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Anthroposophiesche Meditationen zu den Sternkreiszeichen

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Rudolf Steiner

PlanetentanzZwölf Stimmungen

Meditationen zu den Sternkreiszeichen

Mit einleitenden Worten Rudolf Steinerszur ersten eurythmischen Darstellung

am 29. August 1915 in Dornach.

Coverbild: Aus dem Stundenbuch des Herzogs von Berry,zwischen 1414 und 1489

Illustrationen: Susan Seddon Boulet (1941 – 1997)entstanden in den 1970iger Jahren

Für die Möglichkeit der Zuordnung der einzelnen Zeilenzu den Planeten, sei herzlich H. Falck-Ytter gedankt.

(Steiner gab in der Ansprache nur 3 Zeilen an: Sonne – Mars – Mond)

Dieses E-BOOK ist nurfür nichtkommerzielle Zwecke bestimmt!

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Darstellung der astrologischen Symboleund ihrer Zuordnung

Die Planeten:

Q – Sonne

T – Venus

S – Merkur

U – Mars

V – Jupiter

W – Saturn

R – Mond

Die Sternkreiszeichen:

A – Widder

B – Stier

C – Zwillinge

D – Krebs

E – Löwe

F – Jungfrau

G – Waage

H – Skorpion

I – Schütze

J – Steinbock

K – Wassermann

L – Fische

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Widder

(A / Q) - Erstehe, o Lichtesschein,

(A / T) - Erfasse das Werdewesen,

(A / S) - Ergreife das Kräfteweben,

(A / U) - Erstrahle dich Sein-erweckend.

(A / V) - Am Widerstand gewinne,

(A / W) - Im Zeitenstrom zerrinne.

(A / R) - O Lichtesschein, verbleibe!

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Stier

(B / Q) - Erhelle dich, Wesensglanz,

(B / T) - Erfühle die Werdekraft,

(B / S) - Verwebe den Lebensfaden

(B / U) - In wesendes Weltensein,

(B / V) - In sinniges Offenbaren,

(B / W) - In leuchtendes Seins-Gewahren.

(B / R) - O Wesensglanz, erscheine!

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Zwillinge

(C / Q) - Erschließe dich, Sonnesein,

(C / T) - Bewege den Ruhetrieb,

(C / S) - Umschließe die Strebelust

(C / U) - Zu mächtigem Lebewalten,

(C / V) - Zu seligem Weltbegreifen,

(C / W) - Zu fruchtendem Werdereifen.

(C / R) - O Sonnesein, verharre!

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Krebs

(D / Q) - Du ruhender Leuchteglanz,

(D / T) - Erzeuge Lebenswärme,

(D / S) - Erwärme Seelenleben

(D / U) - Zu kräftigem Sich-Bewähren,

(D / V) - Zu geistigem Sich-Durchdringen,

(D / W) - In ruhigem Lichterbringen.

(D / R) - Du Leuchteglanz, erstarke!

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Löwe

(E / Q) - Durchströme mit Sinngewalt

(E / T) - Gewordenes Weltensein,

(E / S) - Erfühlende Wesenschaft

(E / U) - Zu wollendem Seinentschluß.

(E / V) - In strömendem Lebensschein,

(E / W) - In waltender Werdepein,

(E / R) - Mit Sinngewalt erstehe!

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Jungfrau

(F / Q) - Die Welten erschaue, Seele!

(F / T) - Die Seele ergreife Welten,

(F / S) - Der Geist erfasse Wesen,

(F / U) - Aus Lebensgewalten wirke,

(F / V) - Im Willenserleben baue,

(F / W) - Dem Weltenerblüh’n vertraue.

(F / R) - O Seele, erkenne die Wesen!

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Waage

(G / Q) - Die Welten erhalten Welten,

(G / T) - In Wesen erlebt sich Wesen,

(G / S) - Im Sein umschließt sich Sein.

(G / U) - Und Wesen erwirket Wesen

(G / V) - Zu werdendem Tatergießen,

(G / W) - In ruhendem Weltgenießen.

(G / R) - O Welten, traget Welten!

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Skorpion

(H / Q) - Das Sein, es verzehrt das Wesen,

(H / T) - Im Wesen doch hält sich Sein.

(H / S) - Im Wirken entschwindet Werden,

(H / U) - Im Werden verharret Wirken.

(H / V) - In strafendem Weltenwalten,

(H / W) - Im ahndenden Sich-Gestalten

(H / R) - Das Wesen erhält die Wesen.

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Schütze

(I / Q) - Das Werden erreicht die Seinsgewalt,

(I / T) - Im Seienden erstirbt die Werdemacht.

(I / S) - Erreichtes beschließt die Strebelust

(I / U) - In waltender Lebenswillenskraft.

(I / V) - Im Sterben erreift das Weltenwalten,

(I / W) - Gestalten verschwinden in Gestalten.

(I / R) - Das Seiende fühle das Seiende!

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Steinbock

(J / Q) - Das Künftige ruhe auf Vergangenem.

(J / T) - Vergangenes erfühle Künftiges

(J / S) - Zu kräftigem Gegenwartsein.

(J / U) - Im inneren Lebenswiderstand

(J / V) - Erstarke die Weltenwesenwacht,

(J / W) - Erblühe die Lebenswirkensmacht.

(J / R) - Vergangenes ertrage Künftiges!

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Wassermann

(K / Q) - Begrenztes sich opfere Grenzenlosem.

(K / T) - Was Grenzen vermißt, es gründe

(K / S) - In Tiefen sich selber Grenzen;

(K / U) - Es hebe im Strome sich,

(K / V) - Als Welle verfließend sich haltend,

(K / W) - Im Werden zum Sein sich gestaltend.

(K / R) - Begrenze dich, o Grenzenloses.

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Fische

(L / Q) - Im Verlorenen finde sich Verlust,

(L / T) - Im Gewinn verliere sich Gewinn,

(L / S) - Im Begriffenen suche sich das Greifen

(L / U) - Und erhalte sich im Erhalten.

(L / V) - Durch Werden zum Sein erhoben,

(L / W) - Durch Sein zu dem Werden verwoben,

(L / R) - Der Verlust sei Gewinn für sich!

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Wozu eine Geburts-Meditation?

Goethe: Orphische Urworte

„Wie an dem Tag, der Dich der Welt verliehen,Die Sonne stand zum Gruße der Planeten,Bist alsobald und fort und fort gediehen,Nach dem Gesetz, wonach Du angetreten;

So mußt Du sein, Dir kannst Du nicht entfliehen:So sagten schon Sibyllen, so Propheten;

Und keine Zeit und keine Macht zerstückeltGeprägte Form, die lebend sich entwickelt.“

Seit etwa 20 bis 25 Jahren ist der Wert von meditativen Übungen vonverschiedensten Menschengruppen (und nicht nur von esoterisch geschultenInteressenten) erkannt und ergriffen worden. Vom Finden eines Ruhepunktes imoft fordernden, nervösen Alltag bis hin zu konsequenten Übungen, die eineinnere Harmonisierung und Stärkung unserer mentalen Grundlagen zumErlebnis werden lassen.

Dies veranlaßte mich vor langen Jahren während meinergeisteswissenschaftlichen Studien, nach ganz persönlichen Meditationsformenzu suchen, die unmittelbar auf die einzelne Person, deren Schicksal undVoraussetzungen zugeschnitten ist. Angeregt wurde ich durch das vorangestellteGoethe-Zitat in den Orphischen Urworten.Da ich mich schon damals für Astrologie und Horoskopie interessierte, suchteich nach einem Zusammenhang zwischen den einzelnen Planetenstellungen imHoroskop mit einer entsprechenden Meditationszuordnung und fand bei demBegründer der Anthroposophie, Rudolf Steiner, in den „Zwölf Stimmungen“einen entsprechenden Ansatz. In jeweils 7 Zeilen zu jedem Sternkreiszeichencharakterisiert er darin die entsprechenden Planetenstimmungen in denSternzeichen. Leider gab Steiner selbst in dem Begleittext nur die Zuordnungvon Sonnen-, Mond- und Mars-Zeile an. So war mir die Charakteristik deranderen Zeilen unklar und erforderte jahrelange Recherchen, bis ich bei H.Falck-Ytter in „Kosmos und Apokalypse“ die gesuchte Erklärung fand, dieSteiner anläßlich von Eurhythmie-Aufführungen der „Zwölf Stimmungen“gegeben hat. Dieser Ansatz vertiefte dann fruchtbar meine Arbeit mit denHoroskopen.In meiner jahrelangen Praxis im Umgang damit und mit der Erarbeitung von denpersönlichen Meditationen war es oftmals verblüffend, wie konsequent inverschiedenen Texten gewisse Motive wiederkehrten, obwohl die Zeilenverschiedensten Sternbildern zugeordnet waren: so z. B. „Sein und Werden“,„Verlust und Gewinn“, „Vergangenes und Künftiges“ usw.

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Wie ein Lebensthema oder ein Ouvertüren-Motiv empfand ich dieseZusammenstimmungen.Ich bin inzwischen zu der Einsicht vorgedrungen, daß es sehr hilfreich ist, diesesGrundthema, diese Grundstimmung, die uns in einmaliger Weise in das Erlebnisder Welt und unserer Biographie hineingestellt hat, übend zu praktizieren. DieseMeditation erlaubt immer wieder ein Ein-Stimmen unserer Seele auf das Motiv,wie wir in unserer Daseinsweise „gemeint“ sind und hilft uns, die alltäglicherleidenden Ver-Stimmungen zu lösen. Dies kann letztlich nur zur Gesundungund Stärkung unserer Widerstandskräfte bis hin zu unserem Immunsystemführen. Es geht also um ganz konkrete Aus-Wirkungen in unserem täglichenLebenskampf.

Meditationen sind nicht in erster Linie gedacht, „verstanden“ zu werden. Esgeht um ein allmähliches Einleben in den Sinn durch die wiederholendenÜbungen. Viele Zeitgenossen bringen in unserer sachlich-analytischen Welt dieGeduld dafür nicht mehr auf. Diese „andere Anstrengung“ lohnt sich aber. Eswird auch zu unterschiedlichen Einsichtsmomenten zu unterschiedlichen Zeitenkommen: einmal ist man dem Verständnis ganz nah, dann später entzieht sichder Sinn wieder und dafür spricht ein anderer Teil stärker zu uns. Darin könnenwir die Lebendigkeit von Lebens-Rhythmen abspüren. Im geistigen undseelischen Erkennen gibt es keine Einsicht „ein für allemal“.

Diese Darstellung möchte es jedem Interessierten ermöglichen, aufgrund dereigenen Planetenstellungen im Horoskop seine individuelle Meditationabzulesen – wie die Engel uns sozusagen bei der Geburt „ausgesprochen“haben…

Ihr Hieronymus

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Beispiel einer Geburts-Meditation:

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Worte von Rudolf Steiner zur ersten eurythmischenDarstellung – Dornach, 29. August 1915

Ich möchte nur vorausbemerken einige Worte darüber, wie man denZusammenhang in allem sehen möge, was wir versuchen, in allem, washervorgeht aus dem von uns Versuchten. Es ist ja in unserer Zeit gewiß auf der einenSeite eine starke Sehnsucht vorhanden, den Zusammenhang des materiellen Lebensmit dem geistigen Leben zu gewinnen. Auf der anderen Seite aber sind dieMöglichkeiten dazu nicht so leicht zu finden. Denn, wie ich in anderemZusammenhange hervorgehoben habe, ist bei den wenigsten Menschen Europas heuteein deutliches Gefühl vorhanden von dem Suchen nach dem Wesenhaften in denunserer Welt zugrunde liegenden und mit ihr verbundenen anderen Welten.Wenn Sie heute Lehren nehmen, die gegeben werden über Poesie, über Kunst, sowerden Sie vielfach bemerken, wie alles Künstlerische zurückführt auf ein Höheres,wie es aber schwierig ist für den Menschen, den Zusammenhang mit diesemHöheren wirklich heute zu erfühlen. Und deshalb steht zu hoffen, daß gerade dasweitere Populärwerden des Eurythmischen, wie wir es versuchen, von einer, ichmöchte sagen, ganz menschlichen Seite her dasjenige fördert, was man braucht, umden Zusammenhang des Menschen mit den geistigen Welten zu finden. Wie oftwerden Sie von dieser oder jener sich theosophisch nennenden Richtung gehörthaben, daß ein Wesentliches für das Seelenleben darauf beruht, eins zu werdenmit dem großen Allwesen, das die Räume erfüllt und die Zeiten durchwallt. Aber mit sogroßem Enthusiasmus und mit so starker Inbrunst auch manchmal diesesVerlangen nach dem Sich-eins-Fühlen mit dem All, wie man sagt, theosophischbetont wird, so wenig ist man geneigt, die Wirklichkeit davon zu ergreifen. Vielebetonen heute die Form, wie in der Mitte des Mittelalters, etwa durch MeisterEckart, durch Johannes Tauler, das «Entwerden», wie man sagte, angestrebt wordenist, das Sich-eins-Fühlen mit dem göttlich durchströmten All. Wir sind aber heute ineiner Zeitperiode, wo dies im Konkreten; im Wirklichen, angestrebt werden muß, wowirklich etwas getan werden muß zur Bekräftigung der großen Wahrheit, daß derMensch in seinem Tun und in seinem Sein zusammenklingen kann mit dem Tun undmit dem Sein der Welt. Und so etwas ist versucht eben in dem, was jetzt unsere Freundekennenlernen werden durch die Damen, die es zunächst betreiben, in dem zweitenKapitel unserer Eurythmie. Ich will nur ganz kurz auf einiges aufmerksam machen, dasaus dem Heutigen erschlossen werden kann.

In der zweiten Vorführung haben Sie gesehen, wie gewissermaßen nachgebildet istein Bewegt-Ruhiges, das im Universum ist: die Zwölfheit, die im Universum als derTierkreis vorhanden ist; die Siebenheit, die im Universum als Planetenfolge vorhandenist. Sie haben auch gesehen, wie das Ruhende der Tierkreisbilder im Verhältnis zumBewegten des planetarischen Seins Ihnen aus der Darbietung der Figurenhervorgetreten ist. Solche Dinge sind natürlich nur möglich, wenn in dem Ganzendieser Geist des Sich-eins-Fühlens mit dem Universum vorhanden ist.

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Und so ist denn einmal versucht, etwas zu machen, bei dem ein ganz inniger Einklangist zwischen dem gesprochenen Worte, und nicht nur dem gesprochenen Worte,sondern den sich offenbarenden Empfindungen und jeder einzelnen Bewegung. Manwird nach und nach verstehen, daß man im Ganzen dieser Darstellung nur als eineHilfe das gesprochene Wort haben wird. Man wird nach und nach verstehen, daß,wenn die Bewegung in ihrer Fülle gemacht wird, man dasjenige, was gesagt wird,ebenso wird aus der Bewegung absehen können, wie man, wenn man die Buchstabenvor sich hat, den Sinn ablesen kann. Man braucht nichts anderes, als Lesen gelernt zuhaben, dann wird man nach und nach, wenn eben das ganze System entwickelt ist, auchdasjenige lesen können, was dargeboten wird. Aber man wird nicht nur lesen könnenbuchstabengemäß, lautgemäß, sondern auch sinngemäß.

Dazu ist allerdings notwendig, daß man einen Begriff hat von dem sinngemäßeninneren Erleben. Der Mensch muß ja selbstverständlich als Erdenmensch, da er mit denWesen, die in den Abgrund gestoßen sind, eben im Abgrund der Erde herumirrt, inder Regel während seines Erdenseins auch irren mit seinen Gedanken undEmpfindungen. Aber er kann sich emporschwingen aus diesem irrenden Denken undEmpfinden zu dem, was regelmäßig aus der ruhigen Bewegung ihm dann festes Denkenund Empfinden ist. Denn, sehen Sie, der Kosmos, wie er uns zunächst als unserSonnensystem vorliegt, der ist ja nur ein Spezialfall. «Im Urbeginn war das Wort, unddas Wort war bei Gott, und ein Göttliches war das Wort.» Und im Kosmos sehen wirgleichsam erstarrt das Wort, das Wort in seiner Ruhe und das Wort in seinerBewegung. Aber man muß es eben fühlen im Kosmos. Ich möchte nicht, daß manverwechsle, was hier vorgebracht wird, mit mancherlei verworrenem Mystizismus derGegenwart. Nicht um Nachahmung der Methoden etwa derjenigen modernenAstrologen, die in ihren Methoden jeden Materialismus überbieten und die zurmaterialistischen Unwissenheit nur den unwissenden Aberglauben hinzufügen, handeltes sich hier, sondern um das Eingehen auf die gesetzmäßigen Zusammenhänge einergeistigen Welt, die ihre Offenbarung im Menschen ebenso hat wie im Kosmos.Wahre Geisteswissenschaft sucht nicht aus Sternen-Konstellationen Menschengesetze,sondern aus dem Geistigen sowohl Menschengesetze wie Naturgesetze. Obgleich dieseGeisteswissenschaft mit den unsinnigen mystischen Bestrebungen der modernen Zeitimmer wieder zusammengeworfen wird, hat sie doch damit gar nichts zu tun. Hier, woin gewissen Äußerungen des Menschen Analogien mit kosmischen Verhältnissen alsGrundlage einer Ausdrucksweise angewendet werden, muß besonders betont werden,daß Geisteswissenschaft nichts mit dem Dilettantismus moderner Astrologen undderen plumpen Offenbarungen zu tun haben will.

Und so wurde denn einmal versucht, eine solche Aufeinanderfolge des Fühlens,Empfindens und Sprechens zu machen, die so, wie sie dargeboten wird, gleichsameinen anderen Fall, einen Fall inneren Seelenerfühlens gibt gegenüber dem, was ausge-flossen ist in die Bewegung unseres Sonnensystems. Der Bau nach zwölf Strophen,die je siebenzeilig sind, entspricht, ich möchte sagen, dem äußeren Gerippe. AberSie werden, wenn Sie gerade dieses zwölf-siebengliedrig versuchte Gedicht nehmen,sehen, daß in allen Einzelheiten festgehalten ist dasjenige, was sich da offenbaren will.

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Sie werden, wenn Sie die Stimmung nehmen – ich will als Beispiel es erwähnen – imKrebs, wo, nachdem der Aufstieg vollzogen ist, wiederum der Abstieg erfolgt, woman gewissermaßen das Gefühl hat, daß die Sonne für einen Augenblick ruhig steht – umnur dies Bild zu gebrauchen, es könnten viele Bilder gebraucht werden –, da werden Sieetwas durchfühlen aus der Art und Weise, wie die Worte in der betreffenden, wenn wirsagen wollen «Krebs-Strophe » gerade liegen.

Und vergleichen Sie dies meinetwillen mit der Strophe des Skorpions. Es ist in jederStrophe genau die Stimmung, die dem betreffenden Planeten am Himmel entspricht.Aber nicht nur das ist versucht, sondern, wenn immer Sie gewisse Strophen nehmen,werden Sie noch anderes empfinden können. Ich will eine Zeile aus jeder Stropheherausgreifen, die Zeile des Mars :

Im Widder: Erstrahle dich Sein-erweckend.Im Stier: In wesendes Weltensein.In den Zwillingen : Zu mächtigem Lebewalten.Im Krebs: Zu kräftigem Sich-Bewähren.Im Löwen: Zu wollendem Seinentschluß.In der Jungfrau: Aus Lebensgewalten wirke.In der Waage: Und Wesen erwirket Wesen.Im Skorpion: Im Werden verharret Wirken.Im Schützen: In waltender Lebenswillenskraft.Im Steinbock: Im innern Lebenswiderstand.Im Wassermann: Es hebe im Strome sich.In den Fischen: Und erhalte sich im Erhalten.

Trotzdem in jedem einzelnen festgehalten ist die allgemeine Stimmung derStrophe, werden Sie aus jeder dieser Zeilen da, in der Aufeinanderfolge der siebenZeilen, dem Mars immer entsprechend, die Mars-Stimmung heraushören aus derZeile. So daß eigentlich das Ideal ist, daß, wenn jemand aufgeweckt werden könnte ausdem Schlaf und es würde ihm eine Zeile vorgelesen: «Im Werden verharret Wirken »,– er sagen müßte: «Nun ja, Mars im Skorpion !» Bei der anderen Zeile: «Jupiter inder Waage» und so weiter. Sie sehen, das ist das Gegenteil jeder subjektiven Willkür.Es ist wirklich das Einssein mit den Gesetzen des Universums ernst genommen. Es istnicht bloß deklamiert: Man soll eins sein mit dem All! Sondern es ist dies Einssein. Esist versucht wenigstens, dieses Einssein im Konkreten durchzuführen. Sie werdenauch bemerkt haben, daß zum Beispiel die Geste in gewissem Falle gehalten wird,werden bemerkt haben, wie bei dem Herumgehen der Sonne die Waage-Stimmung auchin der Geste schön festgehalten war, ohne daß das gesucht war, sondern nur dadurch,daß der betreffende Buchstabe eben da ist. Sie haben gesehen bei der Waage-Stimmungüberall das Gleichmaß der Waage! Es hat sich von selbst gemacht, daß die Waage-Haltung gerade da festgehalten worden ist. Die Dinge ergeben sich ganz von selbstdann, wenn sie richtig gemacht sind.

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Was ist eigentlich mit so etwas versucht? Wahrhaftig, es ist etwas ganz anderesals eine Spielerei! Es ist versucht, dasjenige festzuhalten in wirklichem innerenErgreifen, was kosmisch ausgeführt worden ist, indem unser Sonnensystemgeschaffen worden ist. Man versucht da wirklich sich hineinzuleben, in Stimmung,im Tun und in allem sich hineinzuleben, und – man möchte sagen: Das, was Sie dasich haben abspielen sehen, das gibt einem die Möglichkeit, eine Beweglichkeitund in Bewegung befindliche Begriffe sich zu erschaffen von dem, was man sonennen kann:

Das Wort wallt durch die Welt,Und die Weltenbildung hält das Wort fest.

Diejenigen beiden Damen, die im mittleren Kreise standen, drückten dasPlanetarische, und die Dame, die ganz im Zentrum stand, drückte das Lunarische,den Mond, aus. So hatten Sie hier: Sonne, Planeten und Mond. Und so war auchder innere Zusammenhang der Zeilen und auch das Verhältnis immer der letztenZeile zur ersten Zeile: die erste Zeile ist immer das Sonnenhafte, die letzte immerdas Mondhafte. Gerade so, wie das Sonnenlicht vom Monde zurückgestrahlt ist, sowird immer die letzte Zeile ein Rückstrahlen sein.

Und so wurde eben einmal versucht aus dem Geheimnisse des Universums herausdie Form, die dann sowohl gesprochen werden kann, wie auch in Bewegungeneurythmisch ausgedrückt werden kann. Wenn also einmal die Zeit kommen wird,wo man diese Dinge wird lesen lernen, wird man, wenn man so etwas vorgeführtgesehen hat, wissen, eindeutig wissen, was ein solches ganzes Bewegungssystemzum Ausdrucke bringt.

Man kann ja selbstverständlich der Anschauung sein, daß man so etwas nichtzu machen braucht; aber, nicht wahr, man kann ja verschiedene Ansichten haben.Man kann ja auch die Ansicht haben, daß der Mensch stumm sein könnte und nichtzu reden brauchte. Und wenn alle Menschen stumm wären auf der Welt und nur einPaar würde zu reden beginnen, so würden die übrigen das Reden als höchstüberflüssig betrachten. Also, das sind ganz relative Anschauungen, nicht wahr. Manbraucht sich nur auf das Relative dieser Anschauungen einzulassen, dann wirdman schon merken, daß der wahre Fortschritt in der Entwickelung der Menschheitnur erreicht werden kann, wenn man sich darauf einläßt, alle die Möglichkeitenwirklich herauszuholen, die in der menschlichen Natur sind.

Sie werden ja, wenn die Damen einmal in der Lage sein werden, das auch zulehren, was jetzt das zweite Kapitel der Eurytmie ist, zu dem, was damakrokosmisch Ihnen vor Augen tritt und ja auch noch dahin ausgebaut werdenmuß, sehen, daß jene Auftakte, die wir zuerst gemacht haben, selbstverständlichmusikalische Begleitung werden haben müssen; heute war es nur ein stummerAuftakt.

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Sie werden dann später sehen, daß zu dem Makrokosmischen auch einMikrokosmisches kommt, und daß Vorführungen kommen werden, in denen sichzum Ausdruck bringen wird irgend etwas genau so regelmäßig wie im menschlichenSprechen selber. Sie werden später Kompositionen der Eurythmie sehen, wo Siebemerken werden, daß genau an der einen richtigen Stelle ein Lippenlaut, an deranderen richtigen Stelle ein Zahnlaut entsteht, und daß wirklich das geschieht, wasim Menschen beim Reden in anderer Art entsteht, so daß der Mensch sich selberkennenlernt in diesem, was sich in der Eurythmie vollzieht. Sie werden heute auchschon bemerkt haben, daß die Damen nach und nach werden lehren können, daßVerschiedenes in den Worten, Verschiedenes in den Bedeutungen und im Sinn inverschiedener Weise zur Darstellung kommt. Sie werden heute bemerkt haben, daßein konkretes Wort in einer ganz anderen Weise getanzt worden ist als ein abstraktesWort, daß ein Zeitwort, das eine Tätigkeit andeutete, in einer anderen Weise getanztwurde als ein Zeitwort, das einen leidenden Zustand andeutete, als ein Zeitwort, daseine Dauer andeutete und so weiter. Auch diesen Zusammenhang – ich möchte sagen – desGehirns mit dem Sprachorganismus werden Sie dargestellt finden im Eurythmischen».