05 3,50 -0,55

Zwischenkalbez. (in T.) 393,5 391,4 -2,1 411,2 418,2 +7,0 414,7 415,0 +0,3

Zellzahl (in 1000) 188,8 190,6 +1,8 245,8 220,4 -25,4 277,9 258,1 -19,8

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Züchten heißt, am selben Strang ziehen Um möglichst effizient zu züchten, ist es not-wendig, dass alle Beteiligten dasselbe Ziel vor Augen haben. Im Rahmen des Forschungspro-jektes "Zuchtplanung und Optimierung der Zuchtprogramme für die Rassen Fleckvieh und Braunvieh" (SÖLKNER et al., 2000) wurde 1999 eine Züchterbefragung (NATTER, 2000) durchgeführt und die Zuchtprogramme bei Fleckvieh und Braunvieh optimiert. Damit wurde ein wichtiger Grundstein für die öster-reichische Rinderzucht gelegt. In den letzten Jahren wurden vermehrt Züchter nach deren Präferenzen bei der Auswahl von Besamungsstieren befragt. In Deutschland un-tersuchten PRZEWOZNY und PETERS (2012) die Präferenzen bei der Stierwahl auf Milchviehbetrieben in Brandenburg und RÖßLER et al. (2012) befragten Braunvieh- und Hinterwälder-Züchter in Baden Württem-berg.

In beiden Studien erwies sich die Nutzungs-dauer als wichtigstes Merkmal. In der Arbeit von PRZEWOZNY und PETERS (2012) folg-ten die Relativzuchtwerte für Milchleistung und Kälberverluste. Bei der Befragung von Braunviehzüchtern durch RÖßLER et al. (2012) wurden funktionale Merkmale wie Nutzungsdauer, Fundament und Fruchtbarkeit generell relativ höher bewertet als die Milch-menge. AHLMANN et al. (2012) untersuchten in Schweden, ob biologisch und konventionell wirtschaftende Betriebe unterschiedliche Zuchtmerkmale als wichtig erachten. Bei bei-den Betriebstypen erwies sich die Nutzungs-dauer als das wichtigste Merkmal, gefolgt von Milchleistung, Fruchtbarkeit, Klauengesund-heit und Mastitisresistenz. Die biologisch wirt-schaftenden Betriebe reihten allerdings Milchleistung und Mastitisresistenz umge-kehrt.

Abbildung 1: Regionale Verteilung der Rücklaufquote der Züchterbefragung in Österreich.

Online-Befragung in Österreich, Deutschland und Tschechien Im Frühjahr 2012 wurde gemeinsam mit den österreichischen Rinderzuchtorganisationen der Rassen Fleckvieh, Braunvieh, Pinzgauer und Grauvieh ein Online-Fragebogen ausgear-

beitet, der von den Züchtern von 16. März bis 8. August 2012 mittels der Plattform Survey-Monkey beantwortet werden konnte. In diesem Zeitfenster wurde der Fragebogen von insge-samt 2218 Milchviehzüchtern beantwortet. Aufbauend auf den in Österreich verwendeten Fragebögen erfolgte von Juni 2012 bis Februar

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2013 in Deutschland und von August 2012 bis Jänner 2013 in Tschechien eine ähnliche Um-frage. Von den deutschen Züchtern wurde der Fragebogen 609-mal und von tschechischen Züchtern 78-mal beantwortet. Die Ergebnisse der deutschen Umfrage können teilweise be-reits in diesem Artikel vorgestellt werden. Die

tschechische Umfrage wird derzeit noch aus-gewertet. Abbildung 1 zeigt für die vier befragten Tier-rassen die regionale Verteilung der Rücklauf-quote in Österreich und Tabelle 1 stellt die Betriebsstruktur der Umfrageteilnehmer dar.

Tabelle 1: Relative Verteilung der beantworteten Fragebögen nach Rasse und Betriebs-struktur (in %).

alle

(DEA) FL

(AUT) FL

(DEU) BV

(AUT) BV

(DEU) PI

(AUT) GR

(AUT) Fragebögen (n) 2836 1635 385 398 201 82 103 in Prozent 100,00 57,65 13,58 14,03 7,09 2,89 3,63 Milchleistung unter 5.000 kg 4,16 2,39 0,78 2,26 1,00 19,51 47,57 5.000 bis 5.999 kg 9,87 9,48 3,12 8,04 0,50 45,12 39,81 6.000 bis 6.999 kg 21,79 24,46 12,21 27,89 9,95 29,27 12,62 7.000 bis 7.999 kg 27,08 28,38 29,35 28,64 32,84 2,44 0,00 8.000 bis 8.999 23,41 21,35 35,06 23,12 39,30 2,44 0,00 über 9.000 kg 13,68 13,94 19,48 10,05 16,42 1,22 0,00 Anzahl Milchkühe unter 15 29,06 29,05 7,01 40,45 5,97 63,41 91,26 15 bis 29 36,28 44,65 15,58 42,71 19,40 23,17 7,77 30 bis 49 19,89 19,63 27,01 11,81 36,32 10,98 0,00 über 50 14,77 6,67 50,39 5,03 38,31 2,44 0,97 Bio Ja 18,51 20,06 3,64 18,84 4,48 68,29 39,81 Nein 81,49 79,94 96,36 81,16 95,52 31,71 60,19 Geschlecht männlich 73,63 70,40 78,78 75,88 87,94 69,51 75,73 gemeinsam 10,97 11,99 6,90 12,31 6,53 13,41 12,62 weiblich 15,40 17,61 14,32 11,81 5,53 17,07 11,65 Alter unter 30 15,72 13,64 25,99 12,31 24,62 15,85 5,83 30 bis 40 28,71 29,30 25,73 30,15 25,63 21,95 34,95 40 bis 50 31,50 33,64 25,20 31,91 25,13 34,15 30,10 50 bis 60 13,84 13,64 12,47 16,83 12,06 10,98 18,45 über 60 1,56 1,16 2,12 1,01 2,01 2,44 3,88 gemischt 8,67 8,62 8,49 7,79 10,55 14,63 6,80

Stärken und Schwächen der Ras-sen Eingangs wurden die Umfrageteilnehmer ge-beten, die Stärken und Schwächen ihrer Haupt-rasse am Betrieb einzuschätzen. Abbildung 2 und Abbildung 3 stellen die Einschätzung für die Rassen Fleckvieh und Braunvieh bei unter-schiedlichen Leistungsniveaus der Herde dar. Für die Rasse Fleckvieh zeigt sich, dass bei steigender Milchleistung Eutergesundheit, Fundament und Kalbeverlauf kritisch gesehen wird, während speziell Fleischleistung, Mil-

chinhaltsstoffe und Fruchtbarkeit vermehrt als Stärken von Fleckvieh gesehen werden. Auch bei der Rasse Braunvieh wird die Fruchtbarkeit vor allem auf Betrieben mit niedriger Milchleistung als Schwäche der Ras-se wahrgenommen. Die großen Stärken der Rasse sind Milchinhaltsstoffe, Alpungstaug-lichkeit und Kalbeverlauf, welche bei steigen-der Milchleistung noch stärker positiv wahrge-nommen werden. Die Nutzungsdauer und Stoffwechselstabilität wird speziell von Braunviehzüchtern mit höheren durchschnittli-chen Milchleistungen als Stärke ihrer Rasse gesehen.

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Abbildung 2: Einschätzung der Stärken und Schwächen der Hauptrasse am Betrieb gruppiert nach durchschnittlicher Milchleistung der Herde am Betrieb für Fleckvieh (Datengrundlage: Österreich).

Abbildung 3: Einschätzung der Stärken und Schwächen der Hauptrasse am Betrieb gruppiert nach durchschnittlicher Milchleistung der Herde am Betrieb für Braunvieh (Datengrundlage: Österreich).

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Abbildung 4: Einschätzung der Stärken und Schwächen von Fleckvieh gruppiert nach Stallform bzw. Melksystem (Datengrundlage: Österreich und Deutschland).

Abbildung 4 zeigt, dass sich die Einschätzung der Stärken und Schwächen der Rasse Fleck-vieh auch auf Betrieben mit unterschiedlicher Stallform bzw. Melksystem unterscheiden. Betriebe mit Anbindehaltung sehen Fruchtbar-keit und Stoffwechselstabilität der Rasse Fleckvieh mehr als Schwäche der Rasse an, als Betriebe mit Laufställen. Hingegen wird Fun-dament und Eutergesundheit zumindest etwas positiver gesehen als auf Laufstallbetrieben.

Gewichtung der Merkmalskom-plexe Rassentypisch legen die Züchter der Rassen Fleckvieh, Braunvieh und Pinzgauer am meis-ten Gewicht (ca. 36-40%) in ihrem persönli-chen Zuchtziel auf die Milchmerkmale, gefolgt

von den Fitnessmerkmalen mit 29-32%. Die Exterieurmerkmale sind den Fleckvieh- und Braunviehzüchter mit ca. 20% nahezu gleich wichtig, während die Fleckviehzüchter doch etwas mehr Gewicht auf die Fleischleistung legen. Nur die Grauviehzüchter legen bereits mehr Gewicht auf den Fitnesskomplex (30%) als auf alle anderen Merkmalsgruppen. Abbildung 6 zeigt den massiven Bedeutungs-zuwachs der Fitnessmerkmale (ca. +10 Pro-zentpunkte) bei Fleckvieh und Braunvieh im Vergleich der Jahre 1999 und 2012. Dieses Mehrgewicht auf den Fitnesskomplex geht hauptsächlich zu Lasten der Produktions-merkmale für Milch und Fleisch. Auch die Exterieurmerkmale haben in den letzten 13 Jahren an Bedeutung gewonnen.

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Abbildung 5: Gewichtung der Merkmalskomplexe im persönlichen Zuchtziel der österreichischen Züchter nach Rasse.

Abbildung 6: Gewichtung der Merkmalskomplexe bei Fleckvieh und Braunvieh im Vergleich der Jahre 1999 und 2012 (Datengrundlage: Österreich).

Abbildung 7: Vergleich der Gewichtung der Merkmalskomplexe zwischen Österreich und Deutschland bei Fleckvieh und Braunvieh

Kaum Unterschiede zwischen Österreich und Deutschland Der Vergleich der Umfrageergebnisse in Ös-terreich und Deutschland zeigt allgemein eher geringe Unterschiede: das Ranking der gefrag-

ten Merkmale ändert sich auch bei den Detail-abfragen kaum und zeigt meist nur geringe Schwankungen. Abbildung 7 zeigt, dass bei der Gewichtung der Merkmalskomplexe kaum Unterschiede zwischen den österreichischen und deutschen

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Züchtern bestehen. Fitness- und Fleischmerk-male werden in Österreich etwas mehr, dafür die Exterieurmerkmale etwas weniger stark gewichtet. Persönliches Zuchtziel im Detail Im Wesentlichen kann festgestellt werden, dass beim überwiegenden Großteil der teil-

genommenen Züchter die Fitnessmerkmale ganz oben im persönlichen Zuchtziel stehen. Speziell Fruchtbarkeit, Nutzungsdauer sowie Euterform und -gesundheit führen das Ranking klar an. Bloß bei den Züchtern der Rasse Pinz-gauer sind die Merkmale Milchleistung und Milchinhaltsstoffe noch auf den Spitzenplätzen (vgl. Abbildung 8).

Abbildung 8: Ranking der wichtigsten Merkmale im persönlichen Zuchtziel der österreichischen Züchter.

Abbildung 9: Ranking der wichtigsten Merkmale im persönlichen Zuchtziel über alle Rassen hinweg im Vergleich Österreich zu Deutschland.

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Abbildung 9 vergleicht das Ranking der Merkmale im persönlichen Zuchtziel der öster-reichischen und deutschen Züchter. Auch hier führen eindeutig die Fitnessmerkmale die Rei-hung an. Merkbare Unterschiede zwischen den

beiden Ländern sieht man nur bei Nutzungs-dauer und Persistenz, welche die deutschen Züchter im Durchschnitt als wichtiger erachten als ihre österreichischen Kollegen.

Abbildung 10: Veränderung des persönlichen Zuchtziels bei unterschiedlicher durch-schnittlicher Herdenleistung für die Rasse Fleckvieh (Datengrundlage: Österreich und Deutschland).

Abbildung 11: Ranking für neue gewünschte Merkmale für die Zuchtwertschätzung in Österreich und Deutschland.

Abbildung 10 zeigt, wie sich das persönliche Zuchtziel bei den Fleckviehzüchtern mit stei-gender durchschnittlicher Milchleistung in der Herde verändert. Während Milchleistung, Mil-

chinhaltsstoffe und Fleischleistung an Bedeu-tung verlieren, gewinnen die Merkmale Nut-zungsdauer, Euter, Persistenz und vor allem Fundament an Bedeutung.

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Zusätzlich gewünschte Merkmale Die Umfrageteilnehmer wurden auch nach zusätzlichen Merkmalen befragt, für die der-zeit noch keine Zuchtwerte geschätzt werden. Hierbei ergab sich ein sehr eindeutiges Ran-king, welches kaum von anderen Parametern beeinflusst wurde. Die Top 5 belegen etwa gleichauf die Merkmale: Stoffwechselstabili-tät, Klauen-Gesundheit, Futter- bzw. Energie-Effizienz, gegenseitiges Besaugen und Tempe-rament bzw. Verhalten der Tiere. Unterschiede zeigten sich hauptsächlich bei rassenspezifi-schen Problemen wie z.B.: mangelnder Saug-reflex oder gegenseitiges Besaugen. Abbildung 11 zeigt, dass die nur in Deutsch-land abgefragten Merkmale Nachgeburtsver-haltung und Festliegen für die Züchter in Deutschland ebenfalls interessant wären. Bei den in beiden Ländern abgefragten Merkmalen zeigen sich kaum Unterschiede. Neuorientierung im Zuchtziel In den letzten Jahren wurde viel im Bereich neuer Zuchtmethoden geforscht und weiter-entwickelt. Speziell mit der genomischen Se-lektion wurde den Züchtern ein mächtiges Werkzeug in die Hand gelegt, dessen zukünf-tige Möglichkeiten heute noch nicht vollkom-men abgeschätzt werden können. Es ist wich-tig, sich bewusst zu machen, dass derartige Zuchtmethoden zwar die Geschwindigkeit des Zuchtfortschritts erhöhen, aber nicht das Ziel verändern können. Die durchgeführte Züchterbefragung zeigt klar, dass die österreichischen (und deutschen) Milchrinderzüchter vermehrt auf die Fitness-merkmale achten und neue zusätzliche Merk-male im Bereich der Tiergesundheit fordern. Für den einzelnen Landwirt wird es in Zukunft immer wichtiger werden, wirtschaftlich Milch zu produzieren. Dies bedarf natürlich einer entsprechenden Milchleistung, aber auch durch Kostenreduktion kann die Wirtschaftlichkeit erhöht werden.

Diese Kostenreduktion kann speziell in zwei verschiedenen Bereichen passieren:

1. Senkung der Kosten, die aufgrund von Gesundheitsstörungen entstehen, und 2. Senkung der Futtermittelkosten durch Steigerung der Stoffwechseleffizienz und, speziell in Hinblick auf steigende Energie- und Kraftfutterkosten, durch bessere Aus-nützung des zur Verfügung stehenden Grundfutters.

Danksagung

Der Projektträger RINDERZUCHT AUSTRIA (ZAR) dankt dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft für die finanzielle Unterstützung, den Projektpart-nern für die wertvolle Kooperation und gute Zu-sammenarbeit sowie den Landwirten für ihre Be-reitschaft an der Umfrage teilzunehmen.

Literatur AHLMAN, T., WALLENBECK, A. und LJUNG,

M. (2012): Organic producers' preferences re-garding traits important in dairy production. 2nd IFOAM / ISOFAR International Confer-ence on Organic Animal Husbandry, Hamburg (DEU), 12.-14. September 2012

NATTER, R. (2000): Vergleichende Analyse der Mitgliederbefragung von Braunvieh- und Fleckvieh-Zuchtverbänden. Diplomarbeit. Wien (AUT): Universität für Bodenkultur Wien

PRZEWOZNY, A. und PETERS, K.J. (2012): Präferenzen für Besamungsbullen in Milch-viehbetrieben - eine empirische Untersuchung in Brandenburg. In: Züchtungskunde, Jhg. 84, Ausgabe: 2012/6, S. 474–484

RÖßLER, R., HEROLD, P., WEIDELE, A., ZÁRATE, A.V. (2012): Definition nutzerspezi-fischer Zuchtziele für Braunvieh und Hinter-wälder Rind in Baden-Württemberg. Züch-tungskunde (eingereicht)

SÖLKNER, J., WILLAM, A., GIERZINGER, E. und EGGER-DANNER, C. (2000): Abschluss-bericht des Projektes „Zuchtplanung und Opti-mierung der Zuchtprogramme für die Rassen Fleckvieh und Braunvieh“ (L 1087/97). Ab-schlussbericht. Wien: Universität für Bodenkul-tur Wien

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ZAR-Seminar 2013 Martens – Die negative Energiebilanz in der frühen Laktation

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Die negative Energiebilanz in der frühen Laktation: Risikofaktor für Ketose und Fruchtbarkeit

Holger Martens

Einleitung In der Transitphase – 3 Wochen vor und 3 Wochen nach der Geburt – ergeben sich erheb-liche hormonelle, biochemische und physiolo-gische Veränderungen, die die Regulation a) der Beendigung der Trächtigkeit mit der Ge-burt, b) der Vorbereitung der Milchdrüse für die Kolostralmilch- und Milchsekretion und c) des Energiehaushalts einschließen. Für diese komplexen Regulationsvorgänge ist der Be-griff der Homeorhese (Bauman und Currie, 1980) geprägt worden, der in der Biologie all-gemein für vielseitige Regulationsmechanis-men wie z. B. den Winterschlaf verwendet wird. Gemeinsame Charakteristika der Homeorhese sind a) chronische und komplexe Regulationsmechanismen, b) Beteiligung ver-schiedener Organsysteme, c) Veränderung von Regelgrößen (z. B. Körpertemperatur bei Win-terschläfern) und d) Feedback Mechanismen zur Kontrolle der regulierten Parameter. Es ist die Absicht des vorliegenden Beitrages, die homeorhetische Regulation des Energie-stoffwechsels in der frühen Laktation zu erläu-tern und die möglichen Risiken dieser Regula-tion für die Entstehung einer Ketose und für die Regulation des Zyklusgeschehens aufzu-zeigen. Homeorhetische Regulation des Energiestoffwechsels Bauman und Currie (1980) verstehen unter Homeorhese “orchestrated changes for the priorities of a physiological state, i.e. coordina-tion of metabolism in various tissues to sup-port a physiological state”. Der “physiological state” in der frühen Laktation ist die Milch-sekretion und deren Effekte auf den Energie-stoffwechsel. Diese physiologische Leistung, Milchsekretion, hat absolute Priorität. Die hohe Priorität, die der homeorhetischen Regu-

lation der Milchsekretion p.p. zugemessen wird, schließt auch die Fähigkeit der Milchsek-retion bei unzureichender Futteraufnahme ein, d.h. die Kuh mobilisiert Energiereserven zu-gunsten der Milchsekretion und wird somit auch Milch produzieren, wenn die Energieauf-nahme unzureichend ist. Die Analyse der der Homeorhese zugrunde liegenden Mechanismen hat zu dem überra-schenden Ergebnis geführt, dass die Mobilisa-tion von Energiereserven der Kuh zugunsten der Milchsekretion im Gegensatz zu den o. a. Beispiele der Homeorhese (Wachstum, Win-terschlaf) durch keinen Feedbackmechanismus reguliert bzw. begrenzt wird. Diese übliche Eigenschaft eines Regelkreises war unter „bio-logischen“1 Bedingungen auch nicht erforder-lich, da eine Begrenzung der Milchmenge durch den Bedarf des säugenden Kalbes gege-ben war. Diese automatische Limitierung ist heute durch das Melken und insbesondere in-folge erhöhter Melkfrequenzen zur Steigerung der Milchmenge aufgehoben worden (Wall und McFadden, 2012). Diese Kombination – erhöhte Milchleistung bei fehlendem Feedback – beinhaltet das Risiko, dass der Energiestoff-wechsel der Kuh unter den heutigen Produkti-onsbedingungen belastet wird. Dieses Risiko haben die Autoren, die die Homeorhese näher charakterisiert haben, durchaus erkannt: Die Adaptation des Energiestoffwechsel für die Milchsekretion hat „a high priority … even to point that a disease state (Bauman und Currie, 1980) or even pathological state (Vernon, 1998) is created”. Obwohl also die homeorhe-tische Regulation des Energiestoffwechsels das Risiko beinhaltet, dass die Gesundheit der Kuh gefährdet werden kann, wird nach Kenntnis des Autors selten diese Konsequenz aufge-zeigt. Diese Notwendigkeit ist aber gegeben, weil die NEB, die ursprünglich als biologische Option der Anpassung nur der Ernährung des 1 „Biologisch“ bedeutet Bedingungen, wie sie in der Natur ohne Einwirkung des Menschen gegeben sind.

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Kalbes diente, heute infolge der primären Se-lektion auf Milchleistung und raschen Anstieg zur maximalen Milchleistung erheblich verän-dert worden ist. Da die Futteraufnahme sich nicht entsprechend der veränderten Milchleis-tung erhöht hat (Gruber et al., 2006), hat sich das Ausmaß der NEB von einigen hundert MJ (Berglund und Danell, 1987) auf weit über tausend MJ (Sutter und Beever, 2000) erhöht und die Dauer kann sich von 3 – 4 Wochen (Berglund und Danell, 1987) auf über 100 Ta-ge erstrecken (Bulang et al., 2006). Die Fähigkeit zur Mobilisation von Energiere-serven ergibt sich aufgrund vielfältiger hormo-neller Veränderungen, die ausführlich von Baumann (2000) und Ingvartsen (2006) be-schrieben worden sind. Wesentlich aus der Sicht des Autors erscheinen der Anstieg der Konzentrationen des Wachstumshormons, des Cortisols, des Glukagons und des Prolaktins sowie die Verringerung der Konzentration von Insulin, IGF-1 und Leptin. Die Summe dieser hormonalen Veränderungen bedingt eine aus-geprägte physiologische Insulinresistenz, die einerseits die Lipolyse im Fettgewebe und an-dererseits eine verstärkte Gluconeogenese in der Leber ermöglicht. NEFA und Glucose ste-hen somit für die Milchsekretion und den Energiestoffwechsel zur Verfügung, auch wenn die Futteraufnahme unzureichend ist und somit eine NEB in Kauf genommen wird. Homeorhesis und Ketose Infolge der primären Selektion auf hohe Ein-satzleistung und schnellen Anstieg zur maxi-malen Milchleistung sind offensichtlich homeorhetische Mechanismen begünstigt wor-den, die eine über den Bedarf hinaus gehende Freisetzung von NEFA verursachen. Das mög-liche gesundheitliche Risiko dieser homeorhe-tischen Regulationsmechanismen hat Baird (1981) schon sehr früh erkannt und im Hin-blick auf die Ketose zu folgender Schlussfol-gerung veranlasst: “Cows are only susceptible to the disorder (primary ketosis) during early lactation, when the homeorhetic stimulus to lactate is at a maximum”. During this phase “the cow will attempt to maintain milk produc-tion despite food deprivation and as a result

will become ketotic” (BAIRD, 1977). Die Ke-tose ist somit die Folge der homeorhetischen Regulation des Energiestoffwechsels und ein Beispiel dafür, dass a “disease state” (Bauman und Currie, 1980) or “even (a) pathological state is created” (Vernon, 1998). Diese patho-physiologische Konsequenz wird besser ver-ständlich, wenn das fehlende Feedback Sys-tems in der homeorhetischen Regulation ein-bezogen wird. Der starke Anstieg der NEFA führt zu einer Verfettung der Leber und verstärkten Ketoge-nese. Die Mechanismen der Ketogenese sind allgemein bekannt. Übersehen wird jedoch häufig, dass die Ketogenese einen Feedback Mechanismus aufweist, der einer vermehrten Produktion von Ketonkörpern entgegen wirkt. Es handelt sich hierbei um die durch Betahyd-roxybuttersäure (BHB) induzierte Insulinfrei-setzung, die Lipolyse und Gluconeogenese hemmt (Williamson, 1981; Laffel, 1999). Die-ser Feedback Mechanismus wurde schon 1971 von Kronfeld vermutet. Eine Infusion von BHB bei Schafen erhöhte die Insulinkonzent-ration im Blut (p < 0.1) und eine signifikant vermehrte Freisetzung von Insulin aus dem Pankreas (Heitmann and Fernandez, 1986) und als Konsequenz eine Verringerung der Glu-cosekonzentration im Blut (Radcliff et al., 1983; Schlumbohm und Harmeyer, 2004) so-wie eine Abnahme der NEFA und Glycerin Konzentration (Harmeyer und Schlumbohm, 2006). Dieser Feedback Mechanismus könnte aber gestört sein, weil infolge der hohen NEFA Konzentrationen eine pathologische Insulinre-sistenz vorliegt (Pires et al., 2007; siehe Zu-sammenstellung Martens, 2007). Damit ergibt sich eine für die Kuh in doppelter Hinsicht problematische Situation. Die Homeorhese weist keinen Feedback Mechanismus auf und verursacht infolge der Selektion auf hohe Milchleistung und häufiges Melken eine ver-stärkte Lipolyse. Die über den Bedarf anfal-lenden NEFA erhöhen die Ketogenese und damit die Konzentration auch von BHB, das unter physiologischen Bedingungen eine Insu-linfreisetzung verursacht und damit die Keto-genese limitiert. Dieser Feedback Mechanis-mus ist jedoch infolge der häufig zu beobach-tenden „pathophysiologischen“ Insulinresis-tenz u. a. infolge hoher NEFA Konzentratio-

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nen gestört und unzureichend wirksam. Somit wird das Entstehen von Hyperketonämien durch ein fehlendes (Homeorhese) und durch

ein gestörtes Feedback System (BHB abhängi-ge Insulinfreisetzung) begünstigt (Abb. 1).

Abbildung 1: Schematische Kaskade der durch die Homeorhese induzierten Lipolyse, die infolge eines fehlenden Feedback Mechanismus verstärkt abläuft und zu hohen NEFA Konzent-rationen im Blut führt. Die daraus resultierende erhöhte Bildung von Ketonkörpern ergibt sich aufgrund eines gestörten Feedback Mechanismus innerhalb der Ketogenese. Die BHB abhängige Insulinfreisetzung wird durch die pathophysiologische Insulinresistenz gehemmt und somit ent-fällt die Feedback Hemmung der Lipolyse. Als Folge verstärkt sich die Produktion von Keton-körpern (Hyperketonämie). Als Folge der primären Selektion auf Milchleistung haben sich (siehe oben) die Dauer und das Ausmaß der NEB erhöht. Un-tersuchungen über die Inzidenz von Hyperke-tonämien spiegeln diese Veränderungen wider, weisen aber auch große Variationen auf. Eine kürzlich publizierte Arbeit von Suthar et al. (2012) mit epidemiologischen Daten aus 10 europäischen Ländern, von 528 Betrieben und von 5884 Kühen vermittelt sehr gut das Vor-kommen von Hyperketonämien. In den ersten 2 Wochen nach der Geburt wurde im Mittel bei 21.5 % der Kühe eine subklinische Ketose (BHB ≥1.2 mmol·l-1) festgestellt, die jedoch eine Variation von 11.2 – 36.6 % aufwies. Der Prozentsatz der klinischen Ketose betrug 3.7 (0.7 – 11.0 %). Ein weiterer Befund dieser

Untersuchung unterstreicht das mögliche Ge-sundheitsrisiko einer NEB bzw. erhöhter BHB Konzentrationen. Erhöhte BHB Konzentratio-nen korrelieren mit klinischer Ketose (≥ 1.1 mmol·l-1), Metritis (≥ 1.4 mmol·l-1), Lab-magenverlagerung (≥ 1.2 mmol·l-1) und Lahm-heiten (≥ 1.5 mmol·l-1). Es überrascht daher auch nicht, dass Hyperketonämien mit dem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Produkti-onsprozess korrelieren (Seifi et al., 2011). Da eine Hyperketonämie auch zu einer Abnahme der Milchleistung führt (Duffield et al., 2009), sind die möglichen Kosten der Hyperketonä-mie sehr hoch einzuschätzen. Schon seit den Untersuchungen von Baird (1982) ist bekannt, dass Hyperketonämien im weiteren Verlauf der Laktation zu Fruchtbarkeitsstörungen führen.

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NEB und Regulation des Zyklus Wechselwirkungen zwischen dem Energie-stoffwechsel und der Zyklusregulation lassen sich drei Themenkomplexen zuordnen: a) Prio-ritäten im Energiestoffwechsel, b) Verände-rungen der Konzentrationen von Hormonen und c) Verknüpfung zwischen Energiestoff-wechsel und Zyklusregulation.

a) Prioritäten im Energiestoffwechsel: Bei Vorliegen einer NEB wird die für den Stoff-wechsel (noch) verfügbare Energie entspre-chend einer Hierarchie der physiologischen Bedeutung eingesetzt. Unterschieden werden essentielle, reduzierbare und entbehrliche (ex-pendable) Prozesse (Tabelle 1).

Tabelle 1: Hierarchie des Energiestoffwechsels nach Wade und Jones (2004). Zur Vermeidung von möglichen Missverständnissen infolge von Ungenauigkeiten bei der Übersetzung wird die Originalnomenklatur übernommen:

Oxidizable metabolic fuels are used for: 1. Essential processes: Cell maintenance, circulation, neural activity, Milchsekretion* 2. Reducible processes: Locomotion, thermoregulation, growth 3. Expendable processes: Reproduction, fat storage * Milchsekretion wurde vom Autor aufgrund der homeorhetischen Regulation hinzugefügt. Näheres siehe Text. Wade und Jones (2004) haben bei dieser Auf-stellung die Milchsekretion nicht berücksich-tig, die aufgrund der homeorhetischen Regula-tion den „essential processes“ zugeordnet wer-den muss. Die schematische Darstellung der Hierarchie der Verwendung der verfügbaren Energie lässt erkennen (Tab. 1), dass auch un-ter Bedingungen einer NEB der Milchsekretion eine hohe Priorität zugeordnet wird (siehe Er-läuterungen zur Homeorhese), die dann die NEB verstärkt und somit die entbehrlichen Leistungen wie Reproduktion nachhaltig ein-schränkt b) Veränderungen der Konzentrationen von Hormonen: Die zahlreichen Untersuchungen über die Zyklusregulation in der frühen post-partalen Phase sind wiederholt in vielen Über-sichtsarbeiten zusammengefasst worden (But-ler et al., 1981; Butler und Smith, 1989; But-ler, 2003; Lucy, 2001; van Knegsel et al., 2007; Bello et al., 2012). Als wichtige Quint-essenz dieser vielfältigen Untersuchungen lässt sich festhalten, dass im Verlauf der Zeit der Faktor Energiebilanz bzw. NEB als mögliche Einflussgröße nicht nur an Bedeutung gewon-nen hat, sondern insbesondere in den neueren Untersuchungen auch eindeutig als dominie-render Faktor angesehen wird (siehe Review Martens, 2012). So wurde z. B. schon 1989

von Butler und Smith aufgezeigt, dass eine NEB die Freisetzung von GnRH (gonadotropin releasing hormone) herabsetzt und somit auch die vom GnRH abhängige Abgabe des luteini-sierenden Hormons (LH) und follikel-stimulierenden Hormons (FSH) beeinträchtigt, d.h. dass in der Hierarchie der Signalkaskade der Zyklusregulation „quasi ganz oben“ eine Beeinflussung durch die NEB erfolgt. Die Abweichungen der Freisetzung von LH und FSH bewirken untypische Konzentrationsver-läufe ovarieller Hormone, eine verzögerte Luteolyse und Ovulation (Royal et al., 2000, Wiltbank et al., 2006). Es besteht also kaum ein Zweifel, dass durch die NEB die Kaskade der Signaltransduktion der Zyklusregulation gestört wird. Diese Befunde der Forschung und vor allem auch der Praxis bestätigen die Schlussfolgerungen der Einschränkung der Reproduktionsfunktionen durch die NEB von Wade und Jones (2004) (siehe Tab. 1). c) Verknüpfung zwischen Energiestoff-wechsel und Zyklusregulation: Zu der mög-lichen Verknüpfung zwischen der NEB und der Beeinträchtigung der Zyklusregulation liegen inzwischen überzeugende Befunde vor, die belegen, dass im Hirnstamm am Boden des 4. Ventrikels ein „fuel detector“ (Energie-sensor) vorhanden ist, der auf bisher nicht ge-

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nau bekannte Art die Oxidation von (wahr-scheinlich) Glucose detektieren kann (Wade und Jones, 2004). Bei ausreichend für die Oxi-dation zur Verfügung stehender Glucose wird dieses Signal neuronal in den Hypothalamus weitergeleitet und an die bekannte Freisetzung von GnRH gekoppelt. Diese Signalkaskade ist bei Versuchstieren vielfach bestätigt worden (Wade und Jones, 2004). Entsprechende Un-tersuchungen liegen sowohl für das Schaf (Ohkura et al., 2000) als auch für das Rind vor (Day et al., 1986; Canfield und Butler, 1990). Canfield und Butler (1990) beobachteten p.p.

eine Abnahme der zyklischen LH-Freisetzung bis zum tiefsten Punkt der NEB (Nadir NEB), die sich danach mit Verringerung der NEB wieder erhöhte. Die Zunahme der Frequenz der LH-Freisetzung verkürzte signifikant die Zeit bis zur ersten Ovulation. Die große Bedeutung der Blutglucosekonzentration für die Zyklus-regulation lässt sich aus Beobachtungen von Harrison et al. (1990) ableiten, der eine negati-ve Korrelation (-0.69) zwischen der Glucose-konzentration in der ersten Wochen p.p. und der Dauer bis zur Trächtigkeit aufzeigte.

Abbildung 2: Schematische und vereinfachte Darstellung der Regulation des Zyklus. Die bekannte Hierarchie der Reaktionskaskade der Hormone (GnRH, LH, FSH und Feedbacksys-teme über Östrogen, Progesteron und PGF2α) ist als etabliertes Wissen anzusehen. Übersehen wird die Modulation dieser Reaktionskaskade durch die NEB, die diese Regulation durch die Wechselwirkung mit dem „Energiesensor“ schon auf der Ebene des Hypothalamus beeinflussen kann. Da sich infolge der NEB die Konzentrationen von Leptin, Insulin und IGF-1 verringern, unterbleibt oder verringert sich die Wirkung dieser Hormone auf die Reaktionskaskade Hypotha-lamus, Hypophyse, Ovar. Diese reduzierte Wirkung ist schematisch mit einem Minuszeichen gekennzeichnet. (Leptin, Insulin und IGF-1 wirken nicht auf alle Strukturen in gleicher Weise). Die Wechselwirkungen zwischen Energie-stoffwechsel und Zyklusregulation beschrän-ken sich jedoch nicht nur auf die durch den

Energiesensor vermittelten Signalwege. In einer umfangreichen Untersuchung haben Diskin et al. (2003) Effekte einer NEB auf die

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Zyklusregulation untersucht. Als Schlussfolge-rung aus ihren Untersuchungen und Literatur-werten stellen sie die Modulation der Reakti-onskaskade der Zyklusregulation durch Hor-mone des Energiestoffwechsels Leptin, Insulin und IGF-1 zur Diskussion, die in unterschied-licher Weise und auf verschiedenen Ebenen der Zyklusregulation wirksam werden. Die Konzentration dieser Hormone verringert sich in der Phase der NEB und somit deren Wir-kung im Rahmen der Zyklusregulation (Abb. 2). Ein weiterer Faktor, der mit der Milchleistung korreliert, ist der erhöhte Abbau von Steroi-den, insbesondere von Progesteron in der Le-ber. Die Durchblutung der Leber nimmt prak-tisch linear mit der Milchleistung zu und er-reicht bei einer Kuh mit einer Tagesleistung von 40 kg einen Blutfluss von 50.000–60.000 l pro Tag (Reynolds et al., 2003). Wiltbank et al. (2006) diskutieren aufgrund ihrer Untersu-chungen und in Verbindung mit dem hohen Blutfluss durch die Leber einen vermehrten Metabolismus von Steroiden, der zur Verrin-gerung der Progesteronkonzentration führt und somit die Aufrechterhaltung der Trächtigkeit gefährdet (Diskin et al., 2006).

Zusammenfassung und Schluss-folgerung Der Energiestoffwechsel der Kuh erfährt in der Transitphase wiederholte Belastungen. A) Die Futteraufnahme sinkt in der Regel schon vor der Geburt und somit ergibt sich schon zu die-sem Zeitpunkt eine NEB. B) Die hohe Einsatz-leistung und der rasche Anstieg der Milchleis-tung erhöhen den Energiebedarf erheblich ge-genüber dem Bedarf vor der Geburt. C) Die Futteraufnahme p.p. ist zu gering im Verhält-nis zum Bedarf. Die Homeorhese erlaubt trotz der NEB zu Beginn der Laktation eine Milch-sekretion ohne enge Bindung an die aktuelle Energieaufnahme. Diese genetische Prädispo-sition ist einerseits als Voraussetzung für die züchterischen Erfolge hinsichtlich der Erhö-hung der Einsatz- und Hunderttageleistung anzusehen, bedingt aber andererseits eine Zu-nahme von Ausmaß und Dauer der NEB. Die homeorhetische Regulation des Energie-stoffwechsels weist überraschender Weise

kein Feedbacksystem auf, sodass eine Limitie-rung der möglichen NEB erschwert wird und in der Regel eine hohe Mobilisation von Fett-gewebe einsetzt. Die über den aktuellen Bedarf freigesetzten NEFA induzieren eine Leberver-fettung und die Produktion von Ketonkörpern wie Aceton, Acetoacetat und Betahydroxybut-tersäure (BHB). Die Ketogenese kann physio-logisch limitiert werden, wenn durch BHB Insulin freigesetzt wird und somit die homeorhetisch bedingte Lipolyse durch Insulin reduziert wird. Dieser Feedbackmechanismus der Ketogenese wird als Folge einer Insulinre-sistenz gehemmt. Somit kann aufgrund des fehlenden Feedback der Homeorhese (= NEFA Anstieg) und des gestörten Feedback der Ke-togenese infolge der Insulinresistenz das Auf-treten von Hyperketonämien begünstigt wer-den, die als Risiko für die klinische Ketose und weitere Erkrankungen der Kuh wie Lahmhei-ten, Labmagenverlagerung oder vorzeitiges Ausscheiden aus dem Produktionsprozess an-gesehen werden müssen. Vielfältige und negative Wechselwirkungen zwischen NEB und der Zyklusregulation sind nachgewiesen worden. Die bekannten negati-ven Effekte der NEB auf die Kaskade der Zyk-lusregulation (GnRH, LH, FSH, Progesteron und Östrogen) müssen die Wechselwirkungen der Hormone des Energiestoffwechsels (Insu-liln, IGF-1 und Leptin) einbeziehen. Diese Störungen lassen sich nur bedingt durch die zurzeit üblichen Behandlungen mit Hormonen und Synchronisationsmaßnahme korrigieren. Nachhaltige Veränderungen werden nur zu erzielen sein, wenn Ausmaß und Dauer der NEB reduziert werden. Eine wesentliche Maß-nahme zur Reduzierung ist die Optimierung der Transitfütterung (Bannink et al., 2008) und die damit ermöglichte Adaptation der Vormä-gen (Martens et al., 2012).

Danksagung

Die Untersuchungen des Autors sind viele Jah-re von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützt worden. Darüber hinaus erfolgte eine Unterstützung durch Stipendien des DAAD, der Alexander von Humboldt Stiftung, der H.-W. Schaumann Stiftung und der Marga-rete-Markus-Charity.

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ZAR-Seminar 2013 Gruber – Grundfutterqualität, Kraftfutterniveau und genetisches Potenzial

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Grundfutterqualität, Kraftfutterniveau und genetisc hes Potenzial als Schlüsselfaktoren für die Höhe der

Milchleistung

Leonhard Gruber Bedeutung der Grundfutterquali-tät für die Milchproduktion Eine hohe Grundfutterqualität ist die unbe-dingte Voraussetzung, um den Energiebedarf hochleistender Milchkühe decken zu können (DACCORD 1992, SPIEKERS et al. 2009). Denn nur bei rechtzeitigem Schnitt des Wie-senfutters wird sowohl eine hohe Verdaulich-keit als auch eine hohe Futteraufnahme erzielt (CRAMPTON et al. 1960, MOTT und MOO-RE 1969). Diese beiden Faktoren ergeben die Energieaufnahme, welche zu entsprechenden Milchleistungen führt, vorausgesetzt die Kühe sind von ihrer genetischen Veranlagung her dazu in der Lage. Als Ergänzung wird Kraft-futter – in bedarfsgerechten sowie wiederkäu-ergerechten Mengen – eingesetzt. Besonders bei sehr frühem Schnitt und hohen Kraftfut-termengen ist auf die Wiederkäuergerechtheit der Ration zu achten. Ein stabiler Pansen-stoffwechsel mit hoher Aktivität der Pansen-mikroben ist die Grundlage für die Fermentati-on des Grundfutters und die Gesundheit der Tiere (ØRSKOV 1986, VAN HOUTERT 1993). Nur dadurch können hohe Futterauf-nahmen und ein hoher Gehalt an Milchinhalts-stoffen erzielt werden. Nachfolgend werden Ergebnisse aus zwei langfristigen Fütterungs-versuchen am Lehr- und Forschungszentrum (LFZ) Raumberg-Gumpenstein zusammenfas-send dargestellt, welche die große Bedeutung des Schnittzeitpunktes für die Milchviehfütte-rung klar aufzeigen (GRUBER et al. 1995, GRUBER et al. 2000). Bei Wiesenfutter – ob als grasbetonte Bestände oder auch als Dauerwiese mit mehreren bzw. vielen botanischen Arten (Gräser, Kräuter, Leguminosen) – übt das Vegetationsstadium der Pflanzen den überragenden Einfluss auf den Futterwert aus, der sich sowohl in der Fut-teraufnahme als auch in der Verdaulichkeit niederschlägt (INRA 1989, MINSON 1990,

VAN SOEST 1994, GRUBER et al. 1996). Das Vegetationsstadium bestimmt den Anteil und die Zusammensetzung der Gerüstsubstan-zen und auch die Art der Zellinhaltsstoffe (VAN SOEST 1994, NULTSCH 2001, GRU-BER 2009). Junge Pflanzen beginnen die Ve-getation mit einer starken Entwicklung der Assimilationsfläche. Der Anteil der Blätter gegenüber dem Stängel ist also zunächst rela-tiv groß. Die Blätter enthalten mehr verfügbare Nähr- und Mineralstoffe als die Stängel. Die Zellinhaltsstoffe (Eiweiß, Nichtfaser-Kohlenhydrate wie Zucker und Stärke, Fette) sind nahezu vollständig verdaulich (VAN SO-EST 1967). Mit fortschreitender Vegetation nimmt der Anteil des Stängels bis zur Blüten- und Samenbildung laufend zu (PRITCHARD et al. 1963, TERRY und TILLEY 1964, MO-WAT et al. 1965a und b, WILMAN et al. 1996). Der Stängel besteht vorwiegend aus den Gerüstsubstanzen Zellulose, Hemizellulose und Lignin. Während die Faserkohlenhydrate (Zellulose, Hemizellulose) von den Pansen-mikroben durchaus – wenn auch bei geringen Abbauraten (VAN SOEST 1967, SNIFFEN et al. 1992) – abgebaut werden können, ist Lignin unverdaulich und durch seine chemische Bin-dung mit Hemizellulose sowie durch die Ver-krustung der Faserkohlenhydrate verantwort-lich für den Rückgang der Verdaulichkeit mit fortschreitender Vegetation (VAN SOEST 1967). In Versuch 1 wurden zwei Grundfutterqualitä-ten erzeugt und an 120 Milchkühe (60 Fleck-vieh, 60 Holstein) eine vollständige Laktation hindurch verfüttert (GRUBER et al. 1995). Die Grundfutterration bestand aus 35 % Heu, 40 % Grassilage und 25 % Maissilage (Trockenmas-se-Basis). Bei Wiesenfutter (Heu, Grassilage) wurde die unterschiedliche Grundfutterqualität durch den Schnittzeitpunkt erreicht (3 Wochen Unterschied) und bei Silomais durch den Kornanteil. Die Kühe erhielten entweder kein

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Kraftfutter oder 50 bzw. 100 % ihres Ergän-zungsbedarfes (KF 0, KF 50, KF 100). Die wichtigsten Ergebnisse sind in Tabelle 1 sowie Abbildung 1 angeführt. Der um 3 Wochen frühere Erntezeitpunkt des Wiesenfutters stei-gerte die Verdaulichkeit um 8 – 10 % und den Energiegehalt um 0,7 – 1,0 MJ NEL. Dadurch erhöhte sich auch die Grundfutteraufnahme von 12,3 auf 14,5 kg TM. Durch Kraftfutter ging die Grundfutteraufnahme zurück, und zwar um 0,26 bzw. 0,30 kg TM pro kg Kraft-futter-TM, also eine etwas höhere Grundfut-terverdrängung bei hoher Grundfutterqualität. Dies ist mit der besseren Energiebilanz der Kühe bei höherer Grundfutterqualität zu erklä-ren (FAVERDIN et al. 1991). Die Wirkung des Kraftfutters auf die Milchleistung hängt sowohl von der Grundfutterqualität als auch vom Milchleistungsvermögen (Rasse) der Tie-re ab. Beide Ergebnisse sind ebenfalls mit der Energiebilanz zu erklären. Obwohl theoretisch (aus dem Energiegehalt des Kraftfutters) etwa 2,0 kg Milch zu erwarten sind, haben die Kühe bei niedriger Grundfutterqualität pro kg TM Kraftfutter 1,50 kg Milch mehr gegeben, bei hoher Grundfutterqualität dagegen nur 1,42 kg mehr Milch. Die Begründung ist, dass bei ho-her Grundfutterqualität eine höhere Milchleis-tung erzielt wird, die – relativ zum Leistungs-vermögen – durch Kraftfutter nicht im selben Ausmaß gesteigert werden kann. Aus dem gleichen Grund reagieren Tiere mit hohen Milchleistungsvermögen besser auf Kraftfut-ter, weil sie die zusätzliche Energie in Milch umwandeln können, leistungsschwächere da-gegen nicht (sondern in Körpersubstanz anset-zen). Ebenso ist die Wirkung des Kraftfutters bei niedrigem Kraftfutterniveau stärker als bei hohem, weil der Leistungsplafond der Kühe noch nicht erreicht ist. Insgesamt steigerten die HF-Kühe ihre Leistung pro kg Kraftfutter-TM um 1,76 kg Milch, die Fleckvieh-Kühe dage-gen nur um 1,03 kg Milch (Abbildung 1). Der Versuch hat auch eindeutig gezeigt, dass – vor allem hochveranlagte – Kühe mehr Milch ge-ben, als ihnen Energie mit dem Futter zuge-führt wird, d.h. sie mobilisieren Körperreser-ven. Die Berechnungen aus der Energieauf-nahme haben ergeben, dass von 4.109 kg Milch bei niedriger Grundfutterqualität (in KF 0) 1.285 kg Milch aus der Fettmobilisation

gestammt haben, also nahezu ein Drittel. Sol-che Tiere erreichen eine ausgeglichene Ener-giebilanz erst am Ende der Laktation, Kühe mit hoher Grundfutterqualität und bedarfsge-rechter Kraftfutterergänzung dagegen bereits im 3. Laktationsmonat. Das Leistungspotenzial der Kühe und die Fütterung (Grundfutterquali-tät und Kraftfutterniveau) sind daher auf ei-nander abzustimmen. In Versuch 2 wurde eine Dauerwiese 2, 3 oder 4 Mal pro Jahr geerntet, das Futter als Heu konserviert und an Milchkühe zur Feststellung der Futteraufnahme und Milchleistung verfüt-tert (GRUBER et al. 2000). Die Verdaulichkeit wurde an Schafen ermittelt. Die unterschiedli-che Schnitthäufigkeit führte zu sehr verschie-denen Grundfutterqualitäten, die durch die Aufwuchsdauer der einzelnen Aufwüchse be-dingt war. Mit steigender Schnitthäufigkeit ging der Rohfasergehalt von 331 auf 291 bzw. 246 g/kg TM zurück und dementsprechend stieg die Verdaulichkeit von 58,0 auf 65,6 bzw. 72,2 % an. In Abbildung 2 ist auch der Energiegehalt der einzelnen Aufwüchse darge-stellt. Bei der 4-Schnitt-Nutzung weisen alle 4 Aufwüchse eine sehr ähnliche Energiekonzent-ration auf, im Durchschnitt 5,9 MJ NEL/kg TM. Bei 3-Schnitt-Nutzung und ganz beson-ders bei 2-Schnitt-Nutzung hat der 1. Auf-wuchs einen wesentlich geringeren NEL-Gehalt als die Folgeaufwüchse (z.B. 4,34 und 4,78 MJ NEL/kg TM). Daraus ist klar der Schluss zu ziehen, dass es auf den rechtzeiti-gen Schnitt des 1. Aufwuchses ankommt, wenn man eine hohe Verdaulichkeit erreichen will. Das Futter des 1. Aufwuchses hat einen anderen Wachstumsverlauf, ein anderes Blatt/Stängel-Verhältnis und einen wesentlich verholzteren Stängel als das der weiteren Auf-wüchse. Wenn es nicht gelingt, den 1. Auf-wuchs rechtzeitig zu mähen, ist eine niedrige Verdaulichkeit unweigerlich die Folge. Diese Aussagen zum Futterwert spiegeln sich auch in der Futteraufnahme und in der Milchleistung bei unterschiedlicher Schnitthäufigkeit wider (Tabelle 2, Abbildung 2). Im Versuch wurden die Kühe entweder ohne Kraftfutter, bedarfs-gerecht mit Kraftfutter oder mit einem kon-stanten Kraftfutteranteil gefüttert (KF 0, KF Norm, KF konstant). Die Fütterung ohne Kraftfutter erlaubt eine unverfälschte Aussage

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ZAR-Seminar 2013 Gruber – Grundfutterqualität, Kraftfutterniveau und genetisches Potenzial

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über die Auswirkungen der Grundfutterquali-tät, da die Ergebnisse nicht durch die sog. Grundfutterverdrängung überlagert sind (siehe auch Versuch I). Die Kühe verzehrten ohne Kraftfutter vom Heu aus der 2-, 3- oder 4-Schnitt-Nutzung 11.6, 14.5 bzw. 17.2 kg TM. Diese Daten zeigen auch, dass die Futterauf-nahme wesentlich stärker auf die Schnitthäu-figkeit reagiert als die Verdaulichkeit. In Pro-zent ausgedrückt beträgt die Futteraufnahme nämlich 100, 125 bzw. 148 % und die Verdau-lichkeit dagegen 100, 113 und 124 %! Die daraus erzielbare Milchleistung beträgt 1.701, 3.597 oder 5.644 kg pro Laktation. Werden diese Grundfutterqualitäten zur Deckung des Energiebedarfs mit Kraftfutter ergänzt, sind dazu 6.5, 4.9 bzw. 4.0 kg TM Kraftfutter er-forderlich und die Grundfutteraufnahme be-trägt nur noch 9.3, 12.2 bzw. 14.4 kg TM. Auch die Gesamtfutteraufnahme unterscheidet sich in den verschiedenen Nutzungsvarianten sehr stark (um 2,6 kg TM), nämlich 15.8, 17.1 bzw. 18.4 kg TM. Daraus lassen sich 4.685, 5.560 oder 6.637 kg Milch erzeugen. Eine niedrige Grundfutterqualität kann also durch Kraftfutter nicht vollständig wettgemacht wer-

den. Zu hohe Kraftfuttergaben würden zu Pan-senübersäuerung führen. In beiden Fütterungsversuchen erhöhte sich mit fortschreitender Vegetation des Wiesenfut-ters der Gehalt an Gerüstsubstanzen. Die damit einhergehende Lignifizierung verminderte die Verdaulichkeit, auch die Futteraufnahme so-wie die Milchleistung wurden signifikant re-duziert. Neben dem Grundfutter trägt auch Kraftfutter zur Energieversorgung bei, aller-dings kann eine niedrige Grundfutterqualität aus pansenphysiologischen Gründen nicht vollständig durch Kraftfutter wettgemacht werden (Pansenazidose). Hinsichtlich Grund-futterverdrängung durch Kraftfutter und Wir-kung des Kraftfutters auf die Milchleistung besteht eine Wechselwirkung mit der Grund-futterqualität sowie auch zum Milchleistungs-vermögen der Kühe. Die Bedeutung der Grundfutterqualität ist umso wichtiger, je hö-her die Milchleistung der Kühe und je niedri-ger das Kraftfutterniveau ist. Das Leistungspo-tenzial der Kühe und die Fütterung (Grundfut-terqualität und Kraftfutterniveau) sind daher auf einander abzustimmen.

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ZAR-Seminar 2013 Gruber – Grundfutterqualität, Kraftfutterniveau und genetisches Potenzial

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Tabelle 1a: Ergebnisse Versuch 1 (Haupteffekte) 1)

Versuchsfaktor GF-Qualität KF-Niveau Rasse P-Werte Faktorlevel N H 0 50 100 FV HF GF KF Ra Futter- und Nährstoff-Aufnahme Grundfutter kg TM 12,21 14,02 13,72 13,47 12,16 12,96 13,27 0,000 0,000 0,137 Kraftfutter kg TM 2,27 2,13 0,08 1,53 5,00 1,86 2,55 0,362 0,000 0,035 Gesamtfutter kg TM 14,49 16,17 13,81 15,01 17,18 14,83 15,83 0,000 0,000 0,740 NDF g/kg LM 12,07 12,06 12,52 12,16 11,51 11,16 12,96 0,905 0,000 0,618 NEL MJ 80,0 97,6 75,0 85,2 106,2 85,1 92,5 0,000 0,000 0,315 XP g 1656 2095 1565 1789 2272 1786 1965 0,000 0,000 0,242 nXP g 1432 1726 1355 1523 1860 1516 1642 0,000 0,000 0,373 Kriterien der Ration Kraftfutter % der TM 13,9 11,9 0,4 10,0 28,3 11,7 14,2 0,019 0,000 0,030 XF g/kg TM 265 242 282 260 218 257 251 0,000 0,000 0,010 NDF g/kg TM 503 467 527 494 434 489 481 0,000 0,000 0,085 XP/ME g/MJ 12,06 12,74 12,11 12,33 12,76 12,31 12,50 0,000 0,000 0,561 Lebendmasse, Milchleistung und NEL-Bilanz Lebendmasse kg 599 626 581 612 646 646 579 0,009 0,000 0,369 Milch kg 15,7 19,1 14,6 16,9 20,8 15,7 19,1 0,000 0,000 0,136 ECM kg 16,2 19,9 14,6 17,6 21,9 16,2 19,8 0,000 0,000 0,077 Fett % 4,41 4,47 4,22 4,51 4,60 4,37 4,51 0,255 0,000 0,444 Protein % 3,06 3,15 2,99 3,08 3,24 3,18 3,03 0,021 0,000 0,444 Laktose % 4,79 4,78 4,81 4,74 4,79 4,82 4,74 0,561 0,057 0,076 NEL-Bilanz MJ/d -7,5 -3,0 -6,5 -7,4 -1,8 -4,4 -6,1 0,000 0,000 0,212

Tabelle 1b: Ergebnisse Versuch 1 (Wechselwirkung GF-Qualität × Kraftfutter-Niveau) 1)

Grundfutter-Qualität Niedrig Hoch P-Werte Kraftfutter-Niveau 0 50 10 0 50 10 G × K G × R K × R Futter- und Nährstoff-Aufnahme Grundfutter kg TM 12,74 12,73 11,16 14,69 14,21 13,17 0,404 0,032 0,345 Kraftfutter kg TM 0,10 1,55 5,16 0,06 1,50 4,84 0,646 0,251 0,005 Gesamtfutter kg TM 12,85 14,29 16,34 14,77 15,72 18,02 0,557 0,298 0,000 NDF g/kg LM 12,55 12,28 11,39 12,49 12,04 11,64 0,249 0,287 0,227 NEL MJ 65,3 77,0 97,7 84,7 93,5 114,7 0,598 0,882 0,000 XP g 1329 1585 2054 1802 1993 2489 0,640 0,803 0,000 nXP g 1193 1387 1717 1516 1658 2003 0,604 0,770 0,000 Kriterien der Ration Kraftfutter % der TM 0,6 10,6 30,6 0,2 9,4 26,1 0,089 0,155 0,196 XF g/kg TM 297 272 225 267 248 212 0,000 0,030 0,022 NDF g/kg TM 550 513 447 504 475 421 0,030 0,122 0,429 XP/ME g/MJ 11,69 12,01 12,49 12,53 12,66 13,04 0,152 0,334 0,940 Lebendmasse, Milchleistung und NEL-Bilanz Lebendmasse kg 561 598 638 600 626 653 0,615 0,259 0,894 Milch kg 12,8 15,3 19,0 16,4 18,5 22,6 0,916 0,283 0,008 ECM kg 12,6 15,8 20,1 16,5 19,4 23,7 0,959 0,402 0,001 Fett % 4,19 4,42 4,63 4,24 4,60 4,57 0,124 0,079 0,465 Protein % 2,92 3,03 3,22 3,06 3,12 3,26 0,478 0,242 0,781 Laktose % 4,84 4,74 4,79 4,79 4,75 4,79 0,505 0,762 0,880 NEL-Bilanz MJ/d -9,1 -9,4 -4,0 -3,9 -5,5 0,4 0,720 0,184 0,420

1) Einfluss von Grundfutterqualität und Kraftfutterniveau auf Leistung, Stoffwechsel und Wirtschaftlichkeit von Kü-

hen der Rasse Fleckvieh und Holstein Friesian. Bericht 22. Tierzuchttagung BAL Gumpenstein, 9.-10. Mai 1995, 1-49 (GRUBER et al. 1995).

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Abbildung 1: Ergebnisse zu Versuch 1 (Futterwert, Futteraufnahme, Grundfutter-verdrängung, Kraftfutterwirkung, Mobilisation, Ener giebilanz)

Verdaulichkeit und Energiegehalt Grund- und Kraftfutte raufnahme

Wirkung KF auf Milchleistung (GF-Qual.) Wirkung KF auf Milchleistung (Rasse)

Energie-Bilanz während der Laktation

4.465

4.944

5.728

8.052

6.088

4.987

Fleckvieh:ECM = 4.426 + 397,9 × KF - 19.73 × KF2

3.000

4.000

5.000

6.000

7.000

8.000

9.000

0 1 2 3 4 5 6Kraftfutteraufnahme (kg TM/Tag)

Milc

hlei

stun

g (k

g E

CM

/Jah

r)

Fleckvieh Holstein Friesian

Holstein Friesian: ECM = 4.929 + 720,4 × KF - 31,38 × KF2

Kraftfutter-wirkung 0-50 50-100 0-100

FleckviehHolstein

1,212,17

0,951,59

1,031,76

Kraftfutter-Niveau

57,659,4

65,8

69,7

20

30

40

50

60

70

80

Heu Grassilage

Ver

daul

ichk

eit d

er O

M (

%)

GF Niedrig GF Hoch

4,524,67

5,24

5,67

1

2

3

4

5

6

Heu Grassilage

Ene

rgie

geha

lt (M

J N

EL/

kg T

M)

GF Niedrig GF Hoch

12,314,5

12,213,8

11,112,9

1,6

1,55,2

4,8

0

2

4

6

8

10

12

14

16

18

20

GF Niedrig

KF 0

GF Hoch

GF Niedrig

KF 50

GF Hoch

GF Niedrig

KF 100

GF Hoch

Gru

nd-

und

Kra

ftfu

tter

aufn

ahm

e (k

g T

M/T

ag)

GF KF

12,3

14,513,8

15,316,3

17,7

ECM Milch aus Mobilisation

GF Niedrig

KF 0

GF Hoch

GF Niedrig

KF 50

GF Hoch

GF Niedrig

KF 100

GF Hoch

2.824

4.5813.840

5.3416.003

7.4051.285

763

1.141

710

411

-390

1.000

2.000

3.000

4.000

5.000

6.000

7.000

8.000

Milc

hlei

stun

g (E

CM

NE

Lu.

EC

MM

obili

satio

n, k

g/Ja

hr)

4.109

5.3444.981

6.0516.414

7.366

Milchleistung (aus NEL und Mobilisation)

-50

-40

-30

-20

-10

0

10

0 4 8 12 16 20 24 28 32 36 40 44

GF n/KF 0 GN n KF 100 GF h/ KF 0 GF h KF 100

Laktationswoche

Ene

rgie

-Bila

nz (

MJ

NE

L/T

ag)

ECM = -0,050 KF2 + 1,66 KF + 17,40

ECM = -0,121 KF2 + 2,14 KF + 13,22

ECMNEL = 2,00 KF + 14,70

ECM = 2,05 KF + 9,13

0

5

10

15

20

25

30

0 1 2 3 4 5 6Kraftfutteraufnahme (kg TM/Tag)

Milc

hlei

stun

g (k

g E

CM

/Tag

)

ECM GFn ECMNEL GFn ECM GF h ECMNEL GF h

GF Hoch:

GF Niedrig:Kraftfutter-wirkung 0-50 50-100 0-100

GF NiedrigGF Hoch

1,931,58

1,321,34

1,501,42

Kraftfutter-Niveau

17,5

19,8

24,2

21,0

16,3

13,5

Gruber et al. (1995)

Verdaulichkeit und Energiegehalt Grund- und Kraftfutte raufnahme

Wirkung KF auf Milchleistung (GF-Qual.) Wirkung KF auf Milchleistung (Rasse)

Energie-Bilanz während der Laktation

4.465

4.944

5.728

8.052

6.088

4.987

Fleckvieh:ECM = 4.426 + 397,9 × KF - 19.73 × KF2

3.000

4.000

5.000

6.000

7.000

8.000

9.000

0 1 2 3 4 5 6Kraftfutteraufnahme (kg TM/Tag)

Milc

hlei

stun

g (k

g E

CM

/Jah

r)

Fleckvieh Holstein Friesian

Holstein Friesian: ECM = 4.929 + 720,4 × KF - 31,38 × KF2

Kraftfutter-wirkung 0-50 50-100 0-100

FleckviehHolstein

1,212,17

0,951,59

1,031,76

Kraftfutter-Niveau

57,659,4

65,8

69,7

20

30

40

50

60

70

80

Heu Grassilage

Ver

daul

ichk

eit d

er O

M (

%)

GF Niedrig GF Hoch

4,524,67

5,24

5,67

1

2

3

4

5

6

Heu Grassilage

Ene

rgie

geha

lt (M

J N

EL/

kg T

M)

GF Niedrig GF Hoch

12,314,5

12,213,8

11,112,9

1,6

1,55,2

4,8

0

2

4

6

8

10

12

14

16

18

20

GF Niedrig

KF 0

GF Hoch

GF Niedrig

KF 50

GF Hoch

GF Niedrig

KF 100

GF Hoch

Gru

nd-

und

Kra

ftfu

tter

aufn

ahm

e (k

g T

M/T

ag)

GF KF

12,3

14,513,8

15,316,3

17,7

ECM Milch aus Mobilisation

GF Niedrig

KF 0

GF Hoch

GF Niedrig

KF 50

GF Hoch

GF Niedrig

KF 100

GF Hoch

2.824

4.5813.840

5.3416.003

7.4051.285

763

1.141

710

411

-390

1.000

2.000

3.000

4.000

5.000

6.000

7.000

8.000

Milc

hlei

stun

g (E

CM

NE

Lu.

EC

MM

obili

satio

n, k

g/Ja

hr)

4.109

5.3444.981

6.0516.414

7.366

Milchleistung (aus NEL und Mobilisation)

-50

-40

-30

-20

-10

0

10

0 4 8 12 16 20 24 28 32 36 40 44

GF n/KF 0 GN n KF 100 GF h/ KF 0 GF h KF 100

Laktationswoche

Ene

rgie

-Bila

nz (

MJ

NE

L/T

ag)

ECM = -0,050 KF2 + 1,66 KF + 17,40

ECM = -0,121 KF2 + 2,14 KF + 13,22

ECMNEL = 2,00 KF + 14,70

ECM = 2,05 KF + 9,13

0

5

10

15

20

25

30

0 1 2 3 4 5 6Kraftfutteraufnahme (kg TM/Tag)

Milc

hlei

stun

g (k

g E

CM

/Tag

)

ECM GFn ECMNEL GFn ECM GF h ECMNEL GF h

GF Hoch:

GF Niedrig:Kraftfutter-wirkung 0-50 50-100 0-100

GF NiedrigGF Hoch

1,931,58

1,321,34

1,501,42

Kraftfutter-Niveau

17,5

19,8

24,2

21,0

16,3

13,5

Gruber et al. (1995)

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ZAR-Seminar 2013 Gruber – Grundfutterqualität, Kraftfutterniveau und genetisches Potenzial

26

Tabelle 2a: Ergebnisse Versuch 2 (Haupteffekte) 1)

Versuchsfaktor Nutzungs-Frequenz Kraftfutter-Niveau P-Werte Faktorlevel N2 N3 N4 K0 KN KK N K N × K Futter- und Nährstoff-Aufnahme Grundfutter kg TM 10,39 13,01 15,21 14,41 11,95 12,26 0,000 0,000 0,008 Kraftfutter kg TM 3,40 3,11 2,84 0,00 5,13 4,21 0,002 0,000 0,000 Gesamtfutter kg TM 13,88 16,20 18,12 14,51 17,15 16,54 0,000 0,000 0,000 NDF g/kg LM 11,8 12,6 12,5 12,7 12,1 12,2 0,001 0,007 0,509 NEL MJ 72,2 91,7 110,3 76,7 101,6 95,9 0,000 0,000 0,000 XP g 1.620 2.091 2.763 1.954 2.304 2.216 0,000 0,000 0,000 nXP g 1.673 2.096 2.525 1.795 2.309 2.189 0,000 0,000 0,000 Kriterien der Ration Kraftfutter % der TM 22,4 18,1 15,1 0,0 30,2 25,5 0,000 0,000 0,000 XF g/kg TM 272 255 227 291 226 237 0,000 0,000 0,000 NDF g/kg TM 524 496 444 541 454 470 0,000 0,000 0,000 XP/ME g/MJ 13,21 13,55 15,09 14,83 13,56 13,66 0,000 0,000 0,000 Lebendmasse, Milchleistung und NEL-Bilanz Lebendmasse kg 609 636 646 609 647 635 0,000 0,000 0,823 Milch kg 14,58 18,32 21,63 15,68 19,92 18,92 0,000 0,000 0,001 ECM kg 14,78 18,59 22,17 15,81 20,41 19,32 0,000 0,000 0,000 Fett % 4,25 4,20 4,26 4,22 4,26 4,23 0,637 0,775 0,011 Protein % 3,19 3,24 3,35 3,17 3,32 3,28 0,000 0,000 0,056 Laktose % 4,72 4,81 4,88 4,72 4,86 4,82 0,000 0,000 0,001 NEL-Bilanz MJ/d -12,1 -5,3 1,6 -11,4 -1,5 -3,9 0,000 0,000 0,000

Tabelle 2b: Ergebnisse Versuch 2 (Wechselwirkung Nutzung × Kraftfutterniveau) 1)

Kraftfutter-Niveau kein KF (K0) KF nach Norm (KN) K F konstant (KK) Nutzungs-Frequenz N2 N3 N4 N2 N3 N4 N2 N3 N4 Futter- und Nährstoff-Aufnahme Grundfutter kg TM 11,56 14,50 17,17 9,29 12,17 14,39 10,32 12,37 14,07 Kraftfutter kg TM 0,00 0,00 0,00 6,52 4,92 3,96 3,63 4,37 4,63 Gesamtfutter kg TM 11,70 14,63 17,19 15,90 17,15 18,41 14,04 16,81 18,76 NDF g/kg LM 12,0 12,9 13,2 11,7 12,4 12,0 11,8 12,5 12,2 NEL MJ 52,9 76,8 100,4 90,4 100,6 113,8 73,1 97,6 116,9 XP g 1.297 1.877 2.690 1.911 2.225 2.776 1.652 2.172 2.823 nXP g 1.268 1.788 2.329 2.054 2.282 2.590 1.697 2.217 2.655 Kriterien der Ration Kraftfutter % der TM 0,0 0,0 0,0 41,1 28,4 21,1 25,7 25,9 24,8 XF g/kg TM 328 294 253 227 233 218 262 239 210 NDF g/kg TM 600 547 476 461 467 433 512 473 423 XP/ME g/MJ 14,05 14,25 16,02 12,58 13,12 14,72 13,29 13,35 14,49 Lebendmasse, Milchleistung und NEL-Bilanz Lebendmasse kg 583 621 623 631 646 664 614 641 651 Milch kg 11,00 16,10 19,95 17,56 19,84 22,37 15,18 19,03 22,56 ECM kg 11,00 16,03 20,41 18,22 19,98 23,02 15,12 19,76 23,09 Fett % 4,23 4,14 4,28 4,42 4,10 4,27 4,11 4,37 4,23 Protein % 3,13 3,08 3,30 3,28 3,34 3,35 3,16 3,30 3,39 Laktose % 4,56 4,74 4,86 4,85 4,85 4,89 4,74 4,83 4,89 NEL-Bilanz MJ/d -17,2 -11,1 -1,7 -4,9 -0,9 1,7 -11,4 -3,0 5,4

1) Einfluss der Grünlandbewirtschaftung auf Ertrag, Futterwert, Milcherzeugung und Nährstoffausscheidung. Bericht 27. Viehwirtschaftliche Fachtagung BAL Gumpenstein, 6.-8. Juni 2000, 41-88 (GRUBER et al. 2000).

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ZAR-Seminar 2013 Gruber – Grundfutterqualität, Kraftfutterniveau und genetisches Potenzial

27

Abbildung 2: Ergebnisse zu Versuch 2 (Futterwert, Futteraufnahme, Milchleistung je Kuh, Milchleistung und N-Ausscheidung je Hektar)

Rohfaser-gehalt

Energiegehalt

Grund- u. Kraftfutteraufnahme mögliche Milchleistung

4,34,8

5,2 5,15,6

6,0 5,8 5,86,3

0

1

2

3

4

5

6

7

1 2 1 2 3 1 2 3 4Aufwuchs

Ene

rgie

geha

lt (M

J N

EL/

kg T

M)

Gruber et al. (2000)

331

291

246

100

150

200

250

300

350

2 3 4

Schnitte pro Jahr

Roh

fase

r (g

/kg

TM

) 58,0

65,672,2

20

25

30

35

40

45

50

55

60

65

70

75

2 3 4

Schnitte pro Jahr

Ver

daul

ichk

eit d

er O

M (

%)

Verdaulich-keit

11,6

14,517,2

9,3

12,214,4

6,5

4,9

4,0

0

2

4

6

8

10

12

14

16

18

20

2 Schnitte 3 Schnitte 4 Schnitte 2 Schnitte 3 Schnitte 4 Schnitte

Gru

nd-

und

Kra

ftfut

ter

(kg

TM

/Tag

)

GF KF

,

KF 0 % KF Norm

1.701

4.685

3.597

5.5605.644

6.637

1.000

2.000

3.000

4.000

5.000

6.000

7.000

8.000

KF 0 % KF NormKraftfutterniveau

mög

l. M

ilchl

eist

ung

[NE

L] (

kg E

CM

/J)

2 Schnitte 3 Schnitte 4 Schnitte

11,6

14,5

17,2

15,817,1

18,4

2 Schnitte 3 Schnitte 4 Schnitte

Milcherzeugung je Kuh u. Hektar N-Ausscheidung je Kuh u. Hektar

0

3.000

6.000

9.000

12.000

15.000

2 3 4

Milc

hlei

stun

g (k

g/Ja

hr)

pro ha Grünland (ohne KF) pro ha Gesamtfläche (ohne KF)

Schnitte pro Jahr

pro ha Grünland (KF nach Bedarf) pro ha Gesamtfläche (KF nach Bedarf)

N-A

ussc

heid

ung

(kg/

Jahr

)

70

90

110

130

150

170

190

210

2 3 4Schnitte pro Jahr

Rohfaser-gehalt

Energiegehalt

Grund- u. Kraftfutteraufnahme mögliche Milchleistung

4,34,8

5,2 5,15,6

6,0 5,8 5,86,3

0

1

2

3

4

5

6

7

1 2 1 2 3 1 2 3 4Aufwuchs

Ene

rgie

geha

lt (M

J N

EL/

kg T

M)

Gruber et al. (2000)

331

291

246

100

150

200

250

300

350

2 3 4

Schnitte pro Jahr

Roh

fase

r (g

/kg

TM

) 58,0

65,672,2

20

25

30

35

40

45

50

55

60

65

70

75

2 3 4

Schnitte pro Jahr

Ver

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M (

%)

Verdaulich-keit

11,6

14,517,2

9,3

12,214,4

6,5

4,9

4,0

0

2

4

6

8

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12

14

16

18

20

2 Schnitte 3 Schnitte 4 Schnitte 2 Schnitte 3 Schnitte 4 Schnitte

Gru

nd-

und

Kra

ftfut

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(kg

TM

/Tag

)

GF KF

,

KF 0 % KF Norm

1.701

4.685

3.597

5.5605.644

6.637

1.000

2.000

3.000

4.000

5.000

6.000

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KF 0 % KF NormKraftfutterniveau

mög

l. M

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ung

[NE

L] (

kg E

CM

/J)

2 Schnitte 3 Schnitte 4 Schnitte

11,6

14,5

17,2

15,817,1

18,4

2 Schnitte 3 Schnitte 4 Schnitte

Milcherzeugung je Kuh u. Hektar N-Ausscheidung je Kuh u. Hektar

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2 3 4

Milc

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pro ha Grünland (ohne KF) pro ha Gesamtfläche (ohne KF)

Schnitte pro Jahr

pro ha Grünland (KF nach Bedarf) pro ha Gesamtfläche (KF nach Bedarf)

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2 3 4Schnitte pro Jahr

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ZAR-Seminar 2013 Gruber – Grundfutterqualität, Kraftfutterniveau und genetisches Potenzial

28

Einfluss des Kraftfutters auf Grundfutteraufnahme und Milchleistung Im folgenden Abschnitt wird der Einfluss der Kraftfuttermenge auf Futteraufnahme und Leistung von Milchkühen auf Basis einer zu-sammenfassenden Auswertung diesbezüglicher Fütterungsversuche in Gumpenstein und auf der Grundlage von Literaturarbeiten (FAVERDIN et al. 1991, COULON und RE-MOND 1991) diskutiert. Aus dem Gumpen-steiner Datenmaterial kamen 8 Versuche zur Auswertung, mit 39 Datensätzen unterschied-lichen Kraftfutterniveaus (z.T. auch ohne Kraftfutter). Da die Wirkung des Kraftfutters auf die Milchleistung von der Dauer der Fütte-rung abhängt (COULON und REMOND 1991), wird zwischen kurz-, mittel- und lang-fristigen Versuchen unterschieden. Die durch-schnittliche Versuchsdauer betrug in diesen drei Kategorien 19, 95 bzw. 305 Tage. Im Durchschnitt repräsentiert ein Gruppenmittel-wert (= Datensatz) 23,3 (9 – 64) Tiere. Mit steigender Kraftfutteraufnahme ging die Aufnahme an Grundfutter zurück, und zwar im Ausmaß von 0,51 kg TM pro kg TM Kraftfut-ter (sog. Grundfutterverdrängung). Die Ursa-chen für diesen Rückgang der Grundfutterauf-nahme liegen einerseits in der erhöhten Säure-produktion aus der Fermentation der Nichtfa-ser-Kohlenhydrate des Kraftfutters, welche besonders die auf den Abbau der Gerüstsub-stanzen spezialisierten Pansenmikroben schä-digt und damit sowohl die Verdaulichkeit als auch die Futteraufnahme des Grundfutters vermindert. Andererseits steigt mit der Kraft-futteraufnahme auch der Energieversorgungs-grad des Wirtstieres. Bei einer über dem Be-darf liegenden Energieaufnahme tritt verstärkt die physiologische Regulation der Futterauf-nahme in Kraft, da die Aufrechterhaltung einer ausgeglichenen Energiebilanz das oberste Re-gulationsprinzip der Futteraufnahmesteuerung darstellt (WANGSNESS und MULLER 1981, FAVERDIN et al. 1991, MERTENS 1994, GRUBER et al. 2004). Analog zur Grundfut-teraufnahme ging auch die aus dem Grundfut-ter mögliche Milchleistung zurück, und zwar im Ausmaß von 0,93 kg ECM. Auf Grund der

durch 1 kg TM Kraftfutter um 5,17 MJ NEL erhöhten Energieversorgung lässt sich eine (theoretische) Steigerung der Milchleistung um 1,6 kg ECM ableiten. In der tatsächlich erziel-ten Steigerung der Milchleistung durch Kraft-futter zeigten sich allerdings sehr große Unter-schiede in Abhängigkeit von der Anwen-dungsdauer eines bestimmten Kraftfutterni-veaus. Im Durchschnitt aller Versuche machte der Anstieg an tatsächlicher Milchleistung durch Kraftfutter 0,90 kg Milch bzw. 0,95 kg ECM aus. Bei kurzfristigen Versuchen stieg die Milchleistung nur um 0,45 kg an, bei mit-telfristiger Anwendung um 1,07 kg und bei langfristiger Fütterung eines bestimmten Kraft-futterniveaus (über eine ganze Laktation) stieg sie um 1,34 kg ECM pro kg TM Kraftfutter. Dies kommt dem theoretisch möglichen Wert von 1,63 kg ECM nahe. Bei kurzfristiger An-wendung eines Fütterungsniveaus ist es mög-lich, dass Energieversorgung und Milchleis-tung nicht vollständig übereinstimmen, weil Kühe versuchen, ihre Milchleistung entspre-chend ihrem genetischen Potenzial zu halten. Bei Unterversorgung mobilisieren sie aus den Fettreserven ihres Körpers, bei Überversor-gung legen sie Körperreserven an. Wenn die Körperreserven allerdings aufgebraucht sind, wird die Milchleistung der Energieversorgung mehr oder weniger entsprechen. In einem langfristigen Versuch über eine ganze Laktation erhielten Kühe der Rassen Fleckvieh (FV) und Holstein Friesian (HF) neben zwei verschiedenen Grundfutterqualitäten drei un-terschiedliche Kraftfutterniveaus, nämlich 0, 50 oder 100 % des Kraftfutter-Ergänzungs-bedarfs (GRUBER et al. 1995). Die Kühe der beiden Nutzungsrichtungen reagierten entspre-chend ihrem genetischen Potenzial auf die Kraftfuttergaben sehr unterschiedlich. Ausge-hend von einer Milchleistung von 4.465 bzw. 4.987 kg ECM von FV bzw. HF bei 0 kg Kraftfutter stieg die Milchleistung der FV-Kühe bei bedarfsgerechter Ergänzung (4,11 kg TM) mit Kraftfutter auf 5.728 kg an, während die HF-Kühe ihre Milchleistung auf 8.052 kg ECM steigerten (bei durchschnittlich 5,80 kg TM), weil sie genetisch dazu in der Lage wa-ren. Die Wirkung des Kraftfutters auf die Milchleistung hängt also ganz entscheidend vom Leistungspotenzial der Kühe ab. Besteht

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ZAR-Seminar 2013 Gruber – Grundfutterqualität, Kraftfutterniveau und genetisches Potenzial

29

eine große Lücke an Energie zwischen Bedarf und Versorgung (wie im Falle der HF-Kühe), wird Kraftfutter in hohem Ausmaß verwertet (1,76 kg ECM pro kg TM Kraftfutter), bei den FV-Kühen mit geringerem Leistungsvermögen errechnet sich ein Faktor von 1,03. Nach dem gleichen Prinzip kann auch die in den Versu-chen von GRUBER et al. (2000) beobachtete Wechselwirkung zwischen Kraftfutter und Grundfutterqualität interpretiert werden. Mit steigender Grundfutterqualität (Heu aus einer 2-, 3- bzw. 4-Schnittnutzung des Grünlandes) verminderte sich die Wirkung des Kraftfutters auf die Milchleistung der Kühe (1.11, 0.82 und 0.61 kg ECM pro kg TM Kraftfutter). Auf Grund der großen Bedeutung der Grund-futterverdrängung für die zu erwartende Wir-kung des Kraftfutters auf die Milchleistung wird auch ein grundlegender Versuch von FAVERDIN et al. (1991) diskutiert, in dem drei Hauptfaktoren der Grundfutter-verdrängung untersucht wurden, nämlich die Grundfutterration (Heu, Grassilage, Maissila-ge), die Kraftfutterart (Stärke, hochverdauliche sowie niedrigverdauliche Faser) und das Kraft-futterniveau. Es wurden Verdrängungsraten von 0,3 bis über 0,8 kg TM pro kg TM Kraft-futter ermittelt, wobei die Energiebilanz hauptverantwortlich für das Ausmaß der Ver-drängung war. Die Verdrängung war höher bei Maissilage, bei stärkereichem Kraftfutter und bei hohem Kraftfutterniveau. Die Grundfutter-verdrängung ist demnach hauptsächlich über die physiologische Regulation der Futterauf-nahme zu erklären. COULON und REMOND (1991) haben eine Literaturauswertung zum Einfluss der Ener-gieversorgung auf die Milchleistung auf der Basis von 66 Fütterungsversuchen mit 216 Versuchsgruppen unterschiedlichen Energieni-veaus durchgeführt. Auch diese Auswertung hat ergeben, dass der Einfluss der Energiever-sorgung signifikant von Laktationsstadium und Dauer des Futterniveaus abhängt (12 Versuche in der Frühlaktation, 33 Versuche in der Mitte der Laktation, 21 langfristige Versuche). Die Daten wurden ausgewertet, indem sowohl die Unterschiede in der Energieaufnahme als auch in der Milchleistung der unter- bzw. überver-sorgten Gruppen auf die Normgruppe des je-weiligen Versuches bezogen wurden. Dadurch

wurden Unterschiede zwischen den unter ver-schiedensten Bedingungen durchgeführten Versuchen weitgehend ausgeschaltet. Die Er-gebnisse dieser grundlegenden Literaturaus-wertung zeigen, dass die Kühe in der Frühlaktation linear auf die Energieversorgung reagieren, und zwar erstlaktierende Kühe in geringerem Ausmaß als Kühe in höheren Laktationen (0,73 bzw. 1,06 kg FCM pro UFL). Dagegen wirkte sich eine veränderte Energieversorgung bei Kühen in der mittleren Laktation und bei langfristiger Dauer eines Fütterungsregimes in kurvilinearer Form auf die Milchleistung aus. Bei starker Unterver-sorgung bewirkte eine Erhöhung der Energie-zufuhr eine ausgeprägtere Steigerung der Milchleistung (1,5 bzw. 2,6 kg FCM pro UFL bei einer Unterversorgung von 3 UFL, d.h. 21,3 MJ NEL) als bei positiver Energiebilanz (0,4 bzw. 0,3 kg FCM pro UFL bei einer Überversorgung von 3 UFL, d.h. 21,3 MJ NEL). Aus energetischer Sicht bedeuten diese Zahlen, dass die Kühe in der Frühlaktation nur 33 bzw. 47 % der zusätzlich zugeführten Energie in Milchenergie umgewandelt haben. Bei einer negativen Energiebilanz von 21 MJ NEL wurden in der Mittellaktation bzw. lang-fristig 67 bzw. 116 % der zusätzlich aufge-nommenen Energie in Milchenergie umge-wandelt, bei Überversorgung dagegen nur 18 bzw. 13 %. Die Auswirkungen einer Unter- bzw. Überversorgung an Energie hängen somit in hohem Maß von der Dauer des jeweiligen Fütterungsregimes ab. Diese sind schwächer bei kurzer Dauer, weil die Kühe einer Unter-versorgung mit einer Mobilisation ihrer Kör-perreserven begegnen. Da das Mobilisations-vermögen selbstverständlich begrenzt ist, sinkt die Milchleistung langfristig entsprechend der reduzierten Energiezufuhr. Umgekehrt können Kühe eine über den Bedarf hinausgehende Energieversorgung in immer geringerem Aus-maß in Milch umwandeln, weil das genetisch verankerte Potenzial mehr und mehr ausge-schöpft ist. Eine über den Bedarf hinausgehen-de Energieaufnahme geht in den Körperansatz. Dies ergibt – über das ganze Spektrum der Versorgung betrachtet – den typischen Verlauf von immer geringer werdendem Anstieg der Milchleistung mit steigender Versorgung (Ge-setz des abnehmenden Ertragszuwachses nach

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Mitscherlich). Im Sinne der Fragestellung der vorliegenden Arbeit interessiert nun, zu wel-chen Veränderungen der Milchleistung unter-schiedliche Kraftfuttergaben führen, wenn die von COULON und REMOND (1991) aufge-stellten Gesetzmäßigkeiten angewendet wer-den. Dazu wurden – basierend auf dem in IN-RA (1989) beschriebenen Fütterungssystem – sowohl eine Unter- als auch eine Überversor-gung simuliert, indem – ausgehend von einer bedarfsgerechten Fütterung – die Kraftfutter-gaben um bis zu 4,0 kg TM reduziert bzw. um bis zu 3,5 kg TM erhöht wurden. In der Frühlaktation wirkt sich Kraftfutter in linearer Weise auf die Milchleistung aus. Bei erstlak-tierenden Kühen kann demnach mit 0,8 kg ECM pro kg TM Kraftfutter gerechnet werden, bei Kühen in der Folgelaktation mit 1,2 kg ECM. Mittel- und langfristig ist allerdings von einem kurvilinearen Verlauf der Kraftfutter-wirkung auf die Milchleistung auszugehen. Im Falle von Unterversorgung erhöht Kraftfutter die Milchleistung langfristig stärker als bei Kühen in der Mitte der Laktation. Eine Reduk-tion der Kraftfuttergabe um z.B. 3 kg TM ge-genüber bedarfsgerechter Ergänzung senkt die Milchleistung mittelfristig um 2,3 und lang-fristig um 3,4 kg ECM, die Kraftfuttergabe auf diesem Niveau der Energiebilanz steigert die Milchleistung um 1,4 bzw. 2,3 kg ECM pro kg TM. Entsprechend dem kurvilinearen Verlauf vermindert sich die Kraftfutterwirkung mit Erhöhung der Energiebilanz. Bei positiver Energiebilanz besteht kaum ein Unterschied der Kraftfutterwirkung bei Kühen in der Mitte der Laktation und langfristig. Bei einer Über-versorgung um z.B. 3 kg TM Kraftfutter ist eine um 1,4 – 1,6 kg ECM höhere Milchleis-tung gegenüber Normversorgung zu erwarten, eine Kraftfuttergabe an diesem Punkt der Energiebilanz erhöht die Milchleistung um etwa 0,5 kg ECM pro kg TM. Die Kraftfutter-wirkung im Bereich der Normfütterung lässt eine Milchleistungssteigerung von 0,8 bzw.

1,0 kg ECM pro kg TM Kraftfutter erwarten. Mit steigendem Energieniveau geht die Kraft-futterwirkung von 2,3 auf 0,5 kg ECM pro kg TM Kraftfutter zurück, dementsprechend wird die mit dem Kraftfutter zugeführte Energie zu nahezu 100 % bis nur zu 12 % in Milchenergie umgewandelt. Als Schlussfolgerung aus der Meta-Analyse von COULON und REMOND (1991) und der zusammenfassenden Auswertung der eigenen Versuche in Gumpenstein ist abzuleiten, dass ein steigendes Energieangebot über Kraftfutter zu einer abnehmenden Steigerung der Milchleistung führt. Die Ursache dafür liegt einerseits in der sog. Grundfutterverdrängung. Weiters reduziert sich der tatsächliche Ener-giegehalt einer Ration gegenüber dem theoreti-schen, wenn das Futterniveau und/oder der Kraftfutteranteil ansteigen (sog. negative associative effects zwischen Grund- und Kraft-futter, INRA 1989). Andererseits kann zusätz-lich zugeführte, über den Bedarf hinausgehen-de Energie nicht vollständig in Milchleistung umgesetzt werden, wenn das genetisch festge-legte Leistungspotenzial ausgeschöpft ist. So-mit wird überschüssige Energie in verstärktem Maß als Körperansatz verwertet, was die Kraftfuttereffizienz zusätzlich vermindert. Als ganz entscheidender Einflussfaktor der Kraft-futterwirkung hat sich auch die Dauer eines Fütterungsregimes (Kraftfutterniveaus) erwie-sen. Bei kurzfristiger Unterversorgung mit Kraftfutter mobilisieren Kühe ihre Körperre-serven. Die dabei festgestellte, nur relativ ge-ringe Verminderung der Milchleistung ergibt dadurch gegenüber normversorgten Tieren eine scheinbar geringe Verwertung der mit dem Kraftfutter zugeführten Energie. Nachdem das Mobilisationsvermögen (bis zum vollstän-digen Verbrauch der Körperreserven) zeitlich begrenzt ist, wird die tatsächliche Kraftfutter-wirkung erst bei langfristiger Anwendung (bzw. Betrachtung) sichtbar.

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Abbildung 3: Einfluss des Kraftfutterniveaus auf Futteraufnahme und Milchleistung (zusammenfassende Auswertung von Fütterungsversuchen in Gumpenstein, nach GRUBER 2007)

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Abbildung 4: Untersuchungen zur Grundfutterverdrängung (nach FAVERDIN et al. 1991)

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Abbildung 5: Literaturauswertung zum Einfluss der Energieversorgung auf die Milchleis-tung (nach COULON und REMOND 1991)

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Züchterische Aspekte (Milchleistung und Fitness sowie Ge-samtenergiebedarf, Kraftfutteraufwand, Effizienzkriterien) Die Milchleistung der Kühe ist in Österreich von 1950 bis 2010 von etwa 3.000 auf 6.850 kg pro Kuh und Laktation gestiegen (ZAR 2010), im Durchschnitt um 64 kg pro Jahr. In anderen Ländern der westlichen Welt sind das Milchleistungsniveau und dessen jährliche Steigerung noch deutlich höher (LUCY 2001, KNAUS 2009). Diese hohen Milchleistungen beruhen einerseits auf der Verbesserung der genetischen Grundlage durch Zuchtmaßnah-men (Selektion und Kreuzung) und anderer-seits auf der Verbesserung der Fütterung (Grundfutterqualität und Kraftfutterniveau), sowie auf tiergerechteren Haltungsbedingun-gen (Laufstall, Stallklima, Kuhkomfort etc.). Durch die genomische Selektion wird das Leistungsniveau noch stärker und rascher er-höht werden (HAYES et al. 2009). Die Not-wendigkeit der Milchleistungssteigerung wird vor allem ökonomisch begründet, da der Nähr-stoffaufwand pro kg Milch mit steigender Milchleistung abnimmt (Aufteilung des „un-produktiven“ Erhaltungsbedarfs auf eine grö-ßere Produktmenge). Die Wirtschaftlichkeit wird durch höhere Leistungen umso stärker verbessert, je höher der Milchpreis und je nied-riger die Kraftfutterkosten sind (BMLFUW 2008). Die ökonomischen Auswertungen der Ergebnisse der Arbeitskreise „Milchprodukti-on“ (2010) sagen aus, dass die 25 % besseren Milchviehbetriebe 8.014 kg Milch pro Kuh und Jahr produzieren und die 25 % schlechte-ren Betriebe nur 6.153 kg, der Durchschnitt aller 923 Arbeitskreisbetriebe beträgt 7.050 kg. Bei ähnlichen Kosten pro Kuh in diesen drei Kategorien ergeben sich bei höheren Leistun-gen deutlich geringere Kosten pro kg Milch. Die Kosten für Kraftfutter machen etwa 30 % der Gesamtkosten aus, die Kosten für Grund-futter 19 % und für die Bestandesergänzung 35% (BMLFUW 2010). Die höhere (Nähr-stoff-) Effizienz besser veranlagter Tiere wur-de in vielen Versuchen in Österreich und im Ausland bestätigt (z.B. OLDENBROEK et al. 1984, HAIGER et al. 1987, VEERKAMP et al. 1995, BUCKLEY et al. 2000). Es handelt sich

jedoch nicht um eine höhere sog. partielle Ef-fizienz, sondern die bessere Gesamtbruttover-wertung (= Output Milch / Input Futter) kommt durch ein höheres Futteraufnahmever-mögen und durch ein höheres Maß an Mobili-sation der Körpersubstanz hochveranlagter Kühe zustande (MÜNGER 1994, MAYNE und GORDON 1995, VEERKAMP et al. 1995). Auch wenn diese Argumente – vor allem aus ökonomischer Sicht – für immer höhere Milchleistungen sprechen, sollte nicht überse-hen werden, dass hohe Milchleistungen mit einer Reihe von Problemen einhergehen, die einer kritischen und umfassenderen Betrach-tung bedürfen. Antagonismus Milchleistung – Ge-sundheit und Fruchtbarkeit Es gibt eindeutige Hinweise, dass die Zucht auf hohe Milchleistungen den Gesundheitssta-tus und die Fruchtbarkeit der Kühe beeinträch-tigt (SÖLKNER 1989, PRYCE et al. 1997, FLEISCHER et al. 2001, LUCY 2001, PRY-CE und VEERKAMP 2001, VEERKAMP et al. 2003, REHAGE und KASKE 2004, DIL-LON et al. 2006, MARTENS 2012). KEN-NEDY et al. (2003) stellten fest, dass die kon-tinuierliche Selektion auf hohe Milchleistung die Fruchtbarkeit reduziert und auch höhere Kraftfuttermengen dieses Problem nicht lösen. FLEISCHER et al. (2001) haben bei über 1.000 Kühen (Holstein, 10 Betriebe in Sach-sen) nachgewiesen, dass die Wahrscheinlich-keit, an typischen Krankheitskomplexen (Nachgeburtsverhalten, Metritis, Ovariarzys-ten, Mastitis, Klauenkrankheiten, Milchfieber, Ketose, Labmagenverlagerung) zu erkranken, mit steigender Milchleistung größer wird. Durch hohe Milchleistungen wird der Stoff-wechsel per se mehr belastet, aber auch alle physiologischen Prozesse, die zur Erbringung der Milchleistung erforderlich sind. Durch die Zucht auf hohe Milchleistungen werden die Futteraufnahme, die Energiebilanz und die Plasma-Niveaus wesentlicher Hormone im Organismus verändert. Als entscheidenden Grund für die verminderte Fruchtbarkeit bei hohen Milchleistungen geben VEERKAMP et al. (2003) die verminderte Verfügbarkeit von

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Stoffwechselenergie an. PRYCE et al. (1997) haben in einer umfangreichen Studie (n = 33.732) eine antagonistische genetische Korre-lation zwischen Milchleistung und Fruchtbar-keits- sowie Gesundheitsparametern bei HF-Kühen ermittelt. Auf den weltweiten, starken Rückgang der Fruchtbarkeit der Milchkühe in den letzten Jahren hat auch LUCY (2001) hin-gewiesen. Neben Umweltfaktoren (Herden-größe, Stallhaltung, knappe Arbeitszeit) sind dafür das hohe Milchleistungsniveau, der hohe Inzuchtgrad und die mit der Milchleistung ver-änderte Fortpflanzungsphysiologie verantwort-lich. Dies verlängert das Intervall bis zur ersten Ovulation, erhöht den Anteil der Kühe mit Anöstrus und senkt die Konzentration von Progesteron sowie IGF-1. Nach MARTENS (2012) ist die bemerkenswerte Steigerung der Laktationsleistung der Milchkühe das Ergebnis effektiver Zuchtprogramme und guter Fütte-rung. Die einseitige Selektion auf Milchleis-tung hat jedoch zu einer unerwünschten kürze-ren Nutzungsdauer geführt. Die Gesundheit von Hochleistungskühen ist gefährdet durch das Risiko, an Milchfieber, Ketose, Leberver-fettung, Nachgeburtsverhalten, Metritis, Masti-tis, Lahmheiten, Fruchtbarkeitsstörungen und Labmagenverlagerung zu erkranken und somit vorzeitig aus dem Produktionsprozess auszu-scheiden. Weitere Faktoren wie Haltung (Kuh-komfort), Fütterung und Management sind an der Pathogenese der Krankheiten beteiligt. Die Hauptursache ist jedoch die negative Energie-bilanz in der frühen Laktation, die bedingt ist durch die homeorhetische Regulation des Energiestoffwechsels. Maßnahmen zum Erhalt und zur Verbesserung der Tiergesundheit sind ein wesentlicher Bei-trag zur Lebensmittelsicherheit und zum guten Image der österreichischen Rinderwirtschaft. Die Konsumenten erwarten gesunde Lebens-mittel von gesunden Tieren (EGGER-DANNER 2012). Anteil des Erhaltungsbedarfs am Ge-samtenergiebedarf Dass mit steigender Milchleistung der Anteil des Erhaltungsbedarfs am Gesamtenergiebe-darf abnimmt, ist eines der Hauptargumente für hohe Milchleistungen, da der „unprodukti-

ve“ Erhaltungsbedarf auf eine größere Pro-duktmenge verteilt werden kann. Auf Basis der Versorgungsempfehlungen der GfE (2001) benötigt eine Kuh mit 700 kg Lebendmasse für 10, 20, 30, 40 bzw. 50 kg Milch eine Gesam-tenergie-Versorgung von 7.19, 5.19, 4.53, 4.20 bzw. 4.00 MJ NEL pro kg Milch. Es ist klar ersichtlich, dass ein starker Rückgang des Energieaufwandes pro kg Milch nur im niedri-gen Leistungsbereich auftritt (2,0 MJ NEL von 10 auf 20 kg Milch), während bei hohen Leis-tungen nur noch eine marginale Verbesserung eintritt (0,2 MJ NEL von 40 auf 50 kg Milch). In Prozenten ausgedrückt und setzt man den Gesamtenergiebedarf einer Kuh mit 10 kg Milch = 100 %, benötigt eine Kuh mit 20, 30, 40 bzw. 50 kg Milch gegenüber einer Kuh mit 10 kg Milch 72.3, 63.0, 58.4 bzw. 55.6 %. „Die Fixkosten-Degression“ nimmt also mit steigender Leistung stark ab. Das Ausmaß die-ser Fixkosten-Degression hängt auch von der Höhe der Lebendmasse ab und ist umso höher, je höher die Lebendmasse ist. Hohe Milchleistungen nur mit Kraftfut-ter realisierbar (Nahrungsmittelkonkur-renz zu Mensch und Monogastrier, Wiederkäuergerechtheit der Ration) Auch wenn hohe Milchleistungen nährstoff-ökonomisch günstiger erzeugt werden können, ist festzustellen, dass mit steigender Milchleis-tung der Kraftfutteranteil in der Ration steigen muss, um die Energieversorgung der Kuh so gut wie möglich zu gewährleisten. (Die nega-tiven Folgen der Energieunterversorgung auf Gesundheit und Fruchtbarkeit wurden bereits diskutiert). Dadurch tritt die Kuh in Nah-rungsmittelkonkurrenz zum Mensch und auch zum Monogastrier, da ihr Verdauungssystem (mikrobielle Fermentation in den Vormägen) auf die Verwertung faserreichen Grundfutters ausgelegt ist (VAN SOEST 1994). Angesichts der Bevölkerungsentwicklung auf der Erde und der absehbaren Energieknappheit wird Kraft-futter in Zukunft nicht in beliebigem Ausmaß bzw. nur zu höheren Preisen verfügbar sein. Nach einer umfangreichen Literaturübersicht von HAIGER (2005) beträgt der erforderliche Kraftfutteranteil für eine Milchleistung von 3.000, 4.000, 5.000, 6.000, 7.000, 8.000, 9.000

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bzw. 10.000 kg Milch 3, 9, 15, 22, 29, 36, 44 bzw. 51 % der TM. Diese Daten zum Kraftfut-teraufwand mit steigender Milchleistung wer-den durch die Ergebnisse aus den Arbeitskrei-sen „Milchproduktion“ (BMLFUW 2010) so-wie durch Modellrechnungen von GRUBER et al. (2001) bestätigt. Um den Energie- und Nährstoffbedarf gene-tisch hochveranlagter Milchkühe decken zu können, ist einerseits eine hohe Grundfutter-qualität erforderlich, vor allem aber muss die erforderliche Energiemenge über einen ausrei-chenden Kraftfutteranteil der Ration bestritten werden. Die Überschreitung pansen-physiologischer Grenzen durch zu hohe Kraft-futteranteile, rasch fermentierbare Kohlen-hydrate, nicht ausreichende Partikelgröße und zu junges Wiesenfutter führt zu (subakuter) Pansenazidose (ØRSKOV 1986, NOCEK 1997, BEAUCHEMIN und YANG 2005, ZE-BELI et al. 2008, DOEPEL et al. 2009). Durch welche Kriterien kann die Effizi-enz der Milcherzeugung am besten be-schrieben werden? Neben dem angesprochenen, genetisch sowie physiologisch verankerten Antagonismus zwi-schen Milchleistungsniveau und Fruchtbarkeit, der abnehmenden Kostenreduktion sowie dem vermehrten Kraftfutterbedarf mit steigender Leistung muss die Frage nach einem geeigne-ten Effizienzparameter gestellt werden, um bei der Formulierung des Zuchtzieles den richti-gen Weg und bei der Intensität der Produktion das optimale Maß zu finden. Es ist noch vo-rauszuschicken, dass mit dem beschriebenen Anstieg der Milchleistung in den vergangenen Jahrzehnten die Körpergröße bzw. die Le-bendmasse der Kühe ebenfalls erhöht wurden. Im Zeitraum von 1999 bis 2011 erhöhte sich die Kreuzhöhe von Kühen der Rassen Fleck-vieh, Braunvieh bzw. Holstein Friesian in Ös-terreich um 3.6, 5.1 bzw. 4.2 cm auf 144.3, 147.3 bzw. 148.5 cm (FÜRST, persönliche Mitteilung). Für die Lebendmasse gibt es ent-sprechende Daten in Österreich nicht und es wäre wert, diese – z.B. aus Versteigerungsda-ten – im Zeitverlauf zu erheben. Durch den mit steigender Lebendmasse verbundenen erhöhten Erhaltungsbedarf geht ein Teil des durch höhe-

re Leistung erzielten Mehrertrages verloren. Nach GfE (2001) benötigt eine Kuh pro kg metabolischer Lebendmasse (LM0,75) 0,293 MJ NEL und pro kg energiekorrigierter Milch (ECM) 3,2 MJ NEL. Auf Basis dieser Versor-gungsempfehlungen müssen Kühe mit 500, 600, 700, 800 bzw. 900 kg LM eine Milchleis-tung von 6.100, 6.994, 7.854, 8.677 bzw. 9.479 kg pro Laktation erbringen, um die glei-che (!) Energieeffizienz (4,75 MJ NEL Ge-samtbedarf pro kg ECM) zu erreichen. Das bedeutet, dass eine Kuh im Durchschnitt 844 kg (802 – 894 kg) mehr Milch geben muss, wenn sie um 100 kg schwerer ist! STEIN-WIDDER (2009) ermittelte auf der Basis von Modellrechnungen (Energiebedarf nach GfE 2001, Futteraufnahme nach GRUBER et al. 2004), dass eine Kuh pro 100 kg LM um 736 kg ECM mehr leisten muss, um die gleiche Energieeffizienz von 5,3 MJ NEL pro kg ECM zu erreichen, und dass außerdem die Energie-konzentration von 6,14 auf 6,35 MJ NEL bzw. der Kraftfutteranteil von 18 auf 27 % ansteigen muss, um den Energiebedarf schwererer Tiere mit relativ geringerem Futteraufnahmevermö-gen zu erfüllen. Die positive genetische Korre-lation zwischen Lebendmasse und Milchleis-tung ist wissenschaftlich mehrfach bestätigt, gleichzeitig nimmt mit steigender Lebendmas-se die Effizienz ab (HOOVEN et al. 1968, DICKINSON et al. 1969, MORRIS und WIL-TON 1976, YEREX et al. 1988). KROGMEI-ER (2009) stellte aus einem sehr umfangrei-chen Datenmaterial von Kühen der Rasse Fleckvieh (n = 84.263) und Braunvieh (n = 15.083) in Bayern fest, dass Körpergröße und Nutzungsdauer genetisch negativ korreliert sind und „eine weitere starke züchterische Be-rücksichtigung der Körpergröße aufgrund der antagonistischen Beziehung zur Nutzungsdau-er als kritisch zu betrachten ist. Eine weitere intensive Selektion auf Rahmen bringt keine nennenswerte Verbesserung der Milchleistung, verringert den Zuchtfortschritt in züchterisch und wirtschaftlich relevanten Merkmalen und wird auf Dauer Anpassungen der Haltungssys-teme erfordern“. Daraus geht hervor, dass die absolute Milchleistung einer Kuh kein geeigneter Maß-stab ist, um die Effizienz bzw. Wirtschaftlich-keit der Milchproduktion zu bewerten, obwohl

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dieser Parameter in der Vergangenheit vielfach das wichtigste Selektionskriterium war. Nach THOMET et al. (2002) ist die Effizienz der Schlüssel für eine wirtschaftliche Milchpro-duktion. Die Milchleistung sollte zumindest auf die Lebendmasse bezogen werden, aussa-gekräftiger ist die Milchleistung pro Futter-menge (TM, NEL). Um den gesamten Milch-

viehbetrieb zu beurteilen, ist die Milchleistung pro Hektar der geeignetste Maßstab. Auch die Milchleistung pro Lebenstag ist sehr aussage-kräftig, da sie den Aufwand für die Rinderauf-zuchtphase und außerdem die Nutzungsdauer mitberücksichtigt (RÖMER 2012).

Abbildung 6: Züchterische Aspekte (Milchleistung, Gesamtenergiebedarf, Gesundheit, Nutzungsdauer, Lebendmasse, Effizienzkriterien)

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ZAR-Seminar 2013 Gruber – Grundfutterqualität, Kraftfutterniveau und genetisches Potenzial

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ZAR-Seminar 2013 Wöckinger – Kraftfuttereinsatz in schwankenden Märkten

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Kraftfuttereinsatz in schwankenden Märkten

Michael Wöckinger Die Preisentwicklungen sowohl auf der Erlös-seite (Milchpreise) als auch auf der Seite der Kosten für die Milchproduktion (Kraftfutter-preise, etc.) unterliegen den Kräften von An-gebot und Nachfrage. Diese werden von vielen Parametern beeinflusst. Gerade in den letzten Jahren hatten auch die geänderten politischen Rahmenbedingungen stärkere Schwankungen zur Folge. So hat beispielsweise das Senken der Interventionspreise bei Butter und Mager-milchpulver gerade bei den Milchpreisen ein stärkeres Auf und Ab gezeigt bzw. zugelassen. Die Entwicklungen der Preise im Getreide- und Eiweißbereich sind angebotsseitig u.a. von Witterungseinflüssen und laufenden nachfra-geseitigen Veränderungen geprägt. Längerfris-tige Prognosen deuten auf steigendes Bevölke-rungswachstum hin. Das wird die Nachfrage in allen Bereichen beeinflussen. Dem gegenüber steht aber auch die Nachfrage nach Fläche für nicht agrarische Zwecke. Somit scheinen die

Vorzeichen für positive Preisentwicklungen für agrarische Produkte generell als „gut“. Da-bei werden Schwankungen bleiben bzw. mehr werden. Auch zukünftig ist davon auszugehen, dass die Nachfrage nach „Rohstoffen“ nicht geringer wird und damit auch das Preisniveau für Futtermittel hoch bleiben dürfte. Höhere Getreidepreise bedeuten aber auch höhere Kos-ten für beispielsweise Zukaufsfuttermittel. In diesem Spannungsfeld von schwankenden Verkaufspreisen und ebenso schwankenden Preisen für Kraftfutter hat der Milcherzeuger zu agieren und zu produzieren. Steigende In-putpreise bedeuten für den Milcherzeuger hö-here Kosten. Viele Milcherzeuger stellen sich daher die Frage ob bzw. wie man in diesem bewegten Umfeld agieren soll. Daher ist es umso wichtiger die Produktion und hierbei auch die Fütterung preisbewusst und dabei auch leistungsgerecht zu gestalten.

Abbildung 1: Preisentwicklung Kraftfutter ( Großhandelsabgabepreise je Tonne ohne Mehrwertsteuer, ab OÖ (Quelle: OÖ Fruchtbörse, Wels)

Ziel muss es immer sein die Kuh bzw. die Herde optimal zu versorgen. Dabei ist es ent-scheidend ein auf die jeweiligen Rahmenbe-dingungen des Betriebes abgestimmtes Ziel zu wählen.

Aussagen und Berechnungen dieses Beitrages stützen sich u.a. auf Daten und Ergebnisse der Betriebszweigauswertung in den Arbeitskrei-sen Milchproduktion in Österreich. Die Ar-beitskreisbetriebe stellen keine repräsentative

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Auswahl dar, sind überdurchschnittlich groß und spiegeln auch bezüglich des Leistungsni-veaus nicht den Durchschnitt wider. Eine

Übertragung der Ergebnisse auf die Gesamt-heit aller Milchviehbetriebe in Österreich ist daher nicht zulässig.

Tabelle 1: Übersicht BZA 2011/12

25% Durchschnitt -25% Betriebe Stück 247 989 247 Kühe pro Betrieb Stück 35,4 29,99 23,78 prod. Milch/Kuh kg 8.263 7.410 6.534 prod. Milch ECM kg 8.537 7.627 6.685 KF/kg Milch Ct 6,8 7,1 7,4 KF pro Kuh kg 1.883 1.726 1.553 KF pro kg Milch dag 22 23 23 KF pro Kuh € 569 535 491 Preis/kg KF Ct 30,7 31,6 32,5 ECM aus KF kg 2.824 2.589 2.329 ECM aus KF % 33,08% 33,95% 34,84% ECM aus GF kg 5.620 5.009 4.355 ECM aus GF % 65,83% 65,67% 65,15% Direktkosten Ct 19 21,5 25,2 Lebensleistung Schlachtkühe kg 33.086 30.159 25.656 Bestandesergänzung % 30 31 36 Zwischenkalbezeit Tage 386 391 397 Tiergesundheit €/Kuh 86 86 86 Tiergesundheit Ct/kg Milch 1,0 1,2 1,4 Zellzahl LKV 157.768 173.331 192.398 Die Sortierung in die Quartile erfolgt nach der Direktkostenfreien Leistung pro Kuh für alle Parameter. Die Kraftfutterkosten machen ca. 33% der direkten Kosten aus und nehmen somit einen hohen Anteil ein. Da die Kosten in den letzten Jahren angestiegen sind, läge es nahe, gerade hier einzusparen. Dabei müssen allerdings die gesamten Futterkosten in Bezug auf die produ-zierte Milch berücksichtigt werden. Auswer-tungen zeigen, dass die Gesamtkosten für Grundfutter mehr als doppelt so hoch wie die Kraftfutterkosten liegen. Steigende Kraftfutterkosten wirken sich als direkte Kosten vermindernd auf die Direktkos-

tenfreie Leistung aus. Die Kostensteigerung für Kraftfutter im Betriebszweig Milchviehhal-tung ist unabhängig davon, ob das Kraftfutter selbst produziert oder zugekauft wird, da in der Kostenrechnung innerbetriebliche Leistun-gen von marktfähigen Produkten nach dem Opportunitätsprinzip bewertet werden. Aus gesamtbetrieblicher Sicht wirken sich bei Betrieben mit selbst produziertem Kraftfutter die Änderungen bei den Getreidepreisen nicht auf die Einkünfte aus Land und Forstwirtschaft aus, da sich der (buchhalterische) Aufwand nicht ändert.

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Abbildung 2: Der Kraftfutterverbrauch wirkt sich di rekt auf die Direktkostenfreie Leistung aus (Quelle: BZA Arbeitskreise Milchproduktion 2011/12).

Das genetische Potential der Tiere sollte mög-lichst ausgeschöpft werden, um die Kosten pro kg Milch zu senken. Das gilt besonders im Hinblick auf die Gesamtkosten bzw. die fixen Kosten wie Abschreibungen für Gebäude und Maschinen und die Faktorkosten und hier v.a. den Arbeitskosten. Daher darf nicht kurzsich-tig beim Kraftfutter der Sparstift angesetzt werden. Sinkt dadurch die Milchleistung der Tiere erhöhen sich die Futterkosten bzw. die Gesamtkosten je kg Milch, weil mehr Tiere zur Ausnutzung der Quote bzw. zum Erreichen der gesamten angestrebten Milchmenge not-wendig sind. Wo und wie sparen oder optimieren?

Es gibt zumeist eine Reihe von Möglichkeiten, wo angesetzt werden kann. Diese gilt es ein-zelbetrieblich auszuloten. Kosten ergeben sich aus Preis mal Menge. Will man also die Kosten senken, kann man versuchen preiswertere Futtermittel einzuset-zen. Beim Vergleich der Preiswürdigkeit von Kraftfuttermitteln darf jedoch nicht nur ein Parameter herangezogen werden, sondern es müssen mehrere Faktoren (Eiweiß, Energie, Abbauverhalten, Verfügbarkeit etc.) zur Beur-teilung beachtet werden. Bei der Reduktion der Mengen kann man die Mengen je Einzelkuh senken. Hier muss da-rauf geachtet werden, dass nicht Nachfolge-probleme (schlechte Fruchtbarkeit, schlechtere Inhaltsstoffe und damit geringerer Milchpreis

etc.) aufgrund einer möglichen Unter- oder Minderversorgung hervorgerufen werden. Auch die Änderung des Bestandes, durch Ver-kauf von krankheitsanfälligeren und weniger effizienten Tieren bei entsprechenden Fleisch-preisen, kann kurzfristig Futtermengen redu-zieren. Es sind hier allerdings wiederum die fixen Kosten zu beachten, da ein Stallplatz, auf dem keine Milch produziert wird, dennoch Kosten verursacht. Der Ansatz, die Preise aktiv zu beeinflussen, ist sehr schwierig. Hier bieten sich allenfalls Möglichkeiten durch größere Mengen (z.B. auch über Einkaufsgemeinschaften) bessere Preise zu bekommen oder Preisschwankungen über Kontrakte zu verringern. Laktationsangepasste Fütterung

Die Anpassung der Fütterung an die Leistung im jeweiligen Laktationsabschnitt, ist eine zentrale Herausforderung für einen effizienten Kraftfuttereinsatz. Tiere werden in der ersten Laktationsphase zum Teil unterversorgt und in der letzten Laktationsphase teilweise überver-sorgt. Luxuskonsum von Kraftfutter zu Ende der Laktation und in der Trockenstehphase bedeutet nicht nur Vergeudung von Kraftfutter sondern führt mitunter auch zu überhöhtem Fettansatz bei den Tieren. Das wiederum kann zu Problemen bei und direkt nach der Abkal-bung führen und Kosten, sowohl direkt für Tierarzt, zusätzliche Besamungen als auch durch schlechtere Leistungen in nachfolgenden

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Laktationen, verursachen. Hier ist entweder eine einzeltierangepasste Ration zu gestalten oder in größeren Beständen und je nach Fütte-rungsmanagement sind Leistungsgruppen zu bilden. Verbesserung der Grundfutterqualität

Die beste Einsparungsmöglichkeit für Kraftfut-ter ist es, die Grundfutterleistung durch hoch-wertiges Grundfutter und dessen Verfütterung bzw. Aufnahme zu steigern. Zur Verbesserung der Grundfutterqualität gibt es viele Ansatzpunkte und Möglichkeiten. Diese sind betriebs- bzw. flächenindividuell zu beurteilen. Voraussetzung ist die Kenntnis über den Zustand der Grundfutterflächen und deren botanischer Zusammensetzung. Darauf aufbauend können verschiedene Maßnahmen festgelegt werden. Dies kann im Bereich des Düngermanagements (Wirtschaftsdünger, Mi-neraldünger) liegen, in der Verbesserung bzw. Sanierung des Pflanzenbestandes z.B. über Nachsaaten oder damit verbundenen zusätzli-chen (technischen) Maßnahmen. Je nach Nutzungsintensität gibt es im Zusam-menhang mit der Ernte viele Parameter, wel-che die Grundfutterqualität beeinflussen. Schon die Wahl des richtigen Erntezeitpunktes (Aufwuchshöhe, Vegetationsstadium, erwarte-te/benötigte Menge etc. und das in Zusam-menhang mit der Witterung bzw. Wettervor-

hersage) stellt bei jeder Nutzung eine eigene Herausforderung dar. Des Weiteren die Wahl der vorhanden Technik bzw. verfügbaren Schlagkraft. Je schlagkräftiger die Technik umso höher die Anforderungen an das Ma-nagement (Organisation und Abwicklung). Hier kommt vor allem der Verdichtung ein sehr wichtiger Anteil zu. Zu schnelle Anfuhr des Futters bzw. zu geringes Walzgewicht und Zeit zur Verdichtung müssen unbedingt ver-mieden werden. Der Zusatz von Silierhilfsmit-teln darf nicht zur Kompensation eines min-derwertigen Ausgangsmaterials bzw. zu ra-scher und unprofessioneller Arbeit dienen. Bei der Ernte von Silomais ist eventuell auch ein etwas höherer Schnitt (> 40cm) anzudenken. Unbedingt sind auch die Kosten der Futter-werbung zu beachten. Eigener Maschinenpark und Arbeitszeit versus (teilweiser) Auslage-rung. Beide Systeme funktionieren bei ent-sprechender Organisation und konsequenter Umsetzung. Hier spielt unter anderem auch die Verfügbarkeit von Arbeitszeit eine entschei-dende Rolle. Die Futterwerbung auszulagern, bei gleichzeitig eigener Mechanisierung, kann entsprechend teuer kommen. Auswertungen von Grundfuttervollkosten helfen diese Berei-che zu durchleuchten.

Abbildung 3: Möglichst viel Milch aus dem Grundfutter als Grundlage für höhere Direktkostenfreie Leistung (Quelle: BZA Arbeitskreise Milchproduktion 2011/12).

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Es reicht nicht aus, hochwertiges Grundfutter nur zu produzieren. Dieses Futter ist den Tie-ren leistungsangepasst zu verfüttern. Eine hohe Grundfutteraufnahme beginnt bei der Jung-viehaufzucht. Hierbei ist auf die Schaffung einer hohen Futteraufnahmekapazität der Tiere zu achten bzw. auch die Züchtung darauf aus-zurichten. Tierkomfort schaffen und sicherstellen

Zur Sicherstellung einer hohen Grundfut-teraufnahme ist der gesamte Bereich Tier- bzw. Kuhkomfort zu beachten. Die Tiere müs-sen jederzeit ungehindert Grundfutter aufneh-men können. Daher ist Grundfutter ständig möglichst frisch anzubieten. Klauengesundheit und Bewegungsflächen müssen darüber hinaus die Erreichbarkeit des Futtertisches und die Aufnahme ermöglichen. Dabei kommt dem täglichen Management eine hohe Bedeutung zu. Nachschieben von Grundfutter, sei es per Hand oder mit technischer Unterstützung bzw. Automatisierung zeigen Erfolge. Ein sauberer Futtertisch ist Grundvoraussetzung. Darüber hinaus können Lockfuttergaben mit Kraftfutter die Tiere zur Grundfutteraufnahme animieren. Auch die Verfügbarkeit und Zugänglichkeit zu Wasser ist unbedingt zu gewährleisten. Rationsberechnung

Zur leistungsangepassten Fütterung ist eine Rationsberechnung auf Einzeltier oder Grup-penebene unumgänglich. Dazu muss man die Grundfutterqualitäten kennen. Futteruntersu-chungen helfen, dies festzustellen. Das bedeu-tet sowohl die Analyse in einem Labor als auch die sensorische Beurteilung. Darauf auf-bauend kann die entsprechend leistungsange-passte Ausgleichsversorgung mit Energie und Eiweiß berechnet werden. Über die Online Rationsberechnung im RDV-4M gibt es hier das notwendige Werkzeug. Dieses wird auch in und von der Beratung verwendet. Controlling

Generell kommt dem Controlling im Sinne der Steuerung hohe Bedeutung zu. Ein umfassendes Controlling bezieht sich auf viele „Schauplätze“ in Produktion und Ma-

nagement. Dazu gilt es die vorhandenen In-formationen zu nutzen. Der Tagesbericht der Leistungskontrolle liefert umfangreiche Daten. Das sind vorrangig die Menge und Inhaltsstoffe der Milch (Fett, Ei-weiß, Harnstoff etc.). Über die Teilnahme am Gesundheitsmonitoring werden darüber hinaus viele weitere wichtige (Gesundheits-)Para-meter geliefert, die bis auf Einzeltierebene helfen das Optimum zu erreichen. Darüber hinaus sind verschiedenen „Auswertungen“ bereits grafisch dargestellt um einen schnellen Überblick zu bekommen. Eine weitere einfache Möglichkeit ist die Ge-genüberstellung der produzierten Milchmenge und des Kraftfutterverbrauches. Der Kraftfut-terverbrauch lässt sich bei verschiedenen Techniken (z.B. Abrufstation etc.) sehr leicht feststellen. Allerdings ist auch die Funktions-fähigkeit der Technik laufend zu prüfen. Bei der Gabe per Hand ist es zielführend in regelmäßigen Abständen Wägungen der Ein-heit (Kübel, Schaufel etc.) durchzuführen und daraus verfütterte Mengen abzuleiten. Die produzierte Milchmenge ist die Summe aus der gelieferten Milch (siehe Molkereiab-rechnung bzw. Information in Informationssys-temen der Molkereien), plus der Menge an verfütterter Milch sowie der Milch für Eigen-verbrauch (und Direktvermarktung) bzw. all-fällige Verlustmilch. Mit diesen Zahlen lässt sich sehr einfach der Kraftfutterverbrauch je kg produzierter Milch in einem bestimmten Zeitraum feststellen. Richtwerte helfen bei der Beurteilung: Die Ergebnisse der Arbeitskreisbetriebe zeigen, dass bei ca. 7.500 kg produzierter Milch ca. 23 dag Kraftfutter eingesetzt werden. Diese Richtwerte müssen bei niedrigeren Milchleistungen wie z.B. bei Vollweide deut-lich unterschritten werden. Produzierte Milch pro Kuh [kg]

KF-Verbrauch je kg prod. Milch [dag]

5.000 14 6.000 19 7.000 23 8.000 26 9.000 28

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Interessant ist, dass die Betriebe mit höheren Leistungen mehr Milch aus dem Grundfutter holen können. Dies unterstreicht die Bedeu-tung der Umsetzung der oben erwähnten Maß-nahmen (siehe Tabelle 1). Viele Daten sind vorhanden und brauchen nicht extra erhoben werden – diese müssen jedoch auch genutzt werden. Neben den Daten kann man die Wirkung be-stimmter Maßnahmen direkt bei und an den Tieren sehr gut erkennen bzw. ist die Tierbe-obachtung immer zentrales Element in der Produktion. So sollten an den Tieren im wie-der ein BCS durchgeführt werden. Es reicht nicht aus, Rationen zu berechnen. Diese müssen danach auch tatsächlich im Trog vorgelegt bzw. gefressen werden. Hierbei lie-fert neben der Leistung (umgesetzte Ration) auch der Kot (verdaute Ration) wichtige An-haltspunkte. Dabei kann mit dem Aussieben des Kotes festgestellt werden, welche Reste übrig bleiben und ob es Adaptionen (Menge, Beschaffenheit wie z.B. Struktur, Vermah-lungsgrad etc.) in der Ration bedarf (z.B. gan-ze Maiskörner im Kot – Körner beim Silieren nicht angeschlagen, etc.). Auch die Klauengesundheit zeigt sich deutlich an der Bewegung oder Nichtbewegung der Tiere. Zu hoher Kraftfuttereinsatz führt zu Acidosen und in weiterer Folge zu Klauen-problemen. Wird aufgrund von Klauenproble-men z.B. nur mehr das Kraftfutter aus der Sta-tion abgeholt, jedoch kaum oder wenig Grund-futter, so ist ein negativer Kreislauf vorpro-grammiert. Kosten- und Leistungscontrolling

Viele der oben angesprochenen Maßnahmen können ökonomisch objektiv nur bewertet werden, wenn entsprechende Auswertungen vorliegen. Die Betriebszweigauswertung bzw. die Voll-kostenauswertung kann hier wertvolle Daten liefern. Die Erfahrung zeigt, dass die Ergebnis-se oftmals überraschen und die Betriebe zum Handeln bringen sowie wertvolle Entschei-dungsgrundlagen bieten. Des weiteren hilft der Vergleich mit anderen Betrieben verschiedene Parameter bzw. Kostenpositionen einordnen zu

können und daraus Veränderungsmöglichkei-ten abzuleiten. Fazit

Auch bei einem schlechten Verhältnis von Milch zu Kraftfutterpreis (niedrigen Milch-preisen, hohe Kraftfutterpreisen) muss danach getrachtet werden, die Kühe unbedingt leis-tungsgerecht zu füttern. Falls die bedarfsge-rechte Kraftfuttermenge unterschritten wird, besteht die Gefahr, dass der Milchgeldverlust größer ist als die Futterkostenersparnis. Zielge-richteter Kraftfuttereinsatz macht Sinn. Eine hohe gesamtbetrieblich produzierte Milchmenge trägt dazu bei die Stückkosten (Kosten pro kg Milch) v.a. im Hinblick auf die Fixkosten zu reduzieren. Die Erhöhung der Kosten für Kraftfutter erhö-hen ohne Veränderung der Einsatzmengen auch die Kosten der Milchproduktion. Die Kosten haben aber in erster Linie keinen Ein-fluss auf das angestrebte bzw. angepasste Leis-tungsniveau der Tiere. Die Möglichkeiten der Optimierung des Kraftfuttereinsatzes sind sehr vielfältig. Die Umsetzung von Verbesse-rungsmaßnahmen senkt auch in Zeiten von niedrigeren Futtermittelpreisen die Kosten. Allerdings steigt der Nutzen bei höheren Fut-termittelpreisen und der Druck auf Verände-rungen wird größer. Die oben dargestellten Auswertungen und mögliche Maßnahmen sind jeweils auf den Einzelbetrieb abzustimmen. Das bedeutet, dass die Umsetzungsschritte von der gewählten Strategie des jeweiligen Betriebes abhängen. Die Strategie wiederum ist abhängig von den Menschen (handelnde Personen) und deren Stärken und Interessen, den Voraussetzungen des Betriebes (Standort, Fläche(n), Leistungs-niveau), aber auch den Rahmenbedingungen durch Politik, Markt und Gesellschaft. Die Beratung kann die Betriebsleiter über viele Angebote unterstützen. Das beginnt beim Eru-ieren von Potentialen und Ansatzpunkten, Aufzeigen von Handlungsoptionen, Begleitung in der Umsetzung und dem damit verbundenen Controlling. Das Treffen der Entscheidungen und die Um-setzung sind Unternehmeraufgaben und kön-nen nur von den auf dem jeweiligen Betrieb handelnden Personen getroffen werden.

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ZAR-Seminar 2013 Fürst-Waltl – Genetische Hintergründe von Merkmalsbeziehungen

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Genetische Hintergründe von Merkmalsbeziehungen unter verschiedenen Umweltbedingungen

Birgit Fürst-Waltl und Christian Fürst

Einleitung In den vergangenen Jahrzehnten kam es zu enormen Steigerungen in der Milchleistung unserer Kühe, was sowohl auf züchterische Erfolge als auch auf Verbesserungen des Ma-nagements, insbesondere im Bereich der Fütte-rung, zurückzuführen ist. Gleichzeitig konnten jedoch trotz relativ starker Gewichtung im Gesamtzuchtwert kaum Verbesserungen in einigen funktionalen Merkmalen erzielt wer-den (Abb. 1 bis 7). Neben Intensivierung auf der einen Seite hat sich aber auch die Rinderwirtschaft unter ex-tensiveren Bedingungen zunehmend etabliert, so ist z.B. der Anteil ökologisch wirtschaften-der Betriebe in Österreich vergleichsweise hoch. Im Jahr 2011 wurden immerhin etwa 95.000 Milchkühe in ökologisch wirtschaften-den Betrieben gehalten (BMLFUW, 2012). Auch andere Entwicklungen wie z.B. Vollwei-desysteme werden mehr und mehr diskutiert. Die Leistungen von Milchkühen in extensiven Betrieben sind u.a. durch reduzierten Kraftfut-tereinsatz eingeschränkt. In diesem Zusam-menhang stellt sich nun die Frage, ob die für die Zucht selektierten Tiere für alle Umwelten die besten Tiere sind, oder ob eine sogenannte Genotyp-Umwelt-Interaktion (Wechselwir-kung) besteht, wodurch es im Extremfall zu Änderungen in der Rangierung nach Zuchtwert kommen kann. Im Gesamtzuchtwert wird nicht nur auf ein einziges, sondern auf viele Merkmale gleich-zeitig selektiert. Von Interesse ist also auch, wie weit man die Grenzen der Leistungsfähig-keit genetisch (d.h. durch Zuchtwahl) nach oben verschieben kann, ohne sich Verluste im Bereich der Gesundheit und Fruchtbarkeit ein-

zuhandeln. Überprüfen kann man diese Frage, indem man die genetischen Korrelationen von Merkmalen analysiert. Je stärker antagonis-tisch (entgegengesetzt wirkend) diese sind, umso schwerer ist es möglich, ein Merkmal (z.B. die Milchleistung) zu verbessern, ohne eine genetische Verschlechterung eines ande-ren (z.B. der Fruchtbarkeit) in Kauf zu neh-men. Zwar steht mit dem Gesamtzuchtwert ein Hilfsmittel zur Verfügung, das die Selektion auf mehrere Merkmale erleichtert, je stärker aber der Antagonismus zwischen Merkmalen ist, umso weniger Zuchtfortschritt wird man insgesamt erzielen. Hinzu kommt noch, dass sich antagonistische Beziehungen zwischen Leistungs- und Fitnessmerkmalen durch Selek-tion verstärken oder in verschiedenen Umwel-ten unterschiedlich stark ausgeprägt sein könn-ten. Im Folgenden wird auf die genetischen Hintergründe von Genotyp-Umwelt-Inter-aktionen, Merkmalsantagonismen und sich ändernden genetischen Merkmalsbeziehungen genauer eingegangen. Abb. 1: Entwicklung der Milchleistung von Kontrollkühen seit 1950 (ZAR, 2012)

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ZAR-Seminar 2013 Fürst-Waltl – Genetische Hintergründe von Merkmalsbeziehungen

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Abb. 2: Genetische Trends für Gesamtzuchtwert (GZW), Milchwert (MW), Fleischwert (FW) und Fitnesswert (FIT) bei Fleckvieh-Stieren

Abb. 3: Genetische Trends für Gesamtzuchtwert (GZW), Milchwert (MW), Fleischwert (FW) und Fitnesswert (FIT) bei Braunvieh-Stieren

Abb. 4: Genetische Trends für Milchmenge und Inhaltsstoffe bei Fleckvieh-Stieren

Abb. 5: Genetische Trends für Milchmenge und Inhaltsstoffe bei Braunvieh-Stieren

Abb. 6: Genetische Trends für Nutzungsdauer (ND), Persistenz (Pers), Fruchtbarkeit (FRUm) und Zellzahl (ZZ) bei Fleckvieh-Stieren

Abb. 7: Genetische Trends für Nutzungsdauer (ND), Persistenz (Pers), Fruchtbarkeit (FRUm) und Zellzahl (ZZ) bei Braunvieh-Stieren

Grundlagen und Definitionen In der Tierzucht werden mit mittlerweile im-mer ausgefeilteren Methoden Zuchtwerte ge-schätzt, um durch gezielte Selektion Zuchtfort-schritte erzielen zu können. Die Basis der

Zuchtwertschätzung ist die Kenntnis der gene-tischen Parameter in einer Population. Die beiden üblicherweise angegebenen genetischen Parameter dafür sind die Heritabilität oder Er-blichkeit für ein einzelnes Merkmal und die genetische Korrelation für zwei Merkmale.

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Beide Maße errechnen sich aus den sogenann-ten Varianzkomponenten. Die grundsätzlichen Prinzipien der genetischen Parameterschätzung (und damit auch der Zuchtwertschätzung) be-ruhen auf zwei zentralen Annahmen: - Die Leistung wird bei den meisten Merkma-len sowohl durch die genetische Veranlagung als auch durch die Umwelt geprägt. Als Grundgleichung der Tierzucht gilt deshalb:

Leistung = Genetik + Umwelt Für die Zucht von größter Bedeutung ist folg-lich die Trennung der genetischen von den umweltbedingten Einflüssen. Einige wichtige systematische Umwelteinflussfaktoren, auf die in der Schätzung genetischer Parameter korri-giert werden muss, sind z.B. der Betrieb (Füt-terung, Haltung, usw.), das Alter oder der Be-werter beim Exterieur. Darüber hinaus beste-hen aber auch noch zufällige Umwelteinflüsse, auf die nicht korrigiert werden kann. - Über die genetische Veranlagung eines Tie-res sagt nicht nur seine eigene Leistung etwas aus, sondern auch die Leistungen verwandter Tiere, weil verwandte Tiere einen bestimmten Anteil gleicher Gene haben. Ausgehend von den oben genannten Prinzipien können für Merkmale nun die phänotypischen und genetischen Varianzen geschätzt werden. Varianzen sind Streuungsmaße, d.h. Maße für die Variabilität eines Merkmals und sind als durchschnittliche quadrierte Abweichungen der Messwerte vom Mittelwert definiert. Als phänotypische Varianz bezeichnet man die Varianz der messbaren Merkmalsausprägung in einer Population. Sie setzt sich zusammen aus der umweltbedingten (nur bedingt durch zufällige und nicht durch systematische Um-weltbedingungen) oder Restvarianz und der genetischen Varianz. Mit der Heritabilität oder Erblichkeit wird ausgedrückt, welcher Anteil der gesamten Variabilität (bereits korrigiert auf systematische Umwelteinflüsse) genetisch be-dingt ist. Bei der Heritabilität im engeren Sinn berücksichtigt man nur die additiv-genetische Varianz während man dominante und epistati-sche Varianz (verursacht durch Wechselwir-kungen am selben bzw. an verschiedenen Loci) unberücksichtigt lässt (Willam und Simianer, 2011).

Eine Korrelation ist allgemein ein Maß, das die Enge und Richtung der Beziehung zwi-schen zwei Merkmalen beschreibt und Werte zwischen -1 und +1 annehmen kann. Werte nahe 0 deuten auf keinen bzw. sehr losen, po-sitive Werte auf einen synergistischen (zu-sammenwirkenden, sich gegenseitig verstär-kenden) und negative Werte auf einen antago-nistischen (entgegengesetzten) Zusammenhang zwischen zwei Merkmalen hin. Eine Korrela-tion errechnet sich aus Variabilitätsmaßen: dem Verhältnis der Kovarianz (Streuung bzw. Variabilität, die zwei Merkmale teilen) zum Produkt der beiden Standardabweichungen (die Wurzel aus den Varianzen) der beiden Merkmale (Eßl, 1987). Die direkt messbare Korrelation zwischen Merkmalen ist die phä-notypische Korrelation, die sich aus geneti-scher und umweltbedingter Korrelation zu-sammensetzt (Willam und Simianer, 2011). Die genetische Korrelation drückt dabei die erblich bedingte Beziehung zwischen zwei Merkmalen aus. Genetische Korrelationen können sich durchaus beträchtlich von phäno-typischen unterscheiden und haben einen Ein-fluss auf den Zuchtfortschritt, wenn nach meh-reren Merkmalen selektiert wird. Genotyp-Umwelt-Interaktion Der Begriff der Genotyp-Umwelt-Interaktion bedeutet, dass zwischen dem Genotyp eines Tieres und seiner Umwelt eine Wechselwir-kung besteht (Willam und Simianer, 2011). Für die Praxis bedeutet dies, dass Unterschiede von Tieren (oder ganzen Populationen, z.B. Rassen) in verschiedenen Umwelten nicht gleich groß sind oder sich im Extremfall die Rangierung von Tieren nach Zuchtwert sogar ändert. Mögliche Genotyp-Umwelt-Inter-aktionen spielen in der Tierzucht z.B. bei Se-lektion von Tieren auf Grund von Stationsprü-fungen eine Rolle. Sie können aber auch eine Rolle spielen, wenn Zuchttiere zwar auf Basis einer Feldprüfung für ein gemeinsames Zucht-programm selektiert werden, aber in stark di-vergierenden Umwelten eingesetzt werden.

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Abbildung 8: Beispiele für Genotyp-Umwelt-Interaktion (GUI)

In Abb. 8 werden schematisch unterschiedliche Situationen hinsichtlich der Genotyp-Umwelt-Interaktion für zwei Rassen unter extensiven und intensiven Bedingungen dargestellt. Stell-vertretend für verschiedene Rassen könnten auch zwei unterschiedliche Genotypen oder Einzeltiere abgebildet werden. Liegt keine Genotyp-Umwelt-Interaktion vor, ist die Leis-tungsdifferenz zwischen den Rassen (oder Einzeltieren) in beiden Umwelten dieselbe. Im Fall einer schwachen Genotyp-Umwelt-Interaktion bleibt zwar Rasse 1 unter beiden Umwelten leistungsmäßig hinter Rasse 2 zu-rück, Rasse 2 kann aber ihr Potenzial unter extensiven Bedingungen nicht so gut aus-schöpfen wie unter intensiven Bedingungen. Auf das Einzeltier bezogen entscheidet man züchterisch gesehen aber richtig, egal unter welchen der beiden Umweltbedingungen se-lektiert wird. Bei starker Genotyp-Umwelt-Interaktion ändert sich hingegen die Rangie-rung: im abgebildeten Beispiel ist Rasse 1 un-ter extensiven Bedingungen unterlegen, unter intensiven Bedingungen hingegen überlegen. Betrachtet man wieder Einzeltiere, so bedeutet dies, dass die besten Tiere selektiert in einer Umwelt nicht mehr die besten Tiere in einer anderen Umwelt sind. Falls solche starken Wechselwirkungen bestehen, sollten diese in der Zuchtwertschätzung bzw. bei der Zucht-planung berücksichtigt werden. Im Extremfall

müssten eigene Zuchtprogramme entwickelt und umgesetzt werden. Als mögliche Erklärungsansätze für Genotyp-Umwelt-Interaktionen geben Falconer und Mackay (1996) die folgenden beiden Erklä-rungsansätze: - dieselben Gene reagieren unter verschiedenen Umweltbedingungen unterschiedlich - unter verschiedenen Umweltbedingungen wirken (zumindest teilweise) unterschiedliche Gene Wie kann festgestellt werden, ob eine Geno-typ-Umwelt-Interaktion vorliegt? Die Schät-zung von genetischen Korrelationen ist eine sehr häufig angewandte Methode und basiert auf der Theorie, dass unterschiedliche Gene unter verschiedenen Umweltbedingungen wir-ken. Dazu wird das in verschiedenen Umwel-ten gemessene Merkmal nicht als dasselbe, sondern als zwei unterschiedliche Merkmale betrachtet (Falconer und Mackay, 1996) und für diese genetische Korrelationen geschätzt. Sind die Korrelationen sehr hoch (häufig wird eine Grenze von 0,8 angesetzt, Robertson, 1959), kann man davon ausgehen, dass es sich in beiden Umwelten mehr oder weniger um das gleiche Merkmal handelt und auch diesel-ben Gene für seine Ausprägung verantwortlich sind. Je niedriger die Korrelationen hingegen werden, umso größer ist der unterschiedliche

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Anteil an Genen, der an der Ausprägung eines Merkmals verantwortlich ist. Dies lässt sich auch gut am folgenden Beispiel für ein Leis-tungsmerkmal demonstrieren (Falconer und Mackay, 1996): Unter stark extensiven Bedin-gungen ist Leistung stark von Effizienz ge-prägt, während sie unter sehr intensiven Be-dingungen stärker von der Futteraufnahmefä-higkeit abhängen. Niedrige genetische Korrela-tionen könnten allerdings auch durch Domi-nanz und Epistasieeffekte (nicht additive Ef-fekte) und damit verbundene unterschiedliche genetische Varianzen verursacht sein. Auf die Frage „Züchten wir die richtigen Kühe für extensive Betriebe“ wird von Schwarzen-bacher und Fürst (2013) auf die Situation in Österreich detailliert eingegangen. Aus der Interbull-Zuchtwertschätzung (Dezember 2012) lassen sich anhand der Korrelationen zwischen den einzelnen Ländern jedenfalls gewisse Hinweise auf Genotyp-Umwelt-Interaktionen betreffend Weidehaltung finden: für die Milchleistung liegen die Korrelationen zwischen Deutschland/Österreich und den meisten Ländern für die Rassen Brown Swiss und Holstein beispielsweise rund um 0,90. Zu Neuseeland, das mit der extensiveren Haltung und dem verbreiteten Weidesystem deutlich andere Umweltbedingungen aufweist, liegt die Korrelation aber nur bei etwa 0,75 (www.interbull.org). Nicht ganz so stark aus-geprägt, aber in eine ähnliche Richtung gehend ist die Situation bei Irland. Das heißt, es kommt zu nennenswerten Umrangierungen der Stiere nach Zuchtwerten. Bei diesen Interbull-Korrelationen muss man allerdings beachten, dass niedrigere Korrelationen nicht nur auf Genotyp-Umwelt-Interaktionen zurückzufüh-ren sind, sondern auch auf Unterschiede in der Merkmalsdefinition und in der Zuchtwert-schätzmethodik.

Merkmalsantagonismen – woher kommen sie? In der Tierzucht spricht man von Merkmalsan-tagonismus, wenn zwei Merkmale züchterisch unerwünscht korreliert sind. Für die praktische Tierzucht bedeutet dies, dass, wenn nur auf eines der beiden Merkmale selektiert wird, sich für das jeweils andere Merkmal ein züch-terisch unerwünschter genetischer Trend erge-ben wird. Mögliche Ursachen von Merkmals-antagonismen sind Kopplung oder Pleiotropie (Falconer und Mackay, 1996). Unter Kopplung versteht man, dass Allele, die am selben Chromosom liegen, nicht unabhän-gig voneinander vererbt werden können. Je näher sie am selben Chromosom liegen, umso wahrscheinlicher ist es, dass sie gemeinsam vererbt werden und nicht durch Crossing-Over während der Meiose getrennt werden. Ein Al-lel kann also ein Merkmal in die erwünschte, ein nahe liegendes zweites Allel aber ein ande-res Merkmal in eine unerwünschte Richtung beeinflussen. Der Kopplung wird allerdings nur vorübergehende Bedeutung hinsichtlich Merkmalsantagonismen beigemessen (Falco-ner und Mackay, 1996). Pleiotropie bedeutet, dass sich ein gewisser Anteil der Gene nicht nur auf ein, sondern zwei oder mehrere Merkmale auswirken. Ge-nerell arbeitet man in der Tierzucht überwie-gend auf Basis des infinitesimalen Modells, wobei davon ausgegangen wird, dass sich eine Vielzahl von Genen mit jeweils sehr kleinen Effekten auf ein Merkmal auswirkt. Dabei gibt es Gene, die sich auf beide Merkmale positiv auswirken, andere, die sich auf ein Merkmal positiv, aber auf das andere negativ auswirken und solche, die auf beide Merkmale einen ne-gativen Einfluss haben (Fürst und Sölkner, 2002; Abb. 9).

Abbildung 9: Schematische Darstellung von Pleiotropie nach Fürst und Sölkner (2002)

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Merkmal 1 + + + + + + - - - - - - Merkmal 2 + + + - - - + + + - - - Wie sich die Beziehung zwischen zwei Merk-malen gestaltet, hängt davon ab, wie viele Ge-

ne synergistisch (+/+ bzw. –/–; im Beispiel Gene 1-3 und 10-12) und wie viele antagonis-

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tisch (+/– bzw. –/+; im Beispiel Gene 4-9) wirken und wie häufig diese Gene jeweils in der Population vorkommen. Überwiegen die synergistischen Gene, dann ist die genetische Korrelation positiv, überwiegen die antagonis-tischen, dann ist sie negativ (Fürst und Sölk-ner, 2002). Die sogenannte „Resource Allocation Theo-ry “ (Mittelzuteilungstheorie) kann ebenfalls einen Erklärungsansatz für Merkmalsantago-nismen bieten (Beilharz et al., 1993). Sind Ressourcen begrenzt (z.B. die Energie, die für Erhaltung, Bewegung, Laktation oder Fort-pflanzung zur Verfügung steht), so muss ein Weg gefunden werden, wie diese verteilt wer-den. Bei hohem Leistungsniveau kann es zur Situation kommen, dass alle Ressourcen ver-braucht sind, und das Tier somit nicht mehr auf zusätzliche Belastungen reagieren kann (Rauw et al., 1998). Wade und Jones (2004) nennen dazu die Hierarchie des Energiestoff-wechsels. Demnach werden Energien ihrer Wichtigkeit nach zuerst für essentielle (z.B. Zellerhaltung aber auch Milchproduktion), dann reduzierbare (z.B. Wachstum) und zum Schluss für entbehrliche Vorgänge (z.B. Fort-pflanzung) zur Verfügung gestellt. Dies ist also ein möglicher Erklärungsansatz für die antagonistische Beziehung zwischen Milchleistung und Fruchtbarkeit, von der in zahlreichen Studien berichtet wurde. Sind genetische Korrelationen fixe Maßzahlen? Grundsätzlich sind genetische Parameter keine fixen Maßzahlen, sondern hängen davon ab, für welche Population und mit welchen Me-thoden bzw. Modellen sie geschätzt wurden. Auch Änderungen in der Erfassung von Merkmalen (z.B. eine genauere Erfassung der Umwelteinflüsse die in einer Verkleinerung der zufallsbedingten Umwelt- oder Restvari-

anz resultiert, s.o.) können zu Änderungen in Populationsparametern führen. Abgesehen davon trägt auch die Selektion in der Zucht auf sich ändernde genetische Para-meter bei. Selektiert man auf ein bestimmtes Merkmal, so werden langfristig Gene, die sich wünschenswert auf ein Merkmal auswirken, angereichert bzw. fixiert. Gleichzeitig werden aber unerwünscht wirkende Gene langfristig eliminiert. Dadurch verringert sich die geneti-sche Varianz, also die genetisch bedingte Ver-schiedenheit der Tiere. Da wir im infinitesima-len Modell allerdings davon ausgehen, dass sehr viele Gene einen jeweils nur sehr kleinen Anteil an der Ausprägung eines Merkmals haben, ist diese Änderung selten stark ausge-prägt (Willam und Simianer, 2011). Betrachtet man nun zwei Merkmale, so bietet das oben angeführte Beispiel nach Fürst und Sölkner (2002) einen Erklärungsansatz für sich ändernde genetische Merkmalsbeziehungen unter Selektion (Abb. 10). Auch zur geneti-schen Korrelation tragen Gene nur dann bei, wenn sie nicht bei allen Individuen einer Popu-lation gleich vorhanden sind (d.h. solange sie nicht „fixiert“ sind) bzw. wenn sie nicht gänz-lich aus der Population eliminiert sind. Wenn man lange auf zwei Merkmale selektiert, dann tritt aber genau der Fall ein, dass +/+ Kombi-nationen fixiert und –/– Kombinationen ausge-schieden werden. Übrig bleiben immer mehr Gene mit antagonistischer Wirkung und die Korrelation der Merkmale wird immer stärker negativ, je länger man selektiert. Dies kann sich in Folge auf den Zuchtfortschritt bei Se-lektion nach Gesamtzuchtwert auswirken. Die-ser wird durch die Gewichte für die Einzel-merkmale im Gesamtzuchtwert bedingt, aber auch von den Sicherheiten für Einzelmerkma-le, die wiederum von der Heritabilität abhän-gen. Je stärker negativ die Korrelation, umso schwieriger ist es, für nieder heritable Merk-male Zuchtfortschritt zu erzielen.

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Abbildung 10: Schematische Darstellung der Auswirkung von Pleiotropie und Selektion auf genetische Merkmalsbeziehungen (Fürst und Sölkner, 2002)

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Merkmal 1 + + + + + + - - - - - - Merkmal 2 + + + - - - + + + - - - Die oben angeführte Resource Allocation The-ory (Beilharz et al., 1993) und die Hierarchie des Energiestoffwechsels (Wade und Jones, 2004) liefern einen Erklärungsansatz für unter-schiedlich starke Merkmalsantagonismen unter verschiedenen Umweltbedingungen. Sölkner und James (1994) stellten ein genetisches Mo-dell vor, in dem gezeigt wird, dass bei knapper werdenden Ressourcen ein „Verteilungs-kampf“ um die vorhandene Energie immer stärker und folglich der Antagonismus zwi-schen den Merkmalen größer wird. Ausgehend von dieser Annahme könnten daher unter-schiedlich hohe genetische Korrelationen zwi-schen Merkmalen, die um Ressourcen konkur-rieren, unter verschiedenen Umweltbedingun-gen gefunden werden. Im Fall von höheren genetisch unerwünschten Korrelationen unter intensiven Bedingungen kann aber auch argu-mentiert werden, dass diese teilweise nur scheinbar direkte genetische Merkmalsbezie-hungen darstellen (Schwerin, 2009). Nach der Theorie von Wade und Jones (2004) gehören Fortpflanzung und Fetteinlagerung zu den ent-behrlichen Prozessen. Am Beginn der Laktati-on einer sehr hochleistenden Kuh kann wäh-rend der Phase einer stark negativen Energiebi-lanz keine Energie für Fortpflanzungsaktivitä-ten bereitgestellt werden. Das heißt, in diesem Zeitraum handelt es sich um eine ernährungs-bedingte Unfruchtbarkeit, die reversibel ist,

sobald die Energiebilanz wieder positiv ist (Wade und Jones, 2004). Unter österreichischen Bedingungen wurden genetische Korrelationen getrennt für Tiere in intensiven und extensiven Betrieben geschätzt. Die untersuchten Daten bestanden je nach Merkmal zwischen 5.400 und 24.376 Fleck-vieh-Datensätzen, wobei im Modell die in der Zuchtwertschätzung üblichen Einflussfaktoren (Betrieb, Kalbealter, Laktation, usw.) berück-sichtigt wurden. Die Daten wurden auf einfa-che Weise nach Stalldurchschnitt für Milch-menge auf zwei Betriebsintensitäten aufgeteilt (niedrig = Stalldurchschnitt ≤6000 kg, hoch = Stalldurchschnitt ≥9000 kg Milch). Tatsächlich ergaben sich Unterschiede in den genetischen Korrelationen zwischen Milch- und Fitness-merkmalen (Tab. 1). Der negative genetische Zusammenhang der Milch zur Nutzungsdauer wurde im hohen Niveau nur geringfügig stär-ker ausgeprägt. Bei den Fruchtbarkeitsmerk-malen Rastzeit (Zeit von Abkalbung bis 1. Belegung) und Verzögerungszeit (Zeit von 1. bis erfolgreicher Belegung) und auch bei der Zellzahl sind die Unterschiede jedoch sehr deutlich. Das bedeutet, dass bei höherer Inten-sität eine hohe Milchleistung zu einer stärke-ren Verschlechterung der Fruchtbarkeit und der Zellzahl führt als im niedrigen Bereich.

Tabelle 1: Genetische Korrelationen zwischen Milchmenge und einigen Fitnessmerkmalen in unterschiedlichen Betriebsniveaus beim Fleckvieh (niedrig = Stalldurchschnitt ≤6000 kg, hoch = ≥9000 kg Milch).

niedrig hoch Milch - Nutzungsdauer -0,16 -0,19 Milch - Rastzeit 0,12 0,31 Milch - Verzögerungszeit 0,21 0,44 Milch - Zellzahl 0,11 0,56

Gene werden eliminiert Gene werden fixiert

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Fazit Immer wieder wird argumentiert, dass unter-schiedliche Zuchtziele für die Haltung von Milchkühen unter stark verschiedenen Um-weltbedingungen notwendig sein könnten. Gründe dafür liegen zum Teil in einer vermu-teten Genotyp-Umwelt-Interaktion, da ange-nommen wird, dass die aus der gemeinsamen Feldprüfung selektierten Tiere möglicherweise nicht die besten Tiere für die Haltung unter extensiven Bedingungen sind. Darüber hinaus können sich auch genetische Merkmalsbezie-hungen nicht nur durch Selektion sondern auch in Abhängigkeit der Umwelt ändern. Züchten wir nun die richtigen Milchkühe für alle Hal-tungsbedingungen oder brauchen wir unter-schiedliche Zuchtziele bzw. Zuchtprogramme? Diesen Fragen wird von Schwarzenbacher und Fürst (2013) und Fürst (2013) nachgegangen. Danksagung

Die Yield Deviations für die Milch wurden dan-kenswerterweise von der LfL Grub (Dr. Reiner Emmerling) zur Verfügung gestellt. Literatur Beilharz, R.G., Luxford, B.G., Wilkinson, J.L.,

1993. Quantitative genetics and evolution: Is our understanding of genetics sufficient to ex-plain evolution? J. Anim. Breed. Gen. 110, 161–170.

Eßl, A. (1987): Statistische Methoden in der Tier-produktion. Österreichischer Agrarverlag Wien.

Falconer, D. S. Mackay, T. F. (1996): Introduction to quantitative genetics. 4th Ed., Longmann Group, Harlow, England.

Fürst, C. (2013): Brauchen wir unterschiedliche Zuchtziele und Zuchtprogramme? In: Die beste Kuh für's Gras. Seminar des Ausschusses für Genetik der ZAR, Salzburg.

Fürst, C., Sölkner, J. (2002): Merkmalsantagonis-men in der Rinderzucht. In: Leistungszucht und Leistungsgrenzen beim Rind. Seminar des ge-netischen Ausschusses der ZAR, Salzburg, 47-52.

BMLFUW (2012): Grüner Bericht 2012. Bundes-ministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, www.gruener bericht.at.

Rauw, W.M., Kanis, E., Noordhuizen-Stassen, E.N., Grommers, F.J. (1998): Undesirable side effects of selection for high production effi-ciency in farm animals: a review. Livest. Prod. Sci. 56, 15-33.

Robertson A. (1959): The sampling variance of genetic correlation coefficient. Biometrics 15, 469-485.

Schwarzenbacher, H., Fürst, C. (2013): Züchten wir die richtigen Kühe für extensive Betriebe? In: Die beste Kuh für's Gras. Seminar des Aus-schusses für Genetik der ZAR, Salzburg.

Schwerin, M. (2009): Die Zucht hochleistender und gesunder Milchkühe – nur ein Traum? Züchtungskunde 81, 389-396.

Sölkner, J. und James, J.W. (1994): Curvilinearity in the relationship of traits competing for re-sources: a genetic model. Proc. 5th World Congr. Genet. Appl. Livest. Prod. 151-154.

Wade, G.N., Jones, J.E. (2004): Neuroendocrinol-ogy of nutritional infertility. Am. J. Physiol. 287, R1277-R1296.

Willam, A., Simianer, H. (2011): Tierzucht. Grundwissen Bachelor. Ulmer Verlag, Stutt-gart.

ZAR (2012): Die österreichische Rinderzucht 2011. http://www.zar.at/filemanager/download/ 23387/

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Züchten wir die richtigen Kühe für extensive Betrie be?

Hermann Schwarzenbacher und Christian Fürst 1. Einleitung Eine Reihe von Maßnahmen wie die Einfüh-rung der Tiermodell-Zuchtwertschätzungen, die Optimierung und das Monitoring der Zuchtprogramme und nicht zuletzt die Einfüh-rung der genomischen Selektion haben den Zuchtfortschritt in den letzten 20 Jahren deut-lich beschleunigt. Das ist eine günstige Ent-wicklung, da nur so langfristig die Wettbe-werbskraft der heimischen Zuchttiere im inter-nationalen Vergleich erhalten werden kann. Eine höhere ‚Reisegeschwindigkeit‘ erfordert aber auch ein besseres und umfassenderes Mo-nitoring der Zuchtpopulationen um ungünstige Entwicklungen rechtzeitig zu erkennen. Eine dieser Monitoringaufgaben ist die Überprü-fung, ob die selektierten Tiere für das breite Spektrum der Betriebsintensitäten in denen die tierische Produktion stattfindet, gleich gut ge-eignet sind. Das Ziel der Nutztierzucht ist es, dass die se-lektierten Tiere in einer bestimmten Umwelt möglichst effizient ihre Leistung erbringen. Da dieser genetische Anpassungsprozess an eine Betriebsumwelt mit zunehmend hohem Fütte-rungs- und Managementniveau stattfindet, so ist es denkbar, dass diese Tiere irgendwann nur mehr bedingt für extensive Produktionsweisen geeignet sind. Der Tierzüchter spricht hier von einer Genotyp-Umwelt-Wechselwirkung (bzw. Genotyp-Umwelt-Interaktion GUI).

2. Stand der Forschung Sölkner et al. (2000) konnten keine GUI zwi-schen konventionell und ökologisch bewirt-schafteten Milchviehbetrieben feststellen. Die Korrelationen bei der Milchleistung (kg) lagen in den Laktationen 1 bis 3 bei österreichischen Fleckviehkühen bei ≥0,97. Die Autoren be-gründen dies unter anderem mit der geringen Leistungsdifferenz zwischen beiden Bewirt-schaftungsformen von nur rund 400 kg Milch. In einer Literaturübersicht fassen König et al. (2005) Untersuchungen zu genetischen Korre-

lationen bei 305-Tage Milchleistungen bei Holstein zusammen. Die Autoren schlussfol-gern, dass zwischen Ländern meist Korrelatio-nen von ≥0,8 gefunden werden. Deutlich nied-rigere Korrelationen werden dann gefunden, wenn große Unterschiede bezüglich Produkti-onssystemen und Klima vorliegen. Unter-schiedliche Produktionssysteme innerhalb ei-nes Landes weisen meist Korrelationen von >0,9 auf. Eine umfangreiche Untersuchung wurde von Gerber et al. (2006) vorgelegt. In ihre Untersu-chung gingen Fleckviehstiere der Jahrgänge 93-94 sowie deren Töchter ein. Die Töchter wurden aufgrund des Milch-leistungsniveaus und der Betriebsintensität in jeweils drei Gruppen eingeteilt. Eine weitere Gruppe stellten biologisch bewirtschaftete Be-triebe dar. Bei der Milchleistung wurden bei Töchtern auf extensiven Betrieben mit zu-nehmendem Milchwert des Vaters geringere Leistungssteigerungen gefunden, als bei ver-gleichbaren Töchtern auf intensiven Betrieben. Der Verlauf der Laktationskurven bei Tieren mit hoher Leistungsveranlagung war beim ex-tensiven Betriebsniveau hingegen signifikant flacher als bei intensiven Betrieben. Bei den funktionalen Merkmalen konnten negative Beziehungen zwischen Zellzahl bzw. Kalbe-verlauf und dem Milchwert des Vaters gefun-den werden, wohingegen ein intensiveres Ma-nagement zu niedrigeren Zellzahlen führte. Bei der Fruchtbarkeit konnten keine negativen Zusammenhänge mit dem Milchwert gefunden werden, ein intensiveres Management ver-schlechterte jedoch die Fruchtbarkeit. Die Au-toren untersuchten auch genetische Korrelatio-nen zwischen Betriebsintensitäten bzw. Biobe-trieben. Die gefundenen Korrelationen lagen meist bei >0,9 und ließen daher auf keine be-deutsame GUI schließen. Die Autoren resü-mieren daher, dass aktuell keine Notwendig-keit für eine Berücksichtigung in der Zucht-wertschätzung vorliegt.

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3. Ergebnisse eigener Untersu-chungen Die folgenden Analysen sind zweigeteilt in die Auswertung von phänotypischen Leistungsda-ten und die Schätzung von genetischen Para-metern zwischen Betrieben unterschiedlicher Managementintensitäten bzw. biologischer und konventioneller Wirtschaftsweise. 3.1 Zusammenhang der Leistung von erstlaktierenden Kühen mit der Be-triebsintensität und dem MW der Väter Ausgangspunkt der Auswertungen waren alle Betriebe die im Kontrolljahr 2011 die Validie-rungskriterien zur Zuchtwertschätzung bei Gesundheitsmerkmalen erfüllt haben. Dies sind Betriebe mit durchgängiger Leistungskon-trolle für Gesundheitsmerkmale in diesem Zeitraum. Insgesamt gingen 5.574 Betriebe bei Fleckvieh und 634 Betriebe bei Braunvieh in die weitergehenden Analysen ein. Von diesen Betrieben wurden die jeweils schlechtesten, durchschnittlichen und besten 10% der Betriebe bei Fleckvieh bzw. 20% bei Braunvieh nach Fett und Eiweißmenge selek-tiert, wobei auf die durchschnittlichen Milchwertniveaus in den Betrieben korrigiert wurde, um Unterschiede in der genetischen Veranlagung zur Milchproduktion zu berück-sichtigen. In Tabelle 1 sind die ausgewählten Betriebe in den verschiedenen Managementni-veaus dargestellt. Da die Grundgesamtheit der Fleckviehbetriebe wesentlich größer war, konnten extremere Be-triebe ausgewählt werden, sodass sich bei-spielsweise bei der Milchmenge eine etwas größere Spreizung (3.515 kg) in den Leis-tungsniveaus als beim Braunvieh (2.949). Bei der Nutzungsdauer zeigen sich bei Fleckvieh nur sehr geringe Unterschiede zwischen den Betriebsintensitäten von max. 0,1 Jahren. Bei Braunvieh sind die Unterschiede mit 0,13 Jah-ren Rückgang von extensiv auf intensiv eben-falls sehr moderat. Ähnliches ist bei der Non-Return-Rate zum 90. Tag (NRR 90, Anteil Kühe die innerhalb 90 Tagen nach der Erstbe-samung nicht nachbesamt werden) zu be-obachten. Bei beiden Rassen sind nur minimal

schlechtere NRR im intensiven Niveau von -0,03 bzw. -0,06 zu beobachten. Die durch-schnittlichen Zellzahlen sind beim intensiven Betrieb hingegen deutlich niedriger als im ex-tensiven Niveau (-25.000 bei Fleckvieh bzw. -6.000 bei Braunvieh). Dies dürfte durch das bessere Management zu erklären sein. Bei den Anteilen der Kühe mit Diagnosen für Mastitis, Fruchtbarkeitsstörungen und Stoff-wechselstörungen sind Tendenzen von höheren Diagnoseraten im intensiven Management-niveau zu beobachten. Beim Komplex Euter beim Braunvieh ist die Entwicklung der Diag-noseraten mit steigender Intensität nicht ein-deutig. Eine häufig gestellte Frage im Zusammenhang mit der GUI ist jene, ob hochveranlagte Kühe in extensiver Umwelt ihr Leistungsvermögen gleich ausprägen können wie in intensiven Betrieben. Um die Wechselwirkung zwischen den Managementniveaus mit der genetischen Veranlagung zur Milchleistung zu untersu-chen, wurde deren Einfluss auf die Leistungen der erstlaktierenden Kühe mit folgendem line-aren Modell untersucht:

Leistungsmerkmal = MN + MW_V + MN x MW_V + Restfehler

wobei MN für das Managementniveau und MW_V für den Milchwert des Vaters der je-weiligen Kuh stehen. Wie bereits oben er-wähnt, wurden nur Leistungen von erstlaktie-renden Kühen betrachtet. Bei der Beurteilung der Ergebnisse ist es wichtig zu berücksichti-gen, dass hier rein phänotypische Zusammen-hänge untersucht werden. Es sind daher keine direkten Rückschlüsse auf genetische Zusam-menhänge zulässig. In der Tabelle 2 sind die Ergebnisse für Milch- und Eiweißmenge dargestellt. Sowohl bei Milch- als auch bei Eiweißmenge sind bei Fleckvieh in intensiven Betrieben rund doppelt so hohe Leistungsanstiege wie im extensiven Niveau zu beobachten, wenn der Milchwert des Vaters von 90 auf 120 ansteigt. Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass im hohen Ma-nagementniveau die genetische Veranlagung deutlich besser ausgeprägt werden kann. Bei Braunvieh zeigen sich, etwas überraschend, keine signifikanten Unterschiede zwischen den

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Betriebsniveaus. Diese Unterschiede sind wohl auf zufällige Stichprobeneffekte zurückzufüh-ren. Wenn man die Milchwerte der Kuh selbst in die Analyse einbezieht, zeigen sich auch bei

Braunvieh ganz ähnliche Wechselwirkungen zwischen dem genetischen und dem Manage-mentniveau wie bei Fleckvieh.

Tabelle 1: Charakterisierung der Betriebe in den verschiedenen Managementniveaus bei Fleckvieh und Braunvieh

Fleckvieh Braunvieh Merkmal extensiv mittel intensiv extensiv mittel intensiv Anzahl Betriebe 558 558 558 178 177 178 Anzahl Kühe 1. Laktation 2.151 2.707 3.226 392 511 678 Anzahl Kühe /Betrieb 17 22 32 17 20 30 GZW 103 104 105 100 102 102 MW 101 101 103 98 100 99 FIT 105 106 107 105 105 105 Milchmenge (kg) 5.571 7.156 9.087 6.015 7.505 8.964 Fett- und Eiweißm. (kg) 415 547 703 455 585 708 Nutzungsdauer (Jahre) 2,85 2,83 2,75 3,10 2,83 2,97 NRR 90 (%) 62 59 59 59 60 53 Zellzahl 1. Lakt. (x 1000) 125 107 100 128 125 122 Fruchtbarkeit: Anteil Diag-nosen Kühe (%) 11,3 13,2 15,9 11,8 16,4 16,7 Euter: Anteil Diagnosen Erstlingskühe (%) 7,5 9,0 7,2 10,7 11,0 8,3 Euter: Anteil Diagnosen weitere Kühe (%) 11,3 13,7 13,0 11,1 14,3 10,5 Stoffw.: Anteil Diagnosen Erstlingskühe (%) 0,8 0,9 1,0 0,9 0,9 1,7 Stoffw.: Anteil Diagnosen weitere Kühe (%) 2,7 3,9 5,2 2,6 5,0 3,9 Tabelle 2: Einfluss des Managementniveaus und des Milchwerts des Vaters auf Milchleis-tungsmerkmale bei Fleckvieh und Braunvieh LSM=Mittelwert (Least squares mean), SE=Standardfehler (standard error)

Management-niveau

MW 90 MW 100 MW 110 MW 120 Diff. 90����120 LSM SE LSM SE LSM SE LSM SE

Milchmenge FV extensiv 4.720 ±31 4.929 ±19 5.138 ±26 5.347 ±44 627 FV mittel 5.582 ±29 5.898 ±18 6.214 ±22 6.531 ±37 949 FV intensiv 6.711 ±26 7.158 ±17 7.606 ±18 8.053 ±28 1.342 BV extensiv 4.918 ±62 5.192 ±50 5.466 ±84 5.740 ±132 822 BV mittel 6.129 ±68 6.435 ±42 6.742 ±66 7.048 ±111 919 BV intensiv 7.288 ±59 7.550 ±36 7.811 ±54 8.073 ±91 785 Eiweißmenge FV extensiv 150 ±1 158 ±1 167 ±1 176 ±2 26 FV mittel 185 ±1 198 ±1 211 ±1 224 ±1 39 FV intensiv 233 ±1 251 ±1 268 ±1 286 ±1 53 BV extensiv 162 ±2 172 ±2 181 ±3 191 ±5 29 BV mittel 207 ±2 221 ±2 236 ±2 250 ±4 43 BV intensiv 260 ±2 270 ±1 281 ±2 291 ±3 32

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Die Ergebnisse zweier Fitnessmerkmale, der Zellzahl und der NRR 90, sind in der Tabelle 3 dargestellt. Wie schon auf Betriebsniveau zu beobachten war (Tabelle 1) ist zunächst auffäl-lig, dass die durchschnittlichen Zellzahlen mit dem Intensitätsniveau abfallen. Desweiteren sind beim extensiven und mittleren Niveau bei beiden Rassen leichte Rückgänge der Zell-zahlwerte mit ansteigendem Vater-MW zu beobachten. Dieses Ergebnis ist, obwohl nicht signifikant, doch etwas überraschend, da man

von einem genetischen Antagonismus zwi-schen der Milchmenge und dem Zellzahlgehalt ausgehen kann. Bei der Fruchtbarkeit sind we-der zwischen den Intensitäten noch den Vater-Milchwerten nennenswerte Unterschiede fest-stellbar. Der genetische Antagonismus zwi-schen der Milchleistung und Fruchtbarkeit dürfte im intensiven Niveau durch das verbes-serte Management weitgehend kompensiert werden.

Tabelle 3: Einfluss des Managementniveaus und des Milchwerts des Vaters auf Fitness-merkmale bei Fleckvieh und Braunvieh LSM=Mittelwert (Least squares mean), SE=Standardfehler (standard error)

Management-niveau

MW 90 MW 100 MW 110 MW 120 Diff. 90����120 LSM SE LSM SE LSM SE LSM SE

Zellzahl FV extensiv 82,67 ±12,9 77,69 ±12,8 73,01 ±12,9 68,61 ±13,1 -14 FV mittel 73,20 ±12,9 66,90 ±12,7 61,15 ±12,8 55,89 ±13,0 -17 FV intensiv 58,23 ±12,9 58,19 ±12,7 58,14 ±12,7 58,10 ±12,9 0 BV extensiv 83,77 ±13,2 79,95 ±13,1 76,31 ±13,5 72,84 ±14,1 -11 BV mittel 83,63 ±13,3 75,63 ±13,0 68,39 ±13,3 61,85 ±13,9 -22 BV intensiv 74,31 ±13,2 73,84 ±12,9 73,38 ±13,1 72,92 ±13,6 -1 NRR 90 FV extensiv 0,60 ±0,02 0,61 ±0,01 0,61 ±0,02 0,62 ±0,03 0,01 FV mittel 0,58 ±0,02 0,59 ±0,01 0,59 ±0,01 0,59 ±0,02 0,01 FV intensiv 0,61 ±0,02 0,61 ±0,01 0,61 ±0,01 0,61 ±0,02 0,00 BV extensiv 0,52 ±0,03 0,51 ±0,03 0,51 ±0,05 0,50 ±0,07 -0,02 BV mittel 0,59 ±0,04 0,57 ±0,02 0,55 ±0,04 0,53 ±0,06 -0,06 BV intensiv 0,59 ±0,03 0,58 ±0,02 0,56 ±0,03 0,55 ±0,05 -0,04 Die Häufigkeiten von tierärztlichen Diagnosen zu den Krankheitskomplexen Mastitis (chro-nisch und akut), frühe Fruchtbarkeitsstörungen (Gebärmutterentzündung, Nachgeburtsverhal-tung und puerperale Erkrankungen) und Zysten sind in der Tabelle 4 zusammengefasst. Insge-samt sind keine signifikant erhöhten Diagnose-raten bei intensiverem Management oder höhe-ren Milchzuchtwerten des Vaters zu beobach-ten. Um eine etwaige unvollständige Datener-fassung für Gesundheitsmerkmale zu berück-sichtigen, wurden in einer gesonderten Aus-wertung bei FV (hier nicht dargestellt) nur Betriebe mit mindestens 75% elektronischer Datenerfassung berücksichtigt. Dies führt zwar zu Diagnoseraten, die um 4-5 Prozentpunkte höher liegen, aber auch hier können keine sig-

nifikanten Einflüsse von Intensität und Milchwertniveau des Vaters nachgewiesen werden. Zusammenfassend kann aus den Analysen ge-schlussfolgert werden, dass im intensiven Ma-nagementniveau mit steigenden Milchwerten der Väter signifikant höhere Leistungsanstiege bei Milchleistungsmerkmalen verbunden sind, wobei dies bei Braunvieh nur in Zusammen-hang mit dem Milchwert der Kuh selbst, nicht jedoch in Abhängigkeit des Vater-Milchwerts gefunden wurde. Andererseits können weder bei den ausgewählten Fitnessmerkmalen noch bei tierärztlichen Diagnosen signifikante Ein-flüsse von Management und Veranlagung zur Milchleistung beobachtet werden.

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Tabelle 4: Einfluss des Managementniveaus und des Milchwerts des Vaters auf Diagnose-häufigkeiten bei Fleckvieh und Braunvieh LSM=Mittelwert (Least squares mean), SE=Standardfehler (standard error)

Management-niveau

MW 90 MW 100 MW 110 MW 120 Diff. 90����120 LSM SE LSM SE LSM SE LSM SE

Mastitis FV extensiv 0,03 ±0,01 0,04 ±0,01 0,05 ±0,01 0,07 ±0,01 0,03

FV mittel 0,08 ±0,01 0,07 ±0,01 0,06 ±0,01 0,05 ±0,01 -0,02

FV intensiv 0,03 ±0,01 0,04 ±0,01 0,05 ±0,01 0,05 ±0,01 0,02

BV extensiv 0,06 ±0,02 0,05 ±0,01 0,04 ±0,02 0,02 ±0,04 -0,04

BV mittel 0,08 ±0,02 0,08 ±0,01 0,08 ±0,02 0,08 ±0,03 0,00

BV intensiv 0,08 ±0,02 0,07 ±0,01 0,06 ±0,01 0,04 ±0,02 -0,03

Frühe Fruchtbarkeitsstörungen FV extensiv 0,02 ±0,01 0,02 ±0,00 0,02 ±0,01 0,02 ±0,01 0,00

FV mittel 0,03 ±0,01 0,03 ±0,00 0,03 ±0,01 0,03 ±0,01 0,00

FV intensiv 0,02 ±0,01 0,02 ±0,00 0,03 ±0,00 0,03 ±0,01 0,01

BV extensiv 0,05 ±0,02 0,05 ±0,01 0,05 ±0,02 0,05 ±0,03 0,00

BV mittel 0,04 ±0,02 0,05 ±0,01 0,06 ±0,02 0,08 ±0,03 0,04

BV intensiv 0,04 ±0,02 0,04 ±0,01 0,05 ±0,01 0,05 ±0,02 0,02

Zysten FV extensiv 0,03 ±0,01 0,03 ±0,00 0,04 ±0,01 0,04 ±0,01 0,01

FV mittel 0,05 ±0,01 0,04 ±0,00 0,04 ±0,01 0,03 ±0,01 -0,01

FV intensiv 0,03 ±0,01 0,03 ±0,00 0,03 ±0,00 0,04 ±0,01 0,01

BV extensiv 0,00 ±0,01 0,01 ±0,01 0,04 ±0,02 0,07 ±0,03 0,07

BV mittel 0,01 ±0,01 0,02 ±0,01 0,04 ±0,01 0,05 ±0,02 0,04

BV intensiv 0,01 ±0,01 0,02 ±0,01 0,04 ±0,01 0,06 ±0,02 0,05

3.2 Untersuchung zur genetischen Fundierung der Merkmalsausprägung bei verschiedenen Betriebsintensitäten und Wirtschaftsweisen In den folgenden Analysen wird untersucht, ob die Erbringung einer Milchleistung oder das Zyklusgeschehen einer Kuh die gleichen Merkmale darstellen, egal ob diese in intensiv oder extensiv gemanagten Betrieben erbracht wurden. Wenn dies nicht der Fall wäre, so würden sich die Rangierungen d.h. die wahren Zuchtwerte in den beiden Umwelten gravie-rend unterscheiden was unter Umständen ge-trennte Zuchtwertschätzungen bzw. Zuchtpro-gramme für beide Umwelten erfordern würde. Zu diesem Zweck wurden Fleckviehbetriebe aus dem Bundesland Oberösterreich nach dem Stalldurchschnitt (≤ 6.000 kg bzw. ≥ 9.000 kg) in zwei Gruppen geteilt. Für die Schätzung der genetischen Parameter wurden bei allen

Merkmalen außer der Zellzahl sogenannte ‚Yield Deviations‘, das sind umweltkorrigierte Leistungsabweichungen, herangezogen. Da sämtliche Umwelteffekte in diesen Phänotypen bereits rechnerisch berücksichtigt sind, wurden nur mehr der fixe Effekt des Geburtsjahres und ein zufälliger Tiereffekt modelliert. Für die Zellzahl wurde ein Modell verwendet, das wei-testgehend mit jenem der konventionellen ZWS übereinstimmt. Jedes Merkmal wurde in einem multivariaten Schätzmodell analysiert, wodurch Heritabilitäten innerhalb des Ma-nagementniveaus und die genetischen Korrela-tionen zwischen beiden Umwelten geschätzt werden können (Tabelle 5). Bei den Milchleistungsmerkmalen liegen die geschätzten Heritabilitäten auf sehr hohem Niveau, mit geringen Unterschieden zwischen beiden Wirtschaftsweisen. Die genetischen Korrelationen sind mit 0,953 für Milchmenge und 0,893 für Eiweißmenge ebenfalls hoch, wenngleich Anzeichen für eine moderate GUI

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für diese Merkmale vorliegen. Bei den Fit-nessmerkmalen Nutzungsdauer, NRR-Kuh, Rastzeit, Verzögerungszeit-Kuh und Zellzahl sowie bei der Melkbarkeit sind die genetischen Korrelationen zwischen extensiv und intensiv faktisch bei 1.0. Diese Ergebnisse deuten also darauf hin, dass Stiere in beiden Umwelten bei diesen Merkmalen gleich rangieren. Die exakt gleiche Vorgangsweise wurde für eine zweite Untersuchung gewählt, wobei hier

die Betriebe nach biologischer und konventio-neller Wirtschaftsweise unterteilt wurden (Ta-belle 6). Die Ergebnisse zu den genetischen Korrelationen sind bei Milchleistungs- und Fitnessmerkmalen ganz ähnlich zu jenen in der Tabelle 5. Ungewöhnlich sind allerdings die höheren Heritabilitäten für die Milchmenge und die Eiweißmenge in beiden Umwelten.

Tabelle 5: Genetische Parameter von ausgewählten Merkmalen innerhalb extensiver (≤ 6.000 kg Stalldurchschnitt) und intensiver (≥ 9.000 kg Stalldurchschnitt) Betriebe der Rasse Fleckvieh in Oberösterreich

extensiv

(N) intensiv

(N) h²

extensiv h²

intensiv genet. Korr.

Milchmenge (kg)1 5.400 5.770 0,546 ±0,032 0,539 ±0,031 0,953 ±0,037 Eiweißmenge (kg)1 5.393 5.762 0,449 ±0,036 0,502 ±0,031 0,893 ±0,053 Nutzungsdauer1 3.515 3.933 0,150 ±0,028 0,111 ±0,024 1,000 ±0,001 NRR-Kuh 1 4.198 4.808 0,002 ±0,005 0,009 ±0,010 0,999 ±0,010 Rastzeit1 4.213 4.833 0,066 ±0,023 0,083 ±0,023 1,000 ±0,000 Verz. Zeit Kuh1 4.140 4.796 0,057 ±0,019 0,034 ±0,018 0,999 ±0,004 Zellzahl 24.376 35.947 0,120 ±0,042 0,168 ±0,044 0,999 ±0,008 Melkbarkeit 1 4.901 5.395 0,264 ±0,032 0,324 ±0,036 1,000 ±0,001

1) Yield Deviations (umweltkorrigierte Leistungsabweichungen) als Phänotypen verwendet Tabelle 6: Genetische Parameter von ausgewählten Merkmalen innerhalb von Biobetrieben und konventionellen Betrieben der Rasse Fleckvieh in Oberösterreich

Bio (N)

Konv. (N)

h² Bio

h² Konv.

genet. Korr.

Milchmenge (kg)1 2.629 16.099 0,671 ±0,043 0,680 ±0,018 0,937 ±0,037 Eiweißmenge (kg)1 2.620 16.065 0,585 ±0,045 0,646 ±0,019 0,899 ±0,048 Nutzungsdauer1 1.816 10.815 0,155 ±0,048 0,164 ±0,016 0,914 ±0,135 NRR-Kuh 1 2.133 13.140 0,005 ±0,009 0,004 ±0,004 1,000 ±0,002 Rastzeit1 2.134 13.190 0,083 ±0,030 0,081 ±0,016 1,000 ±0,000 Verz. Zeit Kuh1 2.115 13.026 0,066 ±0,026 0,024 ±0,008 1,000 ±0,001 Zellzahl 5.769 43.050 0,167 ±0,075 0,159 ±0,040 1,000 ±0,000 Melkbarkeit 1 2.409 14.868 0,375 ±0,049 0,320 ±0,024 0,999 ±0,004

1) Yield Deviations (umweltkorrigierte Leistungsabweichungen) als Phänotypen verwendet

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Zusammenfassung und Schluss-folgerung In dieser Arbeit wurde durch die Analyse von Leistungsdaten und die Schätzung von geneti-schen Parametern untersucht, ob sich die Ge-netik der Leistungsveranlagung zwischen un-terschiedlichen Betriebsintensitäten unter-scheidet. Die Analyse von Kühen unterschiedlicher Milchleistungsveranlagung hat gezeigt, dass bei Fleckvieh im extrem intensiven Manage-mentniveau rund doppelt so hohe Leistungsan-stiege in Milchleistungsmerkmalen zu be-obachten sind, wie im sehr extensiven Niveau. Dies deutet darauf hin, dass eine überlegene Genetik bei guten Umweltbedingungen we-sentlich besser in Milchproduktion übersetzt werden kann. Diese Beobachtung ist als Indiz für eine moderate Genotyp-Umwelt-Wechsel-wirkung zu bewerten. Allerdings sind hoch veranlagte Tiere auch im extensiven Niveau klar überlegen. Die Auswirkungen auf die Rangierung von Stieren dürften daher moderat sein. Diese Ergebnisse werden auch durch die durchwegs hohen genetischen Korrelationen von 0,89 bei Eiweißmenge und 0,95 bei Milchmenge bestätigt. Bei den Fitnessmerkmalen konnte weder aus der Analyse der Leistungsdaten noch aus den Ergebnissen der Parameterschätzung ein Hin-weis auf Wechselwirkungen zwischen Umwelt und Genetik gefunden werden. Aus diesen Ergebnissen kann geschlussfolgert werden, dass derzeit keine Notwendigkeit für eine Berücksichtigung einer Genotyp-Umwelt-Wechselwirkung in der Zuchtwertschätzung oder in den Zuchtprogrammen beim Fleckvieh gegeben ist. Die Analyse der Leistungsdaten deutet darauf hin, dass dies auch für Braunvieh gilt.

Danksagung

Die Yield Deviations für Milch und Melkbarkeit wurden dankenswerterweise von der LfL Grub (Dr. Reiner Emmerling) zur Verfügung gestellt. Die Autoren danken Ing. Martin Mayerhofer und Dr. Christa Egger-Danner für die Bereitstellung ihrer SQL-Scripts zur Datenselektion aus der Da-tenbank. Literatur GERBER A., KROGMEIER D., EMMERLING R.

UND K.U. GÖTZ (2006): Untersuchung zur Leistung von Besamungsstieren unterschiedli-cher genetischer Veranlagung für Milchleistung in Betrieben verschiedener Intensität. Schriften-reihe der Bayerischen Landesanstalt für Land-wirtschaft (LfL), Freising-Weihenstephan. ISSN 1611-4159.

KÖNIG S., DIETL G., RAEDER I. AND H.H. SWALVE (2005): Genetic Relationships for Dairy Performance between Large- and Small-Scale Farm Conditions. Journal of Dairy Sci-ence 88: 4087-4096.

SCHWARZENBACHER H. (2002): Erfordern unterschiedliche Leistungsgrenzen auch unter-schiedliche Zuchttiere? Leistungszucht und Leistungsgrenzen beim Rind. Seminar des ge-netischen Ausschusses der Zentralen Arbeits-gemeinschaft österreichischer Rinderzüchter, Salzburg.

SÖLKNER J., SCHWARZENBACHER H. UND C. FÜRST (2000): Untersuchung von Genotyp-Umwelt Interaktionen bei Milchkühen auf bio-logischen und konventionellen Betrieben. Zi-tiert von Schwarzenbacher, 2002.

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ZAR-Seminar 2013 Fürst – Brauchen wir unterschiedliche Zuchtziele und Zuchtprogramme?

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Brauchen wir unterschiedliche Zuchtziele und Zuchtprogramme?

Christian Fürst

1. Einleitung Die Frage wohin die Zucht gehen soll, war sehr lange aus volks- und betriebswirtschaftli-chen Gründen klar in Richtung Produktions-steigerung bei Milch und Fleisch ausgerichtet. Die in der Milchviehzucht sehr einseitige Se-lektion auf höhere Milchleistung war jedoch durch die vorhandenen Merkmalsantagonis-men (Fürst-Waltl und Fürst, 2013) mit Ver-schlechterungen im Fitness- und Gesundheits-bereich verbunden. Die Milchleistung ist in den letzten Jahren und Jahrzehnten bei allen Rassen stark angestiegen. Dabei kam es auch zu einer deutlich stärkeren Spreizung durch eine Intensivierung im Spit-zenbereich einerseits und eine Extensivierung von anderen Betrieben andererseits. In Abbil-dung 1 ist am Beispiel vom Fleckvieh die Entwicklung der Stalldurchschnitte für die höchsten und niedrigsten 5% aller Betriebe dargestellt. Lag die Spannbreite im Jahr 1985 noch bei 2607 kg, waren es im letzten Jahr immerhin 4516 kg Milch. In einer ähnlichen Richtung ist auch die Zunahme an Betrieben mit biologischer Wirtschaftsweise zu sehen, wenngleich Bio-Betriebe keineswegs generell als extensiv einzustufen sind. Hier kommen auch andere Schwerpunkte ins Spiel (z.B. hohe Grundfuttereffizienz). Die stärkere Differenzierung wirft in der Pra-xis häufig die Frage auf, ob die gleichen Stiere für beide extremen Betriebsintensitäten bzw. Managementniveaus geeignet sind. Im Folgenden soll auf die Frage eingegangen werden, ob in Anbetracht der unterschiedli-chen Betriebssituationen auch unterschiedliche Zuchtziele und Zuchtprogramme nötig werden.

Abbildung 1: Entwicklung der Stalldurch-schnitte für Milchmenge der höchsten und niedrigsten 5% beim Fleckvieh.

2. Brauchen wir unterschiedliche Zuchtziele? Nach Fewson (1993) geht es bei der Definition des Zuchtziels um die Erstellung von vitalen Tieren, die unter zukünftigen Produktionsbe-dingungen einen höchstmöglichen Gewinn sicherstellen. Das heißt, dass es bei den züch-terischen Überlegungen keinesfalls nur um die Milch allein gehen darf, sondern sehr stark um die Fitness und abhängig von der Rasse auch um das Fleisch. Beim am häufigsten geäußer-ten Wunschbild einer gesunden, problemlosen Kuh, die über eine möglichst lange Zeit eine gute Milchleistung bringt, sind die Unterschie-de zwischen Rinderrassen aber auch zwischen der konventionellen und biologischen bzw. intensiver und extensiver Wirtschaftsweise meist relativ gering. Die Gesamtwirtschaft-lichkeit der Milchviehhaltung muss in allen Betrieben im Vordergrund stehen und hier spielen die Kosten senkenden funktionalen Merkmale eine große Rolle. In Österreich und Deutschland werden derzeit für jeden Stier bei jeder Zuchtwertschätzung Zuchtwerte für ca. 40 bis 50 verschiedene Merkmale geschätzt und veröffentlicht. Ent-

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sprechend ihrer wirtschaftlichen Bedeutung werden die Merkmale im Gesamtzuchtwert, der mathematischen Formulierung des Zucht-ziels, zusammengefasst. Trotz dieses umfang-reichen Angebots müssen die Merkmale kri-tisch hinterfragt und nach neuen Entwicklun-gen Ausschau gehalten werden. Dabei stehen sicherlich Kostenersparnis und Effizienzsteige-rung und damit eine Verbesserung der Wirt-schaftlichkeit der Rinderhaltung im Vorder-grund. Bei der Diskussion der züchterischen Merkmale darf allerdings nicht nur die Maxi-mierung der Wirtschaftlichkeit auf Einzelbe-

triebsebene das alleinige Entscheidungskriteri-um sein. Produktqualität, Produktionssystem, der ökologische Fußabdruck, Verhalten und Wohlbefinden müssen ebenfalls eine große Rolle spielen (Coffey et al., 2006). Die Wahl der Merkmale ist auch in einem internationa-len Kontext zu sehen und die Anforderungen des Marktes sind zu berücksichtigen. Die in der Rinderzucht tätigen Personen haben aber auch eine ethische Verantwortung zu tragen. In Abbildung 2 sind die umfangreichen Bestim-mungsfaktoren zur Zuchtzielfestsetzung nach Eßl (1999) dargestellt.

Abbildung 2: Bestimmungsfaktoren zur Zuchtzielfestsetzung (Eßl, 1999).

2.1 Der ökonomische Gesamtzuchtwert Werden mehrere Merkmale im Zuchtziel be-rücksichtigt, gilt die Überlegenheit der In-dexselektion gegenüber allen anderen Selekti-onsmethoden als erwiesen. Mit der Berech-nung eines ökonomischen Gesamtzuchtwertes können alle wirtschaftlich wichtigen Merkmale in einer Zahl kombiniert werden, nach welcher die Tiere objektiv gereiht werden können. Die Grundlagen für den ökonomischen Ge-samtzuchtwert (GZW) in Österreich wurden von Miesenberger (1997) erarbeitet. Seit 1998 wird der GZW von der ZuchtData GmbH für die Rassen Fleckvieh, Braunvieh, Pinzgauer und Grauvieh errechnet und veröffentlicht

(Fürst et al., 2013). Seit 2002 gilt der GZW mit leichten Anpassungen (z.B. Lind, 2007) nicht nur in Österreich sondern auch in Deutschland. Der GZW stellt das primäre Se-lektionskriterium bei Stieren und Kühen dar. Die aktuellen relativen wirtschaftlichen Ge-wichte im GZW sind in Tabelle 1 zu finden. Die verwendeten Gewichte wurden großteils ökonomisch abgeleitet, das heißt sie orientie-ren sich an der Optimierung des wirtschaftli-chen Gesamtnutzens, allerdings genau ge-nommen nur für eine bestimmte Betriebssitua-tion. Das bedeutet, dass der GZW zwar für das Zuchtziel der jeweiligen Rasse optimal sein mag, aber nicht unbedingt für jeden einzelnen Betrieb.

Leistungsprofil der Population

ökologische Aspekte

biologische Aspekte

kün ftige Produktionsbedingungen

Zuchtziel

künftige Absatzverhältnisse

Kosten für Leistungsprüfung

Tierschutzaspekte

Rassen - konkurrenz

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Tabelle 1: Relative wirtschaftliche Gewichte im Gesamtzuchtwert in Österreich und Deutschland.

Merkmal Fleckvieh Braunvieh Holstein Pinzgauer Grauvieh Milch Fettmenge 4,4 38 4,8 48 10,9 45 9,0 36 6,2 25 Eiweißmenge 33,4 38,5 31,5 27,0 18,5 Eiweißgehalt 4,7 2,6 Fleisch Nettozunahme 7,3 16 2,2 5 - 0 7,2 14 10,1 20 Ausschlachtung 4,6 1,4 - - - Handelsklasse 4,6 1,4 - 7,2 10,1 Fitness Nutzungsdauer 13,4 46 16,0 47 20,0 40 22,5 50 19,3 55 Persistenz 2,0 2,6 - 1,5 2,0 Fruchtbarkeit 6,8 8,6 10,0 7,5 10,6 Kalbeverlauf 3,7 1,8 1,5 1,5 2,2 Totgeburten 8,1 5,9 1,5 5,8 7,8 Zellzahl 9,7 10,0 7,0 7,6 11,2 Melkbarkeit 2,0 2,0 - 3,3 2,0 Exterieur 0,0 0 0,0 0 15,0 15 0,0 0 0,0 0 2.2 Individuelle Zuchtziele

Züchter, die vom allgemeinen Zuchtziel in Form des GZW abweichende Vorstellungen haben, haben durch die Vielzahl an geschätz-ten Zuchtwerten die Möglichkeit sich die Stie-re für ihre Kühe entsprechend ihrem persönli-chen Zuchtziel auszusuchen. Diese betriebs-spezifische (oder besser kuhspezifische) Aus-wahl kann unter anderem durch die Vorgabe entsprechender Zuchtwertkriterien in der ZAR/ZuchtData-Zuchtwert-Datenbank (www.zar.at - Zuchtwerte) sehr einfach durch-geführt werden. Für die kuhspezifische Aus-wahl sind Anpaarungsplaner, die die einzel-nen Zuchtwerte der Kühe und Stiere berück-sichtigen, am besten geeignet. Für diese Auf-gaben ist vor allem der Online-Anpaarungsplaner OptiBull, der von Öster-reich gemeinsam mit Bayern entwickelt wurde, sehr gut geeignet. OptiBull ist für alle Zucht-verbandsmitglieder kostenlos zu verwenden. Die Bedienung ist recht einfach, allerdings ist für eine sinnvolle Verwendung ein gewisser Zeitaufwand einzuplanen, um die Stärken und Schwächen der einzelnen Kühe zu beurteilen bzw. seine eigenen Zielvorstellungen bei jeder einzelnen Kuh entsprechend vorzugeben. Auf diese Weise lassen sich vom GZW abwei-chende Vorstellungen abbilden, die den ein-zelnen Betrieb seinem persönlichen Zuchtziel näherbringen. Abgesehen von diesen Möglichkeiten der indi-viduellen Stierauswahl wären auch unter-

schiedliche Gesamtzuchtwerte für einzelne Betriebe vorstellbar. Eine extreme Form des individuellen GZWs wird z.B. in Australien bereits seit einigen Jahren angeboten. Auf der Webpage http://selectabull.adhis.com.au/ kann jeder einzelne Züchter die Gewichtungen für die einzelnen Merkmale vorgeben und sich seinen persönlichen GZW ausrechnen lassen. Inwieweit die Möglichkeit der individuellen Auswahl, egal ob auf der Zuchtwert-Datenbank oder einem Anpaarungsplaner ba-sierend, von den Bio-Betrieben tatsächlich genutzt wird, um z.B. fitnessstärkere Stiere zu wählen, wurde aufgrund der Besamungen im Jahr 2012 untersucht. In Tabelle 2 sind die durchschnittlichen Zuchtwerte aller Besamun-gen auf konventionellen bzw. biologisch wirt-schaftenden Betrieben für die Rassen Fleck-vieh und Braunvieh dargestellt. Aus Tabelle 2 ist ersichtlich, dass die Bio-Betriebe derzeit praktisch genau die gleichen Stiere einsetzen wie die konventionellen Be-triebe. Beim Braunvieh sind überhaupt keine relevanten Unterschiede zu erkennen, beim Fleckvieh weisen die Besamungen auf Bio-Betrieben geringfügig niedrigere Milch-Zuchtwerte auf. Bei beiden Rassen sind aller-dings keinerlei Unterschiede im Fitnessbereich zu sehen. Warum die Bio-Betriebe derzeit die Chance nach einer spezielleren Stierauswahl nicht nutzen, ist schwer zu sagen. Das kann einerseits an einem Informationsdefizit liegen oder auch daran, dass die Bio-Betriebe mit der

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aktuellen Gestaltung des GZW durchaus zu-frieden sind. Ein Grund für die geringen Un-terschiede ist wohl auch, dass auch die kon-ventionellen Betriebe großen Wert auf die Fit-nesszuchtwerte legen. Das lässt sich jedenfalls aus dem sehr hohen Niveau des Fitnesswertes

(FIT) schließen, das nur geringfügig unter dem Milchwert (MW)-Niveau liegt. Der hohe Stel-lenwert der Fitnessmerkmale bei den österrei-chischen Züchtern ist auch aus den Umfrage-ergebnissen von Steininger et al. (2013) klar festzustellen.

Tabelle 2: Durchschnittliche Zuchtwerte aller Besamungen auf konventionellen und Bio-Betrieben 2012.

Fleckvieh Braunvieh Merkmal konv. bio konv. bio GZW 128,3 127,4 117,4 117,5 Milchwert (MW) 119,6 118,4 112,8 112,8 Fleischwert (FW) 106,5 106,6 99,6 100,4 Fitnesswert (FIT) 116,2 116,2 110,1 110,5 Milch-kg +745 +698 +470 +470 Fett-% -0,06 -0,05 -0,04 -0,03 Eiweiß-% +0,00 +0,00 +0,00 +0,00 Nettozunahme 108,0 107,9 102,3 102,4 Ausschlachtung 102,3 102,7 99,8 100,0 Handelsklasse 103,3 103,4 95,6 97,4 Nutzungsdauer 113,8 113,8 108,4 108,7 Persistenz 107,7 108,0 105,4 105,6 Fruchtbark. mat. 101,2 101,4 102,7 102,7 Kalbeverlauf pat. 105,1 105,2 101,9 101,6 Kalbeverlauf mat. 105,4 105,2 104,5 104,2 Totgeburten pat. 105,5 105,5 101,6 101,9 Totgeburten mat. 108,9 108,8 104,4 104,4 Zellzahl 105,8 105,8 105,5 105,7 Melkbarkeit 107,8 107,4 103,8 103,6 Mastitis 103,5 103,7 Frühe Fru.stör. 99,3 99,8 Zysten 99,6 99,7 Milchfieber 100,9 101,0 Exterieurwert (EXT) 120,0 118,2 Rahmen 105,5 105,3 110,0 109,1 Bemuskelung 101,1 101,4 Becken 107,6 107,5 Fundament 108,5 108,5 109,7 109,2 Euter 112,0 111,9 113,3 112,3 2.3 Betriebsspezifische Gesamtzucht-werte

Eine weitere Möglichkeit wäre, verschiedene Gesamtzuchtwerte für bestimmte repräsentati-ve Betriebssituationen anzubieten. Dies könnte z.B. ein GZW mit höherer Gewichtung der Milchleistung für reine Milchproduktionsbe-triebe, ein GZW mit mehr Gewicht auf die Fleischleistungsmerkmale für Mastbetriebe

oder ein GZW mit höheren Fitnessgewichten für ökologisch wirtschaftende Betriebe sein. Diese Vorgangsweise könnte für einzelne Be-triebe durchaus Vorteile bringen, schwächt aber insgesamt etwas das gemeinsame Zucht-ziel und damit den Zuchtfortschritt einer Ras-se. Mehrere Gesamtzuchtwerte für ein Tier könnten außerdem mitunter für Verwirrung sorgen.

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In Deutschland wird speziell für ökologisch wirtschaftende Fleckvieh- und Braunvieh-Betriebe zusätzlich zum ökonomischen GZW ein ökologischer GZW (ÖZW) angeboten (Postler, 2006). Der ÖZW setzt sich aus den Bereichen Milch : Fleisch : Fitness+Exterieur im Verhältnis 20 : 15 : 65% beim Fleckvieh und 25 : 10 : 65% beim Braunvieh zusammen. Auch beim ÖZW liegt allerdings der höchste Zuchtfortschritt im Bereich der Milchleistung. Details zum ÖZW sind unter www.lfl.bayern.de zu finden. Zur Veranschaulichung der Unterschiede und möglicher Auswirkungen auf den Zuchtfort-schritt von verschiedenen GZW-Varianten wurden Modellrechnungen angestellt. Bei den dargestellten Varianten wurden die wirt-

schaftlichen Gewichte innerhalb des GZW am Beispiel Fleckvieh speziell im Hinblick auf die Verbesserung der Fitness mehr oder weniger willkürlich verschoben, um Auswirkungen auf den Zuchtfortschritt abschätzen zu können. Im Vergleich zum GZW wurde bei den Vari-anten das Gewicht für alle Fitnessmerkmale (außer Melkbarkeit) um 50% bzw. 100% er-höht. Als Extremvarianten wurde auch noch eine ausschließliche Gewichtung der Fitness- bzw. der Milchmerkmale untersucht. In Tabelle 3 sind die relativen wirtschaftlichen Gewichte für die Merkmalsblöcke Milch, Fleisch und Fitness bei den einzelnen GZW-Varianten dargestellt.

Tabelle 3: Relative wirtschaftliche Gewichte bei den einzelnen GZW-Varianten beim Fleckvieh.

GZW Fit+50% Fit+100% nur Fitness nur Milch Milch 38 31 26 0 100 Fleisch 16 14 12 0 0 Fitness 46 55 62 100 0 Tabelle 4: Relativer monetärer Selektionserfolg pro Generation bei Selektion nach verschiedenen GZW-Varianten im Vergleich zum aktuellen GZW beim Fleckvieh.

GZW Fit+50% Fit+100% nur Fitness nur Milch Relativ zu GZW 100 97 91 26 82 Milch 79 68 58 -91 116 Fleisch 8 7 6 -11 -1 Fitness 13 25 36 201 -15 In Tabelle 4 sind die wichtigsten Ergebnisse aus diesen einfachen Modellrechnungen hin-sichtlich des monetären Selektionserfolges dargestellt. Bei der Variante mit Erhöhung der Fitnessgewichte um 50% (Fit+50%) geht der gesamte Selektionserfolg im Vergleich zur Ausgangsvariante GZW nur um 3% zurück. Bei Verdoppelung der Fitnessgewichte (Fit+100%) beträgt der Selektionserfolg aller-dings nur mehr 91% der Ausgangsvariante, wenn man unterstellt, dass die Gewichte im aktuellen GZW die korrekten Gewichte sind. Der Zuchtfortschritt in den einzelnen Merk-malsblöcken verschiebt sich weiter Richtung Fitnessmerkmale, trotzdem wird der größte Zuchtfortschritt immer noch in den Milch-merkmalen erzielt.

Aus den Ergebnissen der (unrealistischen) Va-riante, bei der ausschließlich auf Fitness selek-tiert wird (nur Fitness), kann man erwartungs-gemäß erkennen, dass Fitness allein natürlich zu wenig ist. Durch die negativen genetischen Beziehungen würde sich eine Verschlechte-rung im Milch- und Fleischbereich ergeben, die zu einer indiskutablen Effizienz von nur 26% führen würde. Die alleinige Berücksichtigung der Milch als Selektionskriterium (nur Milch) führt zu einer teils drastischen Verschlechterung im Fleisch- und Fitnessbereich. Beim Fleisch sind es vor allem die Schlachtleistungsmerkmale Aus-schlachtung und Handelsklasse und bei der Fitness Nutzungsdauer, Fruchtbarkeit und Zellzahl, die genetisch verlieren würden. Ins-

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gesamt wäre damit ein um ca. 18% schlechte-rer wirtschaftlicher Erfolg verbunden. Erhöhungen der Gewichte im Fitnessbereich bis zu ca. 50% führen zu keinen großen Ein-bußen in der gesamten wirtschaftlichen Effizi-enz. Eine noch höhere Fitnessbetonung würde allerdings zu unverhältnismäßig schlechteren Selektionserfolgen führen. Bei vergleichbaren Untersuchungen kamen Baumung et al. (2001) und Harder et al. (2004) zu ähnlichen Aussa-gen. Die Zuchtwert-Korrelation des aktuellen GZW zur Variante Fit+50% liegt bei den Stieren bei 0,99, bei Fit+100% bei 0,96. Daraus kann man erkennen, dass sich auch durch eine deutliche Verschiebung der Gewichte in den Fitnessbe-reich die Rangierung der Stiere nicht drama-tisch verändern würde. Die dargestellte Situation am Beispiel des Fleckviehs lässt sich auf die anderen Rassen sinngemäß voll übertragen. Der GZW spielt für alle Rassen eine große Rolle um züchteri-sche Fehlentwicklungen möglichst zu vermei-den. Ein weiterer Aspekt bei der GZW-Bildung ist die erwartete Verstärkung der negativen gene-tischen Korrelationen zwischen der Milchleis-tung und den Fitnessmerkmalen wie von Fürst-Waltl und Fürst (2013) gezeigt. Um die Aus-wirkungen unterschiedlicher genetischer Kor-relationen bei der GZW-Berechnung darzustel-len, wurden die derzeit verwendeten geneti-schen Korrelationen zwischen Fett- und Ei-weißmenge zu Nutzungsdauer, Fruchtbarkeit und Zellzahl jeweils verdoppelt. Das heißt, die negative (unerwünschte) Korrelation Milch-Nutzungsdauer wurde von -0,10 auf -0,20, Milch-Fruchtbarkeit von -0,20 auf -0,40 und Milch-Zellzahl von -0,25 auf -0,50 erhöht. Die Auswirkungen dieser Änderungen auf den GZW sind allerdings relativ gering. Die Korre-lationen liegen bei allen Stieren bei 0,9986, bei den in Ausgabe befindlichen Stieren bei 0,979. Das bedeutet, dass sich stärker negative Korre-lationen nur geringfügig auf die Rangierung auswirken würden. Ein nicht unwichtiger Effekt eines stärkeren Merkmalsantagonismus zwischen Milch und Fitness ist aber der zu erwartende Zuchtfort-schritt besonders im Fitnessbereich. Durch

eine stärker negative Korrelation wirkt sich eine hohe Veranlagung für Milchleistung deut-lich negativ auf die Fitnessmerkmale aus. Im untersuchten Beispielsfall würde sich das rela-tive Verhältnis des Zuchtfortschritts zwischen den Merkmalsblöcken Milch : Fleisch : Fitness von 79 : 8 : 13% auf 88 : 11 : 1% verschieben. Somit würde im Fitnessbereich keinerlei Zuchtfortschritt mehr zu erwarten sein oder anders ausgedrückt müsste das Gewicht im Fitnessbereich deutlich erhöht werden, um den gleichen Zuchtfortschritt zu erzielen. Aber nicht nur der Zuchtfortschritt im Fitnessbe-reich wäre reduziert, auch der Zuchtfortschritt im Milchbereich würde leicht gedämpft wer-den. Negativ korrelierte Merkmale bremsen sich gegenseitig und reduzieren somit den ge-samten monetären Zuchtfortschritt. Im Falle der Bildung von Gesamtzuchtwerten für ver-schiedene Betriebsintensitäten sollte dieser Umstand berücksichtigt werden. Generell kann man jedoch feststellen, dass der GZW sehr stabil ist und Verschiebungen bei den Gewichten nicht gleich die Rangierung völlig auf den Kopf stellen. Daraus kann man auch schließen, dass nicht gleich völlig falsch selektiert wird, sollte das eine oder andere Merkmal derzeit vielleicht zu niedrig gewich-tet sein. 3. Brauchen wir unterschiedliche Zuchtprogramme? Die Aufteilung einer Population in unter-schiedliche Zuchtprogramme kann aus mehre-ren Gründen ein Thema sein. Bei gravierenden Unterschieden in den Zielvorstellungen, deut-lichen Genotyp-Umwelt-Interaktionen oder Ablehnung bestimmter Zuchtmethoden (z.B. Embryotransfer) sind unterschiedliche Zucht-richtungen in Betracht zu ziehen. Selbstver-ständlich sind verschiedene Zuchtprogramme wenn es grundsätzlich unterschiedliche Zucht-richtungen gibt, wie z.B. mit Schwerpunkt Milch oder Fleisch. Auch spezielle Ziele wie die Zucht auf Hornlosigkeit können zumindest ein Grund für gewisse Nebenzweige von Zuchtprogrammen sein. Die Zuchtziele bei verschiedenen Betriebsintensitäten und auch von konventioneller und biologischer Wirt-

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schaftsweise scheinen allerdings sehr ähnlich zu sein, wie auch die Umfrageergebnisse von Steininger et al. (2013) zeigen. Auch die nur sehr schwachen Genotyp-Umwelt-Inter-aktionen (Schwarzenbacher und Fürst, 2013) rechtfertigen aus derzeitiger Sicht kein eigenes Zuchtprogramm. Ein völlig getrenntes Zucht-programm wäre wohl bei unseren Strukturen kaum von Erfolg gekrönt, weil die Populatio-nen zu klein wären, um entsprechende Zucht-fortschritte erwarten zu lassen. Nicht zu unter-schätzen wäre bei einem eigenen Bio-Zuchtprogramm auch eine gewisse logistische Herausforderung, weil konsequenter Weise nicht nur die Auswahl der Stiere, sondern auch die Testung der Stiere im Bio-Bereich erfolgen müsste. Der bei weitem erfolgversprechendere Weg ist sicherlich die gezielte Auswahl geeig-neter Tiere innerhalb der aktuellen Zuchtpro-gramme. Dabei kann die Gewichtung der ein-zelnen Merkmale (=Zuchtziel) durchaus etwas anders gestaltet sein. Die aktuelle Zucht liefert trotz Betonung der Milchleistung eine entspre-chend große Bandbreite, sodass mehr fitness-starke Stiere zu erwarten sind als bei einem eigenen Zuchtprogramm. Auch der Embryo-transfer sollte kein Hindernis sein, weil nur etwa 10-15% der Stiere aus ET stammen. Zu beachten ist auch, dass die aktuellen Stiere nicht nur in Topbetrieben getestet werden, sondern auf allen Betriebsniveaus und auch genauso in Bio-Betrieben. In Abbildung 2 ist die Verteilung der mindes-tens zwei Jahre alten Töchter von zwei Bei-spielsstieren der Rasse Fleckvieh auf die Be-triebsniveaus dargestellt. Bei WILLE handelt es sich um den nach GZW aktuell besten Nachkommen-geprüften Stier, bei GS RAVE um einen der besten genomischen Jungstiere, bei dem derzeit die ersten Töchter in Milch auflaufen. Bei WILLE ist eine sehr schöne Verteilung über alle Betriebsniveaus zu sehen, bei GS RAVE kommt es zu einer geringfügi-gen Verschiebung Richtung Topbetriebe. Das ist sicherlich eine Folge der Einführung der genomischen Zuchtwertschätzung, durch die 'Jungstars' etwas stärker im Spitzenbereich eingesetzt werden. Diese ungleiche Verteilung kann im Einzelfall noch deutlicher ausfallen, ist allerdings nur bei einigen wenigen beson-ders interessanten Stieren zu erwarten, ansons-

ten wird es vermutlich bei einer ähnlichen Ver-teilung wie bei WILLE bleiben. Leichte Ver-schiebungen sind in der Zuchtwertschätzung jedoch kein Problem, weil in einem BLUP-Tiermodell die Betriebs- und Anpaarungsni-veaus berücksichtigt werden. Etwa 13% der WILLE-Töchter stehen auf Bio-Betrieben, bei GS RAVE sind es etwa 10%. Insgesamt wer-den bei Fleckvieh und Braunvieh ca. 16% aller Besamungen auf Bio-Betrieben durchgeführt, sodass die Stiere durchaus in allen Betriebs-kategorien und -intensitäten getestet werden. Abbildung 2: Verteilung der über 2 Jahre alten Töchter von WILLE und GS RAVE auf Betriebe mit unterschiedlichem Stall-durchschnitt.

Ein Beispiel für ein anderes Zuchtziel und auch Zuchtprogramm ist die Zucht auf Le-bensleistung teilweise in Kombination mit Linienzucht oder zumindest Ansätzen davon. Bei der Definition des Zuchtziels wird hier von einem biologischen Ansatz ausgegangen. Da-bei geht man von nur einem Merkmal im Zuchtziel aus, wie beispielsweise der Milchle-bensleistung (Bakels, 1960, Haiger, 1988). Dieses Merkmal ist unabhängig von den Pro-duktionsbedingungen und den Kosten und Er-lösen und enthält indirekt Merkmale wie Lang-lebigkeit, Fruchtbarkeit und Leichtkalbigkeit. Der biologische Ansatz stößt allerdings an seine Grenzen, wenn mehrere Merkmale aus verschiedenen Leistungskomplexen kombiniert werden sollen (Kalm et al., 2003). Die Linienzucht wird seit mehreren hundert Jahren angewendet (z.B. Arabisches Vollblut) und beinhaltet die Kombination von Zuchtli-nien mit charakteristischen Eigenschaften. Die

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Vorteile der Linienzucht liegen darin, dass sich Merkmale weniger aufspalten und sich insbe-sondere Effekte der zytoplasmatischen Verer-bung nutzen lassen. Darunter versteht man die Weitergabe von Erbanlagen, die sich außerhalb des Zellkerns befinden. Diese Weitergabe kann allerdings nur von der Mutter an die Nach-kommen erfolgen. Das Problem ist aber, dass die zytoplasmatischen Erbanlagen über Söhne aus solchen ‚Linien’ nicht genutzt werden können, weil die Weitergabe immer nur von der Mutter auf die Nachkommen erfolgt! 4. Aktuelle Projekte Aktuell laufen in der österreichischen Rinder-zucht zwei Forschungsprojekte, die sich konk-ret mit der Weiterentwicklung der Zuchtziele und Zuchtprogramme befassen. 4.1 OptiGene: Optimierung der züchteri-schen Entwicklung unserer Rinderrassen unter besonderer Berücksichtigung der Gesund-heitsmerkmale und der genomischen Selektion

Ende des Jahres 2011 wurde mit OptiGene ein Projekt zur Optimierung der langfristigen züchterischen Entwicklung unserer Rinderras-sen gestartet. Dabei wird besonders auf die Berücksichtigung der Fitness- und Gesund-heitsmerkmale geachtet. Eine Aufgabe dieses Projektes liegt darin, die aktuellen Zuchtziele der Zuchtprogramme der Rinderrassen Fleck-vieh, Braunvieh, Holstein, Pinzgauer und Grauvieh zu beleuchten und Vorschläge für Verbesserungen auszuarbeiten. Zur Überprü-fung der Zuchtziele wurde mittlerweile eine Züchterbefragung durchgeführt, deren Ergeb-nisse bereits vorliegen (Steininger et al., 2013). Weitere wesentliche Schritte sind die Einbe-ziehung der Gesundheitszuchtwerte in den GZW und die Optimierung der Berechnungs-methodik des GZW. Zuchtplanungsrechnun-gen zur Optimierung der Zuchtprogramme insbesondere mit Berücksichtigung der geno-mischen Selektion sind derzeit im Laufen, ers-te Ergebnisse liegen bereits vor (z.B. Egger-Danner und Willam, 2012). Ein weiterer Punkt wird die Untersuchung der Optimum Gene Contribution-Methode sein, mit der hohe

Zuchtfortschritte bei gleichzeitiger Kontrolle des Inzuchtanstieges erreicht werden sollen. 4.2 Efficient cow: Analyse und Optimierung der Produktionseffizienz und der Umweltwir-kung in der österreichischen Rinderwirtschaft

Im erst vor kurzem begonnenen Projekt 'Effi-cient cow' sollen zu Beginn anhand von Daten aus Pilotbetrieben Effizienzparameter abgelei-tet werden. Aufgrund von Körpermaßen soll die Lebendmasse abgeschätzt werden, um die Lebendmasse als Parameter für Nährstoff-effizienz berücksichtigen zu können. Darauf aufbauend sollen züchterische Möglichkeiten im Bereich der Produktionseffizienz analysiert werden und genetische Zusammenhänge zwi-schen den Effizienzmerkmalen und den Merkmalen im Gesamtzuchtwert berechnet werden. Vor allem Zusammenhänge mit Ge-sundheitsmerkmalen mit Schwerpunkt auf dem Stoffwechselbereich stehen hier im Vorder-grund. Die Frage, wie solche Merkmale in den Gesamtzuchtwert und die Zuchtprogramme integriert und eine routinemäßige Erfassung in der Leistungsprüfung organisiert werden kön-nen, soll im Projekt ebenfalls geklärt werden. Auch das Thema Treibhausgas-Emissionen im Zusammenhang mit Produktionseffizienz ist Teil des Projekts. 5. Resümee Als Resümee kann gezogen werden, dass das Zuchtziel laufender Anpassungen bedarf. Hier steht eine weitere Stärkung des Fitnessbereichs sicher im Vordergrund. Dies soll relativ kurz-fristig durch die Einbeziehung der Gesund-heits-Zuchtwerte in den GZW geschehen. Län-gerfristig dürfte dieser Schritt möglicherweise noch zu wenig sein, eine weitere Erhöhung des Gewichts auf einzelne Fitnessmerkmale wird in Zukunft angebracht sein. Diesbezüglich sind allerdings noch die Ergebnisse des Projekts OptiGene abzuwarten. Die große Mehrheit der Züchter wünscht jedenfalls eine Verbesserung im Fitnessbereich, sodass der Ansatz eines 'desired gain'-Indexes zur Diskussion steht. Dabei werden die Gewichte so verschoben bis sich im gewünschten Merkmalsbereich ein

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gewünschter Zuchtfortschritt erwarten lässt. Dies geht allerdings zumindest kurzfristig auf Kosten einer optimalen Wirtschaftlichkeit. Die mögliche Einführung von spezifischen Gesamtzuchtwerten mit für bestimmte Be-triebssituationen angepassten wirtschaftlichen Gewichten und genetischen Korrelationen ist von den Zuchtverantwortlichen noch zu disku-tieren. Es ist nicht klar, ob tatsächlich ein Be-darf dafür besteht, da die Zielvorstellungen der Rinderzüchter großteils doch recht ähnlich sind. Bereits jetzt können die Züchter auf rela-tiv einfache Art und Weise die ihrem Zuchtziel entsprechenden Stiere auswählen. Diese Mög-lichkeiten sollten noch stärker genutzt werden. Die Frage, ob wir unterschiedliche Zuchtpro-gramme brauchen, ist abgesehen von bereits bestehenden verschiedenen Zuchtrichtungen (Milch, Fleisch), aus fachlicher Sicht derzeit recht eindeutig mit nein zu beantworten. Bei daraus resultierenden relativ kleinen Populati-onen sind keine zufriedenstellenden Zuchtfort-schritte zu erwarten. Außerdem zeigen die bisherigen Ergebnisse hinsichtlich der Geno-typ-Umwelt-Interaktionen keine nennenswer-ten Hinweise, dass die aktuell gezüchteten Stiere nur für eine bestimmte Betriebsintensität passen würden. Die Rangierung der Stiere ist zwischen den verschiedenen Betriebsintensitä-ten weitgehend gleich, sodass sich keine Not-wendigkeit für neue Zuchtprogramme ergibt. Die aktuelle Zucht bietet also geeignete Tiere für alle bei uns existierenden Betriebssysteme. 6. Literatur Bakels, F., 1960: Ein Beitrag zur tierzüchterischen

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Baumung, R., J. Sölkner, E. Gierzinger und A. Willam, 2001: Ecological total merit index for an Austrian dual purpose cattle breed. Arch. Tierz., 44: 5-13.

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Eßl, A., 1999: Grundsatzfragen zum Zuchtziel beim Rind. In: Zuchtziele beim Rind, Seminar des Ausschusses für Genetik der ZAR, Zentrale Arbeitsgemeinschaft österreichischer Rinder-züchter (Hrsg.): 3-9.

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Redaktion: Dr. Christian Fürst, ZuchtData

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FLECKVIEH AUSTRIA

RINDERZUCHT AUSTRIA

Die beste Kuh für‘s GrasAnforderungen an die Zucht bei

unterschiedlichen Betriebsintensitäten

Seminar des Ausschusses für Genetikder ZAR, 21. März 2013, Salzburg