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Rudolf de Cillia Generationsspezifischer / Altersspezifischer Sprachgebrauch in der österreichischen Varietät des Deutschen Ergebnisse aus einem Forschungsprojekt zum österreichischen Deutsch als Unterrichts- und Bildungssprache FWF-Projekt Nr. P23913–G18 Rudolf de Cillia, Jutta Ransmayr, Elisabeth Ilona Fink http://oesterreichisches-deutsch.bildungssprache.univie.ac.at/

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Rudolf de Cillia Generationsspezifischer / Altersspezifischer

Sprachgebrauch in der österreichischen Varietät des Deutschen

Ergebnisse aus einem Forschungsprojekt zum österreichischen Deutsch

als Unterrichts- und Bildungssprache

FWF-Projekt Nr. P23913–G18

Rudolf de Cillia, Jutta Ransmayr, Elisabeth Ilona Fink http://oesterreichisches-deutsch.bildungssprache.univie.ac.at/

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Das österreichische Deutsch als Unterrichts- und Bildungssprache

• Forschungsprojekt „Österreichisches Deutsch als Unterrichts- und Bildungssprache“ FWF-Projekt Nr. P23913–G18 (September 2012-Mai 2015)

• Theoretisch positioniert in der Theorie der plurizentrischen Sprachen

• Untersucht: – die Rolle der österreichischen Standardvarietät der deutschen

Sprache im schulischen Kontext

– das Wissen über die Plurizentrik des Deutschen und das ÖD unter Deutschlehrenden in Österreich

– an welchen Konzepten von Sprachnorm sich österreichische LehrerInnen/SchülerInnen orientieren (plurizentrisch/monozentrisch)

– die Einstellungen österreichischer LehrerInnen/SchülerInnen gegenüber dem ÖD

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Forschungsfragen (Auswahl)

• Welche Rolle spielt ÖD im Deutschunterricht (in Lehrplänen, Lehrbüchern, bei der Ausbildung für Deutsch-LehrerInnen etc.)?

• Wie wird die Variation des Deutschen in Österreich thematisiert? • Wie sind die Einstellungen der LehrerInnen/SchülerInnen

gegenüber dem ÖD? • Wie konzeptualisieren LehrerInnen/SchülerInnen die sprachliche

Variation in Österreich?

• Wie werden nach dem Kodex als „Austriazismen“ bzw. „Deutschlandismen“ qualifizierte sprachliche Merkmale nach Selbstauskunft der Befragten verwendet?

• Gibt es Zusammenhänge mit sprachexternen Variablen?

• Z.B. Gibt es alters-/ generationsspezifische; regionale/ areale Unterschiede im Sprachgebrauch (Selbstauskunft der ProbandInnen)?

• Wenn ja, wie erklären sich das die Befragten?

Das österreichische Deutsch als Unterrichts- und Bildungssprache

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Forschungsdesign

Datensätze

Befragung

Befunde zu alters-/ generationsspezifischem Sprachgebrauch

Resumé

Das österreichische Deutsch als Unterrichts- und Bildungssprache

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Forschungsdesign

Das österreichische Deutsch als Unterrichts- und Bildungssprache

• Daten- und Methodentriangulation Datenerhebung

• Quellenstudium

• Qualitative und quantitative Methoden der Befragung

• Teilnehmende Unterrichtsbeobachtung

Datenmaterial

• Statistische Auswertung (SPSS)

• Inhaltliche und diskursanalytische/ gesprächsanalytische Interpretation

Datenauswertung

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Datensätze: Lehrpläne: Volksschule, Sekundarstufe I und II Studienpläne: (LehrerInnenausbildung Deutsch) der Universitäten und Pädagogischen Hochschulen Deutschlehrbücher: Grundstufe, Sekundarstufe I und II

Fragebögen: SchülerInnen (Sek. II), n=1253 LehrerInnen (GS, Sek. I+II), n=164 alle Bundesländer Interviews: 21 mit LehrerInnen aller Schultypen aller Bundesländer

Gruppendiskussionen: 1 LehrerInnengruppe, 1 SchülerInnengruppe Teilnehmende Beobachtung: 7 Schulklassen

Das österreichische Deutsch als Unterrichts- und Bildungssprache

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Befunde

aus der Befragung:

Fragebogenerhebung, Gruppendiskussionen

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Ergebnisse der Fragebogenerhebung

• Erhebung unter 1253 SchülerInnen der AHS Oberstufe an 27 Schulen in ganz Österreich (2-4 Schulen pro Bundesland), davon 85,3% mit Deutsch als Muttersprache, 3,4% BKS, 2,5% Türkisch und 8,8% andere

• sowie unter 164 LehrerInnen verschiedener Schultypen (VS, HS/NMS, AHS Sekundarstufe I und II, BHS) aus allen Bundesländern

• Fragebogen mit 65 Fragen (LN) bzw. 47 Fragen (SN)

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Beschreibung der Stichprobe: LehrerInnen

Das österreichische Deutsch als Unterrichts- und Bildungssprache

20,7

79,3

Geschlecht in %

männlich

weiblich

13,5

16

30,7

39,9

Alter der befragten LehrerInnen in %

22-31 Jahre

32-41 Jahre

42-51 Jahre

52-63 Jahre

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Beschreibung der Stichprobe: SchülerInnen

Das österreichische Deutsch als Unterrichts- und Bildungssprache

42,4

57,6

Geschlecht in %

männlich

weiblich16,4

22

27,2

19,2

9,6

5,6

Alter der befragten SchülerInnen in %

13-14 Jahre

15 Jahre

16 Jahre

17 Jahre

18 Jahre

19 Jahre und älter

Schulstufe der befragten SchülerInnen: Sekundarstufe II

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6 Glauben Sie, dass es ein österreichisches Standarddeutsch (Hochdeutsch) gibt? ⃝ ja ⃝ nein ⃝ weiß nicht

Konzeptualisierung der sprachlichen Variation in Österreich

Das österreichische Deutsch als Unterrichts- und Bildungssprache

80,5

12,8

6,7

% LehrerInnen

ja

nein

weiß nicht 59,4 24

16,6

% SchülerInnen

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Präferenz von Varianten in Beispielsätzen

Das österreichische Deutsch als Unterrichts- und Bildungssprache

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Präferenz von Varianten in Beispielsätzen

30 Beispielsätze im Fragebogen, die Wahlmöglichkeiten zwischen je zwei Varianten (Austriazismen/Deutschlandismen) enthalten:

– Wahlmöglichkeiten beinhalten u.a.: lexikalische Varianten, z.B. der Junge/der Bub, Hilfsverb im Perfekt, Artikelgebrauch, Gebrauch von Präpositionen, Genus, Fugenmorpheme etc.

– Referenzwerke: Variantenwörterbuch, ÖWB, Ebner (2009)

Auswertung nach:

Häufigkeiten der gewählten Varianten (LehrerInnen/ SchülerInnen)

Unterschiede der bevorzugten Varianten nach verschiedenen Variablen, z.B. Alter, „bis 21 Jahre vs. ab 41 Jahre alt“

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Bitte lesen Sie die folgenden Sätze und unterstreichen Sie den Ausdruck, den Sie selbst in einem schriftlichen Text eher verwenden würden. Bitte unterstreichen Sie immer nur 1 Ausdruck, außer im ersten Satz, der sich auf mündlichen Sprachgebrauch bezieht und in dem Sie mehrere Ausdrücke unterstreichen können, wenn Sie sie gleichermaßen verwenden würden:

1. Ich drehe mich noch schnell um und sage „Tschüss!“/ „Baba!“/ „Pfiati!“ / „Ciao!“ / „Servus!“ zu meinen Freunden, bevor ich gehe.

2. Nach dem Aufstehen trinke ich gerne ein Cola/eine Cola, um wach zu werden.

3. Zum Geburtstag bekam der Junge/der Bub endlich seine ersehnte Modelleisenbahn.

4. Hausgemachtes Haselnusseis schmeckt sehr gut/ist sehr lecker.

5. Der Andreas/Andreas steht immer rechtzeitig auf, seit er in die Schule/zur Schule geht.

6. Sie wünschte, sie hätte immer einen Einser/eine Eins in Englisch.

…………

Das österreichische Deutsch als Unterrichts- und Bildungssprache

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Antwortverhalten LehrerInnen/ SchülerInnen Prozentsatz der durchschnittlich gewählten Varianten

61,2

38,8

46

54

0

10

20

30

40

50

60

70

% Austriazismen gewählt % Deutschlandismen gewählt

LehrerInnen

SchülerInnen

Das österreichische Deutsch als Unterrichts- und Bildungssprache

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Verwendung von Deutschlandismen und Austriazismen nach

Alter (LehrerInnen und SchülerInnen)

46

55 54

63 65

54

45 46

37 35

0

10

20

30

40

50

60

70

13-21 Jahre 22-31 Jahre 32-41 Jahre 42-51 Jahre 52-63 Jahre

Mittelwert gewählter Varianten nach Alter

% Austriazismen

% Deutschlandismen

signifikant nach Kruskal Wallis

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Antwortverhalten „Generationen“: bis 21 Jahre versus über 41 Jahre alt

Prozentsatz der durchschnittlich gewählten Varianten

63,82

36,18

45,86

54,14

0

10

20

30

40

50

60

70

% Austriazismen gewählt % Deutschlandismen gewählt

% ab 41 Jahre alt

% bis 21 Jahre alt

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Am häufigsten gewählte Deutschlandismen: Unterschiede LehrerInnen/SchülerInnen

21,5 34,6

42,5

56,8 60,2 52,6

68,8 82,2 79

91

0

20

40

60

80

100

eine Cola der Junge eine Email Pickel die SMS

% LehrerInnen% SchülerInnen

Eine Cola (D) – ein Cola (A) Der Junge – der Bub Eine Email – ein Email Pickel – Wimmerl Die SMS – das SMS

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Am häufigsten gewählte Austriazismen: Unterschiede LehrerInnen/SchülerInnen

Das österreichische Deutsch als Unterrichts- und Bildungssprache

96,9 97 84

95,7 90,2 89,4 89 81,5

81,6

64,7

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

Jänner bin gestanden Schweinsbraten schmeckt sehrgut

10 dag

% LehrerInnen

% SchülerInnen

Jänner (A) – Januar (D) Bin gestanden – habe gestanden Schweinsbraten – Schweinebraten Schmeckt sehr gut – ist sehr lecker 10 dag – 100g

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von LehrerInnen/SchülerInnen gewählte Abschiedsgrußformel

59,5

21,5

31,3

23,3

49,7

79,3

10,4 10,1

31,5

22,1

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

TSCHÜSS BABA PFIATI CIAO SERVUS

% LehrerInnen

% SchülerInnen

Das österreichische Deutsch als Unterrichts- und Bildungssprache

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gewählte Abschiedsgrußformel „Generationen“

50,8

20,8

35

25

60

79,7

10,1 10,1

31,3

21,7

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

TSCHÜSS BABA PFIATI CIAO SERVUS

% ab 41 Jahre alt

% bis 21 Jahre alt

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Mögliche Erklärungen

Für altersspezifische Sprachverwendung und Tendenzen zum Varietätenwechsel in der Literatur finden sich bei Ebner (2008, 13), bei Muhr (2003, 123) sie weisen auf das Medienangebot und –verhalten hin, oder bei Pfrehm 2010.

“[d]ieses bei uns meist so bezeichnete ‘Norddeutsch’ findet vor allem in den überregionalen Medien seinen Niederschlag und wirkt auch in hohem Maß auf den Sprachgebrauch in Österreich ein. […] Da zudem fremdsprachige Filme in aller Regel in Norddeutschland synchronisiert werden, wirkt der Einfluss des dadurch verbreiteten Norddeutschen sehr stark auf Kinder und Jugendliche” (Ebner 2008: 12).

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Daten aus Gruppendiskussionen

• 2 GD wurden (eine mit LehrerInnen in Graz, eine mit SchülerInnen in Wien) nach ersten Befunden der FB-Erhebung durchgeführt.

• Zweck der beiden GD war es u.a. eine Art kommunikative Validierung der ersten Ergebnisse zu erhalten und damit die Interpretation der Daten aus dem FB und Dokumentenanalyse zu ergänzen bzw. zu triangulieren.

• Eine Frage: Was glauben Sie, warum sich die LehrerInnen und SchülerInnen im Sprachgebrauch so stark voneinander unterscheiden? Entspricht das auch Ihren Erfahrungen? Wie erklären Sie sich diese Unterschiede?

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ProbandInnen zu Ursachen des unterschiedlichen Sprachverhaltens

„Die sind ja ganz a andere Altersgruppe. […..] Wir, wir Lehrerinnen und Lehrer, wir sind auf jeden Fall wesentlich älter und ham [haben]diese, diese Sozialisationsfaktoren und diese medialen Einflüsse, ah, nicht in dieser […..], in der Zeit, äh, erfahren, als die uns geprägt hätten, möglicherweise. […..] Also, I denk die vielen/ der, der Fernsehkonsum und die vielen Deutsch synchronisierten Fernsehsendungen.“ (F8)

Bestätigung durch F3 („genau, genau, genau“)

(Gruppendiskussion LehrerInnen 2014)

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(1) „Ja ich bin auch der Meinung, dass es vom Alter her abhängt und ähm und diese Begriffe dass wir das weniger verwenden und dass viele Schüler in unserem Alter mehr dazu tendieren, deutsches Deutsch zu verwenden aufgrund dessen, weil wir viel mehr deutsches Fernsehen haben und sowas hatte die Generation/größtenteils die Generation unserer Lehrer nicht. “ (Gruppendiskussion SchülerInnen, F2)

(2) „Es hängt voll also von der Generation ab“ (M3) (3) „Ich glaub, das hat auch mit‘n Alter einfach zu

tun, dass Jüngere jetzt schon doch mehr übernehmen von den Deutschen“ (F 3)

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TV-Konsum und Verwendung von Deutschlandismen und Austriazismen nach Selbsteinschätzung

0

2

4

6

8

10

12

14

16

18

nurösterreichische

Kanäle

nur deutscheKanäle

gemischte Kanäle nuranderssprachige

Kanäle

Mittelwert von SchülerInnen gewählter Varianten nach TV Kanälen (aktuell)

Deutschlandismen

Austriazismen

signifikant nach Kruskal Wallis

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Zusammenfassung

Variantenwahl bei Befragung im Projekt „Das österreichische Deutsch als Unterrichts- und Bildungssprache“ (Selbstauskunft) ):

LehrerInnen wählen durchschnittlich mehr Austriazismen als Deutschlandismen.

SchülerInnen wählen durchschnittlich mehr Deutschlandismen als Austriazismen.

Teilt man die LehrInnen in Altersgruppen ein, zeigt sich: „Je älter, desto tendenziell weniger Deutschlandismen und mehr Austriazismen werden gewählt“.

Konstruiert man eine „Kinder-“und eine „Eltern-/ Großelterngeneration“ (bis 21 – über 41 Jahre alt), so zeigt sich generationspezifisches Sprachverhalten

Das österreichische Deutsch als Unterrichts- und Bildungssprache

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Die Daten weisen auch in die Richtung, dass eine Ursache für unterschiedliches Verhalten von LehrerInnen und SchülerInnen und altersspezifisches Sprachverhalten der Medienkonsum ist.

Andere Faktoren sind natürlich wirksam wie Spracheinstellungen/ Sprachloyalität, Verhalten von Laien vs. ExpertInnen (LehrerInnen als Sprachnormautoritäten).

Offene Fragen: Basis/ Gültigkeit des Kodex

Präskriptive Norm vs. Gebrauchsnorm

Adäquatheit der plurizentrischen Konzeptualisierung

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Unsere Daten können als Tendenzen zum Varietätenwechsel unter dem Einfluss von Sprachkontakt interpretiert werden.

Dass diese mit den Generationen zusammenhängen, darauf weisen auch Befunde aus den Gruppendiskussionen hin, denen zufolge Eltern und Großeltern die Verwendung von Deutschlandismen bei Kindern korrigieren/ sanktionieren:

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Konflikte zwischen den Generationen

(1) Also ich hab immer Probleme g‘habt, wenn ich lecker gesagt habe. Mein Opa hasst das. Lecker. Schmeckt gut. Schmeckt gut. Und er sagt, das darf ich nicht sagen. ‚Wir sind nicht in Deutschland‘, das sagt er.“ (GD SchülerInnen, F11)

(2) Also ich war mit (XX) essen und unsere Deutschlehrerin hat uns beigebracht, man sagt weder Tomate noch Kartoffel. Wirklich, die hat gesagt, das sagt man nicht. Paradeiser und Erdäpfel.“ (F2)

(3) „Ich weiß nur, da war ich kleiner noch, da war ich mit meiner Mutter einmal beim Arzt und hab ich dann auch irgendwann gsagt ‚Tschüss‘. Und dann hat meine Mama gsagt/ nein mit meiner Oma war ich, und die hat dann auch gsagt, ‚du darfst jetzt aber nicht Tschüss zu dem Herren sagen ,da musst du schon Auf Wiedersehen sagen, weil das is ja unhöflich“ (F 4)

Das österreichische Deutsch als Unterrichts- und Bildungssprache

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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Literatur Ebner, Jakob. Duden: Österreichisches Deutsch. Mannheim: Duden Verlag, 2008. Muhr, Rudolf. "Language Change via Satellite: The influence of German television broadcasting on Austrian German." Journal of Historical Pragmatics 4.1 (2003): 103-27. Pfrehm, James (2010): The Role of Age in Austrians' Perceptions of the Frequency of Use and Likeability of Lexical Teutonisms and Austriacisms. Folia Sociolinguistica 44/2 (2010): 439–470. Wodak, Ruth / de Cillia, Rudolf /Reisigl, Martin /Liebhart, Karin /Hofstätter, Klaus /Kargl Maria (1998): Zur diskursiven Konstruktion nationaler Identität. Frankfurt/Main: Suhrkamp.

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1 Wie sehen Sie Deutsch? Zutreffendes bitte ankreuzen: Ich betrachte Deutsch als ⃝ einheitliche Sprache mit einer einzigen standardsprachlichen (hochdeutschen) Form, die in allen

deutschsprachigen Ländern gilt. ⃝ Sprache mit Unterschieden in der Standardsprache (im Hochdeutschen) zwischen den einzelnen Ländern.

10,4%

89,6%

LehrerInnen

einheitliche Sprache mit einereinzigen standardsprachlichenForm, die in allendeutschsprachigen Ländern gilt

Sprache mit Unterschieden in derStandardsprache zwischen deneinzelnen Ländern

Konzeptualisierung der sprachlichen Variation in Österreich

Das österreichische Deutsch als Unterrichts- und Bildungssprache

20,8%

79,2%

SchülerInnen

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Reizwort Tschüss

(1) “je älter i wer[de] desto stärker: stört mi des muaß i sogn [muss ich sagen] und i: bin do: gonz nationalistisch i würd sogn i würds [ich würde sagen ich würde es] aus der österreichischen Sprache (entfernen).” (GD 1995 Kärnten; Wodak, de Cillia et al 1998)

(2) „Na, mich stört‘s viel mehr, wenn sich jemand darüber aufregt, dass irgendwer Tschüss sagt. Mein Opa […..] wenn irgendwer zu ihm Tschüss sagt, dann sagt er, das/ das heißt ned Tschüss, oder irgend so was. Das regt mich auf, weil man soll sich verabschieden können, wie man will.“ (GD 2005, M 5, de Cillia/ Wodak 2009)

(3) „Ja, mein Vater regt sich auch auf. Ja, mein Vater sagt das auch immer. Ja, er sagt immer das kann/ kannst zu Deinen Freundinnen sagen, aber nicht zu mir.“ (GD 2005, F3)

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Das österreichische Deutsch als Unterrichts- und Bildungssprache

43,9%

69,5%

47,6%

70,2%

72,5%

20,5%

0 20 40 60 80

die verschiedenen DIALEKTE inÖsterreich

das, was man in Österreich imAlltag spricht (UMGANGSSPRACHE)

das, was man in österreichischenTV- und RADIONACHRICHTEN

spricht

Was ist Ihrer Meinung nach österreichisches Deutsch?

SchülerInnen

LehrerInnen

onzeptualisierung der sprachlichen Variation in Österreich

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Je älter die Lehrperson, desto häufiger wurden Deutschlandismen unterwellt:

signifikant nach Kruskal Wallis

Das österreichische Deutsch als Unterrichts- und Bildungssprache

16,2

23,1

29,9 31

13,6 13,3 14,2 12,8

0

5

10

15

20

25

30

35

22-31 Jahre 32-41 Jahre 42-51 Jahre 52-63 Jahre

durchschnittlich unterwellt nach Variable Alter

% Deutschlandismen

% Austriazismen

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Am häufigsten gewählte Deutschlandismen: Unterschiede „Generationen“

17,5 29,2

42,4 49,2

59,3 52,6

68,8 82,2 78,9

90,9

0

20

40

60

80

100

eine Cola der Junge eine Email Pickel die SMS

% ab 41 Jahre alt% bis 21 Jahre alt

Eine Cola (D) – ein Cola (A) Der Junge – der Bub Eine Email – ein Email Pickel – Wimmerl Die SMS – das SMS

Das österreichische Deutsch als Unterrichts- und Bildungssprache

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Am häufigsten gewählte Austriazismen: Unterschiede „Generationen“

Das österreichische Deutsch als Unterrichts- und Bildungssprache

97,5 97,5 87,5 97,5 95 89,4 88,9 81,5 81,4

64,6

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

Jänner bin gestanden Schweinsbraten schmeckt sehrgut

10 dag

% ab 41 Jahre alt

% bis 21 Jahre alt

Jänner (A) – Januar (D) Bin gestanden – habe gestanden Schweinsbraten – Schweinebraten Schmeckt sehr gut – ist sehr lecker 10 dag – 100g

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Zitat aus Gruppendiskussion mit SchülerInnen • (F1) „ Also grammatisch würd ich fast sagen, dass die Österreicher

inkorrekt sind, aber sonst eigentlich gar nicht.“

• (F3): Also ich stimm dem schon: teilweise zu, weil ichs einfach so seh, dass sich die Deutschen einfach mehr an das Geschriebene halten, für mich hörts sich halt so an. Und was die F1 schon gesagt hat, dass die Österreicher einfach so daherreden und nicht wirklich auf die Grammatik oder so etwas achten und das hab ich halt bei den Deutschen schon mehr das Gefühl dass sie mehr ähm wirklich nach der Schrift so reden

• (F9): )) Also ich stimm der F3 zu hundert Prozent zu, was ich noch sagen wollte, und zwar, weil du ja, M1 gsagt hast, ähm das is total/ das ist gar nicht korrekt, wenn man das t vergisst bei nicht, aber ich denk mir, was denkst du dir denn dann, wie wir reden? Weil wir lassen ja auch uroft irgendwelche Sachen aus oder schmeißen sie irgendwie zusammen ((Ko Gemurmel)) Oder treff ma sich, das is auch total falsch. Was sagst dazu? Das sind ja auch gravierende Fehler. ((lacht))

Das österreichische Deutsch als Unterrichts- und Bildungssprache

Einschätzung der Korrektheit des österreichischen Deutsch

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Das österreichische Deutsch als Unterrichts- und Bildungssprache

86

8,5 5,5

67,7

22,7

9,6

0

20

40

60

80

100

ja nein weiß nicht

LehrerInnen-SchülerInnen-Vergleich: Halten Sie das Standarddeutsch (Hochdeutsch), das in

Österreich verwendet wird, für genauso korrekt wie das in Deutschland?

% LehrerInnen

% SchülerInnen

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LehrerInnen-SchülerInnen-Vergleich

Das österreichische Deutsch als Unterrichts- und Bildungssprache

1,2

14,9

39,8 44,1

6,9

26,4

34,8 31,9

0

10

20

30

40

50

60

70

80

sehr stark stark wenig gar nicht

„Deutsches Deutsch ist korrekter als österreichisches Deutsch“ – Zustimmung:

% LehrerInnen

% SchülerInnen

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Das österreichische Deutsch als Unterrichts- und Bildungssprache

82,9

72,9

87,5

65

74,4

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

Tschüss - SchülerInnen

Ost

Südsüdost

Mitte

Tirol

Vorarlberg

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TV-Konsum und Verwendung von Deutschlandismen und Austriazismen nach Selbsteinschätzung

0

2

4

6

8

10

12

14

16

18

nurösterreichische

Kanäle

nur deutscheKanäle

gemischte Kanäle nuranderssprachige

Kanäle

Mittelwert von SchülerInnen gewählter Varianten nach TV Kanälen (Kindheit)

Deutschlandismen

Austriazismen

signifikant nach Kruskal Wallis

Das österreichische Deutsch als Unterrichts- und Bildungssprache

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Korrekturverhalten: Prozentsatz der korrigierten Austriazismen/ Deutschlandismen

signifikant nach Kruskal Wallis

Das österreichische Deutsch als Unterrichts- und Bildungssprache

16,2

23,1

29,9 31

13,6 13,3 14,2 12,8

0

5

10

15

20

25

30

35

22-31 Jahre 32-41 Jahre 42-51 Jahre 52-63 Jahre

durchschnittlich unterwellt nach Variable Alter

% Deutschlandismen

% Austriazismen

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Tschüss-Konzert

Das österreichische Deutsch als Unterrichts- und Bildungssprache