ROLLER-TEST PEUGEOT DJANGO 125 SPORT TEXT FOTOS...

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31 www.motomobil.at 31 www.motomobil.at 30 www.motomobil.at 30 www.motomobil.at TEXT MICHAEL BERNLEITNER FOTOS PEUGEOT (7), REDAKTION (9) PEUGEOT DJANGO 125 SPORT ROLLER-TEST S tellen wir die angenehme Überraschung gleich an den Anfang. Man muss keines- falls ein erklärter Fan von Vinta- ge-Bikes und Retro-Scootern sein, um mit dem Peugeot Django eine große Freude zu haben. Aus einem ganz einfachen Grund: Das Ding sieht zwar ein bisschen (im wohl gewünschten Ausmaß) ältlich und traditionsverliebt aus, aber es fährt genauso gut und ist mindestens so praktisch wie die meisten anderen Roller, die in den letzten Jahren so auf den Markt gekommen sind. Man bekommt um einen über- schaubaren Betrag einen fahrbaren Untersatz, der die Blicke auf sich zieht und muss beim Gebrauchs- wert keinerlei Abstriche machen. Da braucht man gar nicht erst mühsam einen – im österreichi- schen Stadtverkehr sowieso gar nicht vorhandenen – „Lifestyle“ beschwören. Wie sehr oft könnte die Wahrheit nämlich einfach sein. Ich stelle folgende Theorie in den Raum: Der allseits unübersehbare Erfolg der Vespa-GTS-Serie kommt eher nicht daher, weil sich die Be- sitzer ins römische Dolce Vita der 1950er versetzt fühlen oder sich wie Mastroianni vorkommen. Son- dern viel wahrscheinlicher, weil die Vespa GTS eben ein sehr schöner, sehr gut funktionierender und sehr praktischer Motorroller ist. Dass zusätzlich ein bisschen Gefühl und ein bisschen Sonne verkauft – und natürlich auch verrechnet – wer- den, das ist dann die Besonderheit von Markenware. P eugeot als ältester noch produ- zierender Motorradhersteller überhaupt (Roller wurden dann seit 1954 gebaut) hat natürlich einen großen Fundus, aus dem geschöpft werden kann. Der auf der Mailän- der EICMA 2013 als 50er, 125er und 150er vorgestellte Django ori- entiert sich bei einigen Design- elementen an den Klassikmodellen S55 und S57C (die Zahlen in den Ty- penbezeichnungen benennen das jeweils erste Verkaufsjahr; der 55er war vor allem mit dem außerge- wöhnlichen Gepäckfach auffällig; der S57 nahm erfolgreich an der legendären Fahrt von Saigon nach Paris teil). Aber auch aus Peugeot-Automo- bilen finden finden sich Versatz- stücke: Vom Peugeot 203 kommt die Styling-Vorlage zum Django- Cockpit, vom Peugeot 402 die markante blaue Farbe der Ver- sion Django Sport. Das „Django“ selbst bezieht sich übrigens nicht auf Clint Eastwood oder gar auf SEPIA-STIL & FRANZÖSISCH- BLAU Wie aus einer Sammlung von Zitaten der Vergangenheit ein moderner Roller gemacht werden kann Vintage-Look mit sehr hohem Gebrauchswert

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TEXT MICHAEL BERNLEITNERFOTOS PEUGEOT (7), REDAKTION (9)

PEUGEOT DJANGO 125 SPORTROLLER-TEST

Stellen wir die angenehme Überraschung gleich an den Anfang. Man muss keines-

falls ein erklärter Fan von Vinta-ge-Bikes und Retro-Scootern sein, um mit dem Peugeot Django eine große Freude zu haben. Aus einem ganz einfachen Grund: Das Ding sieht zwar ein bisschen (im wohl gewünschten Ausmaß) ältlich und traditionsverliebt aus, aber es fährt genauso gut und ist mindestens so praktisch wie die meisten anderen Roller, die in den letzten Jahren so auf den Markt gekommen sind. Man bekommt um einen über-

schaubaren Betrag einen fahrbaren Untersatz, der die Blicke auf sich zieht und muss beim Gebrauchs-wert keinerlei Abstriche machen. Da braucht man gar nicht erst mühsam einen – im österreichi-schen Stadtverkehr sowieso gar nicht vorhandenen – „Lifestyle“ beschwören. Wie sehr oft könnte die Wahrheit nämlich einfach sein. Ich stelle folgende Theorie in den Raum: Der allseits unübersehbare Erfolg der Vespa-GTS-Serie kommt eher nicht daher, weil sich die Be-sitzer ins römische Dolce Vita der 1950er versetzt fühlen oder sich

wie Mastroianni vorkommen. Son-dern viel wahrscheinlicher, weil die Vespa GTS eben ein sehr schöner, sehr gut funktionierender und sehr praktischer Motorroller ist. Dass zusätzlich ein bisschen Gefühl und ein bisschen Sonne verkauft – und natürlich auch verrechnet – wer-den, das ist dann die Besonderheit von Markenware.

Peugeot als ältester noch produ-zierender Motorradhersteller

überhaupt (Roller wurden dann seit 1954 gebaut) hat natürlich einen großen Fundus, aus dem geschöpft werden kann. Der auf der Mailän-der EICMA 2013 als 50er, 125er und 150er vorgestellte Django ori-entiert sich bei einigen Design- elementen an den Klassikmodellen S55 und S57C (die Zahlen in den Ty-penbezeichnungen benennen das jeweils erste Verkaufsjahr; der 55er war vor allem mit dem außerge-wöhnlichen Gepäckfach auffällig; der S57 nahm erfolgreich an der legendären Fahrt von Saigon nach Paris teil). Aber auch aus Peugeot-Automo-bilen finden finden sich Versatz-stücke: Vom Peugeot 203 kommt die Styling-Vorlage zum Django-Cockpit, vom Peugeot 402 die markante blaue Farbe der Ver-sion Django Sport. Das „Django“ selbst bezieht sich übrigens nicht auf Clint Eastwood oder gar auf

SEPIA-STIL & FRANZÖSISCH-BLAU

Wie aus einer Sammlung von

Zitaten der Vergangenheit ein

moderner Roller gemacht werden kann

Vintage-Look mit sehr hohem Gebrauchswert

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ROLLER-TEST PEUGEOT DJANGO 125 SPORT

(1) Digital-analoges Cockpit nach Auto-Vorbild(2) Rückspiegel im Stromliniendesign(3) Für die Blinkerbetätigung braucht man einen eher langen Daumen(4) Die LED-Lichter fügen sich stimmig ein(5) Die beiden Klappdeckel werden vom Zündschloss geöffnet(6) Der Gepäckhaken kann nach oben eingeklappt werden(7) Sehr wirkungsvolle Kombibremse, die Reifen sind aus dem günstigen Regal(8) Ebenfalls retro: der zusätzliche Kickstarter

Fertigung werden eines Besseren belehrt: Die Verarbeitung ist gut und handfest, die Oberflächen so-gar sehr schön, in der Sportversion gibt es an vielen Stellen imitiertes gebürstetes Aluminium. Ebenso wie die Lichtausstattung ist das digital-analoge Cockpit eine sym-pathische Mischung aus Klassik und Moderne, bis hin zur Außen-temperaturanzeige mangelt es nicht an Informationen. Bei der Beleuchtung gibt es vorne und hin-ten zahlreiche LED-Elemente, die sich nahtlos in die Django-Optik einfügen; als Kontrast dazu findet man Katzenaugen als Rück- und Seitenstrahler.Die gefälligen seitlichen Luftein-lässe in der Karosserie kommen von den historischen Vorbildern, in Ansätzen auch das Daisy-Duck-Heck. Designerisch am wenigsten inspiriert wirkt eindeutig die Li-nienführung der Auspuffanlage. Die Gepäckplatte am Bürzel der Sportversion kann gegen ein zu-sätzliches Sitzkissen ausgetauscht

werden. Unter dem großen Fahrer-sattel gibt es den quaderförmigen Gepäckraum, der für einen Inte-gralhelm nicht breit genug, aber trotzdem sehr brauchbar ist. Hier findet man auch eine 12-Volt-Steckdose. Im Rollervorbau einen elegant einklappbaren Gepäckha-ken sowie zwei per Zündschlüssel zu öffende Klappen, wobei hinter der linken der Tankverschluss ist und noch Platz für einen Putzlap-pen wäre; ins rechte Fach passen die Fahrzeugdokumente und ein Mini-Erste-Hilfe-Set. Der freie Durchstieg ist vollkommen eben, der großzügige Fußraum passt au-ßerdem bestens mit der insgesamt sehr geräumigen und entspann-ten Sitzposition zusammen. Was man dem Django jedenfalls lassen muss: Die Mischung aus Tradition und Aufbruch funktioniert und ist stimmig.

der wenigen, die zusätzlich zum E-Starter noch einen Kickstarter mit sich spazierenführen.

Die recht ansprechenden Fahr-leistungen werden durch das

akzeptable Trockengewicht von 129 Kilo begünstigt. Die ordentlich do-sierbare und wirkungsvolle Kombi-Bremsanlage (der linke Handhe-bel betätigt sowohl die hintere als auch die vordere Scheibenbremse) erledigt ihre Aufgabe tadellos. Trotz der kleinen 12-Zoll-Bereifung scheint die Fahrwerksgeometrie eher auf guten Geradeauslauf als auf übertriebene Handlichkeit aus-gelegt. Lediglich die Erstbereifung mit Cheng Shin Tires lässt zu wün-schen übrig: Obwohl anfänglich sehr kurvenstabil, neigt der Roller ab einer gewissen Schräglage dazu, weiter nachzukippen – es wird wohl kaum einen Django-Besitzer geben, der beim Reifentausch diese Garnitur noch einmal nachbestellt. Ein Achtelliter-Roller, dessen Preis je nach Version zwischen 3500 und 4000 Euro liegt, sollte von vornhe-rein mit Markenreifen ausgestattet sein. Aber man kennt es zum Bei-spiel auch von Vespa, dass sich im-mer wieder ein Sava-Reifen in die Erstausstattung verirrt. Sonst gibt sich der Peugeot Djan-go keine Blößen, alle eventuellen Vorbehalte gegen chinesische

ist alles andere als fad. Der einfach aufgebaute luftgekühlte Zweiven-tiler wirkt in keiner Phase gequält, und die Variomatik samt automati-scher Fliehkraftkupplung ist so gut abgestimmt, dass man sich an der Ampel vorne anstellt ohne Angst, von der Verkehrslawine überrollt zu werden. Auch die Spitze ist mit 97 km/h beachtlich, dabei zeigt der Tacho 103 Stundenkilometer an. Mit seinem Testverbrauch von 3,1 Litern auf hundert Kilometer ist der Django im Mittelfeld unter den aktuellen Achtelliter-Rollern. Was mittlerweile äußerst selten ist, fast schon mehr als retro: Er ist einer

Wie sportlich kann der Django Sport mit 7,5 kW (10,2 PS) über-haupt sein? Wenn ein Roller so weit vom gesetzlichen 15-PS-Limit weg ist, war bis jetzt meistens eine gehörige Portion Skepsis an-gebracht. Hier kommt die nächste angenehme Überraschung: Der Django ist kein Kraftprotz, aber er

„Allure“ ist die luxuriöse Premi-umserie, die mit eleganter Mehr-farbenlackierung, Flyscreen, Weißwandreifen und 34-Liter-Topcase auch ein bisschen teurer ist. Das zum „motomobil“-Test erscheinende, sehr individuell

wirkende Modell „Sport“ will das Klassik-Rennflair der 1950er herbeizaubern und auf das ruhm-reiche Mitwirken von Peugeot im Motorsport hinweisen, mit zahlreichen Geschwindigkeits-weltrekorden und Siegen beim Bol d’Or und in Le Mans. Samt allen Motor-, Farb- und Ausstat-tungsvarianten gibt es theore-tisch über 110.000 Möglichkei-ten, sich seinen persönlichen Django zusammenzustellen.

den derzeitigen österreichischen Vizekanzler, sondern will eine musikalische Assoziation zur Stimmung in Paris zur Zeit des als Gitarrengott verehrten Gi-psy-Swingers Django Reinhardt schaffen. Was irgendwie mit den Rollermodellen S55 und S57 so gut wie gar nichts zu tun hat – aber auch eine Hommage ist. Soll recht sein.

Durch die Übernahme der Peugeot-Rollersparte durch

Mahindra verzögerte sich die Auslieferung ein bisschen, jetzt wird der Django endlich flächen-deckend ausgerollt – mit sehr gu-ter Resonanz, wie man so hört. Es gibt vier Grundversionen: „Heritage“ ist die Basisreihe und beschwört den Sepia-Style ganz generell. „Evasion“ soll mit fröh-lichen Zweifarbenlackierungen und Frontgepäckträger Urlaubs-stimmung hervorrufen, und

roller-datenMOTOR .......................1-Zyl.-4-Takt, luftgekühlt, SOHC, 2 Ventile HUBRAUM ................................................................ 124,6 ccmLEISTUNG ................................ 7,5 kW (10,2 PS) bei 8500/minDREHMOMENT .......................................8,9 Nm bei 6000/minGETRIEBE ...............autom. Kupplung, stufenlose VariomatikFAHRWERK ..................Stahlrohrrahmen, TriebsatzschwingeAUFHÄNGUNG vo/hi ......................... Telegabel, MonofederbeinRADSTAND ................................................................ 1350 mmFEDERWEG vo/hi ..................................................... 85/80 mmBEREIFUNG vo/hi ................................... CST 120/70-12, 120/70-12BREMSEN vo/hi ............... Scheibe 200 mm/Scheibe 190 mm, SBC SITZHÖHE ................................................................... 770 mmTANKINHALT ......................................................................8,5 lTROCKENGEWICHT ....................................................... 129 kgHÖCHSTGESCHWINDIGKEIT ...................................... 97 km/hTESTVERBRAUCH ........................................................3,1 l/100 kmPREIS (Aktionspreis) ................................................... € 3499,–VERTRIEB/INFO ................................ www.peugeot-scooter.at

PEUGEOT DJANGO 125 SPORTEs gibt tausende Farb- und Aus- stattungsvarianten

Die Fahrleistungen aus 7,5 kW (10,2 PS) sind sehr beachtlich

DIE GEBURTSTUNDE DER PEUGEOT-ROLLERDer Django Sport zitiert gekonnt seine Vorfahren, so erkennt man zum Beispiel den auffälligen Gepäckträger des S55 aus 1957 in

der Django-Heck-Gepäckplatte (die durch einen Soziussitz ersetzt werden kann) wieder. Der S57 spendiert seine seitlichen Lüftungsschlitze, er nahm erfolgreich an der legendären Fahrt von Saigon nach Paris teil

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