Robin Wood Magazin 2/2007

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Leben heißt handeln magazin 2.95 € · ISSN 1437-7543 · Nr. 93/2.2007 ARTENSCHWUND UND KLIMAWANDEL DER WERT DER VIELFALT SCHWERPUNKT: Energie TATORTE: Zurück in die Stein(kohle)zeit VERKEHR: Autoindustrie statt Klimaschutz SATIRE: Unter Klon-Schafen

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Robin Wood Magazin 2/2007

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Leben heißt handeln

magazin

2.9

5 €

· ISSN

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07

ARTENSCHWUND UND KLIMAWANDEL

DER WERT DERVIELFALT

SCHWERPUNKT: EnergieTATORTE: Zurück in die Stein(kohle)zeitVERKEHR: Autoindustrie statt KlimaschutzSATIRE: Unter Klon-Schafen

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2 Nr. 93/2.07

inhalt

tatorte

tatort-hintergrund

titel

kleinholz

Seite 8

Seite 6

Seite 10

6 Berlin, Bremen, Mannheim: Große Kohle macht Klima kaputt

6 Hamburg: AKW Brunsbüttel sofort stilllegen!

7 Berlin: Bahn für alle

7 Frankfurt: Papier-Konsum killt Wälder

7 Hamburg: Ausstellung Papierwende

Tempo wird schwedisch 8

10 Der Wert der Vielfalt

16 Artenvielfalt und Klimawandel

18 Lachse: Kein guter Fischzug

42 GEO - Tag der Artenvielfalt: Natur auf der Spur

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3Nr. 93/2.07

inhalt

schwerpunkt

perspektiven

satire

22 Unter Klon-Schafen

S. 10

Seite 40

Seite 24

Seite 22

Neue Kohlekraftwerke heizen das Klima weiter auf 24

Lacoma: Ein Dorf kämpft gegen den Braunkohletagebau 28

Asse: Ein Atommülllager säuft ab 32

Uranmüll nach Russland 34

Nebel über Olkiluoto 35

Biokraftwerke verbrennen Regenwald 36

Dinah Epperlein:

Wenn viele Menschen viele kleine Schritte tun … 38

40 Autoindustrie statt Klimaschutz

41 Bahn unterm Hammer

41 Mobil ohne Auto

41 Tour de Natur

verkehr

bücher

internes

impressum

post

45 Neuer ROBIN WOOD-Vorstand 2007

47 ROBIN WOOD- Treffpunkte

43 Vor uns die Sintflut

43 Ölwechsel

44 Die Einkaufsrevolution

44 Die Joghurt-Lüge

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4 Nr. 93/2.07

editorial

das ROBIN WOOD-Magazin erscheint im neuen Gewand und

ist als Premiere in einer kleinen Auflage am Kiosk erhältlich. In-

haltlich sind wir uns treu geblieben und berichten über aktuelle

Entwicklungen in den Bereichen Umweltschutz und Ökologie

und über spektakuläre Aktionen der ROBIN WOOD-Aktiven,

die sich für den Schutz der natürlichen Ressourcen einsetzen.

Wir sind weiter unbequem, nennen die Mißstände und die

Verantwortlichen beim Namen und zeigen konsequente Wege

aus der Umweltkrise auf.

Wenn Ihnen unser neues Magazin gefällt, unterstützen Sie RO-

BIN WOOD bei seinem Engagement für Natur und Umwelt und

werben Sie für unsere gemeinsame Sache in Ihrem Freundes-

und Bekanntenkreis. Denn wir müssen mehr werden, um das

Klima wirksam zu schützen und für die Vielfalt unserer Tier-

und Pflanzenwelt einzutreten.

Die biologische Vielfalt ist in Gefahr. Während weltweit nur ein

Bruchteil der geschätzten 10 bis 200 Millionen Arten ent-

deckt wurden, werden täglich zwischen 70 und 100 Tier- und

Pflanzenarten unwiederbringlich ausgerottet. Im Titel dieser

Ausgabe berichten wir über den Wert der Vielfalt für Mensch

und Umwelt und warum sie in Gefahr ist. Und Sie erfahren,

warum hierzulande der Kuckuck und die Frösche zu den ersten

Opfern der Klimaerwärmung gehören werden.

Und dennoch heizen die Menschen das Klima weiter an. So

sollen in Deutschland in den nächsten Jahren mindestens 28

neue Kohlekraftwerke gebaut werden. Anstatt in erneuerbare

Energien zu investieren, setzen Politik und Industrie auf den

Klimakiller Kohle. Auch die Atomenergie als Retter fürs Klima

zu inszenieren, ist ein Irrweg. Das Endlager Asse zeigt einmal

mehr, dass wir die Risiken dieser gefährlichen Technologie

nicht beherrschen. So droht das ehemalige Salzbergwerk, in

das jahrelang Atommüll verklappt wurde, mit Wasser voll-

zulaufen. Die Verantwortlichen sind ratlos und versuchen

abzuwiegeln und zu vertuschen. Dabei ist, wenn Asse absäuft,

die Katastrophe vorprogrammiert - Radioaktivität wird über

das Grundwasser unkontrolliert in die Umwelt gelangen. Die

betroffenen Menschen in der Region fordern, dass sie vor den

Gefahren für Leben und Gesundheit geschützt werden und

dass sie endlich an den Planungen, was mit dem Atommüll

in Asse zu geschehen hat, beteiligt werden. Mehr dazu im

Schwerpunkt dieser Ausgabe.

Die Temperaturen steigen und der Klimawandel ist längst

Realität geworden. Aber noch ist es nicht zu spät - wenn

jetzt Politik, Wirtschaft und VerbraucherInnen entschlossen

handeln und bis 2015 weniger Treibhausgase in die Atmospäre

schicken. Bis 2050 müssten die CO2-Emissionen um 50 bis

85 Prozent reduziert werden, damit die Erderwärmung auf

beherrschbare 2 Grad begrenzt wird, so der Weltklimarat IPCC

in seinem Bericht 2007. Welche Schritte zu tun sind, weiß die

Menschheit spätestens seit dem Welt-Umweltgipfel in Rio de

Janeiro 1992. Und sie weiß auch, dass es Klimaschutz zum

Nulltarif nicht geben wird. Bleibt nur die Frage, ob wir jetzt

bereit sind, diese notwendigen Schritte auch zu unternehmen?

Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen

Ihre Schwedt/Berliner Redaktion

Liebe Leserinnen und Leser,

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tatorte

Mannheim, 27. Februar 2007: Energie aus Sonne, nicht aus Kohle!

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tatorte

Nr. 93/2.076

Klimakiller Kohle

AKW Brunsbüttel sofort stilllegen!

Berlin, 18.01.07: „Vattenfall - Als Klimakiller top, im Umwelt-

schutz ein Flop“, ROBIN WOOD protestiert dagegen, Vattenfall

Chef Lars Josefsson, den Repräsentanten eines der klimaschäd-

lichsten Unternehmen weltweit, zum Klimaschutzberater der

Bundesregierung zu machen.

Die Energiekonzerne wollen in Deutschland 28 neue Kohle-

kraftwerke bauen - eine Katastrophe für das Klima!

Hamburg, 06.03.07: ROBIN

WOOD-AktivistInnen stiegen

Vattenfall aufs Dach, um ge-

gen den Antrag des Energie-

konzerns zu protestieren, den

maroden Atommeiler Bruns-

büttel länger als im Atomge-

setz vorgesehen am Netz zu

lassen. Der längst überfällige

Atomausstieg würde damit in

noch weitere Ferne rücken.

Für die KundInnen von

Vattenfall verteilten die Ak-

tiven Flyer, in denen für den

einfachen Umstieg auf einen

Ökostromanbieter geworben

wird.

Mannheim, 27.02.07: Die

Großkraftwerk Mannheim AG

plant den Bau eines neuen

Steinkohlekraftwerks. Dort

gibt es bereits ein großes

Kohlekraftwerk, das Strom

und Fernwärme liefert. Ein

Bündnis aus acht lokalen Um-

weltgruppen, darunter ROBIN

WOOD Rhein-Neckar startete

eine Kampagne für eine

regenerative Energieversor-

gung der Region ohne neues

Kohlekraftwerk. Auftakt war

eine gemeinsame Aktion

während einer Gemeinderats-

sitzung vor dem Mannheimer

Stadthaus.

Bremen, 23.02.07: Beim einem Go

in drangen 50 mit Kohlestaub ge-

schminkte UmweltaktivistInnen in die

Zentrale des Bremer Energieversorgers

swb ein, um gegen den geplanten

Neubau eines riesigen Kohlekraftwerks

in der Region zu protestieren. Auf Initi-

ative von ROBIN WOOD gründete sich

nach der Aktion das Bremer Bündnis

für Erneuerbare Energien und gegen

Kohlekraft an der Weser.

Foto

s: A

nne-L

aure

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Berlin

Bremen

Hamburg

Mannheim

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7Nr. 93/2.07

tatorte

Papier-Konsum killt Wälder

Ausstellung Papierwende

Bahn für alle

Berlin, 29.03.07: Das Bündnis „Bahn für alle“

hat die Bahnbilanz von Bahnchef Hartmut

Mehdorn scharf kritisiert und eine Gegenbilanz

aufgemacht. Diese belegt, dass die Gewinne

auf Kosten der SteuerzahlerInnen, Bahn-Be-

schäftigten und des Klimaschutzes eingefahren

wurden. In Vorbereitung auf den Gang an die

Börse sind Strecken stillgelegt, das Schienen-

netz vernachlässigt, Arbeitsplätze abgebaut und

Schulden angehäuft worden. Aus Protest gegen

den Privatisierungskurs der Bahn demonstrierten

AktivistInnen von Attac, Verdi und ROBIN WOOD

am Potsdamer Platz, wo Mehdorn seine Bilanz

der Presse präsentierte.

Frankfurt, 24.01.07: Bei

der internationalen Messe

Paperworld warnte ROBIN

WOOD vor den Folgen des

viel zu hohen Papierkonsums

in den Industrieländern.

Weltweit werden 338 Milli-

arden Tonnen Papier jährlich

verbraucht, jeder zweite von

der Holzindustrie eingeschla-

gene Baum landet in der

Papierproduktion. Vor der

Messe spannten die Aktivis-

tInnen ein großes Tranparent

auf: „We have a dream:

Paperworld 100% recycled.“

ROBIN WOOD fordert einen

sparsamen Umgang mit

Papier und den konsequenten

Umstieg auf Recyclingpapier

Hamburg, 02.04.07: Was hat unser

Papierverbrauch mit der Umwelt

zu tun? Wie viel Holz braucht man,

um einen Klassensatz Schulhefte

herzustellen? Diese und viele weitere

Fragen wurden bei der Wanderaus-

stellung „Papierwende“ von ARA e.V.

beantwortet, die ROBIN WOOD vom

2. bis 20. April in Hamburg für Schü-

lerInnen präsentierte. Dort konnten

sie Schulhefte gegen Holz aufwiegen,

Papierfasern unter dem Mikroskop

betrachten und sich rund um das

Thema Holz und Papier gründlich

informieren. Foto: ROBIN WOOD/R. Fenner

Berlin

Frankfurt/Main

Hamburg

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Nr. 93/2.078

tropenwald

Tempo wird schwedischAm Morgen des 12. März 2007 war es die Topmeldung der Wirtschaftsticker: Der US Konsumgüterriese Procter&Gamble (P&G) verkauft sein Hygienepapier- und Taschen-tuchgeschäft an den schwedischen SCA-Konzern (Svenska Cellulosa Aktiebolaget). SCA erwirbt mit diesem Deal vor allem die Taschentuchmarke Tempo aber auch fünf Pro-duktionsstätten von P&G, darunter das Tempo-Werk in Neuss. Zum Kaufpaket gehören außerdem die europäischen Lizenzrechte für die Marken Charmin-Toilettenpapier und Bounty-Küchenrollen. Erste Signale aus der Konzernführung deuten darauf hin, dass SCA nach Übernahme des Tempo-Werks im Laufe dieses Jahres auf Zellstoff des Skandal-Unternehmens Aracruz-Celulose aus Brasilien für die Tempo-Produktion verzichten wird. Dies wäre aus Sicht von ROBIN WOOD ein notwendiger Schritt, damit der Konzern seine eigenen Umweltstandards erfüllt.

ROBIN WOOD hat seit 2005

mit zahlreichen Aktionen,

Briefen und Gesprächen Druck

auf P&G ausgeübt, den Zellstoff

für die Tempo-Taschentücher

nicht mehr bei Aracruz-Celulose zu

kaufen. Zur P&G-Hauptversammlung ist

das Tempowerk in Neuss deshalb zwei

Tage belagert worden. Hintergrund der

Proteste von ROBIN WODD ist, dass

Aracruz sich in den siebziger Jahren

während der brasilianischen Militärdikta-

tur widerrechtlich Indianerland angeeig-

net und Zehntausende Hektar Regen-

wald zerstört hatte, um dort riesige

Eukalyptus-Monokulturen anzupflanzen.

Bis heute verweigert Aracruz die Rück-

gabe von 11.000 Hektar Land an die

Tupinikim- und Guarani-Indianer. Auch

die afrikanischstämmigen Quilombolos

beschuldigen Aracruz des Landraubs und

wollen ihr Territorium zurück haben.

SCA muss Taten folgen lassen

Das alles soll jetzt mit dem neuen Eigen-

tümer besser werden. Der schwedische

Konzern versucht sich als besonders

verantwortungsvoller Papierproduzent zu

platzieren. Zum einen unterhält er eine

Kooperation mit der Umweltschutzor-

ganisation WWF bei der Recyclingmarke

„Danke“. Darüber hinaus finden sich

auf der SCA-Website gleich mehrere

Hinweise, dass ökologische und sozi-

ale Kriterien eine zentrale Rolle bei der

Rohstoffbeschaffung spielen. Unter

anderem heißt es dort, dass SCA keinen

Rohstoff aus Gebieten bezieht, in denen

es Landkonflikte mit Ureinwohnern gibt.

Das kann nur zur Folge haben, dass

Aracruz als Zellstofflieferant nach der

Übernahme nicht mehr in Frage kommt.

Gegenüber ROBIN WOOD hat sich SCA

vage geäußert. Sein Statement lässt

aber die Vermutung zu, dass Tempo

bald ohne Zellstoff von Aracruz auf den

Markt kommen wird.

Ende 2006 besetzten die Inde-genen den Hafen von Porto-cell, von wo der Eukalpytus-Zellstoff verschifft wird: Der Protest gegen Aracruz wird weitergehen

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9Nr. 93/2.07

tropenwald

“SCA will apply the fresh fibre sourcing

policy once we have control of the P&G

units in September. It will take some time

go through their current suppliers and if

needed phase out the ones that do not

comply with the policy.

SCA Tissue Europe is not sourcing from

Aracruz. We do not disclose the reasons

why we source or do not source from a

certain supplier as a matter of commer-

cial discretion.”

Dadurch werden Tempos noch lange

keine Ökoprodukte, aber es ist ein erster

Schritt in die richtige Richtung. Darü-

ber hinaus hat SCA noch jede Menge

Hausaufgaben zu bewältigen. Es bleibt

unklar aus welchen Quellen SCA seine

Produktion versorgt. Ebenso wie P&G

setzt SCA bei der Herstellung seiner Hy-

gienepapiere Eukalyptus-Zellstoff ein, um

die Produkte besonders flauschig zu ma-

chen. So ergaben von ROBIN WOOD in

Auftrag gegebene Faseruntersuchungen,

dass in der Premium-Marke „Zewa Sof-

ties“ 55 bis 60 Prozent Eukalyptusfasern

stecken. Auch wenn dieser Zellstoff nicht

von Aracruz stammt, stellt sich die Frage,

aus welcher Art von Plantagenwirtschaft

der Eukalyptus stammt.

Mit der Übernahme von Tempo und Co.

avanciert SCA in Bereich Hygienepapie-

ren zum Marktführer. Daraus ergibt sich

eine hohe Verantwortung. ROBIN WOOD

erwartet, dass SCA seinen Rohstoffbezug

transparent macht und noch wichtiger

wieder Taschentücher aus Recyclingpa-

pier anbietet. Das Unternehmen hatte

die Produktion seiner Recycling-Taschen-

tücher der Marke „Danke“ im Sommer

2004 eingestellt.

Mit dem Verkauf seiner europäischen

Hygienepapiersparte hat sich P&G dem

Druck von ROBIN WOOD und anderer

europäischer Umweltschutzorganisati-

onen entzogen. Gleichwohl bleibt P&G

ein wichtiger Kunde von Aracruz und

damit im Zentrum der Kritik. Es ist nicht

nachvollziehbar, warum P&G Geschäfts-

beziehungen mit Aracruz aufrechterhält.

Kampf gegen Aracruz geht weiter

Die Tupinikim und die Guarani Indianer

kämpfen nach wie vor verzweifelt um

das Land, das Aracruz ihnen genommen

hat. Aracruz weigert sich weiterhin, die

bereits von der Indianerbehörde FUNAI

als indigenes Territorium identifizierten

11.000 Hektar an die Indianer zurückzu-

geben. Der brasilianische Justizminister,

der die Rückgabe veranlassen könnte,

drückt sich vor einer klaren Entscheidung

und hat am 1. März dieses Jahres den

Vorgang an FUNAI zurückgegeben. Im

Dezember 2006 besetzten die Indigenen

Portocell, den Hafen von Aracruz, von

wo aus der Eukalyptuszellstoff nach

Europa verschifft wird.

Die Quilombolos, die ebenfalls Land

von Aracruz zurückfordern, blockierten

im Norden des brasilianischen Bundes-

staates Esprito Santo vier Tage lang die

Erntemaschinen von Aracruz: Aracruz

habe ihre Flüsse trockengelegt oder

vergiftet und Tausende Hektar Regen-

wald zerstört. Außerdem wehren die

Quilombolos sich gegen das Verbot, die

Erntereste der Eukalyptusproduktion zu

Holzkohle verarbeiten zu dürfen. Für sie

war das die einzige Möglichkeit Geld

zum Überleben zu verdienen, da sie

von Eukalyptusplantagen umgeben und

isoliert sind. Die Quilombolos werden

auch in Zukunft für ihre Landrechte auf

die Strasse gehen.

Tupinikim-Indianer Paulo Vicente de

Oliveira gibt sich weiter sehr entschlos-

sen: „Die Kampagne von ROBIN WOOD

hat uns bisher sehr unterstützt. Inter-

nationale Solidarität ist enorm wichtig

bei unserem Kampf gegen Aracruz. Das

Land gehört uns.“

Peter Gerhardt, Hamburg, [email protected]/tempo

Der US-amerikanische Konzern Protcer & Gamble wird das Tempo-Werk in Neuss an den schwedischen Papierkonzern SCA verkaufen: Ein Gewinn für die Menschen und die Umwelt?

Paulo Vicente de Oliveira

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titel

Nr. 93/2.0710 Fotos: Jens Wieting

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Der Wert der Vielfalt Hat Natur einen Wert? Und wenn ja, wie kann man ihn messen und wer zieht einen Nutzen aus ihm? Ist ein borealer Nadelwald mit seinen wenigen Pflanzen- und Tierarten weniger wert als ein tro-pischer Regenwald mit seiner überbordenden Vielfalt? Warum ist der Erhalt biologischer Vielfalt ein vorrangiges Ziel internationaler Naturschutzpolitik? Der Mensch als Hüter von Biodiversität – kann das gelingen?

titel

zwangsläufig zu einem großen Anpas-

sungsdruck der Tier- und Pflanzenarten,

die nur überleben konnten, wenn sie

sich stark spezialisierten. Hinzu kommt,

dass der Regenwald durch Klimaverän-

derungen innerhalb der Erdgeschichte

mehrmals auf wenige Waldinseln

zurückgedrängt wurde und sich von dort

erneut ausbreitete.

Viele Pflanzenarten – noch mehr Tierarten

Die Gesamtzahl der Arten ist im

Regenwald sehr hoch, die Anzahl der

Individuen einer Art oder innerhalb einer

Populationen aber sehr gering. Bei vielen

Baumarten findet man deshalb nur alle

paar Hektar ein Individuum einer Art,

wodurch die räumliche Ausbreitung

der Population stark begrenzt ist. So

verändern sich weit entfernt liegende

Teilpopulationen von Generation zu

Generation genetisch so weit, dass

schließlich eine neue Art entstanden ist.

Die so genannte Gendrift (d.h. die Ge-

schwindigkeit der genetischen Verände-

rung) ist im Regenwald besonders hoch.

Dies ist einer der Gründe für seine schier

unglaubliche biologische Vielfalt – aber

auch für seine Verwundbarkeit! Auf nur

zehn Hektar unberührtem Regenwald

auf der Insel Borneo zählte der Botaniker

Peter Ashton 700 Baumarten – mehr als

in ganz Europa vorkommen.

Im Vergleich zur große Vielfalt der

Pflanzenwelt ist die Vielfalt im Tierreich

fast unvorstellbar. So sind die meisten

Die Schreckensmeldungen über das

Sterben der Arten reißen nicht ab.

Die Ausrottung hat ein erdgeschicht-

lich einmaliges Ausmaß erreicht. Die

meisten Arten werden vernichtet, ohne

je entdeckt worden zu sein. Nur etwa

1,8 Millionen der geschätzten 10 bis 200

Millionen Arten auf der Erde sind wissen-

schaftlich beschrieben. Die Erfassung des

großen Rests gleicht einem Kampf gegen

Windmühlenflügel. Experten gehen

davon aus, dass täglich zwischen 70 und

100 Tier- und Pflanzenarten ausgerottet

werden.

Um diese hohe Ausrottungsrate zu

verstehen, ist es wichtig, den Begriff

der ökologischen Nische zu kennen. Ein

Ökosystem beherbergt maximal so viele

Arten, wie es Nischen in ihm gibt. Dabei

darf man sich die Nische nicht als einen

physischen Ort vorstellen, an dem eine

Art lebt, sondern vielmehr als das Zu-

sammenspiel aller Faktoren, die sie zum

Leben benötigt.

Es sind die Ökosysteme mit beson-

ders vielen ökologischen Nischen, mit

besonders vielen spezialisierten Arten, in

denen das Artensterben so horrend ist.

In diesen empfindlichen Lebensräumen

reicht schon eine kleine Störung, die

Zerstörung eines kleinen Gebiets, um die

Lebensgrundlagen mehrerer Arten zu

vernichten.

Beispiel Regenwald: Die meisten tro-

pischen Wälder sind extrem reich an

biologischen Nischen. Die hohe Lebens-

raum-Vielfalt ist dadurch entstanden,

dass die Ökosysteme schon sehr alt sind

und viel Zeit zur Ausdifferenzierung zur

Verfügung stand. Das Muttergestein ist

vielerorts so tief verwittert, dass die Bö-

den sehr nährstoffarm sind. Dies führte

tropischen Insektenarten zum Beispiel

auf eine einzige Baumart spezialisiert. Als

der amerikanische Forscher Terry Erwin in

den 1980er Jahren das Kronendach des

tropischen Regenwaldes untersuchte,

fand er 163 Käferarten, die auf eine ein-

zige Baumart spezialisiert waren. Wenn

jede der 50.000 tropischen Baumarten

ebenso viele Käferarten beherbergen

würde - so begann er zu rechnen - wä-

ren dies bereits acht Millionen Käferarten

allein im Kronendach der Regenwälder.

Die Gesamtzahl in den Tropen lebender

Insektenarten schätzte er deshalb auf 30

Millionen.

Hält man sich den Einfluss der Zahl der

Pflanzenarten auf die Zahl der Tierarten

vor Augen, wird klar, warum schon die

Rodung nur weniger Hektar Regenwald

einen hundertfachen Artentod zur

Folge haben kann. Eine weitere Ursache

ist die Zerschneidung von Biotopen:

Bleiben durch Zersiedelung, Infrastruk-

tur, Landwirtschaft oder Bergbau nur

noch Inseln von Wald zurück, kommt

es zum Zusammenbruch vieler Tier- und

Pflanzenpopulationen, weil diese nun

nicht mehr wie gewohnt innerhalb ihres

Verbreitungsgebietes wandern und sich

fortpflanzen können. Außerdem setzen

Stressfaktoren wie erhöhte Sonnenein-

strahlung, Hitze, Sturm, Wassererosion

die Arten weiter unter Druck.

Ideeller Wert oder Geldwert?

Vergleicht man einen tropischen Re-

genwald und einen mitteleuropäischen

Buchenwald aus dem Blickwinkel eines

Hohe Artenvielfalt im Tro-penwald: Allein die Zahl der Insektenarten wird auf 30 Millionen geschätzt

11Nr. 93/2.07

Page 12: Robin Wood Magazin 2/2007

titel

Nr. 93/2.0712

Adlers, wirkt der Regenwald biologisch

reich und der Buchenwald arm. Schaut

man aber mit den Augen einer Ameise,

wird einem schnell bewusst, dass bio-

logischer Reichtum sehr relativ ist. So

unterschiedlich die beiden Lebensräume

auch sind, sie haben eines gemeinsam:

Beide können nur fortbestehen, wenn

die in ihnen lebenden Arten perfekt

zusammenspielen, wenn also die Biodi-

versität mit all ihren Wechselwirkungen

erhalten bleibt. Keine Art ist überflüssig,

jede ausgerottete Art bedeutet ein ver-

ändertes Gleichgewicht im Ökosystem.

Diese ökologische Betrachtungsweise

macht deutlich, dass es sich beim Wert

der Vielfalt kaum um eine quantitativ

messbare Größe handelt – er ist vielmehr

von ideeller Natur. Für die Tenharim am

Amazonas bildet der artenreiche Regen-

wald das Habitat, von dem sie abhän-

gen. Die Saami in Lappland nehmen in

den artenärmeren Wäldern und Strauch-

vegetationen von Taiga und Tundra ihre

biologische Nische ein. Beide Völker

haben es gelernt, über Jahrtausende in

„ihrem“ Ökosystem zu überleben. Für

beide Völker ist die biologische Vielfalt

der Schlüssel zum Überleben – sie hat

den gleichen qualitativen Wert.

Auf der anderen Seite kann der Biodi-

versität über die Nutzung der vielfältigen

Naturprodukte durchaus ein volkswirt-

schaftlicher Wert zugeordnet werden:

Natürliche Schätze wie Patchouli, Sandel-

holz, Rattan, Pflanzenharze, Gummi, Ka-

pok, Schellack und Gewürze haben auf

dem Weltmarkt einen hohen Geldwert,

der sich bei schonender Gewinnung

ständig erneuert … ganz zu schweigen

vom unermesslichen medizinischen

Potential der „Natur-Apotheken“ auf der

ganzen Welt.

Bio-Piraterie

Gerade auf dem Feld der Medizinalpflan-

zen und ihrer Wirkstoffe ist allerdings ein

industrielles Wettrennen um Patente im

Gange, das verheerende Auswirkungen

auf die Einkommensmöglichkeiten der

lokalen Bevölkerungen hat. Einige der

wirksamsten Medikamente wurden nicht

von Pharmaunternehmen, sondern von

indigenen Völkern entwickelt, denen

sie seit Jahrtausenden das Überleben

sichern. Diese Völker sind sich weitge-

hend einig: Sie geißeln ein Patent auf

Leben sowie auf geistiges Eigentum als

„Bio-Piraterie“. Denn sie werden nur

selten am Gewinn beteiligt, und ist das

traditionelle Arzneipflanzen-Wissen erst

einmal patentiert, lassen sich die vor Ort

gewonnenen traditionellen Medizin-

produkte im Land selbst nur noch unter

Strafe vermarkten.

Die kommerzielle Ausbeutung der

Natur geht auf der anderen Seite schon

deshalb zu Lasten der Menschen in den

Ursprungsländern, weil sich an vielen

Krankheiten und Patienten kaum etwas

verdienen lässt. Etwa 60 Prozent der

Weltbevölkerung sind vorwiegend auf

traditionelle Arzneimittel angewiesen,

weil ihnen das Geld für teure Medika-

mente fehlt.

Die Forschung der großen Pharmafirmen

konzentriert sich indes auf Medikamente

für die zahlungskräftige Kundschaft in

den Industrieländern, die sich mehr mit

Markt in Kolumbien: Biologische Vielfalt ist weltweit der Schlüs-sel zum Überleben

Foto: Jens Wieting

Page 13: Robin Wood Magazin 2/2007

titel

Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkran-

kungen als mit Darminfekten plagen

muss. Das Nachsehen haben die Men-

schen in den Entwicklungsländern, vor

allem in den Tropen; seit 1975 sind über

1.500 neue medizinische Wirkstoffe auf

den Markt gekommen - aber nur ein

gutes Dutzend von ihnen hilft gegen

Krankheiten wie Malaria, Dengue-Fieber

oder Wurminfektionen.

Gewinn aus Bionik

Warum Piraterie an der Natur üben,

wenn die bloße Anschauung reicht? Die

Vielfalt der spezialisierten Formen und

Prinzipien der Natur, ihre „Erfindungen“,

scheinen schließlich für den Menschen

von unschätzbarem Wert zu sein. Viele

natürliche Funktionsprinzipien dienen

schon heute der Technik als Vorbild:

Ein weiterer wichtiger qualitativer Wert

von Biodiversität. Ob Haifischhaut zur

Verringerung des Wasser- und Luftwider-

stands, Lotusblüten-Struktur als selbstrei-

nigende Oberfläche, Eisbärfell und Termi-

tenbau-Lüftung für Niedrigenergiehäuser

oder photosynthetische Farbstoffe zur

Energiegewinnung – im Bauplan der

Natur schlummern enorme Potenziale

zur Lösung von Zukunftsproblemen.

Die Forschung hat dies erkannt und dem

intelligenten und organischen Designen

nach natürlichem Vorbild einen künst-

lichen Namen gegeben: Bionik, zusam-

mengesetzt aus Biologie und Technik.

So wie wir von dem jahrtausendealten

Wissen der Naturvölker lernen können,

ohne es gleich zu patentieren, können

wir auch vom jahrmillionenalten, in der

Evolution gespeicherten Wissen profitie-

ren, indem wir die Lebensformen genau

analysieren, ohne sie dabei zu zerstören.

Künstliche Vielfalt – genetische Armut

Zur biologischen Vielfalt gehört auch

die Vielfalt der Gene, die Vielfalt der Ei-

genschaften innerhalb der Populationen

einer Art. Die meisten Arten weisen Un-

terarten, Teilpopulationen oder Rassen

auf, die sich häufig in Größe, Gestalt,

Farbe, Stoffwechsel und ökologischen

Eigenschaften unterscheiden. Eine hohe

genetische Vielfalt innerhalb der Popula-

tionen ist ein Garant dafür, dass sich eine

Art an veränderte Umweltbedingungen

anpassen kann, weil immer genügend

widerstandsfähige Individuen vorhanden

sind.

„Macht euch die Erde untertan.“ Wer

das gesagt hat, muss den Nutzen dieser

Empfehlung wohl studiert haben: Über-

leben durch Urbarmachung und Nut-

zung der belebten und der unbelebten

Natur. Zu dem „natürlichen“ System

der biologischen Vielfalt gesellt sich

demnach die „künstliche“ Vielfalt der

Nutztiere und –pflanzen, deren Erhalt die

Zukunft der bestehenden Lebensweise

sichert.

Der Mensch ist jedoch dabei, durch

Genmanipulation und Klonen die Vielfalt

der Nutzpflanzen und bald vielleicht

auch der Nutztiere (siehe auch „Unter

Klon-Schafen“ auf Seite 40) so stark zu

reduzieren, dass ausgerechnet die alten

Kulturformen verdrängt werden, von

denen seine traditionelle Lebensweise

abhing.

Ein Beispiel: Der Apfel. Wie viele

verschiedene Apfelsorten existieren in

Deutschland – was würden Sie schätzen?

Zwanzig? Fünfzig? Vielleicht hundert?

Weit gefehlt: es sind nämlich gut 2500!

Im Handel befinden sich aber nur ganze

dreißig von ihnen. Eine fatale Entwick-

lung, denn nur eine breite genetische

Ausstattung bietet einer Art eine weite

Reaktions-Bandbreite gegenüber rasch

wechselnden Umwelteinflüssen (z.B.

Wetterextremen), wie sie im Zuge des

Klimawandels immer häufiger auftreten.

Ist eine Kultursorte erst einmal ver-

nichtet, braucht es Jahrhunderte, um

sie wieder zu erschaffen. Verliert die

Landwirtschaft aber gleich Hunderte an

Variationen, sind die meisten unwie-

derbringlich verloren. Wie arm unsere

Landnutzung schon geworden ist, zeigt

die Tatsache, dass zwei Drittel der Welt-

ernährung durch ganze zwölf Pflanzen-

und fünf Tierarten sicher gestellt wird.

Davon haben die drei Pflanzenarten

Weizen, Mais und Reis den mit Abstand

größten Anteil. Schon der Verlust nur

einer dieser Arten durch eine Epedemie

hätte verheerende Folgen für die Ernäh-

rungssicherheit.

Was kostet das Leben?

Warum überleben wir in Deutschland,

obwohl wir die ursprüngliche Natur, die

uns einst umgab, vor langer Zeit bereits

vernichtet haben? So provokativ wie

die Frage ist auch die Antwort: Weil wir

auf Kosten intakter Natur in anderen

Regionen der Welt leben. Vier Beispiele

machen dies deutlich.

1 Die meisten Waschmittel, Kosmetika,

Margarinen und Bratfette, die wir

in Deutschland verwenden, enthalten

Palmöl aus Ölpalmen, die meist auf

Kosten Hunderttausender Hektar Primär-

Regenwald in Plantagen, vor allem in

Südostasien, angepflanzt werden. Seit

einigen Jahren kommt noch der Boom

der so genannten Biokraftstoffe hinzu,

der zu einer weiteren massiven Auswei-

tung der Ölpalm-Plantagen führt. Schon

eine Million Tonnen Palmöl werden in

europäischen Blockheizkraftwerken

jährlich verbrannt und 270.000 Tonnen

Einfalt statt Vielfalt: Allein in Deutschland sind von den 2500 Apfelsorten nur 30 im Handel zu finden

Foto: obs/Südtiroler Apfelkonsortium

13Nr. 93/2.07

Page 14: Robin Wood Magazin 2/2007

titel

Nr. 93/2.0714

Palmöl werden zur Zeit pro Jahr zu Bio-

diesel raffiniert. Für die Anlage der Plan-

tagen werden in den Wäldern zunächst

die wertvollsten Hölzer geschlagen und

verkauft und der verbliebene Wald ent-

weder angezündet oder in Papier- und

Zellstoff-Fabriken verarbeitet. Die Firmen

sind meist miteinander verbunden und

verdienen auf allen Ebenen am Geschäft

mit der Vernichtung der biologischen

Vielfalt. Bis heute gibt es kein Zertifikat

für Palmöl aus ökologisch und sozial

vertretbarem Anbau. Auch für die Palm-

ölprodukte in Bio-Lebensmitteln mussten

meist Regenwälder weichen.

2 Viele Papierprodukte aus frischen

Zellulosefasern, die wir im Laden

erstehen, werden zum Teil oder ganz aus

Holz gewonnen, das – legal oder illegal

– in Natur- bzw. Urwäldern geschlagen

wurde. Erst der Holzeinschlag öffnet den

Wald für die weitere Vernichtung.

3 Ein Großteil der in Deutschland er-

hältlichen Tropenhölzer stammt aus

Raubbau in Naturwäldern oder aus Plan-

tagen, für die Urwald weichen musste.

Fast die Hälfte des Holzes stammt aus

illegalen Quellen in Schutzgebieten oder

Waldgebieten außerhalb von Konzes-

sionen. Dabei könnte mit dem Verkauf

von Nicht-Holz-Produkten wie Früchten,

Blättern, Ästen, Rinde und Gummi auf

schonende Weise ein wesentlich höherer

und vor allem dauerhafter wirtschaft-

licher Ertrag erzielt und die Menschen

vor Ort ernährt werden.

Bislang gibt es in Deutschland kein

politisches Instrument gegen illegalen

Holzhandel bzw. gegen die Fälschung

von Nachhaltigkeits-Zertifikaten. Die

letzte rot-grüne Bundesregierung hatte

zwar einen Entwurf eines Urwaldschutz-

Gesetzes eingebracht, dieser wurde

jedoch nun von Schwarz-Rot mit dem

Hinweis auf eine wesentlich schwächere

und nur schleppend in Gang kommende

EU-Richtlinie namens FLEGT (Forest Law

Enforcement, Governance and Trade)

abgelehnt. Die Verantwortung für den

Erhalt der Urwälder und ihrer Tausenden

Tier- und Pflanzenarten liegt bis heute

ganz klar bei den VerbraucherInnen.

Nur das FSC-Siegel (Forest Stewardship

Council) auf Holz garantiert bislang

einigermaßen ökologisch und sozial ver-

trägliche Holzgewinnung. Und für Holz

mit diesem Zeichen muss der Kunde

meist deutlich mehr bezahlen als für

Raubbau-Holz.

4 Wir essen gerne einmal pro Wo-

che Fisch – am liebsten den lecker

panierten „Seelachs“. Weil beim Fang

von Meeresfischen aber weder auf den

Erhalt der Lebensräume und Brutstät-

ten, noch auf die Schonung geschützter

Arten wie Delfine, Wale und Albatrosse

geachtet wird, die Nachfrage nach Fisch,

Fischmehl und Fischöl immer noch rasant

steigt und die industriellen Fangschiffe

und Fischereiflotten immer größer, effi-

zienter und zerstörerischer werden, sind

die Meere schon fast leergefischt. Das

Ökosystem Meer ist so gut wie zerstört.

Nur das so genannte MSC-Siegel (Ma-

rine Stewardship Council) auf Fischverpa-

ckungen garantiert bisher einigermaßen

Foto: obs/Deutsche See

Lachs mit MSC-Siegel

2005 verschwanden die letzten Tief-

land-Regenwälder der indonesischen

Insel Sumatra für den riesigen Bedarf

der Zellstoff- und Papierfabriken, die

zum Teil mit deutschen Steuergeldern

finanziert wurden. Damit wurden nicht

nur die letzten Wälder, sondern auch der

Lebensraum von Orang-Utan, Nashorn

und Tiger für immer vernichtet.

Hinzu kommt, dass Produkte aus Frisch-

fasern bei ihrer Herstellung im Vergleich

zu Recyclingpapieren ein Vielfaches an

Energie, Wasser und Chemie verbrau-

chen und dadurch die biologische Viel-

falt wesentlich stärker beeinträchtigen.

Nur das Umweltzeichen „Blauer Engel“

des Umweltbundesamtes garantiert

bislang, dass das einhundertprozentig

recycelte Papier höchste Ansprüche an

Beschreibbarkeit, Maschinen-Lauffähig-

keit und Altersbeständigkeit erfüllt.

Page 15: Robin Wood Magazin 2/2007

titel

bestandsschonenden Fang. Und für Fisch

mit diesem Zeichen muss der Kunde

meist deutlich mehr berappen als für

herkömmlichen Fisch.

Hast‘ nen Taler, gehst zum Markt, kaufst ’ne Kuh…

Natürlich ist unsere luxuriöse Lebens-

weise nur ein Teil der Antwort darauf,

warum die Menschen in den „ent-

wickelten“ Ländern bislang auch ohne

ihre ursprüngliche biologische Umwelt

überleben. Ein anderer Punkt ist, dass

sich der Mensch mit künstlich geschaf-

fenen Agro-Ökosystemen am Leben

erhält. Auch die landwirtschaftliche

Biodiversität hängt jedoch von der natür-

lichen Biosphäre ab: von intakten Böden,

einer sauberen Atmosphäre sowie der

Verfügbarkeit von Futterpflanzen und

Trinkwasser.

Und dies ist ein weiterer wichtiger

Aspekt für den Wert der Vielfalt: Ob

landwirtschaftliches oder natürliches

Ökosystem – der Erhalt der Biodiversität

an einem Ort der Erde ist auf lange Sicht

vom Schutz der Natur an anderer Stelle

abhängig. Es genügt also nicht, den

Kaufpreis einer Parzelle Land zu demjeni-

gen einer Kuh zu addieren, um den Preis

des Überlebens zu ermitteln - man muss

auch die ökologischen Verbindung zwi-

schen der Kuh und der Welt betrachten.

1996 ließ der Schweizer Regenwald-

schützer Bruno Manser die LeserInnen

seines Artikels ein Gedankenexperiment

vollziehen, das sinngemäß lautete:

Vergleichen wir die Entwicklung unseres

4,6 Milliarden Jahre alten Planeten mit

der eines heute 46 Jahre alten Men-

schen. Im Alter von sieben Jahren bilden

sich die ersten Felsen. Drei Jahre später

sind in dem sich auf ihnen sammelnden

Wasser die ersten einzelligen Lebe-

wesen zu finden. Erst im Alter von 30

Jahren entstehen höher entwickelte

Lebensformen wie Quallen und Weich-

tiere. Nach 42 Jahren blühen die ersten

Pflanzen. Vor einem Jahr erschienen die

Dinosaurier – und verschwanden nur

wenige Monate später. Vor acht Mona-

ten tauchten die ersten Säugetiere auf.

Vor wenigen Tagen begann die erste Eis-

zeit. Der moderne Mensch existiert erst

seit vier Stunden. Vor einer

Stunde hat er die Landwirt-

schaft entdeckt, die industri-

elle Revolution begann erst

vor einer Minute. In dieser

einen Minute hat der Mensch

sich auf das Zehnfache ver-

mehrt, Paradiese geplündert,

hunderttausendfach Arten

vernichtet und große Teile

der Erde für viele Lebewesen

unbewohnbar gemacht.

Wie viele Sekunden bleiben

uns noch, um zu entscheiden,

ob wir unsere Lebensgrund-

lage, die biologische Vielfalt,

erhalten wollen und ob wir

dieser Entscheidung auch

Taten folgen lassen?

Christian Offer ist Waldö-kologe. Er ist freiberuflich

im Umweltbereich als Fachautor, Seminarleiter und Pädagoge tätig und ehrenamtlich für ROBIN

WOOD, Watch Indonesia! und die Arbeitsgemein-

schaft Regenwald und Artenschutz (ARA) aktiv.

[email protected]

Mehr Infos:

Arbeitsgemeinschaft Regen-wald und Artenschutz (Hg.), 2002, Der Wert der Vielfalt, ARA konkret 5, 59 Seiten, € 4,50, Bezug über: [email protected]

ARA (Hg.), 1995, Leben und Leben lassen, Biodiversität – Ökonomie, Natur- und Kulturschutz im Widerstreit, ökozid Jahrbuch Nr. 10, Son-derpreis € 5,-; Bezug über: [email protected]

www.biologischevielfalt.dewww.forumue.dewww.panda.org/ stopoverfishing.www.bukoagrar.de/94.0.html.www.geo.de/artenvielfalt

Foto: argus/Janke

UN-Konvention über die

Biologische Vielfalt

Auf der Konferenz zu Umwelt und Ent-

wicklung der Vereinten Nationen im Jahr

1992 in Rio de Janeiro haben über 150

Staaten die Konvention über die biolo-

gische Vielfalt verabschiedet, die Ende

1993 in Kraft getreten ist und schon von

168 Ländern in nationales Recht umge-

setzt wurde. Seitdem sind Pflanzen- und

Tierarten mit ihren Erbinformationen

souveränes Eigentum der Staaten, in

denen sie vorkommen. Die Unterzeich-

ner verpflichten sich zum Schutz der Bio-

diversität, dem ein ebenso großer Wert

für das Leben auf der Erde beigemessen

wird wie der Schutz des Klimas.

Die Konvention beinhaltet ausdrücklich

den nachhaltigen Nutzen der biolo-

gischen Vielfalt und den so genannten

Vorteilsausgleich zwischen dem, der die

biologische Vielfalt nutzt (z.B. einem

Pharmaunternehmen) und dem, der die

biologische Vielfalt für diese Nutzung

erhält (z.B. einer indigenen Volks-

gruppe). Alle zwei Jahre finden Vertrags-

staatenkonferenzen zur Umsetzung der

Konvention statt. Die nächste wird 2008

in Deutschland sein. Die Vertragsstaaten

haben sich außerdem verpflichtet, regel-

mäßige Nationalberichte über den Stand

ihrer biologischen Vielfalt zu verfassen.

In diesen Berichten können sich auch

Naturschutz- und andere Nichtregie-

rungsorganisationen zur Sache äußern.

Vor einigen Jahren wurde der Clearing-

House Mechanismus (CHM) als zentrales

Informations-, Kommunikations- und

Kooperationssystem der Biodiversi-

tätskonvention eingeführt. Mit dem

CHM wollen die Vertragsstaaten die

wissenschaftliche und technologische

Zusammenarbeit zwischen allen Ländern

fördern und den Austausch sowie den

Zugriff auf Informationen und Daten

rund um die Umsetzung der Konvention

unterstützen.

15Nr. 93/2.07

Page 16: Robin Wood Magazin 2/2007

titel

Nr. 93/2.0716

Artenvielfalt und KlimawandelWissenschaftlerInnen halten bundesweit einen Verlust bis zu 30 Prozent aller Pflanzen- und Tierarten in den nächsten Jahren für wahrscheinlich. Schließlich reißen die Meldungen der klimatischen Superlative nicht ab: „grüne Weihnacht bei 18 Grad“, „Sommer im April“ - die steigenden Temperaturen lassen die Vielfalt unserer heimischen Tier- und Pflanzenwelt schrumpfen.

Ende 2006 veröffentlichte das Um-

weltbundesamt eine neue Studie

zum Umweltbewusstsein: Darin fordern

67 Prozent der Befragten, dass Deutsch-

land eine Vorreiterrolle beim Klimaschutz

übernehmen müsse. Das sind deutlich

mehr Menschen als in den Vorjahren. 95

Prozent sehen im Verlust der biolo-

gischen Vielfalt ein großes Problem und

fordern vom Staat, dass er dringend

handeln müsse!

Allerdings sind die Anstrengungen zum

Artenschutz weltweit bei der UN-Konfe-

renz zur biologischen Vielfalt im brasili-

anischen Curitiba im März 2006 erneut

gescheitert. So hatten die Delegierten

2004 in Malaysia beschlossen, dem

weltweiten Artenschwund mit einem

globalen Netzwerk aus Schutzgebieten

zu begegnen. Bei dieser Absichtserklä-

rung ist es geblieben, die USA haben

jetzt sogar angekündigt ihre Gelder für

den UN-Klima- und Artenschutzfonds zu

halbieren.

Auch notorische Skeptiker räumen jetzt

ein, dass der Mensch die Erdatmosphäre

aufheizt. So ist die durchschnittliche

bodennahe Lufttemperatur im letzten

Jahrhundert weltweit um 0,7 Grad

Celsius und in Europa sogar um 0,95

Grad angestiegen. Das Bundesamt für

Naturschutz (BfN) rechnet damit, dass

sich die bisherigen Temperaturzonen um

mehr als 100 Kilometer nach Norden

verschieben werden. Gleichzeitig sind

die Niederschlagsmengen in Nordeuropa

von 1900 bis 2000 um 10 bis 40 Prozent

gestiegen, während sie in Südeuropa um

bis zu 20 Prozent abgenommen haben.

ExpertInnen des UN-Weltklimarats IPCC

schätzen die Klimaveränderungen der

letzten Jahrzehnte im Vergleich zu de-

nen, die in den nächsten hundert Jahren

auf die Menschen zu kommen, noch als

gering ein. Trotzdem sind schon heute

die Wirkungen des Klimawandels auf die

Natur deutlich nachzuweisen.

Das BfN hält einen Verlust von fünf bis

30 Prozent aller Pflanzen- und

Tierarten in den nächsten

Jahren in der Bundesrepublik

für wahrscheinlich. Es erwar-

tet, dass neue Arten ein-

wandern werden – mit noch

unbekannten Auswirkungen

Der Kuckuck kommt zu spätFoto: okapia/B. Roth

Page 17: Robin Wood Magazin 2/2007

titel

auf die bestehenden Ökosysteme. Wis-

senschaftler der Uni Göttingen haben

die Literatur der vergangenen hundert

Jahre durchforstet und kommen zu dem

Schluss, dass schon heute bei uns die

Pflanzen früher blühen und fruchten,

einige Zugvögel im Winter nicht mehr

fortziehen und die Bewohner der Meere

ihr Wanderungsverhalten verändert

haben.

So entfalten die Bäume ihre Blätter eu-

ropaweit, gemessen zwischen 1969 und

1980, um acht Tage früher. Und auch

die ersten Schmetterlinge werden rund

28 Tage früher im Jahr gesichtet. Nicht

weniger dramatisch ändern die Zugvögel

ihr Verhalten: Immer mehr Mönchsgras-

mücken geben ihre Winterquartiere am

Mittelmeer auf und ziehen stattdessen

Richtung Nordwesten auf die Britischen

Inseln – der Weg ist für diese kleine Sing-

vogelart kürzer.

Für Vogelarten existieren oft jahrhun-

dertelange Aufzeichnungen, die zum

Beispiel belegen, dass sich der Bienen-

fresser in wärmeren Zeiten ausbreitet.

1638 kam er in Sachsen-Anhalt vor und

verschwand in der folgenden „kleinen

Kaltzeit“ wieder. Seit 1990 ist er dort

wieder mit ungefähr 100 Brutpaaren hei-

misch. Der kühlebedürftige Wasserpieper

dagegen rückt im Schwarzwald in immer

höhere, kühlere Regionen auf.

Kuckuck und Frosch wird es zu heiß

Der Kuckuck macht deutlich, wie kom-

plex sich der Klimawandel auf das Zu-

sammenspiel der Arten auswirken kann.

Seine Wirte kehren mittlerweile immer

früher aus ihren Winterquartieren zu-

rück. Da der Kuckuck seine Ankunftszeit

jedoch nicht angepasst hat, kommt er

häufig zu spät, um seine Eier in fremde

Nester zu legen. Auch er weicht zuneh-

mend in kühlere, höhere Lagen aus – bis

es ihm auch dort zu heiß werden wird.

Die Umweltorganisation Euronatur

hatte bereits Anfang Februar die

ersten Molche in Tümpeln vor allem in

Süddeutschland gesichtet und hält die

heimischen Amphibien für die ersten

Opfer der Klimaveränderung. Die hohen

Temperaturen im Januar wecken Molche,

Frösche, Kröten und Salamander viel zu

früh aus dem Winterschlaf. Kommt es

dann zu Kälteeinbrüchen, sterben die

erwachsenen Tiere und die bereits abge-

legten Eier können sich nicht entwickeln.

Ohnehin sind die Amphibien durch den

Klimawandel besonders bedroht: Im

Sommer führen lange Trockenperioden

zum Austrocknen von Kleinstgewässer,

die diese Arten zum Überleben brau-

chen.

Derzeit verzeichnen Experten in Europa

so etwas wie eine Völkerwanderung

der Schmetterlinge. Wie das Helmholtz-

Zentrum für Umweltforschung im März

meldete, ermöglicht der warme Winter

vor allem wärmeliebende Arten, ihr Areal

nach Norden auszudehnen. So ist der

Große Fuchs, vor 10 Jahren auf einige

Reststandorte zurückgedrängt, wieder in

vielen Teilen Süddeutschlands zu finden.

Was für eine Reihe von Arten gut zu

sein scheint, ist schlecht für andere. Vor

allem Schmetterlingsarten die kühlere

klimatische Bedingungen vorziehen und

beispielsweise in Mooren und Gebirgen

vorkommen, geraten immer mehr in

Schwierigkeiten. Eine andere Entwick-

lung zeigt der Admiral, der ein klas-

sischer Wanderfalter ist und jedes Jahr

aus dem Mittelmeerraum neu bei uns

einwandert. Inzwischen sind die Winter

bei uns so mild, dass die Falter seit 10 bis

20 Jahren auch bei uns überwintern.

Ein weiterer Effekt mit großer Wirkung:

Der Klimawandel lässt neue Arten ein-

wandern. Das kann im Fall von pflanzen-

fressenden Insekten oder Krankheitsü-

berträgern beträchtliche negative Folgen

für den Menschen haben. So begünsti-

gen die milden Winter die Ausbreitung

der Zecken in Richtung Norden, die im

Gepäck den Überträger der Hirnhautent-

zündung FSME haben. In Brandenburg

ist in den letzten beiden Jahren die Zahl

der FSME-Erkrankungen stark angestie-

gen.

Der Präsident des BfN, Hartmut

Vogtmann, fordert daher einen

wirksamen Klimaschutz und den Ausbau

erneuerbarer Energien, „um unsere

Tier- und Pflanzenwelt nicht einem

Experiment mit ungewissem Ausgang zu

unterziehen.“ Er fordert eine Vernetzung

von Lebensräumen, damit die Arten

bei der Verschiebung von Klimazonen

neue und für sie geeignete Lebensräume

finden können. Allerdings geht heute

die Reise noch in eine andere Richtung

– täglich werden neue Flächen bebaut

und versiegelt, Naturräume durch den

ungebremsten Straßenbau zerschnitten

und Bäche und Flüsse verbaut.

Der Trend natürliche Ökosysteme zu

zerstören ist weltweit ungebrochen:

Wälder werden gerodet oder in inten-

siv genutzte Forsten und Plantagen

umgewandelt, die letzten Moore werden

trockengelegt und natürliche Grasländer

für die Landwirtschaft umgepflügt. Der

Schutz der letzten verbliebenen natur-

nahen Lebensräume wäre kostengünstig

und eine sehr wirksame Maßnahme um

unser Klima zu retten.

2008 wird Deutschland Gastgeber der

UN-Konferenz zum Schutz der biolo-

gischen Vielfalt sein. Machen wir Druck,

dass sich die Politik bewegt und Ernst

macht mit dem Schutz des Klimas und

der Artenvielfalt weltweit.

– Horst Korn und Cordula Epple: Biologische

Vielfalt – Gefahren, Chancen, Handlungsopti-

onen. BfN-Skript 148, 2006

– BfN (2004): Klimawandel und Biologische

Vielfalt. In: Daten zur Natur 2004. Landwirt-

schaftsverlag, Münster

– IPCC 2002: Climate change and Biodiversity

www.ufz.de

www.euronatur.de

Christiane Weitzel, Schwedt

Amphibien: erste Opfer der Klimaerwärmung

Foto: www.pixelio.de

17Nr. 93/2.07

Page 18: Robin Wood Magazin 2/2007

18 Nr. 93/2.07

Kein guter FischzugAn der kanadischen Westküste kehren Zehntausende Lachse aus dem Pazifik in ihre Laichgründe zurück. Sie spielen eine zentrale Rolle für die Ökosysteme Ozean und Regenwald, doch die Überle-benschancen für ihren Nachwuchs sind ungewiss.

Fotos: Jens Wieting

titel

Unter von Moos überwucherten

Urwaldbäumen pflügen Hunderte

dunkle Fischleiber durch das Bachbett im

Goldstream Provincial Park nahe Victoria,

der Hauptstadt der Provinz British Co-

lumbia. Es ist November auf Vancouver

Island und die Lachse sind aus dem Meer

zurückgekehrt, um ihren Laich im Kies

der klaren Waldbäche abzulegen und ih-

ren Lebenszyklus zu beenden. So schnell

wie sie sterben, beginnt das Festmahl für

Möwen, Krähen und zahlreiche andere

Tierarten, die auf die Lachse gewartet

haben. Schon nach der Wanderung

stromaufwärts über Felsen und Treibgut

sehen einzelne Fische halb zerfetzt aus.

Es ist ein atemberaubendes Schau-

spiel von Leben und Tod, buchstäblich

getragen von Biomasse, die seit Jahrtau-

senden ihren eingeschriebenen Bahnen

folgt. Doch das Phänomen Lachszug ist

gestört und gefährdet.

„2006 spielte verrückt, das Jahr davor

war katastrophal,“ sagt Darren Copley,

Biologe und Mitarbeiter der Parkverwal-

tung. Er beobachtet seit 15 Jahren den

Lachszug im Goldstream Park und ist

besorgt. Drei Arten kommen im Gold-

stream Park vor: Hundslachse, Königs-

lachse und Silberlachse. 2003 und 2004

kehrten noch über 20.000 Hundslachse

und mehrere Hundert Königs- und

Silberlachse nach Goldstream zurück.

2005 waren es nur gut 5.000 Hunds-

lachse und nur ein Bruchteil der Silber-

lachse früherer Jahre. Im Herbst 2006

sind 15.000 Hundslachse, aber nur 40

Königs- und Silberlachse zurückgekehrt!

„Eigentlich sollten im Herbst etwa

60.000 Lachse durch diesen Park

ziehen,“ schätzt Copley. Fischfang,

Abholzung und Erosion in den Tälern

sowie die Schadstoffbelastung der Ge-

wässer bedrohen den Lachs an Kanadas

Westküste. Ein genaues Verständnis der

Ursachen für den Rückgang der Lachse

ist nicht einfach, denn ihr Lebenszyklus

ist ein komplexes Geschehen zwischen

Ozean, Fluss und Wald. Zwischen dem

Aufbruch der Fischbrut und der Rück-

kehr in die Ursprungsgewässer legen die

Lachse je nach Art im Laufe mehrerer

Jahre bis zu 4.000 Kilometer zurück. Kö-

nigslachse werden auf ihrer Wanderung

rund 13 Kilogramm schwer, einzelne

Exemplare erreichen aber auch über 50

Kilogramm Gewicht.

Höhere Temperaturen und zu wenig Regen bringen Lachse in Not

Copley sieht einen Zusammenhang

zwischen der Zahl der zurückkehrenden

Lachse und den höheren Durchschnitts-

temperaturen der letzten Jahre. 2003

etwa war ein ungewöhnlich warmes Jahr

in Nordamerika und anderen Erdteilen.

Auch die Meerestemperaturen vor der

Westküste Kanadas waren höher als

gewöhnlich mit direkten Auswirkungen

auf die Nahrungskette im Meer. „Warme

Wasserschichten an der Meeresober-

fläche blockieren aufsteigende nähr-

stoffreiche Strömungen, die für das

Wachstum von Plankton sorgen“, erklärt

Copley. Diese Kleinstlebewesen sind für

die Ernährung der Lachse unabdingbar.

Gleichzeitig sind die höheren Tempera-

turen günstig für Raubfische, die es auf

die kleinen Lachse abgesehen haben. Die

Meerestemperaturen 2003 könnten also

erklären, warum 2005 nur ein Bruchteil

der Lachse in den Goldstream Park und

andere Gewässer zurückgekehrt ist.

2006 haben sich die Lachszahlen im

Goldstream Park wieder normalisiert,

doch hat der Lachszug extrem spät

Die Lachse tragen zum Wachs-tum der Urwaldriesen im Gold-stream Park bei

Page 19: Robin Wood Magazin 2/2007

Nr. 93/2.07 19

titel

begonnen. „Vor 15 Jahren kamen die Lachse im

Schnitt zwei Wochen früher zurück“, erklärt Copley.

Ein seit Jahren im Park verkehrender Schwarzbär

hatte sich wie gewöhnlich Ende Oktober eingestellt,

um sich an den Lachsen gütlich zu tun. Stattdessen

habe er die alten Apfelbäume am Naturhaus ge-

plündert, so der Biologe. Genauso haben Weißkopf-

seeadler und Möwen tagelang vergeblich auf ihr

Festmahl gewartet. Bis in den Oktober dauerte die

regenarme Zeit auf Vancouver Island und viele Bä-

che führten Ende des Monates kaum noch Wasser.

Die Lachse im Ozean warten mit ihrer Herbstwan-

derung aber auf die Zunahme der Abflussmenge

in den Mündungsgebieten der Fließgewässer nach

dem Einsetzen stärkerer Niederschläge.

Die Lachse erkennen anhand des Abflusses der

Flüsse nicht nur den richtigen Zeitpunkt für die

Rückwanderung – sie können mit ihrer Nase auch

die jeweilige Wassermischung ihres Heimatgewäs-

sers erkennen und den richtigen Weg „riechen“.

Hundslachs

Ans Ufer gespülter Lachsleich

Nr. 93/2.07

Page 20: Robin Wood Magazin 2/2007

titel

Nr. 93/2.0720

Offenbar wird die Lachsbrut auf ihrem

Weg in das Meer mit der jeweiligen

unverkennbaren Geschmacks- und

Geruchsnote der Gewässer geprägt,

in denen sie aus den Eiern geschlüpft

sind. Nur ein kleiner Prozentsatz der

Fische landet in fremden Gewässern. Sie

tragen zur genetischen Variation und zur

Neubesiedlung von Lebensräumen etwa

nach Erdrutschen bei.

Die Orientierungsleistung der Lachsnase

fällt jedoch aus, wenn die Schadstoffbe-

lastung der Flüsse steigt und die Riechor-

gane der Lachse Schaden nehmen. „Un-

sere Forschungsergebnisse zeigen, dass

Umweltgifte die Verhaltensmuster und

das Immunsystem der Lachse beeinträch-

tigen“, erklärt Peter Ross, Toxikologe

am Institut für Ozeanwissenschaften

in Sidney, 20 Kilometer nördlich von

Victoria. Sein Fachgebiet sind die Folgen

der Schadstoffbelastung in Meerestieren,

insbesondere von Schwertwalen und an-

deren Säugetieren, die sich wiederum in

erheblichem Maße von Lachs ernähren.

„Seit 1996 erstmals der Herbstzug der

Rotlachse im Fraser River eingebrochen

ist, wissen wir, dass wir es mit einer aus-

gewachsenen Krise zu tun haben,“ so

der Toxikologe. Mehrfach sind seitdem

über 90 Prozent der Lachse auf ihrer

Wanderung in den größten Fluss von

British Columbia eingegangen, ohne

für Nachkommen zu sorgen. Die Fische

machen sich zu früh auf die Reise, sind

noch nicht geschlechtsreif und werden

von Parasiten befallen, die nur im

Sommer verbreitet sind. Der 1.400

Kilometer lange Fraser mündet bei

Vancouver ins Meer und ist belastet

durch Abwässer von Städten, Indus-

trie und Landwirtschaft. „Es ist ein

Desaster, das wir noch nicht verstehen.

Aber wir wissen, dass Schadstoffe das

Wanderverhalten der Lachse durchein-

ander bringen,“ sagt Ross.

Umweltgifte machen die Lachse krank

Die Forschungsergebnisse des Toxi-

kologen zeigen, wie sich langlebige

Schadstoffe in der Nahrungskette im

Meer und an der Küste anreichern. So

gehören die Schwertwale an der West-

küste Kanadas zu den Säugetieren, die

weltweit am stärksten mit Polychlo-

rierten Biphenylen (PCBs) belastet sind,

giftigen Chlorverbindungen, die Krebs

auslösen können. Ein Schwertwal frisst

bis zu 200 Lachse am Tag. Bei Grizzly-

bären, ebenfalls Lachsliebhaber, geht

90 Prozent der PCB-Belastung auf den

Lachs zurück, weiß Ross. Gleichzeitig

ist Ross besorgt, dass die Nahrungs-

pyramide, in welcher der Lachs eine

so unübersehbar dominante Rolle

spielt und an deren Spitze u.a. Wale

und Bären stehen, in sich zusammen-

bricht, wenn die Fischbestände durch

Umweltgifte und andere Ursachen

ausfallen würden. Der Toxikologie

befürchtet, dass der Klimawandel in

Kombination mit der Schadstoffbelas-

tung diese Gefahr noch verschärft.

Dr. Tom Reimchen, Biologe an der

Universität Victoria, hält es für ver-

früht, Aussagen über den Einfluss des

Klimawandels auf den Lachs zu machen.

Er macht sich schon wesentlich länger

Sorgen um den Lachs als der Klimawan-

del debattiert wird. „An der Küste von

British Columbia sind die Lachsbestände

durch Eingriffe des Menschen seit 1880

zwischen 30 und 90 Prozent zurückge-

gangen,“ erklärt der wettergegerbte

Biologe. „Die wichtigsten Ursachen

sind die Zerstörung von Laichgründen

durch Abholzung sowie Fischerei.“ An

der Westküste der südlich an British

Columbia grenzenden US-Bundesstaa-

ten Washington und Oregon seien die

Bestände sogar um 90 – 97 Prozent

eingebrochen, weil außerdem zahlreiche

Lebensräume durch Staudämme und

Verbauung zerstört wurden.

Reimchen kennt sich aus mit dem Auf

und Ab der Lachsbestände. Er hat durch

seine Arbeit nachgewiesen, dass die

Lachse einen entscheidenden Einfluss

auf Biomasse und Artenvielfalt im Öko-

system des Küstenregenwaldes nehmen.

In seinem Arbeitszimmer bewahrt er

Hunderte von fingerdicken, etwa einen

Meter langen Rundholzstäben auf. Es

sind Bohrkerne aus Urwaldriesen, und

Reimchen hat festgestellt, dass sich an

den Jahresringen der Bäume ablesen

lässt, wie viele Lachse jährlich durch das

Tal gezogen sind. Reimchen will in über

einhundert Tälern der Westküste die

Bestandsdynamik der Pazifischen Lachse

in den letzten 500 Jahren rekonstruieren.

Dem Biologen war aufgefallen, dass

viele der größten Regenwaldbäume in

Tälern der Westküste wachsen, in denen

die Lachse ihre Laichgründe haben. Im

Wenn der Klimawandel die Meere weiter aufheizt, ist der Zug der Lachse in Gefahr

Page 21: Robin Wood Magazin 2/2007

21

titel

Oktober 1993 beobachtete er in Bag

Harbour auf den Queen Charlotte-In-

seln sechs Wochen lang eine Gruppe

von Schwarzbären beim Lachsfang. In

diesem Zeitraum fingen die sechs Bären

mehr als 3.000 Lachse und damit etwa

zwei Drittel aller Fische, die durch den

Bach zogen. Fast alle gefangenen Fische

hatten bereits abgelaicht, so dass der

Beutezug der Bären keine Gefahr für die

Zukunft des Lachsbestandes darstellte.

Seine Hochrechnung ergab, dass die

pelzigen Fischräuber bis zu vier Tonnen

Fisch in einen Hektar Wald tragen.

Reimchen war bekannt, dass für die Ve-

getation verfügbarer Stickstoff im Wald

Mangelware ist – die Körper der Lachse,

die ihre Reise im Wald beenden, beste-

hen aber zu drei Prozent aus Stickstoff.

Außerdem wusste er, dass der aus dem

Ozean stammende Stickstoff sich von

den auf dem Land verbreiteten Stick-

stoffverbindungen unterscheidet. In der

Nahrungskette im Meer reichert sich

das schwerere Stickstoff-Isotop 15N an,

das ein Neutron mehr aufweist als das

weiter verbreitete, leichte 14N. Reim-

chen schickte Vegetationsproben in ein

kalifornisches Labor.

Das Ergebnis war eindeutig. In Tälern,

die mit Lachsen „gedüngt“ werden,

war 15N auffällig konzentriert in der

Vegetation nachweisbar. Lachse und

Bären versorgen den Regenwald wie ein

gut eingespieltes Team mit Stickstoff. Die

Bären schleppen die erbeuteten Fische

in den Wald, fressen aber nur etwa die

Hälfte der Fischkörper. Da sie mit dem

Lachs vor allem ihre Fettreserven für

den Winter aufbauen, werden auch die

verzehrten Stickstoffverbindungen wie-

der ausgeschieden und so ebenfalls im

Gelände verteilt. Inzwischen weiß Reim-

chen, dass in einem intakten Lachs- und

Bärenlebensraum auf diese Weise 120

Kilogramm Stickstoffverbindungen dem

Regenwald zugute kommen und dass

rund die Hälfte des von den Bäumen

genutzten Stickstoffs von den Lachsen

stammt.

Neben den Grizzly- und Schwarzbären

sind auch Marder, Weißkopfseeadler,

Möwen, Krähen und Raben am Verzehr

der Lachse und der anschließenden Ver-

teilung der Nährstoffe im Wald beteiligt.

Außerdem ernähren sich Fliegenlarven

von den Fischkadavern, die im Frühjahr

für die nötige Insektenvielfalt sorgen und

damit den Nachwuchs der Singvögel

garantieren. „Lachse sorgen für Arten-

vielfalt im Küstenregenwald,“ erklärt

Reimchen. „Täler, in denen Lachse

ziehen, weisen die doppelte Anzahl an

Insekten- und Vogelarten auf.“

Doch das System Lachs-Wald ist keine

Einbahnstraße. Die in der Vegetation

gespeicherten Nährstoffe werden wieder

frei, wenn Bäume absterben und umfal-

len. Die so in die Gewässer gelangenden

Stickstoffverbindungen versorgen Pflan-

zen und Insekten, welche die Nahrungs-

grundlage für die Lachsbrut darstellen.

Die Lachse brauchen den Wald ebenso

wie der Wald den Lachs.

Im Goldstream Provincial Park auf Van-

couver Island sind im Herbst 2006 mit

Verspätung ausreichend Lachse zurück-

gekehrt, damit der Schwarzbär sich eine

Fettschicht für den Winter anfressen

kann. Wenn die Lachse eines Tages nicht

mehr zurückkommen würden, wäre das

mit verheerenden Folgen für das Ökosys-

tem Regenwald an Kanadas Westküste

verbunden.

Jens Wieting lebt in Victoria, Kanada und arbeitet als Wald-

Campaigner für den Sierra Club, Kontakt: [email protected]

Die First Nations, die kana-dischen Ureinwohner, fischen auf traditionelle Weise im Goldstream Park

Nr. 93/2.07

Page 22: Robin Wood Magazin 2/2007

Nr. 93/2.0722

satire

Unter Klon-SchafenIn einem Sommer in naher Zukunft: Ein Schaf steht auf einer großen Weide an einem modernen Zaun und kaut vor sich hin. Ein zweites Schaf tritt von außen hinzu.

Schaf außen: Hallo Artgenosse! Wie

geht´s?

Schaf innen: Danke, es geht. Ganz so

wie ein Artgenosse siehst du aber nicht

aus.

Schaf außen: Ich gehöre einer ande-

ren Rasse an und komme vom Biohof

nebenan.

Schaf innen: Gehört habe ich von euch.

Aber noch nie eines gesehen.

Schaf außen: Du kommst wohl nicht viel

herum?

Schaf innen: Nein, meistens stehe ich in

unserem modernen, vollautomatischen

Stall.

Schaf außen: Dieses ganze moderne

Zeugs macht unserem Bauern Sorgen…

Schaf innen: Was ist ein Bauer?

Schaf außen: Na, der Mensch, der uns

pflegt, Futter bringt, melkt, schert,

schlachtet… (ein leichtes Magengrum-

meln ist zu hören)

Schaf innen: Ein Mensch…?! Ich kenne

nur vollautomatische Futteranlagen,

Melkmaschinen, Kotrechen…

Schaf außen: Das ist ein Tier auf zwei

Beinen.

Schaf innen: Ach, das meinst du! Bei

mir kommt so eins ab und zu im weißen

Kittel mit Gummihandschuhen und

Maske und piekst mich mit Spritzen, um

Laborproben zu nehmen oder mich mit

irgendetwas vollzupumpen…

Schaf außen: Wozu denn der ganze

Aufwand?

Schaf innen: Ich bin ein Hochleistungs-

turboüberschallhastdunichtgesehen-

superschaf! Ich gebe die meiste Milch,

meine Wolle spinnt sich fast von allein,

und mein Fleischertrag hat beinahe den

eines Rindes eingeholt …

Schaf außen: (ein Speichelfaden rinnt

aus seinem Maul) Wow, da bin ich aber

platt! Aber wie geht denn das?

Schaf innen: Ich bin ein Klonschaf. Mein

Name ist Dolly 2.

Schaf außen: Du bist die berühmte

Dolly?!

Dolly 2: Das könnte man so sagen, denn

ich bin ein Klon meiner Mutter Dolly,

also bin ich sie. Und alle meine Schwe-

stern bin ich auch!

Schaf außen: (verwirrt): Äh… wie…?

Dolly 2: Das ist der Vorteil des Klonens.

Kein Vater nötig und kein aufwändiges

Züchten mit langwieriger Selektion. Ein-

fach ein Schaf nehmen, das so ist, wie

man es braucht, eine Zelle entnehmen,

den Zellkern daraus in eine entker-

nte Eizelle einpflanzen und ab in eine

Leihmutter – fertig ist das Schaf für die

modernen Agrarfabriken! Mit exakt dem

Erbgut der Mutter und allen gewünsch-

ten Eigenschaften. Nur Eier können wir

noch nicht legen, aber daran wird bereits

gearbeitet.

Schaf außen: Ich fall um! Aber was ist,

wenn sich die Zeiten ändern? Wenn man

neue Eigenschaften braucht? Wo soll

man die Gene dann hernehmen?

Dolly 2: Keine Ahnung. Pech gehabt.

Vielleicht von euch Bioschafen?

Schaf außen: Das hast du dir so gedacht!

Damit wir auch irgendwann so enden

wie du?! Der wirtschaftliche Druck der

Agrarindustrie ist gewaltig genug.

Dolly 2: Genau dieser Druck

hat mich hervorgebracht.

Mein Hochleistungsertrag soll

die Preise drücken. Wenn ich

allerdings nicht meine genaue

Menge Wasser und Cerealien,

Vitamine und Mineralien,

Antibiotika und Chemikalien

zu mir nehme, kippt mein

Stoffwechsel um und ich

funktioniere nicht mehr ren-

tabel genug. Deswegen stehe

ich auch nur heute draußen.

Zufällig befindet sich das

Wetter innerhalb zulässiger

Parameter. Der Klimawandel

macht´s möglich.

Schaf außen: Ja, ja, es kann

ganz schön warm werden

unter so einem dicken Pelz,

äh…, ich meine natürlich

Fell! (lässt die Zunge heraus

hängen und fängt ein wenig

an zu hecheln) Bei uns stehen

die Schafe fast das ganze Jahr

hindurch auf der Weide.

Page 23: Robin Wood Magazin 2/2007

23Nr. 93/2.07

satire

Dolly 2: Bei Tag und Nacht, Sonne und

Regen, Sommer wie Winter?! Wie haltet

ihr das bloß aus?!

Schaf außen: Wir sind das gewohnt.

Unsere Rasse ist an die hiesigen Bedin-

gungen angepasst. Allerdings sind wir

nicht so groß, leistungsfähig und - saftig

wie du… (mjamjamjammm!)

Dolly 2: Und was ist mit den ganzen

Parasiten, Bakterien und Viren?! Ich bin

dagegen immun gemacht worden. Aber

ihr müsst euch ständig mit irgendwas

abplagen, oder?

Schaf außen: Im Gegenteil. Das Leben

draußen stärkt die Abwehrkräfte. Unsere

genetische Vielfalt sorgt dafür, dass die

Plagegeister immer nur einzelnen Tieren

zu schaffen machen, aber nicht gleich

die ganze Herde dahinrafft. Aber sag’

mal, wenn du so ein Superschaf bist,

warum hält man Dich dann so isoliert,

fast völlig steril?

Dolly 2: Meine Feinde schlafen nicht.

Sie rüsten auf, indem sie sich anpassen.

Und im Zuge der Globalisierung und

des Klimawandels können plötzlich

neue Schädlinge auftauchen. So können

überwunden geglaubte Probleme stärker

denn je zurückkehren. Davor will man

uns schützen; meine Erschaffung hat

schon ein Vermögen verschlungen,

meine Aufzucht und Pflege kosten auch

viel Geld. Außerdem käme ich mit dem

wechselnden Futterangebot nicht zu-

recht. Jede Schwankung führt zu Unvor-

hergesehenem, und das erhöht unseren

Preis…und du weißt ja: Geiz ist geil!

Schaf außen: Genau diesen Weg

gehen viele nicht mehr mit! Biologisch

reichhaltige Nutzflächen werden so

zu Agrarwüsten gemacht und Bauern

werden in den Ruin getrieben. Eine

echte Alternative war da die biologische

Landwirtschaft. Und was ist jetzt? Wind

und Bienen übertragen die Gene von

gentechnisch veränderten Pflanzen auf

traditionelle Sorten und auf Wildpflan-

zen. So kann die Reinheit der Biopro-

dukte nicht mehr garantiert werden und

niemand kann vorhersehen was das

langfristig in der Natur auslöst. Es ist bes-

ser, die Gentechnik vorsorglich ganz aus

der Landwirtschaft heraushalten…damit

ein ehrbarer Wolf auch in Zukunft noch

leckere Schafe reißen kann!

Dolly 2: Was ist denn das – ein Wolf?

Schaf außen (fies grinsend): ICH bin ein

Wolf…

Dolly 2: Ach, das ist ja interessant! Ich

kenne nur Woll-Schafe…aber von einem

Wolf-Schaf habe ich noch nie etwas

gehört. Was ist denn bei Dir anders?

Wolf im Schafspelz: (gierig) Na, DAS

zeige ich Dir gern! Komm nur näher

heran, damit du es besser sehen kannst!

Ich muss nur noch schnell aus diesem

Fell raus…

Dolly 2: Gleich! Ich rufe nur noch schnell

meine Schwestern heran, damit sie es

auch sehen können. Dolliiiiiiies! (Über

hundert Dolly-Klone tauchen hinter

dem Laborstall auf und kommen auf die

beiden Tiere zu. Einige humpeln, andere

keuchen laut vor Anstrengung.)

Wolf im Schafspelz (schockiert): Was

ist denn mit denen los?!

Dolly 2: Das ist der Preis des Klonens.

Wir erben das Alter unserer Mutter.

Alterungsbedingte Verschleißerschei-

nungen treten bei uns viel früher auf.

Wolf: (entsetzt aufheulend) Ou-

uuuuuuuh! (zieht sich beleidigt das

Schaffell vom Leib) Igittigitt! Nur zähe

Tattergreise! Ekelhaft! Da vergeht einem

ja einfach alles! (trottet mit hängendem

Kopf zurück Richtung Wald) Ich glaube,

ich lass´ mich für den Zoo einfangen!

Kein Ärger mehr mit Beutefang! Oder

ich werde gleich Vegetarier! Alles besser

als diese geklonten Omas hier! (heulend)

Dolly 2: (zu den anderen Klonen) Was

war denn das für ein komisches Viech?

Ich hab’s ja gewusst: Alle da draußen

sind vollkommen durchgeknallt und

wissen überhaupt nicht, was sie wollen!

Da lobe ich mir doch das planbare Leben

im schönen warmen Genlabor! Was

meint ihr?

Dollies: (im Chor zustimmend)

MMMMMMMMMMMMMMU-

UUUUUUUUUUUUUH!!!

Ralf Golz ([email protected]) und Christian

Offer ([email protected]) studierten in

den 1990er Jahren zusammen Biologie

in Berlin. Heute ist Ralf Golz im Garten-

bau tätig. In seiner Freizeit schreibt er

satirische Texte und tritt in Lesungen und

an Comedian-Abenden auf.

Foto: Naturfoto/Willner

Foto: argus/Dott

Page 24: Robin Wood Magazin 2/2007

schwerpunkt

Nr. 93/2.0724

Foto: argus/Janke

Page 25: Robin Wood Magazin 2/2007

25Nr. 93/2.07

schwerpunkt

Neue Kohlekraft-

werke heizen das

Klima weiter auf

Bis 2020 müssen in der Bundesre-

publik Deutschland Kraftwerke mit

einer installierten Leistung von insge-

samt ca. 40.000 Megawatt (MW) aus

Altersgründen vom Netz gehen. Das

entspricht etwa 36 Prozent der derzeit

in Deutschland insgesamt installierten

Kraftwerksleistung.

Da die Energieerzeugung in

Deutschland mit etwa 43 Prozent

den größten Anteil am CO2-Ausstoß

hat, könnte ein Ersatz der Altkraft-

werke durch einen Ausbau der

erneuerbaren Energien sowie durch

moderne Gaskraftwerke mit GuD-

Technik (Gas- und Dampfkraftwerke)

die CO2-Emissionen in Deutschland

deutlich reduzieren und damit den

dringend notwendigen Beitrag zum

Klimaschutz leisten.

Die Energieversorger jedoch, sowohl

die vier großen Konzerne EnBW,

e.on, RWE und Vattenfall als auch

zahlreiche Stadtwerke, setzen weiter

auf fossile Brennstoffe und planen

in den nächsten Jahren zahlreiche

neue Kohlekraftwerke. Mindestens

25 Steinkohlekraftwerke und drei

Braunkohlekraftwerke sollen bis

2014 entstehen.

Die Energieversorger wollen mindes-

tens 31 Milliarden Euro investieren,

um Kohlekraftwerke mit insgesamt

28. 000 MW neu zu errichten

– einem Viertel der in Deutschland

installierten Leistung. Diese Kraft-

werke könnten pro Jahr über 200

Milliarden kWh Strom produzieren

– das entspricht 38 Prozent der

derzeitigen Stromerzeugung - und

bis zu 160 Millionen Tonnen CO2

pro Jahr ausstoßen. Die Bundes-

netzagentur spricht sogar von über

40 geplanten Kohlekraftwerken mit

einer Gesamtleistung von 43.000

MW und einem CO2-Ausstoß von

über 240 Millionen Tonnen CO2.

Kohle statt Klima?

Aufgrund der hohen Investitionskos-

ten sind Kohlekraftwerke auf eine

Nutzungsdauer von über 40 Jahren

ausgelegt. Eine Umsetzung der

Planungen würde also die Energie-

erzeugung in Deutschland für die

nächsten Jahrzehnte festschreiben

und die notwendige massive Reduk-

tion der CO2-Emissionen blockieren.

Kohlekraftwerke sind aufgrund

der hohen CO2-Emissionen beson-

ders problematisch für das Klima.

Moderne Steinkohlekraftwerke

emittieren 750 g CO2 pro kWh,

Braunkohlekraftwerke sogar 950 g.

Bei Berücksichtigung des Energiever-

brauchs durch Abbau und Transport

der Kohle würden diese Werte noch

Während der Klimawandel die Titelseiten der Zeitungen füllt und PolitikerInnen jeder Coleur Maßnahmen zum Schutz des Klimas und zur Reduktion des CO

2-Ausstoßes fordern, setzen

die Energieversorger in Deutschland weiter auf fossile Brenn-stoffe und planen zahlreiche neue Kohlekraftwerke. Mitt-lerweile sind konkrete Planungen für 28 Stein- und Braun-kohlekraftwerke bekannt, vermutlich werden noch weitere hinzukommen.

Die Enerigekonzerne wollen 28 neue Kohlekraftwerke in Deutschland bauen...

Page 26: Robin Wood Magazin 2/2007

26 Nr. 93/2.07

schwerpunkt

deutlich höher liegen. Moderne Gas-

kraftwerke erzeugen dagegen „nur“

etwa 350 g CO2 pro kWh. Sie sind mit

bis zu 58 Prozent Wirkungsgrad bei

reiner Stromerzeugung und bis zu 85

Prozent bei einem Betrieb als Kraft-

Wärme-Kopplungsanlage wesentlich

effizienter als Kohlekraftwerke, die einen

elektrischen Wirkungsgrad von maximal

45 Prozent (Steinkohle) bzw. 43 Prozent

(Braunkohle) erreichen.

Nur bei acht der geplanten Kohlekraft-

werke soll gleichzeitig Fernwärme produ-

ziert werden, überwiegend in geringem

Umfang. Das liegt vor allem an der

geplanten Größe der Anlagen, die zwi-

schen 500 MW (Düsseldorf, Steinkohle)

und 2.100 MW (Neurath, Braunkohle)

liegen soll.

Bei so großen Kraftwerken ist eine

nennenswerte Fernwärmeerzeugung

einerseits nicht effizient, andererseits

fehlen im näheren Umkreis die Abneh-

mer. Gaskraftwerke werden dagegen

meist als kleinere Anlagen geplant und

können aufgrund der geringeren Emissi-

onen eher siedlungsnah errichtet werden

als Kohlekraftwerke.

Kohlestrom im Emissionshandel begünstigt

Die Energieversorger argumentieren,

Gaskraftwerke seien trotz der geringeren

Investitionskosten keine Alternative zu

Kohlekraftwerken, da Gas als Brennstoff

viel zu teuer sei. Dabei ist klar, dass auch

der Kohlepreis in Zukunft steigen wird.

Und auch über die künftigen Preise der

Zertifikate kann nur spekuliert werden.

... Diese Klima-killer würden zusammen pro Jahr mehr als 160 Mili-onen Tonnen Kohlendioxid ausstoßen!

Page 27: Robin Wood Magazin 2/2007

27Nr. 93/2.07

schwerpunkt

Zur Zeit sind Kohlekraftwerke vor

allem attraktiv, weil sie bei der Aus-

gabe der Emissionszertifikate im

Nationalen Allokationsplan (NAP)

bevorzugt behandelt werden. Das

bedeutet, dass die geplanten Koh-

lekraftwerke Zertifikate für 750 g

CO2 pro kWh erhalten sollen, Gas-

kraftwerke für 365 g CO2. Dabei

werden 7.500 Volllaststunden im

Jahr zugrunde gelegt. Das ent-

spricht einem dauerhaften Betrieb

im Grundlastbereich. Für moderne

Steinkohle- und Gaskraftwerke

sollen also so viele Zertifikate ver-

geben werden, wie CO2 emittiert

wird. Eine „Lenkung“ hin zu einer

klimafreundlicheren Energieversor-

gung sähe anders aus.

Sind die Kraftwerke weniger als

7.500 Volllaststunden pro Jahr

(weil z.B. weniger Strom benötigt

wird) in Betrieb, können die Be-

treiber sogar Zertifikate verkaufen.

Braunkohlekraftwerke, die größten

CO2-Emittenten überhaupt,

erhalten zwar etwas weniger

Verschmutzungsrechte als real

emittiert wird, gegen diese angeb-

liche „Ungleichbehandlung“ der

Braunkohle gab es heftige Proteste

der Braunkohlelobby. Nach einem

„Kompromiss“ sollen Braunkohle-

kraftwerke nun als „Ausgleich“

Zertifikate für 8250 Volllaststunden

erhalten. Eine energiepolitische

Fehlentscheidung, die fatale Folgen

für das Klima haben wird.

Wenn – wie von ROBIN WOOD

und anderen Umweltorganisa-

tionen gefordert – auch Kohle-

kraftwerke Zertifikate für maximal

365 g CO2 pro kWh erhalten,

würde sich der Preis für Kohle-

strom aufgrund des notwendigen

Zukaufs von Emissionszertifi-

katen deutlich verteuern. Aber:

Ein Anreiz in klimaschonendere

Techniken zu setzen, wäre getan.

Denn mehrere Energieversorger

haben betont, dass die endgültige

Entscheidung für oder gegen ein

geplantes Kohlekraftwerk auch

von der Zuteilungsregelung für

die Emissionszertifikate abhängt.

Wenn es die Politik mit ihren Be-

kenntnissen zum Klimaschutz ernst

nimmt, muss sie die Zuteilungsre-

gelung entsprechend ändern.

Anfang 2007 wurde mit dem Bau

von zwei geplanten Kraftwerken in

Duisburg-Walsum (Steinkohle) und

Neurath (Braunkohle) begonnen,

ein weiteres bei Datteln (Stein-

kohle) ist genehmigt. In Boxberg

wurde Ende April mit dem ersten

Spatenstich der Baubeginn ein-

geleitet. Bei den meisten anderen

Kraftwerken werden in diesem Jahr

wichtige Entscheidungen fallen

– bei einigen werden die Inves-

titionsentscheidungen erwartet,

bei anderen soll dieses Jahr das

Genehmigungsverfahren durchge-

führt werden. 2007 wird also ein

entscheidendes Jahr, um möglichst

viele der geplanten Kraftwerke

doch noch zu verhindern.

2007: Kohlekraftwerke verhindern!

In Berlin, Bremen, Hamburg, Mainz

und Mannheim beschäftigen sich

die ROBIN WOOD Regionalgrup-

pen mit den vor Ort geplanten

Kraftwerken. In Bremen und

Mannheim fanden bereits erste

Aktionen statt, weitere werden fol-

gen und darauf hinweisen, dass es

Alternativen zum Kohlestrom gibt.

Jede und jeder kann mit einem

Wechsel zu einem Ökostroman-

bieter schon jetzt den Energie-

konzernen die Rote Karte für ihre

rückwärtsgewandte Energiepolitik

zeigen. Der Ausbau der erneu-

erbaren Energien muss weiter

gefördert werden. Aber auch

Energieeinsparprogramme sind nö-

tig – solange der Stromverbrauch

weiter steigt, kann der Umstieg auf

eine Energieerzeugung mit 100

Prozent erneuerbarer Energie nicht

so bald gelingen.

Ulrike Bielefeld, Biologin, lebt

in Oldenburg und ist bei ROBIN

WOOD im Bereich Energie aktiv.

Kontakt: ulrike.bielefeld@

uni-oldenburg.de

Page 28: Robin Wood Magazin 2/2007

schwerpunkt

Nr. 93/2.0728

Ein Dorf kämpft gegen den BraunkohletagebauBereits zu DDR-Zeiten sollte das Dorf Lacoma und die ökologisch wertvolle Teichlandschaft dem Braunkohletagebau geopfert wer-den. Seit fast 25 Jahren kämpfen die Dorfbewohner, engagierte Brandenburger BürgerInnen und zahlreiche Naturschutzorganisa-tionen wie ROBIN WOOD um den Erhalt des Dorfes und der Natur. Bisher konnte die Abbaggerung auch gegen die Interessen des Energiekonzerns Vattenfall verhindert werden, doch der Kampf für die Natur ist noch nicht gewonnen.

Das Dorf Lacoma und die benach-

barte Teichlandschaft befinden

sich zirka sechs Kilometer nordöst-

lich von Cottbus im Südosten des

Landes Brandenburg. Im März 1983

wurde den 150 BewohnerInnen

des 670 Jahre alten Ortes bekannt

gegeben, dass das Dorf dem

Braunkohletagebau Cottbus-Nord

weichen soll. So verließ die Mehrzahl

der BewohnerInnen das Dorf schon

in den Jahren 1987 bis 1990. Ein Teil

der Höfe wurde während dieser Zeit

abgerissen. Doch bereits zu DDR-

Zeiten regte sich erster Widerstand

gegen die Abbaggerung des Ortes

und der wertvollen Landschaft.

In dem Gebiet „Lacomaer Teiche

und Hammergraben“ leben mehr

als 170 vom Aussterben bedrohte

Arten, u.a. Fischotter, Rohrdommel,

Rotbauchunke und der europaweit

prioritär geschützte Eremitenkäfer.

Das Gebiet ist zirka 300 Hektar groß

und umfasst 60 Hektar Teiche, die

zur Karpfenzucht genutzt werden.

Das Land Brandenburg hat die

Lacomaer Teiche 2003 als beson-

ders schützenswertes Fauna-Flora-

Habitat-(FFH) Gebiet nach Brüssel

gemeldet.

Unter den Lacomaer Teichen werden

42 Millionen Tonnen Braunkohle ver-

mutet, die im nahe gelegenen Kraft-

Lacoma Die Lacomaer Teichlandschaft: So viel Natur für so wenig Kohle!

Foto: Michael Dieke

Page 29: Robin Wood Magazin 2/2007

schwerpunkt

werk Jänschwalde des Energiekonzerns

Vattenfall verstromt werden sollen. Das

Braunkohlekraftwerk Jänschwalde ist

der zweitgrößte Kohlendioxid-Emittent

in Deutschland und das fünft dreckigste

Kraftwerk in Europa.

Die Geschichte des Dorfes Lacoma

Das sorbisch/wendische Dorf und seine

„Alte Poststraße“ wurden im Jahr 1337

zum ersten Mal urkundlich erwähnt.

Kulturhistorisch bedeutsam ist der um

1450 erbaute Hammergraben, der die

Festung Peitz, das dortige Hammerwerk

und die Lacomaer Teiche mit Wasser

versorgte. Bei einer Volkszählung Ende

des 30jährigen Krieges wurden bereits

drei Familien genannt, deren Nachfahren

bis in die heutige Zeit im Dorf Lacoma

ansässig waren.

Um den Hammergraben und die Teiche

entwickelte sich über die Jahrhunderte

ein Gebiet, in dem sich eine seltene und

wertvolle Flora und Fauna ansiedelte, so

dass das Gebiet bereits 1968 zum Land-

schaftsschutzgebiet erklärt wurde.

1989 gingen nach der Wende der

Strombedarf und die Kohleförderung in

der Lausitz massiv zurück, so dass sich

der vorgesehene Überbaggerungster-

min um mehr als 15 Jahre verschob. In

der Lausitz wuchs die Hoffnung, dass

der „Spuk“, der mit der Braunkohle-

verstromung verbunden war, ein für

alle mal vorbei sei. Der Tagebau und

die damit einhergehende Zerstörung

der Dörfer und Landschaften waren für

viele Menschen in der Region Anlass

gewesen, an den Montagsdemonstrati-

onen teilzunehmen.

In der Hoffnung auf einen Neuanfang

besetzen 1992 vor allem AbiturientInnen

aus der Stadt Cottbus die leer stehen-

den Gehöfte des Dorfes Lacoma und

brachten wieder Leben in das Dorf. Was

als Besetzung begann, wurde zwei Jahre

darauf durch befristete Nutzungsver-

träge durch die Stadt Cottbus legalisiert.

Die artenreiche Teichlandschaft von

Lacoma spielte in der Diskussion der

90er Jahre eine große Rolle. Und so

verkündete der damalige Umweltminis-

ter des Landes Brandenburg, Matthias

Platzeck, noch 1993 auf einem Dorf-

fest in Lacoma, dass der Ort und die

Landschaft dem Braunkohletagebau

nicht weichen müssten. Als Ministerprä-

sident hielt er sich später allerdings nicht

an sein Versprechen. So versuchte die

Brandenburger Landesregierung unter

Platzecks Federführung lange Zeit, die

Meldung des Gebietes als europäisches

FFH-Schutzgebiet zu verhindern. Erst

ein durch die Umweltverbände NABU,

GRÜNE LIGA und BUND initiiertes EU-

Vertragsverletzungsverfahren gegen

Deutschland zwang das Land, das

Gebiet als ökologisch besonders wertvoll

anzuerkennen und der EU als Beitrag

zum Natura-2000-Netzwerk zu melden.

Vattenfall AB ist ein schwedischer

Staatskonzern und mittlerweile der

fünftgrößte Stromkonzern in Europa.

Der Konzern wirbt damit, führend im eu-

ropäischen Umweltschutz zu sein. Doch

statt Umweltschutz betreibt Vattenfall

Umweltzerstörung in großem Stil.

Vattenfall übernimmt die LauBAG

Im Jahr 2000 übernahmen die im Besitz

von Vattenfall AB befindliche HEW die

Lausitzer Braunkohle AG (LauBAG). Das

Unternehmen wurde 2002 in „Vattenfall

Mining AG“ umbenannt. Bei den Natur-

schützerInnen und in der Bevölkerung

der Lausitz keimte Hoffnung auf, haben

die Schweden doch einen guten Ruf,

was den Umweltschutz angeht. Diese

Hoffnung wurde aber bitter enttäuscht,

denn die Bergbaupläne der DDR werden

von dem schwedischen Staatskon-

zern weiter vorangetrieben und noch

schlimmer: Vattenfall will der Braunkohle

zu einer neuen Renaissance verhelfen,

neue Braunkohlekraftwerke bauen und

weitere Tagebaue erschließen.

Viele der Nutzungsverträge der letz-

ten Häuser im Dorf Lacoma wurden

bereits zum Herbst 2003 gekündigt

oder liefen aus. Darunter fiel auch die

Kulturscheune, die über Jahre Zentrum

und Symbol des Dorflebens war. Im

Der schwedische Konzern Vattenfall will der Braunkohle zur Renaissance verhelfen

Protest gegen die Zerstö-rung von Lacoma

Foto: Michael Dieke

Foto: Steph Grella

Nr. 93/2.07 29

Page 30: Robin Wood Magazin 2/2007

30 Nr. 93/2.07

Sommer des Jahres 2003 organisierte

sich ein gewaltfreier Widerstand gegen

den Abriss, der ab dem 01. Oktober zu

einer Besetzung des Gebäudes durch

zeitweise bis zu 200 AktivistInnen führte

und durch ROBIN WOOD unterstützt

wurde. „Kultur statt Kohle - Lacoma

statt Vattenfall“ stand am 7. Oktober

auf dem Transparent, das ROBIN WOOD-

AktivistInnen nahe der Ortschaft über

die Bundesstraße spannten. Nach mehre-

ren erfolglosen Verhandlungen mit dem

Energieriesen Vattenfall wurde die Beset-

zung der Kulturscheune am 16. Oktober

durch die Polizei gewaltsam beendet

und die AktivistInnen der „Freunde von

Lacoma“ von den Dächern geholt. Die

Kulturscheune wurde sofort abgerissen.

„So viel Natur für so wenig Kohle?

- Rettet Lacoma! Energiewende jetzt!“

forderten ROBIN WOOD-AktivistInnen

vor der Berliner Vattenfall-Zentrale. Der

Protest gegen die Abbaggerung der

Teichlandschaft wurde zusammen mit

den „Freunden von Lacoma“ nicht zum

ersten Mal aus der Lausitz in die Bundes-

hauptstadt getragen. Und nicht nur in

Berlin, auch in Cottbus und Stockholm

am Hauptsitz des Konzerns Vattenfall

protestierte ROBIN WOOD.

Als Vattenfall eine Genehmigung zur

Querung des Hammergrabens - mit

damit verbundenen Baumfällungen

- erhielt, besetzen AktivistInnen von

ROBIN WOOD im Oktober 2005 Bäume

an eben dieser Stelle. Die Baumbeset-

zung fand ein großes Medienecho und

das Vorhaben Vattenfalls, die Teiche dem

Braunkohletagebau zu opfern, stieß

erstmals auch öffentlich auf die Ableh-

nung einzelner Parlamentsmitglieder in

der Landes- und Bundespolitik. Vattenfall

zeigte sich in keiner Weise gesprächs-

bereit und die Baumbesetzung wurde

nach 13 Tagen durch die Brandenburger

Polizei und die Werksfeuerwehr von

Vattenfall geräumt.

Die Baumfällungen am Hammergraben

waren – nach Auffassung von Vattenfall

– notwendig geworden, um eine Brücke

über den Hammergraben zu bauen, über

die Rohre und Pumpen in der Teichland-

schaft eingebracht werden können. Um

die Braunkohle im immer näher rücken-

den Tagebau Cottbus-Nord abbauen zu

können, muss der Grundwasserspiegel

um insgesamt 60 Meter gesenkt werden.

Durch die Rohre, die seit Oktober 2005

überall in der Teichlandschaft verlegt

werden und nicht zu übersehen sind,

pumpt Vattenfall pro Minute zwischen

700 und 850 Liter Wasser aus dem

gesamten Gebiet und entlang des

Hammergrabens ab. 200 Millionen Ku-

bikmeter Wasser pro Jahr werden in die

Spree geleitet. Das sind unvorstellbare

Mengen, wenn bedacht wird, dass ganz

Brandenburg an Wasserknappheit leidet!

2006 und 2007: Die Jahre der Entscheidung

Um den Druck auf Schwedens Regierung

zu erhöhen, protestierten ROBIN WOOD-

AktivistInnen im April 2006 nochmals

in Stockholm bei der Vattenfall-Haupt-

versammlung. Und: Bundestagsabge-

ordnete aller Parteien unterstützen den

Erhalt der Lacomaer Teichlandschaft

und gehören zu den 3.000 Personen,

die eine gemeinsame Resolution der

Umweltorganisationen BUND,

GRÜNE LIGA, NABU und

ROBIN WOOD unterschrieben

haben.

Am 18. Dezember 2006 ver-

fasste das brandenburgische

Landesamt für Bergbau,

Geologie und Rohstoffe

jedoch den Planfeststellungs-

beschluss zur Beseitigung

der Lacomaer Teiche für den

Braunkohletagebau. Gegen

diesen Bescheid hat die Na-

turschutzorganisation GRÜNE

LIGA Klage beim Verwal-

tungsgericht Cottbus Klage

eingereicht. Sie wird dabei

von ROBIN WOOD, NABU,

und dem BUND unterstützt.

Die klagenden Verbände stüt-

zen sich u.a. auf die aktuelle

Rechtsprechung des Europä-

ischen Gerichtshofes, nach

der die Zerstörung von FFH-

Gebieten vor ihrer Eintragung

in die europaweite Schutz-

gebietsliste nicht zulässig

ist. Denn: Das Schutzgebiet

schwerpunkt

Allen Protesten zum Trotz: Das Dorf Lacoma wird abgerissen

Foto: Michael Dieke

Page 31: Robin Wood Magazin 2/2007

31Nr. 93/2.07

wurde zwar bereits 2003 gemeldet, ist

aber noch nicht auf der Liste der europä-

ischen Schutzgebiete eingetragen.

Vattenfall hatte vor Weihnachten gegen-

über dem Gericht zugesagt, bis Mitte Ja-

nuar keine Maßnahmen zur Beeinträchti-

gung des Schutzgebietes durchzuführen

- und tat es dennoch: Am 4. Januar

2007 begann Vattenfall vor Ort Tatsa-

chen zu schaffen, ungeachtet der noch

ausstehenden gerichtlichen Entschei-

dung. Obwohl Vattenfall bekannt ist,

dass die Bereiche um den Hammergra-

ben Überwinterungshabitate geschützter

Amphibien sind, beauftragten sie eine

Waldarbeitsfirma mit der Abholzung

eben dieser Flächen. Dabei wurden über

eine Strecke von 800 Metern Bäume

entlang des Hammergrabens gefällt. Wie

sich bei Untersuchungen später heraus-

stellte, war darunter auch ein Baum, der

von Eremitenkäfern bewohnt wurde. Das

Verwaltungsgericht Cottbus stoppte die

Arbeiten auf Antrag der Umweltschütze-

rInnen noch am gleichen Tag.

Hinzu kam, dass Vattenfall versucht

hatte, das Wasser im alten Hammergra-

ben abzulassen, um die Lacomaer Teiche

von der Wasserzufuhr abzuschneiden.

Auch hier haben die Naturschutzver-

bände im Kampf um die Lacomaer

Teichlandschaft einen ersten wichtigen

Teilerfolg errungen. Die bereits geplante

Stilllegung eines Teils des Hammergra-

ben-Altlaufs musste Vattenfall nach Auf-

forderung des Gerichts stoppen und ver-

bindlich zusichern, bis zum eigentlichen

Gerichtsentscheid keine Maßnahmen zu

dessen Trockenlegung durchzuführen.

Am 28. Februar entschied das Verwal-

tungsgericht Cottbus in einem Eilverfah-

ren, dass Vattenfall bis zum Hauptsache-

verfahren keine weiteren irreversiblen

Arbeiten in der Teichlandschaft vorneh-

men darf. Der Planfeststellungsbeschluss

ist nach Aussage des Gerichts zum

gegenwärtigen Zeitpunkt rechtswidrig,

da dieser mit den zwingenden Vorgaben

des Landschaftsschutzgebietes nicht

zu vereinbaren ist. Das Landesbergamt

wurde durch den Gerichtsbeschluss zu

einem ergänzenden Verfahren verpflich-

tet, in dem über die Ausgliederung der

Teichgruppe aus dem Landschaftsschutz-

gebiet entschieden werden muss.

Vattenfall hält daran fest, das europä-

ische Schutzgebiet wegen 42 Millionen

Tonnen Kohle zu zerstören. Die kla-

genden Umweltorganisationen werden

ihre Argumente vor dem Verwaltungs-

gericht Cottbus vortragen und sich auch

außerhalb des Gerichtssaals für den

Erhalt der Teiche einsetzen.

Steph Grella, [email protected],

Daniel Häfner, 0179/6719016,

[email protected],

Bettina Dannheim,

[email protected]

Unterstützen Sie die Aktionen der

ROBIN WOOD-AktivistInnen und die

Klage der Umweltorganisationen zum

Erhalt der Lacomaer Teiche! Spen-

denkonto: Stichwort: Lacoma retten,

Kto.8455500, BLZ 25120510 oder

www.robinwood.de/spenden.

Kontakt und weitere Informationen:

ROBIN WOOD-Pressestelle

Nernstweg 32

22765 Hamburg

Tel. 040 /380 892 0

[email protected]

schwerpunkt

Der Hammergraben vor ...

... und nach der Fällung von 800 Bäumen durch Vattenfall

Fotos: Steph Grella

Page 32: Robin Wood Magazin 2/2007

schwerpunkt

Nr. 93/2.0732

Ein Atommülllager säuft abWas derzeit im Atommülllager ASSE II geschieht ist der GAU, der Größte anzunehmende Unfall, der in einem Atommülllager unter Tage passieren kann: Wasser dringt ein und wird mit dem strahlenden Müll in Verbindung kommen. Radioaktivität wird aus dem Lager austreten. Selbst der Betreiber spricht nicht mehr davon, die Radioaktivität zu-rückhalten zu können, sondern nur noch davon, ihren Zutritt zu verlangsamen und über „Strömungsbarrieren“ zu lenken.

Die Asse ist ein kleiner, beschau-

licher Höhenzug in Niedersachsen

im Landkreis Wolfenbüttel. Darunter

befindet sich ein Salzstock, aus dem seit

Ende des vorletzten Jahrhunderts Salz

gewonnen wurde. Die Schächte ASSE I

und ASSE III sowie der Schacht Hed-

wigsburg, die zur Salzgewinnung in den

Berg getrieben worden waren, sind alle

unkontrolliert durch Wassereinbrüche

abgesoffen.

Ein altes Bergwerk voll mit radioaktivem Müll

Die Abtäufarbeiten im Schacht ASSE

II begannen 1906. Von 1909 bis 1964

wurde Salz abgebaut. 1965 kaufte die

Gesellschaft für Strahlenforschung (GSF)

das Salzbergwerk im Auftrag des Bundes

als Forschungsbergwerk für die Lage-

rung von Atommüll.

Nicht nur in den Bergwerken ASSE I und

ASSE III, auch in ASSE II gab es immer

Probleme mit Wasser. In einem Proto-

koll der 61. Sitzung des Bundestags-

ausschusses für Atomkernenergie und

Wasserwirtschaft vom 13. Mai 1965 ist

zu lesen: „Ein schwieriges Problem sei,

dass der Schacht ASSE II in 300 Metern

Tiefe einen Riss habe, durch den schon

seit vielen Jahren Süßwasser einsickere.

Diesem Punkt gelte ganz besondere Auf-

merksamkeit. Sollte sich dieses Problem

nicht lösen lassen, müsse ASSE II wieder

abgegeben werden.“

ASSE II wurde jedoch nicht abgegeben.

Im Gegenteil, von 1967 bis 1978 wurden

ca. 125.000 Gebinde mit schwach- und

zirka 1300 Gebinde mit mittelradioak-

tivem Abfall in der ASSE II eingelagert.

Der Großversuch der „nicht-rückhol-

baren Endlagerung“ führte dazu, dass

laufen. Großflächige Kontaminationen

im Grubengebäude wären die Folge und

könnten die Umsetzung der Schlie-

ßungsmaßnahmen stark behindern oder

gar unmöglich machen.“

Plötzliches Absaufen jederzeit möglich

War es über Jahrzehnte die Politik der

GSF alle Probleme zu ignorieren und zu

verharmlosen, so geht sie inzwischen in

die Offensive. Auf einer Reihe öffent-

licher Veranstaltungen werden offene

Worte gesprochen:

„Der Salzlösungszutritt stellt ein nicht

kalkulierbares Risiko für die Sicherheit

der Schachtanlage Asse dar. Niemand

kann mit Sicherheit prognostizieren,

wie sich der seit 1988 beobachtete

Salzlösungszutritt in Zukunft entwi-

ckeln wird. Beispiele in unserer Nähe

– wie Vienenburg, Hedwigsburg und

ASSE I – haben in der Vergangenheit

leider immer wieder gezeigt, dass ein

Salzlösungszutritt unberechenbar ist

und in wenigen Tagen zum Ersaufen

eines Gewinnungsbergwerkes führen

kann, wie es bei ASSE I 100 Jahre zuvor

tatsächlich geschehen ist.“

Angesichts der dramatischen Situation

stellt sich zwingend die Frage nach der

Rückholung des Atommülls. Die Bot-

schaft der Betreiber lautet: Eine Rück-

holung ist technisch möglich, allerdings

dauere sie zu lange und die Gefahr wäre

zu groß, dass die ASSE II vorher völlig

abgesoffen sei.

Die Menschen vor Ort wollen diese

Herangehensweise nicht hinnehmen.

Gerade weil die Situation in der ASSE

II so dramatisch ist, kann man nicht,

wie die GSF es plant, das Lager fluten,

sich die Kraftwerksbetreiber und die

Atomforschungseinrichtungen mehr als

ein Jahrzehnt lang billig ihres radioak-

tiven Abfalls entledigen konnten.

Mit der Atomgesetznovelle von 1978,

die erstmals ein atomrechtliches Planfest-

stellungsverfahren für ein Atommüllend-

lager vorschrieb, wurde das Aus für ASSE

II eingeläutet. Den Anforderungen eines

solchen Verfahrens hätte ASSE II nie

standgehalten. Sie wurde jedoch nicht

geschlossen, sondern als Forschungs-

bergwerk bis in die 90er Jahre weiter

geführt, betrieben für die Grundlagen-

forschung für eine geplante spätere

Einlagerung von hochaktivem Müll in

Gorleben.

Seit 1988 tritt kontinuierlich Lauge zu,

rund 12 Kubikmeter pro Tag. Dabei wan-

dert die Zutrittsstelle in immer tiefere

Schichten. War sie anfangs auf der 565-

Meter-Sohle, ist sie dort im März 1992

versiegt und hat sich auf die 616-Meter-

Sohle verlagert. Inzwischen ist sie auf der

658-Meter-Sohle angekommen.

Wie gefährlich ein weiteres Absinken

der Laugen-Zutrittsstelle wäre, erläu-

terte Dr. Gerd Hensel von der GSF auf

einer öffentlichen Veranstaltung am 25.

Mai 2005 im Dorfgemeinschaftshaus

Remlingen:

„Selbst wenn der Salzlösungszutritt

über die gesamte Zeit der Rückholung

konstant bliebe, kann nicht ausgeschlos-

sen werden, dass sich die Zutrittsstelle

weiter nach unten verlagert, so wie

es bisher beobachtet wurde. Sinkt die

Zutrittsstelle bis unter das Niveau der

658-Meter-Sohle könnte die Salzlösung

ungehindert in die Einlagerungskam-

mern eindringen, Radionuklide freiset-

zen und in das übrige Grubengebäude

Page 33: Robin Wood Magazin 2/2007

schwerpunkt

Nr. 93/2.07 33Foto: Bilderberg/Georg Fischer

Strömungsbarrieren einbauen, das Lager

schließen und sich anschließend aus dem

Staub machen.

Einen „heilen Zustand“ ASSE wird es nie

mehr geben. Die Radioaktivität ist da

und sie wird in die Umgebung austreten.

Deshalb muss untersucht werden wie

mit dem strahlenden Müll zu verfahren

ist, um die radioaktive Belastung so

gering wie möglich zu halten. Bis zum

Ergebnis der Prüfung ist auf jeden Fall

sicher zu stellen, dass keine Baumaß-

nahmen vorgenommen werden, die

eine Rückholung faktisch unmöglich

machen. Und es sind die notwendigen

Stabilisierungsmaßnahmen im Bergwerk

vorzunehmen.

Bund und Land stehen auf dem juristi-

schen Standpunkt, die ASSE II sei eine

Forschungseinrichtung, deshalb müsse es

für ihre Schließung kein atomrechtliches

Planfeststellungsverfahren geben. Sie

wollen das allein nach Bergrecht regeln.

Diese Position verteidigen sie seit vielen

Jahren vehement, egal welche Parteien

die jeweiligen Regierungen bildeten. Im

Bergrecht ist jedoch keine Öffentlich-

keitsbeteiligung vorgesehen.

Eine Überführung des Atommülllagers

ASSE II in das Atomrecht würde zumin-

dest ein Verfahren unter Beteiligung

der Öffentlichkeit notwendig machen.

Die Übertragung ins Atomrecht hätte

darüber hinaus auch zur Folge, dass die

Kosten für Rückholung und sichere End-

lagerung von den Verursachern getragen

werden müssten.

2003 hat der Gesetzgebungs- und

Beratungsdienst des Niedersächsischen

Landtages in einem Gutachten die

Auffassung vertreten, dass es zur

Schließung der ASSE II sehr wohl eines

atomrechtlichen Planfeststellungsver-

fahrens bedürfe. Daraufhin erklärte sich

die Tischlermeisterin Irmela Wrede aus

Mönchevahlberg bereit, den Rechtsweg

zu beschreiten. Innerhalb kürzester Zeit

wurde ein Rechtshilfefonds gegründet,

um das Verfahren, dessen Kosten auf

40.000 Euro geschätzt werden, finanziell

abzusichern. Die GSF hat die Unterlagen

zur Genehmigung ihres Stilllegungskon-

zeptes Ende 2006 nach Bergrecht beim

Bergamt eingereicht. Übrigens nach

jahrlanger Verzögerung auf Grund von

Problemen beim Sicherheitsnachweis.

Das Bergamt hat die Unterlagen bereits

als unzureichend zurückgewiesen und

Nachlieferungen verlangt.

Asse II als Warnung: Endlager Schacht KONRAD und Gorleben aufgeben!

Noch vor einigen Jahren haben die

Betreiber der ASSE II behauptet, das

Lager sei sicher und bedauert, dass die

Arbeiten zur Einlagerung von Atommüll

zu Forschungszwecken in der ASSE

eingestellt worden seien. Warnungen,

die es bereits in den 70er Jahren wegen

mangelnder Standsicherheit gab, wur-

den konsequent ignoriert. Nun zeigt

sich, dass die angebliche Langzeitsicher-

heit nicht einmal für 20 Jahre ausreicht.

Was bedeutet dies aber für die Endlager-

projekte Schacht KONRAD und Gorle-

ben? Auch dort heißt es von Betreiber-

seite, die Langzeitsicherheit sei gegeben.

Doch welche Halbwertszeit haben diese

Aussagen? Die Sicherheitsberechnungen

zu Schacht Konrad basieren auf Model-

len, die 25 Jahre alt und nicht mehr dem

Stand von Wissenschaft und Technik

entsprechen.

So dramatisch die Situation in ASSE II ist,

so muss sie als Warnung für die anderen

Projekte aufgefasst werden. Die Forde-

rungen des Arbeitskreises Endlager aus

dem Jahr 2002, ein wissenschaftliches

Gremium, das aus Atomenergiebefür-

wortern und –gegnern zusammenge-

setzt ist, müssen endlich umgesetzt und

mittels objektiver, wissenschaftlicher Kri-

terien nach dem bestmöglichen Umgang

mit dem Atommüll gesucht werden. Die

Bevölkerung ist auf eine ehrliche Weise

mit einzubeziehen. Und eine weitere

Lehre muss gezogen werden: Angesichts

der riesigen Probleme mit dem Atommüll

darf kein neuer produziert werden!

Ursula Schönberger ist im Vorstand

der Arbeitsgemeinschaft

Schacht KONRAD e.V.,

[email protected]

4. April 2007: Protest vor den Toren der Schachtanlage ASSE II, in der radioaktiver Müll lagert. In das Salzbergwerk tritt seit langem Wasser ein. Die UmweltschützerInnen fordern einen öffentlichen Prozess, der klärt, was mit dem radioaktive Müll geschehen soll

Foto: Thomas Erbe

Page 34: Robin Wood Magazin 2/2007

Nr. 93/2.0734

schwerpunkt

Uranmüll nach RusslandDie bundesweit einzige Urananreicherungsanlage (UAA) steht in Gronau. Der dabei anfallende strahlende Abfall wird nach Russland transportiert, wo er größtenteils unter freiem Himmel lagert. Eine billige Lösung für die Betreiber der UAA, eine tödliche Bedrohung für die Menschen vor Ort. Russische Umweltschützer haben deshalb Anzeige erstattet.

Die Anlage wird von der multinatio-

nalen Firma Urenco Ltd. betrieben.

Die deutschen Energiekonzerne RWE

und E.on besitzen gemeinsam 33,3 Pro-

zent der Anteile dieser Firma. Statt den

Uranmüll an den eigenen Standorten

zu verwerten oder endzulagern, hat die

Urenco in den letzten zehn Jahren aus

Gronau mehr als 20.000 Tonnen abge-

reichertes Uran nach Russland verschickt,

wo es in geheimen Atomanlagen des

Militärs für wenig Geld gerne entgegen-

genommen wird.

Die geschlossenen Atomstädte Russlands

sind ein Erbe der Sowjetunion. Sie haben

10.000 bis 300.000 Einwohner und

sind komplett mit Stacheldrahtzäunen

abgesperrt. Von außen kann sie niemand

ohne besondere Erlaubnis des KGB-

Nachfolgers FSB oder des russischen

Atomministeriums betreten. In vier

dieser Orte am Ural und in Sibirien, die

über eigene Urananreicherungsanlagen

verfügen, schickt die deutsche Urenco

ihren radioaktiven Abfall zur Endlage-

rung: in Novouralsk, Angarsk, Seversk

und Zelenogorsk.

Offiziell finden die Transporte unter dem

Deckmantel der Wiederanreicherung

statt, doch in Wirklichkeit bleiben mehr

als 90 Prozent des gelieferten Urans als

Abfall auf der offenen Wiese der Atom-

kombinate liegen. Greenpeace Russland

schätzt, dass sogar 98 Prozent des gelie-

ferten Urans in Russland verbleiben. Und

da der Urenco-Müll beim Überschreiten

der Grenze in russisches Eigentum über-

geht, besteht keine Rücknahmeverpflich-

tung seitens des Konzerns. Während

der Gewinn aus diesem Geschäft an

die Urenco und wahrscheinlich auch an

hochrangige Mitarbeiter von Rosatom,

der staatlichen Atomenergieaufsichtsbe-

hörde geht, gefährdet der hochgiftige

und radioaktive Müll die Bevölkerung.

Nach unabhängigen Schätzungen

würden sich die Produktionskosten der

Urenco verfünffachen, wenn sie ihren

Atommüll in Deutschland lagern müsste.

So bleibt Urenco auf dem Weltmarkt

wettbewerbsfähig, während in Russland

die strahlenden Müllberge wachsen.

Mittlerweile wehren sich die Menschen

in Russland gegen das Geschäft mit

dem Uranmüll. Zum 20. Jahrestag von

Tschernobyl fanden im April 2006 in 12

russischen Großstädten Proteste gegen

den Import von Atommüll statt. Im

November 2006 haben russische Um-

weltschützer aus Moskau, Ekaterinburg,

Tomsk und Irkutsk bei der Staatsanwalt-

schaft Münster Strafanzeige gegen die

Urenco gestellt, wegen des Verdachts

auf illegalen Müllexport nach Russland.

„Nach russischen Gesetz ist es verboten,

Atommüll ins Land zu bringen“, erklärt

Vladimir Slivyak von der Umweltorgani-

sation Ecodefense. „Trotzdem nutzt die

Urenco die poststalinistsichen Strukturen

in den Atomstädten, um weiter ihr dre-

ckiges Geschäft zu betreiben.“

Heffa Schücking, urgewald

Aus dem aktuellen Dossier von urgewald

über die Energiepolitik von RWE mit dem

Titel „Ineffizienz und Wahnwitz“.

www.urgewald.de

Proteste gegen deutschen Atommüll in Russland

Page 35: Robin Wood Magazin 2/2007

35Nr. 93/2.07

schwerpunkt

Nebel über Olkiluoto

Erstmals seit zehn Jahren wird in Westeuropa wieder ein Atomkraft-werk gebaut. Der Reaktor Olkiluoto 3 an der finnischen Westküste wird als billiger Ersatz für Erdgas- und Kohlestrom gepriesen und ist Hoffnungsträger für die ausstiegsgebeutelte Atomindustrie. ROBIN WOOD hat vor Ort etwas genauer nachgesehen.

Helsinki, fünf Uhr morgens. Etwa

1500 Kilometer Wasserweg seit

Rostock liegen hinter uns, noch etwa

350 Kilometer Fahrt mit dem Bus nach

Rauma, zur Westküste kommen auf uns

zu. An uns ziehen verschneite Land-

schaften vorbei, kleine rote Holzhütten

stehen inmitten großer Forstgebiete. Der

Wald ist der wichtigste Rohstoff in Finn-

land. Neben Wasserkraft und Atomen-

ergie ist Biomasse aus Holz und Torf ein

bedeutender Strom- und Wärmelieferant

und zugleich Rohstoff für die Papierin-

dustrie. In Rauma steigen wir ins Taxi,

denn auf den letzten Kilometern zu den

- ebenfalls rot gestrichenen - Atomreak-

toren fahren keine öffentlichen Verkehrs-

mittel. Als wir aussteigen, können wir

die beiden würfelförmigen Reaktorge-

bäude im Nebel erkennen.

Olkiluoto wird derzeit zu einem ato-

maren Abenteuerspielplatz ausgebaut:

Hier soll es in naher Zukunft neben den

zwei Siedewasserreaktoren westlicher

Bauart, die bereits in Betrieb sind, einen

Druckwasserreaktor vom Typ EPR und

ein Endlager für hochradioaktive Abfälle

geben. Mit zum Kraftwerk gehören

noch das Kohlekraftwerk Mari-Pori und

ein Windrad. Die Betreiber geben sich

selbstbewusst. Es gibt ein Besucherzent-

rum mit interaktiver Ausstellung und

Blick auf die Atomanlagen. Eine Führung

zur Baustelle des EPR oder des zukünf-

tigen Endlagers fällt aus - kein weiterer

Kommentar.

Der Vortrag im Besucherzentrum erklärt

uns, wie der finnische Strommarkt funk-

tioniert. Möglichst billig soll der Strom

sein, denn billiger Atomstrom steht bei

Finnlands energieintensiver Holz-, Papier-

und Elektronikindustrie hoch im Kurs.

Finnland, so sagt man uns im Atomkraft-

werk, wolle weg von der Abhängigkeit

von Strom- und Rohstoffimporten - vor

allem das russische Erdgas soll durch

Atomstrom ersetzt werden. Atomener-

gie sei die klimafreundliche Alternative

zu fossilen Brennstoffen, nachhaltige

Formen der Energiegewinnung wie

Windenergie seien zu unberechenbar,

passende Standorte nicht zu finden und

vor allem zu teuer. Dass der EPR-Reak-

tor allein im Bau 3,2 Milliarden kostet

und der Hersteller dabei noch Verluste

einfährt, wird nicht erwähnt. Ebenso

wenig, dass der Reaktor, der 2009 ans

Netz gehen sollte, jetzt schon anderthalb

Jahre hinter seinem Zeitplan ist und sich

die Finnen und Franzosen darüber strei-

ten, wer für die Kosten der Verspätung

aufkommen soll. Es ist eine politische

Entscheidung, die dem Bau des Atom-

reaktors zu Grunde liegt. Und weil die

Stimmung in der Regierung so positiv ist,

hat die Industrie im April sogar angekün-

digt, einen sechsten Reaktor bauen zu

wollen.

Zwei Reaktoren vom Typ Forsmark ver-

richten in Olkiluoto seit fast 40 Jahren ih-

ren Dienst. Mit einer Gesamtleistung von

etwa 1700 Megawattstunden werden

hier etwa 15 Prozent des gesamten in

Finnland verbrauchten Stroms erzeugt.

Die beiden anderen finnischen Atom-

meiler in Loviisa sind sowjetischer Bauart

und produzieren etwa zehn Prozent des

Strombedarfs.

Der European Pressurized Water Reac-

tor (EPR) ist ein neuer Reaktortyp,

der von Avera (ehemals Framatome) und

Siemens angeboten wird, Olkiluoto ist

der erste Standort, an dem er tatsächlich

gebaut wird. Dieser Bau ist für Siemens

und Avera nicht wirtschaftlich - 2003

sollte die deutsche Bundesregierung eine

Hermesbürgschaft für den Bau über-

nehmen, was aufgrund des politischen

Drucks scheiterte. Die französische

Regierung hat Avera ohne zu zögern

eine Bürgschaft über 610 Millionen Euro

gewährt, um das Projekt zu ermögli-

chen. Siemens und Avera werden mit

dem Projekt keinen Gewinn machen, viel

wahrscheinlicher sind ein paar hundert

Millionen Euro Verlust. Bei diesem AKW-

Bau geht es aber nicht um Gewinne: Es

handelt sich um den Versuch, mit dem

Bau einer neuen Anlage endlich wieder

einen Fuß in die Tür zu bekommen,

nachdem seit über zehn Jahren in West-

europa kein AKW mehr gebaut wurde.

Es ist der Kampf um die Existenzberechti-

gung der Atomindustrie.

Sebastian Vollnhals, ROBIN WOOD-Aktivist, und Frank Schapitz, Öko-

löwe Leipzig, haben im Februar 2007 die Baustelle des finnischen Atom-

kraftwerks in Olkiluoto besucht.

www.olkiluoto.info

www.luontoliitto.fi

Sebastian Vollnhals und Frank Schapitz in Olkiluoto

Page 36: Robin Wood Magazin 2/2007

schwerpunkt

Nr. 93/2.0736

Biokraftwerke verbrennen Regenwald

Befürworter von Strom aus Pflanzenöl

begründen ihre Meinung damit, dass

ausschließlich der Kohlenstoff wieder in

die Atmosphäre entlassen werde, der zu-

vor von den Pflanzen gebunden wurde.

Das ist aber nur die halbe Wahrheit.

Vergessen wird, dass der Anbau, der

Transport und die Raffinerie beispiels-

weise von Raps viel Energie und viele

Ressourcen kostet, was einen weiteren

Ausstoß von Treibhausgasen bewirkt.

Den größten Effekt hat aber der Ausstoß

von Lachgas (N2O).

Ausgerechnet von Rapsfeldern steigt

dieses Gas auf, das aus Prozessen in der

Pflanze und im Boden stammt, die durch

die Düngung verstärkt werden. Lachgas

ist aber um das ca. 320fache treibhaus-

aktiver als CO2. Die Bilanz, so rechneten

Forscher des Wuppertal Institut für

Klima, Umwelt, Energie schon 1995

vor, ist ernüchternd: Strom aus Raps ist

demnach nur um ein Prozent klima-

freundlicher als Strom aus Kohle. Aber es

kommt noch viel schlimmer.

Werden Blockheizkraftwerke mit Palmöl

aus den Tropen betrieben, werden sie

zum echten Klimakiller. Besonders in

Indonesien und Malaysia, den weltweit

mit Abstand größten Produzenten von

Palmöl, wurden in den vergangenen

Jahrzehnten mehrere Millionen Hektar

Regenwald vernichtet, um Ölpalm-Plan-

tagen anzulegen. In den meisten Fällen

werden zunächst die wertvollsten Hölzer

im Wald geschlagen und verkauft. Der

verbliebene Wald verschwindet häufig in

den gigantischen Papierfabriken, die teil-

weise von deutschen Banken finanziert

und von deutschen Steuergeldern rück-

versichert werden. Die zerstörten Natur-

flächen werden anschließend einfach in

Brand gesteckt, was für die Firmen, die

nicht selten auf allen Stufen an der Aus-

beutung verdienen, den Vorteil hat, dass

die Feuer auf noch intakte Waldgebiete

übergreifen. Geschädigter Wald aber

darf in Plantagen umgewandelt werden.

Besonders verheerend ist das Zündeln in

den Tiefland-Regenwäldern, zum Bei-

spiel in Kalimantan, dem indonesischen

Teil der Insel Borneo. Diese

Wälder stehen im Sumpf auf

meterdicken Torfschichten,

die, einmal trockengelegt und

angezündet, nicht verbren-

nen, sondern verkohlen, da

nur wenig Sauerstoff in sie

eindringt. Einige Torfböden in

Indonesien brennen seit fast

einhundert Jahren. Die Glut

frisst sich unterirdisch fort

und tritt irgendwo erneut zu

Tage.

Rita Sastrawan von der

indonesischen Natur-

schutzorganisation Borneo

Orangutan Survival Foun-

dation (BOS) berichtet von

ihrer Reise durch Zentral-Ka-

limantan: „Auf meiner Fahrt

auf dem Fluss Kapuas war

die Waldzerstörung immer

präsent. Ständig waren Säge-

werke am Ufer zu sehen, und

der beißende dicke Rauch

ätzte in unseren Augen und

Lungen. Manchmal konnten

wir nicht weiter als 15 Meter

sehen! Die Feuer diktieren

hier das Leben der Menschen.

Sie scheinen unbesiegbar. Mit

Ein gutes Gewissen hatte bisher, wer Strom aus Kraftwerken bezog, die Pflanzenöl nutzen. Mehrere Elektrizitätswerke in Deutschland betreiben solche Blockheizkraftwerke und preisen deren Klima-freundlichkeit. Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen entlar-ven diese Form des „grünen“ Stroms als Selbstbetrug.

Um Platz für Ölpalm-Plantagen zu schaffen, wird der Tropenwald in Brand gesetzt

Page 37: Robin Wood Magazin 2/2007

37Nr. 93/2.07

schwerpunkt

Macheten und schwerem Gerät bahnen

sich die Brandbekämpfer den Weg durch

den noch verbliebenen Wald.“

Auf dem Satellitenfilm von Borneo

waren 2006 über 300 große Brandherde

zu erkennen – weit über zwei Millionen

Hektar Regenwald fielen den Flammen

zum Opfer. Die Rauchwolken nahmen

ein ebenso großes Ausmaß an wie in

der bisher schlimmsten Brandsaison

1997/98. Über den Indischen Ozean zog

sich ein dichter Rauchteppich, der bis

an die afrikanische Küste reichte. Am

schlimmsten trifft es inzwischen fast

jedes Jahr Malaysia: In den Straßen der

großen Städte ist die Luft zum Schneiden

dick und so gesundheitsschädlich, dass

die Behörden Ausgangssperren verhän-

gen. Aber vor allem den Menschen auf

dem Land bleibt zum Überleben keine

andere Wahl, als ihre Felder inmitten des

Qualms zu bestellen.

Ganze 15 Prozent der weltweiten

Klimagas-Emissionen gehen inzwi-

schen auf das Konto der indonesischen

Waldbrände! Das ist ungefähr so viel,

wie alle EU-Staaten gemeinsam im Jahr

ausstoßen. Im Fernsehmagazin Report

vom 12. März 2007 äußerte sich der

Klimaforscher Florian Siegert von der

Uni München über die Untersuchungen

seiner Arbeitsgruppe: „Wir konnten

nachweisen, dass durch das Anlegen

von Plantagen, durch das Abbrennen

der Regenwälder und der Torfgebiete ein

Viel-Tausendfaches an CO2 freigesetzt

wird, als wir bei uns durch die Verbren-

nung von Palmöl zur Energiegewinnung

einsparen können. Damit ist die Klimabi-

lanz desaströs.“

Als wären die Umweltschäden durch die

Waldzerstörung nicht schon genug, wer-

den vor allem in Indonesien täglich Men-

schenrechte verletzt, die in Zusammen-

hang mit der Naturvernichtung stehen.

Die Holz-, Papier- und Plantagenfirmen

sind meist mit Lokalpolitikern und dem

Militär verbandelt. Einschüchterungen,

Bedrohungen, Vertreibungen der lokalen

Bevölkerung und von Umweltschüt-

zern und Menschenrechtlern sind an

der Tagesordnung. In Fällen, in denen

Kleinbauern sich freiwillig für den Anbau

von Ölpalmen entschließen, fehlt ihnen

später das Land für die Selbstversorgung.

Im Jahr 2006 wurden in der Europä-

ischen Union über eine Million Tonnen

Palmöl zur Energiegewinnung verheizt.

Nach einer unveröffentlichten Studie

des Leipziger Instituts für Energetik und

Umwelt werden allein die deutschen

Blockheizkraftwerke im laufenden Jahr

2007 zusammen ca. 1,3 Mrd. Kilowatt-

stunden Strom aus Palmöl produzieren

– etwa die Menge, die hierzulande pro

Jahr aus Sonnenenergie erzeugt wird.

Der Klimaschaden, den die Kraftwerks-

betreiber dabei in Kauf nehmen, wird

über das Erneuerbare-Energien-Gesetz

(EEG) vom deutschen Stromverbraucher

mit zur Zeit etwa 200 Millionen Euro

jährlich gefördert. Denn Ölpalmen gelten

nach dem EEG, genau wie Raps, als

„nachwachsende Pflanzen aus land-

wirtschaftlichen Betrieben“. Bundesum-

weltminister Siegmar Gabriel sieht

durch den Palmöl-Boom die Wende zu

erneuerbarer Energie in Gefahr: „Es ist

besorgniserregend: Wer das EEG nutzt,

denkt, er tut etwas Gutes. Aber wenn er

dies zum Teil durch die Zerstörung von

Regenwald getan hat, sind wir dabei,

den Sinn des EEG in der Öffentlichkeit zu

diskreditieren.“

Die meisten Kraftwerksbetreiber

in Deutschland sind mittlerweile

von Rapsöl auf billigeres Palmöl als

Brennstoff umgestiegen. Nicht alle

nehmen dabei ihre Verantwortung

für die Umwelt so ernst wie die Stadt-

werke Schwäbisch Hall, die von ihrem

ursprünglichen Plan, Palmöl aus einer

Plantage in Malaysia zu beziehen,

nach persönlicher Visite der angeblich

ökologisch nachhaltigen Anbauflächen

wieder abgerückt sind und nun eine

eigene ökologisch und sozial verträgliche

Plantage aufbauen wollen. Sie hatten

sich von den vollmundigen Aussagen

des so genannten Runden Tisches für

nachhaltiges Palmöl (RSPO) täuschen

lassen, deren Mitglied der Plantagen-

betreiber in Malaysia ist. Axel Friedrich,

Experte für nachwachsende Rohstoffe

beim Umweltbundesamt (UBA), stellt

unmissverständlich klar: „Es gibt kein

Zertifizierungssystem für Palmöl. Wer das

Gegenteil behauptet, sagt bewusst oder

unbewusst die Unwahrheit.“

Ob aus offiziell nachhaltigen Plantagen

oder nicht: ROBIN WOOD und Umwelt-

und Menschenrechtsorganisationen wie

BOS, Rettet den Regenwald oder Watch

Indonesia sprechen sich gegen jegliche

Nutzung von Palmöl in europäischen

Kraftwerken aus, da sie die weltweite

Nachfrage nach dem zerstörerischen

Rohstoff stützt. Axel Friedrich vom UBA

sieht das ähnlich: „Wer behauptet, er

bezöge ‚nur’ Palmöl aus lang bestehen-

den Plantagen, zieht Palmöl aus dem

Gesamtsystem heraus und erhöht damit

den Druck, neue Palmölplantagen zu

Lasten des Urwalds anzulegen.“

Christian Offer, Berlin

Foto: Jens Wieting

Der Anbau von Ölpamen geht häufig mit Menschenrechtsver-letzungen einher

Page 38: Robin Wood Magazin 2/2007

titel

Nr. 93/2.0738

Wenn viele Menschen viele

kleine Schritte tun ...Das Motto kann nicht sein: Ich habe hier viel Holz und jetzt geht’s los. Sondern erst mal fragen, wie viel ich eigentlich brauche, meint Dinah Epperlein vom Energiewende- Komitee. Bürgerkraftwerke sind Schritte in die richtige Richtung. Energieeffiziente Produkte und Energiesparen sind noch besser.

? Frau Epperlein, Sie beschäftigen

sich schon lange mit erneuerbaren

Energien. Warum?

! Ich hatte das Gefühl, im Bereich

Erneuerbare endlich mal meine Kennt-

nisse als Physikerin praktisch anwen-

den zu können und dabei noch etwas

Sinnvolles zu tun. Die Atomphysik

erschien mir schon früh als der falsche

Weg. Aber was war die Alternative?

Ich wollte dazu beitragen, Alternativen

zu finden, umzusetzen, weiterzuent-

wickeln. Das gab meinem Studium

eigentlich überhaupt erst den Sinn.

? Gab es damals schon die Fachaus-

richtung „erneuerbare Energien“?

! Nein, aber wir hatten in München

ein Seminar, das sich mit alternativen

Energiekonzepten beschäftigte. Eher

eine Arbeitsgruppe, geleitet vom

heute sehr bekannten Prof. Hans-Pe-

ter Dürr. Ich war von Anfang an da-

bei. Das Ganze war eine unheimlich

produktive und kreative AG. Diese

AG hat sicher meinen Weg geprägt.

Ich absolvierte später an der TU

Berlin ein Weiterbildungsstudium

Energiemanagement/Energiebera-

tung und bin darüber zur Beratung

gekommen.

? In Göttingen waren Sie später

Mitbegründerin des Energiewende

Komitees. Was hat es damit auf sich?

! Das Göttinger Energiewende

Komitee ist direkt nach dem Reak-

torunfall in Tschernobyl gegründet

worden. Es setzte sich damals aus

ganz vielen verschiedenen ehren-

amtlichen Gruppen zusammen, und

wir entwickelten für unsere Stadt

Fotos: Enrico Verworner

Dinah Epperlein

Page 39: Robin Wood Magazin 2/2007

39Nr. 93/2.07

perspektiven

ein kleines alternatives Energiekonzept.

Das Energiewende Komitee lebt heute

noch, macht Aufklärungsaktionen und

ist politisch aktiv.

? Was bedeutet Energiewende für Sie?

Nur noch bei Kerzenschein lesen?

! Nein, gar nicht. Aber wir müssen

uns einfach mehr Gedanken machen.

Als erstes muss ich überlegen, wie viel

Energie ich als Einzelner, aber auch als

Gesellschaft überhaupt brauche. Ist der

Aufwand nötig, oder kann man das

vielleicht auch anders organisieren? Der

zweite Punkt ist: Wie kann ich die benö-

tigte Energie so effizient wie möglich er-

zeugen? Das geht in Richtung Blockheiz-

kraftwerke, Energiesparlampe, effiziente

Kühl- oder Haushaltsgeräte. Und wenn

ich die notwendigen Geräte dann alle

habe, muss ich mir überlegen, wie ich

den Strom oder die Wärme erzeuge, um

sie zu betreiben. Was ist mein Brennstoff

oder meine Energiequelle?

? Das alles sollen sich die Verbraucher

und Verbraucherinnen jeden Tag aufs

Neue überlegen?

! Nein, das sollen sich vor allem die

Produzenten überlegen. Natürlich

kann man es nicht dem Verbraucher

überlassen, sich neben seinem Job und

seiner Familie um alles zu kümmern. Ich

denke, der Verbraucher wird da wirklich

überfordert. Es müssen alle ran. Vor

allem müssen die industriellen Produkte

endlich energieeffizienter werden! Dann

kann sich der Verbraucher immer noch

zwischen dem absoluten Premium und

dem Guten entscheiden. Das reicht ihm

oder ihr dann schon.

? Also ist das Verhalten der Menschen

doch nicht so wichtig?

! Das kann man so nicht sagen. Sicher-

lich ist ein umweltfreundliches Verhalten

wichtig. Aber ich kann trotzdem nicht

verstehen, warum es zulässig ist, schlechte

Geräte zu bauen. Es gibt für die meisten

Geräte enorme Sicherheitsvorkehrungen

und Vorschriften, damit sie uns nicht schä-

digen. Ich finde, wir sollten auch vorschrei-

ben, wie viel Energie ein Gerät verbrau-

chen darf, sofern das technisch möglich

ist. Heute weiß man, dass ein Kühlschrank

die Hälfte verbrauchen könnte. Aber er

verbraucht immer noch viel. Durch ein

paar bessere Komponenten kann jeder

Hersteller die Energieeffizient steigern, und

die Mehrkosten wären marginal.

? Beim Projekt „Solarzwilling“ kommen

die Verbraucher aber wieder zum Zuge...

! Ja, stimmt. Im Grunde ist der Solarzwil-

ling ein Bürgerkraftwerk, eine Solar-

stromanlage, in die jeder Bürger oder

Bürgerin kleines Geld investieren kann.

Zwilling heißt es deshalb, weil alle Er-

träge darauf genutzt werden, um Solar-

stromprojekte der Landlosenbewegung

in Brasilien zu unterstützen. Dies ist ein

ideelles Projekt. Ich glaube an die Kraft

der vielen Kleinen. Wenn Menschen

selber zu Energieerzeugern werden z. B.

mit einer Fotovoltaikanlage oder einem

kleinen Blockheizkraftwerk, dann haben

sie plötzlich eine ganz andere Sicht auf

die Dinge, ganz andere Interessen, und

merken, wie wertvoll Energie ist.

? Was wünschen Sie sich von den Me-

dien in Bezug auf Erneuerbare?

! Ich wünsche mir, die Medien stellten

das Energieproblem und den Klimawan-

del weniger als Sachfrage dar, sondern

mehr als eine Frage: Worin liegt der

Sinn, ständig Wirtschaftswachstum zu

haben? Die Medien behaupten, es ma-

che Sinn, aber keiner weiß es wirklich,

hinterfragt es öffentlich.

Es geht um die Frage: Wie wollen wir in

Zukunft leben, wie soll die Welt aus-

sehen? Das verlässt schnell den Bereich

Technik und wird komplexer. Ich glaube,

nur durch komplexe Fragen und ehrliche

Antworten können wir unser komplexes

Leben meistern.

Interview Dr. Corinna Hölzer,

GreenMediaNet. Aus dem Lesekalen-

der zu den erneuerbaren Energien

„Frauenansichten 2007“, Redaktion

Andrea Meyer, Bundesministerium

für Umwelt, Naturschutz und

Reaktorsicherheit, Referat KI III 1,

www.bmu.de.

grü

ne b

eru

fe

Der eine solare Zwilling im Göttinger Freibad erzeugt als Bürgerkraftwerk Strom aus Sonnen-energie. Der andere solare Zwilling er-zeugt in Brasilien auf einem ökologischen Modellhaus Strom aus der Sonne. Dieses Haus steht auf dem Gelände eines Müll-recycling-Projekts der Caritas und der Land-losenbewegung. www.solarzwilling.de

Page 40: Robin Wood Magazin 2/2007

verkehr

Nr. 93/2.0740

So kommt die Neuwagenflotte von

BMW 2005 auf stolze 192 Gramm

Kohlendioxid pro Kilometer. War da

was mit Klimaschutzversprechen? Zwölf

Prozent der gesamten europäischen

Kohlendioxid-Emissionen verursachen

Pkw und während in anderen Bereichen

die Werte sinken, steigen sie bei Autos

weiter an und machen Erfolge im Klima-

schutz zunichte.

Der Verband der europäischen Auto-

bauer, ACEA, ging 1998 eine Selbst-

verpflichtung ein, um verbindliche

EU-Grenzwerte zu verhindern. Schon

damals stand das Ziel der EU fest die

CO2-Emissionen von Neuwagen bis

2012 auf 120 Gramm Kohlendioxid pro

Kilometer zu reduzieren. Das entspricht

einem Verbrauch von 4,5 Litern Diesel

oder fünf Litern Benzin auf 100 Kilome-

tern. Bei einem Scheitern der Selbst-

verpflichtung sollen 2008 Grenzwerte

eingeführt werden.

Genau das passiert nun. Doch die Wellen

schlugen hoch, als EU-Umweltkommissar

Stavros Dimas ankündigte, diese fast

zehn Jahre alte Vorgabe umzusetzen.

EU-Ratspräsidentin Angela Merkel,

angetreten mit dem Vorsatz sich als

Klimaschützerin zu profilieren, verriss

das Lenkrad und kündigte an „mit aller

Härte“ gegen den seit 1998 auf Wieder-

vorlage gelegten Grenzwert vorzugehen.

Porsche-Chef Wendelin Wiedeking sah

gar den Sozialismus Urstände feiern.

Der deutsche EU-Kommissar Günter

Verheugen gerierte sich erfolgreich als

Interessenvertreter der heimischen Auto-

industrie und handelte einen Rabatt von

zehn Gramm aus.

Die Kommission sieht nun vor, dass die

Motoren von Neuwagen bis 2012 soweit

verbessert sind, dass sie maximal 130

Gramm Kohlendioxid pro Kilometer

emittieren. Dieser Wert ist ein Durch-

schnittswert für alle Flotten aller Herstel-

ler. Der „Verheugen-Rabatt“ von zehn

Gramm soll durch effizientere Klimaanla-

gen, Reifentechnik, aber auch durch Bei-

mischung von Pflanzentreibstoff erreicht

werden. Das weicht den seit Mitte der

90er Jahre von der EU angestrebten und

immer wieder verschobenen Grenzwert

auf. Die deutschen Autohersteller gehen

als Helden der Lobby-Arbeit aus dem

Streit hervor. Einen konkreten Gesetzes-

vorschlag will die Kommission möglichst

noch in diesem Jahr Ministerrat und

Parlament vorlegen.

Im Streit um die Ausgestaltung müssen

KlimaschützerInnen nun Druck gegen

die Spritfresserfraktion machen. Und

jenseits vom Ordnungsrecht bleibt es am

wirksamsten, das Auto stehen zu lassen.

Welches Auto? Einen von den rund 450

Millionen PKW in den Industrieländern

oder von den 600 Millionen Autos

weltweit, die nur zehn Prozent aller

Menschen gehören, aber für hundert

Prozent aller Menschen Treibhausgase

ausdünsten.

Monika Lege, 040/38089212,

[email protected]

Autoindustrie statt Klimaschutz 2008 wird wieder einmal ein Industrieverband an seiner Selbstver-pflichtung scheitern. Auf durchschnittlich 140 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer versprachen die europäischen Autobauer, die Treib-hausgas-Emissionen ihrer Neuwagen-Flotten zu senken. Das ent-spricht einem Verbrauch von etwas mehr als sechs Litern Sprit auf 100 Kilometern. Doch nicht einmal die Hälfte des Reduktionsziels haben sie bisher erreicht. Die deutschen Marken Porsche, BMW, Mercedes-Benz und VW-Tochter Audi reißen das europäische Klas-senziel in den Keller.

240 km/h Spitze und 180 Gramm CO

2 pro Kilometer: Audi

rast dem Klimaschutz davon

Klimasünder ausgebremst

Der Oberste Gerichtshof der USA

hat entschieden, dass Treibhaus-

gase als Luftverschmutzung gelten.

Das ist ein Durchbruch in der nord-

amerikanischen Klimapolitik, hinter

dem wesentlich der Druck von Nicht-

Regierungs-Organisationen steht.

Diese hatten Klage eingereicht, weil

die US-Umweltbehörde sich weigerte,

Grenzwerte für die Treibhausgas-Emis-

sionen von Autos und LKW festzu-

legen. Dazu ist sie nun verpflichtet.

Hinfällig ist damit auch die Klage der

deutschen Autohersteller BMW, Daim-

lerChrysler, Porsche und Volkswagen,

die die Einführung von Grenzwerten

für Neuwagen in Kalifornien und

anderen Bundesstaaten verhindern

wollten. ROBIN WOOD hatte im

Frühjahr 2005 an der internationalen

Kampagne von 53 Umweltorganisati-

onen aus 14 Ländern mitgewirkt und

die deutschen Autobauer aufgefor-

dert, ihre Klage zurück zu ziehen.

Page 41: Robin Wood Magazin 2/2007

41Nr. 93/2.07

verkehr

Mobil ohne Auto

Bei der aktuellen Klimadebatte steht auch der Autoverkehr auf der Tagesordnung.

Gestritten wird über die Frage, wie viel Kohlendioxid pro 100 km Autos aussto-

ßen dürfen, und ob es hierzu eine gesetzliche Regelung geben soll.

ROBIN WOOD geht das nicht weit genug, deshalb haben wir uns mit vielen ande-

ren Verbänden zum Bündnis Mobil ohne Auto (MoA) zusammen geschlossen. Wir

fordern, nach Möglichkeit auf das Auto zu verzichten und sich mit öffentlichen

Verkehrsmitteln oder zu Fuß oder mit dem Fahrrad fortzubewegen.

Um der Forderung nach einer umweltfreundlichen und sozialen Mobilität Nachdruck

zu verleihen, findet seit Anfang der achtziger Jahre einmal im Jahr der Aktionstag

Mobil ohne Auto statt. Dieses Jahr wird am 3. Sonntag im Juni, dem 17.6., landauf

- landab mit den unterschiedlichsten Aktionen und Veranstaltungen für eine men-

schen- und umweltverträgliche Verkehrspolitik demonstriert:

www.mobilohneauto.de

Die Tour de Natur, eine 14-tägige umwelt- und verkehrspolitische Fahrradtour,

setzt sich in diesem Jahr besonders für den Klimaschutz ein. Etwa 150 Radfah-

rerinnen und Radfahrer zwischen 5 und 85 Jahren fahren vom 29. Juli bis 11. August

2007 von Nürnberg über Schweinfurt, Würzburg und Darmstadt nach Offenbach,

vorwiegend über Bundes- und Landesstraßen, abgesichert von der Polizei.

„Klimafreundlich mobil ... das können wir uns leisten!“ lautet das Motto der 17.

Tour de Natur. Die TeilnehmerInnen engagieren sich für eine sozialverträgliche

Verkehrs- und Umweltpolitik und treten den Beweis an, dass sich Politik, Kultur und

gemeinsame sportliche Betätigung in einer anderen Lebensweise verbinden lassen.

Und ganz nebenbei ist die Tour de Natur eine wunderbare, erholsame Möglichkeit

Urlaub zu machen, neue Menschen kennen zulernen oder mit der ganzen Familie

entspannt in die Pedale zu treten. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer organisieren

die Tour selbst, organisatorischer Träger ist die Grüne Liga Dresden/Oberes Elbtal.

Mehr Infos: Organisationsbüro 0351/494 33 53 und unter www.tourdenatur.net,

[email protected], Tel: 0931/571794, [email protected]

Tour de Natur

Bahn unterm Hammer

Das Bündnis „Bahn für Alle“ veran-

staltete in Berlin vom 17. bis 18.

März 2007 eine große Tagung zum

geplanten Börsengang der Bahn. Die

Veranstaltung fand enormen Anklang

mit über 160 TeilnehmerInnen aus

ganz Deutschland und sogar aus dem

Ausland.

Am Abend stand die Filmpremiere

von „Bahn unterm Hammer“ auf

dem Programm. Alle 460 Plätze

des Babylon-Kinos waren besetzt.

Doch dann die Nachricht: Es habe

Probleme mit dem Schnittprogramm

gegeben und es sei nicht klar, ob die

Filmmacher rechtzeitig mit der Kopie

aus Hamburg eintreffen würden.

Schließlich ein Aufatmen: Völlig

übernächtigt, aber mit dem Film im

Gepäck trafen sie ein – mit der Bahn.

Der Film wurde ausschließlich mit

Spenden engagierter BürgerInnen

finanziert. Auch das ist ein Zeichen

dafür, wie wichtig die anstehende

politische Entscheidung genommen

wird. Doch große Entscheidungen

werfen lange Schatten, wie im Film

deutlich wurde. Durch Mehdorns

auf den Börsengang ausgerichtete

Konzernpolitik haben bei der Bahn

Beschäftigte und Kunden schon seit

Jahren zu leiden: Arbeitsplatzabbau,

Verspätungen und Streckenstill-

legungen sind nur einige Beispiele,

die dem Publikum gezeigt wurde.

An den zwei Tagen der Tagung wurde

den TeilnehmerInnen viel geboten,

und es lag Aufbruchstimmung in der

Luft. Neben den vielen fundierten

Informationen wurde ein deutliches

Zeichen gesetzt, das von der Politik

nicht übersehen werden kann. Die

Fakten und die Mehrheit der Bevölke-

rung sprechen gegen den Börsengang.

Dies muss sich auch in der Entschei-

dung im Bundestag wieder finden.

Mehr zur Tagung:

http://www.bahn-ist-keine-ware.de/

Mehr zur Kampagne:

http://www.deinebahn.de

Mehr zum Film:

http://www.bahn-unterm-hammer.de/

Zur MoA-Fahrrad-Sternfahrt 2006 in Hamburg kamen über 10.000 Radfahrerinnen und Radfahrer. Dieses Jahr sollen es noch mehr werden: www.fahrradsternfahrt.info, Tel.: 040/23994265

Page 42: Robin Wood Magazin 2/2007

Nr. 93/2.0742

jug

en

dse

ite Natur auf der Spur

Zum 9. Mal ruft GEO zum Schülerwettbewerb „Tag der Artenvielfalt“ auf. SchülerInnen jeden Alters können einen Tag lang Forscher sein und ein „Stück Natur“ vor der Haustür genauer untersuchen. Die Ergebnisse sollen anschließend dokumentiert werden. Ob Textmappe, Installation von Fund-stücken, Bilder, Fotos, Videos und Internet-Präsentation - der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt.

Die alljährliche Natur-Inventur wurde

1999 ins Leben gerufen. Seit dem

organisiert GEO jedes Jahr zusammen

mit einem Partner den Tag der Arten-

vielfalt. Dieses Jahr findet sie am 9. Juni

2007 unterstützt von der Deutschen

Wildtier Stiftung statt. Parallel dazu rich-

ten Universitäten, Museen, Umweltäm-

ter, Naturschutzverbände und Gruppen

naturbegeisterter Laien ihre eigenen

Artenvielfalt-Tage aus.

Das Ziel dabei ist es innerhalb von 24

Stunden so viele Tier- und Pflanzenarten

wie möglich aufzuspüren, um dabei

authentische Informationen über den

Zustand der Natur in Biotopen ganz

unterschiedlicher Art zu gewinnen. Von

Anfang an waren auch Schülerinnen

und Schüler beteiligt. Bei ihnen geht es

aber nicht um Rekorde beim Erfassen

der gefundenen Arten, sondern um die

Vielfalt der Ideen, mit deren Hilfe sich

Natur untersuchen lässt.

Am diesjährigen Wettbewerb können

Gruppen von SchülerInnen jeden Alters

teilnehmen: Klassen, Bio-AG’s, Leistungs-

kurse oder kleinere und größere Schü-

lergruppen. Sie sollten bei ihrer Arbeit

von Lehrern oder Experten unterstützt

werden. Die Jury aus Vertretern der

Deutschen Wildtier Stiftung, des Ernst

Klett Verlags und von GEO wird die ide-

enreichsten und sorgfältigsten Arbeiten

(Planung, Durchführung, Auswertung

des Projekts) prämieren und die Sieger

im Herbst 2007 vorstellen.

Der GEO- Tag der Artenviel-

falt findet am 9. Juni 2007

statt. Die Aktionen der

Schulen können an diesem

Tag oder an einem belie-

bigen Datum in der Woche

davor oder danach ausge-

richtet werden. Attraktive

Preise wie eine Klassenfahrt,

ein Jahresabo GEOlino oder

Buchpakete winken den

Siegern der Schulaktionen.

GEO vergibt aber ebenso

einen Expertenpreis für

kleinere Gruppen von zwei

bis fünf SchülerInnen, die

außerhalb ihrer Schulklasse

ein eigenes Projekt durch-

führen. Sie können sich

intensiv mit Tieren und

Pflanzen beschäftigen,

Forschern über die Schulter

schauen und beim „Gipfel-

treffen der Experten“ dabei

sein - denn die Gewinner

werden zur Teilnahme an

der Hauptversammlung am

14. Juni 2008 eingeladen.

Alle Teilnehmer des Schü-

lerwettbewerbs müssen ihr

Projekt unter http://www.

geo.de/GEO/natur/oekolo-

gie/tag_der_artenvielfalt/

anmelden und bis zum 12.

Juni 2007 an die Redaktion

GEO senden.

Joanna Buryn-Weitzel ist 14 Jahre alt und die

Vielfalt der Arten bei ihr zu Hause wird von Stab- und

Gespenstheuschrecken, ei-ner Schildkröte und einem

Hund bereichert.Foto: GEO

Page 43: Robin Wood Magazin 2/2007

Nr. 93/2.07

bücher

anzeige

Vor uns die Sintflut

Tauendes Polareis, Landstriche, die im Wasser versinken, Naturkatastrophen von un-

geahnten Ausmaßen: Erderwärmung und Klimawandel sind schon lange keine graue

Theorie mehr. Für viele Menschen wurden sie bereits bittere Realität. Die amerika-

nische Journalistin Elizabeth Kolbert bereiste Orte, an denen die konkreten Auswir-

kungen des Klimawandels schon heute zu spüren sind – in Grönland, Alaska und

England. Inuit in Alaska, die umgesiedelt werden, weil das Eis ihre Häuser nicht mehr

trägt, Schmetterlingsforscher in England, Gletscherbeobachter in Island, zahlreiche

Klimaexperten und politische Entscheidungsträger schildern ihre Sicht der Dinge.

So entstand eine Sammlung eindrucksvoller Reportagen, in denen die Autorin

verständlich und klar die historischen, wissenschaftlichen und politischen Zusammen-

hänge des Klimawandels beschreibt. Im zweiten Teil des Buches bewertet Elizabeth

Kolbert sachlich kritisch die Reaktionen von Wirtschaft und politischen Entschei-

dungsträgern. Deutlich zeigt sie dabei den Egoismus, mit dem Verantwortliche in

den USA, Hauptverursacher von Treibhausgasen, die im Kioto-Prozess festgeschrie-

benen Gegenmaßnahmen torpedieren.

Ihre Betroffenheit zeigt sie durch die Auswahl der vorgestellten Wissenschaftler und

Themen. So berichtet sie über ein niederländisches Unternehmen, das schwimmende

Häuser herstellt – für die befürchteten großen Überflutungen. Nachdenklich macht

ein Gespräch mit dem Klimaforscher Robert Socolow: Während Laien bei wissen-

schaftlichen Themen stets zur Dramatisierung neigten, sei es beim Klimawandel

genau umgekehrt. Fast alle Experten würden warnen – und die Laien verharmlosen.

Das Ende vom Öl

Wie entsteht Erdöl und wo wird es gefördert? Ne-

ben diesen Fragen diskutieren die Autoren Förder-

statistiken und Prognosen zur zukünftigen Erdöl-

förderung und kommen zu dem Schluss, dass das

Maximum der Förderung unmittelbar bevorsteht.

Spannend wird es bei der Analyse der verschie-

denen Akteure im Erdölsektor und ihrer Interessen.

Detailliert wird die Argumentationsweise und

Desinformationspolitik der Erdölfirmen entlarvt und

den Fakten gegenübergestellt. Die Stärke des Buchs

liegt vor allem darin, dass es nicht bei der Analyse

der Gegenwart stehen bleibt, sondern ein Szenario

der zukünftigen Wirtschafts- und Energiepolitik

entwirft. Dabei werden einerseits grundlegende Än-

derungen wie beispielsweise die Neudefinition von

Wirtschaftswachstum bei begrenzten Ressourcen

gefordert. Andererseits werden die Regenerativen

Energieträger und ihre Entwicklung in letzter Zeit

kurz beschrieben.

Einige der verwendeten Grafiken sind unvollständig

und damit wenig hilfreich. Alles in allem liefert das

Buch viele aktuelle Fakten und verbale Munition für

das Engagement für eine Energiewende.

Alexander Schweyer, Regensburg

Elizabeth KolbertVor uns die SintflutDepesche von der KlimafrontÜbersetzung Thorsten SchmidtBerlin Verlag, 2006222 Seiten, 19,90 EuroISBN 978-3827006431

Sonderaktion: Das Buch kann für 4 Euro bei der Bundeszentrale für politische

Bildung, www.bpb.de/publikationen/WFWTLU.html befristet bestellt werden.

Campbell,C.J., F. Liesenbor-ghs, J. Schindler, W. ZittelÖlwechsel: Das Ende des Erdölzeitalters und die Weichenstellung für die ZukunftÜbersetzt von Helga Rothdtv Verlag, 2007272 Seiten, 12 EuroISBN 978-3-423-34389-3

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Page 44: Robin Wood Magazin 2/2007

Nr. 93/2.07

bücher

Politisch handeln in der Shoppingmall

Tanja Busse glaubt fest an die Wirksamkeit kleiner Schritte und an die Macht der

Konsumenten. Und mit dieser Überzeugung gelingt es ihr, die Fakten eines globali-

sierten Konsums schonungslos darzulegen und gleichzeitig die LeserInnen zu einem

bewussten Einkaufsverhalten zu motivieren. Ob wir nun unseren morgendlichen Kaf-

fee trinken, uns ein neues, cooles T-Shirt gönnen, ein Planschbecken zum Vergnügen

unserer Kinder kaufen oder einfach nur etwas essen wollen, wir stillen damit nicht

nur unsere Bedürfnisse sondern bestimmen entscheidend die Lebensbedingungen

anderer Menschen – und die sind häufig nicht menschenwürdig. In Brasilien verkau-

fen Indigene ihr Land für einen Spottpreis an Futtermittelfirmen, in Indien schuften

Kinder in Steinbrüchen für Pflaster- und Grabsteine, in Asien nähen Frauen Kleidung

für knapp 4 Euro am Tag.

In Tanja Busses Buch kommen Wissenschaftler ebenso zu Wort wie Experten von Or-

ganisationen wie Greenpeace, Oxfam, Evangelischer Entwicklungsdienst, Kampagne

für saubere Kleidung und vor allem die Menschen, die unsere geliebten Produkte

herstellen. Außerdem hat die Autorin auch bei Firmen wie KarstadtQuelle, Adidas,

Nestlé etc, recherchiert und hartnäckig nachgefragt. Trotz der ausführlichen Fakten

ist das Buch sehr verständlich geschrieben.

Abgerundet wird das Buch durch Kapitel, die sich mit der Geschichte der Konsum-

kritik befassen und mit politischem Konsum als Thema in Wissenschaft und Medien.

Überzeugend ist auch der Anhang, der Informationsquellen auflistet (Verbraucher-,

Umweltschutz- und Entwicklungshilfe-Organisationen, Bezugsquellen für faire und

ökologische Produkte) und eine ausführliche Literaturliste sowie ein Personen- und

Sachregister enthält – ein Buch, mit dem sich arbeiten lässt.

Annette Littmeier, Berlin

Unappetitlichen Geschäfte der Lebensmittelindustrie

Dass man Käse am Rand etwa 5 Millimeter abschneiden sollte, dass dank eines

geschickten Deals probiotischer Joghurt in Frankreich auf Rezept verkauft wird, dass

zuckerfreie Light-Produkte uns nicht wirklich schlanker werden lassen und 1000

weitere nützliche Informationen rund um künstliche Zusatz-, Konservierungs-, Farb-

und Süßstoffe in Lebensmitteln erfährt man in dem Buch die „Joghurt-Lüge“, das

eigentlich jede und jeder vorm Einkauf gelesen haben müsste.

Obwohl es auf den ersten Blick so wirkt, wir haben es hier nicht mit dem recht ober-

flächlichem skandalheischen ähnlicher Bücher zu tun, sondern mit einer ernsthaf-

ten Auseinandersetzung um die Gefahren des „Geiz ist Geil“-Konsums. Kein Blatt

vor den Mund genommen wird bei der berechtigten Kritik an der DGE (Deutsche

Gesellschaft für Ernährung), die so offensichtlich ihre Neutralität verkauft, wenn es

um Marken und den Absatz geht. Tierversuchsstudien als Grundlage für menschliche

Ernährung werden erfreulicherweise kritisiert, auch die Relativität objektiver, wissen-

schaftlicher Studien wird angesprochen.

Allerdings fehlt dem Buch das Zeug zum Kassenschlager – aus einem einfachen

Grund: Es ist keine leichte Kost, die hier vorgelegt wird. Das umfangreiche Zahlen-

material und der Fremdwortgebrauch machen das Lesen an vielen Stellen schwer.

Wunderbar recherchiert, größtenteils gut erklärt – das Buch ist eine Goldgrube für

Menschen, die zum Thema recherchieren wollen. Hier wurde das nämlich schon

messerscharf getan.

Franziska Brunn, Berlin

Marita Vollborn, Vlad D. GeorgescuDie Joghurt-LügeCampus Verlag, 2006300 Seiten, 19,90 EuroISBN 978-3-593-37958-6

Tanja BusseDie EinkaufsrevolutionKonsumenten entdecken ihre MachtKarl Blessing Verlag, 2006 320 Seiten, 14,95 EuroISBN 978-3-89667-312-1

44

Page 45: Robin Wood Magazin 2/2007

Nr. 93/2.07

internes

Neuer ROBIN WOOD-Vorstand 2007Ich bin Sara-Ann

Lampmann, 24,

aus Hamburg. Ich

studiere Psycholo-

gie in Dresden. Seit

2003 bin ich in den

Fachgruppen Energie

und Tropenwald aktiv

und habe einige Akti-

onen und Floßtouren

mitgemacht. Nun

freue ich mich auf die

Arbeit im Vorstand!

Ich bin Felix Kupferschmidt, 39,

und wohne in München. Ich habe

eine 10jährige Tochter und bin Ad-

ministrator in einer Werbeagentur.

Zu ROBIN WOOD kam ich 1989 in

Mainz, das ich 1996 in Richtung

Oberbayern verließ. Die Themen

Mobilität und Klima bringen mich

zu ROBIN WOOD in die Verkehrs-

fachgruppe. Im Vorstand war ich

schon einmal für zwei Jahre. Das

ist eine schöne und konstruktive

Arbeit im Verein.

Ich bin Sylvie Grischkat, 31,

aus Hessen. Seit 11 Jahren lebe

ich in Lüneburg und bin an der

Universität tätig. Über ein Prak-

tikum 2000 kam ich zu ROBIN

WOOD. Ich engagiere mich in

der Verkehrsgruppe, denn mein

Herz hängt an einer nachhal-

tigen Verkehrsentwicklung. Von

2003 bis 2005 war ich bereits im

Vorstand aktiv.

Ich bin Andreas Kleinhans aus

Mainz, 32 Jahre alt, und dort

seit vielen Jahren als Fahrrad-

Einzelhändler selbstständig.

Seit 1993 bin ich bei ROBIN

WOOD aktiv und war schon

in der Vergangenheit im Vor-

stand. Eines meiner Schwer-

punkt-Themen ist der Bereich

Verkehr.

Ich bin Janina Welsch und 34 Jahre

alt. Die schöne Bodensee-Region

habe ich wegen des Studiums in

Lüneburg verlassen. Jetzt arbeite

ich in Dortmund in einem EU-Pro-

jekt zum Mobilitätsmanagement.

Zu ROBIN WOOD bin ich über ein

Praktikum in der Pressestelle ge-

kommen. Ich engagiere mich in der

Verkehrsgruppe und bin seit 2006

im Vorstand von ROBIN WOOD.

Ich bin Markus Küffner aus

Darmstadt, 33 Jahre alt und

arbeite in der ambulanten

Jugendhilfe. Seit 1993 bin

ich bei ROBIN WOOD aktiv

und klettere leidenschaft-

lich gerne. Meine Schwer-

punktthemen sind Verkehr

und die aktuelle Tempo-

kampagne.

Ich bin Juli(ane) Niklas, 29, und

arbeite als Pädagogin im Koordi-

nierungszentrum Deutsch-Tsche-

chischer Jugendaustausch. Nach

vielen Jahren als Aktivistin in

der Regionalgruppe Rhein-Main

sowie als Mitglied der Energie-

und Verkehrsfachgruppe freue

ich mich jetzt, das Vereinsleben

von einer anderen Seite erleben

zu dürfen.

Ich bin Hanna Poddig, 21, und

wohne in Berlin. Seit 2003

engagiere mich in den Fach-

gruppen Energie und Verkehr.

Während meines freiwilligen

ökologischen Jahres in der

ROBIN WOOD-Pressestelle hat

sich bei mir eine große Verbun-

denheit zum Verein entwickelt.

Ansonsten verbringe ich meine

Zeit gerne mit Jonglage.

Sara-Ann Lampmann

Juliane Niklas

Hanna Poddig

Markus Küffner

Felix Kleinschmidt

Sylvie Grischkat

Janina Welsch

Andreas Kleinhans

45

Page 46: Robin Wood Magazin 2/2007

post

Nr. 93/2.0746

Zeitschrift für Umweltschutz und Ökologie

Erscheinungsweise vierteljährlich

RedaktionAnnette Littmeier, Dr. Christiane Weitzel

(V.i.S.d.P.), Christian Offer, Sabine Genz, Angelika

Krumm, Regine Richter (o. Bild)

Verantwortlich für Layout, Satz, Fotos und Anzei-

gen ist die Redaktion.

VerlagROBIN WOOD-Magazin

Lindenallee 32, 16303 Schwedt

Postfach 100403, 16294 Schwedt

Tel.: 03332/2520-10, Fax: -11

[email protected]

Jahresabonnement 12,- Euro inkl. Versand

zu beziehen über:

ROBIN WOOD e.V., Geschäftsstelle

Postfach 10 21 22, 28021 Bremen

Tel.: 0421/59828-8, Fax: -72

[email protected]

www.robinwood.de

Der Bezug des ROBIN WOOD-Magazins ist im

Mitgliedsbeitrag enthalten.

GesamtherstellungDruckhaus Bayreuth, www.druckhaus-bayreuth.de

Rollenoffsetdruck, Auflage: 11000

Das ROBIN WOOD-Magazin erscheint auf 100%

Altpapier, das mit dem Blauen Engel ausgezeich-

net ist.

Titelbild: gettyimages/Art Wolfe

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Feinstaub durch Bremsen

92/1.07, Verkehr: Augenwischerei um Feinstaub“

Sowohl in der öffentlichen Diskussion, als auch in Ihrem Artikel wird

die Feinstaubemission des Autos auf den Motor und dessen Abgase

reduziert. Ein Auto erzeugt aber noch an ganz anderen Stellen erheb-

liche Mengen von Feinstaub. So wird bei jedem Bremsvorgang durch den

Abrieb der Bremsbeläge an der Bremsscheibe Feinstaub produziert, der

Abrieb der Kupplung zwischen Motor und Getriebe erzeugt Feinstaub

und nicht zuletzt der Abrieb der Reifen auf der Fahrbahn. Gibt es eigent-

lich Untersuchungen wie hoch der Anteil dieser Komponenten an der

Gesamtfeinstaubbelastung ist?

Wenn ein Porsche Cayenne, ein BMW, ein Mercedes oder ein vergleich-

bares Fahrzeug von 250 km/h schlagartig auf 0 km/h abbremst, so produ-

ziert es durch den Bremsvorgang mehr Feinstaub als ein Kleinwagen ohne

Katalysator in einem ganzen Jahr.

Der Abrieb von Bremsen, Kupplung und Reifen findet ja nicht nur auf der

Autobahn sondern auch in den neu geschaffenen Umweltzonen statt.

Porsche und Co haben eine grüne Umweltplakette und dürfen auch wei-

terhin innerhalb und außerhalb der Umweltzonen Feinstaub machen.

Heinz B. Zeller, Heidelberg

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Nummer 93/2.07

Magazin

Page 47: Robin Wood Magazin 2/2007

47Nr. 93/2.07

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