Robin Wood Magazin 1/2009

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Leben heißt handeln Wege aus der Krise VERKEHR Bäume fallen für Flughafen TROPENWALD Jatropha - kein Wunder! ENERGIE Finnische Atomkraft magazin 2.95 € · ISSN 1437-7543 · Nr. 100/1.2009

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Wege aus der Krise

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Leben heißt handeln

Wege aus der Krise

VERKEHR Bäume fallen für Flughafen

TROPENWALD

Jatropha - kein Wunder!

ENERGIE Finnische Atomkraft

magazin

2.95 € · ISSN 1437-7543 · Nr. 100/1.2009

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6 Wandel des Lebensstils

10 Um-Steuern

Frankfurter Flughafen: Bürgerrechte abgeholzt 14

Widerstand im Hüttendorf 17

Alles muss raus! Kein Börsengang der Bahn 20

Umweltzone und Feinstaubaktion 22

Fahrradkuriere: Bis zur Hölle und zurück 24

Mit Atomstrom auf vier Rädern 26

Wie weit fährt ein Auto mit 280 Broten? 27

Tour de Natur 30

28 Jatropha - kein Wunder!

Nr. 100/1.09

Foto: Le Qrier

Foto: Peter Gerhardt

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Foto: Sibylle Anneck

31 Stromsparen für Fortgeschrittene

32 Atomkraft in Finnland

Vielfalt erleben und Mission Blue Planet 13

12 Zum Gemein-Wohl - Finanzkrise

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38 Biokost und Ökokult

40 Der gekaufte Staat: Bananenrepublik Deutschland

42 Klimakriege: Düstere Aussichten

44 Sei kein Frosch – Hilf uns!

44

46 Menschen für Ziele gewinnen

Nr. 100/1.09

34 Papierflut am Nikolaustag

35 Stromnetze in die öffentliche Hand!

35 Nikolaus-Rute für RWE-Chef

35 Auf Ökostrom umsteigen

43 Sudan: Der erste Klimakrieg?

Foto: Rudolf Fenner

Arnika: Umweltschutz grenzenlos 38

Foto: Fraport

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4 Nr. 100/1.09

Liebe Leserinnen und Leser!

Redaktions-Kuchen zur Feier des 100. ROBIN WOOD-Magazins

1982 gründeten Umwelt-AktivistInnen ROBIN WOOD,

um sich für den Schutz der Wälder zu engagieren.

1983 erschien das erste ROBIN WOOD-Magazin, im

Februar 2009 wurde die 100. Ausgabe gedruckt. Für

die Redaktion ein Grund zu feiern, besonders weil

uns im Laufe der Jahre so viele Menschen unterstützt

haben: mit tollen Fotos und mit vielen engagierten

Artikeln. Die Themen sind uns nie ausgegangen und

gerade heute ist das Engagement für die Umwelt

wichtiger denn je. Viele PolitikerInnen und Wirt-

schaftsbosse wollen uns glauben machen, dass in

Zeiten von Finanz- und Wirtschaftskrise Umwelt-

schutz verzichtbarer Luxus sei. Dass es aber gerade

heute mehr denn je darauf ankommt, die Klimakrise

und die Wirtschaftskrise gleichzeitig zu lösen, erfah-

ren Sie im Titel dieser Ausgabe.

„Und wir werden bei allem, was wir tun, nicht alte

Fehler wiederholen und Wirtschaft und Umwelt ge-

geneinander ausspielen. Wirtschaft und Klimaschutz,

Klimaschutz und Wirtschaft – das geht zusammen,

wenn man es nur will. Und wir wollen es“, hatte

Kanzlerin Angela Merkel in ihrer Neujahrsansprache

noch gedrechselt. Aber dass es sich dabei doch nur

um ein Lippenbekenntnis handelt, ist im neuen Jahr

schnell klar geworden. So hat die Regierung eine

Abwrackprämie beschlossen, ohne wichtige Rege-

lungen für den Klimaschutz zu treffen. Oder mit der

Neuregelung der Kfz-Steuer möchte sie vor allem die

großen Spritfresser vor einer allzu großen Steuer-

erhöhung verschonen.

Und auch in Frankfurt wird ohne Rücksicht auf

Mensch und Klima der Flughafen weiter ausgebaut

- und dass obwohl immer weniger Menschen fliegen

und die Frachtzahlen weiter sinken. Monatelang

haben AktivistInnen von ROBIN WOOD im Kelster-

bacher Wald ausgeharrt, um den Bannwald vor dem

Kahlschlag zu schützen. Mehr dazu erfahren Sie

unter der Rubrik Verkehr in dieser 100. Ausgabe.

Mit umweltfreundlichen Grüßen für die Schwedt/

Berliner Redaktion Ihre

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Der Anteil erneuerbarer Energien an der

Stromerzeugung wächst doppelt so

schnell als selbst die größten Optimisten Mitte

der 90er geahnt hätten. Der Raumwärme-

bedarf je Quadratmeter hat sich um neun

Prozent verringert. Bio- und Fairtradeprodukte

werden inzwischen sogar in Discountern ver-

kauft, die Marktanteile wachsen rasant. Und

der Nachhaltigkeitsbegriff ist in aller Munde.

Wurde Deutschland zukunftsfähiger?

Den vielen Anstrengungen und Erfolgen

zum Trotz hat sich der Fußabdruck unserer

Exportnation nicht verringert. Zwischen 1995

und 2005 ist der Primärenergieverbrauch nicht

wie in der ersten Studie „Zukunftsfähiges

Deutschland“ erhofft um 30 Prozent bis 2010

gesunken, sondern um 1,4 Prozent gestiegen

und täglich werden in Deutschland immer

noch weit über 120 Hektar Fläche versiegelt,

während man die absolute Stabilisierung

für notwendig hielt. Die Vielfalt an Tieren

und Pflanzen schwindet und inzwischen ist

amtlich, was man Mitte der 90er nur geahnt

hat: Das Fördermaximum für Öl wurde er-

reicht. Während weltweit der Energiehunger

zunimmt, wird von nun an die Fördermenge

sinken.

Gleichzeitig führen uns die prosperierenden

Wirtschaftsnationen wie China, Indien oder

Brasilien deutlicher denn je vor Augen, dass

unser Lebensstil nicht verallgemeinerbar ist.

Vier Erden wären notwendig, wenn alle Men-

schen so leben würden wie wir.

Vor diesem Hintergrund haben sich der Bund

für Umwelt und Naturschutz Deutschland

(BUND) und die evangelischen Entwick-

lungsorganisationen „Brot für die Welt“

und Evangelischer Entwicklungsdienst (EED)

zusammengetan, um eine neue Debatte zum

„Zukunftsfähigen Deutschland“ anzustoßen.

Beauftragt wurde mit der gleichnamigen Stu-

die das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt,

Energie.

Ende der Wachstumsideologie

Wie soll es nun weitergehen? Augen zu und

durch. Diesen Eindruck vermitteln zumindest

die Wirtschaftspolitiker. Wirtschaftswachstum

wird nicht nur in Deutschland als Allheil-

mittel gepriesen, für Wohlstandswachstum,

zusätzliche Arbeitsplätze, Armutslinderung

und vieles mehr. Nichts davon lässt sich ohne

weiteres mit einem steigenden Bruttoinlands-

produkt verbinden. Die Sockelarbeitslosigkeit

ist beständig angestiegen und vom Wohl-

standswachstum profitierten in den letzten

Jahren nur die Superreichen.

Besonders schlecht bestellt ist es um das über-

geordnete Ziel ökonomischer Lehrbücher, die

„Finanzkrise“ war das Wort des Jahres 2008. Der Zusammenbruch der Invest-mentbanker-Glücksspirale hat 1.500 Milliarden Euro an Werten vernichtet, sagt der internationale Währungsfonds. Statt jetzt auf nachhaltige und umweltschonende Zukunftsinvestionen zu setzen, plant die Bundesregie-rung als Wege aus der Wirtschaftskrise eine Abwrackprämie für Altautos und den ungebremsten Straßenbau. Dabei hat gerade der Wachstumswahn uns in diese Krise bugsiert. Die neue Studie „Zukunftsfähiges Deutschland“ des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie macht sich für eine Abkehr vom Neoliberalimus stark und plädiert dafür die Dynamik von Märkten als Motor für mehr Ökologie und Fairness zu nutzen.

Die Schauspielerin Angelika Bartsch spart Energie, fährt in der Stadt nur Fahrrad und ist Weltmeisterin im Re-cyceln. Ihr Hauptanliegen ist aber das Sparen von Heizenergie und so lässt sie im Winter ihre Heizung aus. Die Winter sind schon längst nicht mehr so kalt, besonders in der Kölner Innenstadt. In ihrer Wohnung zieht sie sich warm an. Für Gäste liegen Wolldecken bereit, so dass der Abend bei einem Glas Rotwein noch gemütlicher wird

Wandel des Lebensstils

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Zukunftsfähiges Deutschland in globaler Verantwortung

Fotos: Sibylle Anneck

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Steigerung der Lebensqualität. Denn in

Deutschland wie auch in den anderen In-

dustrieländern stagniert seit Jahrzehnten

die Lebenszufriedenheit trotz beständig

wachsendem Bruttoinlandsprodukt.

Deshalb und weil eine Minderung des

absoluten Ressourcenverbrauchs bei

gleichzeitigem Wirtschaftswachstum

unmöglich erscheint, plädieren die

Autoren der Studie für ein Ende der ge-

genwärtigen ebenso zerstörerischen wie

bornierten Wachstumspolitik.

Politik vor Macht

Sodann macht sich die Studie für eine

Abkehr vom Neoliberalismus stark.

Schneller als die Wuppertaler wohl

geahnt haben, ist diese Forderung durch

die Entwicklung auf den Finanzmärkten

auf einen Spitzenplatz der politischen

Agenda in Deutschland und der Welt

gerückt. Und tatsächlich: In einer Zeit, in

der das Schicksal von Mensch und Natur

auf des Messers Schneide steht, ist es

unerlässlich, Dynamik von Märkten als

Motor für mehr Ökologie und Fairness

zu nutzen.

Es ist Sache der Politik, die Marktpro-

zesse nach Maßgabe des Allgemein-

wohls zu gestalten. Eine ökosoziale

Marktwirtschaft lässt sich nicht ins Werk

setzen, ohne die Priorität der Politik ge-

genüber der Wirtschaft zurückzugewin-

nen. Das gilt auch auf internationalen

Handlungsfeldern. So verbietet sich der

Export subventionierter Agrarprodukte

in arme Länder. Von Unternehmen sind

die Einhaltung international anerkannter

Menschenrechte sowie ökologischer

Mindeststandards einzufordern.

Mit ihrer Forderung nach einem gleichen

CO2-Pro-Kopf-Emissionsvolumen von

zwei Tonnen avancierte Angela Merkel

zur Klimakanzlerin. Damit griff sie das

Umweltraumkonzept der ersten Studie

auf und formulierte ambitioniert: „Der

Klimawandel ist die größte Herausfor-

derung der Menschheit.“ Nur ein Jahr

später folgt nun der Rückfall auf alte

Vorurteile und die Kanzlerin verkündet,

dass Klimaschutz keine Arbeitsplätze

kosten dürfe. Zweieinhalb Tonnen

Yourdes aus Köln fährt bei Wind und Wetter mit dem Fahrrad – auch richtig weite Strecken. „Wenn man sich warm anzieht, geht alles“, meint er

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Im Titel dieser Ausgabe veröffentli-chen wir Fotos von der Journalistin Sibylle Anneck. Sie hat für das RO-BIN WOOD-Magazin Menschen in Köln befragt, die berichten wie sie sparsam mit Energie umgehen, Kontakt: [email protected].

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schwere Pkw erhalten Steuererleich-

terungen, die Deutsche Industrie wird

vom Emissionshandel verschont und die

Betreiber von Kohlekraftwerken sollten

die Zertifikate kostenlos erhalten. Dabei

haben nicht zuletzt die überschweren

Fahrzeuge die Krise der Automobil-

industrie erst möglich gemacht, wird

Strom aus Kohle in zehn Jahren teurer

sein als aus regenerativer Erzeugung.

Der Rückfall zur alten Konfrontation von

Umweltschutz und Wirtschaft ist umso

bedauerlicher als er doch wider besseres

Wissen kommt. Schließlich hat allein der

Ausbau erneuerbarer Energien Hun-

derttausende Arbeitsplätze geschaffen

und jeder weiß, die Finanz- und Wirt-

schaftskrise wird vorüberziehen, aber die

Klimakrise bleibt.

Freilich ist der Kurswechsel zur grü-

nen Marktwirtschaft nicht ohne einen

Wandel des Arbeitsmarktes zu haben.

Das war während der Transformation der

Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft

so und ist auch diesmal unvermeidlich.

Während Arbeitsplätze in der Industrie

abgebaut wurden, entstanden neue im

Dienstleistungsbereich. Bezeichnend:

Mitten in der Autokrise treibt Bosch

die Diversifizierung des Konzerns voran

und investiert 530 Millionen Euro in ein

neues Solarzellen-Werk. Über tausend

neue Arbeitsplätze sollen entstehen.

Arbeit fairteilen

Soll vermieden werden, dass Umwelt-

und Wirtschaftspolitik weiter gegen-

einander ausgespielt werden, muss ein

tragfähiges Konzept zur Lösung der

Arbeitslosenproblematik auf den Tisch.

In der Studie wird vorgeschlagen, die

zur Verfügung stehende Erwerbsarbeits-

zeit gerechter zu verteilen. Denn die

Arbeitslosigkeit hat nicht zugenommen,

weil uns die Arbeit ausgeht. In Summa

ist das Arbeitsvolumen in Deutschland

stabil geblieben. Vielmehr ist die Zahl

der Arbeitswilligen um einige Millionen

gestiegen.

Wäre das zur Verfügung stehende

Arbeitsvolumen gerecht verteilt, das

entspräche einer durchschnittlichen Ar-

beitszeit von 30 Stunden in der Woche,

ließe sich zumindest rechnerisch das

Problem leicht beheben. Gelingen kann

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das mit einer langfristigen Strategie, die

auch umfassende Bildungs- und Qualifi-

zierungsmaßnahmen beinhaltet. Den ar-

beitspolitischen Wortführern scheint di-

ese Einsicht schwer zu fallen, ebenso wie

die Abkehr von der Wachstumsideologie

als Rezept zur Minderung der Arbeitslo-

sigkeit. Obgleich ganz offenkundig drei

Jahrzehnte Wirtschaftswachstum, im

Ergebnis nur einen beständigen Anstieg

der Sockelarbeitslosigkeit vorweisen

kann.

Es mag schwer vorstellbar erscheinen,

dass Millionen freiwillig weniger arbeiten

und Einkommensverluste akzeptieren.

Jedoch sprechen zahlreiche Vorteile für

eine Fairteilung der Arbeit. Denn die

Lebenszufriedenheit und Arbeitsmotiva-

tion steigt bei Menschen, die ihre freie

Zeit ausgebaut haben. Ihnen gelingt die

Balance zwischen Arbeit und Freizeit.

Sie verbringen mehr Zeit mit Freunden

und Familie. Dadurch verbessern sich das

Wohlbefinden und die Gesundheit.

Zugleich könnte sich auch der Naturver-

brauch durch eine Politik der Arbeitsfair-

teilung verringern. Denn wäre Arbeits-

losigkeit nur noch ein Randthema,

die Auswirkungen wären auch bis zur

kommunalen Ebene spürbar. Zahlreiche

Investitionen wie etwa in fragwürdige

Gewerbeparks oder Straßenbau könnten

nicht mehr mit dem Arbeitsplatzargu-

ment durchgedrückt werden.

Achtsam leben

Doch nicht nur bei der Arbeitszeit, son-

dern allenthalben ist der Wandel unseres

Lebensstils erforderlich. Die Rechnung

ist ganz einfach. Damit sich ausgetüf-

telte Energiesparkonzepte, hochwerte

Gebäudedämmung oder Ingenieurskunst

im Automobilbau ressourcenschonend

auswirken können, gilt es zu verhindern,

dass Effizienzerfolge durch beständigen

Komfortzuwachs kompensiert werden.

Es ist an der Zeit, dass wir über Limits

diskutieren, für Tempo, Flächen, Sprit-,

Öl- oder Stromverbrauch. Kühlschränke

und Wohnungen dürfen nicht immer

größer, Autos müssen leichter werden.

In der Begrenzung des individuellen Kon-

sum- und Nutzungsverhaltens oder der

angebotenen Produkte liegt die eigent-

liche Herausforderung. Vergleichsweise

leicht fällt uns die Entwicklung innova-

tiver Technologien.

Die Ökologische Industriepolitik hat

sich durchgesetzt. Längst hat man ihr

wirtschaftliches Potential erkannt und

etwa durch das Erneuerbare Energien

Gesetz oder Sanierungsprogramme

boomende Arbeitsmärkte und Technolo-

giesprünge ermöglicht. Damit sich diese

Strategie in sinkendem Naturverbrauch

widerspiegelt, ist es höchste Zeit, eine

Ökologische Lebensstilpolitik auf den

Weg zu bringen. Einen Kurswechsel für

Deutschland.

Dr. Michael Kopatz ist wissenschaft-

licher Mitarbeiter am

Wuppertal Institut für Klima,

Umwelt, Energie in der

Forschungsgruppe Energie-,

Verkehrs- und Klimapolitik

Döppersberg 19, 42103 Wuppertal

Tel.: 0202/2492-148 Fax: -250

[email protected]

Zukunftsfähiges Deutschland

in einer globalisierten Welt

Eine Studie des Wuppertal Instituts

für Klima, Umwelt, Energie

Fischer Taschenbuch Verlag, 2008

655 Seiten, 14,95 Euro

ISBN: 978-3-596-17892-6

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? Mit der Finanzkrise ist Neoliberalismus out und die soziale Marktwirtschaft in aller Munde. Aber ist damit auch eine ökologische Marktwirtschaft gemeint?

! Wir freuen uns, dass unsere Ideen zu

einem Umbau der Marktwirtschaft zur

Zeit so gefragt sind. Allerdings wird

gerade darum gerungen, mit welchen

Maßnahmen die Wirtschaftskrise am

besten gemeistert werden kann: Die ei-

nen bestehen darauf, dass nur altherge-

brachte Wirtschaftskonzepte zur Krisen-

bekämpfung taugen, und Umweltschutz

in der Krise hintan stehen muss. Die

anderen sehen durchaus Chancen, dass

gerade eine ökologisch-soziale Markt-

wirtschaft uns auf einen zukunftsfähigen

Weg aus der Krise führen wird. Obama

geht mit seinen bisherigen Vorschlägen

durchaus in die richtige Richtung: Statt

in teure Energieimporte, die mit Waffen-

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gewalt gesichert werden müssen, will er

vermehrt in Erneuerbare Energien und

Energieeffizienz investieren.

? Welche Maßnahmen schlägt das FÖS vor?

! Wir sehen, dass zur Zeit einige Krisen

wie z.B. die Klimakrise, die Energie-

krise und die Finanzkrise kumulieren.

Gleichzeitig bietet sich uns die einmalige

Chance, diese Krisen über geeignete

staatliche Investitions- und Anreizpro-

gramme gleichzeitig zu lösen! Wenn

der Staat nun kräftig Geld in die Hand

nimmt, um die Wirtschaft anzukur-

beln, dann muss er das nutzen, um die

Wirtschaft ökologisch zu modernisieren.

Der Weg zu mehr Energieeffizienz muss

weitergegangen werden, also hin zu

mehr Gebäudesanierung und weg von

Sprit schluckenden Autos. Es ist gut

und wichtig, dass z.B. das Erneuerbare

Energien Gesetz weiter fortgeführt wird.

All diese Maßnahmen führen zu mehr

Klimaschutz aber auch zu mehr Arbeits-

plätzen in Deutschland.

Die zusätzlichen Ausgaben sollten

aber zumindest teilweise durch höhere

Umweltsteuern und den Abbau um-

weltschädlicher Subventionen gegen-

finanziert werden. So können wir die

Neuverschuldung in Grenzen halten und

zusätzliche Innovationsanreize geben.

? Sollten Subventionen generell abge-schafft werden?

! Nein, in einer ökologisch-sozialen

Marktwirtschaft haben auch Subven-

tionen als Bestandteil der politischen

Rahmenbedingungen ihren Platz. Wenn

der Markt bei der Entlohnung gesell-

schaftlich sinnvoller Tätigkeiten versagt,

kann der Staat durchaus unterstützend

tätig werden. Im Moment zahlt der Staat

aber jährlich rund 34 Milliarden umwelt-

schädliche Subventionen!

Um-SteuernUnsere Wirtschaft ist in der Krise. Damian Ludewig vom Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) erklärt, wie zur Bewäl-tigung der Krise ökologisch und sozial umgesteuert werden muss. Mit ihm sprach Christiane Weitzel.

Bisher gibt es keinen finanziellen Anreiz

für ökologisches Handeln. Zur Zeit ist

es doch so, dass wer sich ethisch und

moralisch korrekt verhält, auch noch

draufzahlen muss. Das beste Beispiel

dafür ist der Einkauf im Bioladen, der

viel teurer ist, als beim Discounter. Wir

brauchen also beispielsweise Prämien

für den Umstieg auf Ökolandbau, der

bisher in Deutschland nur fünf Prozent

der Agrarfläche ausmacht. Heute fließen

aber 95% der Agrarsubventionen in

konventionelle Landwirtschaft! Der

konventionelle Landbau verursacht aber

über Naturverbrauch, Überdüngung,

Erosion und Pestizidbelastung jede

Menge externe Kosten, die von der

Gesellschaft getragen werden müssen.

Beim Biolandbau fallen diese externen

Kosten nicht an – im Gegenteil, die Öko-

Landwirtschaft hat positive Effekte auf

die Böden und leistet einen wichtigen

Beitrag für eine gesunde Ernährung. Das

müsste über Prämien honoriert werden.

? Die deutsche Automobilbranche ist in der Krise. Sollte der Staat eingreifen?

! Wir wollen nicht, dass im Zuge der

Finanzkrise die Automobilbranche

Damian Ludewig ist Diplom-volkswirt und seit April 2008 Geschäftsführer des Forums Öko-logisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) in Berlin. Er vertritt außer-dem das FÖS und den Deutschen Naturschutzring im Sprecherrat der Klima-Allianz, [email protected], www.eco-tax.info

Das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) wurde aus

dem Umfeld des Wuppertal Instituts

für Klima, Umwelt, Energie gegründet.

Das FÖS setzt sich für die Weiter-

entwicklung der sozialen Marktwirt-

schaft zu einer ökologisch-sozialen

Marktwirtschaft ein. Dazu sollen

verstärkt ökonomische Instrumente

wie Umweltsteuern, Zertifikate oder

der Abbau umweltschädlicher Sub-

ventionen zum Einsatz kommen Die

Mitglieder sind vorwiegend Wissen-

schaftler, Unternehmer und Politiker.

Mit Studien für NGOs oder Gutachten

für Ministerien und Workshops und

Konferenzen engagiert sich das FÖS

für eine marktwirtschaftliche Umwelt-

politik. Im September 2008 hat das

FÖS den europäischen Dachverband

Green Budget Europe (GBE) gegründet.

Im GBE haben sich 15 Partner zusam-

mengeschlossen, um gemeinsam mit

ökonomischen Instrumenten mehr Um-

weltschutz in Europa durchzusetzen.

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Marlies Anneck ist 1935 geboren und hat als Kind die Kriegs- und Nachkriegszeit in Köln erlebt. Für sie ist Energiesparen eine Selbst-verständlichkeit. Besonders mit Heizenergie geht sie sparsam um und zieht sich im Winter warm an. Im leichten Hausanzug bei 22 Grad Celsius vor dem Fernse-her zu sitzen, ist ihr vollkommen fremd

komplett den Bach runtergeht. Aber wir

wollen die Branche auch nicht einfach

pauschal stützen wie die Regierung

sondern weiterentwickeln. So wird mit

der von der Bundesregierung geplanten

Abwrackprämie für Altautos nur der

Konsum angekurbelt. Wir plädieren für

eine ökologische Lenkung. Also nur wer

mit seinem neuen Auto 25 Prozent weni-

ger verbraucht, als mit dem alten, sollte

in den Genuss einer Prämie kommen.

Und für Spritschlucker sollte es gar kein

Geld geben – den Kauf eines Porsche

Cayenne mit einem CO2-Ausstoß von

358 g/km muss der Staat wirklich nicht

fördern!

Außerdem denken wir darüber nach,

wie Menschen, die sich keinen Neuwa-

gen kaufen, weil ihr altes Auto sowieso

sparsam ist oder die gar keinen Pkw

besitzen, auch von der Prämie profitieren

könnten – z.B. indem sie eine verbilligte

BahnCard 100 erhalten.

? Was hält das FÖS von der Idee der Regierung, beim Kauf eines Neuwagens die Kfz-Steuer zu erlassen?

! Das ist auch nur ein Konsumanreiz

ohne ökologische Effekte. Wir brauchen

eine echte Reform der Kfz-Steuer. Hier

muss die Bundesregierung endlich ihre

Hausaufgaben machen! Diese immer

noch hubraumorientierte Steuer muss

endlich umweltgerecht reformiert wer-

den, mit einem klaren Bonus-Malus-Sys-

tem. Es reicht nicht, umweltfreundlichere

Fahrzeuge zu verbilligen, Klimakiller

müssen deutlich teurer werden. Gleich-

zeitig wäre es wichtig, dass bei einer

Kfz-Steuer nicht nur der CO2-Ausstoß

sondern auch das Fahrzeuggewicht und

die -fläche berücksichtigt würden. So

entstünde zusätzlich ein Anreiz zum Bau

kompakterer Fahrzeuge, die knappe

Straßen- und Parkflächen schonen

würden.

Außerdem ist die Kfz-Steuer im europä-

ischen Vergleich in Deutschland viel zu

niedrig und müsste erhöht werden. Um

einen größtmöglichen Lenkungseffekt

hin zu Sprit sparenden Modellen zu

erzielen, ist eine deutliche Anhebung

für Fahrzeuge mit hohem CO2-Ausstoß

notwendig.

? Die Wirtschaftskrise wird sicherlich die soziale Situation zusätzlich verschärfen. Macht ihr euch Gedanken um die sozi-alen Folgen eurer Vorschläge?

! Grundsätzlich schlagen wir im Moment

ohnehin nur Maßnahmen vor, die sozial

Schwächere kaum treffen, weil sie weder

Vielflieger sind, noch teure Dienstwa-

gen fahren. Zusätzlich diskutieren wir

aktuell die Idee eines Ökobonus. D.h. die

zusätzlichen Einnahmen, die der Staat

durch unsere Vorschläge erzielt sollen

pro Kopf an die Bevölkerung zurück

gegeben werden. Dann ist auch klar,

dass es sich um ökologische Anreize und

nicht um Abzockerei handelt. Von einem

Ökobonus würden Familien mit vielen

Kindern, Geringverdiener etc. besonders

profitieren. Außerdem halten wir in

Zukunft eine Progression bei der Strom-

steuer für wünschenswert. So werden

geringe Stromverbräuche ent- und hohe

zusätzlich belastet.

? Welche Projekte plant ihr für die Zukunft?

! In diesem Jahr werden wir eine Studie

zum Thema Neuregelung der Besteu-

erung von Dienst- und Firmenwagen

erstellen, denn die bisherige Regelung

ist weder ökologisch noch sozial. Mehr

als 60 Prozent der Neuzulassungen bei

Pkw sind Dienst- und Firmenwagen.

Über eine Bonus-/Malusregelung sollten

Firmenwagen mit niedrigen Verbrauchs-

werten gefördert werden. Wer von 2009

bis 2011 ein Fahrzeug im Zielkorridor

von 130 bis 140 g CO2/km erwirbt, kann

weiterhin alle Kosten voll absetzen. Wer

künftig Klimaschleudern kauft, sollte

nur noch einen Teil der Anschaffungs-

und Treibstoffkosten steuerlich gelten

machen können. Ab 2011 müssten die

Zielwerte auf 100 g CO2/km für Neuwa-

gen abgesenkt werden.

2009 wird mit den Europa- und Bun-

destagswahlen und der Klimakonferenz

in Kopenhagen ein turbulentes Jahr, in

dem es besonders wichtig wird, darauf

zu drängen, dass von der Politik die Wei-

chen in Richtung einer ökologischen und

sozialen Marktwirtschaft gestellt werden.

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merk-würdiges

Zum Gemein-Wohl - Finanzkrise

Sie nennt sich eine Wissenschaft, die Wirtschaftswissen-

schaft. Und wohl noch nie hat sich eine Wissenschaft so

blamiert, wie die Ökonomie in der aktuellen Wirtschaftskrise.

Keiner der Fachleute war in der Lage, die dramatischen Er-

eignisse auch nur annähernd vorauszusehen, außer vielleicht

einigen Exzentrikern und Laien, wie z.B. der globalisierungs-

kritischen Organisation attac. Niemand aus dieser etablierten

Wissenschaft ist in der Lage zu sagen, was jetzt zu tun sei.

Keiner weiß, wie es weitergehen soll. Da zuckte auch der

„Wirtschaftsweise“ Bert Rührup in einem Fernsehinterview nur

resigniert mit den Schultern.

Trotzdem wird gehandelt. Als Maßnahme gegen die Krise

wird allenthalben versucht, billiges Geld in den Markt zu

pumpen. Innerhalb von nur vier Tagen stellte die Bundesre-

gierung Bürgschaften von 500 Milliarden Euro zur Verfügung.

Die Umsetzung einer Kindergelderhöhung von 10 Euro pro

Kind dagegen dauerte über zwei Jahre, weil dieser unge-

heuere Betrag den Bundeshaushalt zu kippen drohte. Und

der Lokführerstreik Anfang 2008 bedrohte die Stabilität der

gesamten Bundesrepublik, verursachte er doch angeblich

einen volkswirtschaftlichen Schaden von sage und schreibe

50 Millionen Euro.

Dabei wird völlig übersehen, dass wir vor noch viel größeren

Herausforderungen stehen. Die Schäden der Klimakatastro-

phe werden weltweit bei bis zu 14.000 Milliarden US Dollar

liegen - jährlich. So prognostiziert es der Report des britischen

Wissenschaftlers und ehemaligen Chefökonom der Welt-

bank Nicolas Stern. Und das ist nur der finanzielle Schaden.

Menschliches Leid ist da noch nicht mit eingerechnet.

Wo, so fragt man sich, bleibt hier das entschlossene Handeln

der „eisernen Klimakanzlerin“? Nachdem sie zunächst große

Forderungen zur Reduktion des CO2-Ausstoßes an die EU und

ihre Mitgliedstaaten gestellt hat, erkämpft sie mittlerweile

Ausnahmen und Sonderbehandlungen für die deutsche In-

dustrie. Deutsche Autokonzerne könnten den Spritverbrauch

nicht so stark senken, heißt es da, weil doch in Deutschland

große Autos gebaut würden – welche Logik! Deutsche

Industrieunternehmen würden durch den vorgesehenen CO2-

Zertifikatehandel benachteiligt und sollten davon freigestellt

werden, usw. Und jetzt heißt es auch noch Klimaschutz koste

Geld und zunächst müsse man sich darauf konzentrieren,

dass die Wirtschaft wieder laufe. Dabei ist doch offensicht-

lich Geld genug vorhanden – aber wohl nur, um Banken zu

sanieren.

Auch für Frau Merkel, wie schon für die Kanzler vor ihr, ist

der Schutz des Klimas offensichtlich nicht wirklich wichtig.

Als Werbestrategie mag Klimaschutz ja interessant sein. Da

gibt es hübsche Fotos der Kanzlerin vor grönländischen Glet-

schern in Hochglanz-Zeitschriften. Aber sich ernsthaft darum

zu bemühen hieße ja, sich mit mächtigen Lobbyverbänden

anzulegen. Das mag sie sich denn doch nicht zumuten.

Werner Brinker, Darmstadt

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Vielfalt erleben

Mission Blue Planet: Verlosung des Klimaquiz

Zum 11. GEO-Tag der Artenvielfalt im Juni 2009 ruft

GEO in Kooperation mit der Deutschen Wildtier Stiftung

Schüler und Schülerinnen aller Altersklassen auf, ein

„Stück Natur“ vor der eigenen Haustür möglichst genau

zu untersuchen und die Ergebnisse anschließend zu doku-

mentieren: Der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt.

Eingereicht werden können Textmappen, Installationen

von Fundstücken, Bilder, Fotos, Videos und Internet-Prä-

sentationen.

Teilnehmen können Gruppen von Schülerinnen und

Schülern jeden Alters - Klassen, Bio-AG‘s, Leistungskurse

oder kleinere und größere Schülergruppen verschiedener

Klassen. Die Arbeit sollte von LehrerInnen und/oder Exper-

tInnen unterstützt werden. Das Juryteam der Deutschen

Wildtier Stiftung, des Ernst Klett Verlags und von GEO

wird die ideenreichsten und sorgfältigsten Arbeiten (Pla-

nung, Durchführung, Auswertung des Projekts) prämie-

ren. GEO wird die Sieger im Herbst 2009 vorstellen.

Auch dieses Mal gibt es im Rahmen des Schülerwettbe-

werbs wieder attraktive Preise zu gewinnen: Zum Beispiel

eine Klassenfahrt ins Wildtierland ans Stettiner Haff und

viele Sach- oder Buchpreise. Für kleine Gruppen (zwei bis

fünf Schüler), die außerhalb ihrer Schulklasse eine eigene

Aktion durchführen, vergibt die Redaktion GEO einen „Ex-

pertenpreis“. Die GewinnerInnen werden zur Teilnahme

an der GEO-Hauptveranstaltung 2010 eingeladen.

Warum steht die Luft unter Druck? Wozu braucht man

Gletschereis? Welchen Nachteil hat Strom? Diese und

weitere rund 1000 Quizfragen zu den Themen Erde, Klima,

Wetter und Energie lassen sich in der Neuauflage des

größten Klimaquiz auf CD - Mission Blue Planet - finden.

Das Quiz der Kampagne „Klima sucht Schutz“ vermittelt

die aktuellen Erkenntnisse des Weltklimarates in einer

besonders für Kinder und Jugendliche geeigneten Weise.

Der Clou dabei: Nach Beantwortung jeder Frage erfahren

die SpielerInnen über Bilder, Grafiken, Texte und Video-

sequenzen mehr zum Thema. JedE SpielerIn kann je nach

Vorwissen aus drei Schwierigkeitsstufen auswählen. Für

9,50 Euro kann die Klimaquiz-CD über www.mission-blue-

planet.de bestellt werden.

Das ROBIN WOOD-Magazin verlost fünf Exemplare

des Klimaquiz auf CD unter allen EinsenderInnen, die

eine Postkarten an das ROBIN WOOD-Magazin, Lin-

denallee 32, 16303 Schwedt, Stichwort „Mission Blue

Planet“ schicken. Viel Glück!

Wohin soll euer Beitrag (Berichte, Dokumentationen etc.)

geschickt werden? An die Redaktion GEO, Tom Müller,

Schülerwettbewerb 2009, 20444 Hamburg. Mehr Infos fin-

det ihr unter www.geo.de/artenvielfalt, Stichwort „Schü-

lerwettbewerb“. Einsendeschluss ist der 9. Juli 2009.

Foto: GEO/B. Dinkel

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Bürgerrechte abgeholzt

Seit dem 20. Januar lässt Fraport den Kelsterbacher Wald für den Ausbau des Frankfurter Flughafens roden. Zehn Hektar Wald fallen durchschnittlich an einem Tag. Für die Rodungsmaschinen macht es keinen Unterschied, ob sie sich durch eine Plantage oder einen „für das Gemeinwohl unersetzlichen“ - so das hessische Forstrecht – „Bannwald“ fressen. Fünf Tage zuvor hat das Verwaltungsgericht Kassel Eilanträge gegen die Rodung abgewiesen, am 18. Januar ergaben die hessischen Neuwahlen eine schwarz-gelbe Mehrheit.

Fraport lässt den Kelsterbacher Wald roden

Der Spitzenkandidat der FDP, Jörg-Uwe Hahn,

ist Mitglied im Aufsichtsrat der Fraport und

hatte vor einem Jahr eine Koalition mit der

SPD kategorisch ausgeschlossen. Damit fingen

die „hessischen Verhältnisse“ an. Zwischen

den Jahren hatte das Regierungspräsidium

Darmstadt entschieden, Fraport „vordringliche

Arbeiten“ auf rund 90 genau ausgewiesenen

Hektar im Kelsterbacher Wald durch eine

„vorzeitige Besitzeinweisung“ zu ermöglichen,

obwohl dieser Wald noch der Stadt Kelster-

bach gehört und diese gegen den Bau einer

vierten Landebahn auf Kosten von 250 Hektar

Wald klagt.

Im Dezember wurde ein Schreiben der Fraport

an das Regierungspräsidium Darmstadt be-

kannt, in dem das Unternehmen nachdrücklich

fordert, die beantragte Besitzeinweisung mit

Wirkung vom 12. Januar 2009 zu erteilen,

um „entsprechend der Absprache mit dem

Hessischen Verwaltungsgerichtshof unmittel-

bar ab Zustellung der Eilbeschlüsse“ mit der

Rodung beginnen zu können. Aufgrund dieser

„Absprachen“ erfolgte Befangenheitsanträge

gegen die Kassler Verwaltungsrichter wurden

abgelehnt.

Einen Tag nach Beginn der Rodung präsentie-

ren der Kelsterbacher Bürgermeister Manfred

Ockel, SPD, und der Fraport-Vizechef Stefan

Schulte ein „Eckpunkte-Papier“: Die Stadt

verkauft ihren Wald und weitere Flächen an

Fraport und zieht ihre Klagen gegen den Flug-

hafenausbau zurück. Dafür verspricht Fraport

der Stadt ein „Paket mit einem Finanzvolumen

von über 30 Millionen Euro“. Die Hälfte davon

ist für den Lärmschutz (den Fraport sowieso

zahlen muss), ein Bach wird renaturiert, es

gibt ein paar Praktikumsplätze, Kooperationen

mit Schulen und Kindergärten, „politische

Landschaftspflege“. Der Bürgermeister von

Kelsterbach ist gelernter Landschaftsgärtner

und seit 1998 Geschäftsführer der gemein-

nützigen GmbH Regionalpark RheinMain, die

sich höflich bei ihrem Hauptsponsor Fraport

bedankt.

Nun erfordert auch in der 14.000-Einwoh-

ner-Stadt Kelsterbach eine so weit reichende

Entscheidung wie der Verkauf mehrerer

hundert Hektar Grund und der Verzicht auf

Prozessrechte die Zustimmung der kom-

munalen VertreterInnen. Dass diese bei der

nächsten Stadtverordnetenversammlung

am 9. Februar erfolgt, haben Magistrat und

Fraport fest eingeplant. Unter Ausschluss der

Öffentlichkeit scheinen alle Absprachen längst

getroffen, denn Fraport rodet in Vorwegnahme

der Entscheidung seit dem 20. Januar auf der

gesamten für den Ausbau begehrten Fläche

statt nur auf den oben genannten vorzeitig

Besitz eingewiesenen 90 Hektar. Zwei Wochen

unklarer Besitzverhältnisse kosten beim beob-

achteten Rodungstempo 100 Hektar Wald.

Fraports Wissen um die Zukunft reicht noch

weiter: Erst im Juni wird das Verwaltungsge-

richt Kassel das Hauptsacheverfahren über 260

Klagen von Bürgerinnen und Bürgern, Kom-

munen und dem Naturschutzverband BUND

gegen die Rodung und den Ausbau eröffnen.

Bis dahin hat Fraport die Fakten bereits unum-

kehrbar in Beton gegossen. Das Wald existiert

nicht mehr, das Gericht wird den Tatsachen

hinterher eilen müssen.

Im Wald steht das Dorf der WaldbesetzerInnen.

Seit dem 20. Januar ist es eingezäunt, auf Ver-

anlassung der Fraport, ausgeführt von einem

privaten Sicherheitsdienst, rund um die Uhr

bewacht von der Polizei. AusbaugegnerInnen

und PressevertreterInnen erhalten reihenweise Foto: Thomas Piper

Obwohl die Besitzverhältnisse noch unklar sind, lässt Fraport den Wald schon mal roden

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Jeden Tag fallen 10 Hektar Wald für den Aus-bau des Frankfurter Flughafens. Die Menschen protestieren gegen die gigantische Naturzer-störung und gegen die Belastungen für Klima, Umwelt und Gesundheit in der Region

Platzverweise. Fraport droht Klagen wegen Hausfriedens-

bruch an. Die Polizei gibt Daten von AusbaugegnerInnen

an die Rechtsabteilung der Fraport weiter. Nach einer ha-

nebüchenen Rechtsauffassung ist der Wald eine Baustelle,

die Baustelle gehört zum Flughafen, der Flughafen gehört

Fraport, also hat Fraport das Hausrecht. De facto gibt es

zu diesem Zeitpunkt eine „vorläufige Besitzeinweisung“

für einen kleineren Teil des Waldes und ein Eckpunktepa-

pier mit einem Vertreter der Stadt als Eigentümerin des

Waldes. In ein paar Jahren werden Gerichte wahrschein-

lich feststellen, dass diese Rechtsauffassung unhaltbar

ist. Das macht aber nichts, denn heute ist sie für eine

Kahlschlag-Politik ausgesprochen nützlich.

Der Saal, in der die Stadtverordnetenversammlung über

den Verkauf des Waldes an Fraport entscheiden wird,

ist unmittelbar vorher von einer anderen Veranstaltung

belegt: Fasching der Fraport-Senioren.

Monika Lege, Redebeitrag von

ROBIN WOOD auf der

Demonstration „Kelsterbach steht auf!“

am 31. Januar

Fotos: Thomas Piper

Seit dem 28. Mai leben UmweltschützerInnen im besetzten

Dorf im Kelsterbacher Stadtwald. Auch ein ROBIN WOOD-

Baumhaus ist in den Wipfeln. Am 20. Januar ließ Fraport das

Walddorf einzäunen. Seitdem kontrolliert die Polizei die Men-

schen im Wald rund um die Uhr mit großem technischem und

personellem Aufwand.

Dezember: Vor dem Regierungspräsidium Darmstadt performen

Straßentheater-SpielerInnen die hinter verschlossenen Türen

verhandelte Rodung.

14. Dezember: Bei einem Waldspaziergang werden zahllose

Bäume als unentbehrlich markiert und Thermokissen für den

winterlichen Widerstand im Wald verteilt.

18. Januar: Auf Stelzen und mit Sambatrommeln demonstrieren

ROBIN WOODlerInnen am Tag der Hessenwahl vor dem Land-

tag in Wiesbaden. Ihr Motto: „Partei ergreifen für Wald und

Klima. Flughafenausbau durchkreuzen.“

21. Januar: Wegen der Besetzung von zwei Verlademaschinen

werden die Rodungsarbeiten für drei Stunden unterbrochen.

23. Januar: Die Besetzung einer Rodungsmaschine unterbricht

für zwei Stunden deren Einsatz.

24. Januar: Mehr als tausend Menschen besuchen das Camp im

Kelsterbach Wald.

28. Januar: Auf der Frankfurter Zeil erklimmen Umweltschütze-

rInnen Bäume und hängen Transparente gegen den Kahlschlag

in Kelsterbach auf.

31. Januar: Zwei AktivistInnen werden von einer Buche auf

der Rodungsfläche geräumt. Vor dem Kelsterbacher Rathaus

demonstrieren hunderte BürgerInnen gegen den Verkauf des

Waldes an Fraport …

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Ein Herbsttag im Oktober 2008. Die

Sonne strahlt. Das Laub ist bunt, aber

die Bäume tragen traurige Botschaften.

Aufgemalte Kreuze. Und Slogans in

Leuchtschrift: „Cut here! Bald weg - aus

Besitzgier!“. Transparente sind gespannt

„Kein Flughafenausbau“, „Finger

weg von den Bäumen!“ „Wald statt

CO2-Schleudern!“ In den Wipfeln sind

Baumhäuser, Plattformen und Planen

befestigt. Am Boden sind Campingzelte

aufgeschlagen, an einer Blockhütte wird

gezimmert.

Hans ist 19 und macht gerade eine Aus-

bildung zum IT-Techniker. Er träumt von

einem freien Leben in einem herrschafts-

freien Raum. Ende Juni hat er den Kels-

terbacher Wald mitbesetzt: „Ich schlafe

auf der Plattform dahinten. Da oben in

der Krone. Es schaukelt ein bisschen,

wenn es stürmischer ist. Aber das ist, als

ob ich in den Schlaf gewiegt werde.“

Charly kommt aus Stuttgart und war

in diesem Jahr schon bei zwei Genfeld-

verkehr

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Besetzungen dabei. Hier bringt er den

anderen das Klettern bei. Er ist Um-

weltaktivist bei ROBIN WOOD. Zurzeit

leben etwa 15 bis 20 Leute hier. Manche

Waldbesetzter haben ein Zelt aufgebaut,

kommen aber nur am Wochenende. „Im

Sommer waren es mehr“, sagen sie.

Die Bewohner des Waldcamps kochen

vegan. Sie containern. Sie holen Le-

bensmittel, die Supermärkte aussortiert

haben. „Die Bevölkerung bringt uns

Sachen wie Sojamilch und Reis vorbei.

Dann haben wir Kontakte zum Gemü-

semarkt in Frankfurt. Da kriegen wir

nach Markt-Ende meistens noch einiges

an Gemüse. Und auch hier aus einer

Bäckerei bekommen wir viel Brot vom

Vortag.“ Ein Kelsterbacher Handwerker

bringt regelmäßig mit einem Anhänger

Trinkwasser in großen Plastikfässern.

Und manchmal kommen auch Lehrer

mit Schulkassen vorbei und befragen die

Camper nach ihrer Motivation. Fahr-

radständer sind aus Ästen gezimmert,

eine provisorische Küche steht geschützt

unter einer Plane. Das Wohnzimmer

unter freiem Himmel - ein Tisch, eine

ausrangierte Ledercouch und ein Scha-

mottofen.

Zurzeit machen die Bewohner das Dorf

winterfest. Die Waldbesetzer sind per

Handy zu erreichen und ihr wirksamstes

Medium ist ihre eigene Seite im Internet.

Hier findet man auch Texte zu Klima,

Flugverkehr und emanzipativen Umwelt-

schutz. Über das Netz wollen sie auch

mobilisieren - im Falle einer Räumung.

Hier in Kelsterbach geht es um die Ro-

dung von 250 Hektar Bannwald. Baube-

ginn war für Februar 2009 vorgesehen.

Die Nordwestlandebahn zieht sich drei

Kilometer durch den Wald. Die Flug-

hafen AG Fraport will sofort beginnen.

Beim hessischen Verwaltungsgerichtshof

liegen aber noch Klagen gegen das

Planfeststellungsverfahren von den um-

liegenden Gemeinden und den großen

Umweltverbänden. Verzögerungen,

Aufschub - darauf hoffen die Ausbau-

Widerstand im Hüttendorf

Der Wald um den Frankfurter Flughafen ist für das hessische Gedächtnis ein historischer Ort. Ein Hüttendorf war in den 80er-Jahren das Zentrum der Startbahnproteste. Seit ein paar Monaten stehen nun wieder Hütten im Wald - das Camp der Gegner des Flughafenausbaus.

Am 20. Januar hat Fraport veran-lasst, das Hüttendorf einzuzäu-nen. Rund um die Uhr wird es nun von der Polizei bewacht

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gegner. Eine stabile runde große Blockhütte fällt auf. Die Hütte

der Bürgerinitiativen, die noch im Bau ist. Sie soll als Versamm-

lungs- und Veranstaltungsraum dienen. Und im Winter haben

die Waldbesetzer einen beheizten Raum.

Die ersten Waldbesetzer kamen am 28. Mai in diesem Jahr,

der Tag an dem die Flughafengesellschaft Fraport ihre An-

teilseigner eingeladen hatte, um Zahlen und Zukunftspläne

vorzustellen. Zukunft meint die nächsten 20 Jahre, gesprochen

wird in Superlativen: Vom Flughafen Frankfurt als der größten

Baustelle Europas, von 40.000 Arbeitsplätzen, vom Flughafen

als Wirtschaftsmotor für die Region, von der „Airport-City

2020.“ Eine Stadt vor der Stadt mit Shopping-Malls, Büros und

Hotels. Die Nordwestlandebahn, gegen die die Waldbesetzer

protestieren, ist nur ein Bauabschnitt. Der Fluglärm kommt von

der Startbahn West. Alle zwei Minuten ein Start.

Regelmäßig kommen Journalisten vorbei und schreiben kleine

Reportagen über das Hüttenleben. Abwechselnd werden die

Waldbesetzer „Weltverbesserer“, „gewaltbereite Chaoten“,

„Berufsdemonstranten“ oder „harmlose Naturromantiker“

genannt: Ein älterer Herr kommt neugierig auf die jungen

Leute zu. Er will seinem Enkel die Baumhäuser zeigen: „Was

sind wir früher raus, als die Startbahn-West gebaut werden

sollte, samstags und sonntags. Was hat es gebracht? Nix, sie

bauen. Deshalb ist der ganze Widerstand hier ein Rauszögern,

aber kein Verhindern.“ Camper ist Mitte 20 und kommt aus

Freiburg. Er überlege, ob er eine Karriere als Berufsdemons-

trant einschlagen soll, meint er und lächelt: „Für mich ist

wichtig - selbst, wenn klar ist, dass wir die Landebahn nicht

verhindern können - trotzdem zu zeigen, dass es nicht okay ist,

dass Politiker oder Wirtschaftsbosse entscheiden, was mit dem

Wald passiert. Weil das uns alle angeht.“

Szenenwechsel. Generationenwechsel. In den umliegenden

Gemeinden sind viele Lebensläufe mit dem Protest gegen

den Flughafenausbau verbunden. Seit Anfang der 80er-Jahre,

seit den Protesten gegen die Startbahn-West. Eine Verabre-

dung mit der Sprecherin des „Bündnisses der Bürgerinitiativen

- Kein Flughafenausbau!“ und einem seit 1980 aktiven Start-

bahngegner führt in die Küche von Jossy Oswald, Mitglied der

Bürgerinitiative Mörfelden-Walldorf. Er hat jahrelang bei einer

Spedition am Flughafen gearbeitet. An den Wänden hängen

Plakate aus den 80er-Jahren. Der Hessen-Löwe mit einem Po-

lizeihelm auf. Es gibt Tee und Kekse: „Ende April 1980 ist das

Hüttendorf von den Bürgerinitiativen gegründet worden, das

übrigens ähnlich aussah wie das heutige. Wir wollten damals

Zeichen setzen gegen den Bau der Startbahn West.“

Das Hüttendorf im Flörsheimer Wald, ein paar Kilometer

entfernt von dem heutigen Camp, war das Zentrum der

Startbahn-Bewegung. Die gewaltsame Räumung und Pro-

teste danach wurden zu einer traumatischen Erfahrung für

viele. Ein Konflikt, der sich tief in das hessische Gedächtnis

eingegraben hat. Riesige Demonstrationen, Prügel, Wasser-

werfer, Ohnmacht und Frustration. Eine traurige Bilanz für eine

große Bürgerbewegung. Fast 30 Jahre her: „Wir kamen am

2. November zur Räumung in den Wald. Dort waren schon

Tausende Menschen. In Mörfelden-Walldorf haben die Glocken

geläutet. Das war das Signal, dass die Menschen ihre Arbeit

liegen lassen und raus in den Wald gehen.“

Sein Anliegen als Anwohner von Mörfelden-Walldorf ist nach

fast 30 Jahren immer noch dasselbe: Keine Ausweitung des

Flugverkehrs, kein Ausbau des Flughafens, Einhaltung des

strengen Nachtflugverbotes. Ingrid Kopp, die mit am Tisch

sitzt, ist seit zehn Jahren Sprecherin des „Bündnisses der Bür-

gerinitiativen: Kein Flughafenausbau - Für ein Nachtflugverbot

von 22 - 6 Uhr. 60 lokale Initiativen aus den Gemeinden rund

um den Flughafen haben sich 1998 zusammengeschlossen,

als die Fraport-AG neue Planungen ankündigte: „Anfang der

90er-Jahre hieß es: Für diesen Flughafen wird kein Baum mehr

Foto: Harald Schröder

Foto: ROBIN WOOD/Monika Lege

Kultur im Wald

Kletterkurs mit ROBIN WOOD

Page 19: Robin Wood Magazin 1/2009

19

wald

Sonntagsspaziergänge und Ku-chenstände haben Tradition im Widerstand gegen den Ausbau des Frankfurter Flughafens

Foto: Petra Schmidt

Nr. 100/1.09

fallen. Man hat diesen Versprechungen

geglaubt. Als dann das unfassbare

passierte, dass die Fraport wieder die

Finger nach dem Wald ausstreckte, sind

die Bürgerinitiativen sehr schnell wieder

aktiv geworden und sehr viel neue

kamen dazu.“

Von den politischen Parteien sind sie ent-

täuscht. Die CDU hat den Flughafenaus-

bau durchgesetzt. Die SPD will ihn auch.

Die Grünen sind gegen den Ausbau,

aber politisch zu schwach. „Ich finde das

ist der größte Wortbruch des Minister-

präsidenten in den letzten Jahren. Er hat

jahrelang immer wieder betont, es wird

ohne Nachtflugverbot keinen Ausbau

geben. Und die Leute haben sich zum

Teil zurückgelehnt und sicher gefühlt!“

Die aktuellen Wirren um die Regierungs-

bildung berühren deshalb diejenigen,

die in der Nähe des Flughafens wohnen

und unter Fluglärm leiden und um ihre

Gesundheit fürchten, wenig. Sie setzen

auf die Klagen der Kommunen und der

großen Umweltverbände. Jede Verzöge-

rung des Ausbaus empfinden sie als ihr

Recht: „Es sind jetzt noch 260 Klagen

anhängig, die im Januar, Februar vor

den Gerichten entschieden werden. Es

ist jetzt schon der zweite Bannwald, der

für diesen Flughafen fällt. Der erste vor

zwei Jahren wurde für die Wartungshalle

vom A 380 gerodet - eine Riesen-Fläche.

Und dann ist nur eine halbe Halle gebaut

worden, weil es hieß sie brauchen doch

nicht so viel. Der Wald ist aber weg.“

Ende Oktober. Ein Sonntag im Kelsterba-

cher Wald. In einer Tonne brennt Feuer.

Die Jacken der Waldbewohner werden

dicker. Ein paar haben Wolldecken um-

gehängt. Mitglieder der Bürgerinitiativen

der Gemeinden ringsum haben vor der

BI-Hütte einen provisorischen Kuchen-

stand aufgebaut. Jeden Sonntag treffen

sie sich. Heute sind es vielleicht 30 Leute.

Es gibt Selbstgebackenes, Kaffee und

heißen Tee in Pappbechern und veganen

Kuchen für die Waldbesetzer.

Der Kuchenstand ist quasi historisch.

Ein soziales Ritual, entstanden

während der Sonntagsspaziergänge

nach Räumung des Hüttendorfs 1982.

Wenn man danach fragt, rührt man an

Emotionen. Ute Hänsel kommt aus Neu-

Isenburg. Die Mittfünfzigerin mit Brille

und Pagenkopf hat den Protest an der

Startbahn West miterlebt: „Ich bin seit

damals in der Isenburger BI dabei. Wir

haben uns damals nicht träumen lassen,

dass wir uns alle wieder treffen wegen

der Flughafenerweiterung.“

Vier Wochen später. Inzwischen ist die

Regierung um Andrea Ypsilanti geplatzt.

Das Wald-Camp an einem Sonntag-

nachmittag im November. Es ist kälter

geworden. Bäume haben die Blätter

verloren. Dafür lassen sich die Konturen

der Baumhäuser besser erkennen. Der

Kuchenstand steht heute mitten in der

Küche der Waldcamper: „Kuchen: Apfel,

Johannisbeere, Schokomandelapfelzimt

und der ist vegan.“ Es wird jetzt kühler,

aber an einer offenen Feuerstelle und an

den zwei Gasöfen in der BI-Hütte kön-

nen sich die Waldbesetzer aufwärmen.

Wann geräumt wird, wissen sie nicht

und Spekulationen bringen sie nicht wei-

ter. Aber eine Meinung haben sie schon:

„Groß geändert hat sich nix. Wir warten

ab. Ich glaube nicht, dass die CDU es

sich erlauben wird, uns vor der Wahl am

18. Januar wegräumen zu lassen. Wir

sind ja hier weiterhin auf einem fried-

lichen Kurs. Ich sage mir, bevor nicht die

Gerichte letztendlich ein gültiges Urteil

gesprochen haben, sind wir hier draußen

im Recht. Wo Recht zu Unrecht wird,

wird Widerstand zur Pflicht.“

Gekürzte Fassung eines Radiobeitrags

vom 24.11.08 in Deutschlandradio Kul-

tur, www.dradio.de/dkultur/sendungen/

laenderreport/874453

Christiane Kreiner, Frankfurt/Main

verkehr

Page 20: Robin Wood Magazin 1/2009

verkehr

Nr. 100/1.0920

Alles muss raus!

Die Antwort ist ein klares Nein,

denn der Börsengang ist nicht

endgültig abgesagt. Außerdem reichen

unsere Ziele noch weiter: Wir wollen

zwar, dass das umweltfreundlichste

motorisierte Verkehrsmittel in öffent-

licher Hand bleibt, aber das ist nur ein

Teil unserer Forderungen. Es ist nur

die juristische und strukturelle Voraus-

setzung dafür, dass zahlreiche weitere

Verbesserungen, die die Bahn zweifel-

los benötigt, überhaupt angegangen

werden können. Doch davon sind

wir momentan noch weit entfernt.

In den letzten Jahren wurde mit der

einseitigen Ausrichtung an Bilanzen

und Börsengang vor allem an den

Bedürfnissen der KundInnen gespart:

Abschaffung des beliebten Interregios,

Fahrpreiserhöhungen, die noch über

der Inflationsrate liegen, Streckenstill-

legungen, Ausdünnung von Netz und

Takt, Verkauf von über 1.000 Bahn-

höfen, mangelhafte Instandhaltung

der Strecken mit daraus resultierenden

Verspätungen, um nur einige Punkte

zu nennen. Wir alle kennen das aus

eigener Erfahrung.

Momentan ist nicht klar, wann der

nächste Anlauf unternommen werden

soll, die Bahn an die Börse zu bringen.

Die einen sagen, der Börsengang der

Bahn wird frühestens 2010 wieder

angegangen, die anderen behaupten,

die Bahn könnte durchaus noch vor

der kommenden Wahl im September

verkauft werden. Merkel bestärkte

Mehdorn bei einem Treffen Ende

2008, „seine konzeptionellen Überle-

gungen zur Teilprivatisierung voran-

zutreiben“. Finanzminister Steinbrück

meinte dazu: „Der Börsengang der

Bahn kommt“. Von Entwarnung kann

daher keine Rede sein.

Auch wenn die DB bereits eine

Aktiengesellschaft ist, so ist sie noch

immer vollständig in öffentlicher Hand.

Bahnchef Mehdorn versucht allerdings

in Moskau und Dubai potenzielle

Investoren dazu zu bewegen, fünf

oder auch nur drei Prozent des zum

Verkauf herausgelösten Konzernteils

zu übernehmen. Der Trick dahinter:

Auch ein Einstieg von nur wenigen

Prozent durch Privatinvestoren würde

Kein Börsengang der Bahn – alles in Butter?

Bahn für Alle setzt sich seit Jahren für den Erhalt der Deutschen Bahn in öffentlicher Hand ein: ROBIN WOOD ist als Gründungsmitglied des Bündnisses von Anfang an dabei. Vieles, was zum damaligen Zeitpunkt unmöglich schien, ist in den letzten Jahren erreicht wor-den. Der Börsengang der DB AG, der am 27. Oktober 2008 nach mehreren Verschiebungen stattfinden sollte, ist kurz vor der Abwicklung auf unbestimmte Zeit verschoben worden. Das ist ein riesiger Erfolg! Sind wir mit der Kampagne also am Ziel?

AktivistInnen protestierten gegen den Börsengang der Bahn am 19. März in Hamburg (oben) und am 29. Februar 2008 in Berlin

Foto: ROBIN WOOD

Page 21: Robin Wood Magazin 1/2009

Nr. 100/1.09

die DB juristisch gesehen in ein privatkapitalistisches Unterneh-

men umwandeln. Die öffentliche Hand könnte ihre politischen

Vorgaben nicht mehr ohne weiteres umsetzen, wenn andere

Teilhaber beteiligt sind.

Im Handelsblatt wurde gefragt, ob ein Börsengang überhaupt

noch politisch durchsetzbar sei: „Denn die politischen Kräfte,

die immer schon gegen die auch nur teilweise Privatisierung

des Konzerns waren, formierten sich nach der Absage rasch

wieder, um im zweiten Anlauf zu vereiteln, was ihnen im

Frühjahr nicht gelang.“ Mit diesen „politischen Kräften“ ist

Bahn für Alle gemeint. Und es wird deutlich, dass es auch

nach Etappensiegen notwendig bleibt, die Bahn vor einem

überraschenden Vorstoß der Privatisierer zu schützen. Die

Blankovollmachten der Bundesregierung und des Bundestages,

die Bahn zu verkaufen, müssen zurückgenommen werden,

damit endlich wieder die tatsächlichen Aufgaben einer Bahn

im Vordergrund stehen.

Kritik an der Bahn ist beliebt und die Liste der Mängel und

Probleme groß. Es handelt sich dabei aber nicht um Fehler

der ohnehin in der Zahl drastisch reduzierten Beschäftigten.

Vielmehr liegen die Fehler im System und in den Zielvorga-

ben des Managements. Mit dem Ziel des Börsengangs haben

Mehdorn und der Bahnvorstand auch kontinuierlich daran

gearbeitet, „Global Player“ und ein weltweit agierendes

Logistikunternehmen zu werden. Die DB AG hat einerseits seit

dem Umbau zur AG (1994) etwa 6.000 Kilometer Bahngleise

stillgelegt. Andererseits ist der Konzern heute weltweit einer

der größten Luft- und Seefrachttransporteure und die Nr. 1 im

europäischen Landverkehr. In über 150 Staaten hat der auch

durch Steuergelder finanzierte Konzern seine Arme ausge-

streckt. Mittlerweile werden fast zwei Drittel des Konzern-

gewinns durch bahnfremde Dienstleistungen erwirtschaftet

– Tendenz steigend.

Die Probleme der Bahn würden durch einen Börsengang nicht

abgebaut. Sie würden vielfach durch die Ausrichtung an einem

Börsengang erst geschaffen, da dieser auf Rendite statt auf

guten Service für die KundInnen setzt. Wenn ein Vorstand ein

Unternehmen aus öffentlichem Eigentum 75 Prozent unter

Wert verkaufen will und dafür sogar noch Bonuszahlungen in

Millionenhöhe kassieren möchte, wird klar, welche Interessen

tatsächlich die Entscheidungen steuern. Euro-Zeichen in den

Pupillen und Transaktionen in 152 Ländern – wer glaubt da,

die Erfordernisse eines ökologischen Verkehrssystems und

der KundInnen in einem dieser Länder würden als zentrale

Aufgabe gesehen?

Bahn für Alle besteht aus mittlerweile 17 Organisationen,

gestützt von unzähligen ehrenamtlich arbeitenden Aktiven.

Der Börsengang wird dabei aus verschiedener Sicht beleuchtet.

Während etwa Gewerkschaften auf Folgen für die Beschäf-

tigten bei der Bahn hinweisen oder Attac auf die Bedeutung

der größten (geplanten) Privatisierung in der Geschichte der

Bundesrepublik, steht für ROBIN WOOD eine ökologische Ver-

kehrswende im Fokus. Um den Anteil des umweltfreundlichen

Verkehrsmittels Bahn deutlich zu erhöhen, muss die Politik

21

verkehr

nicht nur dafür sorgen, dass die Bahn vollständig in öffent-

lichem Eigentum bleibt, um den Bahnkonzern zu steuern. Es

muss auch Steuergerechtigkeit hergestellt werden. Während

die Bahn Mehrwert-, Mineralöl- und Ökosteuer zahlt, ist der

grenzüberschreitende Flugverkehr von diesen Steuern voll-

kommen ausgenommen. Bei Inlandsflügen wird gerade mal

die Umsatzsteuer erhoben. Eine deutliche Besserstellung des

umweltschädlichsten Verkehrsmittels Flugzeug gegenüber

der Bahn ist die Folge. Das Ergebnis ist ein subventioniertes

Klimaschädigen mit (Billig-)Fliegern, während umweltbewusste

BahnkundInnen Ökosteuern zahlen – verkehrte Welt. Die

über 50 Jahre alte Pendlerpauschale ist die entsprechende

Subventionierung des Autoverkehrs mit all seinen Folgen.

Die drängenden und seit langem notwendigen Aufgaben zur

Ökologisierung des Verkehrs stehen noch aus. Es bleibt noch

viel zu tun!

Bahn für Alle möchte gemeinsam mit vielen TeilnehmerInnen

im Wahljahr die Diskussion über dieses zentrale Thema voran-

bringen. Am 13. Juni 2009 wird in Köln die Tagung „Zukunft

der Bahn“ veranstaltet. Dort sollen positive Konzepte für die

Bahn entwickelt werden.

Jürgen Mumme, Hamburg, ist im Vorstand von ROBIN

WOOD und in der Verkehrsgruppe aktiv. 2008 hat er als

Koordinator von Bahn für Alle gearbeitet.

Mehr Informationen unter http://www.robinwood.de/verkehr/

und unter www.bahn-fuer-alle.de

Foto: Bahn für Alle

Page 22: Robin Wood Magazin 1/2009

Nr. 100/1.0922

Bereits seit vier Jahren verbietet die

EU-Feinstaubrichtlinie die Über-

schreitung des Feinstaubgrenzwertes

von 50 Mikrogramm im Tagesmittel an

mehr als 35 Tagen pro Jahr. Zahlreiche

Städte verstoßen alljährlich dagegen,

können oder wollen keine wirksamen

Gegenmaßnahmen ergreifen.

Der Handlungsbedarf ist angesichts der

Zahlen der Weltgesundheitsorganisa-

tion weitgehend unbestritten: Ihre Un-

tersuchungen ergaben, dass Feinstäube

die durchschnittliche Lebenserwartung

in der Europäischen Union im Mittel

um 8,6 Monate verkürzen, in Deutsch-

land sind es sogar 10,2 Monate. Im

Jahr 2008 wurde der Feinstaubgrenz-

wert an 60 Messstellen in 35 Städten

und 12 Bundesländern überschritten.

Krefeld führte die Statistik mit 74

Tagen an, gefolgt von Stuttgart mit 69

und Essen mit 67 Überschreitungen.

Welchen Anteil der Verkehr an der

Feinstaubbelastung hat, ist dagegen

äußerst umstritten - es kursieren Zah-

len zwischen 5 und 50 %. Eine Hoch-

rechnung aufgrund der verkauften

Spritmengen und durchschnittlicher

Emissionswerte greift viel zu kurz.

Denn zum direkten Feinstaubausstoß

der Kraftfahrzeuge kommen noch

Bremsbelag-, Reifen- und Straßen-

abrieb, die Emissionen der gesamten

Produktionskette inklusive der Ener-

gieerzeugung, Kraftstoffgewinnung

und -aufarbeitung. Es werden also

Jahre vergehen, bis Einigkeit hergestellt

werden kann - sofern das überhaupt

möglich ist, da die Autoindustrie na-

türlich ein existenzielles Interesse daran

hat, ihren Anteil möglichst klein zu

rechnen. Schon deshalb hatten Klagen

mit dem Ziel von Verkehrsbeschrän-

kungen trotz klarer Verstöße gegen

die Feinstaubrichtlinie wenig Aussicht

auf Erfolg. Um ihnen die Grundlage zu

nehmen und dem wachsenden Unmut

in der Bevölkerung etwas entgegenzu-

setzen, versuchten einige Kommunen

dem Problem mit verstärkter Straßen-

reinigung und –befeuchtung beizu-

kommen. Offensichtlich ohne Erfolg:

Nachdem die erste Aufmerksamkeit

abgeebbt war, wurden diese „Maßnah-

men“ sang- und klanglos eingestellt.

Umweltzonen

Die ursprüngliche Strategie vieler

Betroffener und Umweltverbände, bei

Grenzwertüberschreitungen kurzfris-

tige Fahrverbote durchzusetzen, ist

gescheitert. Diese Maßnahmen sind

nicht nur bei fast allen AutofahrerInnen

äußerst unpopulär, sondern auch

praktisch kaum durchführbar, da die

Feinstaubkonzentrationen stark vom

Wetter abhängen und eine Voraus-

sage bzw. -planung kaum möglich ist.

Wesentlich aussichtsreicher erscheinen

da sogenannte Umweltzonen, die von

besonders schadstoffträchtigen Fahr-

zeugen generell nicht mehr befahren

werden dürfen. Mittlerweile gibt es

davon in Deutschland bereits 32.

Je nach Schadstoffausstoß werden

motorisierte Fahrzeuge in 4 Klassen

eingeteilt. Die Schlechteste bekommt

keine Plakette, die Besseren in aufstei-

gender Reihenfolge eine rote, gelbe

oder grüne Plakette. Bei der Einfüh-

rung sind die Umweltzonen meist frei

für Fahrzeuge mit allen Plaketten, im

Laufe der folgenden Jahre werden sie

dann nach und nach für rote und gelbe

Plaketten gesperrt. Zahlreiche, zum Teil

groteske Ausnahmeregelungen (z.B.

für Werkstattbesuche, LKWs, etc.) und

die Aussparung viel befahrener Straßen

sind Zugeständnisse mit denen sich die

Zustimmung der Autolobby, Industrie-

und Handwerksverbände üblicherweise

erkauft wird. Messbare Luftverbesse-

rungen sind daher in der Anfangsphase

nicht zu erwarten.

Aber wer die „freie Fahrt für freie

Bürger“ beschränken will, braucht ei-

nen langen Atem: Jahrelange Proteste

und Aktionen gegen Sommersmog

hatten nur eine Heraufsetzung der

Ozongrenzwerte zur Folge. Erst der

EU-Feinstaubgrenzwert, den wir in

den 90er Jahren als reine Verzöge-

Umweltzone und Feinstaubaktion

Die EU hat längst beschlossen, dass die Luft in unseren Städten besser werden muss. Doch viele Kommunen sind offensichtlich nicht bereit, wirksame Maßnahmen gegen den gefähr-liche Feinstaub zu ergreifen. Da die mediale Aufmerksamkeit dafür immer mehr schwindet, ist es an der Zeit, den Druck auf die Städte deutlich zu erhöhen!

verkehr

Page 23: Robin Wood Magazin 1/2009

Nr. 100/1.09

verkehr

23

rungstaktik geißelten, konnte das Tabu Fahr-

verbot knacken. Jetzt kommt es darauf an, die

Einführung möglichst vieler Umweltzonen zu

unterstützen und den Gegnern gute Argumente

entgegenzusetzen. Wie nicht anders zu erwar-

ten, verbreitete der ADAC zum Jahresende die

„Nachricht“, dass die bereits 2008 in Hannover

eingeführte Umweltzone keine Verringerung

der Feinstaubkonzentration bewirkt hätte. Unter

den derzeitigen Randbedingungen ist das richtig

und keineswegs überraschend.

Doch dank der erstaunlich hohen Akzeptanz der

Umweltzonen bei den AutofahrerInnen bewegt

sich jetzt etwas in Sachen Feinstaub. Angesichts

ihrer Absatzprobleme scheint die Autoindustrie

endlich gezwungen, spritsparende und schad-

stoffarme Autos anzubieten. Auch der Nutz-

fahrzeugabsatz dürfte von der Verbreitung der

Umweltzonen profitieren.

Im zweiten Schritt kommt es darauf an, sie zu

etablieren und auszuweiten. Klima- und Ge-

sundheitsschutz gehen Hand in Hand und las-

sen sich nur mit weniger motorisiertem Verkehr

erreichen. Da die Natur nicht zwischen Schad-

stoffen von Armen und Reichen unterschei-

det, müssen Ausnahmeregelungen abgebaut

und die Grenzwerte kontinuierlich verschärft

werden. Soziale Härten können stattdessen mit

speziellen ÖPNV- oder Car-Sharing-Angeboten

abgefangen werden. Eine gezielte Förderung

zum Umstieg auf schadstoffarme Monteurs-

fahrzeuge für kleine Handwerksbetriebe ist auf

Dauer besser und billiger für die Allgemein-

heit als die jetzigen Ausnahmeregelungen. Im

Transportgewerbe ist das nicht nötig, auch

wenn dessen Lobby lautstark jammert: Dort

werden die Fahrzeuge so intensiv genutzt, dass

sie ohnehin nach wenigen Jahren durch neue

ersetzt werden und dabei an die stufenweise

steigenden Anforderungen der Umweltzonen

angepasst werden können.

Diesen langwierigen Prozess zu begleiten und

zu steuern bedarf mehr als punktueller spekta-

kulärer Aktionen. Wir müssen Handlungsdruck

erzeugen, indem wir unser Anliegen tagtäglich

unübersehbar in die Öffentlichkeit bringen.

Dazu brauchen wir die Unterstützung anderer

Umweltverbände und interessierter und betrof-

fener Mitmenschen.

Werner Berendt, Bremen,

Kontakt: [email protected]

31.12.08: Stand der Feinstaubwerte, www.

env-it.de/luftdaten/pollutant.fwd?comp=PM1

Feinstaubaktion zum Mitmachen

Die Idee ist ganz einfach: Immer wenn ich mich als Fußgänger

oder Radfahrer durch den Straßenverkehr bewege, setze ich eine

Feinstaub-Schutzmaske auf und ziehe eine Warnweste mit dem Slo-

gan „Feinstaub kann tödlich sein“ über - im Stil der Warnhinweise

auf Zigarettenschachteln. Diese Aktionsutensilien sollten zentral be-

schafft, bedruckt und zum Selbstkostenpreis an Interessierte abge-

geben werden. Auch für die Staubmasken ist eine zentrale Beschaf-

fung sinnvoll, da die Billigen aus dem Baumarkt nahezu wirkungslos

sind und die professionellen, kleinen und leichten Einwegmasken

der Schutzklasse „FFP3“, die problemlos in jede Tasche passen, nicht

überall erhältlich oder sehr teuer sind. Sie verringern die Feinstaub-

belastung in der Atemluft der TrägerIn auf einem Bruchteil und lie-

fern damit einen guten Grund, sich auch längerfristig an der Aktion

zu beteiligen und etwas Aufwand und Unannehmlichkeiten auf sich

zu nehmen.

Richtig wirksam wird diese Aktion dann, wenn tagtäglich zahlreiche

Leute so maskiert im Straßenverkehr auftauchen und wenn wir in

Gruppen bei passenden Lokalterminen oder sonstigen öffentlich-

keitswirksamen Veranstaltungen auftauchen. Aber auch als Einzel-

ner habe ich jede Menge Blicke geerntet, wie ich bei den ersten

Pilotversuchen im letzten Spätsommer erfahren habe. Die beste

Aktionszeit ist natürlich das Sommerhalbjahr, daher möchte ich alle

Interessierten aufrufen, bereits jetzt Aktionen zu planen und sich bei

mir zurückzumelden.

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Bis zur Hölle und zurück

Die Relativitätstheorie soll Albert

Einstein ja auf dem Fahrrad ein-

gefallen sein. Fahrradkuriere hingegen

bewegen Masse mit wenig Energie

und jeder Menge Geschwindigkeit von

einem Ort zum anderen. Insbesondere

in größeren Städten ist das Fahrrad

nicht nur die ökologischste, sondern

auch meist die schnellste Möglichkeit,

etwas zuzustellen.

Schon morgens, um kurz nach sechs,

sitzt André auf dem Rad unterwegs

zum Bahnhofskiosk. Dort ist er unter

den ersten Kunden. Nur wenige Minu-

ten später liegen die frisch gedruckten

Zeitungen in einer Medienagentur auf

dem Tisch. Jeden Tag fährt André diese

Tour, auch Sonntags. Es ist ein Job, den

man schon lieben muss. Doch André

ist mit viel Herzblut dabei.

Seit mehr als 13 Jahren ist André als

Fahrradkurier in Leipzig unterwegs, an-

fangs als einzelner Fahrer, mittlerweile

hat er mehr als ein Dutzend anderer

Fahrradkuriere um sich geschart und

mit LE Qrier eine eigene Firma. Tag

und Nacht, bei Wind und Wetter

wird gefahren. Das Motto der Firma

lautet: „Wir fahren bis zur Hölle, und

zurück.“

Besondere Voraussetzungen, um

Fahrradkurier zu werden, gibt es an

und für sich nicht. Dennoch ist es ein

anspruchsvoller Beruf. Wer nur bei

Sonnenschein unterwegs sein möchte,

hat es schwer mitzuhalten. Den Kurie-

ren, die schon länger dabei sind, merkt

man an, dass es ihnen Spaß macht,

an ihre Grenzen zu gehen. Gerade

die Freiheit und auch ein bisschen die

Revolte gegen die Straßenverkehrsord-

nung machen den Job spannend.

Wenn André von seinen morgend-

lichen Fahrten zurück ist, begibt er

sich in die Kurierzentrale, um Aufträge

per Telefon entgegenzunehmen. Die

meisten KundInnen buchen zwar

Sie rasen mit großen Rucksäcken auf Rennrädern zwischen FußgängerInnen und Autos hindurch und in der Stadt hängen sie jeden ab. Sebastian Vollnhals hat sich bei den Fahr-radkurieren in Leipzig umgesehen.

André ist seit 13 Jahren Fahr-radkurier in Leipzig und hat die Firma Le Qrier gegründet

Fotos: Le Qrier

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Nr. 100/1.09

mittlerweile über das Internet, dennoch ist es gut, im Not-

fall auch immer einen Ansprechpartner zu haben. Vermittelt

werden die Aufträge mit modernster Technik. Jeder Kurier hat

ein iPhone dabei, die Aufträge werden in Sekunden per E-Mail

übermittelt, das Telefon zeigt an, wo es lang geht und was bei

Abholung und Auslieferung zu beachten ist. Der Rest funktio-

niert mit Muskelkraft.

Ist ein Auftrag beim Kurier angekommen, geht‘s los. Die

meisten Touren bewegen sich innerhalb des Stadtgebiets, oft

geht es um Strecken von ein oder zwei Kilometern. Doch auch

weitere Strecken, Fahrten ins Umland oder sogar bis nach

Dresden kommen vor.

Versendet wird eigentlich alles: Von Medikamenten, die

kranken KundInnen von der Apotheke direkt nach Hause

geschickt werden, über Akten und Druckvorlagen bis zum

kompletten Firmenessen in der Mittagspause. Auch unge-

wöhnliche Fahrten gibt es. „Einmal haben wir einem Brautpaar

den vergessenen Ehering zum Standesamt gebracht,“ erzählt

André. „Die Hochzeit konnte dann doch noch statt finden.“

Zur Zeit liefern Fahrradkuriere hauptsächlich kleinere Sen-

dungen mit geringem Gewicht aus. Dennoch sind auch

größere Lieferungen kein Problem. Wo die riesigen Umhänge-

taschen der FahrerInnen an ihre Grenzen stoßen, kommt das

Lastenrad zum Einsatz. Damit können 10 Getränkekisten trans-

portiert werden, erst ab einer Zuladung von mehr als 100 kg

müssten die Kuriere absagen - oder eben zweimal fahren.

25

verkehr

Allein im letzten halben Jahr haben die Fahrradkuriere aus

Leipzig mehr als 50.000 Kilometer zurückgelegt und dabei

gegenüber einem Transport per Auto über drei Tonnen CO2

eingespart. Mindestens, denn Autos können nicht einfach mal

eine Abkürzung durch Parks oder über Fußwege benutzen und

haben auch Dank kreativer Einbahnstraßenregelungen, Staus

und Parkplatzsuche immer einen längeren Weg. Doch nicht

nur im Spritverbrauch sind die Fahrräder den Autos weit über-

legen. Auch bei den Lärmemissionen, der einfachen Wartbar-

keit und dem Energieaufwand bei der Herstellung haben die

muskelbetriebenen Fahrzeuge die Nase vorn.

Das Fahrrad ist das Nahverkehrstransportmittel der Zukunft,

davon sind André und seine FahrerInnen fest überzeugt. Jede

fünfte Sendung wiegt weniger als fünf Kilogramm und könnte

ohne Auto transportiert werden, momentan passiert das aber

nicht einmal bei jeder fünfzigsten Sendung. Doch schon heute

legen Fahrradkuriere in Deutschland mehr als 17 Millionen

Kilometer im Jahr zurück und sparen damit eine Menge Treib-

stoff, Abgas und Lärm. „Das Rad“, meint Markus Schmädt,

einer der dienstälteren Fahrer in Andrés Rennstall, „gab es

schon vor dem Auto. Und es wird auch noch da sein, wenn

dieses Fossil längst ausgestorben ist.“

http://www.fahrradkuriere.de/

Sebastian Vollnhals arbeitet als Creativity Engineer in

Leipzig und ist Vorstandsmitglied bei ROBIN WOOD

Kontakt: [email protected]

Die Fahrradkuriere von LE Qrier in Leipzig

grü

ne b

eru

fe

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verkehr

Nr. 100/1.0926

Folgt man den Debatten um das Auto der Zukunft, dann sind deutsche Fahrzeugherstel-ler auf dem besten Weg, einen klimafreundlichen Pkw zu produzieren. An der Diskussion fällt auf, dass es lediglich um neue Antriebe geht. Pfiffige Verkehrskonzepte und eine bürgernahe Stadtplanung drohen einmal mehr unter den Tisch zu fallen.

Hoch im Kurs steht das Elektroauto.

Mit dem Antrieb ohne Auspuff

versuchen die etablierten Autobauer

alle Funktionen des klassischen Sprit-

schluckers zu bedienen. So erreichen

die neuen „absolut emissionsfreien“

Fahrzeuge (Werbung BMW) Reich-

weiten von bis zu 250 Kilometern,

Geschwindigkeiten über 150 km/h und

die bewegte Karosse wiegt deutlich

über einer Tonne. Doch der Auspuff

der neuen Elektroautos ist der Schlot

alter Braunkohlekraftwerke.

Dank effizienter Technik sinkt der

Stromverbrauch in Industrie und Haus-

halten. Setzt sich diese Entwicklung

und der Ausbau erneuerbarer Energien

fort, könnten zügig AKW und alte

Braunkohlekraftwerke abgeschaltet

werden.

Die Energiekonzerne forcieren jedoch

eine gegenläufige Entwicklung. Ob-

wohl in der BRD deutlich mehr Strom

erzeugt als verbraucht wird, planen sie

immer neue Kohlekraftwerke. Die Stra-

tegie von RWE und Co: Wenn das An-

gebot erst einmal da ist, wird sich die

Nachfrage schon einstellen. Ein Weg

dazu sind Elektroautos. Umstrittene

Kraftwerke wie Moorburg würden

schlicht nicht gebraucht, schafften die

Stromkonzerne nicht neue Absatz-

märkte für ihren dreckigen Strom.

So ist Vattenfall in Berlin beispiels-

weise in ein Projekt eingestiegen, bei

dem 50 Minis mit Strom angetrieben

werden. 17 KW/h Strom verbrauchen

die Zweisitzer nach Herstellerangaben

auf 100 Kilometern. Wird für neue

E-Autos Moorburg-Strom produziert,

emittieren die Elektro-Zweisitzer 105

Gramm CO2 pro Kilometer. Diesen

Wert erreicht jedoch auch locker ein

sparsamer Verbrennungsmotor.

Ein zu Recht angekratztes Image

haben inzwischen so genannte Bio-

kraftstoffe. Bio ist an ihnen nichts!

Biologische Landwirtschaft verzichtet

auf chemische Gifte, gentechnische

Manipulationen und Kunstdünger -

ganz anders der Kraftstoff vom Acker.

12 Millionen Hektar Ackerfläche gibt

es in Deutschland. Die Fläche reicht

kaum aus, Gemüse, Getreide und

Futtermittel für den eigenen Bedarf

bereit zu stellen. Fünf Prozent des

ganz normalen Kraftstoffes werden

durch EU-Vorgaben bereits heute

durch pflanzliche Kraftstoffe ersetzt.

Um nur 16 Prozent des Rohölimportes

von 113 Mio. Tonnen durch Sprit vom

eigenen Feld zu gewinnen, müsste

die komplette deutsche Ackerfläche

ausschließlich mit Raps in industrieller

Landwirtschaft bestellt werden.

Aus dieser Rechnung geht hervor, dass

der Ackerdiesel anderswo herkommt:

Aus gerodeten Waldflächen, die mit

Monokulturen von Ölpalmen auf-

geforstet wurden. Häufig verfeuert

Biosprit damit wertvolle tropische

Wälder, die einmal CO2 aufgenommen

und abgepuffert haben.

Trotz Abwrackprämie und noch

schlechteren Beispielen in den USA:

Ein umweltfreundliches Auto wird es

nicht geben. Nicht mit Strom, nicht mit

Biosprit und auch nicht mit Wasser-

stoff. Gefragt sind vielmehr Konzepte,

die ein Leben mit wenig Auto ermögli-

chen. City-Maut, kostenloser Nah-

verkehr, eine Stadt der kurzen Wege

und Anreize für alle, die ohne Auto

leben wollen. Wo der Pkw zum Einsatz

kommt, sind leichte Autos, geteilte

Autos und intelligente Autos gefragt.

Neue Antriebe für sonst unveränderte

Spritschlucker sind die falsche Lösung.

Philipp Horstmann lebt als Umwelt-journalist in Dannenberg

Kontakt: 05861/[email protected]

Mit Atomstrom auf vier Rädern

Ökostrom gibt es viel zu wenig - in Wahrheit fahren Elektroautos mit dem Strom aus Atom- und alten KohlekraftwerkenFoto: argus/Raupach

Page 27: Robin Wood Magazin 1/2009

Nr. 100/1.09

verkehr

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Weltweit kommen immer mehr Anforde-

rungen auf die Landwirtschaft zu. Sie soll

den größer werdenden Fleischkonsum be-

friedigen, die wachsende Weltbevölkerung

ernähren und nachwachsende Rohstoffe

zur Verfügung stellen. Zugleich führen

der Klimawandel und eine industrialisierte

Landwirtschaft dazu, dass in vielen Regi-

onen fruchtbare Böden verloren gehen.

Die Zeit der landwirtschaftlichen Überpro-

duktionen ist vorbei. Flächen zur Produktion

von Lebensmitteln konkurrieren längst mit

Flächen zur Produktion von pflanzlichen

Treibstoffen. Öl und Brot lassen sich so

vergleichen.

Ein Hektar entspricht der Größe eines

Sportplatzes von 100 x 100 Metern. Darauf

werden in konventioneller Landwirtschaft

etwa sieben Tonnen Weizen gewonnen,

aus denen ca. 10.000 Brote zu je 1 kg

gebacken werden können. Baut man statt

Nahrungsmitteln Agrar-Diesel an, so lassen

sich auf einem Hektar 1300 Liter Rapsöl

gewinnen. Für ein Liter Treibstoff wird so

viel Acker wie für acht Brote gebraucht.

Zugespitzt ausgedrückt, hat man die Wahl,

Wie viel Brote braucht ein Auto?einmal den Tank mit 45 Litern zu füllen

oder 346 Brote zu backen.

Ein Drittel der Fläche Deutschlands besteht

aus Ackerfläche. Rechnerisch stehen damit

jedem der 82 Mio. Einwohner 1400 m2

Ackerland zur Verfügung. Würde diese

Fläche nur mit Raps bestellt, ließe sich mit

dem Öl ein Autotank viermal füllen (182

Liter). Platz zum Anbau von Lebensmitteln

gäbe es nicht mehr.

Die Rechenbeispiele zeigen, dass das Pro-

blem vorrangig nicht darin besteht, was

getankt oder geladen wird, sondern wie

viel ein Pkw verbraucht.

Dass sich Autos mit geringem Verbrauch

herstellen lassen, hat Greenpeace bereits

in den 90er Jahren bewiesen. Mit ge-

ringem Entwicklungsaufwand ließ die

Umweltorganisation einen Renault-Twingo

so umbauen, dass sein Verbrauch auf drei

Liter/100 km reduziert wurde. Aufge-

griffen wurde diese Entwicklung freilich

nicht, die europäischen Autobauer haben

lieber Geländewagen für den Stadtverkehr

konstruiert.

Schrott mit PrämieMit der Verschrottungsprämie will die

Bundesregierung Anreize zum Kauf eines

Neuwagens schaffen. Besitzer eines min-

destens neun Jahre alten Autos bekommen

beim Kauf eines Neuwagens vom Staat

2500 € geschenkt.

Man mag sich fragen, warum ausgerech-

net Menschen, die sich einen Neuwagen

leisten können, mit knappen Steuergeldern

beschenkt werden. Der Umwelt nutzt die

Abwrackprämie jedenfalls nicht. Bis zu

20 Prozent aller Emissionen im Lebens-

zyklus eines Pkw entstehen bei dessen

Herstellung. Nennenswerte Fortschritte zur

Senkung des Benzinverbrauchs hat die

Autoindustrie in den letzten neun Jahren

nicht gemacht. Ein gebrauchter Diesel mit

nachgerüstetem Russfilter oder ein auf

Erdgas umgerüsteter Benziner ist weniger

umweltschädlich, als die Neuwagenvari-

ante mit Klimaanlage.

Geradezu absurd wird der allen Ernstes

Umweltprämie genannte Zuschuss aber,

wenn keine Rolle spielen soll, wie viel CO2

der Neuwagen ausstößt. Wer seinen Klein-

wagen verschrottet und einen neuen Jeep

mit einem Verbrauch von 15 Litern kauft,

erhält die „Umweltprämie“.

Foto: ecim/Pixelio

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tropenwald

Nr. 100/1.0928

Eine der ölhaltigen Nutzpflanzen, die von Wissenschaftlern und Unternehmen als „Wunder-pflanze“ auf dem grünen Energiemarkt beworben wird, ist die Nuss Jatropha curcas. Ursprüng-lich aus Lateinamerika stammend, wird Jatropha bisher in vielen Ländern des Südens als Hecken-strauch genutzt, der vor Winderosion und wilden Tieren schützt. Die Samen der Pflanzen sind für Menschen und Tiere giftig, aber sie besitzen einen Ölgehalt von bis zu 30 Prozent und gelten da-her als bedeutende Rohstoffquelle: als „grünes Gold“ der OPEC oder in Europa als „Bio“-Diesel.

Der Mineralölkonzern BP bewirbt Jatropha als „fördernd für

Biodiesel“ und plant für Dezember die Einfuhr der ersten

1.000 Tonnen des Pflanzenöls nach Europa: Daimler sowie Air

New Zealand fahren die ersten Jatropha betriebenen Test-Fahr-

zeuge und die Universität Hohenheim sowie die GTZ erforschen

neue, ertragreichere Jatropha-Sorten in Indien, Mali und Mexiko.

Indien stellt offiziell 12 Mio. Hektar seiner Landesfläche für den

Anbau von Jatropha und indischer Buche zur Verfügung. Auf den

Philippinen, in Äthiopien und Tansania wurden riesige Plantagen

angelegt, obwohl Untersuchungen zu den Auswirkungen eines

großflächigen Anbaus bisher fehlen. Bei so viel Euphorie war es

nicht verwunderlich, dass im Oktober 2008 in Hamburg eine „Ja-

tropha World“- Konferenz stattfand, auf der sich Unternehmen,

Wissenschaft und Politik aus aller Welt versammelten, um über

die Möglichkeiten der „Wunderpflanze“ zu beraten.

Für Klaus Becker, Professor an der Universität Hohenheim

und Berater für Biodieselanlagen, sind es im Wesentlichen

zwei Punkte, die Jatropha zur „Wundernuss“ machen:

Zum einen stellt die Pflanze keine hohen Ansprüche an die

Fruchtbarkeit der Böden. Zum zweiten sind die Samen für

Mensch und Tier giftig, womit das Öl ausschließlich zur En-

ergienutzung eingesetzt werden kann. So würde eine Kon-

kurrenz zum Flächenanbau für Lebensmittel ausgeschlossen

– die Hauptkritik vieler NGOs und Verbraucherverbände am

Anbau von Energiepflanzen.

Bisher wurde Jatropha curcas nur als Heckenpflanze auf

anspruchslosen Böden gepflanzt, ihr großflächiger Anbau

für den Weltmarkt lohnt sich jedoch nur unter starkem

Einsatz von Wasser, Düngemitteln und Pestiziden. Zusätzlich

sind enorme Landflächen nötig, damit die Samen einen

ausreichenden Ertrag für „Bio“-Diesel erbringen. Allein in

Indien müssten nach Berichten der GTZ und des World-

watch Institute 38 Mio. Hektar mit ertragsreichen Plantagen

von Jatropha curcas bebaut werden, um einen Bedarf von

Jatropha – kein Wunder!

Jatropha-Projekt an Kenias Küste: Der ganze Stolz des Projektleiters ist die Baumschule mit jungen Jatropha-Pflanzen

Reife Jatropha-Frucht - das Öl wird aus den schwarzen Kernen gepresst

Wenn die Früchte gelb sind, können sie geerntet werden

Page 29: Robin Wood Magazin 1/2009

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tropenwald

20 Prozent Biodiesel-Beimischung in

2020 für Indien zu decken. Die benöti-

gte Landfläche überschreitet jedoch die

nutzbaren Anbauflächen Indiens, was zu

Folge hat, dass die Pflanze doch in klarer

Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion

stehen wird.

Da auch die Anbauländer um Landfläche

für den Anbau von Lebensmittel fürch-

ten, damit der steigende Agrardiesel-

Markt gedeckt werden kann, wird nach

möglichen „Ersatzflächen“ gesucht.

Dieses ist devastiertes, ungenutztes

Land oder „Ödland“, das nach Angabe

von einzelnen Wissenschaftlern und

Regierungen weltweit ausreichend zur

Verfügung stehen würde.

Land, das hier als ungenutzt deklariert

wird, ist für die lokale Bevölkerung oft

ihre einzige Lebensgrundlage, auf der sie

Subsistenzwirtschaft betreiben. Millionen

Landlosen und ziehende Hirtengemein-

schaften droht durch den großflächigen

Anbau von Agroenergiepflanzen der

Verlust ihrer Landflächen. Beispielsweise

ermöglicht das Gemeinrecht „Pancha-

yats“ Kleinbauern und Familien in Indien

seit Jahrhunderten das Land für den

Eigenanbau mit traditionellen Methoden

zu bewirtschaften. Da das Land selbst

nicht als Eigentum der Bauern bei den

Nr. 100/1.09

lokalen Behörden verzeichnet ist, er-

scheint es offiziell als ungenutztes Land.

Indien selbst stellt über 60 Mio. Hektar

seiner Landesfläche als „wasteland“ dar,

und auch in Afrika sollen drei Prozent

des gesamten Kontinents als ungenutzt

gelten. Neben den nicht verbrieften

Landnutzungsrechten können auch

andere Flächen zu dieser Kategorie ge-

rechnet werden: ungenutzte Weideflä-

chen, bereits abgeholzte und noch nicht

bepflanzte Regenwälder, oder die noch

verbliebenen Naturflächen - einschließ-

lich der Tropenwälder und Savannen.

Nichtregierungsorganisationen (NGO)

in Asien, Afrika und Südamerika

fürchten die Zerstörung der letzten

Naturflächen durch die weltweite Nach-

frage nach Biodiesel, sowie die Auswei-

tung von großflächigem Plantagenanbau

in ihren Ländern unter Einsatz von Dün-

gemitteln und gentechnisch veränderten

Pflanzen. Sie sehen die Ernährungs-

sicherheit, die Biodiversität, wertvolle

Ökosysteme (z.B. Savannen, Regenwäl-

der), Landrechte und kleinstrukturierte

Landwirtschaft sowie Gemeinrechte zur

Landnutzung in Gefahr.

Auch die EU gilt mit der Einführung

von Anreizen wie verbindlichen Beimi-

schungszielen, staatlich finanzierten

Beihilfen und Steuererleichterungen

als Mitverursacher des internationalen

Agrokraftstoff-Booms. Mehr als 200

NGO fordern daher ein Moratorium für

Fördermaßnahmen von Agroenergie

und Agrokraftstoffen in Europa. Damit

unterstützen sie die wachsende Zahl von

Aufrufen aus dem Süden, die vor den

wachsenden Agrokraftstoff-Monokul-

turen warnen. „Die Auswirkungen der

massiven, schnell wachsenden Investi-

tionen in Agrokraftstoffexpansion sind

irreversibel und nicht wieder gut zu

machen“, erklären sie.

Auch die aktuell entwickelten Nachhal-

tigkeitskriterien für Biodiesel betrachten

die NGO als Greenwashing. Und den

Schutz der Regenwälder als riesiges

Reservoir zur Aufnahme von Kohlen-

dioxid sehen sie durch Zertifikate nicht

garantiert, sondern vielmehr weiter

gefährdet. „Der Schaden, den diese Sys-

teme und Strategien verhindern sollen,

wird schon angerichtet sein, wenn sie in

Kraft treten“.

Heike Lipper ist in der Tropenwald-Fachgruppe von ROBIN WOOD aktiv

und untersucht seit Ende Dezember 2008 in Indien den

Anbau von [email protected]

www.robinwood.de/tropenwald

Bauer mit seinerJatropha Ernte

Fotos: Peter Gerhardt/ROBIN WOOD

Jatropha als Heckenpflanze

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Nr. 100/1.09

verkehr

30

Autobahn wird zur Fahrradstraße

Die Tour de Natur kritisiert den ge-

planten Bau der A44 als Symbol für

eine verfehlte Verkehrspolitik in Deutsch-

land. Wider besseren Wissens wird eine

Abkürzungsautobahn für den europä-

ischen Lkw-Verkehr projektiert, die den

Menschen und der Natur nur Lärm und

Abgase bringt. Axel Friedrich (Verkehrs-

experte und Schirmherr der Tour de

Natur 2008): „Der Kampf gegen den

Klimawandel verträgt sich nicht mit dem

Bau immer neuer Straßen. Eine weitere

Bedrohung ist der Verlust an biologischer

Vielfalt. Täglich verschwinden auf un-

serer Erde unwiederbringlich Arten, oft

verursacht durch den Verkehrswegebau.

Auch in Deutschland engt der Bau von

Straßen den Lebensraum von wildleben-

den Tieren immer weiter ein.“

Bis die Autobahn am 2. August für kurze

Zeit den RadlerInnen gehörte, musste

juristisch hart gekämpft werden. Erst am

Vortag war klar, dass das Demonstrati-

onsverbot der Genehmigungsbehörde

(Regierungspräsidium Gießen) vom Hes-

sischen Verwaltungsgerichtshof aufge-

hoben wurde. Vorausgegangen war ein

umfangreicher juristischer Schriftverkehr

zwischen der Genehmigungsbehörde,

den Gerichten und dem Anwalt der

Verkehrsinitiative. Es wurden zunächst

Verkehrssicherheitsgründe und dann das

Ferienende in Hessen als Verbotsgründe

angeführt. Beides Argumente, deren

schwache Basis für ein vier Kilometer

langes, isoliertes Autobahnteilstück mit

parallel befahrbarer Bundesstraße auch

dem Verwaltungsgerichtshof letztlich

nicht verborgen geblieben ist. Momen-

tan sind die vier Kilometer Autobahn le-

diglich eine luxuriöse Ortsumfahrung. In

nur einem der übrigen neun Abschnitte

der 64 km langen Trasse liegt bislang

Baurecht vor.

Die Fahrt auf der Autobahn wurde zum

– auch von den Medien beachteten – Er-

lebnis. Schon die Autobahnauffahrt war

mit vielen Transparenten verschönert. In

den beiden Tunnels wurde ausgiebig mit

Gesang und Fahrradklingeln die Akustik

getestet. Mit diesem Nachhall in den Oh-

ren verließen die RadlerInnen begeistert

die Autobahn.

Fazit: Das Urteil hat richtungsweisende

Züge. Nicht nur bei der jährlichen Fahr-

radsternfahrt in Berlin ist die Autobahn-

nutzung möglich. Mit entsprechender

Vorbereitung können Demonstrationen

direkt auf den Monumenten einer ver-

fehlten Verkehrspolitik stattfinden. Und

außerdem: Direkte Aktionen machen

Spaß! Unsere Aktion ist auch als Ermu-

tigung für viele spontane und bunte

Aktivitäten 2009 zu werten!

Klaus Schotte, langjähriges Mitglied

der ROBIN WOOD-Regionalgruppe

Kassel, beantwortet gerne Fragen

zum Urteil, [email protected]

Eine besondere Aktion fand im Rahmen der Tour de Natur 2008 bei Hess. Lichtenau statt. Das bislang einzige befahrbare A44-Teilstück bei Walburg wurde für den Auto-verkehr komplett gesperrt. Dieser Sieg für das Demonstrationsrecht musste aller-dings gerichtlich hart erkämpft werden.

2002 erregte eine Klage des BUND

Hessen gegen ein Teilstück der A44

bundesweit Aufsehen. Das Bundes-

verwaltungsgericht verhängte einen

Baustopp aufgrund ungenügend

beachteter europäischer Naturschutz-

richtlinien. Erst im März 2008 erteilte

das Gericht dem Land Hessen unter

Auflagen die Baugenehmigung. Den-

noch wurden bundesweit bedeutsame

Erfolge für den Naturschutz erreicht.

Der BUND Hessen klagt stellvertretend

für die Aktionsgemeinschaft Verkehr

Nordhessen (AVN). In der AVN sind

ca. 25 Organisationen zusammen-

geschlossen, u.a. der BUND und die

ROBIN WOOD Regionalgruppe Kassel.

Die AVN propagiert weiter Alterna-

tiven zum Autobahnbau: Beibehal-

tung des Lkw-Durchfahrverbotes,

Reaktivierung der Schienenstrecke

Hess. Lichtenau - Eschwege und ggf.

der Bau von angepassten Ortsumfah-

rungen entlang der Bundesstraßen.

Die Tour de Natur ist eine Fahrraddemonstration für eine nachhaltige Verkehrspolitik und natürliche Lebensweise. Sie fand 2008 bereits zum 18. Mal statt

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energie

SaunaGerade an kalten Winterabenden wünscht man es sich

manchmal so richtig schön warm. Da darf es sogar mal heiß

werden – eine Sauna ist genau das Richtige. Am Besten ist es

da, wenn die Sauna gleich im Haus und ohne lange Wege und

umständliche Vorbereitungen zu erreichen ist. Angebote für

diese Anlagen gibt es in großem Umfang und vieles wirkt auf

den ersten Blick auch gar nicht teuer.

Dabei gehören Saunas zu den ganz großen Stromfressern. Als

Faustregel gilt, dass pro Kubikmeter Saunainnenraum eine

Leistung von 1 kW installiert werden muss. Selbst bei einer

sehr kleinen Sauna sind da schnell 8 bis 10 kW beisammen.

Pro Saunagang muss einschließlich dem unvermeidbaren Vor-

heizen mit rund 20 kWh Stromverbrauch gerechnet werden.

Wird die Sauna wöchentlich einmal genutzt, so kommen im

Jahr schnell 1000 kWh und mehr zusammen. Dadurch kann

sich die Stromrechnung für einen sparsamen Zweipersonen-

Haushalt schnell verdoppeln.

Entscheidend für den Energieverbrauch einer Sauna ist ihre

bauliche Ausführung. Gut gedämmte Saunen verbrauchen

deutlich weniger als schlecht gedämmte. Fragen Sie Ihren

Verkäufer! Aber auch das Nutzerverhalten spielt natürlich eine

Rolle. So sollten Sie die Sauna nicht unnötig früh anheizen und

nach der Benutzung gleich wieder abschalten.

Vielleicht ist es aber auch schön, auf die eigene Sauna zu

verzichten und sich mit Gleichgesinnten in einer öffentlichen

Sauna zu treffen.

Kaffee- und Espressomaschinen

Studien der Schweizer Agentur für Energieeffizienz zeigen,

dass Kaffee- und Espressomaschinen ähnlich hohe Energie-

verbräuche haben wie Kühlschränke oder Waschmaschinen,

nämlich 100 bis 400 kWh/Jahr. Davon werden rund 80 Pro-

zent für die Bereitschaft des Geräts also zum Betreiben der

Warmhalteplatte oder zum Vorwärmen der Tassen verwendet.

Insbesondere durch den umsichtigen Einsatz der Warmhal-

tefunktion der Geräte lässt sich daher der Energieverbrauch

deutlich eindämmen. Der altbekannte Tipp gilt daher immer

noch: Schalten sie die Warmhalteplatte so früh wie möglich

aus. Füllen Sie stattdessen den Kaffee in Thermoskannen um

oder verwenden sie Kaffeemaschinen mit Thermoskannen.

Nebenbei bleibt der Kaffee so auch schmackhafter.

Generell sollten Kaffeemaschinen abgeschaltet sein, wenn

sie nicht benutzt werden. Das ist im Haushalt häufig auch

der Fall. In Büros bleiben viele Maschinen aber sogar über

Nacht in Betrieb. Auch aus Brandschutzgründen ist das be-

denklich. Hier sollten Sie sich eine Zeitschaltuhr anschaffen.

Die schaltet nach Dienstschluss und am Wochenende die

Kaffeemaschine automatisch ab. Bei Espressomaschinen ist

diese Vorgehensweise allerdings nicht möglich, da nach dem

Ausschalten meistens noch automatische Reinigungsfunk-

tionen von der Maschine ausgeführt werden. Diese Reini-

gungsfunktion muss abgewartet werden, bevor das Gerät

ganz vom Netz getrennt werden kann. Viele Geräte werden

aber mit einer einstellbaren Abschaltautomatik angeboten.

Benutzen Sie diese Abschaltfunktion und stellen Sie sie auf

eine möglichst kurze Zeit ein.

Verschiedene Kaffee- und Espressomaschinen benötigen aber

auch für die Zubereitung des Kaffees selbst unterschiedlich

viel Strom. Eine Aufstellung besonders effizienter Geräte

finden Sie auf der Internet-Seite des Schweizerischen Projekts

„www.topten.ch“.

Werner Brinker, Darmstadt

31

Fotos: PIXELIO

Page 32: Robin Wood Magazin 1/2009

energie

Nr. 100/1.0932

Die Geschichte des EPR (European

Pressurized Water Reactor) reicht

schon etwas länger zurück – Mitte

der 90er Jahre gab es beispielsweise

bereits konkrete Standortvorschläge

in Bayern bei Marienberg oder Viereth

am Main [1]. Mit den zunehmenden

Protesten gegen CASTOR-Transporte

und dem Skandal um verstrahlte

CASTOR-Behälter 1998 verschwanden

diese Pläne in der Schublade. Edmund

Stoiber kündigte im Juni 1998 an, in

Bayern würden keine weiteren Atom-

kraftwerke geplant. Der EPR existierte

also lange Zeit nur auf dem Papier

– das Kooperationsprojekt der deut-

schen Firma Siemens und der franzö-

sischen Framatome fand weltweit keine

Abnehmer.

Dies änderte sich 2003. In Finnland

wurde der Bau eines EPR-Reaktors mit

1600 Megawatt auf der Insel Olki-

luoto beschlossen, Betreiber ist die

Firma Teollisuuden Voima Oyj (TVO) [2].

Ursprünglich sollte der Reaktor Olkilu-

oto 3 im Jahr 2009 in Betrieb gehen.

Dieser Zeitplan ist längst aufgegeben,

die Baufirma Avera gibt inzwischen

2012 als mögliches Startdatum an [3].

Auch die Kosten, die ursprünglich auf

maximal 2,5 Milliarden Euro festgesetzt

waren, steigen: Inzwischen geht der

Betreiber von über fünf Milliarden Euro

aus. Und obwohl der AKW-Lieferant

Areva den Bau zum Festpreis über 3,2

Mrd. Euro anbot, hat die Firma nun das

Schiedsgericht der Internationalen Han-

delskammer angerufen, um einen Teil

der Mehrkosten auf den Betreiber TVO

abzuwälzen: Laut finnischen Medien

unter anderem mit der Begründung,

dass die finnische Strahlenschutzbe-

hörde übertriebene Sicherheitsauflagen

erlassen habe [4]. Im französischen

Flamanville, wo ein EPR gebaut wird,

gibt es ebenfalls Zeit- und Sicherheits-

probleme – die französische Atomauf-

sicht stoppte vor kurzem die Bauarbei-

ten aufgrund von Sicherheitsbedenken

bei der Konstruktion des Betonfunda-

ments.

Möglicherweise ereilt den EPR ein

ähnliches Schicksal wie schon so viele

Projekte der Atomindustrie für den

»Atomreaktor der Zukunft«. Erinnert

sei an den Schnellen Brüter in Kalkar

Die Nachricht machte 2003 Schlagzeilen: Nach langer Zeit ist wieder der Bau eines neuen Atomkraftwerks in einem westlichen Industrieland geplant. Ein Reaktor neuen Typs, der europäische Druckwasserreaktor EPR, soll auf der kleinen Insel Olkiluoto entstehen.

Die Uranminen sollen vor allem auf dem Gebiet der Saami in Lappland entstehen

Atomkraft in Finnland

AKW Loviisa im Süden Finnlands

Page 33: Robin Wood Magazin 1/2009

Nr. 100/1.09

oder den Thorium-Hochtemperatur-Reaktor (THTR) in Hamm-

Uentrop – sie endeten als überteuerte Bauruinen, weil die

technischen Probleme eine Fertigstellung verhinderten.

Ebenfalls in Olkiluoto soll ein Endlager für hochradioaktiven

Atommüll entstehen. An beiden finnischen AKW-Standorten

(Olkiluoto und Loviisa) existieren bereits Lager für schwach-

und mittelradioaktiven Abfall. Trotz der Probleme am Standort

Olkiluoto wird in Finnland über den Bau von weiteren AKWs

diskutiert – ein vierter Block in Olkiluoto, ein dritter in Loviisa,

eventuell ein weiterer, für den die Standorte Ruotsinpyhtää,

Simo und Pyhäjoki im Gespräch sind. Den möchte die Firma

Fennovoima mit E.ON als größtem Anteilseigner bauen. Hierfür

soll ein Reaktor vom Typ AES-91 der russischen Firma Atomen-

ergoprojekt zum Einsatz kommen.

In Finnland befinden sich alle Atomkraftwerke direkt am Meer

und entnehmen hier ihr Kühlwasser. Schon heute ist die Ostsee

das am stärksten mit Radioaktivität belastete Meer der Welt

[5], in erster Linie verursacht durch die Kraftwerke in Schweden

und Finnland.

Neben dem weiterhin erklärten Willen der finnischen

Politik und der Energiekonzerne neue Atomkraftwerke zu

bauen, sind seit 2005 mehrere Projekte für neue Uranminen

in Finnland (und auch im Nachbarland Schweden) bekannt

geworden. Uranabbau gilt als der gefährlichste und schmut-

zigste Teil der Produktion von Atomstrom – so werden in vielen

europäischen Ländern zwar Atomkraftwerke betrieben, die

Folgen des Uranabbaus haben jedoch andere zu tragen. In

Deutschland existierte eine Uranmine in der ehemaligen DDR

am Standort Wismut – die Strahlenbelastung ist bis heute so

groß, dass eine Ausnahmeregelung für die Wismut-Region von

der deutschen Strahlenschutzverordnung existiert [6].

33

energie

Die meisten Uranminen befinden sich auf dem Gebiet indi-

gener Völker, etwa in Australien, in Kanada oder den USA.

Größere Bekanntheit erlangte die Auseinandersetzung um

die Mine Jabiluka im australischen Kakadu-Nationalpark. Die

Abbauarbeiten wurden 2002 nach jahrelangen Protesten

gestoppt. Ähnlich ist die Situation in Finnland – während viele

der geplanten Uranminen inzwischen wieder aufgegeben

wurden [7], befinden sich die übrigen Standorte meist im dünn

besiedelten Lappland auf dem Gebiet der Saami.

Im Sommer 2008 fand am Standort Olkiluoto ein internatio-

nales Camp von AtomkraftgegnerInnen statt. Im Oktober traf

man sich nahe Loviisa zum Nuclear weekEND. Am 19. Oktober

gab es eine kleine Demonstration zum Kraftwerk. Vor allem

aber dienten die Veranstaltungen mit Beteiligung aus Deutsch-

land, Israel, Russland, Schottland, England, Dänemark, Schwe-

den und Frankreich dazu, internationale Kontakte zu knüpfen

und den Widerstand zu stärken. Im Projekt Nuclear Heritage [8]

wird versucht, den internationalen Widerstand besser zu

vernetzen. Die AtomkraftgegnerInnen aus den verschiedenen

Ländern arbeiten an einem Wiki zum Thema mit.

[1] www.biu-hannover.de/atom/unsicher/teil3.htm

[2] http://de.wikipedia.org/wiki/Kernkraftwerk_Olkiluoto

[3] www.tvo.fi/www/page/2959

[4] www.tvo.fi/www/page/2975/ und www.taz.de/1/zukunft/wirtschaft/artikel/1/

akw-aufpreis-umstritten

[5] www.anti-atom-aktuell.de/archiv/186/186ostsee.html

[6] www.gfstrahlenschutz.de/docs/wismut.pdf

[7] www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,481431,00.html

[8] www.nuclear-heritage.net

Hanno Böck und Falk Beyer

Kontakt:[email protected]

Protest gegen die finnische Atompolitik im Oktober 2008

Fotos: Hanno Böck

Page 34: Robin Wood Magazin 1/2009

Nr. 100/1.0934

Radioaktive Gefahr durch ASSE II

Papierflut am Nikolaustag

Hamburg, 06.12.08: Mitten im vorweihnachtlichen Einkaufs-

gedränge am Möncke-Brunnen in der Hamburger Innenstadt:

Ein ansehnlicher Berg Papier versperrt den Weg und zwingt

den nicht abreißenden Strom an kauffiebrigen Hamburge-

rInnen in eine Ausweichkurve. Und mittendrin im Haufen aus

kurzlebigen Werbeprospekten kämpft ein Mann einsam gegen

die Papierfluten. Immer wieder verschwindet er unter den

Papiermassen. Doch er gibt nicht auf, taucht wieder auf und

versucht den auf ihn einstürzenden Werbepapieren zu trotzen.

Wohl an die vier Zentner Papier häuften sich dort in der

Fußgängerzone. Alles Werbeprospekte, die die Umwelt-

schützerInnen von ROBIN WOOD, der BUNDjugend und von

KonsuMensch in den vorangegangenen Monaten zuhause

aus ihren Briefkästen, Treppenhäusern und als Beilagen aus

ihren Zeitungen gesammelt hatten. Dreißig bis vierzig Kilo pro

Haushalt innerhalb eines halben Jahres – das ist die erschre-

ckende, wohl aber durchaus übliche Menge an Papier, das in

Foto: ROBIN WOOD/R. Fenner

Remlingen, 05.01.09: Anlässlich der Eröffnung der Infostelle ASSE

II des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) forderte ROBIN WOOD,

dass sofort umfassende Maßnahmen für eine Rückholung des

Atommülls beginnen müssten. Am 1. Januar hatte nach längeren

Auseinandersetzungen ein Betreiberwechsel stattgefunden. Nicht

mehr das Bundesforschungsministerium und das Helmholtz-Zen-

trum, sondern das Bundesumweltministerium und das BfS sind

nun zuständig für die atomaren Hinterlassenschaften in der ASSE.

Endlich soll auch das Atomrecht zur Anwendung kommen. ROBIN

WOOD begrüßt diese Maßnahmen, doch an den katastrophalen

Zuständen im Atommülllager hat sich bisher nichts geändert. Remlingen, 05.01.09

Hamburg, 06.12.08

den allermeisten Fällen ungelesen oder flüchtig durchgeblättert

direkt im Müll – bestenfalls im Altpapier – landet. Dass hier

enorme Mengen an Papier eingespart werden können, wenn

sich jedeR einzelne gegen diese Werbeflut aus Papier wehrt

– darauf verwiesen die UmweltschützerInnen am Info-Tisch

direkt neben dem verzweifelten Einzelkämpfer in den Papier-

fluten. Hier gab es auch die Aufkleber für die Haustür oder

den heimischen Briefkasten: „Bitte keine Werbung“ und viel-

leicht wichtiger noch: „Bitte keine Werbung oder kostenlose

Zeitungen einwerfen“. Denn wen die lokale Berichterstattung

in den kostenlosen Wochenblättern nicht interessiert, der muss

dies dem jeweiligen Zeitungsvertrieb oder den Austräge-

rInnen deutlich mitteilen, sonst bekommt er gnadenlos diese

Zeitungen in den Briefkasten, ins Treppenhaus oder vor die

Haustür geworfen. In einigen Regionen Hamburgs sind das bis

zu vier Anzeigenblätter pro Woche. Das wären dann noch mal

zusätzlich an die fünf Kilo Papier pro Haushalt und Halbjahr,

für die völlig unnötig Ressourcen verschwendet wurden.

Page 35: Robin Wood Magazin 1/2009

35Nr. 100/1.09

Stromnetze in die öffentliche Hand!

Hamburg, 05.12.08: AktivistInnen von ROBIN WOOD und urge-

wald brachten RWE-Chef Jürgen Großmann wegen seiner verant-

wortungslosen AKW-Politik eine Rute und protestierten vor seiner

Dienstvilla in der Hamburger Elbchaussee mit dem Slogan „Kein

AKW im Erdbebengebiet – FingeR WEg von Belene“. RWE will

sich als Investor an dem umstrittenen bulgarischen Atomkraftwerk

Belene beteiligen. Wie schlecht dieses Geschäft fürs Image sein

wird zeigt, dass bereits etwa 20.000 Menschen schriftlich gegen die

Belene-Pläne von RWE protestiert haben. Neben der Rute brachte

ein als Nikolaus verkleideter Aktivist deshalb einen Karton voller Pro-

testbriefe mit. Umweltorganisationen in Deutschland und Bulgarien

engagieren sich seit Jahren gegen den Bau des AKW Belene. Bereits

1983 warnten sowjetische WissenschaftlerInnen vor dem Bau eines

Atomkraftwerks in dem stark erdbebengefährdeten Gebiet.

Berlin, 27.11.08: ROBIN WOOD, Attac und der Bund der

Energieverbraucher forderten die Bundesregierung auf, die

Hochspannungsnetze vollständig in die öffentliche Hand zu

überführen. Fast 10.000 Unterschriften mit dieser Forde-

rung übergaben VertreterInnen der drei Organisationen im

Bundeskanzleramt. Die Stromkonzerne haben auf Grund

ihrer Monopolstellung in den vergangenen Jahren die

Netzentgelte auf Kosten der VerbraucherInnen in die Höhe

getrieben, das Geld einkassiert und die Netze verrotten

lassen. Häufig schalten Eon und Co. einfach ganze Wind-

Parks ab mit der Begründung, das Stromnetz sei überlastet.

Damit der Ausbau der erneuerbaren Energien ungehindert

vorankommen kann, müssen die Stromnetze dringend

modernisiert und umgebaut werden. Daran haben die

Stromkonzerne aber keinerlei Interesse. Deshalb müssen ih-

nen die Netze aus der Hand genommen und in öffentliches

Eigentum überführt werden.

Nikolaus-Rute für RWE-Chef

Dresden, 19.12.08: ROBIN WOOD-AktivistInnen machten in

der Dresdner Innenstadt auf die Gefahren von Atomkraft und

Kohleverstromung aufmerksam und appellierten an die Bürge-

rInnen, zu einem Ökostromanbieter zu wechseln. In Schutzan-

zügen rollten sie Fässer mit Radioaktiv- und CO2-Zeichen vom

Hauptbahnhof über die Prager Straße bis auf die andere Elbseite

zum Albertplatz, andere trugen Gasmasken und verteilten Infos

an die PassantInnen. Die Dresdner Stadtwerke forderte ROBIN

WOOD auf, ihren Energiemix zu verbessern: mehr Strom aus er-

neuerbaren Energien, weniger Kohle, keine Atomenergie. ROBIN

WOOD hat ausführlich auf dem Ökostrom-Markt recherchiert

und empfiehlt zurzeit vier - bundesweit aktive - Ökostromanbie-

ter. Sie bieten zu 100 Prozent Ökostrom an, sind eigentumsrecht-

lich nicht mit Atom- und Kohlekonzernen verflochten und inves-

tieren in erneuerbare Energien, www.robinwood.de/oekostrom.

Auf Ökostrom umsteigen

Hamburg, 05.12.08

Berlin, 27.11.08

Dresden, 19.12.08

Page 36: Robin Wood Magazin 1/2009

bündnisse

Nr. 100/1.0936

Die Umweltorganisation Arnika engagiert sich in Tschechien für eine Zukunft ohne Umwelt-gifte, für den Schutz der Natur und für lebendige Flüsse. Ein wichtige Aufgabe von Arnika ist es, BürgerInnen zu unterstützen, die selbst aktiv werden möchten. Der Verein ist seit 2007 Part-ner einer EU-Lernpartnerschaft mit Polen und Deutschland. Im Projekt „Lerne mehr, verbrauche bewusst“, das von ROBIN WOOD koordiniert wird, engagieren sich Katerina Režná und Martina Krcmárová von Arnika. Mit Katerina, Leiterin der Zentralkanzlei, sprach Angelika Krumm.

? Wie sieht deine Arbeit bei Arnika aus

und wie lange bist du schon dabei?

! Vor mehr als drei Jahre habe ich bei

Arnika als Koordinatorin des interna-

tionalen Elbe-Badetags für die Tsche-

chische Republik begonnen. Ich war

Leiterin des Naturschutzprogramms und

seit September 2007 bin ich in unserer

Zentralkanzlei angestellt.

Als Koordinatorin des Fundraisings habe

mich für ein Jahr um Spenden und

Beiträge von Mitgliedern gekümmert.

Jetzt bin ich Leiterin der Zentralkanzlei.

Ich koordiniere die Projekte und Arbeit

meiner KollegInnen und der engagier-

ten Mitglieder, um die Organisation zu-

sammenzuhalten. Das ist meine bisher

anspruchsvollste Aufgabe bei Arnika.

Von A wie Ausstellungen ausleihen über

M wie Magazin herausgeben bis Z wie

Zusammenarbeit unterstützen mich

drei KollegInnen in der Kanzlei. Also,

meine Arbeit für Arnika ist sehr vielsei-

tig und wirklich nie langweilig!

? Wie lange gibt es Arnika schon?

! 2001 hat sich Arnika aus einer an-

deren Umweltorganisation entwickelt.

Zurzeit habe ich etwa 14 KollegInnen.

Unsere Hauptstelle ist in Prag und

wir haben vier weitere Büros in den

Regionen Tschechiens. Arnika hat etwa

600 Mitglieder und 50 freiwillige Ak-

tive. Jedes Mitglied arbeitet ein halbes

Jahr in einem fünfköpfigen Vorstand.

Mein Halbjahr ist gerade zu Ende.

? Was sind eure wichtigsten Ziele?

! Wir arbeiten zu Naturschutz, Müll,

toxischen Schadstoffen und wir

unterstützen BürgerInnen dabei im

Umweltschutz aktiv zu werden. Unsere

Ziele sind ganz klar: eine Zukunft ohne

Gifte, gesunde Natur mit den Haupt-

themen Biodiversität und lebendige

Flüsse und aktive Bürger, die fähig

sind, eine gesunde Umwelt zu schüt-

zen – damit wir weniger Arbeit haben!

? Kannst du Ergebnisse aus einem

eurer Projekte vorstellen?

! Jedes Jahr erstellen wir für jede

Region eine Rangliste der größten Ver-

schmutzter. Diese Ranglisten errechnen

wir aus Daten Integrierter Verschmut-

zungsregister, die im Ministerium für

Umwelt veröffentlichet werden. Damit

ernten wir jedes Jahr Kritik von den

Betrieben. Aber einige Unternehmen

ändern danach ihre Technologie, damit

sie nächstes Jahr in unserer Ranglisten

nicht mehr erscheinen. Zum Beispiel

hat ein tschechischer Möbelhersteller

begonnen statt Kleber mit Formalde-

hyd Kleber auf Wasserbasis einzuset-

zen. Im letzten Jahr haben Industrie,

Handel und selbst das Ministerium

versucht, das Register einzuschränken.

Aber unsere Mühe und Lobbyarbeit

waren erfolgreich und das Register

wird wie bisher weiter geführt.

Wir engagieren uns auch gegen

Baumfällungen in den Städten und in

der Landschaft und haben schon mehr

als 1000 Bäume geschützt. Meistens

arbeiten wir mit einem lokalen Ver-

band zusammen. Aktuell haben aktive

BürgerInnen, unterstützt durch unser

Knowhow, 100 Bäume eines Parks

gerettet, weil der Supermarkt jetzt an

einer anderen Stelle gebaut wird. Viele

Beispiele zeigen, dass Ämter und Bau-

firmen oft Gesetze und Bestimmungen

nicht einhalten. Deshalb bemüht sich

Arnika um Beratung und Rechtsschutz.

? Welche Projekte hast du schon

durchgeführt?

! Ich habe zwei größere Projekte orga-

nisiert und viele kleinere. Im Rahmen

der Förderung durch die Europäische

Union war das Projekt „Natur gibt

Arbeit“ im Netz Natura 2000 und

LEADER integriert. Wir haben vier

Exkursionen für Unternehmer, NGOs

und Beamte angeboten. Das Ziel war

zu zeigen, dass auch in geschützten

Gebiete ein wirtschaftlicher Auf-

schwung möglich ist. Im Rahmen

dieses Projektes haben wir auch in

Umweltschutz grenzenlos

Katerina Režná leitet das Büro der tschechischen Umweltorganisation Arnika in Prag

Page 37: Robin Wood Magazin 1/2009

Deutschland den Landkreis Uckermark

in Brandenburg besucht.

Das zweite größere Projekt war ein

„Wasserthema“. Wir arbeiten nicht

nur auf nationaler Ebene sondern auch

an internationalen Projekten mit. Beim

Thema Naturschutz arbeiten wir meis-

tens mit deutschen NGOs zusammen.

? Was habt ihr aus der internationalen

Zusammenarbeit gelernt? Was hat es

euch als Organisation und dir persön-

lich gebracht?

! Wir haben erfahren, dass die Zusam-

menarbeit nicht schwierig ist und dass

es unserer Arbeit hilft. Die Argumente,

wie: „Warum soll das in Tschechien

nicht gehen? Sehen Sie, in England/

Deutschland/Frankreich/usw. geht

es ganz gut. Warum nicht auch bei

uns?“ funktionieren immer noch. Der

Erfahrungsaustausch in europäischen

Projekten und internationalen Netzen

kann sehr effektiv sein.

Persönlich habe ich gelernt ein bisschen

toleranter und geduldiger zu sein. Auch

mein Englisch und Deutsch haben sich

verbessert. Jedenfalls habe ich jetzt

keine Bedenken mehr, wenn ich ins

Ausland telefonieren muss.

? Welchen Stand hat die Umweltbewe-

gung in Tschechien?

! Es gibt viele Umweltorganisationen

in Tschechien. Selbstverständlich die

großen internationalen wie Green-

peace und Freunde der Erde, aber auch

kleinere nationale wie Arnika. Wir

kooperieren, obwohl wir in Sachfragen

nicht immer übereinstimmen. Die wich-

tigsten und größten Umweltorganisati-

onen sind in einer Assoziation „Grüner

Bezirk“ vereinigt.

Eine große Änderung hat sich mit der

letzten Wahl vollzogen – die Grüne

Partei ist zum ersten Mal in das Par-

lament eingezogen und gleich an der

Regierung beteiligt. Das war ein großer

Erfolg. Die Frage ist, ob sie diesen

Erfolg wiederholen können.

Sonst würde ich sagen, dass sich die

Umweltbewegung in Tschechien nicht

37Nr. 100/1.09

Im Sommer 2008 traf sich Katerina mit den Part-nerInnenn des EU Lernpartner-schafts-Projekts in Wroclaw

Lerne mehr,

verbrauche bewusst

Jedes Jahr wird weltweit etwa vier

Prozent mehr Papier verbraucht, wobei

es regional große Unterschiede gibt.

Um mehr über den unterschiedlichen

Umgang mit Papier in anderen Län-

dern zu erfahren, engagiert sich ROBIN

WOOD seit 2007 in einem EU Lernpart-

nerschaftsprojekt „Lerne mehr, verbrau-

che bewusst“. Weil uns die Meinung

der Menschen interessiert, haben wir

insgesamt 1597 Erwachsene in Polen,

Tschechien und Deutschland über ihren

Umgang mit Papier befragt und die

Ergebnisse ausgewertet. Bemerkenswert

ist, dass die meisten Menschen sich in

Medien und Ausstellungen aber auch bei

Weiterbildungen informieren möchten.

Bereits fünf Monate vor Ende des Pro-

jekts schätzen alle Partner ein, dass der

Erfahrungsaustausch für sie sehr wertvoll

gewesen ist. Die in einer Handreichung

zusammengefassten Ergebnisse können

auch anderen Bildungseinrichtungen

Anregungen geben, das Thema Papier

beispielhaft in ihre Arbeit zu integrieren.

Die Auswertung der Umfrage finden

Sie im Internet unter www.robinwood.

de/papier. Wir bedanken uns für Ihre

Unterstützung bei der Umfrage.

Für weitere Informationen wenden Sie

sich bitte an die Projektkoordinatorin

Angelika Krumm, Tel.: 03332/25 20- 10,

E-Mail: [email protected]

von denen in anderen europäischen

Ländern unterscheidet - mit allen Vor-

und Nachteilen. Und das finde ich gut.

? Was sind die drängendsten Pro-

bleme?

! Als drängendstes Problem sehe ich

bei uns die Unfähigkeit der Beamten

und Politiker, mit den BürgerInnen

ehrlich zu diskutieren und zu zuhören.

Daraus entwickeln sich viele Probleme.

Die Beamten und Politiker verstehen

sich oft noch als Feudalherren.

Sehr bedenklich ist auch die Entwick-

lung der ländlichen Regionen Tsche-

chiens. Während der kommunistischen

Ära haben wir die Beziehung zum

Land, zur Landschaft verloren. Jetzt gibt

es viele sehr große landwirtschaftliche

Betriebe, deren Arbeit unsere Land-

schaft mehr schädigt als pflegt. Und die

Probleme mit dem Mangel an Wasser in

der Landschaft, Erosion, Zersiedlung der

Landschaft, schlechte Waldwirtschaft

gehen Hand in Hand. Aber darüber

könnte ich sehr lange sprechen.

Aber etwas hat sich auch zum besseren

gewandelt: Hausmüll ist langsam ein

großes Thema geworden und mehr und

mehr Leute sortieren ihren Abfall. Wir

wollen die Menschen informieren und

weiter motivieren selbst recyclte Pro-

dukte zu benutzen. Dabei helfen uns

der Erfahrungsaustausch und die Mate-

rialien im EU Lernpartnerschaftsprojekt

„Lerne mehr, verbrauche bewusst“.

Also, es ist nicht nur alles schwarz…

bündnisse

Page 38: Robin Wood Magazin 1/2009

44 Nr. 100/1.09

Biokost und Ökokult

Als ich begann, das Buch zu lesen, tat ich dies mit einer

großen Portion Skepsis. Maxeiner und Miersch waren

für mich kein unbeschriebenes Blatt. Ich kannte ihre kritische

Haltung zu Umweltthemen aus verschiedenen Medien. Nicht

selten staunte ich, um mich nach eingehender Recherche vom

Gegenteil ihrer Darstellung zu überzeugen. Doch bei diesem

Buch kam es anders. Nachdem ich die Lektüre beiseite gelegt

hatte, kamen Zweifel in mir auf. Sollte ich tatsächlich einem

Wunschtraum gefolgt sein? Ist bio doch nicht so gut wie ich

dachte?

Bio nicht ökologisch

Bio schade dem Naturschutz und sei nicht ökologisch, ist eine

Schlussfolgerung, welche die LeserIn aus Maxeiners und Mier-

schs Buch ziehen könnte. Was sagen die ExpertInnen dazu?

Der Direktor des schweizerischen Forschungsinstituts für biolo-

gischen Landbau (FiBL), Dr. Urs Niggli, kann dem nur wider-

sprechen. Er spricht von „positiven Auswirkungen des Bioland-

baus auf die Bodenfruchtbarkeit, auf die Vielfalt von Pflanzen,

Tieren und Mikroorganismen im und auf dem Boden, auf

die Vielfalt der Betriebsstrukturen und der Landschaftsele-

mente, auf die Qualität des Grund- und Oberflächenwassers

sowie auf mögliche Klimaveränderungen“ und belegt dies

mit zahlreichen wissenschaftlichen Ergebnissen. Demnach

stoßen Biobetriebe pro Ertragseinheit weniger Klimagase

aus und betreiben beispielsweise durch die Reduzierung von

Pestiziden und Nitraten aktiven Umweltschutz. Die biologische

Landwirtschaft sei bisher die beste Strategie, wenn es um die

Verbindung von Produktivität, Ökologie und Vermeidung von

Umweltbelastungen gehe.

Weiterhin sehen die Autoren einen erhöhten Methangas-

Ausstoß bei der biologischen Tierhaltung. Das Ökoinstitut e.V.

zeigt jedoch in einer Studie, dass die Treibhausgasbilanz von

ökologisch erzeugtem Fleisch im Vergleich mit den anderen

Anbaumethoden etwas günstiger ausfällt.

Zugegeben, diese Aspekte waren mir auch vor der Recherche

zu diesem Artikel bekannt. Dennoch verunsicherten mich die

Ausführungen des Autorengespanns. Ich musste der Sache auf

den Grund gehen und fuhr mit meinen Nachforschungen fort.

Ökologisch erzeugte Produkte boomen: Bereits seit Jahren verzeichnet der Bio-Markt ein zweistelliges Wachstum. Grund genug die Biokost mal genauer zu betrachten. Stimmen die verbreiteten Vor- und Nachteile mit der Realität überein? Ist Bio gesünder als konventionell hergestellte Nahrung? Welche Anbaumethode ist für unsere Umwelt die Beste? Diese und weitere Fragen versucht das Autorenduo Dirk Maxeiner und Michael Miersch in ihrem 2008 erschienenen Buch „Biokost & Ökokult – Welches Essen ist wirklich gut für unsere Umwelt“ zu beantworten.

Nicht gesünder und nicht so sicher

„Biokost bietet keinerlei gesundheitlichen Vorteil“, behaup-

ten Maxeiner und Miersch. Die Stiftung Warentest spricht

dagegen davon, dass Biolebensmittel deutlich pestizidfreier

als konventionelle Lebensmittel seien. Daraus ergebe sich ein

klarer gesundheitlicher Vorteil. Die AutorInnen einer Studie des

Öko-Instituts e.V. bescheinigen der biologischen Ernährungs-

weise bedeutend geringere Risiken.

Das FiBL hat zu diesem Thema die gesamte weltweite Fach-

literatur verglichen, die zu folgenden übereinstimmenden

Ergebnisse kommen: „Pflanzliche Bioprodukte

> enthalten deutlich weniger wertmindernde Inhaltsstoffe

(Pestizide, Nitrate). Dies beeinflusst die ernährungsphysiolo-

gische Qualität positiv.

> sind bezüglich pathogener Stoffe (Mykotoxine, Kolibakte-

rien) genauso sicher wie konventionelle Produkte.

> weisen tendenziell höhere Gehalte an Vitamin C auf.

> zeigen eine Tendenz zu überdurchschnittlichen Geschmacks-

werten.

> weisen höhere Gehalte an gesundheitsfördernden sekun-

dären Pflanzeninhaltsstoffen auf“.

Laut Niggli beschäftigte sich eine umfangreiche Studie der EU

mit der Qualität von tierischen Lebensmitteln. Danach weist

Biomilch 15 bis 80 Prozent mehr an wertvollen Vitaminen A

und E sowie 40 bis 90 Prozent höhere Gehalte an mehrfach

ungesättigten Fettsäuren (Omega 3 und CLA) auf.

„Biologische Schädlingsbekämpfung ist ökologisch proble-

matischer als moderne Pestizide“, behaupten Maxeiners und

Mierschs weiter in ihrem Buch. Beispielhaft führen sie die

Problematik der moldawischen Schlupfwespe (Trichogramma

brassicae) an, die heimische Schlupfwespen verdränge und

Schmetterlinge befalle. Eine Studie des EU-Projekts Evaluating

Environmental Risks of Biological Control Introductions into

Europe (ERBIC) gibt jedoch Entwarnung.

Veraltete und esoterische Anbaumethode

Entgegen Maxeiners und Mierschs Behauptung stellt der

Öko-landbau nach Niggli keine veraltete Anbaumethode

Foto: Boscolo/pixelio

Page 39: Robin Wood Magazin 1/2009

Nr. 100/1.09

Nick Meendermann absolviert ein Praktikum bei ROBIN

WOOD und studiert Landschaftsnutzung

und Naturschutz in Eberswalde

dar. Es handle sich vielmehr um „eine produktive, auf dem

neuesten Stand der agronomischen, agrarökologischen und

technischen Forschung basierenden Landwirtschaftsmethode“.

Dazu sieht das Autorenduo den Biolandbau von anthroposo-

phischen Lebensphilosophien und Denkweisen beherrscht. In

der Tat ist der Anthroposoph Rudolf Steiner einer der Pioniere

des ökologischen Landbaus im deutschsprachigen Raum. Bis

heute werden seine Anregungen, darunter auch esoterische

Praktiken, zumindest in einigen bio-dynamisch (Demeter)

wirtschaftenden Betrieben angewandt. In Deutschland gibt

es ungefähr 18.000 Ökobetriebe. Davon produzieren circa

1300 nach Demeter-Kriterien. Demzufolge könnten anthropo-

sophische Lebensphilosophien und Denkweisen maximal bei

sieben Prozent aller Biobetriebe eine Rolle spielen.

Gentechnik-Lobbyisten?

Schenkt man den Aussagen von Nobelpreisträger Professor

Norman Borlaug Glauben, so würde eine globale Umstellung

auf Biolandbau ca. 75 Prozent mehr landwirtschaftliche Fläche

benötigen. Dies bedeute eine Bedrohung für Tropenwälder

und Naturschutzgebiete. Wenn ein Agrarwissenschaftler, der

zudem Nobelpreisträger ist, derartiges behauptet, dann muss

es der Wahrheit sehr nahe kommen, dachte ich. Doch wer ist

dieser Mann?

Nach einigem Recherche-Aufwand wurde ich schließlich

fündig. Ungefähr ein Vierteljahr vor Erscheinen von „Biokost

und Ökokult“, publizierte ein gewisser Alex A. Avery „Die

Wahrheit über Bio-Lebensmittel“. Avery ist Forschungs- und

Ausbildungsleiter des Center for Global Food Issues des Hud-

son Instituts (CGFI) in den USA. Die Treuhänder (Monsanto,

Syngenta, Pfizer u.a.) und Vorsitzenden (z.B. Dow AgroS-

ciences, DuPont, Merck & Co.), die im Jahresbericht 2003

gelistet sind, lassen große Zweifel an einer unabhängigen

Arbeit ohne wirtschaftliche Interessen aufkommen. Monsanto

beispielsweise ist Weltmarktführer bei der Herstellung von

gentechnisch verändertem Saatgut und von Pestiziden.

Lobbywatch sieht in Avery einen Gentechnik-Lobbyisten.

Das CGFI, welches von Monsanto gesponsert wurde, stellte

eine Unterschriftenliste für Hochertragslandwirtschaft ins

Internet. Unter den Unterzeichnern ist auch Professor Borlaug.

Der TvR Medienverlag, bei dem Averys Buch erschien, zitiert

Professor Borlaug wie folgt: „Das Buch liefert den Konsu-

menten durchdachte und präzise Erklärungen, weshalb Bio-

Food keine wirklichen gesundheitlichen und Sicherheitsvorteile

bringt.“

„Auf der Basis des aktuellen Stands der Technik des Bioland-

baus stimmt die Aussage von Norman Borlaug nicht […].“,

schreibt Niggli (FiBL). „Vielmehr ist davon auszugehen, dass

sich die Ernährungssituation in ländlichen Gebieten des Sü-

dens, wo 850 Millionen hungernde Menschen leben, verbes-

sern würde. In Ländern mit intensiver Landwirtschaft würde

die Produktivität etwas zurückgehen, aber bei weitem nicht

so dramatisch, wie dies gewisse Fachleute vorhersagen.“ Der

Biolandbau habe noch ein enormes Innovationspotential, das

im Bereich der Pflanzen- und Tierzucht, des biologischen Pflan-

zenschutzes, der Gesundheitsprävention der Nutztiere oder

der noch effizienteren Nutzung der Nährstoffe aus Gründün-

gung und tierischen Düngern liege.

Borlaug ist nicht der einzige der von Maxeiner und Miersch zi-

tierten Experten. Obendrein kommt Avery zu Wort, der mei-

nen mittlerweile gewachsenen Fahndungsdrang nur mehr be-

flügelte. Von da an konzentrierte ich meine Recherchen auf

die Experten und die Autoren selbst.

Neben Prof. Borlaug stehen auch Maxeiner und Miersch auf

der Unterschriftenliste des CGFI. Auf einer Internetseite der

Autoren kündigt Miersch Alex Averys Buch an. Laut ihrem Le-

benslauf arbeiteten beide für das Umweltmagazin „Change“

der Firma Hoechst, das dem Greenwashing des Chemieko-

nzerns dienen sollte. Nachdem dieser mit anderen Firmen

fusionierte, entstand der Pharmakonzern Sanofi Aventis.

Auch einige andere Quellen werfen kein gutes Licht auf

die Seriosität von Maxeiner und Miersch. Der Pharma- und

Toxikologe Professor Helmut Greim erteilte falsche Gutachten

und steht im Verdacht ausschließlich industriefreundlich zu

handeln. Vom 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2008 war

er Vorsitzender des bei der Gesellschaft Deutscher Chemiker

(GDCh) angesiedelten Beratergremiums für Altstoffe (BUA).

In diesem Gremium sitzen unter anderem auch Vertreter von

Bayer und BASF.

Ähnlich verhält es sich mit Professor Beda Stadler: Die Weltwo-

che beschreibt ihn als den „provokativsten Ketzer gegen jede

Form von bio, alternativ und gentechfrei.“ In seinem Lebens-

lauf gibt es Hinweise auf Kontakte zu Monsanto, Pfizer und

einem Hang zur Grünen Gentechnik. Stadler sitzt im Stiftungs-

rat von Gen Suisse. Finanziert wird die Stiftung von Pharma-

konzernen wie Novartis, Roche und Merck Serono. Außerdem

gehört auch er zu den Unterzeichnern der Unterschriftenliste

für Hochertragslandwirtschaft. Ferner ist er Autor des Buches

„Gene an die Gabel - Das erste GVO-Kochbuch der Welt“.

Zusammen genommen könnten diese scheinbar zufälligen

Verbindungen zwischen Maxeiner, Miersch und den Experten

die generell positive Einstellung gegenüber der Gentechnik

und der Hochertragslandwirtschaft seitens der beiden Autoren

erklären. Denn das ist der eigentliche Tenor dieses geschickt

assoziativ und spekulativ geschriebenen Buches: Setzt auf die

Gentechnik und treibt die Hochertragslandwirtschaft voran.

Ein vollständiges Quellenverzeichnis und weitere Informationen finden

Sie unter: www.robinwood.de/german/magazin

45

Page 40: Robin Wood Magazin 1/2009

40 Nr. 100/1.09

VertreterInnen von Industrie und Kapital schreiben sich in den Ministerien ihre eigenen Gesetze. Unter dem Deckmantel der politischen Fachberatung gerät das Gemeinwohl unter die Räder von Konzernen und Verbänden.

Siegeszug Lobbyismus: Die Fraport AG beschäftigt nicht nur den Lärmschutzbeauftragten des Landes, sondern hat Mitarbeiter im Bundesverkehrsministerium, im hessischen Landtag und bei der hessischen Flugaufsicht postiert

bücher

Foto: Fraport AG

Wenn die Gesetze vom Parlament

gemacht, von der Regierung

durchgesetzt und dem Rechtssystem

überwacht werden, dann nennt man das

eine Demokratie. Ein System allerdings,

in dem sich Industriekonzerne, Wirt-

schaftsverbände und andere Lobbyor-

ganisationen mit freundlicher Einladung

der Politik ihre Gesetze selbst schreiben,

nennt man Klientelismus! In einem

solchen System leben wir momentan,

das macht das Buch „Der gekaufte

Staat“ von Sascha Adamek und Kim

Otto deutlich. Beide Journalisten sind für

das investigative ARD-Magazin Monitor

tätig. In ihrem Enthüllungsbuch decken

sie die zwielichtigen Tätigkeiten von

Lobbyisten an der Grenze der demokra-

tischen Legitimität in Deutschland und

den EU-Institutionen auf.

Bananenrepublik Deutschland

Im Normalfall versorgt der Lobbyist

die politischen Akteure mit wichtigen

Informationen hinsichtlich der Interes-

sen, Anliegen und Bedenken der großen

wirtschaftlichen und gesellschaftlichen

Verbände. Wirtschafts- und Verbands-

lobbyisten verfügen oftmals über de-

tailliertes Fachwissen, das zur Entschei-

dungsfindung bei gesetzgeberischen

Handlungen positiv beitragen kann.

Allerdings gilt es dabei stets zu beach-

ten, dass die Kenntnisse dieser Vertreter

stets die wirtschaftlichen Einzelinteressen

vertreten. Die politischen Verantwort-

lichen – die qua Amt das Interesse der

politischen Gemeinschaft als Ganzes zu

vertreten haben – müssen hingegen die

wirtschaftliche Argumentation der Lob-

byisten im Sinne des gesellschaftlichen

Wohls abwägen und die Konsequenzen

daraus für den politischen Entschei-

dungsprozess ziehen.

Um den Informationsfluss zwischen

Politik und Wirtschaft zu verbessern,

berief die rot-grüne Bundesregierung im

Oktober 2004 ein Personalaustausch-

programm namens „Seitenwechsel“ ein.

Im Rahmen dieses Programms sollten

Vertreter aus der freien Wirtschaft, Ver-

Page 41: Robin Wood Magazin 1/2009

41Nr. 100/1.09

bücher

Kim Otto, Sascha Adamek

Der gekaufte Staat

Wie bezahlte Konzernvertreter in

deutschen Ministerien sich ihre Ge-

setze selbst schreiben

Kiepenheuer & Witsch, 2008

aktualisierte Neuauflage als

Taschenbuch ab 20.04.09

336 Seiten, 8,95 Euro

ISBN: 978-3-462-04099-9

bänden und anderen Interessengruppen

zeitlich befristet in Ministerien arbeiten

und dort ihr Fachwissen einbringen.

Zugleich sollen Ministerialbeamte und

Angestellte der politischen Institu-

tionen ebenfalls zeitweilig die Seite

wechseln und sich mit den Prozessen

der freien Wirtschaft in den Konzernen

und Verbänden vertraut machen. Das

Bundesprogramm nahmen zahlreiche

Konzerne und Wirtschaftsorganisationen

mit Begeisterung an und entsendeten

mehr als 100 Konzernvertreter in die

obersten Bundesbehörden. Im Gegenzug

waren lediglich zwei Hand voll Beamte in

den Konzernen und Verbänden, um dort

Erfahrungen zu sammeln.

Das Delikate an „Seitenwechsel“ be-

steht in der Lohnfortzahlung durch die

entsendenden Organe. Ein entsandter

Angestellter, der im Rahmen des Aus-

tauschprogramms in einem Ministerium

seinen Arbeitsplatz bezieht, erhält sein

Salär also weiterhin von seinem Konzern.

Wem seine Loyalität in diesem System

gilt, liegt auf der Hand. „Wes Brot ich

ess, des Lied ich sing!“

Wirklich fatal wird das Ganze aber, wenn

man bedenkt, dass diese „Leihbeamten“

einmalige Einblicke in ministeriumsin-

terne Belange erhalten, in verschlos-

senen Akten blättern können und die so

erhaltenen Informationen brühwarm an

ihre Geldgeber weiterreichen können.

Darüber hinaus schreiben Lobbyisten

inzwischen an Gesetzentwürfen mit, ent-

werfen Richtlinien und treiben Reformen

im eigenen Interesse voran. Dabei ist das

Lobbywesen eine Ausgeburt des neolibe-

ralen Staatsmodells, indem ein „schlan-

ker Staat“ seine Expertise „gesponsert“

bekommt. Das Wohl des Bürgers und

Otto-Normal-Verbrauchers spielt für die

edlen Spender aus der freien Wirtschaft

jedoch keine Rolle.

Der Lobbyismus befindet sich seit

einigen Jahren auf einem einzigartigen

Siegeszug. Von der Kommune bis zur

EU-Kommission, kaum eine politische

Ebene ist noch nicht von Lobbyisten

durchdrungen. Erschüttert begutachten

kann man dieses Vorgehen am Beispiel

des Betreibers des Großflughafens Frank-

furt, der Fraport AG. Nicht nur, dass

der Lärmschutzbeauftragte des Bundes-

landes ein Mitarbeiter des Flughafen-

betreibers ist. Nein, die Fraport-AG hat

auch noch einen Angestellten im Bun-

desverkehrsministerium, einen Mitarbei-

ter in der hessischen Staatskanzlei und

einen Beschäftigten in der hessischen

Flugaufsicht postiert. Hintergrund dieses

intensiven Engagements war das Tauzie-

hen um das hessische Luftlärmgesetz,

welches den Ausbau sowie die Start-

und Landezeiten des Frankfurter Groß-

flughafens zugunsten der umliegenden

Gemeinden beschränken sollte. Ergebnis

der langwierigen Verhandlungen war

stattdessen eine Gesetzesnovelle, die

dem Ausbau des Frankfurter Flughafens

kaum Grenzen setzt – dank der Fraport-

Vertreter in den Länder- und Bundesbe-

hörden. Die Kosten der vier abgestellten

Mitarbeiter waren daher sinnvolle

Zukunftsinvestitionen des Frankfurter

Flughafenbetreibers.

Dies ist nur eine von dutzenden Lobby-

attacken, die Adamek und Otto aufde-

cken. Egal ob Energie- oder Finanzpoli-

tik, Verkehrs- oder Gesundheitspolitik,

Verbraucherschutz oder öffentlicher

Dienst – die politische Bühne ist vom

Lobbyismus durchdrungen. In der EU-

Hauptstadt Brüssel tummeln sich nach

Expertenmeinungen zwischen 15.000

und 20.000 Lobbyisten. Das heißt, auf

jeden EU-Parlamentarier kommen fast 20

Lobbyisten. Wer will angesichts solcher

Zahlen noch von einem demokratischen

Prinzip sprechen?

Lobbyismus heißt aber nicht nur, Mit-

arbeiter zu entsenden, sondern auch

Vertreter der politischen Klasse für sich

zu gewinnen und diese für sich arbei-

ten und argumentieren zu lassen. Auch

hierbei sind die Wirtschaftsverbände

und Großkonzerne indessen höchst

erfolgreich. Außer Acht lassen sollte man

dabei nicht die vielen kleinen Gefällig-

keiten, die Konzerne und Verbände den

Bundestagsabgeordneten gewähren.

Bestes Beispiel ist die kostenfreie Bahn-

card 100, die allen Bundestagsabge-

ordneten das Reisen mit der Deutschen

Bahn zum Nulltarif erlaubt. Auf diese

Weise erkauft sich Bahnchef Hartmut

Mehdorn jeden Tag das Wohlwollen un-

serer Parlamentarier, die das Geschäfts-

gebaren der Bahn dafür geflissentlich

ignorieren.

Die Berliner Journalisten Adamek und

Otto haben mit diesem Buch die ideale

Vorlage für eine längst überfällige ge-

sellschaftspolitische Auseinandersetzung

geschrieben, die die Machenschaften

von Lobbyisten in höchsten Regie-

rungsämtern schonungslos aufdeckt.

Während im politischen Alltagsgeschäft

Konzerne und Interessensverbände in

den Ministerien an vorderster Front

an Gesetzen mitarbeiten, verlieren die

Interessen der Bürger immer mehr an

Relevanz. Sie möchten das alles nicht

glauben? Sie meinen, dieser Ausverkauf

demokratischer Grundregeln kann in

diesem Staate nicht System sein. Nun,

überzeugen sie sich selbst und lesen

„Der gekaufte Staat“.

Thomas Hummitzsch, Berlin

Mehr zum Thema unter http://www.

lobbycontrol.de oder http://www.keine-

lobbyisten-in-ministerien.de

Page 42: Robin Wood Magazin 1/2009

42 Nr. 100/1.09

bücher

Düstere Aussichten

Harald WelzerKlimakriege - Wofür im 21. Jahrhundert getötet wirdS. Fischer Verlag, 2008335 Seiten, 19,90 EuroISBN: 978-3-10-089433-2

Nick Meendermann, Eberswalde

Harald Welzers erschütterndes Buch

„Klimakriege - Wofür im 21. Jahrhun-

dert getötet wird“ zeigt den Zusam-

menhang zwischen Klimawandel und

Gewalt.

Anders als der Titel eventuell vermuten

lässt, beschränkt sich Welzer dabei

nicht auf übliche naturwissenschaft-

liche Ausführungen, sondern eröffnet

in erster Linie düstere sozio- und

psychologische Perspektiven. Das

setzt jedoch gewisse Grundkenntnisse

in Welzers Disziplin, der Soziopsy-

chologie, voraus. Doch gerade seine

überwiegend analytische Herange-

hensweise an Themen wie Gewalt,

Kriege, Flüchtlinge und Wahrneh-

mung, die beispielsweise am Hurrikan

Katrina, den Kriegen in Ruanda, Sudan

und Vietnam sowie dem Holocaust

verdeutlicht werden, macht die Zu-

sammenhänge sichtbar und das Buch

lesenswert.

Welzer sieht bei der Beschreibung

und Dimensionierung sozialer Folgen

des Klimawandels die Sozial- und

Kulturwissenschaften deutlich ver-

nachlässigt. Er beschreibt ökologische

Katastrophen als soziale, da letztlich

die Menschen darunter leiden würden.

Gewalt habe „eine große Zukunft

in diesem Jahrhundert“. „Es wird

nicht nur Massenmigrationen ge-

ben, sondern gewaltsame Lösungen

von Flüchtlingsproblemen, nicht nur

Spannungen um Wasser- oder Ab-

baurechte, sondern Ressourcenkriege,

nicht nur Religionskonflikte, sondern

Überzeugungskriege“. Auf eben diese

sich ökologisch wie sozial verändernde

Umwelt reagiere der Mensch mit einer

modifizierten Wahrnehmung der

Probleme. So mache Töten auf einmal

Sinn, wenn einem die Psyche eine ge-

fühlte Bedrohung vor Augen führe.

Laut Welzer ist der Sudan der erste ge-

sicherte Fall eines kriegsgezeichneten

Landes, bei dem Klimaveränderungen

eine Ursache für Gewalt und Bürger-

krieg bilden.

Nach der Analyse mit zahlreichen

historischen Rückblicken und der

durchaus plausiblen Darstellung mög-

licher zukünftiger Szenarien, beendet

der Autor – mal abgesehen von den

nachfolgenden 57 Seiten Anhang mit

überwiegend Quellenangaben – sein

Werk mit zwei Schlusskapiteln.

Ersteres beschäftigt sich mit der Mög-

lichkeit eines kulturellen Wandels, der

einen Ausweg aus der Problematik des

unaufhörlichen Wachstums und des

grenzenlosen Konsums skizziert.

Das letzte Kapitel schildert Welzers

persönliche Perspektive: Die westliche

Kultur werde an den „globalen Gegen-

sätzlichkeiten“, verstärkt durch den

Klimawandel, scheitern.

Bleibt zu hoffen, dass er nicht recht

behält und wir Menschen uns und un-

ser Verhalten rechtzeitig ändern. Denn

im Gegensatz zum Autor glaube ich

sehr wohl an die Wirksamkeit kleiner

Schritte.

Der Krieg im Sudan hat auch ökologische UrsachenFoto: argus/Schwarzbach

Page 43: Robin Wood Magazin 1/2009

strömungen

Nr. 100/1.09

Nick Meendermann macht ein Praktikum bei

ROBIN WOOD und studiert Landschaftsnut-

zung und Naturschutz in Eberswalde

Sudan: Der erste Klimakrieg?

Obwohl die Republik Sudan über reiche Bodenschätze wie

z.B. Öl, Erze und Gold verfügt, gehört sie zu den ärmsten und

zugleich am höchsten verschuldeten Ländern der Welt. Das

Auswärtige Amt beschreibt die Ernährungslage „vielerorts“ als

„besorgniserregend“.

Seit 1955 herrscht dort, mit Ausnahme zwischen den Jahren

1972 und 1983, Krieg. Mindestens drei Millionen Menschen

kamen dabei ums Leben. Nach der Unterzeichnung des Frie-

densabkommens 2005 sind die Kämpfe im südlichen Sudan

beigelegt. Dafür entbrannte 2003 Krieg im westsudanesischen

Darfur. Die Gesellschaft für bedrohte Völker schätzt die Zahl

der Toten dort auf bis zu 400.000 und spricht von erneutem

Völkermord seitens der Regierung. Rund zwei Mio. Menschen

seien gewaltsam aus ihren Dörfern vertrieben worden und drei

Mio. benötigten humanitäre Hilfe. Nach Schätzungen der UN

vom 1. Oktober 2008 handelt es sich sogar um fast 2,7 Mio.

Binnenflüchtlinge.

Laut UNEP, dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen,

haben Klimaveränderungen, einschließlich dramatischer Ver-

schiebungen der Niederschläge, zum Konflikt in Darfur (Sudan)

beigetragen. Gemäß UNDP, dem UN-Entwicklungsprogramm,

sagen Klimamodelle einen Temperaturanstieg für den sudane-

sischen Bundesstaat Nordkordofan um 1,5 °C zwischen 2030

und 2060 voraus. Gleichzeitig soll die Regenmenge um fünf

Prozent abnehmen. Dies hätte einen Rückgang der Getreide-

ernten um ca. 70 Prozent zur Folge. Angesichts der Tatsache,

dass etwa 75 Prozent der erwerbstätigen Sudanesen in der

Landwirtschaft beschäftigt sind, hätte diese Entwicklung fatale

Auswirkungen.

Weniger Niederschläge würden auch zu einer weiteren Aus-

dehnung der Wüsten führen (Desertifikation). Der vermehrt

ausbleibende Regen, die Überweidung der Grasflächen, die

Abholzung der Wälder und die daraus resultierende verstärkte

Erosion durch den Wind haben in den letzten 40 Jahren dazu

geführt, dass sich die Wüsten in manchen Regionen des

Landes um 100 Kilometer ausgebreitet haben.

43

Derzeitig kann das Klima jedoch nicht als alleiniger Kriegs-

grund im Sudan gesehen werden. Die Ursachen für ver-

gangene und gegenwärtige Konflikte sind vielfältig. Neben

ökologischen, politischen, religiösen, ethnischen und auch

ökonomischen Faktoren spielen historische Fehden, Streitig-

keiten um Land und Bodenschätze sowie großräumige Bevöl-

kerungsverschiebungen eine Rolle.

Fläche: 360 00 km² / 2,5 Mio. km² (größter Staat Afrikas)

Bevölkerung 2008: 82 Mio. / 38,5 Mio.

Hauptstadt: Berlin (3,4 Mio. Einwohner) / Khartum (8 Mio.)

Pro-Kopf-Einkommen 2006: 33500 US$/Jahr/ 1900 US$/Jahr

Lebenserwartung 2006: 79 / 58

Quellen: auswaertiges-amt.de

worldbank.org

Vergleich Deutschland/Sudan

Karte: wikipedia.de

Quellen und weitere Informationen:

auswaertiges-amt.de (Stand: Februar/Juli 2008)

gfbv.de (Stand: März 2007)

sudan-embassy.de (Zugriff: 22.10.08)

unsudanig.org (Darfur Humanitarian Profile No. 33)

postconflict.unep.ch (Sudan Post-Conflict Environmental Assessment,

Bericht Juni 2007)

unep.org (Jahresbericht 2007)

undp.org (Human Development Report 2007/2008)

Foto: Robson/pixelio

Klimamodelle prognostizieren für den Sudan stei-gende Temperaturen und weniger Regen

Page 44: Robin Wood Magazin 1/2009

44 Nr. 100/1.09

Nummer 100/1.09

Magazin

Zeitschrift für Umweltschutz und Ökologie

Erscheinungsweise vierteljährlich

Redaktion: Sabine Genz, Angelika Krumm, Annette

Littmeier, Nick Meendermann, Christian Offer, Regine

Richter, Dr. Christiane Weitzel (V.i.S.d.P.)

Verantwortlich für Layout, Satz, Fotos und Anzeigen

ist die Redaktion

Verlag: ROBIN WOOD-Magazin

Lindenallee 32, 16303 Schwedt

Postfach 10 04 03, 16294 Schwedt

Tel.: 03332/2520-10, Fax: -11

[email protected]

Jahresabonnement: 12,- Euro inkl. Versand

zu beziehen über: ROBIN WOOD e.V.,

Geschäftsstelle, Postfach 10 21 22, 28021 Bremen,

Tel.: 0421/59828-8, Fax: -72

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Der Bezug des ROBIN WOOD-Magazins ist

im Mitgliedsbeitrag enthalten

Gesamtherstellung: Druckhaus Bayreuth,

www.druckhaus-bayreuth.de

Rollenoffsetdruck, Auflage: 10.000

Das ROBIN WOOD-Magazin erscheint auf 100% Altpapier

augezeichnet mit dem Blauen Engel

Titelbild: Getty Images/Martin Barraud

Art Direction: www.tangram-design.de

Spendenkonto: ROBIN WOOD e.V., Postbank Hamburg,

BLZ: 20010020, Konto: 1573-208

Sei kein Frosch - Hilf uns!

Amphibien sind besonders von Veränderungen

ihrer Lebensräumen betroffen. Weltweit sind

ein Drittel der Arten vom Aussterben bedroht.

Ursachen sind der rasante Lebensraum-

schwund, Klimawandel und die großflächig

ausgebrachten Agrargifte. Hinzu kommt nun

auch noch der Chytrid-Pilz, der zu großflä-

chigen amphibienfreien Gebieten geführt hat.

WissenschaftlerInnen sprechen vom größten

Artensterben seit den Dinosauriern. Aber

es gibt die Chance zum Handeln und zum

Gegensteuern. Zahlreiche Beispiele motivieren

hierzu: Maßnahmen vom Ausheben eines ei-

genen Gartenteiches bis zum Beteiligen an der weltweiten Amphibien-

kampagne werden beschrieben und zur Nachahmung empfohlen.

Adressiert ist die Broschüre an alle, die an der Biologie sowie am Wert

der Amphibienvielfalt interessiert sind. Vor allem aber Zoopädagogen,

Umweltbildner und Lehrer können sich so auf den neuesten Stand der

Amphibiensituation sowie deren Schutz bringen. Zusätzlich zu diesem

Heft wurden Arbeitsblätter für den Unterricht entwickelt. Angelehnt

an aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen bringen die Autoren

mit Hilfe vieler Beispiel Zusammenhänge der Bedrohungen aber auch

die wunderbare Vielfalt der Arten und Verhaltensweisen im Reich der

Lurche den LeserInnen nahe.

Jürgen Birtsch, Jürgen Wolter Sei kein Frosch- Hilf uns!Materialien und Hintergründe zum weltweiten Amphibien-sterben und was wir dagegen tun können 40 Seiten, 3,- Euro zzgl. Ver-sand

Bestelladresse:Stiftung ArtenschutzSentruper Str. 31548161 Mü[email protected]

Page 45: Robin Wood Magazin 1/2009

45Nr. 100/1.09

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Wir können vielleicht sogar Ihre Farbwünsche er-füllen. Schon wenn Sie fünf Menschen für unsere Ziele begeistern, gehört Ihnen ein Unikat. Wie das geht, erfahren Sie auf der nächsten Seite.

© R. Fenner

Page 46: Robin Wood Magazin 1/2009

Keinstaub!Wollen Sie mehr nackte Tatsachen? Bitte blättern Sie um!

Foto: Le Qrier, Leipzig