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Ausgabe 4. Quartal 2018 Zugleich Mitgliederzeitschrift der Manufaktur für Führungskultur im Mittelstand e.V. rubicon Das Magazin für Führungskultur im Mittelstand © Raban Daniel Fuhrmann SCHWERPUNKTTHEMEN FÜHREN IN DIGITALEN ZEITEN Exkursion zur allsafe GmbH & Co. KG MANAGEMENT-FAUSTREGEL FÜR VERÄNDERUNGSPROZESSE Die „V“-FORMEL VERTRAUEN ZAHLT SICH AUS Wer hätte das gedacht? FACHKRÄFTEMANGEL Empfehlungsmarketing kann helfen

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Ausgabe 4. Quartal 2018 Zugleich Mitgliederzeitschrift der Manufaktur für Führungskultur im Mittelstand e.V.

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ERFOLG HAT DREI BUCHSTABEN:

TUN

UNSERE MISSIONErfolg durch herausragende

Führungskultur

HerausgeberManufaktur für Führungskultur im Mittelstand e.V.Brunnring 65 | 72108 Rottenburg | DeutschlandTel.: 07472 1674546 rubicon@manufaktur-fuer-fuehrungskultur.dewww.manufaktur-fuer-fuehrungskultur.de

VorstandMichael Kohlhaas (Vorsitzender)Michael Kirsch (Stellv. Vorsitzender),Mirko Bahr, Sigrid Büttner,Dr. Jan-Arne Gewert, Gabriele Heinzelmann,Barbara Kothe, Dr. Ulrich Stadelmaier

Sitz der Vereins: Brunnring 65 | 72108 RottenburgRegistergericht: Amtsgericht Stuttgart: VR 721653USt-Ident-Nr.: DE300698961

Inhaltlich Verantwortlicher i.S.d.P. und gemäß § 5 TMG: Michael Kohlhaas (Anschrift wie oben)

Bezug und Abonnement:rubicon – Das Magazin für Führungskultur im Mittelstand ist die Mitgliederzeitschrift der Manufaktur für Führungskultur im Mittelstand e.V. Vereinsmitglieder erhalten die Zeitschrift im Rahmen ihrer Mitgliedschaft ohne beson-dere Bezugsgebühren. Im Verkauf kostet das Jahresabonnement 20,00 € inkl. (19%) MwSt.und kann bei der Redaktion bestellt werden:[email protected]

Redaktion:Barbara Kothe (bk) – ChefredakteurinSigrid Büttner (sb)Michael Kohlhaas (mk)

E-Mail an die Redaktion:[email protected]

Erscheinungsweise:Vierteljährlich; Heftpreis: 7,90 €

Layoutkonzept:acameo GbRAgentur für Kommunikation und Gestaltung E-Mail: [email protected]: www.acameo.de

Anzeigen:Michael Kohlhaas Tel. 07472 1674546E-Mail: [email protected]

Druck:Buch- und Offsetdruckerei Häuser KG Venloer Straße 1271 | 50829 Kö[email protected] www.haeuserkg.de

Hinweis:rubicon – Das Magazin für Führungskultur im

Mittelstand und alle enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Die Übernahme und Nutzung der Daten bedarf der schriftlichen Zustimmung der Manufaktur für Führungskultur im Mittelstand e.V..

Alle Angaben erfolgen nach bestem Wissen und Gewissen, sind jedoch unverbindlich und ohne Gewähr; eine Haftung wird – soweit rechtlich möglich – ausgeschlossen. Verwen-dete Bezeichnungen, Markennamen und Abbil-dungen unterliegen im Allgemeinen einem Warenzeichen-, marken und/ oder patenrecht-lichem Schutz der jeweiligen Besitzer.

Eine Wiedergabe entsprechender Begriffe oder Abbildungen berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass diese Begriffe oder Abbildungen von jeder-mann frei nutzbar sind.

Die „Manufaktur für Führungskultur im Mittelstand e.V.“ fördert eine attraktive Führungskultur in mittelständischen Unternehmen.

Eine Führungskultur in diesem Sinne basiert auf gemeinsamen Werten und stellt das Erreichen unternehmerischer

Ziele sicher. Sie ermöglicht den Mitarbeitern dabei gleichzeitig ihre persönlichen Potenziale zu nutzen und zu entwickeln. Eine attraktive Führungskultur trägt auf diese Weise zum Unternehmenserfolg und zum Persönlichkeitswachstum

aller bei. In Zeiten des demografischen Wandels wird die Qualität der Unternehmensführung erfolgskritisch.Werden auch Sie Mitglied in der „Manufaktur für Führungskultur im Mittelstand e.V.“ und profitieren Sie vom

Erfahrungsaustausch mit anderen Unternehmern und Entscheidern. www.manufaktur-fuer-fuehrungskultur.de

Impressum

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Liebe Leserinnen und liebe Leser,

„…und mittags geh ich heim!“ – Wer von uns wünscht sich das nicht? Detlev Lohmann, geschäftsführender Gesellschafter der allsafe GmbH & Co. KG und erfolgreicher Buchautor, hat dieses Motto in seinem Unternehmen sehr erfolgreich umgesetzt und gleich noch zum Thema „Neues Führen“ einen Bestseller geschrieben. Wer es ihm gleichtun möchte, sei zum Schnuppern eingeladen. Michael Kohlhaas hat im Rahmen einer Exkursion dieses außergewöhnliche Unternehmen besucht. Er lässt uns an seinen Eindrücken teilhaben.

Vielleicht befinden auch Sie sich bereits in Veränderungsprozessen und sind auf einem Weg der Unternehmens-Transformation unterwegs. Dann möchte ich Ihnen den Artikel von Andreas Geh ans Herz legen. Er fasst seine umfangreichen Veränderungserfahrungen in einer praktischen Formel zusammen. Sie erhalten eine Management-Faustregel für Veränderungsprozesse, anhand der Sie immer wieder überprüfen können, ob Sie die notwendigen Kriterien immer und überall angewendet haben. Das Ziel ist es, mehr „Energie“ auf der Seite der Veränderung zu entwickeln als auf der Seite der Beharrungskräfte. Das Ver-blüffende an seiner Formel ist, dass die Faktoren multipliziert werden und nicht – wie oft in der „alten“ Veränderungswelt – die Bestandteile addiert oder subtrahiert werden. Diese Herangehensweise spiegelt unsere komplexe Umwelt wider. Die Kriterien müssen GLEICHZEITIG angepackt werden, sukzessives Vorgehen gehört der Vergangenheit an.

Die Basis des „neuen“ Denkens heißt: „Ich weiß einen Teil, jedoch nicht alles und ich habe Vertrauen in meine Mitarbeitenden.“ Ulf Posé nimmt diesen Gedanken auf und beschreibt, was passiert, wenn im Arbeitskontext weniger kontrolliert wird, intensiver Standards vereinbart werden und auch immer wieder auf sie hingewiesen wird.

Um auch weiterhin an qualifizierte Fachkräfte „heranzukommen“, beschreibt Arndt Lommerzheim den Weg des Empfehlungsmarketings. Mitarbeitende, die bei Ihnen gerne und erfolgreich arbeiten, ziehen aus ihrem Umfeld neue Mitarbeitende an. Welche Voraussetzungen dafür von der Unternehmensseite notwendig sind, erfahren Sie in seinem Artikel.

Sehen wir uns am 13. November 2018 beim Führungssymposium im Congress Center in Böblingen? Ich würde mich freuen Sie zu sehen und von Ihnen vielleicht die eine oder andere Anregung zu „rubicon“ zu erhalten.

Bitte sprechen Sie mich an!

Nun wünsche ich Ihnen einen Lese- und Erkenntnisgenuss.

EDITORIAL

Barbara KotheChefredakteurin

Unternehmensberaterin - Coach - TrainerinNetzwerk Manufaktur für Führungskultur im Mittelstand e.V.089 167463 oder E-Mail: [email protected]

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LEADERSHIPNEWS Hinweise auf Studien und Artikel

rund um das Thema Führung

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INHALTSVERZEICHNIS

FÜHREN IN DIGITALEN ZEITEN

Exkursion zur allsafe GmbH & Co. KG

VERTRAUEN ZAHLT SICH AUSWer hätte das gedacht?

MANAGEMENT-FAUSTREGEL FÜR

VERÄNDERUNGSPROZESSE Die „V“-FORMEL

FACHKRÄFTEMANGELEmpfehlungsmarketing

kann helfen

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Wie Unternehmen ihre Führungskräfte halten könnenRund 15 Prozent der Chefs wechseln jährlich das Unternehmen. Für Firmen kann das teuer werden. Wie Unternehmen Chefwechsel verhindern können, zeigt das HANDELSBLATT.https://tinyurl.com/y7c6mkpf

Die unterschiedliche Führungskultur von Männern und FrauenDass Frauen und Männer angeblich einen unterschiedlichen Führungsstil pflegen, wird gern erwähnt. Doch was ist dran an diesem Pauschalurteil? Das MANAGER-MAGAZIN sprach mit Wissenschaftlerin Marion Büttgen über die Unterschiede im Führungsverhalten von Männern und Frauen. https://tinyurl.com/yb3zybgf

Wie motivierende Gesprächsführung funktioniertEine Methode, mit der Ärzte Drogensüchtigen helfen, macht nun auch in der Mitarbeiterführung Karriere: Die motivierende Gesprächsführung verspricht, Topleistungen hervorzurufen – ohne Druck aufzubauen. Ein Interview auf IMPULSE.DE.https://tinyurl.com/y8lxf5z8

Warum oft die Falschen zum Chef befördert werdenDas Peter-Prinzip lebt: Ökonomen gelingt mit Daten über Vertriebsleute der Nachweis, dass Unternehmen regelmäßig die Falschen befördern. Das HANDELSBLATT (Premium) hat die ganze Geschichte.https://tinyurl.com/y6vbpqmz

Lieber Roboter als HRlerWie lange noch werden Menschen Bewerbungsmappen durchlesen? Oder übernehmen das schon bald die

Roboter? Vielen Bewerbern wäre das sogar ganz recht, schreibt die FAZ.https://tinyurl.com/yavvvhe5

Was schlechtes Feedback auslöstWer als Chef Kritik übt, sollte seine Worte sorgsam wählen. Denn eine Studie zeigt: Mitarbeiter fühlen sich schnell herabgesetzt. Das HANDELSBLATT hat die Details.https://tinyurl.com/ydgvlqjd

Mitzwanziger in der Krise?Vor kurzer Zeit rüttelten Krankenkassenzahlen auf: Jeder vierte junge Mensch hat psychische Probleme. Neue Studienergebnisse eines Berufsportals bestätigen nun häufige Lebenskrisen vor dem 30. Geburtstag. Die FAZ hat genauer hingeschaut.https://tinyurl.com/yd4chlzm

Industrie 4.0 und Unternehmenskultur 0.4 passen nicht zusammenDigitalisierungsprozesse in Unternehmen sind so vielfältig wie die Unternehmen selbst. Eines haben die Vorreiter aber gemeinsam, haben die Buchautoren Sebastian Purps-Pardigol und Henrik Kehren festgestellt. Ein Interview in der WIRTSCHAFTSWOCHE.https://tinyurl.com/ya2unmz2

HR setzt verstärkt auf MitarbeiterbindungDie Mitarbeiterfluktuation in Deutschland wird - aufgrund der guten Arbeitsmarktlage - weiter steigen. HR reagiert darauf: Laut Hays HR-Report 2018 ist Mitarbeiterbindung die wichtigste Aufgabe in agilen Organisationen. HAUFE.DE hat die Einzelheiten.https://tinyurl.com/ya3wjd3r

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LEADERSHIPNEWS Hinweise auf Studien und Artikel rund um das Thema Führung

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Hach, was ist mir heute wieder agil! Kennen Sie das auch? Kein Wort ist im Geschäftsleben momentan häufiger zu hören als dieses einstmals hübsche "agil". Nun hat jede Saison ihre Lieblingsfloskel, warum also nicht mal "agil" oder "aedschail" wie die High Potentials unter uns sagen. Gestern haben wir uns "disruptet", den Silicon-Valley-Staub noch im Haar, jetzt werden

wir halt "agil", was den Vorteil hat, dass niemand weiß oder sagt, was genau damit gemeint ist. Höchste Zeit also, sich mal bei einem anerkannt erfolgreichen Unternehmen umzuschauen. Wie halten sie es bei allsafe GmbH mit der „Führung“ unter den aktuellen Bedingungen des technischen Fortschritts, den wir zusammengefasst „Digitalisierung“ nennen.

FÜHREN IN DIGITALEN ZEITENEXKURSION ZUR ALLSAFE GMBH & CO. KG

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Im Rahmen des Zyklus „Schweiz 4.0 plus“ veranstaltete das Lilienberg Unternehmerforum am 28. Juni in Kooperation mit EthicsFirst und dem Weltethos-Institut der Universität Tübingen eine Besichtigung der allsafe GmbH & Co. KG in Engen, Baden-Württemberg. Der multinational tätige Hersteller für Ladungssicherungssysteme ist charakterisiert durch seine außergewöhnliche, zukunftsgerichtete Führungs- und Arbeitskultur. Als Mitglied im Vorstand des Freundeskreises des Weltethos-Instituts hatte der Autor das Vergnügen der aktiven Teilnahme an der Veranstaltung.Die Exkursionsteilnehmer konnten dabei eindrucksvolle ‚Innenansichten‘ des Unternehmens gewinnen, um sich der Antwort auf die Frage zu nähern: wie wird sich Führung in digitalen Zeiten verändern und welcher Führungsstil ist der angemessene?

Gastgeber Detlef Lohmann (in Bildmitte, links Dr. Raban Daniel Fuhrmann, rechts Michael Kohlhaas) geschäftsführender Gesellschafter und Autor des erfolgreichen Managementbuchs „…und mittags geh ich heim: Die völlig andere Art, ein Unternehmen zum Erfolg zu führen“, eröffnete die Veranstaltung mit einem kurzen Überblick über den Betrieb und dessen Produktportfolio. „Festhalten ist unsere Kernkompetenz“, so Lohmann, der sich selbst als „Unternehmer aus Leidenschaft“ bezeichnet und die Firma vor fast 20 Jahren übernahm. Aus einem „kleinen unbekannten Unternehmen mit 40 Mitarbeitern“ ist in der Zwischenzeit ein global tätiges mittelständiges Unternehmen mit fast 300 Mitarbeitern und einem Umsatz von über 62 Mio. Euro herangewachsen. Die Transportindustrie, Automotive sowie Luftfahrt seien die drei Hauptgeschäftsbereiche, erstere mit einem Umsatzanteil von 55% am wichtigsten. Die Produktpalette reiche von Systemen für Ladungssicherung, über Autositzschienen bis hin zu Befestigungssystemen für Passagiersitze, Bordküchen und Toiletten in Flugzeugen. Auftraggeber seien unter anderem Airbus und Mercedes-Benz.

Strategie und FührungsstilDie Organisations- und Führungsstruktur stellt bei allsafe eine Besonderheit dar. Der Unternehmensorganisation zugrunde liege die Orientierung an den Werteflüssen im Unternehmen. Allsafe unterscheidet zwischen den fünf gleichberechtigten Teilwertströmen:

• Kundenkontakt,• Entscheidungen, • Ideenfluss, • Informationsfluss und der • physischen Produktion.

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Laut Lohmann, der sich selbst als „extrem lean-geprägt“ bezeichnet und deshalb stark in Effektivitätskriterien denke, gebe es keine Schnittstellen. wie es sie klassischerweise bei Abteilungen gibt. Bei allsafe gebe es lediglich Kommunikationsknotenpunkte. Dies habe zur Folge, dass innerhalb der Bereiche ohne Unterbrechung an einem Wertfluss gearbeitet werden könne. Kleine selbstorganisierte, multinationale Teams könnten einen Wertstrom völlig selbstständig bewerkstelligen. Solche autarken, dezentralen Teams mit ca. zwölf Mitarbeitern seien für die gesamte Produktion zuständig. Das ginge vom Wareneingang über die Lagerarbeit bis hin zur Vorbereitung und Produktion sowie Verpacken und Versand.

Um den Anforderungen des modernen, globalen Marktes gerecht zu werden, laufe die Produktion darüber hinaus extrem schnell, automatisiert und „schon lange digitalisiert“ ab. Einige Sekunden nach Eingang der Bestellung beginne bereits der physische Prozess, die Fertigung finde üblicherweise innerhalb von 24 Stunden statt. Wie bei Automobilen seien die Produkte dabei pro Stück konfiguriert und den kundenspezifischen Wünschen und Bedürfnissen angepasst.

Autonome ProduktionIn der anschließenden Führung konnten sich die Teilnehmer ein Bild von der Umsetzung machen. Konsequenterweise leitete Lohmann die Unternehmensführung nicht selbst, sondern legte diese Verantwortung in die Hände von drei jungen Führungskräften, die mit viel Kompetenz Teilnehmer in drei Gruppen unter ihre Fittiche nahmen.Ricarda Hötz, studierte Maschinenbauerin und mittlerweile seit zehn Jahren im Unternehmen, leitete unsere Besuchergruppe durch die verschiedenen Abteilungen. Auffällig waren dabei zunächst die an sehr vielen Stellen platzierten großen Whiteboards mit ständig aktualisierten Informationen für die Mitarbeiter. In selten gesehener Offenheit und Transparenz sind dort unter anderem die tagesaktuellen Umsatzzahlen, betriebsinterne Anliegen sowie Auftragseingänge ausgehängt. Für jeden Prozess ist eine Compliance Matrix erstellt, die die Kompetenzen der einzelnen Mitarbeiter im Team einstuft. Somit ist für jedermann visualisiert, wer auf welchem Fachgebiet Expert*in ist und welche speziellen Fähigkeiten die Mitarbeiter*innen beispielsweise gerade erst erlernen.

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Michael KohlhaasGeschäftsführender Gesellschafter der 100PersEnt GmbH & Co. KG

07472/ 167 4546E-Mail: [email protected]

Netzwerk Manufaktur für Führungskultur im Mittelstand e.V.

An den Pinnwänden sind darüber hinaus noch ausstehende Projekte ausgehängt, für die sich jeder eintragen und zum Beispiel die Initiative als Projektleiter übernehmen kann. Frau Hötz bestätigte auf Nachfrage, dass die kleinen Teams weitestgehend autonom und selbstgesteuert seien: „Die Teams führen sich selbst“. Neben frei eingeteilten Arbeitszeiten und selbstorganisierten Arbeitspatzzuweisungen, was hier beinahe schon selbstverständlich erscheint, werden sogar neue Bewerber von den Teams selbst ausgewählt, zur Probearbeit eingeladen und im gegebenen Fall nach nur zwei Tagen mit einem Arbeitsvertrag ausgestattet.Führungsverantwortung: „Jeder darf, keiner muss.“

Die abschließende Diskussion zum Thema „allsafe: woher – wohin?“ leitete der Autor. Die Änderung im Führungssystem sei mit der Digitalisierung einhergegangen, noch vor zehn Jahren seien die Schränke voll mit Papier gewesen, so Lohmann. Damals sei auch die Organisationsstruktur noch klassisch hierarchisch organisiert gewesen. Vor fünf,

sechs Jahren schließlich habe die Umstrukturierung samt „Entmachtung“ der Abteilungsleiter begonnen. Dementsprechend seien nicht alle Mitarbeiter damit glücklich gewesen und manche seien es immer noch nicht. Die zusätzliche Verantwortung, die für jeden Betriebsangehörigen damit verbunden sei, könne durchaus eine Bürde oder gar eine Belastung durch Überforderung darstellen. Deshalb räumt Lohmann seinen Angestellten Spielraum ein: „Jeder darf, keiner muss» laute das Credo. Doch „wer nicht entscheiden will, der gibt Freiraum auf“.

Aktuell findet bei allsafe eine Klarstellung der Führungsstrukturen statt, um noch mehr Transparenz bieten zu können. Darüber hinaus will man in Zukunft noch mehr automatisieren und die Produktion zunehmend robotisieren. Man könne sich dem Trend der Digitalisierung ohnehin „nur durch Suizid“ entziehen, so Lohmann. Bestimmte Bereiche seien noch lange relativ schwierig durch Maschinen zu besetzen, längerfristig lohne sich der Mensch allerdings am ehesten als „Interface“.

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In einer Welt, die von massiven und ständigen Veränderungen geprägt ist, wird es zu einer der wichtigsten Disziplinen für Management-Teams, nötige Veränderungsprozesse in der Organisation erfolgreich zu führen und ergebnisorientiert in die Umsetzung zu bringen. Gleichzeitig stehen Top-Führungskräfte heute vor der Herausforderung, dass sie oft im „Feuerlöschmodus“ agieren, sie von vielen Seiten mit Themen bombardiert werden. Diese gilt es zu bewerten, zu entscheiden und dabei das Große und Ganze im Blick zu behalten, um die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Ich werde immer wieder gefragt, was denn die wesentlichen Faktoren für einen Veränderungsprozess sind und wie sie in kurzen Einheiten im täglichen Priorisierungskampf präsent gehalten werden können, um sicher zu stellen, dass sie im Unternehmen nicht stagnieren oder dem operativen Alltag ganz zum Opfer fallen. So habe ich versucht, die Erfahrungen, die ich im Laufe der Jahre gemeinsam mit meinem Berater-Kollegen Robin Schuijt von DOOR International in vielen Veränderungsprojekten gesammelt habe, in einer einfachen Faustregel zusammenzufassen. Top-Manager erhalten damit ein kleines Hilfsmittel an die Hand, mit dem sie mehr Sicherheit bekommen, in ihrer begrenzten Zeit den Fokus auf die wichtigsten fünf Erfolgsfaktoren für laufende Change Projekte zu richten.

Die „V“-FormelMenschen in Organisationen zeigen ein natürliches Resistenzverhalten bei Veränderungen, denn Veränderung bedeutet häufig, dass sie ihre Komfortzone verlassen müssen, sich unsicher fühlen und neben den üblichen Verantwortlichkeiten eine zusätzliche Belastung für neue Themen empfinden. Von daher ist es von entscheidender Bedeutung, als Führungsteam darauf zu achten, dass die Faktoren für die gewünschte Veränderung immer mehr „Kraft“ erzeugen als die „natürliche Resistenz“ bei den Beteiligten. Das ist unabhängig davon, ob es sich aus einer strategischen Zielsetzung, wie zum Beispiel Digitalisierung, einer Kulturveränderung oder einer Notsituation heraus zu verändern gilt. Die fünf „V“, die dabei eine Rolle spielen, wirken nach der Formel:

V1 * V2 * V3 * V4 * V5 > R (Resistenz zur Veränderung)

Wenn sie sich als Management-Team bei jeder Sitzung fragen, wie diese fünf „V“ im laufenden Prozess vorkommen und ihre Entscheidungen oder Aktionen darauf ausrichten, dass alle fünf ausreichend berücksichtigt sind, werden sie Veränderungen erfolgreicher führen.

MANAGEMENT-FAUSTREGEL FÜR VERÄNDERUNGSPROZESSEDIE „V“-FORMEL

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V1: VeränderungsgrundAchten Sie darauf, dass alle Beteiligten in der Organisation wirklich verstanden haben, warum eine Veränderung nötig ist. Sorgen Sie dafür, dass auch jeder versteht, was es für ihn persönlich bedeutet, wenn die Veränderung gelingt und wenn nicht. Das scheint banal zu klingen. Aber in den meisten Prozessen, die ich kennengelernt habe, war dieser Aspekt nicht ausreichend berücksichtigt. Es reicht eben nicht aus, wenn sich das Top-Management einig ist und von allen anderen erwartet wird, dass sie in einer Veränderung mitgehen, nur weil sie als Direktive ausgerufen wurde.Fragen Sie regelmäßig nach, wie in allen Ebenen der Organisation der Grund für die Veränderung wahrgenommen wird, wie die Beteiligten sich darin wiederfinden und was sie brauchen, um sich damit zu identifizieren.

V2: VisionSorgen Sie dafür, dass jede Veränderung ganz eindeutig mit einem Bild verknüpft ist: Wie soll die Organisation in der Zukunft aussehen, was bedeutet Erfolg und welchen tieferen Sinn verfolgen Sie damit? Die Vision gibt der Veränderung eine Richtung und nur so können Sie bei den Beteiligten Energie freisetzen und diese ergebnisorientiert nutzen. Lassen Sie in der Organisation regelmäßig Plattformen zu, die den Austausch über die Vision fördern und vergewissern Sie sich, dass jeder die Vision kennt, versteht und die Chance hat, sich damit zu identifizieren.

V3: VerbindungEiner der häufigsten Gründe, warum Change Prozesse misslingen, ist die fehlende Einbindung des mittleren Managements. Hier entscheidet sich, ob die Veränderung erfolgreich im Unternehmen verankert wird und nachhaltig wirken kann. Meist ist im Top-Management und an der Basis ein hohes Maß an Veränderungsbereitschaft vorhanden. Oben ist der Blick klar und strategisch, unten ist der Handlungsdruck hoch und die Konsequenzen meist direkt sichtbar und spürbar. Dazwischen herrscht aber die höchste Unsicherheit und es meist spielen auch „politische Faktoren“ eine Rolle.

Ein Beispiel: In einem Digitalisierungsprojekt (Einführung ERP) haben die beteiligten Team- und Abteilungsleiter den Eindruck, dass das ERP ein

IT-Kontrollinstrument ist, Mehrarbeit verursacht und ihren Einfluss durch die höhere Transparenz schwächt. Zudem sorgen sich einige, dass sie überflüssig werden und andere, dass sie mit dem neuen System nicht klarkommen und mehr Fehler machen. Das Reporting und das Vergütungssystem sind zudem nicht darauf ausgerichtet. Viele mittlere Manager machen die Erfahrung, dass ihre Mehrarbeit in der Einführungsphase nicht honoriert wird. Die Folge ist, dass sie den Prozess nicht aktiv unterstützen, kaum in ihre Teams hinein kommunizieren, warum das Projekt wichtig ist und mehrheitlich über die Dinge klagen, die nicht funktionieren. Die Sachbearbeiter könnten durch das System spürbar effektiver arbeiten, sind aber entkoppelt von der Zielsetzung und Absicht des Projektes. Das Projekt stagniert bzw. zieht sich ewig in die Länge.

V4: VorwärtsbewegungSelbst wenn die Maßnahmen zur Veränderung gut geplant und auf den Weg gebracht sind, erleben wir immer wieder die Situation, dass im Laufe der Zeit die Beteiligten gar nicht wahrnehmen, dass es vorwärts geht. Menschen in unserem Kulturkreis sind tendenziell problemorientiert unterwegs. Das heißt, ihre Wahrnehmung ist gerne selektiv und sensibler bei den Dingen, die noch nicht gelöst sind. Der Blick fällt leichter auf das, was Schwierigkeiten bereitet und das Vorankommen behindert. Wenn Sie das nicht ausreichend mit in Ihre Strategie einbeziehen,

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Andreas GehDOOR Deutschland GmbHCEO/ Managing Partner0611 / 15759-35E-Mail: [email protected]

Netzwerk Manufaktur für Führungskultur im Mittelstand e.V.

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bekommt das Ganze eine Eigendynamik und wird zur „Self-fulfilling prophecy“. Wer kennt nicht Aussagen wie: „Es passiert ja doch nix“ oder „Ich sag ja, das klappt nicht, diese Firma verändert sich nie“ etc. In Coaching-Gesprächen stellen wir immer wieder fest, dass Wahrnehmungsverzerrungen bestehen und die Beteiligten positive Veränderungen oder Fortschritte nicht sehen. Zu gerne unterhält man sich über die Dinge, die nicht funktionieren. Umso wichtiger ist es, dass Sie darauf achten, Fortschritte proaktiv und regelmäßig sichtbar zu machen. Schaffen Sie Plattformen für den Austausch und sprechen Sie darüber, welche Auswirkungen dadurch entstehen. Wenn Sie das nicht aktiv anstoßen und moderieren, wird zu wenig kommuniziert!

V5: VerbindlichkeitNicht zuletzt ist dieser Faktor entscheidend für die Nachhaltigkeit. Resistenz hat einen „Memory- Effekt“. Es ist ein natürliches Verhalten, dass wir dazu neigen, in gewohnte oder festgefahrene Verhaltensweisen zurück zu rutschen, wenn Druck oder Aufmerksamkeit nachlassen. Aus unterschiedlicher Motivation heraus gibt es auch Verweigerer im Prozess. Es sind erfahrungsgemäß weit weniger Personen als befürchtet, aber es gibt sie. Wenn Sie hier nicht klare Signale setzen und zulassen, dass Rückfälle oder Verweigerungshaltungen toleriert werden, schaffen Sie Impulse, die vor allem von vorsichtigen und zögerlichen Beteiligten kontraproduktiv wahrgenommen werden. Der Change Prozess verliert an Bedeutung und damit auch die Glaubwürdigkeit der Leitung. Man muss hier nicht gleich an Kündigung oder Ähnliches denken. Oft reicht es, solche Verhaltensweisen sichtbar zu machen und offen über die Auswirkung auf die Organisation und die Beteiligten selbst zu sprechen. Auch die Anpassung von Bonifikationen, Karrierechancen und Anreizen im Hinblick auf das Maß der Veränderungsbeteiligung hilft bei der Erhöhung der Verbindlichkeit. Die Umbesetzung oder gar Entlassung sind „Ultima Ratio“, in Einzelfällen aber durchaus legitim und manchmal sogar dringend erforderlich.

Achtung: FalleAls Top-Management brauchen Sie nur diese fünf „V“ in Veränderungsprozessen zu überprüfen und sicherzustellen, dass es Personen gibt, die dafür Mitverantwortung übernehmen. Aber Achtung – die Formel hat einen kleinen, aber weitreichenden Haken. Die „V“ sind multiplikativ verknüpft. Sie merken sofort, dass in einem solchen Konstrukt das Gesamtergebnis drastisch kleiner wird, wenn ein einziger der Faktoren sehr klein (<< 1) oder sogar 0 ist. Hier geht es nicht um mathematische Korrektheit, sondern vielmehr darum, dass Sie sich bewusst sind, dass alle fünf Faktoren hinreichend groß (z.B. 80%) sein müssen. Nur so ist das Produkt und damit die gesamte Veränderungskraft größer als die Resistenzkraft.

Ein Beispiel: Sie haben einen guten Grund, den alle kennen (100%), eine klare Vision, die den Meisten bewusst ist (80%) und konsequentes ausgerichtetes Handeln (>70%). Die Verbindung zur Basis bleibt aber am mittleren Management hängen (z.B. in vier von fünf Abteilungen = 20%) und die Vorwärtsbewegung ist unter dem Jahr kaum sichtbar, weil Informationsplattformen fehlen (z.B. nur zu 10%). 100% * 80% * 70% * 20% * 10% = 1,12%.Das heißt: Sie erzielen nur knapp ein Hundertstel an Wirkung...!!!

FazitFragen Sie sie sich als Führungsteam bei jeder Maßnahme im Veränderungsprozess, ob diese fünf Faktoren, die fünf „V“, in ausreichender Ausprägung vorhanden sind und ob es genug Menschen gibt, die über alle Hierarchie-Ebenen hinweg Mitverantwortung dafür übernehmen, dass sie im Alltag wirken und mit dem Veränderungsprozess vernetzt sind. Lassen Sie sich dabei nicht nur von Ihrer eigenen Wahrnehmung leiten, sondern fragen Sie die Beteiligten danach. Die Welt um uns herum verändert sich immer rasanter. Nur wer die beschriebenen Kriterien in seiner Organisation immer wieder hinterfragt und adaptiert, bleibt erfolgreich. Den Schlüssel dafür haben Sie in der Hand.

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Vertrauen zahlt sich aus – wer hätte das gedacht?Die alten Arbeitszeitmodelle taugen nichts. Was möchten Arbeitnehmer heute und was wirkt sich positiv auf die Arbeitsleistung aus? Eine aktuelle Untersuchung des Instituts der Wirtschaft zeigt deutlich auf: Mitarbeiter, die ihre Arbeitszeit flexibel gestalten möchten und weniger kontrolliert werden, sind viel zufriedener und auch noch viel produktiver als Mitarbeiter, die feste Arbeitszeiten einhalten müssen und auch noch zum Beispiel durch Stechuhr kontrolliert werden. Die Zahlen sind eindeutig: 70 Prozent der Arbeitnehmer sind zufrieden, wenn sie ihre Arbeitszeit frei gestalten können, nur 45 Prozent der Arbeitnehmer sind zufrieden, wenn sie streng kontrolliert werden und sich festen Arbeitszeiten beugen müssen. Noch eine Zahl ist interessant: Kontrollen durch den direkten Vorgesetzten erhöhen nur bei zwei Prozent der Arbeitnehmer das Arbeitstempo. Gleichzeitig steigt das Konfliktpotenzial bei 32 Prozent der Arbeitnehmer.

Chefs, die Angst haben, die Kontrolle zu verlieren, sollten sich ein Beispiel nehmen an der MaibornWolff GmbH, stellvertretend für Unternehmen, die Eigeninteressen optimal mit Mitarbeiterinteressen verbinden. Und was machen dieses Unternehmen so anders? Jegliche Arbeitszeitmodelle sind erlaubt. Wer drei Monate arbeiten möchte und drei Monate Urlaub machen will – kein Problem. Sabbatical – kein Problem. Homeoffice – kein Problem. Das aktuelle Projekt macht dem Mitarbeiter keinen Spaß mehr – kein Problem, er bekommt ein anderes Projekt. Jeder Mitarbeiter hat ein vertraglich zugesichertes Recht, in Höhe seines Bruttomonatsbezugs Aus- und Weiterbildung zu betreiben.

Der aktuelle Hammer ist, das Unternehmen hat seinen Sitz in München. Dort sind Mieten teuer. Was macht MaibornWolff? Sie errichten Büros in Augsburg, also in der Umgebung. Oder in Berlin und Frankfurt. Die

Mitarbeiter bleiben, wo sie wohnen, ohne aufwändig anreisen zu müssen oder sich eine Wohnung in München besorgen müssen. Die Mitarbeiter sind begeistert. Lesen Sie einmal die Kununu-Bewertungen – da können Altvordere nur staunen und hoffentlich lernen.

Und all den Kontrollfreaks sei in ihr Tagebuch geschrieben, was Forscher schon längst herausgefunden haben: Kontrollen sind meistens wirkungslos und auch demotivierend.

Was aber hilft? Was ist sinnvoll? Interessanterweise ist das längst untersucht. Im Jahr 2008 konnte Professor Nina Mazar mit einem interessanten Experiment nachweisen, dass Menschen, die an moralisch-ethische Standards erinnert werden, sich anständiger verhalten, als Menschen, die völlig ohne Kontrolle und Hinweise moralischer Natur arbeiten dürfen, oder ständig kontrollierte Menschen.

Genau diesen Effekt des Erinnerns an moralische Werte hatten schon einige Jahre zuvor (2005) Gino und Ariely untersucht. Sie ließen Studenten so viele Gebote aus der Bibel aufschreiben wie ihnen einfielen. Dann kam ein Test. Witzigerweise schummelten selbst Atheisten danach weniger. Und noch etwas haben Forscher herausgefunden: Wenn man die Beteiligten bittet, einen Ethikkodex nicht nur zu lesen, sondern zu unterschreiben, dass man sich daran halten wird, ist die Rate der Aufrichtigkeit am höchsten.Was bedeutet das für Unternehmen? Wer will, dass sich Mitarbeiter anständig benehmen und ordentlich arbeiten, erreicht dies nicht durch Kontrolle! Anständige Mitarbeiter werden durch Kontrollen demotiviert, und die, die betrügen wollen, finden nur andere Wege dafür. Es gilt mehr zu investieren in das Vertrauen in die Mitarbeiter, das bringt mehr als Kontrolle.

Ulf D. PoséTRAININGInstitut für FührungslehrePast-Präsident des Ethikverbandes der Deutschen Wirtschaft e.V.

Telefon: 02166 / 57841E-Mail: [email protected] ©

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DER WERTE-KOMPASSKolumne von Ulf D. Posé Für den rubicon wirft er in dieser Kolumne regelmäßig einen kritischen Blick auf unser Führungshandeln in Wirtschaft und Beruf, hinterfragt die Werte, die uns dabei leiten, und stellt allgemein akzeptierte Wertvorstellungen auf den Prüfstand.

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FACHKRÄFTEMANGEL – EMPFEHLUNGSMARKETING KANN HELFEN

Die Zahlen sprechen für sich: In einer Recruiting Studie der Universitäten Bamberg und Nürnberg bewerteten von 1000 befragten Unternehmen die Hälfte ihre vakanten Stellen als schwer und rund 7 Prozent als nicht mehr besetzbar. Das Ergebnis zeigt das Dilemma, in dem die Unternehmen stecken: Auf der einen Seite benötigen sie auf Grund der guten Geschäftslage dringend mehr (Fach-)Mitarbeiter, auf der anderen Seite können viele vakante Stellen nur noch schwer oder nicht mehr besetzt werden. Hinzu kommt, dass gerade kleinere und mittlere Unternehmen im Kampf um die besten Fachkräfte gegen Großunternehmen mit einer hohen Markenbekanntheit und einem trendigen Personalmarketing immer öfter das Nachsehen haben. Die Auswirkungen des Personalengpasses können dabei gravierend sein und die Unternehmensziele und das Wachstum der betreffenden Unternehmen infrage stellen.

Ein professionelles Employer Branding hilft Unternehmen, den Ressourcenengpass besser zu bewältigen. Hierzu zählt - als eine der wirkungsvollsten Maßnahmen - das Empfehlungsmarketing.

Eine gute Empfehlung ist Gold wert und das sprichwörtlich!Wer eine Entscheidung treffen muss, hört gerne auf jemanden, dem er persönlich vertraut. Da kann das sachliche Argument noch so gut sein, die Personalanzeige noch so ansprechend gestaltet sein: eine begeistert ausgesprochene Empfehlung ist immer überzeugender.

Was früher einfach „Mundpropaganda“ genannt wurde, hört heute auf den treffenden Namen Empfehlungsmarketing. Eigentlich nutzen Unternehmen dieses Instrument im Vertrieb, um Produkte und Dienstleistungen „unter die Leute“ zu bringen.

Laut einer Studie der Fachhochschule für Ökonomie und Management (FOM) in Mannheim sind Empfehlungen bei der Arbeitssuche der am häufigsten genannte Bewerbungsgrund auf offene Stellen. Sechs von zehn Bewerbungen kommen demnach auf Grund von Empfehlungen zustande. Dennoch nutzen rund 46 Prozent aller Unternehmen diesen Recruiting Kanal nicht oder nur sporadisch.

Wer ein aktives und professionelles Empfehlungsmarketing betreibt, wartet nicht in aller Bescheidenheit darauf rein zufällig empfohlen zu werden, er treibt vielmehr den Prozess systematisch voran. Dazu gehört auch das Suchen und Finden von Menschen, die sie weiterempfehlen können und vor allem auch wollen. Als Empfehlungsgeber stehen an erster Stelle die eigenen Mitarbeitenden, danach folgen Kunden, Lieferanten, Alumni, Verbände usw.

Abb.1: Empfehlungs-Recruiting, Prozess © Arndt Lommerzheim

Was sind die Grundlagen für ein erfolgreiches Empfehlungs-Recruiting?Bei der Umsetzung gilt: Empfohlen wird grundsätzlich nur, wer etwas tut. Jede Empfehlung beginnt mit dem Geben. Grundlage hierfür ist eine positive Unternehmens- und Führungskultur und eine Mitarbeiter- und Bewerberzufriedenheit. Eine Empfehlung muss von Herzen kommen! Eine zusätzliche Motivation sollte der Mitarbeitende durch Anreizsysteme, wie Geld- oder Sachprämien für die erfolgreiche Vermittlung eines Bewerbers bekommen.

Die Mitarbeiterempfehlung kann dabei über verschiedene Möglichkeiten erfolgen:

• Mitarbeitende können persönlich konkrete Personen für eine Stelle vorschlagen bzw. empfehlen, die sie beruflich oder privat kennen. Diese Recruiting Methode ist sehr erfolgreich und führt auch in den meisten Fällen zu einer direkten Bewerbung.

• Mitarbeitende leiten an Freunde und Bekannte das Stellenangebot weiter, damit sich diese auf die offenen Stellen bewerben können.

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Interessant hierbei ist, dass heute rund die Hälfte der Unternehmen die Offline-Netzwerke ihrer Mitarbeiter in den Fokus stellen und die privaten Online-Netzwerkkanäle nur selten genutzt werden.

Was sind die Vorteile bzw. Nachteile für Unternehmen, wenn sie Mitarbeiter für das Empfehlungs-Recruiting professionell nutzen?Die stärksten Argumente für eine Mitarbeiterempfehlung sind, dass sie im Vergleich zu den klassischen Methoden wie Stellenanzeigen und Headhunter-Einsatz ausgesprochen wirkungsvoll und dabei auch noch sehr kostengünstig sind. Hinzu kommt, dass Mitarbeiter, die über Mitarbeiterempfehlungen eingestellt worden sind, besser zur Unternehmenskultur passen und auch loyaler sind.

Auf der anderen Seite fühlen sich rund 60 Prozent der Mitarbeitenden, die eine Kandidatin bzw. einen Kandidaten empfohlen haben, für dessen Leistung verantwortlich und haben Angst, das eine eventuell schlechte Leistung des oder der „Neuen“ auf sie selbst zurückfällt. Auch möchten nicht alle Mitarbeitenden mit ihren Bekannten oder Freunden zusammenarbeiten und empfehlen deswegen niemanden. Zudem sind Mitarbeiter, die einen jemanden empfohlen haben, der dann doch nicht genommen wird, frustriert und stellen ihre Empfehlungen häufig ein.

Empfehlungsmarketing – der erste Eindruck im Web zählt!Die Bewertung von Unternehmen liegt im Trend. Auf Plattformen wie kununu.com, meinChef.de und jobvoting.de finden Bewerber zahlreiche Informationen zu den Unternehmen: Bei kununu zum Beispiel werden 13 Kriterien anhand einer fünfstufigen Skala bewertet. Dazu gehören zum Beispiel "Arbeitsatmosphäre", "Kollegen", "Chefs" und "Freizeit". Ein Großteil dieser Kriterien entstammt einem Modell der "European Foundation for Quality Management". kununu hat dieses Modell um weitere Punkte ergänzt, etwa den "Umgang mit älteren Kollegen".

Abb. 2 Arbeitgeberplattformen am Beispiel von kununu

Damit spiegeln Arbeitgeber-Bewertungsportale das Image eines Unternehmens wider und sind als neutrale Informations- und Meinungsportale (wenn auch zweifellos alle Kommentare subjektiv geprägt sind) für die Wahrnehmung eines Unternehmens in der Öffentlichkeit und auch für ein erfolgsreiches Empfehlungsmarketing mitverantwortlich.

Fakt ist, dass die Digitalisierung Transparenz schafft und auch Missstände im Unternehmen schnell an die Öffentlichkeit gelangen. Bei schlechten Bewertungen kann das zu deutlich weniger Bewerbungen führen. Deswegen sollten Unternehmen die Bewertungen in den Portalen stets im Auge behalten und monitoren. Auf negative Bewertungen und Kritik sollte konstruktiv und überlegt reagiert werden – vorschnelle Handlungen verschlimmern die Situation eher. Außerdem lohnt es sich, dem Ursprung der Kritik auf den Grund zu gehen: Wie viel Wahrheit steckt in der Kritik? Ist die Kritik berechtigt? Sollten Verbesserungen in Betracht gezogen werden? Zufriedene Mitarbeiter sind schließlich nicht nur für die öffentliche Wahrnehmung des Unternehmens positiv, sondern auch für das interne Arbeitsklima.

Fazit: Die Unternehmens- und Arbeitswelten sind im Umbruch. Der Sprung ins digitale Zeitalter erfordert neue agile Arbeits- und Denkweisen mit mehr Flexibilität. Employer Branding und Empfehlungsmarketing kann den Fachkräftemangel zwar nicht beseitigen, aber er kann helfen, die richtigen Fachkräfte für Ihr Unternehmen zu bekommen. Vorausgesetzt, Ihr Unternehmen hat eine offene und authentische Unternehmens- und Führungskultur mit einer hohen Mitarbeiterzufriedenheit. Wie bereits am Anfang beschrieben: Empfehlungsmarketing beginnt mit dem Geben!

Arndt LommerzheimDiplom-Ökonom76534 Baden-Baden

Kontakt: +49 7223 2818086E-Mail: [email protected]

Netzwerk Manufaktur für Führungskultur im Mittelstand e. V.

© Arndt Lommerzheim

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