RUBRIK SCHWERPUNKT VON BERNHARD GÖSSLER Das neue … · RUBRIK ˆ | KVH- JOURNAL / SCHWERPUNKT Das...

16
8 | KVH-JOURNAL 11/2013 SCHWERPUNKT Das neue Ärztehaus Jetzt steht es fest: Das Hamburger Ärztehaus wird neu gebaut – und zwar am alten Standort. Der ausführende Architekt erläutert, wie der Neubau aussehen soll. VON BERNHARD GÖSSLER  D as Hamburger Ärztehaus hat spezielle Anforderungen zu erfüllen: Einerseits ist es ein Ver- waltungsgebäude, andererseits muss es einer wichtigen berufspolitischen und sozialen Funktion gerecht wer- den: Es ist der Versammlungsort des obersten Souveräns der KV Ham- burg, der Vertreterversammlung. Es finden Veranstaltungen und fachli- che Fortbildungen statt. Darüber hi- naus müssen Ärzte und Psychothera- peuten die Möglichkeit haben, sich zusammen zu setzen und ein gastro- nomisches Angebot in Anspruch zu nehmen. Die Konstruktion des Hauses entspricht dieser Doppelfunktion: Tiefgarage, Erdgeschoss und Gale- riegeschoss bilden einen Sockel, in dem der öffentliche Bereich des Hau- ses untergebracht ist. Darüber befin- det sich das Verwaltungsgebäude mit weiteren fünf Stockwerken. Wer die Eingangshalle betritt, hat auf gleicher Ebene bereits jene öffentlichen Einrichtungen vor sich, die im alten Haus ein Stockwerk hö- her untergebracht waren: Zur Lin- ken liegt die Kantine; geradeaus geht man auf den großen Plenarsaal zu, in dem die Vertreterversammlung tagt. Auf der rechten Seite liegt ein kleiner Saal für Veranstaltungen. Das Haus wird über eine Mit- telachse erschlossen, an deren An- fang ein Empfangstresen steht. Ge- genüber befinden sich die Aufzüge und das Haupttreppenhaus, das alle Geschosse des Hauses miteinander verbindet. Im hinteren Bereich der Eingangshalle öffnet sich die Decke und gibt den Blick frei in ein Gale- riegeschoss, in dem drei weitere Säle untergebracht sind. Zwei davon können zu einem größeren Saal verbunden werden. Auf der gegenüberliegenden Seite des Galeriegeschosses befindet sich die zweite Ebene der Kantine, zu der man auch über eine eigene Treppe gelangt. Seitenansicht: Der öffentliche Bereich mit Veranstaltungssälen, Kantine und Park- hausebenen bildet den Sockel. Darauf setzt das Verwaltungsgebäude auf.

Transcript of RUBRIK SCHWERPUNKT VON BERNHARD GÖSSLER Das neue … · RUBRIK ˆ | KVH- JOURNAL / SCHWERPUNKT Das...

Page 1: RUBRIK SCHWERPUNKT VON BERNHARD GÖSSLER Das neue … · RUBRIK ˆ | KVH- JOURNAL / SCHWERPUNKT Das neue Ärztehaus Jetzt steht es fest: Das Hamburger Ärztehaus wird neu gebaut –

R U B R I K

8 | KV H - J O U R N A L 1 1 / 2 0 1 3

R U B R I KS C H W E R P U N K T

Das neue ÄrztehausJetzt steht es fest: Das Hamburger

Ärztehaus wird neu gebaut – und zwar am alten Standort. Der ausführende Architekt

erläutert, wie der Neubau aussehen soll.

VON BERNHARD GÖSSLER

 D as Hamburger Ärztehaus hat spezielle Anforderungen zu

erfüllen: Einerseits ist es ein Ver-waltungsgebäude, andererseits muss es einer wichtigen berufspolitischen und sozialen Funktion gerecht wer-den: Es ist der Versammlungsort des obersten Souveräns der KV Ham-burg, der Vertreterversammlung. Es �nden Veranstaltungen und fachli-che Fortbildungen statt. Darüber hi-naus müssen Ärzte und Psychothera-peuten die Möglichkeit haben, sich zusammen zu setzen und ein gastro-nomisches Angebot in Anspruch zu nehmen.

Die Konstruktion des Hauses entspricht dieser Doppelfunktion: Tiefgarage, Erdgeschoss und Gale-riegeschoss bilden einen Sockel, in dem der ö�entliche Bereich des Hau-ses untergebracht ist. Darüber be�n-det sich das Verwaltungsgebäude mit weiteren fünf Stockwerken.

Wer die Eingangshalle betritt, hat auf gleicher Ebene bereits jene

ö�entlichen Einrichtungen vor sich, die im alten Haus ein Stockwerk hö-her untergebracht waren: Zur Lin-ken liegt die Kantine; geradeaus geht man auf den großen Plenarsaal zu, in dem die Vertreterversammlung tagt. Auf der rechten Seite liegt ein kleiner Saal für Veranstaltungen.

Das Haus wird über eine Mit-telachse erschlossen, an deren An-fang ein Empfangstresen steht. Ge-genüber be�nden sich die Aufzüge und das Haupttreppenhaus, das alle

Geschosse des Hauses miteinander verbindet. Im hinteren Bereich der Eingangshalle ö�net sich die Decke und gibt den Blick frei in ein Gale-riegeschoss, in dem drei weitere Säle untergebracht sind.

Zwei davon können zu einem größeren Saal verbunden werden. Auf der gegenüberliegenden Seite des Galeriegeschosses be�ndet sich die zweite Ebene der Kantine, zu der man auch über eine eigene Treppe gelangt.

Seitenansicht: Der ö�entliche Bereich mit Veranstaltungssälen, Kantine und Park-hausebenen bildet den Sockel. Darauf setzt das Verwaltungsgebäude auf.

Page 2: RUBRIK SCHWERPUNKT VON BERNHARD GÖSSLER Das neue … · RUBRIK ˆ | KVH- JOURNAL / SCHWERPUNKT Das neue Ärztehaus Jetzt steht es fest: Das Hamburger Ärztehaus wird neu gebaut –

R U B R I K

8 | KV H - J O U R N A L 1 1 / 2 0 1 3

R U B R I KS C H W E R P U N K T

Das neue ÄrztehausJetzt steht es fest: Das Hamburger

Ärztehaus wird neu gebaut – und zwar am alten Standort. Der ausführende Architekt

erläutert, wie der Neubau aussehen soll.

VON BERNHARD GÖSSLER

 D as Hamburger Ärztehaus hat spezielle Anforderungen zu

erfüllen: Einerseits ist es ein Ver-waltungsgebäude, andererseits muss es einer wichtigen berufspolitischen und sozialen Funktion gerecht wer-den: Es ist der Versammlungsort des obersten Souveräns der KV Ham-burg, der Vertreterversammlung. Es �nden Veranstaltungen und fachli-che Fortbildungen statt. Darüber hi-naus müssen Ärzte und Psychothera-peuten die Möglichkeit haben, sich zusammen zu setzen und ein gastro-nomisches Angebot in Anspruch zu nehmen.

Die Konstruktion des Hauses entspricht dieser Doppelfunktion: Tiefgarage, Erdgeschoss und Gale-riegeschoss bilden einen Sockel, in dem der ö�entliche Bereich des Hau-ses untergebracht ist. Darüber be�n-det sich das Verwaltungsgebäude mit weiteren fünf Stockwerken.

Wer die Eingangshalle betritt, hat auf gleicher Ebene bereits jene

ö�entlichen Einrichtungen vor sich, die im alten Haus ein Stockwerk hö-her untergebracht waren: Zur Lin-ken liegt die Kantine; geradeaus geht man auf den großen Plenarsaal zu, in dem die Vertreterversammlung tagt. Auf der rechten Seite liegt ein kleiner Saal für Veranstaltungen.

Das Haus wird über eine Mit-telachse erschlossen, an deren An-fang ein Empfangstresen steht. Ge-genüber be�nden sich die Aufzüge und das Haupttreppenhaus, das alle

Geschosse des Hauses miteinander verbindet. Im hinteren Bereich der Eingangshalle ö�net sich die Decke und gibt den Blick frei in ein Gale-riegeschoss, in dem drei weitere Säle untergebracht sind.

Zwei davon können zu einem größeren Saal verbunden werden. Auf der gegenüberliegenden Seite des Galeriegeschosses be�ndet sich die zweite Ebene der Kantine, zu der man auch über eine eigene Treppe gelangt.

Seitenansicht: Der ö�entliche Bereich mit Veranstaltungssälen, Kantine und Park-hausebenen bildet den Sockel. Darauf setzt das Verwaltungsgebäude auf.

Page 3: RUBRIK SCHWERPUNKT VON BERNHARD GÖSSLER Das neue … · RUBRIK ˆ | KVH- JOURNAL / SCHWERPUNKT Das neue Ärztehaus Jetzt steht es fest: Das Hamburger Ärztehaus wird neu gebaut –

1 1 / 2 0 1 3 KV H - J O U R N A L | 9

R U B R I KR U B R I K S C H W E R P U N K T

Straßenansicht: Neben dem hohen, durch Säulen gestützen Arkadengang be­nden sich die Rampen zu den Parkhausebenen.

Eingangsbereich: Blick auf die Kantine, die sich über das Erdgeschoss und das Galeriegeschoss erstreckt

Page 4: RUBRIK SCHWERPUNKT VON BERNHARD GÖSSLER Das neue … · RUBRIK ˆ | KVH- JOURNAL / SCHWERPUNKT Das neue Ärztehaus Jetzt steht es fest: Das Hamburger Ärztehaus wird neu gebaut –

R U B R I K

1 0 | KV H - J O U R N A L 1 1 / 2 0 1 3

R U B R I K

Erdgeschoss Galeriegeschoss

Im Galeriegeschoss liegen die zweite Ebene der Kantine (gelb) und zwei weitere Säle (blau). Die ins Erdgeschoss hinunter- reichenden Lufträume sind blau-weiß gestreift eingezeichnet.

S C H W E R P U N K T

Aus der Kantine blickt man durch einen zweigeschossigen Arka-dengang, der gleichzeitig als Überda-chung der Au�ahrt zum Hauptein-gang dient.

Neben dem Haupteingang be-�ndet sich die Abwärtsrampe in die Tiefgarage. Von hier aus kann man noch zwei weitere Parkhausebenen erreichen, die auf der Rückseite des Gebäudes überirdisch errichtet wer-den. Auf diese Weise stehen insge-samt 223 Stellplätze zur Verfügung – 69 mehr als im bisherigen Ärztehaus. Das entlastet die Parksituation im Umkreis des Hauses.

Über den Parkhausebenen und dem restlichen Teil des Sockelgebäu-des be�nden sich Bürogeschosse, die durch ein eigenes Treppenhaus miteinander verbunden sind. Dieses runde Treppenhaus fungiert als Ge-lenk zwischen allen Bürotrakten und ist o�en gehalten. Zur Rückseite des

Eingangshalle (oberes Bild): Links vor dem schwarzen Empfangstre-sen geht es zur Kantine, geradeaus zu den Versammlungssälen. Treppenhaus (unteres Bild): Eine o�ene, direkte Verbindung zwischen allen Verwaltungsgeschossen.

Wer das Gebäude betritt, ­ndet auf der linken Seite die Kantine (gelb). Geradeaus kommt man zum Empfangstresen (schwarz) sowie zum kleinen Saal und zum Plenarsaal (blau).

Page 5: RUBRIK SCHWERPUNKT VON BERNHARD GÖSSLER Das neue … · RUBRIK ˆ | KVH- JOURNAL / SCHWERPUNKT Das neue Ärztehaus Jetzt steht es fest: Das Hamburger Ärztehaus wird neu gebaut –

1 1 / 2 0 1 3 KV H - J O U R N A L | 1 1

R U B R I KR U B R I K

Verwaltungsgeschoss

Die Verwaltungsebenen sind untereinander durch ein rundes Treppenhaus verbunden (oben). Besucher kommen über das Haupttreppenhaus zu einem kleinen Empfangsbereich (Mitte).

S C H W E R P U N K T

Hauses hin blickt man auf eine Tee-küche, die durch eine groß�ächige Verglasung viel Licht hereinlässt.

Weiter vorne in den Büro�uren liegt jeweils der Zugang zum Haupt-treppenhaus. Direkt gegenüber be-�ndet sich ein Empfangsbereich und ein Meeting Point. In jeder Ebene des Verwaltungsbereiches gibt es noch-mals zwei oder drei Sitzungsräume, die von den Abteilungen genutzt werden können, in Absprache aber auch von KV-Mitgliedern.

Die Büro�ächen sind insgesamt auf 415 Mitarbeiter ausgelegt, wobei einige Bereiche vermietet werden sollen.

Im Unterschied zum derzeitigen Ärztehaus wird es keine Großraum-büros geben. In den größten Büros des neuen Gebäudes sitzen höchs-tens sechs bis acht Mitarbeiter.

Es gibt keine Vollklimatisierung mehr, sondern einzeln regelbare Heizkörper und einen individuell zu bedienenden Sonnenschutz durch

BERNHARD GÖSSLER ist Mitinhaber des Architektur- büros „Gössler Kinz Kerber Kreienbaum“ (GKK)

Jalousien. Die Fenster können geö�-net werden.

Weil es in modernen Häusern zu wenig feuchtigkeitsaktive Bauteile gibt, wird in jedes Büro als feuch-tigkeitsregulierendes Bauteil eine Lehmplatte eingestellt. Dieses Ele-ment bekommt einen lu�o�enen Anstrich, damit es Raumfeuchtig-keit aufnehmen und abgeben kann. Auch das ist ein Beitrag zu gesunden Arbeitsverhältnissen.

Das neue Haus wird auf dem neusten Stand der Energietechnik sein – sowohl was die bauliche Hül-le als auch die technischen Anlagen angeht. Klimaanlagen sind nur für die Veranstaltungsräume und die Küche vorgesehen.

Um der dichten Bebauung entge-genzuwirken, werden die verbliebe-nen Frei�ächen mit großzügigen P�anzungen aufgewertet. Alle Flach-dächer, die es im Bereich des zweige-schossigen Sockelgebäudes gibt, wer-den begrünt. Wer an den Fenstern der Bürogeschosse steht, blickt also hinunter auf begrünte Flächen.

heute 30.9.2014 9.3.2015 Herbst 2016

Abbruch des alten Gebäudes

Baubeginn Fertigstellung des neuen Ärztehauses

Zeitplan

Page 6: RUBRIK SCHWERPUNKT VON BERNHARD GÖSSLER Das neue … · RUBRIK ˆ | KVH- JOURNAL / SCHWERPUNKT Das neue Ärztehaus Jetzt steht es fest: Das Hamburger Ärztehaus wird neu gebaut –

R U B R I K

1 2 | KV H - J O U R N A L 1 1 / 2 0 1 3

S C H W E R P U N K T

 A us architekturhistorischer Sicht ist das bisherige Ärztehaus

durchaus ein gelungenes Gebäude. Es wurde in den Jahren 1974 bis 1976 mit den damals modernsten Mitteln erbaut: Die Fenster waren hochwer-tig, die Dämmung auf dem neusten Stand der Technik. Seither wurde es gut instand gehalten. Die rasante Entwicklung von Klimatechnik und Dämmung lassen es heute dennoch wie ein Fossil erscheinen. Die Ener-giepreise sind über die Jahrzehnte erheblichst gestiegen, und das Ge-bäude weist eine derart schlechte Energiebilanz auf, dass schon aus Kostengründen etwas unternommen werden musste.

Die Frage, mit der die KV Hamburg vor drei Jahren an unser Architekturbüro heran-trat, war: Mit welchem Aufwand könnte das Haus saniert werden? Wir machten mehrere Begehungen und stellten schnell fest: Das Konzept der Vollkli-matisierung funktioniert nicht mehr. Die Dämmung der Außenfassade ist viel zu dünn. Die in den 1970er Jahren verwendete Dämmtechnik leistete gerade mal 20 bis 30 Prozent dessen, was heute Standard ist. Auch die Fenster sind veraltet. Die Ent-wicklung der Isoliertechnik ist mitt-lerweile an ihre Grenzen gestoßen – doch der seit den 1970er Jahren

vollzogene Sprung ist immens. Die Nebenkosten sind pro Quadratmeter etwa vier mal höher als in einem an aktuellen energetischen Standards ausgerichteten Gebäude. Es galt also zu klären: Kann man den Roh-baukern weiterverwenden - und die Ober�ächen des Hauses sowie die Heiztechnik erneuern?

Die Stahlbeton-Konstruktion des Hauses ist in Ordnung, hat aber zeittypische Schwächen. Die Stüt-zen bilden „Klimabrücken“: Es gibt keine Isolation zwischen innen und außen, die Heizwärme wird abgelei-tet. Das ist teuer. Jede Stunde laufen

Energiekosten von zwei Euro an ei-ner dieser Säulen herunter ins Erd-reich. Hinzu kommt: Das Gebäude ist stark terrassiert, hat Innenhöfe und zudem einige große unter den Büro�ächen angelegte Bereiche, die im Freien liegen – etwa den Ein-gangsbereich oder die Umfahrt mit Parkplätzen im rückwärtigen Teil des Gebäudes. Es gibt also relativ viel der Witterung ausgesetzte Außen-�äche, wodurch zusätzlich Energie verschwendet wird. Man müsste dem

Gebäude aus energetischen Gründen eine geschlossenere Hülle geben. Die bauliche Schließung der Terrassen durch Aufstockung von bis zu zwei Geschossen ist jedoch nicht möglich - ein solches Zusatzgewicht hielte die Konstruktion nicht aus.

Hinzu kommen veränderte An-sprüche an die Arbeitssituation der Mitarbeiter. Großraumbüros entsprachen in den 1970er Jahren durchaus den Vorstellungen einer in Arbeitsschritte unterteilbaren Mas-sentätigkeit. Heute ist die Arbeit der KV-Mitarbeiter quali�zierter und di�erenzierter geworden, sie muss in

Teams erbracht werden. Doch die Großraum-büros des Ärztehauses lassen sich nicht einfach unterteilen, indem man Wände einzieht. Viele der Räume sind zu tief. Bis zu einem Abstand von 6,50 Metern von

der Fassade fällt noch genug natür-liches Licht in den Raum. Bei Räu-men, die tiefer sind, muss permanent künstliche Beleuchtung eingesetzt werden, was heutzutage nicht mehr der Vorstellung einer gesunden Ar-beitswelt entspricht.

Es galt, mit spitzem Bleisti� zu rechnen – und dabei stellte sich her-aus: Bei gleicher Nutz�äche betrügen die Kosten für eine Grundsanierung etwa 90 Prozent dessen, was man für einen Neubau aufwenden müss-

Sanieren oder neu bauen?Der beauftragte Bau-Sachverständige erklärt,

warum das alte Ärztehaus nicht mehr zu retten war – und wie sich die Kosten für einen Neubau

unter Kontrolle halten lassen.

VON OLAF SCHINDEL

Die Grundsanierung des alten Hauses hätte 90 Prozent

dessen gekostet, was für den Neubau veranschlagt ist.

Page 7: RUBRIK SCHWERPUNKT VON BERNHARD GÖSSLER Das neue … · RUBRIK ˆ | KVH- JOURNAL / SCHWERPUNKT Das neue Ärztehaus Jetzt steht es fest: Das Hamburger Ärztehaus wird neu gebaut –

1 1 / 2 0 1 3 KV H - J O U R N A L | 1 3

R U B R I K S C H W E R P U N K T

te. Allerdings wäre das Alt-Gebäude weder was die Arbeitssituation der Mitarbeiter noch was die Klima- und Isoliertechnik betri� auf den neusten Stand zu bringen. Die Energiekosten blieben auch in einem sanierten Haus vergleichsweise hoch.

Parallel zur Erarbeitung erster Entwürfe für einen Neubau sah sich die KV auch nach Bestandsgebäuden um, die als Kauf- oder Mietobjekt in Frage kämen. Die Voraussetzungen, die ein Ärztehaus zu erfüllen hat, sind allerdings sehr speziell. Dazu gehört vor allem die Möglichkeit, Tre�en und Veranstaltungen abzuhalten. Für die Vertreterversammlung muss ein großer Plenarsaal zur Verfügung ste-hen. Um eine gewisse Gastlichkeit zu gewährleisten, sollte außerdem eine Kantine unterzubringen sein. Außer-dem muss es genug Parkplätze geben, damit die Ärzte und Psychotherapeu-ten ihre Zeit nicht damit verbringen müssen, in den umliegenden Straßen

einen Parkplatz zu suchen. Es gab etwa fünfzig Angebote,

die mit unserer Hilfe geprü� wurden. Das Parkplatz-Kriterium warf bereits die Häl�e der Immobilien aus dem Rennen. Die Kantine und die Ver-anstaltungssäle hätte man nur noch in vier der angebotenen Bürohäuser einrichten können. Einen großen Plenarsaal gab es nirgends. Den hätte man bauen müssen – was dann so-gar nur noch in einem Fall und mit großem Aufwand möglich gewesen wäre.

Deshalb wurden die Planungen für einen Neubau des Ärztehauses auf eigenem Grund vorangetrieben. Im April 2013 fand eine europaweite Ausschreibung der Architektenleis-tung auf Grundlage unserer Vorar-beiten statt. Den Au�rag gewann das Hamburger Büro GKK. Unser Büro hat die Projektsteuerung übernom-men, vertritt also den Bauherren in fachlichen Fragen.

Wer eine solche Kontrollfunk-tion ausübt, wird immer wieder ge-fragt: Wie verhindert man, dass die Kosten aus dem Ruder laufen? Mei-ne Antwort ist: durch Disziplin und Ordnung. Es gibt Kostensteigerun-gen, gegen die der Bauherr nichts tun kann. Wenn es einen neuen Tarifab-schluss gibt, gehen die Löhne nach oben. Wenn der Stahl teurer wird, zahlt man mehr. Beschließt man heu-te zu bauen, muss zunächst mal das alte Haus abgerissen werden, bevor mit dem Neubau begonnen werden kann. Die Preissteigerung zwischen dem Zeitpunkt der Kalkulation und dem Zeitpunkt des Baubeginns ist unvermeidlich. Man rechnet mit etwa zwei bis drei Prozent pro Jahr.

Der größte Kostentreiber ist al-lerdings die Disziplinlosigkeit des Bauherren. Der möchte beispielswei-se plötzlich nach der Baugenehmi-gung ein Treppenhaus mehr haben – ein Wunsch, den ihm die Bau�rmen nur allzu gern erfüllen. Das zusätzli-che Treppenhaus wird viel teurer als die bisher geplanten, weil nun neue Preise gelten. Ihr Geld verdienen die Bau�rmen nämlich nicht mit dem ö�entlichen Au�rag, sondern vor allem mit Änderungen und Nachträ-gen, bei denen sie ordentlich hinlan-gen können. Deshalb sollte der Bau-herr seine Planung beenden, bevor er die Au�räge vergibt – und danach nichts mehr ändern. Das ist mit dem Schlagwort „Disziplin“ gemeint.

Ordnung ist gegenüber den aus-führenden Architekten, Ingenieuren und den Bau�rmen vonnöten. Die Seite des Bauherren muss klare An-gaben machen und konsequent dar-auf hinwirken, dass diese präzise und fachgerecht umgesetzt werden. Da-für zu sorgen, dass dies geschieht, wird eine unserer Hauptaufgaben bei der Steuerung dieses Projekts sein.

OLAF SCHINDEL ist Leiter des Büros „Schindel Archi-tekten Hamburg Berlin“ (SAHB)

Zeittypische Schwächen: Die Stützen des alten Ärztehauses bilden „Klimabrücken“. Es gibt keine Isolation zwischen innen und außen, die Heizwärme wird abgeleitet.

Page 8: RUBRIK SCHWERPUNKT VON BERNHARD GÖSSLER Das neue … · RUBRIK ˆ | KVH- JOURNAL / SCHWERPUNKT Das neue Ärztehaus Jetzt steht es fest: Das Hamburger Ärztehaus wird neu gebaut –

R U B R I K

1 4 | KV H - J O U R N A L 1 1 / 2 0 1 3

„Wir haben immer gesagt: Die Vertreterversammlung ist der Souverän. Sie muss entscheiden.“

des Ärztehauses resultierende Kostenproblem anzu-gehen, immer größer. Am 24. August 2011 beau�ragte die KV-Vertreterversammlung den Vorstand, externe Sachverständige prüfen zu lassen, was verschiedene Va-rianten einer Sanierung kosten würden. Nun wurde in der Vertreterversammlung auch die Möglichkeit in Er-wägung gezogen, einen Neubau zu errichten. Das Archi-tekturbüro Schindel fertigte ein Gutachten an und führte aus, dass bei einer Grundsanierung über 90 Prozent der Kosten anfallen würden, die für einen Neubau aufzu-wenden wären (siehe Seite 12).

Dennoch waren zu diesem Zeitpunkt noch alle Op-tionen o�en – zumal noch nicht geklärt war, welche In-stitutionen sich als Miteigentümer oder Mieter an einer neuen Lösung beteiligen würden. Die APO-Bank be-nötigte mehr Räumlichkeiten, fand aber auf dem Hum-boldt-Campus keine Erweiterungsmöglichkeiten. Auch die Ärztekammer klagte über eingeengte Arbeitsbedin-

gungen in den ihr zur Verfügung stehenden Räumen im Ärztehaus. „Schon beim Einzug ins Ärztehaus hat der Platz für die Kammer nicht gereicht“, so Prof. Dr. Frank Ulrich Montgo-

mery, Präsident der Hamburger Ärztekammer und der Bundesärztekammer. „Heute hat die Hamburger Kam-mer 800 Quadratmeter zur Verfügung, muss aber 1.800 Quadratmeter an anderen Stellen mieten.“ Die drei Ins-titutionen arbeiteten zunächst an einer gemeinsamen Lö-sung und beau�ragten Projektentwickler, sich nach geeig-neten Grundstücken und Bestandsgebäuden umzusehen.

Im November 2012 beschloss die Ärztekammer, das Ärztehaus zu verlassen und Räume in der Alstercity an-zumieten. Die KV, die eigentlich am Konzept eines ge-meinsamen Ärztehauses festhalten wollte, das auch den sozialen Mittelpunkt des Berufsstandes darstellt, bedau-erte die räumliche Trennung der beiden Körperscha�en. Auf einer KV-Vertreterversammlung im April 2013 wur-

 S o viel Konsens ist selten in der Vertreterversamm-lung der KV Hamburg: Die Entscheidung, das alte

Ärztehaus an der Humboldstraße abzureißen und an derselben Stelle neu zu bauen, �el am 25. September 2013 ohne Gegenstimmen und ohne Enthaltungen. Dem vor-ausgegangen waren umfangreiche Planungsarbeiten und Meinungsbildungsprozesse.

An den Protokollen der Vertreterversammlung der KV Hamburg lässt sich ablesen, dass der �nanzielle Auf-wand für den Unterhalt des Verwaltungsgebäudes seit der Jahrtausendwende zunehmend als Problem wahrge-nommen wurde. Die Kosten für Renovierungsarbeiten und für Energie stiegen an und nahmen in den Jahres-rechnungen der KV einen immer größeren Raum ein. „Das konnte auf Dauer nicht so weitergehen“, sagt der damalige Vorsitzende der Vertreterversammlung der KV Hamburg, Dr. Michael Späth. „Wegen der steigen-den Energiepreise lässt sich die Klimaanlage nicht mehr wirtscha�lich betrei-ben. Außerdem ist sie so anfällig, dass man eine ständige Betriebs-bereitscha� des Gebäu-des nicht sicherstellen kann.“ Die Lebenszeit der ursprünglich in Ja-pan hergestellten Riesen-Anlage neigte sich dem Ende zu, Ersatzteile waren nur noch schwer zu bescha�en. Die KV musste sich mittelfristig nach Alternativen umsehen.

Im Jahr 2004 wurde neben dem Ärztehaus der „Humboldt-Campus“ errichtet. Die APO-Bank verkauf-te ihren Anteil am Ärztehaus an die KV und zog in den Neubau. Auf der anderen Seite des Ärztehauses sollte ein weiterer Neubau errichtet werden. „Die Überlegung war, in dieses Gebäude einzuziehen, während das Ärztehaus renoviert wird“, so Späth. „Danach hätte die KV wieder zurück in das eigene Gebäude ziehen können.“ Der Plan zerschlug sich, bevor er konkreter werden konnte, weil der zweite Neubau nicht realisiert wurde. Unterdessen wurde der Druck, das aus der schlechten Energiebilanz

S C H W E R P U N K T

»Es geht um viel Geld«Über zwei Jahre lang wurden Alternativen geprüft. Am

Ende fiel die Entscheidung der Vertreterversammlung für einen Neubau einstimmig.

Page 9: RUBRIK SCHWERPUNKT VON BERNHARD GÖSSLER Das neue … · RUBRIK ˆ | KVH- JOURNAL / SCHWERPUNKT Das neue Ärztehaus Jetzt steht es fest: Das Hamburger Ärztehaus wird neu gebaut –

1 1 / 2 0 1 3 KV H - J O U R N A L | 1 5

R U B R I K S C H W E R P U N K T

de die Option, das alte Ärztehaus zu sanieren, erstmals ausdrücklich ausgeschlossen. Der damalige KV-Chef Dieter Bollmann stellte den Abgeordneten die verbliebe-nen Varianten vor. Es gab einige große Bestandsgebäu-de, die entweder gekau� oder gemietet werden konnten. Allerdings wären umfangreiche Umbauarbeiten nötig gewesen, um die Bedürfnisse der KV zu erfüllen – bei-spielsweise hätte man Versammlungssäle und einen gro-ßen Plenarsaal scha�en müssen, um die Selbstverwal-tung funktionsfähig zu erhalten. Für eine Mietlösung, so Bollmann, spreche eine höhere Flexibilität in der Standortfrage und der Umstand, dass keine Investitions-entscheidung nötig werde. Andererseits seien Mieterhö-hungen kaum kalkulierbar, es bestehe das Risiko einer Vermieterinsolvenz und die KV habe nur beschränkte Entscheidungsmöglichkeiten bei notwendigen Umbau-ten oder Strukturänderungen. „Vorteil eines eigenen Ärztehauses wäre auch, dass die Identität der KV nach außen hin gewahrt bleibt“, so der KV-Chef. Ein von Boll-mann vorgestellter Vergleich zwischen den angenomme-nen Mietausgaben für ein fremdes Gebäude (12,50 Euro pro Quadratmeter) und den Ausgaben, die bei einem Neubau auf eigenem Grund für die Zinstilgung anfallen würde, kam zu dem Ergebnis: Schon nach vier Jahren sei der Neubau günstiger – außerdem werde Eigentum ge-scha�en. Der Vorstand wurde beau�ragt, Pläne für einen Abriss des alten Hauses und einen Neubau auf dem jetzi-gen Gelände der KV voranzutreiben.

Die zunächst vielversprechend erscheinende Option, ein Grundstück am Bahnhof Barmbek zu kaufen und darauf zu bauen, hatte sich mittlerweile zerschlagen. Ein einziges Bestandsgebäude gab es noch, das zum Kauf in Betracht kam. Die Eigentümer zogen ihr Angebot aber zurück, nachdem eine nähere Prüfung Mängel ans Licht gebracht hatte. Am 25. September 2013 stellte die Vertre-terversammlung o�ziell fest, dass es nicht möglich sei, auf dem Hamburger Immobilienmarkt ein geeignetes Kaufangebot zu �nden. Bernhard Gössler vom Archi-tekturbüro GKK stellte den Abgeordneten Baupläne für ein neues Ärztehaus an der Humboldtstraße vor (siehe Seite 8). Die Vertreterversammlung nahm zur Kenntnis, dass die Kosten für den Neubau auf 37,6 Millionen Euro brutto kalkuliert wurden. Auf dieser Basis forderte sie den Vorstand auf, einen Bauantrag für den Neubau des Ärztehauses einzureichen und das Bauvorhaben zügig umzusetzen.

„Wir haben immer gesagt: Das ist eine Entscheidung der Selbstverwaltung“, so der ehemalige Vorsitzende der Vertreterversammlung Dr. Michael Späth. „Die Vertre-terversammlung ist der Souverän. Es geht um viel Geld, und ich bin froh, dass wir zu einer einstimmigen Ent-scheidung gekommen sind.“

»Scha�ung eines Wertobjekts«

Dr. Eckhard von Bock, Vorsitzender des Finanzausschusses der KV Hamburg, über �nanzielle Belastungen und Risiken, die sich aus dem Neubau-Projekt ergeben.

Welche finanziellen Kon-sequenzen hat der Neubau für die KV-Mitglieder? Der Verwaltungskosten-beitrag wird durch den Neubau voraussichtlich um 0,15 bis 0,2 Prozentpunkte steigen. Eine Sanierung des jetzigen Verwaltungsge-bäudes, die in den letzten Jahren aufgeschoben wur-de, hätte aber ebenso zu einer Erhöhung geführt.

Wie wollen Sie vermeiden, dass die Baukosten explodieren? Wir vergeben den Neubau an einen General-unternehmer, der das Preisrisiko übernimmt. Er hat Gesamtkosten für den Neubau von 37,6 Millionen Euro ermittelt mit einer in der jetzigen Planungsphase bestehenden Unwägbarkeit von fünf Prozent nach oben oder nach unten. Wenn wir als Bauherren bei exakter Vorplanung zu ei-nem späteren Zeitpunkt keine Änderungen mehr verlangen, ist das die endgültige Bausumme. Eine wichtige Entscheidung war außerdem, uns externen Sachverstand zu holen: Peter Rehaag als unser juristischer Berater und Olaf Schindel als architektonischer Berater stehen uns auch weiterhin in der Planungsphase und Bauphase zur Verfügung.

Wem gehört das Ärztehaus? Das neue Ärztehaus gehört – ebenso wie das Grundstück – den Hamburger Ärzten. Anders als bei Mietzahlungen wird durch die Investition in einen Neubau ein Wertobjekt geschaªen. Wenn es die KV eines Tages nicht mehr geben sollte, könnten Haus und Grundstück verkauft werden.

Dr. Eckhard von BockVorsitzender des Finanzausschusses der KV Hamburg

Page 10: RUBRIK SCHWERPUNKT VON BERNHARD GÖSSLER Das neue … · RUBRIK ˆ | KVH- JOURNAL / SCHWERPUNKT Das neue Ärztehaus Jetzt steht es fest: Das Hamburger Ärztehaus wird neu gebaut –

1 1 / 2 0 1 3 KV H - J O U R N A L | 9

R U B R I KR U B R I K S C H W E R P U N K T

Straßenansicht: Neben dem hohen, durch Säulen gestützen Arkadengang be­nden sich die Rampen zu den Parkhausebenen.

Eingangsbereich: Blick auf die Kantine, die sich über das Erdgeschoss und das Galeriegeschoss erstreckt

Page 11: RUBRIK SCHWERPUNKT VON BERNHARD GÖSSLER Das neue … · RUBRIK ˆ | KVH- JOURNAL / SCHWERPUNKT Das neue Ärztehaus Jetzt steht es fest: Das Hamburger Ärztehaus wird neu gebaut –

R U B R I K

1 0 | KV H - J O U R N A L 1 1 / 2 0 1 3

R U B R I K

Erdgeschoss Galeriegeschoss

Im Galeriegeschoss liegen die zweite Ebene der Kantine (gelb) und zwei weitere Säle (blau). Die ins Erdgeschoss hinunter- reichenden Lufträume sind blau-weiß gestreift eingezeichnet.

S C H W E R P U N K T

Aus der Kantine blickt man durch einen zweigeschossigen Arka-dengang, der gleichzeitig als Überda-chung der Au�ahrt zum Hauptein-gang dient.

Neben dem Haupteingang be-�ndet sich die Abwärtsrampe in die Tiefgarage. Von hier aus kann man noch zwei weitere Parkhausebenen erreichen, die auf der Rückseite des Gebäudes überirdisch errichtet wer-den. Auf diese Weise stehen insge-samt 223 Stellplätze zur Verfügung – 69 mehr als im bisherigen Ärztehaus. Das entlastet die Parksituation im Umkreis des Hauses.

Über den Parkhausebenen und dem restlichen Teil des Sockelgebäu-des be�nden sich Bürogeschosse, die durch ein eigenes Treppenhaus miteinander verbunden sind. Dieses runde Treppenhaus fungiert als Ge-lenk zwischen allen Bürotrakten und ist o�en gehalten. Zur Rückseite des

Eingangshalle (oberes Bild): Links vor dem schwarzen Empfangstre-sen geht es zur Kantine, geradeaus zu den Versammlungssälen. Treppenhaus (unteres Bild): Eine o�ene, direkte Verbindung zwischen allen Verwaltungsgeschossen.

Wer das Gebäude betritt, ­ndet auf der linken Seite die Kantine (gelb). Geradeaus kommt man zum Empfangstresen (schwarz) sowie zum kleinen Saal und zum Plenarsaal (blau).

Page 12: RUBRIK SCHWERPUNKT VON BERNHARD GÖSSLER Das neue … · RUBRIK ˆ | KVH- JOURNAL / SCHWERPUNKT Das neue Ärztehaus Jetzt steht es fest: Das Hamburger Ärztehaus wird neu gebaut –

1 1 / 2 0 1 3 KV H - J O U R N A L | 1 1

R U B R I KR U B R I K

Verwaltungsgeschoss

Die Verwaltungsebenen sind untereinander durch ein rundes Treppenhaus verbunden (oben). Besucher kommen über das Haupttreppenhaus zu einem kleinen Empfangsbereich (Mitte).

S C H W E R P U N K T

Hauses hin blickt man auf eine Tee-küche, die durch eine groß�ächige Verglasung viel Licht hereinlässt.

Weiter vorne in den Büro�uren liegt jeweils der Zugang zum Haupt-treppenhaus. Direkt gegenüber be-�ndet sich ein Empfangsbereich und ein Meeting Point. In jeder Ebene des Verwaltungsbereiches gibt es noch-mals zwei oder drei Sitzungsräume, die von den Abteilungen genutzt werden können, in Absprache aber auch von KV-Mitgliedern.

Die Büro�ächen sind insgesamt auf 415 Mitarbeiter ausgelegt, wobei einige Bereiche vermietet werden sollen.

Im Unterschied zum derzeitigen Ärztehaus wird es keine Großraum-büros geben. In den größten Büros des neuen Gebäudes sitzen höchs-tens sechs bis acht Mitarbeiter.

Es gibt keine Vollklimatisierung mehr, sondern einzeln regelbare Heizkörper und einen individuell zu bedienenden Sonnenschutz durch

BERNHARD GÖSSLER ist Mitinhaber des Architektur- büros „Gössler Kinz Kerber Kreienbaum“ (GKK)

Jalousien. Die Fenster können geö�-net werden.

Weil es in modernen Häusern zu wenig feuchtigkeitsaktive Bauteile gibt, wird in jedes Büro als feuch-tigkeitsregulierendes Bauteil eine Lehmplatte eingestellt. Dieses Ele-ment bekommt einen lu�o�enen Anstrich, damit es Raumfeuchtig-keit aufnehmen und abgeben kann. Auch das ist ein Beitrag zu gesunden Arbeitsverhältnissen.

Das neue Haus wird auf dem neusten Stand der Energietechnik sein – sowohl was die bauliche Hül-le als auch die technischen Anlagen angeht. Klimaanlagen sind nur für die Veranstaltungsräume und die Küche vorgesehen.

Um der dichten Bebauung entge-genzuwirken, werden die verbliebe-nen Frei�ächen mit großzügigen P�anzungen aufgewertet. Alle Flach-dächer, die es im Bereich des zweige-schossigen Sockelgebäudes gibt, wer-den begrünt. Wer an den Fenstern der Bürogeschosse steht, blickt also hinunter auf begrünte Flächen.

heute 30.9.2014 9.3.2015 Herbst 2016

Abbruch des alten Gebäudes

Baubeginn Fertigstellung des neuen Ärztehauses

Zeitplan

Page 13: RUBRIK SCHWERPUNKT VON BERNHARD GÖSSLER Das neue … · RUBRIK ˆ | KVH- JOURNAL / SCHWERPUNKT Das neue Ärztehaus Jetzt steht es fest: Das Hamburger Ärztehaus wird neu gebaut –

R U B R I K

1 2 | KV H - J O U R N A L 1 1 / 2 0 1 3

S C H W E R P U N K T

 A us architekturhistorischer Sicht ist das bisherige Ärztehaus

durchaus ein gelungenes Gebäude. Es wurde in den Jahren 1974 bis 1976 mit den damals modernsten Mitteln erbaut: Die Fenster waren hochwer-tig, die Dämmung auf dem neusten Stand der Technik. Seither wurde es gut instand gehalten. Die rasante Entwicklung von Klimatechnik und Dämmung lassen es heute dennoch wie ein Fossil erscheinen. Die Ener-giepreise sind über die Jahrzehnte erheblichst gestiegen, und das Ge-bäude weist eine derart schlechte Energiebilanz auf, dass schon aus Kostengründen etwas unternommen werden musste.

Die Frage, mit der die KV Hamburg vor drei Jahren an unser Architekturbüro heran-trat, war: Mit welchem Aufwand könnte das Haus saniert werden? Wir machten mehrere Begehungen und stellten schnell fest: Das Konzept der Vollkli-matisierung funktioniert nicht mehr. Die Dämmung der Außenfassade ist viel zu dünn. Die in den 1970er Jahren verwendete Dämmtechnik leistete gerade mal 20 bis 30 Prozent dessen, was heute Standard ist. Auch die Fenster sind veraltet. Die Ent-wicklung der Isoliertechnik ist mitt-lerweile an ihre Grenzen gestoßen – doch der seit den 1970er Jahren

vollzogene Sprung ist immens. Die Nebenkosten sind pro Quadratmeter etwa vier mal höher als in einem an aktuellen energetischen Standards ausgerichteten Gebäude. Es galt also zu klären: Kann man den Roh-baukern weiterverwenden - und die Ober�ächen des Hauses sowie die Heiztechnik erneuern?

Die Stahlbeton-Konstruktion des Hauses ist in Ordnung, hat aber zeittypische Schwächen. Die Stüt-zen bilden „Klimabrücken“: Es gibt keine Isolation zwischen innen und außen, die Heizwärme wird abgelei-tet. Das ist teuer. Jede Stunde laufen

Energiekosten von zwei Euro an ei-ner dieser Säulen herunter ins Erd-reich. Hinzu kommt: Das Gebäude ist stark terrassiert, hat Innenhöfe und zudem einige große unter den Büro�ächen angelegte Bereiche, die im Freien liegen – etwa den Ein-gangsbereich oder die Umfahrt mit Parkplätzen im rückwärtigen Teil des Gebäudes. Es gibt also relativ viel der Witterung ausgesetzte Außen-�äche, wodurch zusätzlich Energie verschwendet wird. Man müsste dem

Gebäude aus energetischen Gründen eine geschlossenere Hülle geben. Die bauliche Schließung der Terrassen durch Aufstockung von bis zu zwei Geschossen ist jedoch nicht möglich - ein solches Zusatzgewicht hielte die Konstruktion nicht aus.

Hinzu kommen veränderte An-sprüche an die Arbeitssituation der Mitarbeiter. Großraumbüros entsprachen in den 1970er Jahren durchaus den Vorstellungen einer in Arbeitsschritte unterteilbaren Mas-sentätigkeit. Heute ist die Arbeit der KV-Mitarbeiter quali�zierter und di�erenzierter geworden, sie muss in

Teams erbracht werden. Doch die Großraum-büros des Ärztehauses lassen sich nicht einfach unterteilen, indem man Wände einzieht. Viele der Räume sind zu tief. Bis zu einem Abstand von 6,50 Metern von

der Fassade fällt noch genug natür-liches Licht in den Raum. Bei Räu-men, die tiefer sind, muss permanent künstliche Beleuchtung eingesetzt werden, was heutzutage nicht mehr der Vorstellung einer gesunden Ar-beitswelt entspricht.

Es galt, mit spitzem Bleisti� zu rechnen – und dabei stellte sich her-aus: Bei gleicher Nutz�äche betrügen die Kosten für eine Grundsanierung etwa 90 Prozent dessen, was man für einen Neubau aufwenden müss-

Sanieren oder neu bauen?Der beauftragte Bau-Sachverständige erklärt,

warum das alte Ärztehaus nicht mehr zu retten war – und wie sich die Kosten für einen Neubau

unter Kontrolle halten lassen.

VON OLAF SCHINDEL

Die Grundsanierung des alten Hauses hätte 90 Prozent

dessen gekostet, was für den Neubau veranschlagt ist.

Page 14: RUBRIK SCHWERPUNKT VON BERNHARD GÖSSLER Das neue … · RUBRIK ˆ | KVH- JOURNAL / SCHWERPUNKT Das neue Ärztehaus Jetzt steht es fest: Das Hamburger Ärztehaus wird neu gebaut –

1 1 / 2 0 1 3 KV H - J O U R N A L | 1 3

R U B R I K S C H W E R P U N K T

te. Allerdings wäre das Alt-Gebäude weder was die Arbeitssituation der Mitarbeiter noch was die Klima- und Isoliertechnik betri� auf den neusten Stand zu bringen. Die Energiekosten blieben auch in einem sanierten Haus vergleichsweise hoch.

Parallel zur Erarbeitung erster Entwürfe für einen Neubau sah sich die KV auch nach Bestandsgebäuden um, die als Kauf- oder Mietobjekt in Frage kämen. Die Voraussetzungen, die ein Ärztehaus zu erfüllen hat, sind allerdings sehr speziell. Dazu gehört vor allem die Möglichkeit, Tre�en und Veranstaltungen abzuhalten. Für die Vertreterversammlung muss ein großer Plenarsaal zur Verfügung ste-hen. Um eine gewisse Gastlichkeit zu gewährleisten, sollte außerdem eine Kantine unterzubringen sein. Außer-dem muss es genug Parkplätze geben, damit die Ärzte und Psychotherapeu-ten ihre Zeit nicht damit verbringen müssen, in den umliegenden Straßen

einen Parkplatz zu suchen. Es gab etwa fünfzig Angebote,

die mit unserer Hilfe geprü� wurden. Das Parkplatz-Kriterium warf bereits die Häl�e der Immobilien aus dem Rennen. Die Kantine und die Ver-anstaltungssäle hätte man nur noch in vier der angebotenen Bürohäuser einrichten können. Einen großen Plenarsaal gab es nirgends. Den hätte man bauen müssen – was dann so-gar nur noch in einem Fall und mit großem Aufwand möglich gewesen wäre.

Deshalb wurden die Planungen für einen Neubau des Ärztehauses auf eigenem Grund vorangetrieben. Im April 2013 fand eine europaweite Ausschreibung der Architektenleis-tung auf Grundlage unserer Vorar-beiten statt. Den Au�rag gewann das Hamburger Büro GKK. Unser Büro hat die Projektsteuerung übernom-men, vertritt also den Bauherren in fachlichen Fragen.

Wer eine solche Kontrollfunk-tion ausübt, wird immer wieder ge-fragt: Wie verhindert man, dass die Kosten aus dem Ruder laufen? Mei-ne Antwort ist: durch Disziplin und Ordnung. Es gibt Kostensteigerun-gen, gegen die der Bauherr nichts tun kann. Wenn es einen neuen Tarifab-schluss gibt, gehen die Löhne nach oben. Wenn der Stahl teurer wird, zahlt man mehr. Beschließt man heu-te zu bauen, muss zunächst mal das alte Haus abgerissen werden, bevor mit dem Neubau begonnen werden kann. Die Preissteigerung zwischen dem Zeitpunkt der Kalkulation und dem Zeitpunkt des Baubeginns ist unvermeidlich. Man rechnet mit etwa zwei bis drei Prozent pro Jahr.

Der größte Kostentreiber ist al-lerdings die Disziplinlosigkeit des Bauherren. Der möchte beispielswei-se plötzlich nach der Baugenehmi-gung ein Treppenhaus mehr haben – ein Wunsch, den ihm die Bau�rmen nur allzu gern erfüllen. Das zusätzli-che Treppenhaus wird viel teurer als die bisher geplanten, weil nun neue Preise gelten. Ihr Geld verdienen die Bau�rmen nämlich nicht mit dem ö�entlichen Au�rag, sondern vor allem mit Änderungen und Nachträ-gen, bei denen sie ordentlich hinlan-gen können. Deshalb sollte der Bau-herr seine Planung beenden, bevor er die Au�räge vergibt – und danach nichts mehr ändern. Das ist mit dem Schlagwort „Disziplin“ gemeint.

Ordnung ist gegenüber den aus-führenden Architekten, Ingenieuren und den Bau�rmen vonnöten. Die Seite des Bauherren muss klare An-gaben machen und konsequent dar-auf hinwirken, dass diese präzise und fachgerecht umgesetzt werden. Da-für zu sorgen, dass dies geschieht, wird eine unserer Hauptaufgaben bei der Steuerung dieses Projekts sein.

OLAF SCHINDEL ist Leiter des Büros „Schindel Archi-tekten Hamburg Berlin“ (SAHB)

Zeittypische Schwächen: Die Stützen des alten Ärztehauses bilden „Klimabrücken“. Es gibt keine Isolation zwischen innen und außen, die Heizwärme wird abgeleitet.

Page 15: RUBRIK SCHWERPUNKT VON BERNHARD GÖSSLER Das neue … · RUBRIK ˆ | KVH- JOURNAL / SCHWERPUNKT Das neue Ärztehaus Jetzt steht es fest: Das Hamburger Ärztehaus wird neu gebaut –

R U B R I K

1 4 | KV H - J O U R N A L 1 1 / 2 0 1 3

„Wir haben immer gesagt: Die Vertreterversammlung ist der Souverän. Sie muss entscheiden.“

des Ärztehauses resultierende Kostenproblem anzu-gehen, immer größer. Am 24. August 2011 beau�ragte die KV-Vertreterversammlung den Vorstand, externe Sachverständige prüfen zu lassen, was verschiedene Va-rianten einer Sanierung kosten würden. Nun wurde in der Vertreterversammlung auch die Möglichkeit in Er-wägung gezogen, einen Neubau zu errichten. Das Archi-tekturbüro Schindel fertigte ein Gutachten an und führte aus, dass bei einer Grundsanierung über 90 Prozent der Kosten anfallen würden, die für einen Neubau aufzu-wenden wären (siehe Seite 12).

Dennoch waren zu diesem Zeitpunkt noch alle Op-tionen o�en – zumal noch nicht geklärt war, welche In-stitutionen sich als Miteigentümer oder Mieter an einer neuen Lösung beteiligen würden. Die APO-Bank be-nötigte mehr Räumlichkeiten, fand aber auf dem Hum-boldt-Campus keine Erweiterungsmöglichkeiten. Auch die Ärztekammer klagte über eingeengte Arbeitsbedin-

gungen in den ihr zur Verfügung stehenden Räumen im Ärztehaus. „Schon beim Einzug ins Ärztehaus hat der Platz für die Kammer nicht gereicht“, so Prof. Dr. Frank Ulrich Montgo-

mery, Präsident der Hamburger Ärztekammer und der Bundesärztekammer. „Heute hat die Hamburger Kam-mer 800 Quadratmeter zur Verfügung, muss aber 1.800 Quadratmeter an anderen Stellen mieten.“ Die drei Ins-titutionen arbeiteten zunächst an einer gemeinsamen Lö-sung und beau�ragten Projektentwickler, sich nach geeig-neten Grundstücken und Bestandsgebäuden umzusehen.

Im November 2012 beschloss die Ärztekammer, das Ärztehaus zu verlassen und Räume in der Alstercity an-zumieten. Die KV, die eigentlich am Konzept eines ge-meinsamen Ärztehauses festhalten wollte, das auch den sozialen Mittelpunkt des Berufsstandes darstellt, bedau-erte die räumliche Trennung der beiden Körperscha�en. Auf einer KV-Vertreterversammlung im April 2013 wur-

 S o viel Konsens ist selten in der Vertreterversamm-lung der KV Hamburg: Die Entscheidung, das alte

Ärztehaus an der Humboldstraße abzureißen und an derselben Stelle neu zu bauen, �el am 25. September 2013 ohne Gegenstimmen und ohne Enthaltungen. Dem vor-ausgegangen waren umfangreiche Planungsarbeiten und Meinungsbildungsprozesse.

An den Protokollen der Vertreterversammlung der KV Hamburg lässt sich ablesen, dass der �nanzielle Auf-wand für den Unterhalt des Verwaltungsgebäudes seit der Jahrtausendwende zunehmend als Problem wahrge-nommen wurde. Die Kosten für Renovierungsarbeiten und für Energie stiegen an und nahmen in den Jahres-rechnungen der KV einen immer größeren Raum ein. „Das konnte auf Dauer nicht so weitergehen“, sagt der damalige Vorsitzende der Vertreterversammlung der KV Hamburg, Dr. Michael Späth. „Wegen der steigen-den Energiepreise lässt sich die Klimaanlage nicht mehr wirtscha�lich betrei-ben. Außerdem ist sie so anfällig, dass man eine ständige Betriebs-bereitscha� des Gebäu-des nicht sicherstellen kann.“ Die Lebenszeit der ursprünglich in Ja-pan hergestellten Riesen-Anlage neigte sich dem Ende zu, Ersatzteile waren nur noch schwer zu bescha�en. Die KV musste sich mittelfristig nach Alternativen umsehen.

Im Jahr 2004 wurde neben dem Ärztehaus der „Humboldt-Campus“ errichtet. Die APO-Bank verkauf-te ihren Anteil am Ärztehaus an die KV und zog in den Neubau. Auf der anderen Seite des Ärztehauses sollte ein weiterer Neubau errichtet werden. „Die Überlegung war, in dieses Gebäude einzuziehen, während das Ärztehaus renoviert wird“, so Späth. „Danach hätte die KV wieder zurück in das eigene Gebäude ziehen können.“ Der Plan zerschlug sich, bevor er konkreter werden konnte, weil der zweite Neubau nicht realisiert wurde. Unterdessen wurde der Druck, das aus der schlechten Energiebilanz

S C H W E R P U N K T

»Es geht um viel Geld«Über zwei Jahre lang wurden Alternativen geprüft. Am

Ende fiel die Entscheidung der Vertreterversammlung für einen Neubau einstimmig.

Page 16: RUBRIK SCHWERPUNKT VON BERNHARD GÖSSLER Das neue … · RUBRIK ˆ | KVH- JOURNAL / SCHWERPUNKT Das neue Ärztehaus Jetzt steht es fest: Das Hamburger Ärztehaus wird neu gebaut –

1 1 / 2 0 1 3 KV H - J O U R N A L | 1 5

R U B R I K S C H W E R P U N K T

de die Option, das alte Ärztehaus zu sanieren, erstmals ausdrücklich ausgeschlossen. Der damalige KV-Chef Dieter Bollmann stellte den Abgeordneten die verbliebe-nen Varianten vor. Es gab einige große Bestandsgebäu-de, die entweder gekau� oder gemietet werden konnten. Allerdings wären umfangreiche Umbauarbeiten nötig gewesen, um die Bedürfnisse der KV zu erfüllen – bei-spielsweise hätte man Versammlungssäle und einen gro-ßen Plenarsaal scha�en müssen, um die Selbstverwal-tung funktionsfähig zu erhalten. Für eine Mietlösung, so Bollmann, spreche eine höhere Flexibilität in der Standortfrage und der Umstand, dass keine Investitions-entscheidung nötig werde. Andererseits seien Mieterhö-hungen kaum kalkulierbar, es bestehe das Risiko einer Vermieterinsolvenz und die KV habe nur beschränkte Entscheidungsmöglichkeiten bei notwendigen Umbau-ten oder Strukturänderungen. „Vorteil eines eigenen Ärztehauses wäre auch, dass die Identität der KV nach außen hin gewahrt bleibt“, so der KV-Chef. Ein von Boll-mann vorgestellter Vergleich zwischen den angenomme-nen Mietausgaben für ein fremdes Gebäude (12,50 Euro pro Quadratmeter) und den Ausgaben, die bei einem Neubau auf eigenem Grund für die Zinstilgung anfallen würde, kam zu dem Ergebnis: Schon nach vier Jahren sei der Neubau günstiger – außerdem werde Eigentum ge-scha�en. Der Vorstand wurde beau�ragt, Pläne für einen Abriss des alten Hauses und einen Neubau auf dem jetzi-gen Gelände der KV voranzutreiben.

Die zunächst vielversprechend erscheinende Option, ein Grundstück am Bahnhof Barmbek zu kaufen und darauf zu bauen, hatte sich mittlerweile zerschlagen. Ein einziges Bestandsgebäude gab es noch, das zum Kauf in Betracht kam. Die Eigentümer zogen ihr Angebot aber zurück, nachdem eine nähere Prüfung Mängel ans Licht gebracht hatte. Am 25. September 2013 stellte die Vertre-terversammlung o�ziell fest, dass es nicht möglich sei, auf dem Hamburger Immobilienmarkt ein geeignetes Kaufangebot zu �nden. Bernhard Gössler vom Archi-tekturbüro GKK stellte den Abgeordneten Baupläne für ein neues Ärztehaus an der Humboldtstraße vor (siehe Seite 8). Die Vertreterversammlung nahm zur Kenntnis, dass die Kosten für den Neubau auf 37,6 Millionen Euro brutto kalkuliert wurden. Auf dieser Basis forderte sie den Vorstand auf, einen Bauantrag für den Neubau des Ärztehauses einzureichen und das Bauvorhaben zügig umzusetzen.

„Wir haben immer gesagt: Das ist eine Entscheidung der Selbstverwaltung“, so der ehemalige Vorsitzende der Vertreterversammlung Dr. Michael Späth. „Die Vertre-terversammlung ist der Souverän. Es geht um viel Geld, und ich bin froh, dass wir zu einer einstimmigen Ent-scheidung gekommen sind.“

»Scha�ung eines Wertobjekts«

Dr. Eckhard von Bock, Vorsitzender des Finanzausschusses der KV Hamburg, über �nanzielle Belastungen und Risiken, die sich aus dem Neubau-Projekt ergeben.

Welche finanziellen Kon-sequenzen hat der Neubau für die KV-Mitglieder? Der Verwaltungskosten-beitrag wird durch den Neubau voraussichtlich um 0,15 bis 0,2 Prozentpunkte steigen. Eine Sanierung des jetzigen Verwaltungsge-bäudes, die in den letzten Jahren aufgeschoben wur-de, hätte aber ebenso zu einer Erhöhung geführt.

Wie wollen Sie vermeiden, dass die Baukosten explodieren? Wir vergeben den Neubau an einen General-unternehmer, der das Preisrisiko übernimmt. Er hat Gesamtkosten für den Neubau von 37,6 Millionen Euro ermittelt mit einer in der jetzigen Planungsphase bestehenden Unwägbarkeit von fünf Prozent nach oben oder nach unten. Wenn wir als Bauherren bei exakter Vorplanung zu ei-nem späteren Zeitpunkt keine Änderungen mehr verlangen, ist das die endgültige Bausumme. Eine wichtige Entscheidung war außerdem, uns externen Sachverstand zu holen: Peter Rehaag als unser juristischer Berater und Olaf Schindel als architektonischer Berater stehen uns auch weiterhin in der Planungsphase und Bauphase zur Verfügung.

Wem gehört das Ärztehaus? Das neue Ärztehaus gehört – ebenso wie das Grundstück – den Hamburger Ärzten. Anders als bei Mietzahlungen wird durch die Investition in einen Neubau ein Wertobjekt geschaªen. Wenn es die KV eines Tages nicht mehr geben sollte, könnten Haus und Grundstück verkauft werden.

Dr. Eckhard von BockVorsitzender des Finanzausschusses der KV Hamburg