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Rudolf Andorka Einfiihrung in die soziologische Gesellschaftsanalyse

Rudolf Andorka

Einfuhrung in die soziologische Gesellschaftsanal yse Ein Studienbuch zur ungarischen Gesellschaft im europaischen Vergleich

Leske + Budrich, Opladen 2001

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Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

ISBN 978-3-8100-2548-7 ISBN 978-3-322-92300-4 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-92300-4

Gedruckt auf saurefreiem und alterungsbestiindigem Papier.

© 2001 Leske + Budrich, Opladen

Das Werk einschlieBlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschiitzt. Jede Verwertung auBer­halb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fUr VervielfaItigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Satz: Leske + Budrich

Inhalt

Vorwort des Autors ............................................................................................. 19

Vorwort der Editoren ......................................................................................... 27

Kapitell Die Wissenschaft der Soziologie ................................................................. 31

Die Wissenschaft der Soziologie ......................................................................... 31

Sozialstruktur, Institutionen, Kultur ................................................................... 33

Die Herausbildung der Sozialwissenschaften .................................................... 34

Gegenstand, Methode und grundlegende Sichtweise der Soziologie ................. 36

Das Menschenbild der Soziologie ...................................................................... 37

Vom moglichen Nutzen der Soziologie ............................................................... 38

Die geseUschaftlichen RoUen des Soziologen ..................................................... 40

Soziologische Forschung und politisches Handeln ............................................ 41

Die Objektivitiit der soziologischen Forschung ................................................. 42

ZusammenJassung .... .................. ......................................... ...................... ......... 45

Fragen zur Diskussion ........................................................................................ 46

Grundbegriffe und Fachausdriicke ..................................................................... 46

Kapitel2 Geschichte der Soziologie ........................................................................... 47

Die Vorliiufer ...................................................................................................... 48

Die Griindungsviiter ........................................................................................... 51

Die Zeitgenossen der Klassiker .......................................................................... 65

Die Soziologie zwischen den Weltkriegen .......................................................... 69

Ansiitze der Soziologie nach dem Zweiten Weltkrieg ......................................... 73

Neue theoretische Orientierungen in den BOer und 90er lahren ....................... 85

5

ZusammenJassung .............................................................................................. 92

Fragen zur Diskussion ... ................................................... .................................. 94

Grundbegriffe und Fachausdriicke ..................................................................... 95

Kapitel3 Soziale Ungleichheit nnd Armnt .............................................................. 97

Grundbegriffe . ........................... ......................................................................... 97 Gleichheit - soziale Ungleichheit ....................................................................... 98 Leistungs- und Verteilungsgerechtigkeit ...................... ...................................... 98 Armut .................................................................................................................. 98

M ethoden .. ....... .............................................. ..... ...... ..................................... ..... 100 Erhebung des Haushaltseinkommens ........ ........ ................................................. 100 Haushaltspanel .................................................................................................... 100 Existenzrninimum ............... ............................................ ................................. ... 100 Einkommensdezile . ............................................................................................ 103

Theorien ............................................................................................................. 103 Kriterien fur annehmbare soziale Ungleichheit ...... .................................... ........ 103 Soziale Ungleichheit in der Geschichte .................. ............................................ 105 Ursachen fur soziale Ungleichheit und Armut ................................................... 105

Internationale Tendenzen ................................................................................... 106 Armut in den EntwicklungsHindem .............................. ...................................... 107 Armut in den fortgeschrittenen Uindem ............................................................ 109

Die Lage in Ungarn ............................................................................................ 112 Armut vor 1945 .................................................. ................................................ 112 Armut und soziale Ungleichheit in der Zeit des Sozialismus ............................. 112 Armut und soziale Ungleichheit seit der Wende ................................................ 116 Wer sind die Armen? .......................................................................................... 117

Sozialpolitik .......................... .............................................................................. 120 Der Ausbau des Wohlfahrtsstaates ..................................................................... 120 Diskussionen uber den Wohlfahrtsstaat ............................................................. 121 Das ungarische Wohlfahrtssystem ...................................................................... 122

ZusammenJassung ....... .................... .... ....... ............................. ........................... 123

Fragen zur Diskussion ........................................................................................ 124

Grundbegriffe und Fachausdriicke ..................................................................... 124

6

Kapitel4 Sozialstruktur und soziale Schichtung ..................................... .......... ... 125

Grundbegriffe ..................................................................................................... 126 Sozialstruktur, Status und Rolle ......................................................................... 126 Soziale Schichtung ............................................................................................. 127 Soziale Klasse, Schicht, Statusgruppe, Elite ...................................................... 127 Methoden ............................................................................................................ 128 Die Survey-Methode .......................................................................................... 128 Methode der Selbsteinordnung, Prestigeuntersuchungen und

soziookonomischer Status ............................................................................ 129

Theorien ................... ................................... ......... ........... ..................... ............... 130 Harmonie-, Konflikt-, Tausch- und Zwangstheorien ......................................... 130 Konservative und radikale Theorien ................................................................... 131 Theoretische Grundlagen der Analyse der Sozialstruktur .................................. 133 Mehrdimensionale Theorien der Sozialstruktur ................................................. 135 Okonomisches Kapital, kulturelles Kapital, soziales Kapital ............................. 136 Machttheorien ..................................................................................................... 137 Neomarxistische Theorien der Sozialstruktur .................................................... 137 Prestige, soziale Lage und soziales Milieu ......................................................... 139 Auswirkungen der sozialen Lage auf Leben und Einstellungen des

Individuums ................................................................................................. 140 Die Anzahl der sozialen Kategorien ................................ ... ..................... ........... 141

Internationale Tendenzen ................................................................................... 143 Der Wandel der Sozialstruktur .................................................... .................. ..... 144 Die "Verbiirgerlichung der Arbeiterklasse" und das "Aussterben der Klassen" 144

Die Lage in Ungarn ............................................................................................ 146 Sozialstruktur zwischen den beiden Weltkriegen ............................................... 146 "Zwei Klassen und eine Schicht" ....................................................................... 148 Schichtungsuntersuchungen ................................. ...... .... ..................... ............... 149 Theoretische Modelle .. ........................................... ..... .... ................... ........... ..... 156 Zunahme der Unterschiede im Lebensstandard und im Einkommen nach

der Wende .................................................................................................... 158

Sozialpolitik ........................................................................................................ 161

ZusammenJassung . ...................... ...... ....................................................... .......... 161

Fragen zur Diskussion ........................................................................................ 163

Grundbegriffe und Fachausdriicke ..................................................................... 163

7

KapitelS Stadt und Land ............................................................................................. 165

Grundbegriffe ..................................................................................................... 166 Stadt und Gemeinde ..... ...................... .......... ... .... ............ ............ ........... ............ 166 Sonstige Fonnen ................................................................................................. 167 Urbanisierung und Verstadterung ....................................................................... 167 Suburbanisierung, Segregation, Slum, Invasion, Sukzession, Filtering-down ... 167

Theorien . ........... ............. ............................................... ......................... .......... ... 168 Urbanisierung ..................................................................................................... 168 Unterschiede zwischen stlidtischer und dorflicher Lebensweise ........................ 169 Sozialokologische Theorien ............................. .............. ......... ....... ...... ........... ... 170 Internationale Tendenzen ................................................................................... 173 Urbanisierungstendenzen ................................................................................... 173 Segregation und Slumbildung in GroBstadten .................................................... 174 Soziale Beziehungen und psychische Gesundheit .............................................. 174

Die Lage in Ungarn ............................................................................................ 175 Verzogerte Stlidteentwicklung ............................................................................ 175 Gehofte (tanyak:) ................................................................................................. 177 Siedlungsnetz ohne Stadte ............... ..... .............................. ..................... ........... 177 Unterschiede in den Lebensverhaltnissen ........................................................... 180 Regionale Unterschiede . ................. ..................... ........................... ............ ........ 181 Sozialokologische Zonen in Budapest ................................................................ 182 Wohnverhaltnisse ............................................................................................... 183

Sozialpolitik . ............. .................. ......................... ............. ...................... ............ 185 Stadt- und Regionalentwicklung ........................................................................ 185 Wohnungspolitik, speziell in Ungam ................................................................. 188

ZusammenJassung ....... ............................... .............................. ................. ......... 188

Fragen zur Diskussion .. ....... ..................... .............................. ................... ......... 189

Grundbegriffe und Fachausdrucke ..................................................................... 190

Kapitel6 Soziale und regionale Mobilitat ........................... ........... ........... ........... ... 191

Grundbegriffe ..................................................................................................... 192 Soziale Mobilitat ......... ...................... ................................... .................. ............. 192 Offene und geschlossene Gesellschaften .. ........................... .... ................ ........... 193 Regionale Mobilitat ............................................................................................ 194 Standige BevOlkerung und Wohnbevolkerung ................................................... 194 Pendeln, intemationale Migration, Migrationsbilanz ............. ................ ............ 195

Methoden ............................................................................................................ 195 Das ISA-Paradigma ............................................................................................ 196 Die Rate der insgesamt Mobilen. Strukturelle und zirkulare Mobilitat ..... ......... 197

8

Das Stratifikationsparadigma und die Pfadanalyse ............................. ............... 198 Das loglineare Paradigma ................................................................................... 201

Theorien .. ......... ..................................................................... ........ ...................... 203 Auswirkung der Gesellschaftssysteme auf die Mobilitiit .................. ................. 203 Auswirkung struktureller Faktoren auf die Mobilitiit ........................... .............. 204 "Der amerikanische Traum" ............................................................................... 205 Mobilitiit in postindustriellen Gesellschaften ............................................................... 205 Umgebung oder Vererbung ................................................................................ 205 MobiliUit in sozialistischen Gesellschaften ......................................................... 206 Soziale Auswirkungen der MobiliUit .. ..... ........................................................... 206 Mobilitiit und soziale Ungleichheit ................................................... .................. 207 Der Mensch als wanderndes Wesen .................................................... ............... 208 Die Theorie des Ubergangs der raumlichen Mobilitat ............................ ........... 209 Die Theorie des Ubergangs der internationalen Migration . ... ............................ 210

Internationale Tendenzen ................................................................................... 211 Historische Untersuchungen ............................................................................... 211 Internationale Vergleiche ................................................................................... 211 Auswirkung der Schulbildung auf die Mobilitat ................................................ 213 Binnenwanderung ............................................................................................... 214 Internationale Migration ..................................................................................... 214

Die Lage in Ungarn ......... ........................................................ ......... .................. 216 Historische Forschungen .................................................................................... 216 Intergenerationelle Mobilitat ............................................................................. 217 Schichtspezifische soziale Mobilitat ................................................................... 218 Ungleiche Chancen zur Mobilitat ....................................................................... 221 Mobilitat in Ungarn und internationale Tendenzen ............................................ 222 Intragenerationelle Mobilitat und Elitenwechsel ...................................... .......... 223 Binnenwanderung ............................................................................................... 225 Internationale Migration . ....................................... .... ......... .... ...... ............ ...... .... 227

Sozialpolitik ...... ....... .......................... .... ............................................. ................ 228

ZusammenJassung ..... ........................ ................................................................. 230

Fragen zur Diskussion .. ........................... ... .......... ....... ....................................... 231

Grundbegriffe und Fachausdriicke ..................................................................... 231

Kapitel7 BevOikerung, demographische Prozesse und medizinische Versorgung ........................................................................... 233

Grundbegriffe .. ............. ................................ .......... .......... .................................. 233 Demographie ...................................................................................................... 233 Fertilitat, Mortalitat, Reproduktion und Morbiditat ...... ...................................... 235

9

Methoden ............................................................................................................ 235 Geburten ..................... .... .................................................................................... 236 Mortalitat und Sterbetafel ................................................................................... 237 Sauglingssterblichkeit und nattirliches Bevolkerungswachstum ........................ 238

Theorien . .............................................................................................. ............... 239 Theorie des demographischen Ubergangs .......................................................... 239 Okonomische und soziologische Theorien der Fertilitat .......... .......................... 241

Intemationale Tendenzen ................................................................................... 244 Bevolkerungszahl ............... ................................................................................ 244 Mortalitat ... ........... ............... .............................................. ................................. 245 Fertilitat .............................................................................................................. 247

Die Lage in Ungam ............................................................ ...................... .......... 250 Bevolkerungszahl .................. ............................................. ................................ 250 Mortalitat ...... ........... ............ ............................................ ........................ ........ ... 252 Fertilitat ........ ....................... ... ......................................... ............................... .... 259 Sozialpolitik .................. .............................. ....... ............................. ............ ........ 262

ZusammenJassung ........... ............................................. ...................................... 264

Fragen zur Diskussion ...... .................................................................................. 265

Grundbegriffe und Fachausdriicke ..................................................................... 266

KapitelS Spezifische demographische Gruppen: Frauen, alte Menschen, Jugend und Kinder ....................................... 267

Grundbegriffe ... ............................. ..... .................................. .... .... ............. ......... 268 Abgrenzung des Alters .................. ...... ... ............................................................ 268 Grenzen der Jugend ..... .................... ....... .................................. ................. ......... 269 Kindheit und Pubertat ................................................................................ ......... 269

Theorien ...................................................................... ........................................ 270 Griinde fur Unterschiede zwischen den Geschlechtem ...................................... 270 Arbeitsteilung zwischen Mannem und Frauen ................................................... 271 Phasen im Lebenszyklus des Individuums ...... ............................ ....................... 272 Trennung und Verlangerung der Lebensphasen vor und nach dem

Erwachsenenalter ........... ......................................... ..................................... 273

Intemationale Tendenzen ................................................................................... 273 Benachteiligung der Frauen in verschiedenen Landem ..................................... 273 Probleme der Rentensysteme .............................................................................. 275 Probleme der Jugend .......................................................................................... 276 Relative Verarmung der Kinder in den reichen Landem ................................... 278

Die Lage in Ungam ............................................................................................ 278 Frauen ................................................................................................................. 278 Alte Menschen ................................................................ .................................... 281

10

Jugend ................................................................................................................. 284 Postadoleszenz in Ungam ................................................................................... 289 Kinder ................................................................................................................. 290

Sozialpolitik ........................................................................................................ 291 Moglichkeiten zur Verringerung der Benachteiligung der Frauen ..................... 291 Probleme des ungarischen Rentensystems ......................................................... 292 Familienpolitik .................................................................................................... 293

ZusammenJassung .. ............................ .... ..... ........ .......... .................... ............. .... 295

Fragen zur Diskussion ........................................................................................ 296

Grundbegriffe und Fachausdrucke ..................................................................... 296

Kapitel9 Nation, ethnische Gruppen, Minderheiten ........................................... 297

Grundbegriffe ..................................................................................................... 298 Art, Rasse ........................................................................................................... 298 Nation ................................................................................................................. 299 Nationale und religiose Minderheiten, ethnische Gruppen ................................ 300 Rassismus, Ethnozentrismus, Nationalismus ..................................................... 301 Vorurteile, Stereotype, Diskriminierung ............................................................ 302

Theorien ......... .......... .................................. ......................................... ..... ........... 302 Die Herausbildung des NationalbewuBtseins ..................................................... 302 Griinde fi.ir die Herausbildung des aggressiven Nationalismus .......................... 303

Internationale Tendenzen ................................................................................... 304 Die Lage der Schwarzen in den Vereinigten Staaten ......................................... 304 Die multikulturelle Gesellschaft .......................................... .... ....................... .... 305 Die autoritare Personlichkeit .............................................................................. 305

Die Lage in Ungarn ............................................................................................ 307 Das NationalbewuBtsein in Ungam .................................................................... 307 Die Lage der Roma-Minderheit .......................................................................... 308 Die jiidische Minderheit und der Antisemitismus .............. ...... ................ .......... 310

Gesellschaftspolitik ............................................................................................. 312

ZusammenJassung ... .................. .... ..... ......................................... ................. ...... 312

Fragen zur Diskussion ........................................................................................ 313

Grundbegriffe und Fachausdrucke ..................................................................... 313

11

KapitellO Familie ............................................................................................................. 315

Grundbegriffe ..................................................................................................... 315 Institution, Rolle .......... ....... ................................... ............................ ... ......... .... 315 Gruppe ................................................................................................................ 316 Familie, Kemfamilie, Haushalt .......................................................................... 317 Eheformen ..... ............ .............................................. ......................... .............. .... 318

Theorien .............................................................................................................. 320 Evolutionstheoretische Vorstellungen zur Entwicklung der Familie ................. 320 Geschichtlicher Wandel der Haushalte in Europa .............................................. 321 Funktionen der Familie ....................................................................................... 322 Geschichtlicher Wandel von Liebe und Sexualitat ............................................. 323 Der Kampf urn die Familie ................................................................................. 324 Die Position der Kinder in der Familie ............................................................... 325 Die Beziehungen zwischen Erwachsenen und ihren betagten Eltem ................. 325 Internationale Tendenzen ................................................................................... 326

Die Lage in Ungam ............................................................................................ 329 HaushaltsgroBe und Haushaltstypen ................................................................... 329 EheschlieBung ..................................................................................................... 330 Scheidung ........................................................................................................... 331 Nichteheliche Geburten ...................................................................................... 332 Veranderungen in der Familienentwicklung ...................................................... 332 Partnerwahl ......................................................................................................... 333 Veranderung der Farnilienfunktionen ................................................................. 334 Normativer Kontext der Farnilie ......................................................................... 335

Gesellschaftspolitik ............................................................................................. 336

ZusammenJassung .............................................................................................. 337

Fragen zur Diskussion ........................................................................................ 338

Grundbegriffe und Fachausdriicke ..................................................................... 338

Kapitelll Bildung ............................................................................................................ 339

Grundbegriffe ..................................................................................................... 340 Bildung, Erziehung, Integration in die Gesellschaft ........................................... 340 Humankapital ........... ....................... ... ..................................... .................. ......... 340

Theorien .............................................................................................................. 340 Die Rolle der Schule ............. .... ....................... ................... ................... .......... ... 340 Kulturelles Kapital und Sprachfertigkeiten .................... .................... ............ .... 343 Vererbung ... ........ .............. ................. ........ .............. ... ...................... .......... ........ 344 Die meritokratische Gesellschaft . ...... .... ........................ ...................... ......... ...... 346

12

Intemationale Tendenzen ................................................................................... 347 Anstieg der Bildungsbeteiligung ........................................................................ 347 Auswirkungen der Schulbildung auf den beruflichen Status ............................. 347

Die Lage in Ungam ..... .......................... ...................... ............................ ........... 349 Der Bildungsgrad der ungarischen Bevolkerung ................................................ 349 Schulbildung und soziale Lage .. ......................................................................... 351 Die Lage nicht bildungsbeteiligter Personen ......................................... ............. 354 Die Sonderschulen . ..................... ... ........ .................................................. ........... 355

Sozialpolitik ........... ................. ...... ........ .... ... ......................................... .............. 356

Zusammenfassung ............................................................................... ............... 359

Fragen zur Diskussion ......... .................................................................. ............. 360

Grundbegriffe und Fachausdriicke ..................................................................... 360

Kapitel12 Wirtschaft ................... ....................................................................... ............. 361

Grundbegriffe ..... ................................................................................... ............. 362 Das Verhiiltnis von Wirtschaftswissenschaft und Wirtschaftssoziologie ........... 362 Informelle Wirtschaft, Zweite Wirtschaft, Schattenwirtschaft und

Schwarzarbeit ............. ................................................................. ................. 364 Organisation, Institution, Btirokratie .................................................................. 365

Theorien ........ ............ ................ ...... ...................... ... ... ............................ ............ 366 Motive der Akteure des Wirtschaftslebens ......................................................... 366 Wirtschaftsmechanismen: ReziproziUit, Redistribution, Markt ............. ............. 368 Diskussion tiber die sozialistische Wirtschaft ............... ............................ ......... 369 Die "Revolution der Manager" ...................................... .... ............................ ..... 369 Biirokratische Organisationen ............................................................................ 370 Soziale Schranken des Wirtschaftswachstums ................................................... 371

Intemationale Tendenzen ................................................................................... 372 Wissenschaftliche Arbeitsorganisation und Human-Relations-Ansatz .............. 372 Mechanisierung und Automatisierung ................................................. ............... 373 Autonome Arbeitsgruppen ................................................................................. 374 Der Arbeitsmarkt ................................................................................................ 375 Arbeitslosigkeit ................................................................................................... 375 Die informelle Wirtschaft ................................................................................... 376

Die Lage in Ungam ...... .................................. ..... ......... ... ...... ..................... ........ 377 Betriebs- und arbeitssoziologische Untersuchungen .......................................... 377 Die Zweite Wirtschaft ........................................................................................ 379 Wirtschaftliche Arbeitsgruppen in Unternehmen ............................................... 381 Die Privatisierung ............................................................................................... 382 Die neue Wirtschaftselite und die Privatunternehmer ........................................ 383

13

Arbeitslosigkeit ................................................................................................... 384 Die Anpassung der Haushalte an wirtschaftliche Schwierigkeiten .................... 385

Gesellschaftspolitik ............................................................................................. 386

ZusammenJassung .............................................................................................. 387

Fragen zur Diskussion ........................................................................................ 388

Grundbegriffe und Fachausdriicke ..................................................................... 388

Kapitel13 Staat, Regierung, Politik ............................................................................ 389

Grundbegriffe ..................................................................................................... 389 Staat, Regierung, Politik ..................................................................................... 390 Macht und Herrschaft ......................................................................................... 390 Traditionale, charismatische und rational-legale Herrschaft .............................. 391 Demokratie, Totalitarismus, Autoritarismus ...................................................... 391 Parteien, pressure groups, soziale Bewegungen ................................................. 393 Zivilgesellschaft .................................................................................................. 394 Sozialstaat ........................................................................................................... 395

Theorien .............................................................................................................. 395 Der Staat ............................................................................................................. 395 Der Nationalstaat ................................................................................................ 396 Demokratie und wirtschaftliche Entwicklung .......... ........................ .................. 397 Politische Kultur ................................................................................................. 397 Totalitarismustheorien ........................................................................................ 398 Demokratie und Marktwirtschaft ........................................................................ 399

Internationale Tendenzen ................................................................................... 400 Verbreitung der Demokratie ..................... ........................... ............................... 400 Untersttitzung der Parteien ................................................................................. 401 Politikverdrossenheit .......................................................................................... 402 Kommunale Machtverhaltnisse .................... ............................ .......................... 402 Sozialleistungen .................................................... ......................... ............ ......... 403

Die Lage in Ungarn ............................................................................................ 404 Untersttitzung von Marktwirtschaft und Demokratie ......................................... 404 Zusammensetzung der Wahlerschaft der Parteien ...... ...................... .................. 405 Die Offentliche Meinung tiber Sozialleistungen .......... ........................ .......... ..... 410

Sozialpolitik ........................................................................................................ 411

ZusammenJassung ....... ............................................ .......................... ......... ........ 412

Fragen zur Diskussion ........................................................................................ 413

Grundbegriffe und Fachausdriicke ..................................................................... 413

14

Kapitel14 Lebensfiihrung .............................................................................................. 415

Grundbegriffe .......................................................................................................... 417

Methoden ............................................................................................................ 418 Zeitbudget ... ..... ............ ....... ........... .......... ........................ ....................... ................. 418 Haushaltsstatistik ..................................................................................................... 418 Beobachtung und Lebensgeschichte ............... ....................................... ............ ..... 419

Theorien ................................................................................................................... 420 Rolle der Lebensfiihrung bei Max Weber .............................................................. 420 Demonstrativer Konsum ...................... .... ..................... .................. .... ....... ............. 420 Soziologie der Zeitverwendung .............................................................................. 420 Lebensfiihrung der Arbeiter und Kultur der Armut ............................................... 421 Praxis und Habitus bei Bourdieu .. ...... .... ......... ................ .......... .... ......... ................ 422 Soziale Milieus ........................................................................................................ 423 Intemationale Tendenzen ........................................................................................ 424 Die Zunahme der Freizeit ....................................................................................... 424 Zeitbudgetstudien .................................................................................................... 426 Sonstige Untersuchungen ....... ............ .... ..................... .................... .................... ... 426

Die Lage in Ungam .. ......... ....................... ....................... ................ ........... ....... ..... 427 Zeitbudgetstudien ................... ..................... .......... ............................... ......... .......... 427 Nebentatigkeiten ..................................................................................................... 429 Tendenzen in den 90er Jahren ............................................................................................ 431 Unterschiede in der Lebensftihrung von Frauen und Mlinnem ............................. 433 Unterschiede in der Lebensftihrung der verschiedenen Gesellschaftsschichten ... 433 Verbreitung von Lebensstilen ......................... ...... ...... ...... .... ............... ......... .......... 434 Lebensfiihrung der Armen und der Roma .............................................................. 436

Gesellschaftspolitik ..... ....... ........... .... ...... ............................... .......... ......... ......... ..... 437

ZusammenJassung ................................................................................................... 438

Fragen zur Diskussion ............................................................................................ 439

Grundbegriffe und Fachausdriicke ......................................................................... 439

Kapitel15 Kultur, Werte und Normen, Sozialisation ............................................ 441

Grundbegriffe ..................................................................................................... 441 Kultur, Subkultur, kultureller Pluralismus .......................................................... 442 Normen ............................................................................................................... 443 Werte .................................................................................................................. 444 Sozialisation, Rolle und Status ........................................................................... 445 Lebensqualitat ..................................................................................................... 447 Spezielle Soziologien der Kultur ........................................................................ 447

15

Theorien .. ............ ............. ............................................... .................. ... .......... ..... 448 Wechselwirkungen zwischen okonomischer Basis und Kultur ........... ........... .... 448 Theorien des Wertewandels ............................................................................... 448 Dilemmata der Erziehung ........ ..................... ..... ..... ................. ............ ............... 449 Die drei Dimensionen der Lebensqualitat ......... .... ............................... .............. 449

Internationale Tendenzen ................................................................................... 450 Wertewandel. Untersuchungen Ingleharts .... .......... ... .......................... ............... 450 EinfluBfaktoren auf die Sozialisation ................................................................. 452 Untersuchung der Lebensqualitat ................................... ............ ............ ............ 454

Die Lage in Ungarn ............................................................................................ 454 Vorherrschaft traditionaler Werte ................................ ...... ............ .......... ........... 454 Normen und Lebensqualitat in der ungarischen Gesellschaft ............................ 458 Lesen von Btichem und Femsehen ..................................................................... 459

Sozialpolitik ........................................................................................................ 460

ZusammenJassung ..... .............................................. ... ......................... ........... .... 460

Fragen zur Diskussion ........................................................................................ 461

Grundbegriffe und Fachausdriicke ..................................................................... 461

Kapitel16 Deviantes Verhalten 463

Grundbegriffe ..................................................................................................... 464 Deviantes Verhalten ............... ..... ................................................ ............... ......... 464

Methoden ............................................................................................................ 465 Statistische Kennziffem ............. .................................................... ............ ......... 465 Erhebungen bei Opfem ................. ................................................... ............ ....... 466 Methoden zur Schatzung des Alkoholismus .................................... ........... ....... 466 Epidemiologische Untersuchungen .................................................................... 467

Theorien .............................................................................................................. 468 Funktionen und Dysfunktionen devianten Verhaltens ......................... .......... .... 468 Merkmale soziologischer Theorien .................................................................... 469 Biologische Theorien .......................................................................................... 470 Psychologische Theorien .................................................................................... 470 Storungen der Sozialisation ................................................................................ 472 Erklarung der Kriminalitat nach der Theorie der rationalen Wahl ..................... 472 Kulturelle Theorien ............................................................................................ 473 Anomietheorien .................................................................................................. 474 Etikettierungstheorie (labeling approach) ........................................................... 477

Internationale Tendenzen ................................................................................... 478 Selbstmord .......................................................................................................... 478 Kriminalitat ......................................................................................................... 478

16

Alkoholismus ...................................................................................................... 479 Drogenkonsum ................................................................................................... 480 Geisteskrankheiten ............. .................... .... ......... ................................... ............ 481

Die Lage in Ungarn ...... ............. .......................... ...... ......................... ................ 481 Selbstmord ....... ................ ............................................... ... ................. ................ 482 Kriminalitat .. ............. ......................................................................... ............. .... 482 Alkoholismus ...................................................................................................... 483 Drogenkonsum ................ ... ............... ... ..... ................. ............ .................. .......... 484 Geisteskrankheiten ..... .......... ... .............. ... ................ ............................ .............. 486 Ursachen fur deviantes Verhalten in Ungarn ..................................................... 487

Gesellschaftspolitik ......................................... ,................................................... 492

ZusammenJassung ...... ............... .......... ............................. ................... ............... 493

Fragen zur Diskussion .. .................................................................. .................... 494

Grundbegriffe und Fachausdriicke ..................................................................... 494

Kapitel17 Sozialer Wandel und Modernisierung ................................................... 495

Grundbegriffe ..................................................................................................... 496 Sozialer Wandel .... ................................... .... ....... ...................................... ... ....... 496 Wirtschaftswachstum, wirtschaftliche und soziale Entwicklung ......... .............. 497 W ohlfahrt, Lebensqualitat ... ......... ...... ....... ........ .................. .................... ........... 497 Wirtschafts- und Gesellschaftstypen .................................................................. 498 Modemisierung . ............... .................. .................................................. ............... 499 Zentrum und Peripherie ........ ... ........ .... ...... ......... ....................... .................. ....... 499

Theorien ... .......... ............... ............. .............. ........ ............... ................... ............. 500 Die Theorie von Rostow ... ......................... ............................................... .......... 500 Die Theorie der Industriegesellschaft ................................................................. 501 Die Modernisierungstheorie . ........................ ........................................ .............. 503 Die Zivilisationstheorie von Elias ...................................................................... 505 Dependenztheorie, Zentrum und Peripherie .................................... ... ................ 505 Neuere Modernisierungstheorie ......................................................................... 506 Revolutionstheorien ............... ......... ............................................ ... ................ ..... 508

Internationale Tendenzen ................................................................................... 510

Sozialer Wandel in Ungarn ................................................................................ 517 Versuche der Modernisierung 1825 bis 1945 ..................................................... 517 Der Zusammenbruch des sozialistischen Modernisierungsweges ....... ............... 518 Der Systemwechsel in Ungarn ........................................................................... 519 Lebensstandard ................................................................................................... 520 Sozialstruktur ...................................................................................................... 522 Humanvermogen ................................................................................................ 526

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Modernes BewuBtsein, Werte, Normen ............................................................. 528 Demokratie .......... ............................................................................................... 529

Sozialpolitik .......... ............ .................................................................................. 531

ZusammenJassung .............................................................................................. 532

Fragen zur Diskussion ........................................................................................ 533

Grundbegriffe und Fachausdrucke ..................................................................... 534

Literatur .......................................................................................................... 535

Sachregister . ...................... ............................... .............................................. 553

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Vorwort des Autors

Ich bin 1931 geboren, daher habe ich die schwerwiegenden sozialen Folgen des Zweiten Weltkrieges und des totalitaren sozialistischen Systems zunachst mit dem sich besinnenden BewuBtsein eines Jugendlichen, dann mit dem BewuBtsein eines Erwachsenen erlebt. Meine Familie und mein Leben wurden von diesen politischen Ereignissen unmittelbar beeinfluBt: Meinen Vater als einen Politiker mit burgerlich­liberaler Weltanschauung haben sowohl die Gestapo als auch das A VH (die kom­munistische Geheimpolizei) verhaftet. Er war im Konzentrationslager von Maut­hausen, er war im Gefangnis der bertichtigten Geheimpolizei, spater im Intemie­rungslager und dann wiederum im Gefangnis. Ich selbst wurde in das Dorf Bese­ny6szog im Komitat Szolnok deportiert und war Soldat im Arbeitsdienst. Bei der Revolution von 1956 bin ich mitmarschiert, dafUr wurde ich zu fUnf Monaten Haft verurteilt. Da die Politik mein Leben so tiefgreifend beeinfluBt hat, kann mein poli­tisches Engagement als logische Folge dieser Erfahrungen betrachtet werden.

Bis zum Systemwechsel blieb fUr mich die politische Lautbahn ein unerfullba­rer Traum. 1989 habe ich mich aber bewuBt dagegen entschieden, Politiker zu wer­den. Mein wissenschaftliches Interesse fUr politische und damit in Verbindung ste­hende soziale und wirtschaftliche Fragen resultierte aus meiner Vergangenheit und meiner politischen Einstellung. Den Beruf des Sozialwissenschaftlers habe ich mir so vorgestellt, daB dadurch die soziale Realitat erschlossen, die Gesellschaft aufge­klart wird und dadurch auch die Situation der ungarischen Gesellschaft verbessert werden kann.

Nachdem ich 1949 das Abitur abgelegt hatte, schien fur mich auch die wissen­schaftliche Laufbahn ein unerreichbarer Traum zu sein. Ich konnte nur als Hilfsar­beiter eine Stelle finden. Aber ich habe die Hoffnung nie aufgegeben, irgendwann einmal doch wissenschaftlich arbeiten zu konnen. 1m Herbst 1962 erhielt ich eine Teilzeitstelle in der Bibliothek des Zentralamtes fUr Statistik (KSH). Obwohl ich zuerst nur vier Stunden beschaftigt war, fUhlte ich doch, daB damit der erste Schritt in Richtung der ersehnten wissenschaftlichen Arbeit getan war.

Ich bereitete mich in den 50er Jahren nicht auf den Beruf des Soziologen vor. Eigentlich wuBte ich damals nicht einmal von der Existenz der soziologischen Wis­senschaft. Auch diese Tatsache charakterisiert gut die intellektuelle Uninformiert­heit, in der wir damals in Ungam lebten. Der Okonomieprofessor Istvan Varga so­wie einige Bucher, vor allem die Werke von Farkas Heller, Joseph Schumpeter und John Maynard Keynes, haben mein Interesse an der Okonomie geweckt. 1m

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Abendkurs der juristischen Universitat Mrte ich ein Semester lang demographische Vortrage von Istvan Varga. In der Bibliothek des Zentralamtes fUr Statistik stieB ich dann auf die ersten soziologischen Arbeiten aus dem Ausland und begann, sie grtindlicher zu studieren - auf den Rat von Ivan Szelenyi hin, der damals ebenfalls dort arbeitete. Ais ich 1963 Vollzeit-Mitarbeiter des Demographischen Forschungs­instituts des Zentralamts fUr Statistik wurde, konnte ich vor allem soziologische Themen wie Alkoholismus, soziale Mobilitat und die Lage der alten Menschen un­tersuchen. In dieser Zeit entwickelte sich auch meine wissenschaftliche Zusammen­arbeit und Freundschaft mit LaszlO Cseh-Szombathy, der ebenfalls dort arbeitete und der sich noch am 1949 aufgelosten Lehrstuhl ftir Soziologie von Professor Sandor Szalai eine gute soziologische Ausbildung erworben hatte. Mit dem immer intensiveren Studium der soziologischen Fachliteratur verstarkte sich in mir der Wunsch, Sozio loge zu werden. Nicht nur deswegen, weil die Soziologie am mei­sten zur Erkenntnis der sozialen, wirtschaftlichen und politischen Zusammenhange, also zum Verstehen der Gesellschaft beitragt, sondem gerade auch deshalb, weil sich die Soziologie ihrem Wesen nach auch den Armen, Unterdrtickten und Be­nachteiligten verpflichtet ftihlt, ein Anliegen, das man weder in der Okonomie noch in der Demographie finden kann. Warum war das fUr mich so wichtig?

Ich mochte drei Motive erwiihnen. Seit meiner Jugend wurde ich im christli­chen (evangelischen) Glauben erzogen und identifizierte mich mit dem entschlos­senen Eintreten fUr die Armen und Unterdrtickten. Zweitens hinterlieBen die elf Jahre meiner Deportation, die ich unter sehr armen Arbeitem und Bauem ver­brachte, in mir nachhaltige Eindrticke von den Armen und Unterdrtickten der unga­rischen Gesellschaft. Ich habe unter ihnen ehrliche, hart arbeitende, festen morali­schen Prinzipien folgende und fUreinander - und auch mir gegentiber - solidarische Menschen kennengelemt; mit einigen von ihnen bin ich bis heute befreundet. Nicht zuletzt waren meine Farnilie und auch ich arm, manchmal sogar sehr arm, und der Macht anderer ausgeliefert. So weiB ich nur zu gut, was es bedeutet, arm und unter­drtickt zu sein.

So war ich tief davon tiberzeugt, daB ein Soziologe viel ftir die objektive Er­schlieBung der sozialen Verhaltnisse tun kann. Wenn ich tiber meine Laufbahn nachdenke, wollte ich immer als Soziologe in Ungam leben und wirken, habe also nie an Emigration gedacht, obwohl ich viel im Ausland publiziert habe (und aus­landische Bekanntschaften mir einen gewissen Schutz in Ungam sicherten).

1m Rahmen meiner sozialwissenschaftlichen Tatigkeit - von 1962 bis 1983 im Zentralamt fUr Statistik, dann seit 1984 an der Wirtschaftsuniversitat Budapest -vertrat ich zwei soziologische Grundpositionen. Sie werden beim Lesen dieses Bu­ches unverkennbar sein, aber es ist dennoch sinnvoll, sie im voraus offen auszu­sprechen: Erstens war ich kein Marxist. Weder das oben erwiihnte intellektuelle Milieu noch meine seit 1970 entstandenen wissenschaftlichen Beziehungen und Freunde im Ausland haben mich angeregt, mich in diese Richtung zu orientieren. Ich fUge aber hinzu, daB mich der amerikanische Strukturfunktionalismus ebenfalls nicht angezogen hat. Wenn ich mir geistesverwandte Denkansatze in der Soziologie benennen solI, kann ich auf Neo-Weberianer und die empirische Position verwei­sen. Die mir nahestehenden Soziologen verkntipfen meist die theoretische Orientie­rung in Anlehnung an Max Weber mit empirischer Arbeit. Diese nur vage angedeu-

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tete Richtung ist durch ihre vollkommen undogmatische Art und die Bereitschaft gekennzeichnet, ihre Auffassungen stets aufs Neue der Wirklichkeit anzupassen.

Auch wenn ich nie Marxist war, halte ich Marx fiir einen sehr wichtigen So­ziologen. Seine Begriffe und Perspektiven konnen nicht aus der heutigen Soziolo­gie verbannt werden, auch wenn sie gravierende Irrttimer enthalten. Max Weber ist auch in der gegenwartigen Soziologie aktuell. 1m Zentralamt fiir Statistik muBte ich mich in erster Linie mit "harten Daten" der Empirie beschaftigen. Das entsprach genau meinen V orstellungen. Von der Priori tat empirischer ErschlieBung der Welt bin ich auch heute tiberzeugt, obwohl ich in meinen Vorlesungen an der Universitat der Theorie notwendigerweise groBe Aufmerksamkeit widme. Letztere haben aber immer die Funktion, uns dabei zu helfen, gut formulierte Fragen fiir die empirische Forschung zu formulieren.

Das Schreiben von Lehrbtichern im allgemeinen und besonders von Einfiihrun­gen in die Soziologie erfreut sich in Kreisen von Soziologen keines besonders ho­hen Prestiges. Meine bisherigen Ausftihrungen machen aber vielleicht fiir den Leser verstandlich, warum ich dieses Lehrbuch doch als mein Hauptwerk betrachte. Ich halte es fiir wichtig, daB sich Soziologiestudenten wie auch Studierende anderer Fa­cher aus einem gut verstandlichen Buch soziologische Grundkenntnisse aneignen. Ich hoffe, daB Leser auch aus anderen Motiven dieses Buch in die Hand nehmen, z.B. aus dem Interesse heraus, von einem ungarischen Soziologen Informationen tiber die ungarische Gesellschaft und die Probleme ihrer Transformation zu erhal­ten. Dieses Lehrbuch ist das Ergebnis aus Erfahrungen einer mehr als 20 Jahre langen Lehrpraxis und geht auf mehrere verOffentlichte Versionen zuruck. In der ersten Halfte der 70er Jahre habe ich ein Semester lang Sozialstatistik an der Universitat fiir Geistes- und Sozialwissenschaften unterrichtet und ein Lehrbuch mit gleichna­migem Titel geschrieben. Diese Bezeichnung "Sozialstatistik" wurde aus unter­richtspolitischen Grunden gewahlt, doch kann dieses Buch bereits als eine Einfiih­rung in die Soziologie mit starker empirischer Orientierung bezeichnet werden (An­dorka 1973). Viele Jahre habe ich an der Freien Universitat fiir Interessenten aus verschiedenen Kreisen Einfiihrungsvorlesungen gehalten. Dieses Material ist, mit theoretischen Kapiteln erganzt, unter dem Titel Einfiihrung in die Soziologie er­schienen. Ais ich 1984 an die Wirtschaftsuniversitat kam, hielt ich die fiir alle Stu­denten obligatorische "Einfiihrung in die Soziologie". Das Material dazu habe ich zuerst 1990, dann 1992 in erweiterter Form in einem Lehrbuch Einfiihrung in die Soziologie zusammengefaBt (Andorka 1992). Bei der Neufassung hat nicht nur der Umfang des Buches zugenommen, es wurden nicht nur neue und aktuelle soziolo­gische Forschungsergebnisse aufgenommen, sondern es wurde auch urn die theore­tischen und international vergleichenden Teile erweitert.

Das vorliegende Buch entwickelt die fruhere Fassung wesentlich weiter. Die theoretischen Unterkapitel und das Kapitel tiber die Geschichte der Soziologie sind wesentlich ausfiihrlicher geworden. Vor allem enthalt diese abschlieBende Version auch die Ergebnisse der wichtigsten soziologischen Studien nach dem System­wechsel. Ich habe zwei vollig neue Kapitel tiber Ethnizitat und Nation bzw. tiber den sozialen Wandel und Modernisierung geschrieben. So umfaBt dieses Studien­buch - das Militar und den Krieg ausgenommen (sowie die Religion, Hinweis der

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Herausgeber) - genau den Kreis jener sozialen Phanomene, die z.B. in dem sehr ahnlichen Lehrbuch von Anthony Giddens, aber auch in zahlreichen anderen Lehr­btichern behandelt werden.

Bei der Abfassung dieses Buches - wie auch friiherer Versionen - habe ich mich weitgehend an ahnlichen auslandischen Lehrbtichern orientiert. An erster Stelle erwalme ich Giddens' Soziologie (1995), das ich schon vor der Ubersetzung ins Ungarische kannte. Zwischen diesem und meinem Buch gibt es neben zahlrei­chen Ahnlichkeiten in Inhalt und Positionierung einen grundlegenden Unterschied. Giddens und viele andere westliche Autoren beginnen ihre EinfUhrung in die So­ziologie mit mikrosoziologischen Phanomenen, erst danach beschaftigen sie sich mit Makrosoziologie. Mit anderen Worten: Sie beginnen die Darstellung der Ge­sellschaft mit ihrer Kultur und dem Verhalten von Individuen und beenden sie mit den Institutionen. Dieses Lehrbuch verfahrt umgekehrt, es geht von einer makroso­ziologischen Perspektive zu einer mikrosoziologischen tiber. Es geht von der Be­handlung der Sozialstruktur und der sozialen Ungleichheit aus und und schlieBt mit der Darstellung menschlichen Verhaltens und seiner kulturellen Uberformung. Die­se V orgehensweise ist darin begriindet, daB sich die Aufmerksarnkeit der ungari­schen Soziologie nach ihrer Wiedergeburt am Anfang der 60er Jahre zunachst den sozialen Strukturen zuwandte und sie ihre wichtigsten Ergebnisse in der Untersu­chung dieser Fragen erzielte. Erst spater verstarkte sich das Interesse fUr "Mikro­phanomene" und Phanomene der Kultur sowie Ideologie.

Trotz der Rezeption von Giddens habe ich versucht, dieser EinfUhrung in die soziologische Gesellschaftsanalyse eine eigene Pragung zu geben. Beide Lehrbti­cher erganzen sich deshalb sowohl in der Lehre wie auch im Studium. Mit Giddens kann man die Sicht eines westeuropaischen Soziologen kennenlernen, mit meinem Buch die Perspektive eines ungarischen Soziologen, die durch die besondere Ent­wick1ung der ungarischen Gesellschaft gepragt wird.

Bereits 1973 bei der Verfassung meines Lehrbuches und dann auch bei spateren Versionen habe ich mich stark auf die erstmals 1955 herausgegebene, dann immer wieder neu aufgelegte und erweiterte Soziologie von Leonard Broom und Philip Selznick (1968; Broom-Bonjean-Broom 1990) sowie auf zwei weniger bekannte amerikanische Lehrbticher von John M. Shephard (1981) sowie Eugene und Fran­chon Mead (1965) gesttitzt. Diese Werke konnte ich ich mir damals durch auslandi­sche Beziehungen bzw. wahrend meiner Reisen anschaffen.

Bei der Verarbeitung neuerer soziologischer Theorien und Forschungen leistete mir die Arbeit von Smelser (1994) groBe Dienste. Beim Verfassen anderer Kapitel, besonders tiber den sozialen Wandel, sttitzte ich mich auch auf die dreibandige Ein­fUhrung von Guy Rocher.

SchlieBlich waren fUr mich auch aufgrund von ahnlichen Erfahrungen, d.h. auf­grund von ahnlichen politischen und sozialen Verhaltnissen in Polen und Ungarn, die aufeinander folgenden Ausgaben eines polnischen Lehrbuches sehr aufschluB­reich (Dyoniziak et al. 1978, Dyoniziak et al. 1994). Dieses stellt - ahnlich wie mein Studienbuch - die Beschaftigung mit der damaligen polnischen Gesellschaft in den Mittelpunkt und kntipft daran die Darstellung der Theorien. Es geht ebenfalls von der Behandlung der Sozialstruktur aus und kommt abschlieBend zur Beschrei­bung und Erklarung des individuellen Verhaltens.

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Diesem Lehrbuch liegt die Auffassung zugrunde, daB Studenten, unabhlingig davon, ob sie Soziologie oder andere Hicher (z.B. an meiner Universitat Okono­mie) studieren, mit des sen Hilfe vor allem die heutige ungarische Gesellschaft, de­ren Strukturen und Probleme und ihre Entwicklungstendenzen kennenlemen sollen. Deswegen nimmt die Empirie der ungarischen Gesellschaft von heute bzw. der neueren Vergangenheit groBen Raum ein. Die vorgestellten empirischen For­schungsergebnisse sollen den Leser veranlassen, selbst dariiber nachzudenken und sie - vielleicht anders als in diesem Studienbuch - zu interpretieren. Mit anderen Worten: Studenten brauchen diese Angaben nicht im einzelnen zu lemen, aber sie sollen die GroBenordnung wichtiger Phlinomene kennen. Erwartet wird von Stu­denten vor allem die Einsicht in die durch solche Daten erschlossenen Probleme und Zusammenhlinge, mit den hier angebotenen Interpretationen und Wertungen mtissen sie nicht in jeder Hinsicht einverstanden sein. Nattirlich werden auch die Dozenten, die dieses Buch benutzen, nicht in allen Fragen mit meinen Erklarungen und Wertungen in bezug auf die ungarische Gesellschaft tibereinstimmen. Ein voll­kommenes EinversHindnis ist auch gar nicht erwtinscht. Die Soziologie muB auf dem Wege der Auseinandersetzung verschiedener Interpretationen und Standpunkte weiterentwickelt werden.

Zum besseren Verstandnis der Ereignisse in der heutigen ungarischen Gesell­schaft sind auch Erkenntnisse tiber soziologische Studien aus anderen und vor al­lem aus entwickelten westlichen Gesellschaften hilfreich. Die dort und in Ungam beobachteten Phlinomene und Tendenzen sind in vieler Hinsicht einander ahnlich. In solchen Hillen ist es gut zu wissen, daB es sich nicht urn eine spezifisch ungari­sche Erscheinung, sondem urn einen allgemeineren Trend handelt, der auch in Un­gam beobachtet werden kann. Noch interessanter als solche strukturellen Ahnlich­keiten sind aber die in Ungam beobachteten Eigenarten (z.B. die steigende Sterb­lichkeitsrate bei Mannem und die sehr hohe Selbstmordrate), die fUr andere moder­ne Gesellschaften nicht charakteristisch sind. Das ErschlieBen der fUr Ungam spezi­fischen Ursachen kann nicht nur fUr die ungarische, sondem auch fUr die intema­tionale Soziologie zu wichtigen Ergebnissen fUhren.

Soziologische Untersuchungen sind eng mit praktischen Anliegen der politi­schen Akteure verkntipft, die sich die Bekampfung sozialer Probleme (z.B. der Ar­mut oder des Alkoholismus) zum Ziel setzen. Deswegen verweise ich am Ende der Kapitel3-16 darauf, wie die behandelten Probleme politisch zu beeinflussen sind.

Die Soziologie kann nicht bei der Beschreibung und Analyse der Daten stehen­bleiben, sie muB versuchen, die Ergebnisse in einem theoretischen Rahmen zu er­klaren. Neben der zusammenfassenden Erklarung konkreter empirischer Untersu­chungen fallt der Theorie die Bedeutung zu, fUr zuktinftige empirische Untersu­chungen Fragen zu formulieren. Deswegen behandle ich in den Kapiteln 3-16 zu­erst die theoretischen Fragen zum Gegenstand der einzelnen Kapitel, dann verschie­dene Theorien, die zur Erklarung ausgearbeitet wurden, und erst danach stelle ich die konkreten intemationalen und ungarischen Entwicklungen vor. Ich versuche immer, mehrere, oft kontrlire, theoretische Ansatze darzustellen. Damit mochte ich zum Ausdruck bringen, daB die Soziologie Theorien nicht als letzte Wahrheiten be­handelt, sondem als Versuche bei der Erklarung einer sozialen Tatsache. Wir kon­nen durch empirische Untersuchungen beurteilen, welche Theorie der Realitat am

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nachsten kommt. 1m allgemeinen gebe ich auch an, welche Theorie ich fUr die Er­kliirung der beschriebenen Zusammenhllnge fUr besonders geeignet halte. Ich mochte aber die Leser dazu veranlassen, selbst dariiber nachzudenken, welcher Theorie der Vorzug gegeben werden solI. Urn ein kritisches Denken uber die refe­rierten Forschungsergebnisse anzuregen, habe ich jeweils am Kapitelende Diskus­sionsfragen formuliert.

Die Kapitel 1 und 2 ("Die Wissenschaft der Soziologie" und "Geschichte der Soziologie") wurden auf Anregungen meiner Kollegen am Lehrstuhl fUr Soziologie hin wiederholt erweitert. Das Kapitel zur "Theoriegeschichte" ist auch in der vor­liegenden Form nur skizzenhaft. 1m ersten Kapitel stelle ich die Fragen, die nicht nur uns Soziologen in Ungarn, sondern Soziologen weltweit intensiv beschliftigen, weil sie sich darauf beziehen, wie man Soziologie betreiben solI.

Bei der Entstehung eines so umfangreichen Buches, das seit den ersten Jahren meiner wissenschaftlichen Lautbahn fortwlihrend in immer neuen Versionen wei­terentwickelt wurde, spielen die Kollegen und Freunde eine groBe Rolle, mit denen ich zusammenarbeitete und Untersuchungsergebnisse, soziale Phllnomene oder frii­here Versionen immer wieder diskutierte. Durch diesen Gedankenaustausch habe ich in diesem Buch sehr viel profitiert. 1m folgenden erwlihne ich die, denen ich vielleicht am meisten verpflichtet bin.

Die wissenschaftliche Zusammenarbeit und Freundschaft mit LaszlO Cseh­Szombathy war von den ersten Monaten meiner wissenschaftlichen Lautbahn an bis zum heutigen Tage sehr intensiv. In einigen Perioden war fUr mich der Austausch mit IVlin Szelenyi besonders wichtig, wenn auch die Zusammenarbeit ofter unter­brochen werden muBte. In der Erkenntnis der psychologischen Aspekte der sozialen Welt hat Bela Buda groBen EinfluB auf mich ausgeubt. Seit Anfang der 80er Jahre gibt es eine fruchtbare Zusammenarbeit insbesondere mit Tamas Kolosi.

Was die lange Zeit meiner Tatigkeit im Zentralamt fUr Statistik angeht, halte ich meine Zusammenarbeit mit Istvan Harcsa fur besonders wichtig. Wir haben viele Untersuchungen gemeinsam durchgefuhrt, haben an vielen Buchern gemein­sam mitgearbeitet, und dariiber hinaus war fur mich seine griindliche empirische Kenntnis der Wirklichkeit sehr hilfreich. Am Lehrstuhl fur Soziologie der Wirt­schaftsuniversitat Budapest war die Forschungsarbeit intensiv. Grundlegende so­ziologische Fragen haben Ferenc Gazso und Gyorgy Lengyel mit mir diskutiert. Bei der Untersuchung abweichender Verhaltensformen habe ich mit Zsuzsa Elekes, bei der Untersuchung der Armut mit Marta Gyenei und bei Studien uber Werte mit Janos Balazs zusammengearbeitet. Zwei friihere SchUler von mir, meine spateren Kollegen Istvan Gyorgy Toth und Zsolt Spider, wurden in den 90er Jahren zu wichtigen und engen Mitarbeitern und Mitverfassern. Ich mochte ihnen allen fur ih­re Hilfe danken, ihre Untersuchungsergebnisse und Ideen finden sich in diesem Buch wieder. Sie sonen nicht uberrascht sein, wenn sie in bestimmten Formulierun­gen ihre eigenen Gedanken wiedererkennen, die sie vor Jahren dem Verfasser mit­teilten.

Zuletzt mochte ich meine Familie erwlihnen. Ein besonderer Dank gebuhrt al­len Mitgliedern der Familie, da sie geduldig ertragen haben, daB ich sehr viel Zeit mit der Soziologie bzw. mit diesem Buch verbracht habe. Vielleicht noch wichtiger ist, meinen Familienmitgliedern dafUr Dank auszusprechen, weil ich in Diskussio-

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nen mit ihnen tiber die ungarische Gesellschaft sehr viel gelernt habe. Ihre Ansich­ten tibten einen wesentlichen EinfluB auf meine Sicht des Lebens und der Gesell­schaft aus.

Dieses Buch hatte nicht zustandekommen konnen ohne die tiberaus sorgfliltige Redaktionsarbeit von Janos Gyurgyak, die ihn fast zum Mitverfasser macht, sowie ohne die sehr sorgfliltige Arbeit von Frau Ilona Mohacsi-Pethes, die den Text mehrmals abschrieb und korrigierte, sowie von Rita Hegedus, die den Text redi­gierte. Ihnen allen mochte ich fUr die tiberaus gro8e Hilfe bei der Verfassung des Buches danken.

(Anmerkung der Editoren: Dieses Vorwort wurde sprachlich uberarbeitet und leicht gekurzt).

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Vorwort der Editoren

Mit Rudolf Andorka, der 1997 in seinem 67. Lebensjahr verstarb, verlor die ungari­sche Soziologie eine international bekannte Personlichkeit und einen ihrer profilier­testen Vertreter. Rudolf Andorka war mit der deutschen Soziologie auf das engste verbunden. Er bereicherte die Sozialwissenschaften durch seine Konzeption einer empirischen Soziologie in der Tradition von Max Weber und seine europaisch­komparativen Analysen der ungarischen Gesellschaft. "Dieser hier nur andeutungs­weise skizzierte Ansatz ist durch seine undogmatische Art und durch seine Bereit­schaft gekennzeichnet, seine Auffassungen stets aufs Neue unter der Beweislast empirischer Befunde zu andern" (Rudolf Andorka). Dieser Satz markiert zugleich das Programm eines Sozialwissenschaftlers, der die Soziologie schon unter den Be­dingungen des kommunistischen Systems in Ungarn in der Lehre und der For­schung zur Geltung bringen wollte.

Rudolf Andorka hinterlaBt ein Werk, das er unmittelbar vor seinem Tod als schwerkranker Mann vollendete. Er bezeiehnet es als "Einftihrung in die Soziolo­gie". Es ist jedoch nicht nur eine EinfUhrung in das soziologische Denken und in die soziologische Gesellschaftsanalyse, es ist zugleieh ein Nachschlagewerk tiber die und eine theoriegeleitete sozialwissenschaftliehe Analyse der ungarischen Ge­sellschaft. Bei der Beschreibung der Strukturen und des Wandels der ungarischen Gesellschaft im europaischen Vergleieh prasentiert er zahlreiehe Ergebnisse demo­graphischer, sozialwissenschaftlicher und wirtschaftswissenschaftlicher Forschung in Ungarn. Andorka, der sich als Vertreter einer empirischen Konzeption der Ver­stehenden Soziologie Max Webers begriffen hat, fUhrt den Leser mit diesem Buch zugleieh in die wichtigsten neueren soziologischen Theorien ein. Dabei geht er von einer klar erkennbaren eigenstandigen Position aus, die fUr die Bewertung dieser Theorien neue Akzente setzt. Zugleich wird der Leser mit der Geschiehte der So­ziologie und mit Theorien soziologischer Klassiker vertraut gemacht.

Doch liegt der Schwerpunkt auf der theoriegeleiteten empirischen Gesell­schaftsanalyse. Hier gibt das Buch einen ausgezeichneten Uberblick tiber die Struk­tur und den sozialen Wandel der ungarischen Gesellschaft. Die Lage in Ungarn wird dem deutschsprachigen Leser beispielhaft fUr viele mittel- und osteuropaische Lander nahegebracht. Auch wenn dieses Buch sieher nicht die im deutschsprachi­gen Raum schon vorhandenen EinfUhrungen in die Soziologie ersetzen kann, kann es sie doch mit dieser Perspektive auf den Vergleich von Ost- und Westeuropa er­ganzen. In dieser Perspektive werden - auch dies ist eine Besonderheit dieser Ein-

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ftihrung - neben den sonst gangigen Theorien der westlichen Soziologie auch sol­che Theorien beschrieben, die bis zur Wende von 1989 als "marxistische Soziolo­gie" in den mittel- und osteuropiiischen Liindem galten.

Das Buch stellt Ergebnisse aus 40jahriger empirischer Forschung in Ungarn dar und deutet sie theoretisch. Dies ermoglicht tiefe und differenzierte Einblicke in die Sozialstruktur und Kultur einer mitteleuropaischen Gesellschaft - Einblicke, die westlichen Lesem bisher nicht moglich waren und die zugleich im zusammenwach­senden Europas eine neue Bedeutung erfahren. Denn mit der Integration von mittel­und osteuropaischen Nationen in die Europaische Union werden fundierte Kennt­nisse tiber diese Gesellschaften immer wichtiger.

In diesem Buch werden die einzelnen Dimensionen der Sozialstruktur und Kultur der ungarischen Gesellschaft stets im Vergleich mit westeuropaischen Ge­sellschaften beschrieben und erklart. Dies zeichnet diese EinfUhrung in die Sozio­logie gegentiber vorliegenden EinfUhrungen (wie z.B. der von Giddens) aus, dies war ausschlaggebend fUr unsere Entscheidung, die Schrift auch deutschen Lesern zuganglich zu machen.

Aus dem ungarischen Original wurde das Kapitel "Methoden" nicht tibersetzt, da bereits zahlreiche VerOffentlichungen in deutscher Sprache zu diesem Thema vorliegen. Dieses Kapitel faBt zwar die aktuelle Literatur gut zusammen, es ist aber keine Erganzung zu vorhandenen Lehrbtichern. Ebenfalls nicht tibersetzt wurde aus ahnlichen Grunden das Kapitel tiber "Religion". In dieser deutschen Ausgabe ent­flillt auch der Anhang, in dem soziologische Forschungsstatten und Zeitschriften in Ungam beschrieben werden. Diese Informationen sind eher an ungarische Leser adressiert. Auch auf die Ubersetzung der Erlauterung soziologischer Grundbegriffe in einem eigenen Verzeichnis wurde verzichtet, da hierzu mehrere deutsche Nach­schlagewerke vorliegen.

Die Kapitel dieses Buchs sind fUr den Leser klar nachvollziehbar nach dem gleichen Muster aufgebaut: Der Autor beschreibt zunachst die Grundbegriffe, da­nach die fUr den Gegenstandsbereich relevanten Methoden und Theorien. An­schlieBend stellt er die intemationalen Entwicklungstrends des jeweiligen sozialen Phanomens in ausgewahlten westlichen GeseHschaften dar, darunter vor aHem in Deutschland und den USA. Am Ende jedes Kapitels legt der Autor die Lage in Un­gam auf Grundlage der ungarischen Sozialforschung dar. Diese Systematik im Ori­ginal wird in der deutschen Fassung nur in einem Punkt "durchbrochen": In einigen Kapiteln wurde auf die Beschreibung der fUr den jeweiligen Bereich relevanten Methoden verzichtet, urn den doch erheblichen Gesamtumfang zu ktirzen. Dies ge­schah nur dann, wenn die folgenden inhaltlichen Darstellungen ohne die gesonderte Erlauterung der Methoden verstandlich blieben.

Bei den einzelnen Phasen der Ubersetzung und Redaktion haben mehrere Per­sonen mitgewirkt. Eine erste Ubersetzung des ungarischen Textes erfolgte unter der Federftihrung von Dr. Zsolt Speder durch Dr. Laszl6 Bodolai, Bela Kerekgylirt6, Henrik Lenard; Maria Manherz und Eniko Rabl. Diese Ubersetzungen wurden un­ter der Regie des Lehrstuhls fUr Soziologie I der Otto-Friedrich-Universitat Bam­berg intensiv fachlich und sprachlich tiberarbeitet. Daran haben mitgewirkt: Ste­phan Baas, Daniel Becker, Sandra Binner, Winnie Schultz, Sarah Heinemann, Katja Kliih, Heide Land, Detlev Ltick, Maria Pfister, Maria Rammelsberger, Daniel

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Ritz, Dr. Marina Rupp, Angelika Schacht, Doris Weber, Dr. Carsten Wipperrnann. Susanne Heidenreich hat den sprachlichen Feinschliff besorgt. Die letzte fachlich ausgerichtete redaktionelle Bearbeitung hatte Dipl.-Soz. Detlev Luck ubernommen.

Trotz dieser Bemuhungen, dem deutschsprachigen Leser eine fremde Sprache und ihre spezifischen kulturellen Deutungen zuglinglich zu machen, durch Uberset­zung, Ersetzung und ErUiuterung von fur den deutschen Leser schwer verstlindli­chen Begriffen und Anpassung der ungarischen Terminologie an deutsche bzw. moderne internationale soziologische Standards, bleiben die Sprachverwendung und Stil des Autors fur den deutschen Leser klar erkennbar. Genau diese Balance zwischen Bewahrung der Authenzitat und Hilfen zur besseren Verstlindlichkeit ver­standen wir als Maxime un serer Editionsarbeit.

Wir danken allen herzlich, die uns dabei geholfen haben, flir ihren gro8en Ein­satz. Dank gebuhrt auch dem Ungarischen Kultusrninisterium, der "Gemeinnutzi­gen GmbH Frankfurt '99" Budapest, der Andorka-Rudolf-Sozialwissenschaftli­chen-Gesellschaft und der "Orszagos Tudomanyos Kutatasi Alap (OTKA)", die die Herausgabe dieses Buches finanziell gefOrdert haben.

Prof Dr. Manfred Garhammer Dr. Zsolt Speder

Prof Dr. Laszlo A. Vaskovics

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