RUND DAS FUSSBALLMAGAZIN#9 04 2006 Deutschland 2,80 ...

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DAS FUSSBALLMAGAZIN RUND DAS FUSSBALLMAGAZIN #9 04 2006 WWW.RUND-MAGAZIN.DE RUND Deutschland 2,80€ Schweiz 5,50sfr Österreich 3,20€ Luxemburg 3,20€ Spanien 3,80€ Tote Teufel? Kaiserslautern verliert die Fans Huuuth, Huuuth, Huuuth Der härteste deutsche Nationalspieler im Interview am Lügendetektor Doping im Fußball Lücken im Kontrollsystem entdeckt Rudi Völler „Wir sollten mehr auf Frauen hören“ RUND DAS FUSSBALLMAGAZIN #9 04 2006

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DAS FUSSBALLMAGAZIN

RUND DAS FUSSBALLMAGAZIN #9 04 2006

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RUNDDeutschland 2,80€ Schweiz 5,50sfr Österreich 3,20€ Luxemburg 3,20€ Spanien 3,80€

Tote Teufel?Kaiserslautern verliert die Fans

Huuuth, Huuuth, Huuuth Der härteste deutsche Nationalspieler im Interview am Lügendetektor

Doping im FußballLücken im Kontrollsystementdeckt

Rudi Völler„Wir sollten mehrauf Frauen hören“

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alltäglich ist es nicht, dass man im Londoner Stadtteil Whitechapel mitten auf einer Stra ße steht und den Verkehr regelt, damit ein deut-scher Nationalspieler in falscher Richtung durch eine Einbahnstraße fahren kann. Doch genau so erlebten es RUND-Redakteur Oliver Lück und Fotograf Heiko Prigge, als sie Robert Huth, den Abwehrhünen des FC Chelsea, via Mobiltelefon zum Fotostudio lotsten. „Das mit der Einbahnstraße passiert mir häufiger“, ge-stand der 21-jährige Huth und grinste. Als ab-soluter Autofreak entpuppte er sich dann auch beim anschließenden Wahrheitstest am RUND-Lügendetektor. Er verriet Dinge, „die ihr bes-ser nicht schreibt“, dass er auf Headbanging steht und ob er schon von Bundestrainer Jür-

gen Klinsmann geträumt hat. Das kuriose In-terview lesen Sie ab Seite 74. Da war sie wieder, die sprichwörtliche Skep-sis der Sizilianer Fremden gegenüber – vor allem wenn sie aus dem Norden kommen. Als „aussichtslos“ lehnte Fabrizio Triconia, Kom-munikationschef des italienischen Erstligis-ten US Palermo, zuerst unsere Anfrage ab, den Klub für eine ausführliche Reportage besu-chen zu dürfen. Doch nachdem RUND-Autor Vincenzo Delle Donne den Schlüssel zur sizi-lianischen Seele entdeckt hatte, erhielten er und unser Fotograf Edward Beierle Zugang zum streng bewachten Trainingsgelände, das sogar für Vereinsangestellte tabu ist. Als US-Profi Giovanni Tedesco die beiden in seinem Fiat Panda durch Palermo kutschierte, wuss-

ten sie, dass sie in ihrer Reportage ab Seite 60 über ungewöhnliche Einblicke und unerwar-tete Begegnungen berichten konnten. 900 Kilometer nördlich hört ein Staatsanwalt nachts beim Aktenstudium klassische Musik. Raffaele Guariniello hat in Turin schon die Ju-ve-Stars in den Zeugenstand gerufen und ent-zau berte den Mythos seines eigenen Lieblings-klubs. Was der italienische Star-Staatsanwalt zum Thema Doping im Profifußball sagt, wie in den Dopinglabors gearbeitet wird und auf welche Lücken im deutschen Kontrollsystem wir bei unseren Recherchen stießen, le sen Sie im großen Report ab Seite 22. Viel Spaß beim Lesen und auch sonst wünscht IHRE RUND-REDAKTIONILLUSTRATION ANNE-KATRIN ELLERKAMP

LIEBE LESERINNEN, LIEBE LESER,

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AM BALL 08 SCHNELLSCHUSS 40 Millionen Bälle kommen pro Jahr aus Pakistan 14 FELDSALAT Die wichtigsten Spielerfrauen. Guido Buchwald könnte in Tokio Taxi fahren. Brazzos Traumspiel 22 VERBOTENE SUBSTANZEN Das Kontrollsystem ist lückenhaft. Dopen Fußballer? 34 HIMMEL ODER HÖLLE Kaiserslautern verprellt selbst seine treuesten Fans 40 LAGE DER LIGA Exklusive Neuigkeiten von den 18 Bundesligisten

GLEICHE HÖHE 46 DIE TANTE SPRICHT Rudi Völler kann Geschleime nicht ausstehen 52 HEIMSPIEL Zecke Neuendorf ist Pate des Seebären Bärchen 54 FUNDSTÜCK Der erste Fußballkrimi erschien 1939 in England 56 WM-TRAINER Australiens Coach Guus Hiddink im Interview 59 BROICHS BONBONS Thomas Broich schreibt über meinungsarme Profis 60 AUSLANDSREPORTAGE Palermo hat seine Fußballleidenschaft neu entdeckt 66 NACHWUCHSPROBLEME Trainer Stielike geht, die Probleme der U20 bleiben 69 KOMMENTAR Bei der WM wird öffentlicher Raum paramilitarisiert 70 ERBSENZÄHLER Schnelligkeit der Ligatiere und Trainerentlassungen

IM ABSEITS 74 LÜGENDETEKTOR Robert Huth erzählt kaum zu glaubende Dinge 78 DER GROSSE WM-COUP Nur ein Spieler kann Polen noch bei der WM helfen 80 TRAINERFRAU Astrid Schaaf über ihr Leben mit einem Trainerstar 82 RICARDOS WELT In Costa Rica haben Schildkröten immer Vorfahrt 83 POSTKARTEN Zum Rausnehmen, Verschicken und Freude machen 85 WAS WÄRE WENN Hannover 96 soll seine Stars zurückbekommen 86 SCHATTENMANN Seppo Eichkorn ist der ideale deutsche Cotrainer 89 SPIEL MIT PUPPEN Rudi und Steini machen aus Miro Klose einen Kloß 90 WELTKLASSE Ein Klub aus Tibet spielt in der Ersten Liga Chinas 92 WERBEPAUSE Fußballstars machen Werbung und sich oft lächerlich

SPIELKULTUR 98 INTERVIEW Christiane Paul erklärt, warum sie Olli Kahn mag 104 ESSEN WIE DIE STARS Brigitte Degen macht das zarteste Filet Mignon 106 STRASSENFUSSBALL-WM In Berlin kicken 24 Teams bei der Straßen-WM 109 SCHREIBWETTBEWERB Schreibt Fußballgeschichte und gewinnt mit RUND! 110 BUCH Abseits, ein rundes Leben und die Söhne Sachnins 112 THE BEST Der Film „Fußball wie noch nie“ würdigt George Best 114 LESERBRIEFE/RUNDE PRESSE Das sagen Sie über die achte runde Ausgabe 115 IMPRESSUM/VORSCHAU Und was steht im Mai im RUND-Magazin? 116 AUSLAUFEN MIT THADEUSZ Jörg Thadeusz will Polen am 14. Juni siegen sehen

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REPORTAGE: TOTE TEUFEL UND IHRE KINDERSportlich kämpft der 1. FC Kaiserslautern ums Überleben. Doch der drohende Absturz in die Zweitklassigkeit ist nicht die größte Sorge der Verantwortlichen: Die einstmals nibelungen treuen Fans pfeifen mittlerweile eigene Spieler aus

AUSLANDSREPORTAGE DES STIEFELS SPITZEWenn US Palermo ein Heimspiel austrägt, kleidet sich die Metropole Siziliens rosa. Im tiefsten Süden Italiens wird seriös gewirtschaftet und ein leidenschaftlicher Fußball gespielt. Danach sehnen sich inzwischen die Fans in Norditalien

WM-TRAINER „DEUTSCHLAND: GEFÄHR-LICH“Ricardo La Volpe nimmt den Mund ziemlich voll. De Trainer der mexikanischen Nationalmannschaft glaubt tatsächlich daran, dass er Weltmeister werden kann: „Ich träume davon, dass alle beim Finale in Berlin Mexiko applau-dieren“

DOPING: IST DIE LIGA SAUBER?Doping bringt im Fußball nichts, heißt es. Weil es keine Pille für den perfekten Freistoß gibt. Und doch hat es in Marseille gerade wieder einen neuen Dopingskandal gegeben. Und das Netz der Kontrollen ist nicht so engmaschig, wie mancher Experte gern behauptet. Schaut man genau hin, gibt es für Spieler und fi ndige Ärzte eine Menge Möglichkeiten

WM-TRAINER „FÜR MANCHE IST FUSSBALL KRIEG“Guus Hiddink hat bei der WM 2002 mit Südkorea für Furore gesorgt. Das will der niederländische Trainer im Sommer mit der australischen Nationalelf wiederholen. Im großen Interview ist er davon überzeugt, „dass wir Brasilien schlagen“

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Am Ball ist dort, wo etwas passiert. Und wo es wirklich wichtig ist.Hier wird getreten, gegrätscht und geschossen:

„Wir sollten nicht naiv sein. Warum sollte der Fußball nichts mit demDopingproblem zu tun haben?“ MARC VOUILLAMOZ, UEFA-ANTIDOPINGEINHEIT

AM BALL

8 SCHNELLSCHUSSEine Stadt mit Ballgefühl – in Nordpakistan werden 80 Prozent aller Bälle weltweit genäht

22 VERBOTENE SUBSTANZENIst die Liga sauber? – die Lücken bei Doping-kontrollen im Fußball sind größer, als man denkt

34 HIMMEL ODER HÖLLEDie toten Teufel und ihre Kinder – der 1. FC Kaiserslautern verliert in der Krise seine Fans

40 LAGE DER LIGADie WM-Saison geht dem Ende zu – RUND stellt alle 18 Bundesligaklubs auf den Prüfstand

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GERADE VOR DEM WM-TURNIER STEIGT DIE NACHFRAGE NACH FUSSBÄLLEN WIEDER

DEUTLICH AN. RUND 40 MILLIONEN, FAST 80 PROZENT ALLER GENÄHTEN BÄLLE

WELTWEIT, WERDEN IN SIALKOT IM NORDOSTEN PAKISTANS JÄHRLICH PRODUZIERT.

DIE ARBEITSBEDINGUNGEN HABEN SICH NACH EINER GLOBALEN KAMPAGNE GEGEN

KINDERARBEIT DEUTLICH VERBESSERT. ES ARBEITEN NUR NOCH NÄHERINNEN

UND NÄHER, DIE ÄLTER ALS 15 JAHRE SIND. FÜR DIE KINDER WURDEN SCHULEN

GEBAUT, FINANZIERT AUS DEN ERTRÄGEN DES BALLVERKAUFS. IN SIALKOT SCHEINT

DER FAIRE HANDEL TATSÄCHLICH ZU FUNKTIONIEREN FOTOS OLIVER SOULAS

EINE STADT MIT BALLGEFÜHL

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L I N K S : S Ä C K E W E I S E B Ä L L E . I N E I N E M M I T V E N T I L AT O R E N G E K Ü H LT E N L AG E R D E R F I R M A A D I DA S WA R T E N TAUSEN DE HANDGENÄHTER BÄLLE DARAUF, ABGEHOLT, VERSCHIFFT UND AUF DEM WELTMARKT VERKAUFT ZU WERDEN

OBEN: SOZIALES PAKISTAN. AUF EINEM FIRMENEIGENEN FUSSBALLPLATZ PRÄSENTIERT EIN ARBEITER VON TALON SPORTS NEUE LEDER-BÄLLE. TALON PRODUZIERT FÜR DAS FAIR HANDELSHAUS GEPA IN WUPPERTAL. GEPA ZAHLT PRO BALL MEHR ALS DEN ÜBLI CHEN WELTMARKTPREIS. DIE ERLÖSE WERDEN VON DER „TALON FAIR TRADE WORKERS SOCIETY“ FÜR SOZIALE ZWECKE EINGESETZT

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LINKS: FLIPFLOPS UND UNIFORM. SCHULJUNGEN AUS SIALKOT SPIELEN IN EINER PAUSE FUSSBALL. NOCH VOR ZEHN JAHREN WÄREN SIE IN DIE FABRIK GESCHICKT WORDEN, UM FÜR DEN LEBENSUNTERHALT DER FAMILIE FUSSBÄLLE ZU NÄHEN

O B E N L I N K S : E I N E A R B E I T E R I N N Ä H T E I N E N A D I D A S - B A L L G A N Z O H N E H I N Z U S C H A U E N . O B E N R E C H T S : B E I D E R A R B E I T M U S I K Z U H Ö R E N I S T E I N L U X U S , D E R F R Ü H E R U N D E N K B A R WA R

U N T E N : H A N D G E N Ä H T E L E D E R B Ä L L E V O R D E R E N D K O N T R O L L E I N D E R A D I D A S - F A B R I K

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OBEN: HEIMARBEIT. EIN NÄHER IN SEINER WOHNUNG. ETWA SIEBEN BÄLLE SCHAFFT EIN GEÜBTER ARBEITER AN EINEM NEUNSTUNDENTAG

R E C H T S : W E N N A L L E S G E T A N I S T. Z W E I A R B E I T E R F A H R E N D I E E R G E B N I S S E I H R E R H E I M A R B E I T M I T E I N E M E S E L S K A R R E N I N E I N E F A B R I K , W O D I E B Ä L L E D E R E N D K O N T R O L L E U N T E R Z O G E N W E R D E N

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„SIE MÜSSEN IHR MAGAZIN NICHT VORSTELLEN. DIDIMANN

LIEST ES IMMER IN DER KABINE.“Steven Gerrard, Kapitän des FC Liverpool, zu Beginn eines RUND-Interviews

über seinen Mannschaftskollegen Dietmar Hamann

Patrick Helmes geht es wie dem traurigen Fußballklub, bei dem er unter Vertrag steht. Er kämpft und rackert, zeigt manchmal gute An-sätze, erhält Lob, und doch verwehrt ihm das Schicksal ein befrei-endes Erlebnis. Angesprochen auf diese Parallele sagt Helmes jedoch entschlossen: „Nein, das sind zwei Paar Schuhe. Ich habe ja nie die Chance bekommen, ich habe noch nie von Beginn gespielt, und ein junger Spieler braucht auch einmal drei, vier Spiele von Anfang an.“ Unter dem neuen Trainer scheint es Helmes noch schwerer zu ha-ben als unter Uwe Rapolder. Hanspeter Latours Körper richtet sich auf, als er den Namen Helmes hört. „Ja, der Patrick ist ein technisch überbegabter Spieler“, sprudelt das Schweizerdeutsch aus ihm heraus. „Er hat eine gute Adaption zum Ball, einen sehr guten Schuss, ein en-ges Dribbling. Wie er mit dem Ball umgeht, ist überdurchschnittlich“, sagt er enthusiastisch, doch dann kommt das große „Aber“, das in Köln derzeit immer hinter irgendeiner Ecke lauert: „Ihm fehlt noch die Athletik, die Wettkampfhärte“, und deshalb sei Helmes vor allem „mit-telfristig ein sehr wichtiger Spieler“. „Ich sollte oberkörpermäßig noch was machen, da habe ich schon zugelegt“, erwidert Helmes auf den Vorwurf mangelnder Physis. Jetzt hofft er, dass Latour „nicht immer mit denselben weiterspielt und ir-gendwann uns Junge reinwirft“. Spätestens wenn die Bäume grün sind, und die Hoffnung tot ist, wenn der große Kehraus kommt, wird es so-weit sein. Podolski, Streller, Szabics sind keine Zweitligaspieler, wenn sie weg sind, bliebe nur Helmes. Und Latour vermutlich auch, des-

DAS „ABER“ DES TRAINERS

Gespannte Erwartung: Patrick Helmes muss sich bei Hanspeter Latour noch gedulden

PATRICK HELMES gilt als eine der größten Offensivhoffnungen im deutschen Fußball. RUND begleitet den 21-jährigen Stürmer vom ersten Profi tag an auf seinem Weg mit dem 1. FC Köln in der Bundesliga. Wir fragen jeden Monat: Was macht Helmes?

halb behandelt er den jungen Stürmer pfl eglich. „Im Moment ist es schwierig für ihn, aber er ist ganz zugänglich und gibt sich sehr viel Mühe“, sagt der Schweizer. Streller und Podolski seien halt zwei Spie-ler, die etwas mehr Erfahrung haben. Podolski hat im Prozess seiner Erfahrungssammlung allerdings seine Unbekümmertheit verloren. Wenn dieses Element in die Mannschaft zurückkommen soll, wäre es nahe liegend, woanders danach zu suchen als bei Poldi, diesem Schat-ten vergangener Tage. DANIEL THEWELEIT, FOTO JEAN BALKE

WAS MACHT HELMES?

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NAUSORI – Zum Start der „2006 Pepsi Soc-cer League“ kündigte der Vizepräsident des Fußballverbandes der Fidschiinseln, Rajesh Pa-tel, neue Wege der Vermarktung an: „Kinder erhalten freien Eintritt, wenn sie fünf Pepsi-Do-sen dabei haben“, vertraute er der Tageszei-tung „Fiji Times“ an.

LERWICK – Die Shetlandinseln (22.000 Ein-wohner) wollen Frauenfußball einführen. Damit eine Indoor-Liga gelingt, bitten die „Shetland News“ interessierte Frauen und Mädchen, sich bei Ms. Wilma Campbell zu melden.

HAMBURG – Der zwei-te Anrufer auf Corny Litt-manns Mobiltelefon war Pro7-Spaßvogel Elton. Am Rande eines Fern-sehdrehs hatte Elton die Übertragung des Pokal-spiels des FC St. Pauli gegen Werder Bremen (3:1) gesehen und die Chance auf einen Gag

erblickt. St. Pauli-Präsident Littmann hatte sich in der Pause nämlich mehr um das Telefon ge-kümmert als um Fragesteller Gerhard Delling.

NEAPEL – „Nur weil einer jede Menge Gewicht verloren hat, bedeutet das nicht, dass er seine psychische Gesundheit zurückbekommen hat.“ So urteilt Diego Maradona Jr. über seinen Va-ter. Der wiederum hat seinen unehelichen Sohn in seiner Show für einen argentinischen Fern-sehsender einen „Fehler“ genannt.

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HOUSTON – In der US-Profi liga zogen die San José Earthqua-kes nach Texas und benannten sich um. „Hous-ton 1836“ sollte der Verein heißen, mit Bezug auf die Stadtgrün-dung und die Schlacht von Alamo. Es gab aber Proteste: Der Name sei mexikanerfeindlich. Nun fand der Klub mit seinem Präsidenten Oliver Luck einen neuen Namen: Houston Dynamos.

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INTERVIEW

GUIDO BUCHWALD, Schwabe und Weltmeister von 1990, leitet als Teamchef in der zweiten Saison die sportlichen Geschicke der Urawa Red Diamonds, dem FC Bayern Japans. Der 45-Jährige überseine Tricks, sich in Tokio zu orientieren

Herr Buchwald, warum ist ausgerechnet Japan Ihre erste Trainerstation?GUIDO BUCHWALD Ich habe aus meiner Zeit als Spieler viele Freunde hier, das Land fasziniert mich einfach. Wenn ich Trainer wer-de, dann dort, wo ich meine Gedanken hun-dertprozentig umsetzen kann. Hier werde ich von allen unterstützt.

Was fasziniert Sie an dem Land? Die Menschen, ihre Freundlichkeit, ihre Hilfs-bereitschaft. Trotz der Enge herrscht eine un-heimliche Disziplin.

Kann das in einem Land mit einem solch starren System nicht auch ein Nachteil sein? Nicht unbedingt. Natürlich wird das eine oder andere Kreative unterdrückt. Aber die Japaner sehen nicht in jeder Sache direkt das Negati-ve. Typisch für uns Deutsche ist, dass wir stets nörgeln. Das hemmt die Leistung.

Haben Sie noch Lust auf Deutschland? Gute Frage. Ich fühle mich hier unheimlich wohl. Aber ich bin Deutscher. Meine erste Heimat ist Stuttgart, meine zweite Japan.

Wie fi nden Sie sich in einer Metropole wie Tokio zurecht? Ist für mich kein Problem. Ich kenne Tokio besser als Stuttgart. Ich könnte hier Taxifahrer werden. So gut wie die kenne ich mich auch aus. Ich habe mein eigenes System entwickelt anhand der Bahnstationen.

Wie geht‘s Ihrer Familie hier? Das ist nicht so einfach. Mein großer Sohn ist 18 und spielt beim VfB Stuttgart. Mein Jüngster geht mit 14 in Tokio auf die deutsche Schule. Meine Frau pendelt. Wir haben in Deutschland eine Tennishalle und eine Büro-kommunikationsfi rma mit 30 Angestellten.

Also wird Ihr ältester Sohn deutsch und der jüngere japanisch erzogen. Sie werden so erzogen, wie es die Familie Buchwald für richtig hält. Man muss ehrlich durch das Leben gehen. Der jüngere denkt da-bei genauso wie der ältere.

Wie wohnen Sie hier? Wir wohnen zwischen Tokio und Yokohama, haben ein schönes Haus mit bestimmt 200 Quadratmetern Wohnfl äche, einem Garten und einer Terrasse dabei.

Vermissen Sie schwäbische Spätzle? Dann gehe ich in die deutsche Bar. Wenn ich in Deutschland bin, vermisse ich Sushi.

Welche Werte haben Sie in Japan gelernt und verinnerlicht? Andere Meinungen zu akzeptieren, gelasse-ner und zufriedener zu sein. Früher konnte ich mich vor lauter Nachdenken selbst nicht kontrollieren, wusste nicht, warum etwas nicht geklappt hat, weil ich enttäuscht war. Heute suche ich nach Lösungen. INTERVIEW THORSTEN KLEIN, FOTO IMAGO

„ICH KÖNNTE IN TOKIO TAXIFAHRER WERDEN“

FRANKFURT/MAIN – Das deutsche Bier ist im Jahr der Fußball-WM in Deutschland „WM-taug-lich“. Das hat der Interna-tionale DLG-Qualitäts-test ergeben: Von 552 Bieren erhielten mehr als die Hälfte, nämlich 297, die Goldmedaille. Damit ist Deutschland, was Bier betrifft, „Qualitätsführer“, so Thomas Burk hardt von den DLG-Biertests. Das offi zielle WM-Bier kommt allerdings von der amerikanischen Brau-erei Anheuser Busch.

Ja, rund um die Uhr einkaufen zu können wäre prima – 53,0%

Nein, aber längere Öffnungszeiten als zurzeit wären schon gut – 27,5%

Nein, durch die WM soll die gegenwärtige Regelung nicht aufgeweicht werden - 19,5%

Jeden Monat stellen wir Ihnen auf unse rer Home page eine RUND-Frage zum aktuellen Fußballgeschehen. Das Ergebnis folgt im Heft darauf. Unter www.rund-magazin.de/voting können Sie jederzeit abstimmen. Im vergangenen Monat nah men 1154 Personen teil.

UMFRAGE

SOLLTEN DAS DEUTSCHE LADENSCHLUSSGESETZ WÄHREND DER WM AUFGEHOBEN WERDEN UND DIE GESCHÄFTE 24 STUNDEN GEÖFFNET SEIN? (die RUND-Online-Umfrage im Februar)

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Hier gibt’s

Gewinne

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WELCHER NAME IST DAS?BUCHSTABENRÄTSEL

In dieser vermeintlichen Bekanntmachung verbirgt sich ein Trainer und Exnationalspieler: Wer ist gemeint? Antworten bitte bis zum 18. April 2006 an: Redaktion RUND, Pinneberger Weg 22-24, 20257 Hamburg, Fax: 040/ 8080686-99, [email protected], Stichwort: Buchstabenrätsel. Wir verlosen ein von Robert Huth signiertes DFB-Trikot sowie drei Bände der „SZ“-WM-Bibliothek. Die Antwort des März-Rätsels: 1. Bush, 2. Nr. 11 bei Maier, 2. fehlender Adler bei Beckenbauer. Die Gewinner der Hörbücher von Hoffmann&Campe werden in der nächsten Ausgabe bekannt-gegeben. Die Gewinner des Februarrätsels (Fischer-Fußballbuch): A. Bachmeier, Allersberg; C. Plesch, Cloppenburg; C. Smidt, Friedrichsdorf; R. Schmitz, Berlin; H. Laible, Hochstadt. Die Gewinner werden verständigt.

Da lacht die SecurityMit dem Off-Table-Besteck „Nomad“ der

Geislinger Firma WMF sollen Fußballfans die WM überleben. Wobei Survival-Führer bisher

weniger die Benutzung von MesserGabelLöffel-Flaschenöffner als Grundvoraussetzung für den Dschungel ausgemacht haben als einen eisernen Willen. Den allerdings braucht der Fan, wenn er mit dem Set an der Security vorbei ins Stadion

möchte. Insofern … EBERHARD SPOHD, FOTOS BENNE OCHS

UNSER LIEBSTES

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UNTER DER ZEITLUPE

Hilde immer wilder: Links der mit dem Lineal beschnittene Bundi, rechts der Prototyp des Lieblingszivis. Acht Jahre liegen zwischen diesen Aufnahmen vom Stuttgarter Keeper. FOTOS IMAGO

TIMO HILDEBRAND

Das Champions-League-Finale vor bald fünf Jahren in Mailand gegen Valencia war das wich-tigste Spiel meiner Karriere. Dieser Titel hat mein Leben verändert. Als ich damals aus den Katakomben auf den Platz kam, sah ich gleich das riesige Transparent der Fans: „Heute ist ein guter Tag, um Geschichte zu schreiben!“ Von diesem Moment an war ich mir sicher, dass nichts mehr schief gehen würde. Auch nach dem frühen Gegentor und dem verschossenen Elfmeter von Mehmet dachte ich keinen Mo-ment daran, dass wir verlieren könnten. Wir hatten damals dieses riesige Selbstvertrauen. In der ersten Halbzeit spielte ich links vor-ne und machte mit Lizarazu zusammen sehr viel Druck. Trotzdem sagte Ottmar Hitzfeld in

TRAUMSPIEL

der Pause, dass er etwas ändern wolle. Er nahm Sagnol raus, brachte Carsten Jancker und ver-schob mich nach rechts hinten. Ich konnte mir das eigentlich nicht erklären, weil wir bis da-hin über links wirklich klasse gespielt hatten. Aber der Trainer meinte, unsere Aktionen wä-ren ihm nicht zwingend genug. Kurz nach dem Wechsel holte Jancker dann den Elfmeter zum 1:1 heraus. Effe haute ihn rein, und der Trai-ner hatte wieder alles richtig gemacht. Und dann kam das Elfmeterschießen: Ich musste als Zweiter ran. Sergio hatte den ers-ten verschossen, ich musste unbedingt treffen. Richtig nervös war ich trotzdem nicht. Ich lief einfach an und habe das Ding reingemacht. Am Ende hieß es 6:5. Den Pokal in meinen Hän-

den zu halten, war ein unglaubliches Glücks-gefühl. Das Endspieldrama zwei Jahre zuvor in Barcelona, das 1:2 gegen Manchester Uni-ted, war ganz bitter gewesen, umso größer war nun die Erleichterung. Neun Nächte hinter-einander haben wir gefeiert. Dieses Spiel und die Feiern danach werde ich mein Leben lang nie vergessen. AUFGEZEICHNET VON CLEMENS DRAWS, FOTO IMAGO

„Neun Nächte lang gefeiert“Bayerns Flügelfl itzer HASAN SALIHAMIDZIC denkt an denHöhepunkt seiner Karriere zurück: den Champions-League-Sieg imElfmeterschießen gegen den FC Valencia

HEUTE: MICHAEL BALLACK –

ein Leben in FilmenFOTO IMAGO

1_Go Trabi go

2_Good Bye, Lenin!

3_Für eine Handvoll Dollar

4_Für ein paar Dollar mehr

5_Die Reifeprüfung

6_Kehraus

7_Der englische Patient

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*Wir suchen die Skandale, die die früheren Weltmeisterschaften erschütterten. Was hat Sie aufgeregt? Und was davon ist im Gedächtnis geblieben? Schreiben Sie an: [email protected]. Stichwort: Skandal. Wir möchten uns an dieser Stelle bei allen Lesern bedanken, die uns Monat für Monat mit guten Hinweisen unterstützen.

FUSSBALLER-EHEN

DIEWICHTIGSTEN

SPIELERFRAUEN∫

FOTOS IMAGO, GES, HORSTMÜLLER

ILKA SEELERIlka Seeler kann gut rechnen. Klar, als gelernte Buchhalte-rin. Auch wenn sich nach der Heirat alles änderte: „Ilka nahm die Haushaltsführung in die Hand wie eine versierte Hausfrau. Alles klappte wie am Schnürchen – vom Früh-stück bis zum Abendessen. Wir verstanden uns von Tag zu Tag noch besser.“ Nennt den Uwe Dicker. Noch Fragen?

BEATE REHHAGELDer Dinosaurier unter den Spielerfrauen. Über 40 Jahre an Ottos Seite. Keine packt so schön die Koffer. Tobt sich ger-ne im Tuschkasten aus und ruft ihrem Mann beim Skifah-ren auch mal Hals- und Beinbruch hinterher. Muss Liebe schön sein? Nicht unbedingt, würde der König unter den Fußballtrainern vermutlich meinen.

LOLITA MORENADer Miss Schweiz von 1982 wäre es beinahe gelungen, den Schmalspur-Casanova Lothar Matthäus zu zähmen. In vier Sprachen versuchte die mauselige TV-Moderatorin der fränkischen Sprechmaschine Format beizupulen. Die Ehe wurde nach fünf Jahren 1999 geschieden, Lolita begab sich mit Depressionen in psychiatrische Behandlung.

SUSI HOENESSSie war einfach da, das war schon der Skandal beim WM-Bankett 1974. Die Spielerfrauen durften nämlich nach DFB-Willen nicht feiern. Die Weltmeister solidarisierten sich mit ihr und gingen woanders hin. Auch in späteren Jahren war Susi Hoeneß einfach da: Als ihr Gatte Uli sie mit einer Ste-wardess betrog – da blieb sie auch einfach da.

SABINE WITTWERWenn es je tongewordene Hybris gab, dann diese: „KSC, olé olé“ von Sabine Wittwer. Nach dem 7:0 gegen Valen-cia wollte die Gattin von Ausputzer Michael spanisches Flair nach Karlsruhe bringen und übersah, dass auch schlechte Vereinslieder ein Abstiegsgrund sind. Denn ein „blau-weiß Powerplay“ war beim „Superteam aus Baden“ danach kaum mehr zu sehen.

MEHMET SCHOLLSeit Mehmet Scholl einmal im Bayern-Jahrbuch die Grünen hängen wollte, so lange es noch Bäume gibt, füllt er Fra-gebögen mit Bedacht aus. „Traumberuf: Spielerfrau“ ist aber nicht sehr differenziert. Als Frau Scholl mag man ja noch wiedergeboren werden, als Gattin mancher Kollegen wä-re er aber wohl wirklich froh, dass es noch Bäume gibt.

ITALIA WALTEREine elegante Französin mit italienischer Mutter war nicht das, was sich Sepp Herberger für seinen Fritz wünschte. Als aber Italia diesem 1951 ein Angebot von Atlético Mad-rid ausredete, war Herberger zufrieden. Auch später küm-merte sie sich vorbildlich und hörte für ihren Fritz Fußball im Radio – damit der sich nicht so aufregen musste.

ARIANE KAPELLMANNMit einem einzigen Auftritt erschütterte Jupps Gattin die Fußballwelt: Am 26. November 1977 trat sie singend im „Sportstudio“ auf. Eine Spielerfrau als Showstar – uner-hört. Es folgten „Disco“ und die „Hitparade“, und in Frank-reich gewann sie sogar einen Schlagerwettbewerb. Spä-testens da hatte sie das kleine Fußballuniversum überwunden. Ein Lichtblick.

VERENA KERTHDass Fußballer ihre Gefährtinnen gern blond und dümm-lich haben, ist ein Klischee. Der Gegenbeweis: Verena Kerth. Olli Kahn schätzt an der jungen Intellektuellen, die er auf der Erstsemesterparty am Pädagogischen Institut (P1) kennen lernte, Esprit und Bildung. Beides weist sie als Mo-deratorin bei arte und 3sat überzeugend nach.

BIANCA ILLGNER, ANGELA HÄSSLER, GABY SCHUSTER

Die Mütter aller Spielerfrauen: Alle lernten sie ihr Handwerk beim 1. FC Köln und zogen dann in die Welt: Gaby war die erste Managerin, nämlich von Bernd. Bianca verhandelte für Bodo am härtesten. Und Angela Häßler, mittlerweile von Thomas geschieden, die skrupelloseste: Sie stieg mit dem damaligen 1860-Manager Edgar Geenen ins Bett.

ESTHER KOHLER, ANGELA VÖLLER, SYLVIA MATTHÄUS

Den Schwiegereltern von Profi s brach der kalte Schweiß aus, wenn diese in den 90er Jahren über die Alpen nach Italien zogen. Dort lernten sie mit Löffel und Gabel Pasta essen, danach die Bedeutung von amore kennen. Den Ita-lien-Opfern Angela Völler, Sylvia Matthäus und Esther Kohler blieb nur noch der Gang zum Scheidungsrichter.

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Zweite Luft: Viele Asthmasprays stehen auf der Dopingliste und dürfen nur mit therapeutischer Genehmigung benutzt werden

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I ST D I E L I G A S A U B E R ?DOPING IM FUSSBALL BRINGT NICHTS, HEISST ES. DOCH NACH DEM GROSSEN PROZESSGEGEN JUVENTUS TURIN WURDEN JETZT BEI OLYMPIQUE MARSEILLE DOPINGVORWÜRFELAUT. IN DEUTSCHLAND GAB ES BISHERNUR FÄLLE, DIE EIGENTLICH KEINE WAREN. ABER LIEGT DAS DARAN, DASS DOPING IM FUSSBALL SINNLOS IST? ODER IST DAS KONTROLLSYSTEM DEN METHODEN DERBETRÜGER NICHT GEWACHSEN? SCHAUT MAN GENAU HIN, IST DER BEFUND KLAR POSITIV: WER BETRÜGEN WILL, DER KANN DAS AUCHVON MALTE OBERSCHELP UND DANIEL THEWELEIT, FOTOS MICHAEL DANNER, BENNE OCHS UND MAAK ROBERTS

AM BALL Dopingtest

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Ganz in weiß: Auch unter Vereinsärzten gibt es schwarze Schafe – siehe Juventus Turin und vermutlich auch Olympique Marseille

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Wenn Mitte der 90er Jahre ein Profi zu Olym-pique Marseille wechselte, wurde er mit ei nem seltsamen Brauch begrüßt. Bernard Tapie, der damalige Klubboss, ehemalige Adidas-Chef und große Charismatiker feierte ein bemer-kenswertes Initiationsritual, bei dem jedem neuen Spieler erstmals die spezielle Behand-lung zuteil wurde, die bei dem Champions-League-Sieger von 1993 üblich gewesen sein soll. „Tapie hob sein Hemd am Rücken, und wartete auf einen Satz Spritzen mit 20 Nadeln, von denen eine in seinen unteren Rücken inji-ziert werden sollte. Dann streckte er die Arme, ballte die Fäuste und brüllte“, schrieb Tony Cas-carino, der 88-fache irische National spie ler, 2003 in einer Kolumne der britischen Zeitung „The Times“. Nach dem Chef sei dann der neue Spieler mit dem Medikament behandelt wor-den, das nach den Schilderungen Cascarinos „schärfer, energischer und hungriger auf den Ball“ machte – die typische Wirkung eines Sti-mulans. Es soll in Marseille sogar einen spe-ziellen Raum für diese Form der Medikation gegeben haben. Der englische Nationalspieler Chris Waddle, der von 1989 bis 1992 in Marseille spielte, hat Cascarinos Schilderungen bestätigt. Und im Februar ist ein Buch mit dem Titel „Ich spiele nicht mehr“ erschienen, in dem der franzö-sische Verteidiger Jean-Jacques Eydelie detail-reich schildert, wie die regelmäßige Praxis der Injektionen in Marseille abgelaufen sein soll. Eydelie hat zwar keinen guten Leumund, da er einst für Tapie Bestechungsgelder an ande-re Klubs überbrachte (siehe Kasten Seite 30), doch der Franzose Arsène Wenger, der heute Arsenal London trainiert, sagt zu Eydelies Vor-würfen: „Er spricht aus, was damals jeder in Frankreich dachte.“ Olympique Marseille ist damit neben Juve-ntus Turin der zweite europäische Klub, dem in den 90er Jahren systematisches Doping vor-geworfen wird. In Frankreich wurde nur nie er mittelt. Es ist un bekannt, was die Spritzen enthielten. „Bis heute weiß ich nicht, was es war“, schreibt Cascarino. „Ich klammere mich an den Hoffnungsschimmer, dass es legal war, aber ich bin mir zu 99 Prozent sicher, dass es das nicht war. Was auch immer es gewesen ist, meine Leistung verbesserte sich.“ Einen positiven Befund gab es nie.

Genau dies gilt im Fußball oftmals als hin-reichender Beweis, dass tatsächlich nicht ge-dopt wird. Es ist sogar ein weit verbreiteter Glaube, dass verbotene Substanzen überhaupt keine Rolle spielen, zu vielseitig seien die An-forderungen an Körper und Geist. „Doping er-gibt in diesem Sport keinen Sinn“, sagt Thomas Pfeifer, der Mannschaftsarzt von Bayer Lever-kusen und Vertreter der DFL in der Antidoping-kommission des DFB. Pfeifer ist ein Mann mit polierter Glatze und einer sanften, Ruhe aus-strahlenden Stimme, die Vertrauenswürdigkeit suggeriert. Seine Argumente jedoch sind kei-neswegs so klar und überzeugend. „Wer nicht mehr kann, wird ohnehin ausgewechselt, der Kader ist viel zu groß“, sagt er und poltert: „Wer auf dem Spielfeld steht, muss auch 45 Minu-ten rennen können.“

Pfeifer verteidigt die Fußballer mit einer er-staunlichen Vehemenz. „In unserem Kontroll-system kommt Doping früher oder später ans Licht, das würde ich einfach so behaupten“, meint er und bekräftigt: „In Deutschland wür-de ich für jeden Klub meine Hand ins Feuer legen.“ Der Spezialist für Knieoperationen ist sicher, dass alle Dopingfälle aus der Ersten und Zweiten Bundesliga „Verfahrensfehler“ sind: ohne Rücksprache mit dem Mannschaftsarzt geschluckte Grippemedikamente, Haarwuchs-mittel, versehentlich angewendetes Asthma-spray, verunreinigte Nahrungsergänzungsmit-tel oder Cannabiskonsum. Einen echten Dopingfall, in dem ein Spie-ler zweifelsfrei zum Zwecke der Leistungsstei-gerung verbotene Substanzen eingenommen hat, gibt es im deutschen Fußball tatsächlich nicht. Und solche Fälle sind auch im Weltfuß-ball äußerst selten (siehe Zeitleiste Seite 27). Aber liegt das tatsächlich daran, dass Doping im Fußball sinnlos ist? Oder ist das Netz der Kontrollen den Methoden der Betrüger ein-fach nicht gewachsen?

Pillenkick: Aufputschmittel nimmt man am besten vor dem Anpfi ff

WENIG POSITIVE FÄLLE GELTEN ALS BEWEIS, DASS NICHT GEDOPT WIRD. ES GIBT IM FUSSBALL DEN WEIT VERBREITETEN GLAUBEN, DASS VERBOTENE SUBSTANZEN GAR KEINE ROLLE SPIELEN

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rund_022_033_Titelgesch 25 rund_022_033_Titelgesch 25 09.03.2006 20:49:07 Uhr09.03.2006 20:49:07 Uhr

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GRAUZONEN NACH VERLETZUNGEN SIND AUCH AUFBAUPHASEN. HIER IST DIE VERSUCHUNG BESONDERS GROSS, DEN GENESUNGSPROZESS DES WERTVOLLEN SPIELERMATERIALS ZU BESCHLEUNIGEN

Raffaele Guariniello hat eine klare Meinung zu diesen Fragen. Der italienische Staatsan-walt ermittelte im spektakulären Dopingpro-zess gegen Juventus Turin und glaubt, dass der Gebrauch leistungssteigernder Mittel unter Fuß ballern durchaus verbreitet ist. „Die Do-pingpraktiken wurden lediglich verfeinert“, meint der kleine Mann, der in einem abgedun-kelten Büro im Justizpalast von Turin arbeitet (siehe Interview Seite 32). Seine Stimme surrt leise, manchmal huscht ein Lächeln über sein Gesicht. Die Indizienlage gegen Juventus war erdrückend, die Blutwerte legten ein systema-

Testverfahren, mit denen eigens entwickel-te Mittel identifi ziert werden können, existie-ren nicht. Das gilt für Designersteroide wie für Wachstumshormone, für Doping mit eige nem, speziell behandeltem Blut oder für Varianten des Peptidhormons Epo. „Diejenigen, die ihre Leistung steigern, machen das inzwischen auf eine Weise, die nur schwer nachzuweisen ist“, meint Augustin. Dennoch glaubt er nicht dar-an, dass derart kriminelle Energien im Fußball-sport verbreitet sind. Zu dicht sei der Termin-kalender, zu sehr sei die Öffentlichkeit auf das Spiel fokussiert. Zudem war Fußball 2004 mit über 800 Kon-trollen jene Sportart, die in Deutschland nach der Leichathletik die meisten Tests durchführ-te. Auch das ist ein gerne vorgebrachtes Argu-ment für die Unschuld des Fußballs. Doch be-rücksichtigt man die Zahl der Spieler in den 72 Mannschaften der ersten drei Ligen und dass auch U23, U21 und Frauenteams getestet werden, ist die Wahrscheinlichkeit für einen Spieler gering, regelmäßig überprüft zu wer-den. Zumal für einige verbotene Stoffe gilt: Ihr leistungssteigernder Effekt ist nachhaltiger als die Nachweisbarkeit im Urin. Grauzonen nach Verletzungen sind auch Auf-bauphasen. Hier ist die Versuchung besonders groß, mit verbotenen Substanzen den Gene-sungsprozess des wertvollen Spieler materials zu beschleunigen. Doch das Gros der Doping-kontrollen fi ndet nach dem Abpfi ff statt, wenn zwei Spieler pro Mannschaft zur Urinpro be ausgelost werden. 2004 waren in Deutschland lediglich zwölf Prozent der Prüfungen un an ge-meldete Out-of-Competition-Kontrollen, „da versuchen wir, jedes Team jede Saison min-destens einmal zu besuchen“, erklärt Augus-tin. Dadurch ist die Anzahl der Kontrollen pro Team relativ niedrig und in der Abgeschieden-heit der Reha-Zentren noch einmal geringer. Endgültig löchrig wirkt das Kontrollsystem, wenn man den Umgang mit dem unter dem Kürzel Epo bekannten Erythropeitin genauer betrachtet. Die Lieblingsdroge der Radfahrer fördert die Produktion roter Blutkörperchen und führt zu stark verbesserten Ausdauerwer-ten. Im Turiner Prozess spielte der Stoff eine zentrale Rolle, in erster Instanz war Juve-Team-arzt Riccardo Agricola unter anderem deshalb zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden.

tisches Epo-Doping nahe. Positive Tests gab es bei Juve trotzdem nicht. Denn es gibt Lücken im System. „Früher wur-den Medikamente benutzt, die zu medizini-schen Zwecken entwickelt wurden, heute wer-den Substanzen allein zum Dopen hergestellt“, sagt Toni Graf-Baumann, Vorsitzender des Fi-fa-Dopingkontrollausschusses. „Da gibt es ein mafi öses Business dahinter.“ Roland Augustin, Chef der deutschen Antidopingagentur Nada in Bonn, vermutet solche Labore im „Umfeld der russischen Kosmonauten“. Chemisch sei da „relativ einfach was zu machen“.

Selbst ist der Mann: Jeder ist dafür verantwortlich, was sich in seinem Körper befi ndet – egal, wie es hineingekommen ist

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Arsène Wenger äußerte noch vor gut einem Jahr die Vermutung, es werde in Europa wei-terhin mit Epo gedopt, nachdem einige von Arsenals Neuverpfl ichtungen mit auffälligen Blutwerten nach London gekommen waren. Trotzdem wird kaum eine der Proben im deut-schen Fußball auf Epo überprüft. „Wir werden uns auf die Sportarten konzen-trieren, in denen es mehr Sinn ergibt, Epo zu nehmen“, sagt Roland Augustin. Beim Triath-lon etwa wurden 2005 alle Proben auf Epo ge-testet. Für den Fußball bleiben kaum Kapazi-täten übrig, die Möglichkeiten der beiden Dopinglabore in Köln und Kreischa bei Dres-den sind beschränkt. Zudem dauert das Epo-Testverfahren mit drei Tagen wesentlich länger als das normale Scree ning und verdoppelt die Kosten auf bis zu 300 Euro pro Probe. Selbst das französische Labor in Châtenay-Malabry,

das im Jahr 2000 das Verfahren zum direkten Epo-Nachweis im Urin entwickelte und dar-auf spezialisiert ist, testet jährlich nur 500 von 9000 Proben auf die Substanz. Dabei fände Nada-Chef Augustin es sinn-voll, die Proben der Kicker schärfer un ter die Lupe zu nehmen. „Es droht sicherlich die Ge-fahr, dass Epo verwendet werden könn te, weil der Fußball athletischer und ausdauerinten-siver geworden ist“, sagt er. Der glei chen Mei-nung ist Klaus Müller. Der 68-Jähri ge ist Mit-glied jener elfköpfigen Kommission der Weltantidopingagentur Wada, die jährlich die Liste der Dopingmittel aktualisiert und leitet seit 1992 das Dopinglabor in Kreischa. Zuvor war Müller Toxikologe in der Gerichtsmedi-zin und strahlt das gesunde Misstrauen eines Mannes aus, dem nichts Menschliches fremd ist. „Unterbliebene Kontrollen können nie

1954

Weil mehrere der deutschen WM-Sieger kurz nach dem Turnier an Gelbsucht erkrankten, geriet das Team unter Dopingverdacht.

Alle waren mit der gleichen Spritze behandelt worden. Das einstimmige Dementi: nein, nur Traubenzucker.

Zeitleiste

1994

Der Fußball hat seinen ersten großen Dopingskandal: Bei der WM 1994 wird Diego Maradona positiv auf unter anderem Ephedrin getestet, ein Stimulanz, das auch Anabolika enthält. Maradona wurde für 15 Monate gesperrt, Argentinien schied aus.

2003

Im Dienst von ManU erschien der englische Nationalverteidiger Rio Ferdinand nicht zur Dopingkontrolle. Sein Kommentar:

vergessen. Das wird als positiver Test gewertet, Ferdinand wurde acht Monate gesperrt – und verpasste auch die EM.

Sitzen oder stehen: 75 ml Urin muss ein Spieler beim Dopingtest mindestens abgeben, danach werden A- und B-Probe anonymisiert

1995

Gegen Ende der Karriere wollte

Extorschützenkönig Roland Wohlfarth

abspecken und schluckte den

Appetitzüngler Recatol. Leider

enthielt das Mittel das Aufputschmittel Norephedrin. Der Bochumer bekam

acht Wochen Sperre – der erste Fall in der Bundesliga.

1987

„In der Bundesliga hat Doping seit lan gem

Tradition“, schrieb Keeper Toni

Schumacher 1987 in seiner Lebensbeichte „Anpfi ff“. Als Beispiel

nannte er das Auf putschmittel

Captagon. Die Konsequenz:Schumacher verlor seinen Job beim 1.

FC Köln. Im Jahr darauf führte der DFB die ersten Dopingkontrollen ein.

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RUND 27

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Testläufe: Im Institut für Dopinganalytik in Kreischa werden pro Jahr etwa 6000 Proben bearbeitet, davon 1000 von DFB, Fifa und Uefa

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RUND 28

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positiv sein“, sagt er. Aber „wenn einige hundert Epo-Proben pro Jahr zusätzlich gemacht wer-den, geht das nicht ohne Personalaufstockung und Investitionen in zusätzliche Geräte“. Das liegt auch daran, dass ein positiver Epo-Befund nicht abgelesen werden kann wie ein Lackmustest. Das Verfahren ist zu kompliziert, das Ergebnis muss interpretiert werden. Seit in ei nigen Fällen A- und B-Probe nicht überein-stimmten, verlangt die Wada gar, dass jeder po- sitive Epo-Test von zwei Laboren begutachtet wird. Die Zweifel am Testverfahren, von den Anwälten positiver Athleten hocherfreut aus-geschlachtet, haben im Fußball zu einem un-terschiedlichen Umgang der internationalen Verbände mit dem Thema geführt. Toni Graf-Baumann geht ohnehin davon aus, dass der Epo-Einsatz im Fußball „null Sinn“ er-gibt. Der Anäs thesist, Jurist und Vereinsvorsit-zende des Oberligisten FC Emmendingen lebt im südba dischen Teningen, in seinem vollge-stopften Bü ro klingelt ständig das Telefon. Ar-sène Wenger hat Graf-Baumann nach seinen

Epo- Vorwürfen angerufen und bekam zu hö-ren, was er denn „für einen Scheiß“ erzähle, so ganz ohne wissenschaftlichen Beleg. Seit der WM 2002 lässt der Weltverband auch auf Epo testen, aber nach Fifa-Auffassung lässt sich ein überführter Fußballer derzeit gar nicht be-strafen. „Wenn nicht über einen längeren Zeit-raum wiederholt Blut abgenommen wird, reicht der Urintest auf Epo allein im Moment nicht aus“, glaubt Graf-Baumann. Damit bezieht die Fifa einmal mehr eine an-dere Position als die Wada, die den Epo-Test – ebenso wie das IOC – nach wie vor für zuver-lässig hält. Auch Marc Vouillamoz, Leiter der Antidopingeinheit der Uefa im schweizeri-schen Nyon, widerspricht Graf-Baumanns In-terpretation. „Für uns ist der Epo-Test gültig, der internationale Sportgerichtshof CAS hat

das bestätigt – selbstverständlich würden wir Spieler nach einem positiven Test sperren.“ Der europäische Verband hat im Fußball die bisher überzeugendste Antidopingkampagne aufgelegt. Der Anteil der Trainingskontrollen (20 Prozent) ist höher als in Deutschland, bei der EM 2004 wurden schon im Vorfeld alle Teams auf Epo untersucht. Seit der laufenden Saison fi nden auch in der Champions League bei allen 32 Mannschaften unangekündigte Trainingskontrollen statt, und zwar gleich bei zehn Spielern pro Mannschaft. Alle Proben werden auch auf Epo überprüft. 1,6 Millionen Euro lässt sich die Uefa die-ses Pro gramm pro Jahr kosten, inklusive einer groß an gelegten Aufklärungskampagne, wäh-rend die Nada und die deutschen Labore unter no torischer Geldnot leiden. Das macht die

SEIT DER WM 2002 LÄSST DIE FIFA AUCH AUF EPO TESTEN, ABER NACH IHRER INTERPRETATION LIESSE SICH EIN ÜBERFÜHRTER SPIELER DERZEIT GAR NICHT BESTRAFEN

WAS SIE SCHON IMMER ÜBER DOPING IM FUSSBALL WISSEN WOLLTEN

WAS IST ES? WIE WIRKT ES? WER WAR POSITIV?

Stimulanzien: Captagon, Ephedrin, Amphetamin, Kokain, Noradrenalin

Anabolika: Nandrolon, Testosteron, Stenbolon, Stanozolol

Asthmamedikamente: Fenoterol, Clenbuterol, Salbutamol, Salmeterol

Blutdoping: Erythropeitin (Epo), Eigenbluttransfusion, künstliche Sauerstoffträger

Maskierende Substanzen: Diuretika, Finasterid, Epitestosteron

Cannabinoide: Haschisch, Marihuana, Cannabisöl

Gendoping: Repoxygen

Generelle Stimulation, größere Agilität, verbesserte Reaktions- und Wahrneh-mungsfähigkeit, Wachheit

Förderung der Proteinsynthese in den Muskelzellen, Zunahme der Muskelmas-se, Rückgang des Körperfetts

Wirken auf die Bronchien ein, dadurch verbesserte Sauerstoffzufuhr durch die Atemwege – die zweite Luft

Vermehrung der Anzahl roter Blutkörper-chen und damit verbesserter Sauerstoff-transport erhöhen die Ausdauerfähigkeit

Diuretika scheiden im Körper Wasser aus, so dass sich der Urin verdünnt. Finasterid verschleiert etwa Nandrolon

Eine französische Studie legt nahe, dass Cannabis Torhütern zu Ruhe und guter Fokussierung verhelfen kann

Genveränderte Zellen werden in die Muskeln eingeschleust und produzieren dort Epo – Doping ohne Spritzen

Toni Schumacher, Diego Maradona, Thomas Ernst, Falko Götz (BFC Dynamo)

Frank de Boer, Edgar Davids, Fernando Couto, Christophe Dugarry, Igor Schalimov u.a.

Senad Tiganj, trug 2005 damit zum Abstieg von Rot-Weiß Erfurt bei (Punktabzug)

Im Juve-Prozess deuteten Blutwerte auf Epo-Doping hin, das Verfahren läuft noch

Falk Schindler, Nemanja Vucicevic (Haarwuchsmittel mit Finasterid-Anteilen)

Fabien Barthez, Bernard Lama, Ibrahim Tanko, Quido Lanzaat, Alexander Walke

Bisher kein Fall bekannt. Die Repoxygen-Entwicklung ist in der Tierversuchsphase

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Antidopingbemühungen des reichen Fußballs nicht gerade glaubwürdiger. „Im Fußball ist eine Menge Geld im Spiel, der Druck ist hoch – deshalb gibt es ein Risiko“, sagt Vouillamoz, der eher wie ein Manager als ein Fußballfunk-tionär aussieht. „Wir sollten nicht naiv sein. Warum sollte der Fußball nichts mit dem Do-pingproblem zu tun haben?“ Doch die Auffassungen der Verbände, Ins-titutionen und Experten divergieren auffällig. Der Arzt Pfeifer glaubt, Doping ergebe im Fuß-ball überhaupt keinen Sinn. Nada-Chef Augus-tin vermutet, dass Anabolika Fußballern nicht weiter helfen, weil sie nicht direkt an den Mus-keln des zu stärkenden Gelenks ansetzen, wäh-rend Graf-Baumann erklärt: „Anabole Stero-ide wie Nandrolon oder Testosteron werden offenbar häufi ger zu Dopingzwecken im Fuß-ball missbraucht als wir es angenommen ha-ben.“ Gleichzeitig hält der Fifa-Mann den Epo-Einsatz im Fußball für nutzlos, was wiederum Augustin anders sieht. Manche Stoffe sind ver-boten, wenn sie oral eingenommen werden, als Salbe jedoch erlaubt – nur lässt sich nach-träglich nicht nachprüfen, wie das Medika-ment angewendet wurde. Und ob Kreatin, das gegenwärtig noch genommen werden darf, auf die Liste verbotener Substanzen gehört, ist ebenfalls umstritten. Das Thema ist hochkom-plex und selbst für Kenner in vielen Winkeln neblig und unklar. Das zeigt sich auch in den unterschiedlichen Sanktionen, die ausgesprochen werden, wenn ein Dopingsünder überführt ist. Mal wird ein Spiel wiederholt, mal wird es als verloren ge-wertet, mal erhält nur der Spieler eine persön-liche Strafe, oder es wird eine Geldstrafe ver-hängt. Jahrelang stritten Fifa und Wada mit bisweilen heftigen Wortgefechten, weil der Weltfußballverband sich weigerte, den Wada-Code wegen einer – juristisch in der Tat zwei-felhaften – zweijährigen Mindeststrafe für Ersttäter anzuerkennen. Man drohte schon da-mit, den Fuß ball aus dem Kanon der olym-pischen Sportar ten zu entfernen. Es handelt sich um einen Kampf der Weltregierungen des Sports um Autonomie und Einfl uss, der bei der vergangenen WM in Japan und Korea darin gipfelte, dass die Fifa Wada-Beobachtern eine Teilnahme an dem Turnier verweigerte. Inzwi-schen schlichtet der Sportgerichtshof CAS.

DER EHRLICHE BETRÜGER Vor dem Gebäude, in dem sich Jean-Jacques Eydelies Verlag befi ndet, steht sich eine Journalistin

der Skandalpresse seit drei Stunden die Beine in den Bauch. Der ehemalige Fußballer von Marseille will sie nicht empfangen. „Man muss aufpassen, dass da nicht sonst was draus wird!“, meint der Exprofi . Sein Buch „Ich spiele nicht mehr“ ist ein Erfolg. Eine Woche nach seinem Erscheinen und nach 30.000 verkauften Exemplaren hat der Verlag eine neue Aufl age von 20.000 Stück herausgebracht. Doch Eydelie bekräftigt: „Ich habe dieses Buch nicht des Geldes wegen geschrieben. Ich tue das, um mich zu befreien. Jetzt die Wahrheit zu sagen, ist eine Erlösung“, versichert er. Doch inwieweit soll man einer Person glauben, die so tief in die Korruption im Fußball eingetaucht ist? „Es ist besser, nicht Europapokalsieger zu werden und dafür sauber zu bleiben“, versucht der Vater von fünf Kindern zu überzeugen. „Ich wünsche mir, dass dies den Jungen eine Lehre sein kann.“ Die Lehre seines Buches ist allerdings nicht gerade offensichtlich. Den größten Raum nimmt der Prozess um die Affäre ein, in der Marseille im Spiel gegen Valenciennes einen Bestechungs-versuch unternahm. Doch der fand vor über zehn Jahren statt, Bernard Tapie wurde verurteilt. Heute zu sagen, er sei schuldig, ist nicht gerade ein Knüller. Und die Dopingvorwürfe bestehen nur aus wenigen Passagen, ohne dass eine Substanz genannt wird. Das Buch verrät uns vielmehr einiges über die Persönlichkeit Eydelies. Heute gesteht er: „Im Grunde hatte ich kein Selbst-vertrauen. Immer war ich es, der sich mit Leuten anfreundete, der ständig jedermanns Freund sein wollte, selbst wenn die anderen vielleicht gar keine Lust hatten.“ Gerade machte ihn sein ehemaliger Teamkollege Jocelyn Angloma in einer Radiosendung nieder: „Eydelie, den kenne ich nicht!“ Nicht leicht, um jeden Preis gefallen zu wollen. Eydelie hat an Tapie geglaubt, und das Geld hat ihn blind gemacht: „Ich stamme aus dem Arbeitermilieu, wo man mir Respekt vor dem Chef eingehämmert hat. Doch er ist jemand, der einem nicht erlaubt, nachzudenken und etwas zu erwidern. Und ich wollte diese wunderbare Welt nicht verlassen. Wenn man in einem großen Haus sitzt, mit schönen Autos davor, verliert man die Bodenhaftung.“ Obwohl sein Buch den französischen Fußball erschüttert hat, ist Eydelie weiter überzeugt, dass ihm jemand die Hand reichen und aus der heiklen fi nanziellen Lage befreien wird, in der er sich befi ndet. Nur wer? JEAN DAMIEN LESAY

Am Tropf: Infusionen sind seit 2005 nur erlaubt, wenn ein Arzt dazu rät. Mit zusätzlicher Flüssigkeit lässt sich die Dopingprobe verwässern

AM BALL Dopingtest

RUND 30

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Die Fifa ist dabei offenkundig darauf bedacht, den Fußball vor weit reichenden Beschä di gun-gen zu schützen. Die beiden Mexikaner Aarón Galindo und Salvador Carmona, die im vergan-genen Sommer beim Confederations Cup ge-spielt haben, obwohl sie in einem verbandsin-ternen Test des Nandrolon-Dopings überführt worden waren, erhielten eine einjährige Sper-re. Die gewonnenen Spiele gegen Japan und Brasilien, in denen beide mitwirk ten, blieben unangetastet. Ähnlich agierte der Weltverband im Falle des entscheidenden WM-Qualifi kati-onsspiels, in dem sich Angola durch ein 1:0 in Ruanda die WM-Qualifi kation sicherte. Nach der Partie war Vertei diger Yamba Asha positiv gestestet worden, auch er erhielt eine Strafe von einem Jahr – der Sieg seiner Mannschaft zählt. Andernfalls hätte Nigeria die Angolaner als WM-Teilnehmer ersetzt – eine Nachricht, die für wesentlich mehr Wirbel gesorgt hätte. Der DFB geht da anders vor. Der Emdener Falk Schindler wurde im Regionalligaspiel bei Fortuna Düsseldorf positiv getes tet – und die Partie als verloren gewertet. Die Begegnung von 1860 München und Wacker Burghausen wurde hingegen wiederholt, nachdem Ne-manja Vucicevic in einem Test auffi el. Beide Spieler hatten ein Haarwuchsmittel mit dem verbotenen Stoff Finasterid verwendet. Grund-sätzlich sanktioniere der Weltverband mit „In-dividualstrafen“, sagt Fifa-Sprecher Andreas Herren zum Fall des Angolaners Asha. Die ein-zige Ausnahme besteht darin, einem nationa-len Verband Mitwisserschaft oder systemati-sches Doping nach zuweisen. Das aber ist allein mit Wettkampf- und Trai-ningskontrollen kaum zu leisten. In Italien wä-re der Prozess gegen Juve, das polizeiliche Vor-gehen beim Giro d’ Italia 2001 oder die Razzia bei den österreichischen Langläufern während der Olympischen Spiele von Turin nicht mög-lich gewesen ohne das einzigartige italienische Antidopinggesetz. „Durchsuchungen und ab-gehörte Telefonate sind sehr effektiv“, sagt Raffaele Guariniello, „denn was die Analytik angeht, hinken wir ständig hinterher.“ Folg-lich müsse man auch andere, staatlich legiti-mierte Methoden zur Anwendung bringen – was wiederum bisher nur in Italien möglich sei. In Deutschland gibt es die entsprechenden

gesetzlichen Grundlagen nicht. Hier zählt al-lein die positive Probe des Athleten. Ein Trai-ner, der im Besitz von verbotenen Substanzen ist, lässt sich nur belangen, wenn die Stoffe unter das Betäubungsmittelgesetz fallen. Nach Recherchen der Tageszeitung „Il Gi-ornale“ werden in Italien mit Dopingmitteln jährlich etwa 650 Millionen Euro erwirtschaf-tet, rund die Hälfte im professionellen Sport-bereich. Wenn das stimmt, ist die Anzahl der überführten Sportler lächerlich klein. Der Fuß-ball hat das Problem erkannt und tut viel mehr

als noch vor zehn Jahren. Ob das reicht, steht auf einem anderen Blatt. Als Nationalsport, milliardenschwere Unterhaltungsindustrie und Welt der Träume für Kinder liegt es nahe, dass er mehr tut als weniger im Fokus der Öffent-lichkeit stehende Sportarten. Denn nicht al-le glauben, dass ein systematisches Doping à la Marseille oder Turin hier und jetzt unmög-lich sei. Klaus Müller: „Man soll nie nie sagen.“ Gut möglich, dass der Fußball gerade erst die ersten Kapitel eines großen Dopingepos ge-schrieben hat.

Gute Technik: Der Autosampler bereitet Proben für den Kohlenstoff-Isotopen-Massenspektrometer vor, mit dem körpereigenes und künstliches Testosteron unterschieden werden kann

DER FUSSBALL HAT DAS DOPINGPROBLEM ERKANNT UND TUT VIEL MEHR ALS NOCH VOR ZEHN JAHREN. OB DAS REICHT,

STEHT AUF EINEM ANDEREN BLATT

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Herr Guariniello, Sie ermitteln seit Jahren in der Welt des Dopings. Zuletzt sind die Verantwortlichen von Juventus Turin in zweiter Instanz freigesprochen worden. Ist der Fußball zu mächtig?RAFFAELE GUARINIELLO Insgesamt bin ich mit meiner Arbeit zufrieden, aber natürlich ist es wie ein Kampf gegen Windmühlen. Ein großer Erfolg ist, dass ich mittlerweile nicht mehr alleine bin. Wichtige Ergebnisse wurden auch von Kollegen in Trient, Padua, Flo-renz oder Apulien erzielt. Aber das Antidopinggesetz würden Viele insbesondere im Fußball lieber heute als morgen wieder abschaffen.

In anderen Ländern gibt es im Fußball kaum Dopingfälle. Warum ausgerechnet Italien? Das frage ich mich auch. Ich frage mich ausdrücklich: Gibt es diese Fälle hier, weil Italien ein Sonderfall ist oder weil vielleicht in den an-deren Ländern gar nicht geforscht wird? Es kommt offenbar auf die Ermittlungsinstanzen an. In Italien ist die Justiz unabhängig und au-tonom, und sie hat wegen des speziellen Gesetzes eine rechtliche Handhabe. In anderen Ländern ermitteln keine Institutionen mit Staatsmacht.

Was machen Sie besser als die Verbände und Antidopingagenturen? Als wir mit unseren Dopingermittlungen im Fußball, aber auch in anderen Sportarten anfi ngen, sagte man uns seitens der Verbände ein-hellig, sie hätten alles unter Kontrolle. Doping sei kein Thema, weil sie Tausende von Dopingkontrollen durchführen würden. Unsere Er-mittlungen förderten allerdings das Gegenteil zutage. Bei der Durch-suchung des römischen Antidopinglabors Aqua Acetosa, wo sämtliche Proben aus Italien untersucht wurden, stellten wir fest, dass die Ana-lysen fehlerhaft oder unvollständig waren. Die Urinproben der Fuß-baller wurden beispielsweise nicht auf Anabolika untersucht. Und es gab eine Zeit, da wurden viele Proben entsorgt, ohne dass sie über-haupt analysiert wurden.

Wieso haben die Verbände derartige Missstände nicht selbst bemerkt? Es ist nicht einfach, in Sachen Doping zu ermitteln, es gibt große Wi-derstände. Aber wir verfügen über verschiedene Instrumente: vom

Abhören von Telefonen über die Beschlagnahme von Medikamenten und medizinischem Gerät bis hin zur Hausdurchsuchung. All das kön-nen Antidopingagenturen und Verbände nicht tun.

Hat die Presse bei der Aufdeckung in den italienischen Doping-skandalen eine Rolle gespielt? Eigentlich nicht. Nur aufgrund der Arbeit der Justiz kamen die Din-ge ans Tageslicht. Sicherlich fanden dann die Ermittlungen breiten Raum in der Presse und in den Wissenschaftsmagazinen. Letztere in-teressierten sich besonders für die Todesursachen von Sportlern, die ich auch untersuche. Wir haben inzwischen ein Archiv über den Tod von 24.000 Sportlern angelegt.

Was können Sie aus diesen Daten schließen? Es ist diese dramatisch hohe Sterblichkeit der Sportler am Gehrig-Syndrom. Was ich jetzt herauszufi nden versuche ist, warum unter Fußballern diese Krankheit so weit verbreitet ist und warum die Spie-ler zum Teil so jung sterben. Wahrscheinlich geht die hohe Quote auf die Einnahme bestimmter Substanzen zurück.

Sie haben den italienischen Fußball und ein Heiligtum, nämlich Juventus Turin, beschmutzt. Wie werden Ihre Ermittlungen von den Tifosi auf der Straße bewertet? Im Allgemeinen reagieren die Menschen positiv darauf. Es ist ein neues Bewusstsein entstanden.

In Deutschland gibt es den Refl ex, den Sport zu schützen und bei positiven Proben zunächst anzunehmen, dass es sich um irgendein Versehen handelt. Wie funktioniert die internationale Kooperation? Mit Ausnahme von Frankreich haben die anderen europäischen Län-der kein Antidopinggesetz, das macht den Kampf natürlich schwie-riger. Es erstaunt mich außerdem sehr, dass in Großbritannien oder Deutschland keine Untersuchung zur Sterberate von Fußballern exis-tiert. In diesen Ländern sucht man vergeblich nach diesen Zahlen, doch auch in Deutschland sind Fußballer wie Krzysztof Nowak vom VfL Wolfsburg am Gehrig-Syndrom gestorben.INTERVIEW VINCENZO DELLE DONNE UND DANIEL THEWELEIT, FOTO GRAZIA NERI

„NATÜRLICH IST ES WIE EIN KAMPF GEGEN WINDMÜHLEN“AUF DEM GRAUEN LINOLEUMFLUR VOR DEM ZIMMER IM TURINER PALAZZO DI GIUSTIZIA WARTETEN EINST ZINÉDINE ZIDANE, RONALDO, DIEGO MARADONA UND MARCO PANTANI AUF IHRE ANHÖRUNGEN. HINTER DER WEISSEN TÜR MIT DER ABGEGRIFFENEN KLINKE SITZT RAFFAELE GUARINIELLO FAST SCHÜCHTERN AUF EINEM RIESIGEN CHEFSESSEL. MEIST SORGT ER SICH UM ASBESTVERGIFTUNGEN VON BAUARBEITERN ODER NEBENWIRKUNGEN VON ANTI-ZELLULITISPILLEN, BERÜHMT MACHTE IHN JEDOCH SEIN KAMPF GEGEN DAS DOPING IM SPORT

Unerbittlich: Staatsanwalt Guariniello in seinem Büro in Turin

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Die toten Teufel und ihre Kinder VON CHRISTOPH RUF UND TOBIAS SCHÄCHTER, FOTOS MAREIKE FOECKING

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Ein Hertzsch und eine Seele: Nach dem glücklichen Sieg gegen Bielefeld herzen sich Ingo Hertzsch und Keeper Jürgen Macho

Nachdem der fi nanzielle Ruin zunächst abgewendet ist, kämpft der 1. FC Kaiserslautern jetzt um das sportliche Überleben in der Ersten Liga. Fast genau so wichtig ist den Vereinsobe-ren, die abhanden gekommene Einheit mit den Fans wieder-herzustellen. Da trifft es sich gut, dass ein paar Jungspunde aus der Region derzeit ziemlich gefällig Fußball spielen

1964 nahm ihn sein Vater zum ersten Mal mit auf den Betzenberg. „Seitdem bin ich infi ziert“, sagt Raimund Moser. Der Bazillus, von dem der Mittfünfziger befallen ist, heißt 1. FC Kaiserslautern. 1975 gründe-te der Besessene den Fanclub „Pfälzer Chaoten Bruchsal/Speyer“. Seit-her hat Moser kaum ein Spiel des FCK verpasst. Am liebsten erinnert er sich an die internationalen Begegnungen. Madrid, Bratislava, Göte-borg – Moser war dabei. In seinem Hobbykeller gibt es kaum ein Fleck-chen ohne FCK-Erinnerungsstück: Schals, Tassen, Autogrammkarten. Moser hat das Vereinstrikot an und redet „von früher“, früher, als es beim FCK populäre Präsidenten wie Udo Sopp und Norbert Thines gab, Spieler wie Klaus Toppmöller, Pavel Kuka oder Martin Wagner, die sich nach den Spielen mit den Fans unterhielten. Davon zeugen in Mosers Keller zahlreiche Fotos. Überhaupt Martin Wag ner: Der Na-tionalspieler ging nach dem Abstieg 1996 mit in die Zweite Liga. Er war ein Fußballer, der weniger begabt war als andere, aber immer al-les aus sich herausholte und niemals aufgab. So etwas lieben sie in der Fußballpfalz.

„Damals“, sagt Moser und meint die Zeit nach dem Abstieg 1996, „da war die Identifi kation der Fans mit dem Klub und Spielern wie Wagner und Kadlec noch richtig stark. Wir hatten im Schnitt 36.000 Zuschauer in der Zweiten Liga.“ Der FCK ist direkt wieder aufgestie-gen. So lange ist das eigentlich noch nicht her. Aber wenn Raimund Moser über die „guten, alten Zeiten“ spricht, klingt das, als spräche er von einem fernen, längst untergegangenen Zeitalter.

Derzeit kämpft der Klub gegen den Abstieg. Wieder einmal. Doch kaum noch 30.000 Zuschauer kommen zu den Heimspielen ins zur WM-Arena aufgemotzte Fritz-Walter-Stadion. „Das Stadion kriegen wir außer gegen Bayern nie mehr voll,“ glaubt René C. Jäggi, der Schweizer Sanierer, der zum Saisonende als Vorstandsvorsitzender ausscheidet. Vieles ist schief gelaufen in den Jahren, seit Otto Rehhagel den frisch gebackenen Aufsteiger 1998 direkt zum Meistertitel führte. Das Band zwischen den Fans und dem ersten Fußballklub ihrer Region ist längst nicht mehr so eng geknüpft wie früher. Zumal oft Kleinigkeiten für Unmut sorgen, wenn es auf dem Platz nicht läuft: In einer strukturschwachen Region muten Profi s, die mit De signerklamotten durch die Stadt laufen, offenbar befremdlich an.

„Früher sind die Leute auf den Tisch gesprungen, wenn jemand etwas Negatives über den FCK gesagt hat. Dahin müssen wir wieder kommen“ DIETER BUCHHOLZ

Derzeit kämpft der Klub gegen den Abstieg. Doch nicht einmal 30.000 Fans schauen zu

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Mittlerweile sind die drei als Wirtschaftskriminelle zu Bewährungs- (Friedrich) oder Geldstrafen (alle) verurteilt. Doch bis heute zeigen sich die tief gefallenen Macher uneinsichtig. Unmittelbar nach den Urteilen im Oktober kündigte Wieschemann in der Zeitung „Die Rheinpfalz“ erst einmal „ein Besäufnis beim Italiener“ an. Profi tiert haben viele vom Größenwahn auf dem Betzenberg – vor allem die Spieleragentur Rogon des Beraters Roger Wittmann. Alleine für den Wechsel des Kölners Christian Timm im Jahr 2002 kassierte Rogon laut Finanzchef Erwin Göbel 1,1 Millionen Euro Provision vom FCK. Zeitweise spielten zehn von Rogon beratene Profi s in der Pfalz. Deren Einfl uss war groß. So versuchte Wittmanns Schwager Mario Basler Spieler von anderen Agenten zu Rogon zu lotsen. Seit René C. Jäggi das Sagen hat, hat er es sich zum Ziel gesetzt, den Einfl uss der Agentur zu schwächen. Wenn am Saisonende Halil Altintop nach Schalke wech-selt und zudem Ferydoon Zandi den Verein verlassen sollte, stünde beim FCK kein Spieler mehr von Rogon unter Vertrag.

Stefan Rosskopf, Fanbeauftragter des Vereins, vermutet, dass Spieler wie Engelhardt, Zandi oder Altintop neben ungenauen Abspielen auch Fehler im modischen Bereich gemacht haben. „Wer so gestylt herum-läuft, macht sich in der Pfalz nicht beliebt.“

„Die Leute sind nicht gleichgültig geworden,“ glaubt Moser, „sie ha-ben nur zu lange gelitten.“ Die ehemalige Vereinsführung um den Vor-standsvorsitzenden Jürgen „Atze“ Friedrich, Vorstandsmitglied Ger-hard Herzog und Aufsichtratschef Robert Wieschemann träumte nach der Meisterschaft davon, die Bayern herauszufordern. Der Größen-wahn der selbstherrlichen Troika trieb einen Keil zwischen Klub und Fans, der in der Aussage von Herzog gipfelte: „Die Fans stören nur.“

Verteidigung im Visier: Als erste Amtshandlung knöpfte sich Trainer Wolfgang Wolf die schwache Defensive vor. Mit Erfolg

René C. Jäggi hat sich zum Ziel gesetzt, den Einfl uss der Agentur „Rogon“ zu schwächen

„Es war eine Tat des Größenwahns, sich ohne Geld um die Weltmeisterschaft zu bewerben“ RENE C. JÄGGI

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Vor dreieinhalb Jahren trat Jäggi auf die morschen Bretter der Pfäl-zer Bühne. Die Verschwendungssucht der alten Führung hatte den Verein an den Rand des Ruins getrieben. Jäggi konnte den Klub nur durch die Veräußerung des Stadions und die Verpfändung der Ablö-serechte von Nationalspieler Miroslav Klose vor dem Ruin bewahren. Alleine die Ausbaukosten des Fritz-Walter-Stadions belaufen sich mitt-lerweile auf knapp 70 Millionen Euro. Ursprünglich geplant war, dass der FCK 18 Millionen und Stadt und Land zusammen 30 Millionen Euro zum Ausbau beisteuern. Die Nachfi nanzierung von mittlerwei-le 22 Millionen Euro trägt jetzt der Steuerzahler. Der FCK hätte längst Insolvenz anmelden müssen, wäre er noch Eigentümer des Stadions. Jäggi sagt: „Es war eine Tat des Größenwahns, sich ohne Geld um ei-ne WM zu bewerben.“ Dank eines harten Sanierungskurses, der die Personalkosten inner-halb von drei Jahren auf vergleichsweise bescheidene 14,5 Millionen Euro fast halbierte, geht es dem FCK wirtschaftlich wieder besser. Mittlerweile verfügt der Klub sogar über ein Eigenkapital von 3,5 Mil-lionen Euro. Den angekündigten Investor für die angestrebte Ausglie-derung der Fußballabteilung konnte Jäggi indes noch nicht an Land ziehen. Emissäre einer großen Bank zogen nach dem Stadionbesuch beim 1:5-Debakel gegen Werder Bremen in der Hinrunde ihr Interes-se vorerst zurück. Jäggi hat sich in all den Jahren mit seiner radikalen Art, Probleme zu lösen, viele Feinde gemacht. Ehemalige FCK-Profi s wie Mario Bas-ler oder Hans-Günter Neues, die Jäggi von Rogon-Chef Wittmann ma-nipuliert sieht, haben den Schweizer kurz vor seiner Rücktrittsankün-digung im November angefeindet. Jäggi habe den FCK sportlich kaputt gespart, heißt es immer wieder. „Zu dem Sanierungskurs gab es kei-ne Alternative“, sagt Finanzvorstand Erwin Göbel, der möglicherwei-se im Sommer Jäggi als erster Mann im Klub nachfolgen wird. Eine

offi zielle Opposition aber gibt es nicht. Bei der letzten Mitgliederver-sammlung erhob niemand das Wort gegen Jäggi. Jäggi gibt zu, viele Fehler gemacht zu haben. „Vielleicht auch des-halb, weil er hinter jedem Strauch einen Feind zu sehen glaubte,“ ver-mutet FCK-Trainer Wolfgang Wolf. Jäggi, der sich lange dagegen sperrte, einen sportichen Leiter zu installieren, war dadurch auch für viele sportliche Fehleinschätzungen verantwortlich. So engagierte er in dreieinhalb Jahren fünf Trainer: den bärtigen Populisten Erik Gerets, den Phlegmatiker Kurt Jara, die Aushilfslösung Hans-Werner Moser und den geborenen Cotrainer Michael Henke. Für den entschied sich Jäggi übrigens endgültig nach einem Abendessen mit dessen Mentor und langjährigem Chef Ottmar Hitzfeld. 44 neue Spieler nahmen die-se Trainer und deren Nachfolger Wolfgang Wolf seither unter Vertrag. Bis Weihnachten hatte kaum jemand mehr damit gerechnet, dass sich daraus je eine Mannschaft formen lassen würde. Wolfgang Wolf, dessen Verpfl ichtung sich der Klub in der Mainzer Staatskanzlei von Ministerpräsident Kurt Beck hat abnicken lassen müssen, ist mittlerweile der starke Mann im Verein. 248-mal trug Wolf das Trikot des FCK in der Bundesliga. Er stammt aus Tiefenthal, nur 30 Kilometer vom Betzenberg entfernt und vereint alle Eigenschaf-ten, die die Fans schon so lange bei der aktuellen Mannschaft vermis-sen: Ehrlichkeit, Kampfgeist, Willensstärke und Mut. Zu keinem ande-ren Verein wäre er so schnell nach dem letzten Engagement gegangen, sagt Wolf, „aber der FCK ist mein Verein“.

Nachwuchsprobleme: Die Jugendlichen in der Westpfalz pilgern schon lange nicht mehr so selbstverständlich auf den Betzenberg

„Die Leute sind sauer. Ich will, dass man wieder sagt, das sind unsere Buben, da gehen wir wieder gerne hin“ WOLFGANG WOLF

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Für viele galt der Tabellenletzte bei Wolfs Amtsantritt im Novem-ber als hoffungsloser Fall. Doch durch die Umstellung auf eine Drei-erkette und zwei defensive Mittelfeldspieler hat sich die mit 44 Ge-gentreffern in der Vorrunde schlechteste Defensive der Liga stabilisiert. Im Februar ließ die Abwehr gleich in drei Spielen in Folge kein Ge-gentor zu. Nicht zuletzt weil der 18-jährige Fabian Schönheim unter Wolf endgültig zum Stammspieler wurde. Auch Sebastian Reinert, 18, Daniel Halfar, 18, und Torwart Florian Fromlowitz, 19, entstammen dem eigenen Nachwuchs und sind – wenn es nach Wolf geht – bald Stammspieler.

Neben ihrer sportlichen Qualität schätzt Wolf die Nachwuchskräf-te dabei auch als PR-Signal an die skeptische Anhängerschaft: „Die Leute sind sauer, weil hier jahrelang das Geld zum Fenster rausge-schmissen wurde und nichts zurückkam. Ich will, dass man wieder sagt: Das sind unsere Buben, da gehen wir wieder gerne hin.“ Mit viel Pathos versucht Wolf das brachliegende Potenzial zu reaktivieren. „In Wolfsburg gehen nicht mal die eigenen Arbeiter zu den Wölfen,“ sagt der ehemalige Wolfsburger Trainer, „die ganze Region hält zu Eintracht Braunschweig, selbst wenn die zwei Klassen drunter spielen.“ Tradi-tion, da ist sich Wolf sicher, kann man durch nichts ersetzen. Dieter Buchholz hat Fritz Walter noch spielen sehen. Das Kriegs-kind hatte 1957 sein Initiationserlebnis, als ihn der Vater eines Schul-freundes sonntags im neuen Opel Kapitän mitnahm auf den „Betze“. „Ich war unglaublich stolz: Mein erstes Spiel, Fritz Walter und dieses Auto, das damals das Nonplusultra war“, sagt der Mann, der seit An-fang Februar Aufsichtratsvorsitzender des FCK ist. Der Unternehmer setzt in der Verlagsbranche zwölf Millionen Euro im Jahr um. Mit der Suche nach einem Nachfolger für den polarisierenden Jäggi und der In stallierung eines Sportdirektors steht der Zigarrenraucher gleich zu Beginn seiner Amtszeit vor wegweisenden Personalentscheidungen. Daneben will er drei Projekte unbedingt umsetzen: Den Rückkauf des Nachwuchszentrums Fröhnerhof von der Stadt, dessen Ausbau und die Ausgliederung der Fußballabteilung vom Gesamtverein. „Wir kön-nen mit unseren Möglichkeiten einfach nicht mit den Spitzenverei-nen mithalten“, sagt Buchholz, der den FCK auf lange Sicht im Mit-telfeld der Bundesliga positioniert sehen möchte. Noch immer ist der Klub bei den Banken nicht kreditwürdig. Feh-lendes Vertrauen bei der Wirtschaft und den Fans wieder herzustellen, ist Buchholz’ erstes Ziel. Als Aufsichtratsmitglied hat er in den letz ten Jahren über 70 Fan-Veranstaltungen besucht. Buchholz kennt den Frust der Leute. Er will den FCK wieder dorthin führen, wo er einmal war. Bescheiden, jung und kämpferisch will man sich präsentieren, um die Fans wieder zu versöhnen: „Früher sind die Leute auf den Tisch ge-sprungen, wenn jemand etwas Negatives über den FCK gesagt hat“, sagt Buchholz und fordert: „Dahin müssen wir wieder kommen.“

Wolfgang Wolf schätzt die Pfälzer Nachwuchskräfte dabei auch als PR-Signal an die skeptische Anhängerschaft

Imposant, aber überdimensioniert: Den Ausbau des Stadions halten die Vereinsverantwortlichen mittlerweile für einen Fehler

Wieder gefragt: Die überschwänglicheren Fans nehmen verschwitzte T-Shirts ihrer Spieler mit nach Hause. Das war nicht immer so

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Page 35: RUND DAS FUSSBALLMAGAZIN#9 04 2006 Deutschland 2,80 ...

1Z

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Page 36: RUND DAS FUSSBALLMAGAZIN#9 04 2006 Deutschland 2,80 ...

1Z

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Page 37: RUND DAS FUSSBALLMAGAZIN#9 04 2006 Deutschland 2,80 ...

Gleiche Höhe ist kein Abseits. Man ist weiter im Spiel. Auf Augenhöhe mit den Stars: „Mir wäre es zweifelsohne schwerer

gefallen, einige ältere Spieler ausgerechnet vor der WMim eigenen Land auszusortieren. Auch aus dieser Sicht war es richtig,

als Teamchef aufzuhören“ RUDI VÖLLER

GLEICHE HÖHE

46 DIE TANTE SPRICHT„Gesülze ist mir peinlich“ – Rudi Völler über sich, seine Kritiker und „Es gibt nur ein Rudi …“

52 HEIMSPIELZecke im Zoo – Herthas Andreas Neuendorf verbringt viel Zeit mit einem Seebären

56 WM-TRAINER„Für manche ist Fußball Krieg“ – Guus Hiddink, Trainer Australiens, glaubt fest an ein Wunder

60 AUSLANDSREPORTAGEDes Stiefels Spitze – die Tifosi auf Sizilien sind stolz, weil US Palermo mit den Großen mithält

RUND 45

RUND Gleiche Höhe

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GLEICHE HÖHE Die Tante spricht

RUND 46

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Page 39: RUND DAS FUSSBALLMAGAZIN#9 04 2006 Deutschland 2,80 ...

„GESÜLZE IST MIR PEINLICH“

Blick zurück nach vorn: Völler als Sportdirektor (li.) und Spieler

RUDI VÖLLER hat die Nationalmannschaft vor vier Jahren zur Vizeweltmeisterschaft gecoacht. Zwei Jahre. später schied sein Team bei der Europameisterschaft nach der Vorrunde aus.

Heute weiß der Sportdirektor von Bayer Leverkusen, was er anders, aber vor allem auch, was er wieder genauso machen würde

INTERVIEW MALTE OBERSCHELP UND HOLGER SCHMIDT, FOTOS DIRK MESSNER, WITTERS, DPA

GLEICHE HÖHE Die Tante spricht

RUND 47

rund_046_051_Interview 47 rund_046_051_Interview 47 09.03.2006 17:56:58 Uhr09.03.2006 17:56:58 Uhr

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„Wenn ich nach der EM gesagt hätte, wir wollen 2006 Weltmeister werden, hätten alle gefragt:

Hat der Völler in seiner Karriere zu viele Kopfbälle gemacht? Glaubwürdig

konnte das nur ein neuer Mann rüberbringen“

Herr Völler, nach der Vizeweltmeisterschaft 2002 waren Sie wochenlang der Held der Nation. Können Sie den Song „Es gibt nur ein’ Rudi Völler“ inzwischen wieder hören?RUDI VÖLLER Am Anfang war es ja noch ganz schön. Noch heute wird das Lied immer mal wieder angestimmt, wenn ich irgendwo hin komme. Aber damit muss man leben.

Wäre es im Nachhinein besser gewesen, auf diesem absoluten Höhepunkt der Popularität als Teamchef zurückzutreten? Nein, damit habe ich mich nie beschäftigt. Obwohl mir klar war, dass die Zeiten von Sepp Herberger oder Helmut Schön vorbei sind, in denen man zehn oder 15 Jahre Bundestrainer war. Ich habe im Endeffekt den richtigen Zeit-punkt für meinen Abgang erwischt.

Was war für Sie der entscheidende Grund, nach der EM 2004 sofort aufzuhören? Nach so einer sportlichen Enttäuschung, da kannst du dann einfach nicht mehr weiterma-chen. Du stehst zwar noch unter Vertrag, aber die Grundvoraussetzungen sind derart schwie-rig geworden, dass es einfach kontraproduk-tiv wäre, im Amt zu bleiben.

Inwiefern? Wenn du auf eine WM im eigenen Land zu-steuerst, musst du unbefl eckt sein. Da kannst du nicht ein solches Negativerlebnis im Rü-cken haben wie dieses Vorrundenaus. Und ich habe gemerkt, dass ich nach vier Jahren etwas leer war. Aber für eine WM im eigenen Land

musst du Zuversicht ausstrahlen, so wie Jürgen Klinsmann das auch immer tut.

Und das hätten Sie nicht geschafft? Wenn ich in der ersten Pressekonferenz nach der Sommerpause gesagt hätte, wir wollen 2006 Weltmeister werden, hätten alle gefragt: Hat der Völler in seiner Karriere zu viele Kopf-bälle gemacht? Glaubwürdig konnte das nur ein neuer Mann rüberbringen.

Die Gruppe bei der WM ist wesentlich leichter als Ihre bei der EM. Kann Deutschland da überhaupt ausscheiden? Ich bin immer jemand, der energisch darauf hinweist, dass es keine so genannten Kleinen mehr gibt im Weltfußball. Aber das ist sicher eine machbare Gruppe. Es gibt weitaus schwe-rere. Da braucht niemand um den heißen Brei herumzureden.

Kann Deutschland auch Weltmeister werden? Der WM-Gastgeber wird immer zum Kreis der Favoriten gezählt. Und wir haben auch ei-ne Mannschaft, die an einem guten Tag jeden schlagen kann. Die Erfahrung der letzten Jah-re zeigt, dass die Nationalelf ihre besten Spiele zu Hause gemacht hat. Wenn sie mal schlecht aussah, dann war das auswärts.

Ärgert es Sie, dass Jürgen Klinsmann für seinen Jugend-Boom Anerkennung erntet? Wo Sie es doch waren, der Spieler wie Lahm, Podolski oder Schweinsteiger zur Nationalelf gebracht hat. Natürlich waren bei der EM schon einige da-bei. Aber Jürgen hat diese Entwicklung fort-gesetzt. Und für mich wäre es zweifelsohne schwerer gewesen, einige ältere Spieler aus-gerechnet vor der WM im eigenen Land aus-zusortieren. Auch aus dieser Sicht war es die richtige Entscheidung, aufzuhören.

Haben Sie es als nachträgliche Kritik an Ihrer Arbeit empfunden, dass allerorten der frische Wind gelobt wurde, den Klinsmann ins Nationalteam gebracht hat? Nein. Das ist schließlich immer das gleiche Spiel. Als ich die Nationalelf übernommen ha-be, gab es die gleichen Sprüche.

Aber damals lag die Nationalelf auch am Boden. Ja, da lag sie am Boden. Nach der EM 2004 lag sie sicher nicht am Boden. Aber ich kann damit gut umgehen. Dafür waren die vier Jah-re einfach zu schön. Und es macht ja auch wirk-lich Spaß, der Nationalmannschaft von heu-te zuzuschauen.

Wie groß ist der Anteil von Klinsmann an der offensiven Grundausrichtung? Die Taktik richtet sich immer nach den Spie-lertypen. Ich habe, vor allem bei der WM, we-sentlich defensiver spielen lassen. Und mit die-sem System lagen wir vollkommen richtig. Sonst hätten wir das Endspiel nicht erreicht.

Würden Sie in der heutigen Situation und mit dem heutigen Spielermaterial auch so offensiv spielen lassen? Das kann ich nicht sagen. Da spielt eine Rol-le, dass der Jürgen bislang nur Freundschafts-spiele gemacht hat. Da kannst du mehr aus-probieren. In einer Qualifi kation musst du manchmal einfach darauf schauen, ein be-stimmtes Ergebnis zu erzielen. So zum Bei-spiel beim 0:0 in Island: Das Spiel war sicher

„Für eine WM im eigenen Land musst du Zuversicht ausstrahlen, so wie Jürgen Klinsmann das auch immer tut“

„Ich habe gemerkt, dass das kein normales Interview war. Es war danach nicht mehr wie vorher“

GLEICHE HÖHE Die Tante spricht

RUND 48

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alles andere als gut, aber wir brauchten diesen Punkt, um Gruppensieger zu werden. Und dann musst du auch mal mit einem 0:0 gegen Is land zufrieden sein.

Fans und Medien hatten dafür weniger Verständnis. Ihr inzwischen legendärer Wutausbruch gegen Waldemar Hartmann ereignete sich genau nach diesem Spiel. Das war eigentlich immer das Grundpro blem: Gegen solche Gegner wurde erwartet, dass du nicht nur deutlich gewinnst, sondern auch noch gut spielst. Aber die Freiheit, auf die wich-tigen Dinge zu schauen, muss man sich als Bun-destrainer nehmen.

Sie haben sich inzwischen bei Waldemar Hartmann für Ihren Ausbruch entschuldigt. Ich habe mich für die Wortwahl entschuldigt. Nicht für den Ausbruch an sich.

Viele glauben, Sie hätten durch die Aktion den Druck nach dem schlechten Spiel auf sich nehmen wollen.

Nein, das war rein emotional. Das Kuriose an diesem Tag war: Das Stadion war kleiner, die Wege kürzer, so dass ich nach dem Abpfi ff relativ schnell im Studio war und dort am Bildschirm noch ein paar Minuten der Über-tragung gesehen habe. Bei dem, was ich da ge-hört habe, ist einiges in mir hochgekocht.

Haben Sie sich danach erleichtert gefühlt? Oder haben Sie gedacht: Oh Gott, was habe ich da gemacht? Ich habe natürlich direkt gemerkt, dass das jetzt kein normales Interview war. Ich bin dann sofort zur Mannschaft, damit alle vorbereitet sind, wenn sie darauf angesprochen werden. Im Nachhinein gab es mehr positive als nega-

tive Reaktionen. Aber es hat mich dennoch belastet. Vier Tage später stand das wichtige Spiel gegen Schottland an, und es wurde mehr über mich geredet als über die Schotten.

Belastet Sie die Sache heute immer noch? Es war danach nicht mehr wie vorher. Es gibt zwei klassische Episoden in meinem Leben, die mich immer wieder einholen – egal, ob ich im Dschungel bin oder in der Antarktis. Das ist zum einen die Geschichte mit Frank Rijkaard bei der WM 1990 und auf nationaler Ebene diese Geschichte mit Waldemar Hartmann.

Nervt Sie das? Ich kann damit leben, weil die Geschichten für mich ja nicht negativ sind.

Trotz dieser Aktion hält sich in Deutschland weiterhin hartnäckig Ihr Ruf als „Tante Käthe“ oder dem „lieben Rudi“ – der Ihnen selbst gar nicht so recht ist. Ja, der „liebe Rudi“. Ich versuche immer, zu den Leuten freundlich zu sein. Egal, ob am

„Freiheit für wichtige Dinge muss man sich nehmen“: Teamchef Völler

„Ich mache mir da keine großen Gedanken. Ich lasse mir die Spitzen schneiden, wie jeder andere auch“

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RUND 49

rund_046_051_Interview 49 rund_046_051_Interview 49 09.03.2006 17:57:01 Uhr09.03.2006 17:57:01 Uhr

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Flughafen oder am Bahnhof. Autogramme ge-be ich auch immer gerne, egal bei welcher Ge-legenheit. Das ist doch selbstverständlich.

Sie gelten bei den Deutschen als Muster-beispiel an Beständigkeit und Zuverlässigkeit. Werden wir Sie je mit anderem Haarschnitt und ohne Schnurrbart sehen? Schwer zu sagen. Meine Frau versucht, mich zu überzeugen, mal was anderes zu machen. Aber ich mache mir da keine großen Gedan-ken. Ich gehe ab und zu zum Friseur und las-se mir die Spitzen schneiden, wie jeder ande-re auch. Aber wenn ich merke, dass die Ecken etwas lichter werden, werde ich sicher auch die Haare etwas kürzer tragen.

Würden Sie sich selbst als eitel bezeichnen? Ich glaube nicht mehr als andere auch.

Herr Völler, als Sie im Laufe der Saison wieder als Interimscoach bei Bayer ein-springen mussten, haben viele Sie gedrängt, das Traineramt komplett zu übernehmen. Sie scheinen Ihre Zukunft eher als Sportdirektor zu sehen. Können Sie ausschließen, noch einmal einen Trainerjob anzunehmen? Das ist schwer zu sagen. Dafür habe ich in dem Geschäft schon zu viel erlebt. Im Moment fühle ich mich sehr wohl in meiner Rolle. Wenn du beides schon gemacht hast, ist das natürlich ein Luxusproblem. Für mich war die Arbeitsweise bei der Nationalmannschaft das Optimale. Zumal es einen Manager wie heu-te Oliver Bierhoff damals nicht gab.

Hätten Sie sich denn jemanden wie ihn an Ihrer Seite gewünscht? Nein. Wenn ich mir so jemanden gewünscht hätte, hätte ich ihn auch bekommen. Aber mir hat dieses Aufgabenspektrum sehr gefallen,

gerade weil ich mich in dieser Zwitterpositi-on zwischen Trainer und Manager sehe. Und bei der Nationalmannschaft konnte ich prak-tisch beides machen.

Was genau stört Sie an der Trainerarbeit? Wenn ich jeden Tag auf dem Trainingsplatz stehe, nutze ich mich nach einer gewissen Zeit ab. Da bin ich eben völlig anders als Otto Reh-hagel oder Giovanni Trapattoni. Die sind schon in einem so weisen Alter, und man hat das Ge-fühl, wenn die mal eine Woche nicht auf dem Trainingsplatz stehen, geht’s denen schlecht. Dieses Gefühl habe ich nicht.

Wieso haben Sie dann direkt nach der EM den Trainerjob beim AS Rom angenommen? Das war ein Fehler, ganz klar. Ich war einfach noch nicht bereit. Ich war noch zu leer nach meinem Rücktritt als DFB-Teamchef, da hät-te ich noch mehr Pause gebraucht. Da sieht man wieder: Man sollte mehr auf die Frauen hören. Meine Frau war nämlich total dagegen. Viele haben gedacht, sie habe mich gedrängt, weil sie aus Rom kommt. Aber es war genau umgekehrt.

Wie hat sich Ihre Frau als Italienerin aus einer Weltstadt eigentlich damit abgefunden, dass Sie nun seit Jahren in Leverkusen wohnen? Es gäbe sicher attraktivere Städte auf dieser Welt, in denen Sie auch arbeiten könnten. Sie hat sich damit arrangiert. Sie spricht in-zwischen perfekt deutsch und weiß die Wohn-qualität hier durchaus zu schätzen. Leverku-sen ist zwar nicht groß und hat nicht den Glamour wie vielleicht München oder Berlin. Aber wenn du das brauchst, bist du hier auch ganz schnell in Köln oder Düsseldorf.

Haben Sie eine Erklärung, wieso Sie aus gerechnet hier heimisch geworden sind? Die Verbindung zu Bayer Leverkusen war deshalb so eng, weil mir hier Reiner Calmund die Möglichkeit gegeben hat, mich als Sportdi-rektor einzuarbeiten. Ihm über die Schulter schauen zu dürfen war unheimlich wertvoll.

RUDI VÖLLER wurde am 13. April 1960 in Hanau geboren. Über die Stationen TSV 1860 Hanau, Kickers Offenbach und 1860 München kam er zu Werder Bremen, wechselte von dort zum AS Rom und kehrte über die Station Olympique Marseille nach Deutschland zu Bayer Leverkusen

zurück. Dort beendete Völler seine aktive Karriere. In der Bundesliga traf er in 232 Spielen 132 Mal, für die Roma schoss er 45 Tore in 142 Spielen, für Marseille 24 in 54. Völler bestritt 90 Länderspiele (47 Tore). 2000 übernahm er den Posten als Teamchef

und wurde mit der Nationalmannschaft bei der WM 2002 Vizeweltmeister. Nach dem Vorrundenaus bei der EM 2004 trat Völler zurück und setzte seine Tätigkeit als Leverkusener Sportdirektor fort. Rudi Völler war Weltmeister 1990, gewann den Uefa-Cup 1991, war französischer

Meister und Champions-League-Sieger 1993 sowie Bundesliga-Torschützenkönig 1983 – allein zur Deutschen Meisterschale reichte es nie.

„Du kannst ja nicht sagen: Ich bin der Rudi Völler, ich bin Weltmeister, sonst kann ich nichts, aber das kann ich gut“

Du kannst nicht zu der ersten Managersitzung gehen und sagen: Ich bin der Rudi Völler, ich bin Weltmeister, sonst kann ich nix, aber das kann ich gut.

Brauchen Sie ein beschauliches Umfeld, um sich wohl zu fühlen? Eigentlich nicht. Ich habe auch bei Vereinen gespielt wie AS Rom oder Olympique Marseille. Das ist schon große Galabühne, und Rom ist die schönste Stadt der Welt. Diese enge Bin-dung zu Leverkusen ist eben auch durch Zu-fälle entstanden. Es war schließlich anders ge-plant. Ich habe meiner Frau damals gesagt: Ich gehe jetzt zum Karriereende noch mal ein, zwei Jahre nach Leverkusen, und dann gehen wir wieder nach Rom zurück.

Doch auch in Leverkusen kann mitunter ein rauer Wind wehen. Zuletzt erschienen in der Boulevardpresse Schlagzeilen wie „Rudi vom Glück verlassen“ oder „Rudi, wie lange noch?“, nachdem Sie über Jahrzehnte immer eine sehr gute Presse hatten. Das sind Dinge, die an mir abprallen. Im Ge-genteil: Diese ewige Gesülze und Geschleime, das ist einem irgendwann peinlich. Deshalb ist es sogar richtig, dass diese Kritik kommt. Obwohl wir bei Bayer die Personalkosten um 30 Prozent gesenkt haben, kann es nicht un-ser Anspruch sein, dass wir nur Mittelmaß sind. Aber das sind wir im Moment. Und da stehe ich auch in der Verantwortung. Ich ha-be Michael Skibbe geholt, und das hat auch noch nicht so gefl utscht, wie wir uns das vor-gestellt haben. Da muss man sich kritische Fragen gefallen lassen.

Wie wär’s mit dieser: Ist der Verein mit zu hohen Erwartungen in diese Saison gestartet? Wir haben im letzten Jahr die Qualifi kation für den Uefa-Cup geschafft und lagen am En-de nur zwei Punkte hinter dem Dritten Wer-der Bremen. Da gehst du auch mit geringeren Investitionen nicht in die Saison und sagst, du willst nur Zehnter werden.

GLEICHE HÖHE Die Tante spricht

RUND 50

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SCHON ALS KLEINES KIND BESUCHTE HERTHAS

ANDREAS NEUENDORF OFT STUNDENLANG DEN ZOOLOGISCHEN GARTEN IN BERLIN.

MITTLERWEILE HAT ER SOGAR DIE PATENSCHAFT FÜR EINEN SEEBÄREN ÜBERNOMMEN.

DER GRUND, WARUM IHN ALLE „ZECKE“ RUFEN, IST ABER EIN ANDERER

AUFGEZEICHNET VON GUIDO MAASS, FOTOS MAAK ROBERTS

Zecke im Zoo

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RUND 52

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Bereits als kleiner Junge hatte ich ein Faible für Tiere und war mit meiner Familie häufi g im Zoologischen Garten in Berlin. Das ist bis heute mein Lieblingszoo, auch wegen seiner besonderen Innenstadtlage. Du kommst vom Kudamm, und 200 Meter weiter tauchst du in einen völlig anderen Kosmos ein: die Tier-welt. Meistens ist dann mein Sohn Paul da-bei. Wir beobachten die Tiere oft stundenlang. Dabei kann ich an meinen wenigen freien Ta-gen wunderbar abschalten. Ich war in meinem Leben sicher schon über 50-mal dort. Inzwischen haben wir eine Jah-reskarte. Auch weil ich Paul zum dritten Ge-burtstag vor einem Jahr die Patenschaft für ei-nen Seebären geschenkt habe. Wir nennen ihn „Bärchen“ und besuchen ihn sooft wie möglich. Manchmal durften wir ihn schon mit Fischen füttern. Einen Seebären haben wir deswegen als Patentier gewählt, weil meinem Sohn die Fütterungszeremonien besonderen Spaß ma-chen. Wir bewundern, wie superschnell und wen dig die Robben sind. Außerdem wirken sie immer, als seien sie lustig aufgelegt, obwohl ich natürlich weiß, dass das nicht immer sein kann. Aber irgendwie scheinen sie durch die Spiele und Übungen noch halbwegs gefordert und be-schäftigt zu sein. Im Gegensatz zu manch ande-rem Zoobewohner, dessen Lebensraum noch stärker eingeschränkt ist.

Damit wären wir bei einem schwierigen Thema: Zootierhaltung allgemein. Auch ich sehe das zwiegespalten: Schöner ist es selbst-verständlich, wenn die Tiere in freier Wild-bahn leben. In Afrika zum Beispiel: Da will ich sie im Übrigen nach meiner Profi laufbahn be-suchen. Das ist ein Traum, den ich mir unbe-dingt erfüllen will. Aber der Zoo hat auch ei-ne pädagogische Funktion, denn er bringt uns die unterschiedlichen Lebewesen und Lebens-

arten näher. Und manche Tierarten konnten nur durch die Zuchtprogramme in den Zoos vorm Aussterben bewahrt werden. Es gibt al-so Für und Wider. Ich bin in einer Großfamilie aufgewachsen. Zusammen mit meinen Geschwistern, Cousins und Cousinen haben wir zu Hause unseren eigenen Zoo gehabt und Zirkus ver anstaltet. Wir haben alles Mögliche gehalten: Hamster, Mäuse, Katzen, sogar Laubfrösche und exoti-sche Kleinreptilien. Ein Highlight war für mich sicher unser Familienausfl ug in einen Safari-Park. Tierisch lustig fanden wir Kinder, im Ge-gensatz zu unseren Eltern, wie die Affen die Gummidichtungen aus den Au tofenstern raus-gefummelt haben. Mein Lieblingstier im Berliner Zoo war frü-her der mittlerweile verstorbene Silberrücken-Gorilla „Derek“. Diese ungeheuer kraftvolle und mächtige Erscheinung hat mich stark be-eindruckt. Aber ich mag auch Löwen und Hyä-nen. Eigentlich kann ich gar nicht sagen, war-

um mir das eine Tier besser als ein anderes gefällt. Das ist auch immer eine Charakterfra-ge oder optisch bedingt. Neulich habe ich auch mal eine Ente gesehen, die ich total schön fand. Was ich an Tieren grundsätzlich mag, ist ihre direkte, ungeschminkte Art. Tiere sind ehrlich, gerade weil sie manchmal knurren, wenn sie einen nicht mögen. Für mich ist Ehrlichkeit überhaupt ein ganz wichtiger Wert. Auch auf dem Fußballplatz. Ich habe im Strafraum noch nie ein Foul vorge-täuscht. Ich hasse Schwalben oder der artiges Theater. Ich kann das einfach nicht leiden. Es sei denn, es passiert im Zirkus. Dort sind Paul und ich gerne, um uns die vielen Kunststücke von Mensch und Tier anzuschauen. Mein Spitzname „Zecke“ kommt übrigens nicht von meiner Tierliebe, sondern stammt noch aus meiner Leverkusener Zeit. Nach we-nigen Wochen wurde ich dort beim Waldlauf von irgendwas gebissen – wahrscheinlich von einer Zecke – und prophylaktisch geimpft. Als ich ins Training zurückkehrte, sagten Ulf Kirs-ten und Bayers Physiotherapeut Dieter Trzo-lek schmunzelnd: „Ach, da kommt ja die Ze-cke.“ Seitdem habe ich den Spitznamen weg. Ich habe mich schnell daran gewöhnt. Auch wenn ich mich sonst mit Zecken nicht mehr identifi ziere als mit anderen Tieren. Aber ich fi nde es okay, Zecke genannt zu werden. Im-mer noch besser, als wenn ich beispielsweise von einem Pferd getreten worden wäre und jetzt Pferd heißen würde. Oder von einem Schwein gebissen worden wäre. Und einen „Schweini“ gibt es ja schon. Apropos Pferd: Ich hatte schon drei Trabrennpferde. Als ich dann festgestellt hatte, wie zeitintensiv ein solches Hobby ist, habe ich zwei wieder verkauft und eines meinem Bruder geschenkt.

„ I N M E I N E R G R O S S FA M I L I E

HABEN WIR ALLES MÖGLICHE

G E H A LT E N. S O G A R

L AU B F R Ö S C H E U N D M Ä U S E “

„Ungeheuer kraftvoll“: Zecke denkt an „Derek“

„WA S I C H A N T I E R E N M AG, I S T I H R E D I R E K T E ,

U N G E S C H M I N K T E A RT. T I E R E S I N D E H R L I C H . S I E

K N U R R E N, W E N N S I E E I N E N N I C H T M Ö G E N “

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2006 – das Jahr der Fußball-WM und neuer Fußballkrimis. Titel wie „Blutgrätsche“ und „Schusslinie“ versprechen zunächst gute Platzie-rungen in den Regalen der Buchläden, doch vermutlich werden sie schon wenig später in Vergessenheit geraten sein. Ganz im Gegensatz zu Leonard Gribbles Krimi „The Arsenal Stadium Mystery“ aus dem Jahr 1939, dem wohl ersten Fußballkrimi überhaupt. „Weit über 70.000 erwartungsvolle Zuschauer hatten sich auf High-bury eingefunden. Sie waren gekommen, um einen Fußballkampf zu sehen, der Geschichte machen würde – das Freundschaftsspiel zwi-schen dem englischen Pokalsieger Arsenal London und der Amateur-elf, die in überraschend kurzer Zeit das Erbe der Corinthians angetre-ten hatte.“ So heißt es zu Beginn der deutschen Fassung, die 1953 unter dem Titel „FC Arsenal ruft Scotland Yard“ erschienen ist. Sie basiert allerdings nicht auf der 1939 veröffentlichten Erstfassung, sondern auf der so genannten Replay-Version des Jahres 1950, die Gribble um eini-ge aktuelle Bezüge ergänzte. Außerdem tauschte er das Personal von Arsenal völlig aus und ließ nunmehr die Elf antreten, die kurz zuvor den FA-Cup gegen den FC Liverpool gewann. Die Amateurelf namens Trojans kommt aus London, genau wie die legendären Corinthians, denen zu Be ginn des 20. Jahrhunderts eini-ge spektakuläre Erfolge gegen englische Profi mannschaften gelangen. Ein Sieg der Amateure über die Gunners käme einer Art Ritterschlag

gleich. Aber sie verlieren – in jeder Hinsicht. Zum einen auf dem Platz: Da gewinnt Arsenal mit 2:1. Zudem wird die Begegnung überschattet durch den Todesfall des erstmalig bei den Trojans eingesetzten, rech-ten Läufers John Doyce. Kurz nachdem er den Ausgleich erzielte, bricht er ohne gegnerische Einwirkung zusammen und stirbt noch in der Ka-bine. Sein Tod wird zu einem Fall für Scotland Yard und damit für Su-perintendent Antho ny Slade, den Serienhelden Gribbles. Der Fall sieht zunächst wie ein Eifersuchtsdrama im Fußballermi-lieu aus. Doch in Wahrheit vergiftete George Raille, der Trainer der Trojans, den Spieler. Die beiden kannten sich schon seit Jahren und galten nicht gerade als Freunde. Raille ermordete Doyce, weil dieser gegen den „wahren Sinn der Trojans“, gegen Ideale wie Kameradschaft und Freundschaft sowie gegen das den Amateuren damals eigene Klas-senbewusstsein verstieß. Slade hat für dieses elitäre Gehabe nur Spott übrig, und so entwickelt sich die Story zum Abgesang auf den Ama-teurfußball. Beinahe folgerichtig begeht Raille nach seiner Enttar-nung Selbstmord – der Höhenfl ug der Trojans ist beendet. Heute lässt sich das Buch auch anders lesen, denn die Schlüsselsze-nen fi nden im Highbury-Stadium statt. Zur Saison 2006/07 wird Ar-senal die Heimspiele im neuen Emirates Stadium austragen, die alte Arena wird zur luxuriösen Apartmentanlage umgebaut – Gribbles Kri-mi ist auch ein Requiem für das traditionsreiche Stadion.

Der wohl erste FUSSBALLKRIMI aller Zeiten, „The Arsenal Stadium Mystery“, erschien 1939. Damals war er ein Abgesang auf die Ideale des Amateursports, heute klingt er wie ein wehmütiges und dennoch spannendes Goodbye zum Highbury-Stadion VON MICHAEL BOLTEN, FOTO BENNE OCHS

HIGHBURY SEHEN UND STERBEN

RUND 54

GLEICHE HÖHE Fundstück

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Die RUND-WM-Serie:

Jeden Monat bitten wir einen

Nationalcoach zum

exklusiven Interview

GLEICHE HÖHE WM-Trainer

RUND 56

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Der australische Nationalcoach zählt zu den begehrtesten Trainern der Welt und ist ganz nebenbei auch noch für den PSV Eindhoven verantwortlich. Im Interview spricht der 59-jährige Holländer über Morddrohungen und eine realistische WM-Sensation gegen Brasilien INTERVIEW RICARDO SETYON, FOTOS IMAGO, DPA

Herr Hiddink, Sie sind in einer seltsamen Situation. Die australischen Spiele in der WM-Qualifi kation gegen die Salomonen, Fidschi und Neuseeland waren extrem einfach, jetzt spielen Sie in einer schweren Gruppe bei der WM. Könnte das zum Problem werden?GUUS HIDDINK Ja. Australien hatte zehn Jahre lang keine Gegner, die größere Anstren-gungen verlangt hätten. Sie haben einfach im-mer gewonnen, und zwar gerne mal 17:0 oder höher. Nur gegen Neuseeland war es manch-mal etwas schwerer. Für die WM 2010 ist nun genehmigt worden, dass Australien in Asien mitspielt. Das Schwierige war das Relegati-onsspiel gegen Uruguay, nachdem dieses Land zwei Jahre lang anspruchsvolle Spiele gegen Brasilien oder Argentinien gespielt hatte. Wir mussten mithalten, ihnen als gleichwertiger Gegner gegenübertreten, nachdem wir gegen Fidschi und die Salomonen gespielt hatten.

Wären Sie entlassen worden, wenn das Elfmeterschießen gegen Uruguay verloren gegangen wäre? Ja, aber Trainer müssen mit diesen Risiken umgehen können. Ich hatte mit Australien zeitgleich zwei Verträge unterzeichnet, wo-bei der zweite jetzt, nachdem die Socceroos sich qualifi ziert haben, vollständig in Kraft ist. Ein Vertrag war gültig bis zum 16. November, und hätten wir nicht in der letzten Nacht den Sieg geholt, wäre es das Ende gewesen.

Sie sind gleichzeitig Trainer des PSV Eindhoven. Wie schaffen Sie das? Nun, das ist sicher: Ich versuche, eine Welt-meisterschaft zu gewinnen. Wenn ich das nicht schaffe, dann bekomme ich immer noch den Preis dafür, der Trainer zu sein, der die zwei am weitesten voneinander entfernten Mann-schaften trainiert. Es gibt zwischen dem PSV und mir keine Konfl ikte, was meine Verpfl ich-tungen als Trainer in Australien angeht, und es sollte auch keine Konfl ikte geben, weil alles schriftlich festgelegt ist und ich mir bewusst

bin, dass ich sowohl an den PSV Eindhoven als auch an Australien vertraglich gebunden bin. Ich versuche, Klarheit in die Dinge zu bringen.

Wie koordinieren Sie die Arbeit? Ich habe auf beiden Seiten einen großartigen Stab, den ich persönlich ausgewählt habe und dem ich absolut vertraue, so dass ich einfach nur noch koordinieren und managen muss. Es ist eine harte und anspruchsvolle Arbeit, denn bei beiden Teams wird viel von mir er-wartet. Das ist ein gigantischer Test für mich. Aber ich habe mich dem gestellt, weil ich glau-be, ihn bestehen zu können, und zwar gut. Mir macht es wirklich Spaß, und ich nehme die Aufgaben sehr ernst, weil ich das, was ich tue, sehr liebe; für mich gibt es aufregende Herausforderungen, und ich kann Millionen von Menschen Freude bereiten.

Nach 1974 kommt Australien nun zum zweiten Mal zu einer WM. Welche Erwartungen haben Sie? Australien kann tatsächlich die Vorrunde überstehen. Nicht wie 1974, als es ein Unent-schieden gegen Chile und zwei Niederlagen gegen Ost- und Westdeutschland gab, ohne ein einziges Tor zu machen. Dieses Mal sind wir stark. Es wird enger werden, als es sich die Leute vorstellen. Ich glaube sogar, dass ich es dieses Mal besser machen kann als 2002 mit Südkorea, denn die Südkoreaner verfü-gen nicht über halb so viel Erfahrung und Kre-ativität wie die Australier. Australien hat Stars in Europa, auch wenn es ein Land ohne inter-nationale Fußballgeschichte und große WM-Erfahrung ist. Niemand hier würde so weit ge-hen und sagen, dass Australien Weltmeister werden könnte. Aber bei allem gebühren den Respekt für die Favoriten wird Australien mit der Gewinnermentalität eines Meisterteams antreten. Wirklich nichts würde mich mit die-ser australischen Mannschaft in Deutschland überraschen.

Was haben Sie nach Ihrer Ankunft in Australien verändert? Die Mannschaft war sehr defensiv ausgerich-tet. Jetzt sind wir dabei, den Geist der Austra-lier nach vorne zu lenken. Selbst ein Sieg ge-gen Brasilien ist mittlerweile etwas, das sich meine Spieler vorstellen können. Wir spielen nicht auf Kompromiss, sondern auf Sieg. Wir denken wie Gewinner. Dafür muss man Tore schießen, und daran arbeiten wir.

Wie beurteilen Sie Ihre WM-Gruppe mit Brasilien, Japan und Kroatien? Wir haben eine harte Gruppe bekommen. Japan und Kroatien wollen punkten, aber der Fokus liegt auf Brasilien. Wir haben einen Plan: Gruppenzweiter werden. Die Brasilianer sind die klaren Favoriten, und ich arbeite auf dieses Spiel hin. Ich kann eine Strategie ge-gen Brasilien aufstellen, aber ihre erstklas-sigen Spieler können auf jedes System antwor-ten, das ich meine Spieler spielen lasse. Das erste Ziel wird jedenfalls sein, gegen Brasilien zu gewinnen. Aber natürlich wäre ein Unent-schieden ein fantastisches Ergebnis, das äu-ßerst realistisch ist. Gegen Japan wird es span-nend, weil sie sich seit 2002 sehr verbessert haben. Sie werden etwas aus dem Hut zau-bern wollen. Unser letztes Spiel geht gegen Kroatien. Das dürfte auch interessant werden, da einige unserer Spieler kroatische Wurzeln haben.

Wer sind Ihre Favoriten? Es wird ein wirklich ausgeglichener Wettbe-werb und viele Mannschaften sind sehr stark, doch meiner Ansicht nach wird es dieses Mal einen Überraschungssieger geben. Die Favo-riten sind wohl jedem bekannt, und ich wer-de nicht in die Falle tappen, indem ich das ei-ne oder andere Team nenne. Es würde mich nicht überraschen, wenn die Welt in Deutsch-land 2006 einen neuen Weltmeister bekommt, einen, der nicht schon ein oder zwei Pokale gewonnen hat.

„FÜR MANCHE IST FUSSBALL KRIEG“

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GLEICHE HÖHE WM-Trainer

RUND 57

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Bei Ihrer dritten WM werden Ihnen die Fans fehlen: 1998, in Frankreich, kamen Horden von Holländern. In Korea waren die roten Fans weit mehr als der 12. Mann. Wie wird das in Deutschland mit den australischen Anhängern? Das ist ein Faktor, den ich für stärker als je-den anderen halte. Australien wird in Deutsch-land fast alleine sein. Aber wir verändern die Sichtweise unserer Spieler, was diesen Faktor angeht: Nationalstolz, Kampfgeist und der Sinn dafür, etwas – global gesehen – höchst Wertvolles zu erreichen, werden genug Moti-vation für die Spieler sein. Es wäre Heuche-lei zu behaupten, Fans wären nicht das Wich-tigste für eine Nationalmannschaft bei einem so wichtigen Wettbewerb. Wir werden nur ei-ne bestimmte Anzahl von Fans haben, aber zugleich werden die Leute in den Stadien von deren Motivation überrascht sein. Sie sind wirklich eifrige, laute und positive Fans. Und für sie werden wir unser Bestes geben.

Herr Hiddink, haben Sie Feinde? Eine Menge. Einige von ihnen kenne ich nicht einmal. Jeder gesunde Mensch hat Feinde. Das motiviert mich sogar noch mehr weiterzuma-chen. Ich bekomme jedes Jahr mehr Einladun-gen, Angebote und Vertragsentwürfe. Meine Feinde dürften in letzter Zeit also nicht son-derlich glücklich gewesen sein. Ich habe aller-dings auch eine grenzenlose Zahl von Freun-den. Innerhalb des Fußballs, was nicht so leicht

ist, und auch außerhalb des Fußballs, da mein Leben nicht nur aus Fußball besteht. Besser Feinde, aber in der Lage sein, ihnen eine Ant-wort zu geben, als Feinde und keinen Platz ha-ben, auf dem man ihnen die richtige Antwort geben könnte. Für manche ist Fußball Krieg. Für mich nicht.

Wie war das, als Sie vor dreieinhalb Jahren Morddrohungen erhielten? Ich war PSV-Trainer, als das passierte. Ich habe zwei Morddrohungen in wenigen Wo-chen erhalten. Die erste, ein Brief mit Kugeln darin, war eine Warnung, in der es hieß, ich könnte erschossen werden, sollte ich mit dem PSV so viel Erfolg haben wie mit Korea. Der Inhalt der zweiten war ähnlich, und ehrlich

gesagt haben mich diese Morddrohungen nicht berührt. Und da ich mich in meinem Heimatland befand, habe ich beschlossen, dass ich auch weiterhin in den Niederlanden leben werde, obwohl ich diese Drohungen er-hielt. Man sollte sich so etwas nicht beugen.

Sie hatten keine Angst? Manchmal bin ich nervös geworden, wenn ich Schritte hinter mir hörte. Ja, das war be-unruhigend. Doch all meine Freunde und mei-ne Familie unterstützten mich und brachten mich zurück in die Realität. Das hat mir sehr geholfen. Nach einer Zeit des Suchens nach dem, der das getan hatte, und der äußerst po-sitiven Reaktion der Medien habe ich keine weiteren Drohungen erhalten. Mein Leben verläuft wieder normal, und ich bin zurück in meinem Alltag in Holland.

Rassismus, Korruption, Morddrohungen – was verträgt der Fußball noch alles? Der Fußball hat sich defi nitiv verändert. Es fi ng an, als ich feststellte, dass Spieler mehr als Trainer verdienen. Heute ist das üblich, was ich für absolut falsch halte. Und dann die-se komplette Kontrolle des Fußballs durch Ka-pital. All das wegen der schieren Größe, die der Fußball jetzt hat. Es zerreißt mir jedes Mal das Herz, wenn ich höre, wie Fans – die ich nicht Fans sondern Kriminelle nenne – Sport-ler rassistisch beschimpfen. Fußball ist für je-den da. Aber es gibt unter den vielen Leuten

in dem Spiel, das weltweit das wichtigste und beliebteste ist, immer auch schlechte Elemen-te. Und diese Rassisten, Hooligans, Kriminel-len und Verantwortungslosen gewinnt oder verändert man nicht mit freundlichen Slogans oder T-Shirts, die die Spieler vor Beginn des Spiels anderthalb Minuten lang tragen. So lan-ge sie weiterhin alles so leicht tun können, werden sie weitermachen und damit langsam den Fußball zerstören. Wer den Fußball wirk-lich liebt, in Indien, Holland, Brasilien oder auf dem Mond, der wird ihn nicht zerstören wollen.

Ihre Karriere ist ungewöhnlich: Sie fi ngen als Trainer an, waren dann erst Spieler und wurden wieder Trainer.

Jeder fängt normalerweise als Spieler an und wird dann Trainer. Ich habe das Gegenteil ge-macht, und das könnte ein Grund für ein voll-ständigeres Verständnis von Fußball sein. Als ich Assistenztrainer bei De Graafschap war, musste ich bei den Trainingseinheiten und den Trainingsspielen regelmäßig mitspielen. Und mein Cheftrainer entschied, als er mich ein paar gesehen hatte, dass ich das Potenzial hät-te, etwas mehr als sein Assistent zu sein. Ich konnte schon vorher einen Ball schießen, hat-te aber in meinen kühnsten Träumen nicht daran gedacht, dies professionell zu tun. Und in diesem Moment begann meine 16-jährige Karriere als Spieler.

Warum sind Sie heute so anders als andere Trainer? Weil ich mich nicht der Macht beuge, son-dern der Intelligenz. Weil ich Spieler und Trai-ner, Fans und Journalisten respektiere. Weil ich Fußball anders sehe und mich nicht davor fürchte, einen Spieler zu akzeptieren, der be-rühmter oder reicher ist als ich. Ich habe vor nie mandem Angst, respektiere aber jeden. Weil Fifa, Uefa und alle Organisationen mei-ner Ansicht nach wichtig sind, es aber niemals mehr als das Spiel selbst und die Spieler sind oder sein sollen. Weil ich den Fußball nicht brau che, sondern will. Natürlich auch, weil ich an Menschen glaube, an die keiner glaubt, und weil ich dort, wo alle anderen ein Problem se-hen, eine Herausforderung sehe. Weil ich den Spielern Vertrauen, Freiraum und ein Stück Verantwortung gebe. Weil ich den Geschmack einer bitteren Niederlage und den eines sü-ßen Sieges kenne. Weil ich unabhängig bin und mich auch so verhalte, statt nur davon zu reden. Weil ich meinen Geist öffne, um täg-lich dazuzulernen. Und wenn ich den Kopf senken muss, dann tue ich das demütig.

GUUS HIDDINK wurde am 8. November 1946 im holländischen Varsseveld geboren. Sowohl mit Hollands Nationalteam 1998 als auch mit der südkoreanischen Elf 2002 erreichte er den vierten Platz bei einer WM. Er trainierte De Graafschap, Fenerbahçe Instanbul, FC Valencia, Real Madrid und Betis Sevilla. Heute ist er zugleich für das Team Australiens wie für den holländischen Klub PSV Eind-hoven verantwortlich. www.guushiddink.nl

„Ich habe zwei Morddrohungen in wenigen Wochen erhalten. Und manchmal bin ich nervös geworden, wenn ich Schritte hinter mir hörte“

GLEICHE HÖHE WM-Trainer

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D I E S E N M O N A T F R A G T S I C H

T H O M A S B R O I C H , W A R U M S I C H

D E U T S C H E P R O F I S S O S C H W E R T U N ,

I H R E M E I N U N G Z U S A G E N FOTO JEAN BALKE

Thomas Broich, Mittelfeldspieler der Gladbacher Borussia, schreibt für RUND regelmäßig seine Kolumne. Im nächsten Heft präsentiert der witzigste Zweitligaprofi der Welt, Nico Patschinski (LR Ahlen), der bei der WM wohl für Polen spielen wird, wieder „Patsches Patzer“.

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gandazwecken missbraucht werden, verwerfl iche Aktionen wie beispielsweise Paolo di Canios Faschistengruß blieben jedoch meiner Meinung nach bei entspre-chender fanktionierund Sanktionierung die Ausnahme.

Selbstverständlich erwarte ich nicht von allen Spielern, dass sie einen weltanschau-lichen Standpunkt auch mutig artikulie-ren. Es ist aber auffällig, dass sich in Deutschland diesbezüglich nicht ein einziger Akteur hervortut. Hat man Angst, ein breites Publikum vor den Kopf zu stoßen? Hat sich eine Spielerexistenz ausschließlich auf das Rasenkarree zu beschränken? Oder zeigt man nicht erst dadurch Persönlichkeit, dass man über den Tellerrand hinausblickt? Manchmal erweckt es den Eindruck als würden in Deutschland klinisch reine Spieler produziert, Leinwänden gleich, auf die Werbeindustrie und Fans gleichermaßen all ihre Anliegen und Sehnsüchte projizie-ren. Um mit Musil zu enden: Man muss erst wirken, um Gutes wirken zu können. Der Fußballer wirkt qua Profession wirkt qua Profession, zum guten Tun fehlt mitunter Mut und Bewusstsein.

EINWAND GEGEN DIE LEINWAND Oleguer, katalanischer Rechtsverteidiger

in Diensten des FC Barcelona, verweigert sich der spanischen Nationalmannschaft, um eines Tages unbefl eckt für ein auto-nomes Katalonien antreten zu können. Lilian Thuram, französischer Welt- und Europameister, kämpft seit Jahren gegen Rassismus und DiskriminierungDiskriminierung von Minderheiten. Damiano Tommasi, ehedem AS Rom, engagierte sich zeit seiner Karriere aufopferungsvoll für soziale Projekte, welche den gewohnten Charakter fußbal-lerischer Spendenmaßnahmen bei weitem überstiegen. Diese drei stehen stellvertre-tend für eine Schar politisch aktiver, gesellschaftskritischer, religiös tätiger religiös tätiger Spieler.In Deutschland hingegen ist ein derartiges Engagement eher selten. Die Möglichkeit der Einfl ussnahme über die Bühne Fußball wird in den allermeisten Fällen nicht genutzt. Allenfalls ein paar Südamerikaner fallen dann und wann durch ihren missionarischen Eifer auf, wenn christli-che Botschaften auf Unterziehhemden prangen. Aber selbst selbst dem wurde mittlerweile von oberster Instanz ein Riegel vorgeschoben. Der Fußball wird komplett zur ideologiefreien Zone erklärt. Schade eigentlich.

Ich erinnere nur an die Gladbacher Mannschaft der 70er Jahre, die in Günter Netzer einen schillernden Freigeist in ihren Reihen hatte, der sich durch den Fußball ausdrückte, aber weit über sein fußballerisches Dasein hinaus wirkte. Freilich soll der Fußball nicht zu Propa-

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GLEICHE HÖHE Broichs Bonbons

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AUSNAHMSWEISE KEIN ROSA: IM STADIORENZO BARBERA, BENANNT NACH DEMLANGJÄHRIGEN KLUBPRÄSIDENTEN, WARKÜRZLICH SCHALKE 04 ZU GAST

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DES STIEFELS SPITZE

Die Heimfahrt nach dem Training wird für Giovanni Tedesco zur Irrfahrt. Der chaotische Feierabendverkehr stellt den 33-jährigen Mit-telfeldspieler auf eine Geduldsprobe. Aus dem Au togewirr gibt es kein Entkommen – auch wenn man ein Fußballidol ist. Ob es richtig ge-wesen ist, die Offerte seines Heimatklubs an-zunehmen? Diese Frage hat er sich in den letz-ten Ta gen oft gestellt. Tedesco streicht fahrig durch sein schulterlanges, dunkelblondes, zot-tiges Haar, während er unentwegt telefoniert. Ein Freund aus Genua will von ihm Neues über sei ne jetzige Mannschaft erfahren. „Ich mel-de mich gleich zurück“, sagt er, „ich kann jetzt nicht reden. Ich bin nicht allein.“ Sein sizilia-ni scher Dialekt mit den arabischen Klangvaria-tionen ist unverkennbar. Um das Schweigen im engen Fiat Panda zu überspielen, ruft Tedes-co seinen Onkel in Turin an und offen bart ihm seine momentane Gemütsverfassung.

Ein alter Kindheitstraum ging für ihn in Er-füllung, als ihm der US Palermo Ende Januar ein Angebot machte, das er nicht ablehnen konnte. Er folgte dem Ruf und kehrte dem FC Genua den Rücken. Doch jetzt scheint Ernüch-terung eingekehrt zu sein. „Ich halte es jetzt schon nicht mehr aus“, sagt Tedesco dem On-kel, „nach gerade mal zwei Wochen bin ich Pa-lermo schon leid!“ In den letzten 17 Jahren sei er immer nur zwei Tage zu Weihnachten und zehn Tage im Sommer in Palermo gewesen. Er und seine Frau wüssten nicht, ob sie sich an die Stadt mit ihren tausend Widersprüchen wieder gewöhnen könnten. Der neunjährige Sohn und die dreijährige Tochter reagierten auch orientierungslos auf die neue Umgebung. Sie fühlen sich entwurzelt und gehen nur un-gern in die Schule und in den Kindergarten. Tedescos Kleinwagen schlängelt sich derweil fast von allein durch die kilometerlange Auto-

schlange, die sich auf der vierspurigen Via Re-gione di Sicilia im Schritttempo zum Stadio Renzo Bar bera bewegt. Plötzlich verfl iegt die Skepsis. „Onkel, du kannst es dir nicht vorstellen, was hier los ist!“, schreit Tedesco in den Hörer. Er erlebe einen wahren Gefühlsrausch. Die begeisterte Aufnah-me durch die Tifosi und schließlich sein ers ter Treffer im Ligaspiel gegen Lazio Rom. Ein Ab-staubertor, das er in seinem Kopf immer wie-der erzielt. Und das in seinem 500. Spiel als Pro fi . Beim Torjubel stieg der 170 Zen timeter große Mittelfeldspieler auf die Bandenwer-bung und gebärdete sich wie ein Dirigent. Die Begeisterung der Tifosi schwappte wie eine Welle über ihn. Er habe das Gefühl gehabt, sagt er, als würde ein Tsunami der Begeisterung auf ihn einstürzen. Giovanni Tedes co ist das, was man auf dem „Kontinent“ mit etwas Verachtung „einen Sohn des Südens“ nennt. Er ist einer

IN PALERMO HABEN DIE TIFOSI DEN

GLAUBEN AN DEN FUSSBALL ZURÜCK-

GEWONNEN. AUSGERECHNET EIN

REICHER UNTERNEHMER

AUS DEM NORDEN BEFREITE DEN

US PALERMO AUS DEM JOCH

DER FUSSBALLFUNKTIONÄRE UND

VEREINE VOM ITALIENISCHEN

FESTLAND VON VINCENZO DELLE DONNE, FOTOS EDWARD BEIERLE

INSEL VERSUS FESTLAND: IM DUELLMIT DEM HAUPSTADTKLUB LAZIO KONNTEPALERMO EIN 3:1 FEIERN

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Ucciardone-Gefängnisses. Ohne Grund wird niemand eingelassen. Der 61-Jährige ist zudem das wandelnde Gedächtnis des Fußballklubs. „Palermo ist meine große Liebe“, bekennt das Schwergewicht, „sie ist größer als die zu mei-ner Frau. Und das seit 47 Jahren.“ Er würde sein Leben für diesen Klub hingeben, bekennt er und stimmt einen Lobgesang auf den Präsi-denten Maurizio Zamparini an. „Ohne unseren Präsidenten“, sagt er voller Anerkennung, „wä-ren wir nichts.“ Seinen Entschluss, die Aktienanteile am US Palermo zu erwerben, fasste Zamparini im Juli 2002 in einer Nacht- und Nebelaktion. Bis da-hin gehörte der Klub dem verschuldeten AS-Rom-Präsidenten Franco Sensi, durch dessen Investitionen Palermo aus der dritten in die zweite Liga aufgestiegen war. Die Wertpapiere wechselten für 15 Millionen Euro den Besit-zer. Ein Spottpreis. Die nötige Fußballmann-schaft, um in der zweiten Liga zu bestehen,

brachte Zamparini gleich aus Venedig mit. Von den ursprünglichen Spielern blieb nur ein Si-zilianer zurück. Denn Zamparini hatte Erfahrung darin, ei-nen Fußballklub aus den Niederungen der Be-deutungslosigkeit ins Rampenlicht der Serie A zu führen. 1986 übernahm er die Anteile des

Viertligisten AC Venezia. Zamparini führte den Klub innerhalb kürzester Zeit ganz nach oben. Einziges Manko: Die Publikumsresonanz blieb trotz der Erfolge eher mäßig. Der Klub erfüllte nicht die erhofften Gewinnmargen. Zampari-ni fackelte nicht lange: Er kehrte Venedig den Rücken und entschloss sich, in Palermo zu in-vestieren. „Der Präsident hat von Anfang an an die wirtschaftlichen Möglichkeiten dieses Klubs geglaubt“, sagt Sportdirektor Rino Fo-schi, den Zamparini ebenfalls aus dem Veneto mitbrachte. Schließlich sei Sizilien eine Re-gion mit sechs Millionen Einwohnern und ha-be einen unersättlichen Fußballhunger. Und Zamparini wiederholte in Palermo Venedigs Erfolgsgeschichte. 2004 stieg der Klub nach 32 Jahren Abstinenz wieder in die Serie A auf. Eine ganze Stadt fl aggte rosa-schwarz. Der sportliche Höhenfl ug ging auch in der ersten Liga weiter: Palermo qualifi zierte sich für den Uefa-Cup. Der sportliche Höhepunkt in der

108-jährigen Vereinsgeschichte, ganz Palermo taumelte vor Freude. Siziliens Geschichte wurde früher von Er obe-rern geschrieben, Palermos heutige Erfolgsge-schichte von Fußballlegionären. Neben dem Prä sidenten kommen auch der Trainer und die übrigen Vereinsfunktionäre fast durchweg

von drei geborenen Palermitanern in der Mann-schaft. Die anderen sind Legionäre – vom italie-nischen Kontinent oder aus dem Ausland. Der US Palermo trainiert auf dem Militärge-lände im Süden der Stadt, das wie ein Klein-od der Ruhe und des Friedens wirkt. Das Trai-ning erfolgt unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Polizisten sorgen dafür, dass die Tifosi die Ab-sperrungen nicht überklettern. Polizeihub-schrauber kreisen unentwegt kontrollierend über den Trainingsplatz. „Ohne unseren Präsi-denten Maurizio Zamparini würden wir wei-ter in der dritten Liga dümpeln“, sagt Tanino Troina. So wie er denken viele in Palermo. Tro-ina gehörte zu den Spielerlegenden der Ver-gangenheit. Er war der stürmende Lokalmata-dor, als Palermo das letzte Mal in der Serie A spielte. Das war 1973. Heute arbeitet er für sei-nen Klub als Talentsucher. Dass Zamparini ein umtriebiger Geschäfts-mann aus dem Norden ist, kümmert ihn nicht, denn er schaffte innerhalb von zwei Jahren, was sizilianischen Vorbesitzern trotz ihrer Ma-fi akontakte verwehrt geblieben war: Palermo etablierte sich nach 32 Jahren wieder in der Beletage des italienischen Fußball. Die Grün-de? „Weil er eine Unternehmensstrategie und das nötige Geld hat, das hier offenbar niemand auszugeben bereit war. Wir sind ihm dafür un-endlich dankbar“, sagt Troina. In Palermo werden große Erwartungen an den Fußball geknüpft. Man spricht allenthal-ben von einer Wiedergeburt des Klubs, aber auch der Stadt, die endgültig ihr Mafi aimage abstreifen möchte. Ohne Maurizio Zamparini wäre dieses Wunder allerdings unmöglich ge-wesen. Der 64-jährige Unternehmer aus dem reichen Friaul befreite die gedemütigten Pa-lermo-Tifosi vom Joch der Fußballmonopolis-ten aus dem Norden, gerade so wie Garibaldi im Jahr 1860 die Sizilianer von der Herrschaft der verhassten spanischen Bourbonen. Zam-parini selbst herrscht beinahe wie ein König. Absolutistisch zwar, aber immer in Abstim-mung mit den Lokalgrößen. Der Erfolg gibt ihm Recht. Er hat mit seinem Engagement die Geografi e des italienischen Profi fußballs ver-ändert, aber auch die sizilianischen Tifosi. Giacomo Di Giovanni gehört zu ihnen. Er bewacht den Eingang zur Geschäftsstelle im Barbera-Stadion, als säße er am Ausgang des

ALS DER KLUB NACH 32 JAHREN WIEDER IN DIE SERIE A AUFSTIEG, FLAGGTE DIE GANZE STADT ROSA-SCHWARZ

EUPHORIE: AUFSTIEG UND UEFA-CUP GABEN PALERMO EIN NEUES SELBSTWERTGEFÜHL

ZUGEREIST: AUCH TAINER GIUSEPPEPAPADOPULO KOMMT AUS DEM NORDEN

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VOLLES HAUS: NUR WENIGEDER 37.000 PLÄTZEBLEIBEN LEER, WENN US SPIELT

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aus dem Norden oder zumindest vom italieni- schen Kontinent. Im Klub wirken mit gewohn-ter Dis kretion aber auch bekannte Lokalgrößen wie Guglielmo Micciché, mit dem Zamparini in der Vergangenheit Geschäfte machte. Mic-ciché verfügt aber auch über die entsprechen-den Kontakte, und wie kaum ein anderer kennt er sich in den Zentren der politischen und wirt-schaftlichen Macht aus. Dort ist inzwischen auch Zamparini angekommen. Wegen seiner Verdienste erhielt er aus den Händen von Bür-germeister Diego Cammarata die Ehrenbür-gerschaft Palermos. Zamparini habe der Stadt wieder Stolz und Leidenschaft gegeben, lob-te der Bürgermeister. Die Stadt habe ihm nie das Gefühl gegeben, ein Fremder zu sein, er-widerte Zamparini. Die Geste kam bei den Ti-fosi an. Auch, dass er bei Gelegenheit großzü-gig Geld für die Armen der Stadt spendet. Der Geschäftsmann selbst sieht sich nicht nur als Gönner, sondern auch als Freidenker, und was er denkt, schreit er in den medialen Resonanzboden. Vor über einem Jahr wählten ihn die kleinen Klubs zum Vizepräsidenten des Ligaausschusses. Präsident ist Adriano Gal-liani vom AC Milan, der unverblümt die Inte-res sen der Großen vertritt. Unter Zamparinis Stimm gewalt proben nun die kleinen Klubs den Aufstand gegen die Branchenriesen Ju-ventus Turin, AC Milan und Inter Mailand. Er warnt unentwegt vor den Folgen der ruinösen Zweiklassengesellschaft der Serie A. „Die drei großen Klubs kennen schon ihr Budget für die nächsten fünf Jahre. Die anderen Vereine hin-gegen wissen nicht, woher sie das Geld für die nächsten Monate nehmen sollen“, kritisierte Zamparini. Palermo gehört indes nicht mehr zu den Kleinen. Im letzten Jahr setzte der Klub über 55 Millionen Euro um und schrieb erstmals schwarze Zahlen. Eine Bilanz, von der die Tra-ditionsklubs im Norden träumen. Denn wäh-rend dort die Zuschauerkrise unaufhaltsam scheint, ist der Fußballhunger bei den Tifosi im Süden unersättlich. Anachronistisch ist da-bei, dass die Großklubs des Nordens beim Ver-kauf der TV-Rechte den Reibach machen. US Palermo wie der AC Florenz oder auch die rö-mischen Klubs Lazio und Roma werden dabei zu Statisten degradiert und müssen sich mit den Krümeln zufrieden geben.

In Palermo Fußball zu spielen und zu leben ist nicht einfach. Die 720.000-Einwohner-Me-tropole erstickt förmlich im Verkehr und in Au-toabgasen. Selbst die Fahrt zum Training wird zur unerträglichen Tortur. „Wir haben Heim-weh, nach unseren Familien, unseren Freun-den“, sagt Verteidiger Fabio Grosso über sich und seine Frau. Der 28-jährige Römer wurde aber ausgerechnet hier zum Nationalspieler. Mit seiner Frau bewohnt Grosso eine großzü-gige Wohnung in der Altstadt, wo die Stadt Pa-lermo mit ihren prächtigen Barockbauten aus Tuffgestein glänzt. Nur dort sei die Stadt eini-germaßen erträglich. Das Gros der Mannschaft wohnt hingegen im Nobelbadeort Mondello, außerhalb der Stadt und in gediegenen Ju-gendstilvillen. Von dort aus ist der Trainings-platz bequem über eine Schnellstraße zu er-reichen, doch im Winter wird Mondello zur Geisterstadt. Fußball ist in Palermo aber auch der Spie-gel der sizilianischen Seele – so launisch und kon trastreich wie die Vereinsfarben Rosa und Schwarz. Die Fans schwanken zwischen gren-zenloser Begeisterung und unberechenbarer cholerischer Enttäuschungswut. So schmal der Grat zwischen Sieg und Niederlage ist, so schnell schwingt die Begeisterung der Tifosi

selten erlebt habe, bekennt Papadopulo mit ei-niger Verwunderung. Der Verkehr Richtung Stadion stockt wie-der minutenlang. Giovanni Tedesco stöhnt und fl ucht. „Das einzig Positive hier“, bekennt er, „ist, dass ich kaum Geld ausgebe. Weder fürs Essen noch für die anderen Dinge. Die Fami-lie versorgt uns mit allem.“ Es mischt sich Skep-sis in seine Worte: „Aber ich weiß nicht, wie ich das Leben hier ertragen soll!“ Es sei so an-ders. Über eine Stunde dauert schon die Fahrt zu seiner Familie. Seine Frau ruft ständig an und erkundigt sich, wo er gerade steckt. Mit-ten in Palermo, wo er so gerne hinwollte, das er verfl ucht und wo Fußball ganz anders ist als auf dem Kontinent.

IN PALERMO ZU SPIELEN UND ZU LEBEN IST NICHT LEICHT. DIE METROPOLE ERSTICKT IN VERKEHR UND ABGASEN

in verächtlichen Hass um. Das erfuhr Trainer Luigi Del Neri am eigenen Leibe, als die Mann-schaft nach einer guten Hinserie plötzlich ein-brach und er kurzerhand entlassen wur de. Die fragile innere Befi ndlichkeit der Tifoso-See-le bekam auch der neue toskanische Trainer Giuseppe Papadopulo zu spüren. Sein Ein-stand verlief zwar nach Maß: Die Mannschaft warf im Pokal den AC Milan aus dem Rennen. Beim Ligaspiel beim kalabri schen Klub Reg-gina einige Tage darauf spielte seine Mann-schaft jedoch nur 2:2-unentschieden. In Füh-rung liegend, kassierte sie in der 94. Minute den Ausgleichstreffer. Auf der Fähre von Reg-gio Calabria nach Messina seien sie dafür von den eigenen Tifosi so wüst beschimpft worden, wie er es in seiner langen Trainerkarriere nur

AB ÜBER DIE BANDE: GIOVANNI TEDESCO SCHOSS GEGEN LAZIO SEIN ERSTES TOR FÜR

PALERMO – IM 500. PROFI-EINSATZROSANERO: DER VEREIN HAT IN DER STADT

TAUSENDE FANATISCHER ANHÄNGER

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KAUM KIEBITZE: PALERMOTRAINIERT UNTER AUSSCHLUSSDER ÖFFENTLICHKEIT

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Die deutsche U20-NATIONALMANNSCHAFT kann international nicht mit den großen Teams mithalten. Ein Grund dafür ist ein unaufl ösliches Dilemma: Entweder sammeln

die Spieler zu wenig Erfahrung in den oberen Ligen, oder sie spielen in der Bundesliga und werden dann nicht freigestellt. An umfassende Ausbildung ist so nicht zu denken

VON TOBIAS SCHÄCHTER, ILLUSTRATIONEN TONI SCHRÖDER, FOTOS AUGENKLICK, IMAGO, GETTY

ZU VIELE BUSFAHRER

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Als die Junioren-Fußballnationalmannschaft der unter 20-Jährigen Anfang Dezember 2005 im süditalienischen Isernia gegen Italien an-trat, war Daniyel Cimen von Eintracht Frank-furt der deutsche Spieler mit der größten Erfah-rung. „Er ist momentan unser Aushängeschild“, sagt U20-Nationaltrainer Ulli Stielike mit ei-ner Mischung aus Verzweifl ung und Sarkas-mus. Noch bis zum Sommer ist der Coach beim DFB angestellt, sein Vertrag wird aus „gegen-seitigem Desinteresse“, wie der 51-Jährige zi-tiert wird, nicht verlängert. Cimen ist von einem Stammplatz bei Ein-tracht Frankfurt zwar weit entfernt, doch der deutsche Kapitän hatte zum Zeitpunkt des Ita-lienspiels immerhin schon drei kurze Einsät-ze in der Bundesliga absolviert. Während beim Gegner Spieler aufl iefen, die allesamt Stamm-kräfte zumindest in der zweiten italienischen Liga sind, musste Stielike auf Akteure zurück-greifen, für die Regionalliga oder gar Oberliga Alltag bedeuten. „Der Sprung von der Regional-liga in die U20 ist riesig“, stellte Stielike nach dem 0:2 gegen die Italiener fest und sieht sich als Trainer der deutschen U20-Nationalmann-schaft in einem Dilemma: Die Spie le seiner Aus-wahl fi nden nicht in den vom Weltfuß ball ver-band Fifa geschützten Abstellungsperio den statt. Stielike kommt deswegen gar nicht erst auf die Idee, Talente wie Christian Gentner vom VfB Stuttgart oder Michael Delu ra von Hanno-ver 96, die regelmäßig in der Bun desliga zum Einsatz kommen, einzuladen. Zwar freut es den Nachwuchstrainer, wenn Spieler in diesem Alter bereits regelmäßig in der Bundesliga spielen, aber hinsichtlich einer schlagkräftigen Nationalmannschaft bedeute die Nichtabstellung der besten Spieler einen klaren Nachteil gegenüber anderen Nationen. „Spieler an die Erste Liga heranzuführen ist unsere wichtigste Aufgabe“, sagt Stielike, „an-dererseits aber werden wir DFB-Trainer an Er-folgen gemessen. Das kannst du nicht unter einen Hut bringen.“ Von Abstellungsproble-men bei den führenden Nationen des interna-tionalen Nachwuchsfußballs wie beispielswei-se Argentinien, Spanien oder Italien hat der ehemalige Spieler von Real Madrid in seinen

nunmehr acht Jahren als DFB-Trainer noch nie etwas gehört. Offensichtlich wurde dieses Problem bei der vorletzten U20-Weltmeisterschaft 2003. We-gen des damals drohenden Irakkriegs verlegte die Fifa das Turnier in den Vereinigten Arabi-schen Emiraten vom Sommer auf Ende Novem-ber. Da in Deutschland gleichzeitig Bundesli ga- und DFB-Pokalspiele anstanden, erklärten die Vereine ihre von Stielike angeforderten Stamm-spieler für unabkömmlich. Der DFB ver zich te-te auf deren Nominierung und schied mit ei-ner besseren Regionalligamannschaft in der Vorrunde aus. „Wir haben zu viele Busfahrer dabei“, kritisierte Stielike damals und meinte damit Spieler, die zwar zu den Spielen ihrer Bundesligamannschaften im Mannschaftsbus mitfahren, aber nie zum Einsatz kommen. Spielpraxis in den Regionalligamannschaften der Erstligisten hält Stielike allenfalls für ei-

ne Übergangslösung: „Unsere Nationalspieler in diesem Alter müssten eigentlich die Qua-lität mitbringen, um problem los Zweite Liga zu spielen. Sonst hätten wir die falsche Wahl getroffen.“ Die Situation der U20-Nachwuchsspieler ist komplex und die unterschiedlichen Interes-sen von Spielern, Vereinen, Managern und Na-tionalmannschaft oft nur schwer in Einklang zu bringen. Mit 20 Jahren stehen die Talente an der Schwelle vom Jugend- zum Aktiven-Be-reich und vor der Herausforderung, sich gegen gestandene Bundesligaprofi s und im Fokus der Öffentlichkeit durchzusetzen. Außergewöhn-liche Talente wie Bastian Schweinsteiger, Per Mertesacker, Lukas Sinkiewicz, Lukas Podolski oder, vom aktuellen Jahrgang, Michael Delura und Christian Gentner, nehmen diese Hürde fast mühelos. Für die vielen anderen, die in

der Regionalliga um Aufmerksamkeit kämp-fen, versteht sich der DFB-Trainer mehr als Ratgeber denn als Ausbilder: „Ich bin als Ver-bandstrainer vor allem Wegbegleiter, während die Vereinstrainer die Wegbereiter sind“, sagt Stielike. Um das zu illustrieren, erläutert er den Ab-lauf vor dem Spiel in Italien: Schon die An-reise am Montag nimmt viel Zeit in Anspruch. Von Frankfurt geht es mit dem Flugzeug über München nach Neapel. Von dort ist das Team weitere zwei Stunden mit dem Bus unterwegs, um den Spielort Isernia zu erreichen. Erst spät-abends kommen die Spieler an. Am Dienstag-nachmittag fi ndet dann eine Trainingseinheit statt, am Mittwoch ist das Spiel, und am Don-nerstagmorgen beginnt schon die Rückreise. „Da braucht man sich nicht mehr darüber zu unterhalten, was wir als Nationaltrainer den Spielern außer der Spielpraxis noch mit auf

den Weg geben können“, konstatiert Stielike. Trotz der eher bescheidenen Erfolge der letz-ten Jahre – der Einzug ins Viertelfi nale bei der letzten U20-WM in den Niederlanden im ver-gangenen Jahr war für den DFB der größte Er-folg seit der Vizeweltmeisterschaft 1987 –, be-obachtete Stielike zuletzt große Fortschritte deutscher Nachwuchsmannschaften im tak-tischen Bereich. Doch auf höchstem Niveau, in den Spielen gegen die führenden Nationen, entscheiden immer wieder die außergewöhn-lichen Leistungen Einzelner die Spiele. Seit der vermaledeiten Europameisterschaft der deutschen A-Mannschaft im Jahr 2000 in den Niederlanden und Belgien wurde der Ruf nach taktischer Erneuerung des deut schen Fuß-balls laut. Der DFB strukturierte seine Nach-wuchsarbeit neu und legte in der Ausbildung vor allem Wert auf die taktische Schulung der

„Wir haben zu viele Busfahrer dabei, Spieler, die im Mannschaftsbus mitfahren, aber nie zum Einsatz kommen. Unsere Nationalspieler in diesem Alter müssten die Qualität mitbringen, um problemlos Zweite Liga zu spielen“ ULI STIELIKE

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Spieler. Sechs Jahre später sieht Ulli Stielike nun aber den Zeitpunkt gekommen, ande re Schwerpunkte in der Ausbildung zu setzen. „Schlagworte wie Verschieben, Übergeben, Übernehmen, das Doppeln des Gegners, also das Attackieren mit zwei Spielern, oder das Spielen ohne Libero in einer Dreier-oder Vie-rer-Abwehrkette haben die Spieler mittlerwei-le mit der Muttermilch aufgenommen“, ana-lysiert Stielike, der aber auch die Kehrseite dieser Medaille kennt: „Die Arbeit an der Tak-tik bedingt immer wieder Gruppenübungen, beispielsweise, wenn man linien- und mann-schaftsteileübergreifend mit der Mannschaft arbeiten will. Dies verlangt vom Einzelnen im Training sehr viel Disziplin. Da bleibt natür-lich ein Stück Individualität, ein Stück Krea-tivität, auf der Strecke. Und genau das stellen wir heute fest: Unseren Spielern mangelt es nicht mehr an taktischem Verständnis, son-dern an individueller Klasse.“ Stielike fordert deshalb eine Umkehr in der Trainingsarbeit, hin zu stärkerer Förderung individueller Fä-higkeiten, ohne allerdings die taktische Schu-lung zu vernachlässigen. Dass die Umsetzung dieser Erkenntnis in die tägliche Arbeit schwie-rig ist, weiß Stielike: „Wie soll ein Vereinstrai-ner, der oft alleine mit 18 oder 20 Spieler trai-

nieren muss, gezielt individuell mit einzelnen Spielern arbeiten?“, fragt der 51-Jährige. Auch aufgrund der beschränkten Möglich-keiten vieler Klubtrainer, hat der DFB vor ei-nigen Jahren bundesweit 390 Stützpunkte ein-gerichtet, in denen Honorartrainer vor allem an den individuellen Fähigkeiten der Ta lente arbeiten sollen. In der praktischen Trainings-arbeit gibt es viele Ansatzmöglichkeiten, um das individuelle Niveau der Spieler zu steigern. Stielike nennt Beispiele: Außenspieler sollen in eigens dafür entwi ckelten Spielfor men so oft wie möglich in Situationen gebracht wer-den, in denen sie aus dem Sprint heraus fl an-ken müssen. Oder: Der rechte Außenspieler zieht mit dem Ball am Fuß in die Mitte, da mit er die Fähigkeit entwickelt, mit dem linken Fuß den Torabschluss zu suchen. Dadurch werde nicht nur der Spieler, sondern auch die gesamte Mannschaft für den Gegner weniger berechenbar, erklärt Stielike. Übungen gibt es für alle Mannschaftsteile genug. Das Gespür, was für welches Talent am besten sei, mache einen guten Ausbilder aus, meint Stielike. Auf den Leib geschrieben sind die Übun-gen für Außenspieler zum Beispiel Alexander Huber. Er spielt auf der rechten Außenbahn in Stie likes aktueller U20 und trumpfte beim

Spiel in Italien groß auf. Im Aufstiegsjahr der Eintracht noch häufi g in der zweiten Liga im Einsatz, spielte er allerdings in dieser Bundes-ligavorrunde ausschließlich für Eintracht II – in der Oberliga Hessen. Für Stielike ein Un-ding: „Solche Jungs werden ganz klar unter ihrem Talent eingesetzt“, sagt der ehemalige Weltklassespieler, der einst in Mönchenglad-

bach den Sprung nach oben schaffte. Alexan-der Huber und Eintracht Frankfurt haben in der Winterpause eine Lösung gefunden. Der schnelle Offensivverteidiger wechselte für ein halbes Jahr auf Leihbasis zur ambitionierten TSG Hoffenheim. Zum Zeitpunkt von Hubers Wechsel lag die TSG drei Punkte hinter einem Aufstiegsplatz – in der Regionalliga Süd.

„Wie soll ein Vereinstrainer, der oft alleine mit 18 oder 20 Spielern trainieren muss, gezielt individuell mit einzelnen Spielern arbeiten? Da bleibt Individualität auf der Strecke“ ULI STIELIKE

Keine Lösungen: Trainer Uli Stielike geht, die Probleme der U20 werden bleiben

GLEICHE HÖHE Nachwuchsprobleme

RUND 68

rund_066_069_Taktik_Rep 68 rund_066_069_Taktik_Rep 68 09.03.2006 18:35:55 Uhr09.03.2006 18:35:55 Uhr

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Die WM bringe ganz neue , wird jeden Tag aufs Neue behauptet. Dabei sind es alte, die nur neu interpretiert werden – durch eine Para militarisierung des gesamten öffentlichen Raums

Wer je Saison-Endspiele, Champions-League- oder WM-Par-tien vor einer Großbildwand im Stadtzentrum verfolgt hat, dürf-te in den letzten Wochen gestaunt haben. Das so genannte Pu-blic Viewing – plötzlich ist es zu einem Politikum geworden. Mit Blick auf die WM sagt Innenminister Wolfgang Schäuble, solche Veranstaltungen brächten „Probleme ganz neuer Art“ mit sich. Auch Angela Merkel hängt das Thema hoch: „Jeden Abend werden sich viele Tausend Menschen auf Großleinwän-den die Spiele anschauen.“ In einer „Notsituation“ müsse „man überlegen, wo noch Kräfte zu mobilisieren sind“. Doch welche Probleme sind „ganz neu“? Es könnte Schläge-reien geben, ausgelöst durch Alkoholkonsum – wie bei jeder Kirmes. Und, ja, die Besucherströme rund um ein Fifa-Fanfest sind ein potenzielles Terroranschlagsziel. Das gilt aber immer, wenn sich in Innenstädten viele Menschen auf engem Raum aufhalten – wie man spätestens seit den Bomben auf den Ma-drider Nahverkehr vor zwei Jahren weiß. Nun ist noch niemand auf die Idee gekommen, zum Beispiel für die samstägliche Shopping-Rushhour in den Einkaufsstra-ßen der Republik besondere Sicherheitskonzepte zu fordern. Aber wenn, wie zuweilen suggeriert wird, Rucksackterroris-ten und Hooligans Arm in Arm durch die Städte marschieren, ist natürlich alles anders. Panik schüren auch einige seriöse Medien mit der unseriösen Schätzung, es gebe „in Deutsch-

land 10.000 Hooligans“. Teilt man die Zahl durch drei, kommt man der Wahrheit um einiges näher. Die Probleme, die Experten jetzt mit Public Viewing verbin-den, sind hausgemacht. Wäre es den Organisatoren der Fan-feste vorrangig um Sicherheit gegangen, hätten sie die Events bodenständig konzipiert. Der Versuch, kartenlosen Fans ein Spektakel in entfernt stadionähnlicher Atmosphäre zu bieten, mag zu einem Teil dem guten Willen der Funktionäre ent-sprungen sein. Zu einem erheblichen Teil aber auch dem Wunsch der Hauptsponsoren, es auf einem möglichst großen Werbeschlachtfeld krachen zu lassen. Insgesamt, schätzt das Organisationskomitee, kommen allein zu den zwölf Fifa-Fan-festen „zwischen sieben und acht Millionen Besucher“. Je näher die WM rückt, desto mehr wird die Bevölkerung be-reit sein, vermeintlich maximalen Sicherheitsmaßnahmen zu-zustimmen. Die IT-Consulting-Firma Steria Mummert, die Mi-nisterien zu ihren Kunden zählt, hat anlässlich der WM Emnid repräsentativ fragen lassen, wie die Bürger zum „Einsatz des Militärs zur Abwehr terroristischer Anschläge“ stehen. 69 Pro-zent sprachen sich dafür aus – und das im November, als sol-datische Aktivitäten im Innern noch Randthema waren. Astrid Göbel, bei Steria Mummert für „Heimatschutz“ zuständig, freut es: „Der Bürger ist viel wei ter, als die Politiker glauben.“ Mit nennenswertem Widerstand gegen die Paramilitarisie-rung von Sportevents dürfte also auch dann kaum zu rechnen sein, wenn sie größere Ausmaße annimmt. Die nächste Stufe wird bei der EM 2008 erreicht: In der Schweiz sollen sich 12.000 Soldaten bereithalten – das wären doppelt so viele wie beim jährlichen Weltwirtschaftsforum in Davos.

Panik schüren, Ziele durchsetzenVON RENÉ MARTENS

RUND 69

GLEICHE HÖHE Kommentar

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Wie schnell sind die 18 Bundesligisten?Fußballvereine sind wie Tiere: launisch, lustig, manchmal langsam, manchmal aber auch pfeilschnell. Jedem Verein haben wir ein Lebewesen

zugeordnet und uns bei Zoologen nach deren Durchschnittsgeschwindigkeit erkundigt. Hier die Tempotabelle der Bundesliga:FOTO DPA

80km/h

70km/h

62km/h

65km/h

55km/h

52,5km/h

50km/h

40km/h

33km/h

35km/h 38

km/h

34km/h

28km/h

25km/h

0,02km/h

9km/h

30km/h

18km/h

1. FRANKFURT Adler 2. HANNOVER Pferd 3. WOLFSBURG Wolf4. BAYERN Grizzlybär 5. LEVERKUSEN Löwe 6. KAISERSLAUTERN Teufel 7. HERTHA Bär 8. DUISBURG Zebra 9. NÜRNBERG Ritter

10. MAINZ Klopp 11. KÖLN Geißbock12. STUTTGART Krokodil 13. DORTMUND Biene 14. BIELEFELD Kuh 15. MÖNCHENGLADBACH Fohlen 16. HSV Dinosaurier17. BREMEN Schaf 18. SCHALKE Maulwurf

AM BALL Erbsenzähler

RUND 70

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Die neue Preisfrage: Welcher Trainer wurde in der Ersten Bundesliga am häufi gsten entlassen? Antworten bitte bis zum 18. April 2006 an: Redaktion RUND, Pinneberger Weg 22-24, 20257 Hamburg, [email protected], Stichwort: Gefeuert.

Unter den richtigen Nennungen verlosen wir gerahmte, originale Taktikzeichnungen von Hans Meyer.Die Lösung aus 3/06 lautet: Felix Magath, Vater von sechs Kindern. Gewinner aus 2/06 ist: Malte Dürr, Herdecke

Verweildauer von Trainern in der BundesligaKonnten Trainer früher länger und ungestörter arbeiten? Werden sie heutzutage schneller entlassen? RUND hat die durchschnittliche Anzahl der Tage

ermittelt, die die Fußballlehrer im Amt blieben. Die Werte werden jeweils der Saison zugordnet, in der die Trainer ins Amt kamenQUELLE KICKER, FOTOS IMAGO

!!!Hier gibt’s Gewinne!!!!!

1000

300

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1963–64

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95–96

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98–99

99–2000

00–01

01–02

02–03

HENNES WEISWEILER WAR 3652 TAGE LANG DER TRAINER BEI MÖNCHEN-GLADBACH

JUPP HEYNCKES WAR 2922 TAGE CHEFTRAINER VON BORUSSIA MÖNCHEN-GLADBACH

EINSAME SPITZE:OTTO REHHAGEL. 5113 TAGE WERDER BREMEN AM STÜCK SIND BUNDESLIGA-REKORD

VIER TRAINER IN EINER SAISON VERSCHLISSEN: HANNOVER 96.

AUCH VIER TRAINER IN EINER SAISON DURCH-GESCHLEUST: HERTHA BSC.

UND NOCHMAL 4 IN 1: VFB STUTTGART

12 JAHRE ODER 4383 TAGE FREIBURGER SC:VOLKER FINKE BLIEB AUCH NACH ABSTIEGEN

WINFRIED SCHÄFER, 3920 TAGE ALS TRAINER BEIM KARLSRUHER SC TÄTIG

Durchschnittliche Verweildauer in Tagen

Die Statistik endet mit dem Aufstieg von Mainz. Trainer Klopp ist noch im Amt, eine Entlassung ist nicht wahrscheinlich.325

363

408

368346 341

372

336

390

329

447

406

518

650

774

409

657

948

566

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674

639

501

388

606

983

557

418402

725

492468

615

638

785

667

583

465

651

456

Saison

AM BALL Erbsenzähler

RUND 71

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Abseits ist regelwidrig. Dann ruht das Spiel. Das kann skurril sein und fi ndet überall auf der Welt statt: „Die Frage ist doch, ob ich mir

20 Liter Bier in den Kopf haue und morgens voll wie ein Russe einlaufeoder mich zurückhalte und um eins nach Hause gehe“ ROBERT HUTH

IM ABSEITS

74 LÜGENDETEKTOR„Ich würde auch einen Affen essen“ – Robert Huth verrät, was er lieber verschweigen würde

78 DER BETA-TRAINERSeppo Sturkopf – als Chef war er schwierig, bei Bayern ist Seppo Eichkorn der perfekte Co

86 DER GROSSE WM-COUPPatsche für Polen – wir haben Podolski bekommen, dafür bekommt Polen Patschinski

92 WERBEPAUSEMänner als Marken – Kicker machen Werbung. Wir präsentieren die seltsamsten Beispiele

RUND 73

RUND Im Abseits

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„Huuuuuuuuuth“: Robert Huth kennt seinen Namen

„Ich würde auch einen Affen essen“

IM ABSEITS Lügendetektor

RUND 74

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Herr Huth, wer lacht am meisten im Team des FC Chelsea?ROBERT HUTH Die Engländer. Die haben einen guten, wenn auch komischen Humor, den man zu nehmen wissen muss. Die sind aber nicht viel anders als ich. Die gehen viel-leicht häufi ger mal einen trinken, das war’s dann aber auch schon.

Geht der Humor manchmal zu weit? Für mich gibt es nichts mehr, was zu weit führt. Die Grenze wurde schon oft überschrit-ten. Andere beschweren sich, mich kann mitt-lerweile nichts mehr schocken, ich bin ja auch schon fast sechs Jahre in London. Austeilen und einstecken, das ist ganz normal. Wir sind alle große Jungs, die viel Scheiße bauen.

Was das ist, wollen Sie uns aber sicher nicht verraten. Genau.

Es gibt aber harte Bräuche unter englischen Fußballern. Man will hier schon ab und zu mal feiern. Das ist auch kein Geheimnis. Wenn aber raus-kommt, dass einer länger unterwegs war, wird das immer gleich groß diskutiert. Die Deut-schen sind da angeblich disziplinierter, doch

jeder weiß, dass die genauso weggehen. Man-che sind halt cleverer und lassen sich nicht er-wischen, wenn sie abends unterwegs sind. Wenn Mannschaftsabende sind, gehen bei uns fast alle mit. Die Frage ist doch, ob ich mir 20 Liter Bier hinter den Kopf haue und morgens um acht voll wie ein Russe einlaufe oder mich zurückhalte und um eins nach Hause gehe.

Sie sind eher zurückhaltend? Ja. Ich gehe selten mal länger weg. (++++)

Welche Spieler nerven Sie? Craig Bellamy und Paul Dickov, beide von den Blackburn Rovers, die nerven mit ihrem Ge-laber. Früher habe ich aber mehr auf Sprüche reagiert, mittlerweile bin ich gelassener. Ich glaube auch, dass es mich abgehärtet hat, dass ich mit 15 nach London gegangen bin. Ich war aber sowieso noch nie ein Muttersöhnchen.

Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Zehntausende „Huuuth, Huuuth, Huuuth“ schreien? Am Anfang war ich erschrocken und begeis-tert zugleich. Das war wie ein Elektroschock. Es gibt ja auch Menschen, die mir auf der Stra-ße aus 20 Metern meinen Namen entgegen-schreien. Die glauben, mich schon lange zu kennen. Das geht mir ähnlich, wenn ich eine Schauspielerin in London sehe. Dann denke ich auch, dass ich sie kenne, aber eigentlich habe ich sie nur im Fernsehen gesehen. Ich

würde dann auch gerne mal hinterherschrei-en, halte mich aber zurück, da ich ja weiß, wie sich das für sie anfühlen muss. (++++)

Können Sie Blut sehen? Ja, kein Problem.

Können Sie Schmerzen ertragen? Auch das geht sehr gut. Bis meine Schmerz-grenze erreicht ist, dauert es.

Haben Sie schon häufi ger mal gehört, dass Sie sich wie ein Elefant im Porzellanladen benehmen? Oh ja, sehr oft. Normalerweise haue ich im-mer ein Glas um oder stoße mir das Knie an ei ner Ecke. Ich bin schon ein bisschen unge-schickt. Ernsthaft verletzt habe ich mich aber nie dabei, es gingen immer nur Gegenstände kaputt. (++++)

Können Sie tanzen? Nein, ich bin kein Tänzer. Alleine und zu Hau-se kann ich super tanzen, wenn aber jemand zu-schaut, geht gar nichts. Springen und Headban-ging sind eher mein Ding. Gerade erst war ich bei einem Prodigy-Konzert, das ging nur ab.

LÜGENLEGENDE

Robert HoyzerBaron MünchhausenPinocchioPippi Langstrumpf

++++++++++++++++

ROBERT HUTH gibt nicht gerne Interviews. Doch für RUND machte der 21-Jährige vom englischen Meister FC Chelsea eine Ausnahme. Am Lügendetektor verrät der Nationalspieler, wie Roman Abramowitsch wirklich ist, dass ihn sein früher Wechsel nach London härter gemacht hat und warum er nur alleine zu Hause tanzt INTERVIEW OLIVER LÜCK UND RAINER SCHÄFER, FOTOS HEIKO PRIGGE

IM ABSEITS Lügendetektor

RUND 75

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Was bedeutet Luxus für Sie? Das machen zu können, was ich gerade möch-te, egal, was es ist. Oder in der Badewanne lie-gen und einen Rotwein dazu trinken. Ich al-leine in mei ner kleinen Welt.

Ist Roman Abramowitsch, der Besitzer des FC Chelsea, ein Mensch aus Fleisch und Blut oder unantastbar? Ihm gehört der Verein, und ich habe ihn als Fußballfan mit viel Geld kennen gelernt. Er ärgert sich, wenn wir eine Torchance vergeben, der geht da immer voll mit. Und er ist nach den Spielen auch immer bei uns in der Kabine. Er ist nicht so drauf: Ihr macht jetzt, ich zahl.

Träumen Sie auf Englisch? Es kommt ganz darauf an, wer im Traum vor-kommt. Warum sollte ich mit meiner Mutter Englisch reden? Sie spricht ja Deutsch.

Im Traum weiß man ja nie so genau – Jürgen Klinsmann spricht Englisch. Mit dem würde ich auch Deutsch reden. Von dem träume ich aber nicht.

Wovon denn? Weltmeister zu werden. Das kenne ich auch aus Tagträumen. Es geht mir oft durch den Kopf, wie das wäre, den WM-Pokal in die Hö-he zu strecken.

Eine große deutsche Boulevardzeitung macht Witze über Sie. Wusste ich gar nicht.

Einer geht so: Huths Mutter im Beichtstuhl zum Pfarrer: „Hochwürden, ist es schlimm, dass mein Sohn sonntags Fußball spielt?“ Pfarrer: „Dass er spielt, nicht – aber wie er spielt, ist eine Sünde.“ Soll das lustig sein?

Wir befürchten ja. Die schreiben ja eh, was sie wollen. Dass das kein seriöses Blatt ist, weiß ja auch jeder. Ich würde mit diesen Leuten gerne mal Auge in Auge an einem Tisch sitzen, und dann sollten sie mir diesen Witz erzählen. (++++)

Wie war es, als Sie gerade Ihren Führer-schein gemacht hatten? Alleine im Auto durch London, Fenster run-ter und Musik aufdrehen, was Besseres gab es

damals nicht. Ich war 17. Damals bin ich auch noch mit Berliner Nummernschild gefahren, da konnte man auch mal falsch parken und ein bisschen schneller fahren, die haben die Straf-zettel ja nicht hinterhergeschickt.

Wovor haben Sie Angst? Es gab schon oft Situationen im Flugzeug, in denen ich die Hose voll hatte. Man sitzt da drin, und vorne versuchen zwei Typen, den Flieger zu landen. Da kann man gar nicht ein-greifen, man ist denen völlig ausgeliefert. Je mehr ich fl iege, desto schlimmer wird es. Ich werde dann schon mal etwas kurzatmig.

Wenn Sie einen Tag lang ohne Bestrafung machen dürften, was Sie wollen, was würden Sie tun? Das schnellste Auto kaufen, das es gibt, und durch London, Berlin und Paris heizen. Oder einmal mit einer Pistole schießen, nur um zu sehen, wie das ist. Danach würde ich es sicher

„Die Hosen voll“: Robert Huth wird kurzatmig

IM ABSEITS Lügendetektor

RUND 76

rund_074_077_Luegendete 76 rund_074_077_Luegendete 76 09.03.2006 12:10:40 Uhr09.03.2006 12:10:40 Uhr

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auch gar nicht mehr machen wollen. Einmal schießen und dann nie wieder anfassen.

Was vermissen Sie in England am meisten? Einen richtig guten Döner. In London habe ich bislang noch keinen gefunden. Doch in Berlin habe ich früher zweimal die Woche ei-nen gegessen.

Essen Sie alles? Ich glaube schon. Und zu jedem guten Essen gehören auf jeden Fall Ketchup und Cola.

Und Spinnen? Ob ich mich vor Spinnen ekle?

Ob Sie welche essen könnten. Ja, könnte ich. Ich will mit meiner Freundin auch schon seit Langem in ein Restaurant ge-hen, wo es Löwen- und Elefantenfl eisch gibt. Ich würde alles probieren, nur um sagen zu kön nen, dass ich es probiert hätte.

Auch einen Affen? Ein kleines Stückchen schon, einen ganzen Affen würde ich nicht schaffen. (++++)

Wann haben Sie das letzte Mal verschlafen? Nie. Ich hasse Unpünktlichkeit. (++++)

Sind Sie faul? Beim Fußball nicht. Aber zum Kiosk um die Ecke würde ich mit dem Auto fahren.<

FAZIT DES TESTS: Billiges Wortspiel, aber so ist es: Huth hat Mut. Noch kein Proband war derart ehrlich am RUND-Polygraf. Nur ganz, ganz selten regte sich die Maschine, wobei das auch am erhöhten Puls bei heiklen Fragen gelegen haben kann. Der 21-Jährige isst alles, kennt keine Schmerzen und kann Blut sehen – der Mann muss mit zur WM.

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IM ABSEITS Lügendetektor

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Der polnische Fußballverband lässt nichts unversucht, deutsche Fußballstars abzuwerben, um sie als falsche Polen bei der WM gegen uns aufs Feld zu schicken: Klose, Podolski, Sinkiewicz, Dabrowski, Trochowski, Delura

oder Polanski – keiner wollte in den Osten. Dabei gibt es einen, der die richtigen Papiere, den richtigen Namen hat und überall wichtige Tore schießen kann: NICO PATSCHINSKI vom Zweitligisten LR Ahlen. RUND wird

alles daran setzen, Patsche zur WM zu bringen – damit Polen am 14. Juni gegen Deutschland eine Chance hat

VON OLIVER LÜCK UND RAINER SCHÄFER, FOTOS MARTIN KUNZE

Patsche für Polen

Ein echtes Schlitzohr: Zu Patschinskis Spezialitäten zählen der stramme Schuss und sein schier unerschöpf bares Repertoire an selbst aus ge-dachten Finten. Er kann für Polen jubeln und die polnische National hymne längst auswendig

„Na klar spiele ich für Polen bei der WM“: Patschinski hat den richtigen Namen und eine positive Einstelllung

IM ABSEITS Der große WM-Coup

RUND 78

rund_078_079_Patsche_zu 78 rund_078_079_Patsche_zu 78 09.03.2006 18:41:04 Uhr09.03.2006 18:41:04 Uhr

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Ob gegen Bayern München oder Eintracht Braunschweig: Nico Patschinski schießt immer seine Tore. Mit gerade mal 29 Jahren zählt er zu den abgebrühtesten deutschen Stürmern mit polnischen Wurzeln. Wenn „Patsche“ im gegnerischen Strafraum den Ball hat, sieht auch Ol-li Kahn schlecht aus. In 28 Erstligaspielen erzielte er acht Treffer, in der Zweiten Liga in 142 Spielen 42 Tore. Mit dem FC St. Pauli traf er gegen den FC Bayern München, in Trier traf er aus allen Lagen – auch per Fallrückzieher, eines der schönsten Tore im Fußballjahr 2005. In einer desolaten Ahlener Truppe bringt er es in der laufenden Saison immerhin auf sechs Tref-fer (Stand bei Redaktionsschluss, mittlerweile sicher schon vier weitere). Wenn man Nico Patschinski einen Fehler vorhalten wollte, dann diesen: Er entscheidet sich immer für den falschen Klub. Trotzdem taucht Patschinski regelmäßig im kritischen „Kicker“

in der „Elf des Tages“ auf. Und es ist noch nicht allzu lange her, dass der polnische Fußballver-band bei Patsche anfragen ließ, ob er polni-sche Vorfahren habe. Er hat: Seine Großeltern Gerhard und Erika Patschinski stammen aus Rastenburg in Ostpreußen, dem heutigen Ketrzyn. Seine Papiere sind astrein und wür-den ein Engagement für unsere Nachbarn so-fort zulassen. „Klar spiele ich für Polen bei der WM“, signalisiert auch Filou Patschinski, „An-ruf genügt, Tore sind das kleinste Problem für mich.“ Paweł Janas, der polnische National-trainer, wird es gerne hören: Polen verlor ge-gen die USA mit 0:1, von Offensive war dabei nicht viel zu spüren. Der schillernde Patschin-ski würde Janas‘ Kader treffl ich zu Gesicht ste-hen, in den Spieler wie Bartosz Bo sacki und Tomasz Kłos berufen werden, die sich nicht mal in Kaiserslautern und Nürnberg durch-setzen konnten. Noch hat Polen nicht verlo-ren. Es ist Zeit zu handeln: RUND wird das Gespräch mit dem polnischen Verband su-chen und nicht locker lassen: Wir bringen die Geheimwaffe Patsche zur WM. Sie dürfen ge-spannt sein. Fortsetzung folgt …

„Anruf genügt“: Patschinski hat seine Taschen bereits gepackt und könnte sofort ins nächste Trainingslager der polnischen Auswahl reisen

Traum jedes Polen: Patschinski könnte für viel mehr als nur für den Sieg gegen Deutschland sorgen

Wirkt harmlos, manchmal fast zärtlich, ist aber mit wirklich al-len Wassern gewaschen: Bei Patschinski könnten selbst Welt-meister an ihre Grenzen stoßen

Am Steuer zur WM: Viele Wege führen nach Polen, und Patschinski kennt sie alle – vor allem die schnellsten

IM ABSEITS Der große WM-Coup

RUND 79

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„DIE PROFIS KÖNNTEN MEINE KINDER SEIN“

Andere Sicht auf die Dinge: Trainerfrau Astrid Schaaf

IM ABSEITS Trainerfrau

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WIE LEBT ES SICH ALS FRAU EINES BUNDESLIGATRAINERS? ASTRID SCHAAF STEHT SEIT ÜBER 20 JAHREN

HINTER IHREM MANN THOMAS, DEM TRAINER DES SV WERDER BREMEN. IM INTERVIEW ERZÄHLT SIE

VON FAMILIÄREN ABTANZBÄLLEN UND DER GEFAHR EINES UMZUGS INTERVIEW SVEN BREMER, FOTO BENNE OCHS

Frau Schaaf, wo haben Sie und Thomas sich eigentlich kennen gelernt? Sagen Sie jetzt nicht auf dem Fußballplatz.ASTRID SCHAAF Nein, aber das hätte gut sein können. Ich stand schon vor 30 Jahren in der Kurve. Das volle Programm, mit Schal und allem. In einer Clique mit zwölf Jungen und zwei Mädchen. Kennen gelernt haben wir uns in der Schule. Elfte Klasse, Sport-Leistungs-kurs. Aber erst mal nur kennen gelernt.

Und wann hat es gefunkt? Ich weiß das gar nicht mehr genau, da müss-ten Sie Thomas fragen. Der merkt sich so et-was. Wir sind auf jeden Fall 16 Jahre verhei-ratet. Zusammen sind wir viel länger als 20 Jahre. Er war auf jeden Fall noch kein Profi .

Das heißt, er muss jetzt den Bundesligaalltag auch gar nicht vor der Haustür lassen, weil Sie durchaus Interesse an Fußball haben? In erster Linie interessiert mich natürlich, was Thomas macht. Aber weil ich mich eben für Fußball und im Besonderen für Werder in-ter essiere, hatte ich nie das Gefühl, dass er mich zutextet und ich irgendwann Stopp sa-gen muss. Aber wir reden zu Hause deshalb nicht ständig nur über Fußball, sondern meis-tens über ganz andere Dinge.

Inwieweit lädt er seinen Frust bei Ihnen ab? Da muss man differenzieren. Wenn es punk-tuelle Dinge im Alltag sind, die nicht laufen, dann kann man gut darüber reden. Wenn es aber komplett schlecht läuft im Verein, über einen längeren Zeitraum, dann ist es schwie-riger. Aber auch dann reden wir – wenn er möchte. Es ist doch so, dass Frau en oft eine andere Sicht auf die Dinge haben als Männer. Und es ist nicht das schlechteste, wenn Män-ner sich das anhören. Außerdem kann ich mir das alles ein wenig aus der Distanz anschau-en. Auch das hilft manchmal.

Sprechen Sie auch über seine Auftritte in der Öffentlichkeit? Klar, er kommt schon mal und fragt: Wie kam das rüber? Habe ich mich verständlich gemacht? Und das diskutieren wir dann auch.

Haben Sie Kontakt zu den Spielern? Wie dicht sind Sie dran an der Mannschaft? Dicht dran kann man nicht sa gen. Ich sehe die Spieler im VIP-Raum, aber da beschränkt es sich meist auf Smalltalk. Den einen kennt man halt länger, zum anderen kriegt man

nicht so den Draht. Aber eins darf man nicht vergessen, das ist mir neulich noch mal auf-gefallen: Inzwischen ist der Altersunterschied so groß geworden, dass viele der Pro fi s mei-ne Kinder sein könnten. Das war noch nicht so, als Thomas 1999 Cheftrainer wurde.

Kümmern Sie sich um die Spielerfrauen, wie es Beate Rehhagel zu Otto Rehhagels Bremer Zeiten wohl intensiv gemacht hat? Also eins gleich mal vorweg. Ich entscheide bestimmt nicht, welche Spieler verpfl ichtet werden. Und das hat Beate garantiert auch nicht gemacht. Keine Ahnung, wer sich so et-was ausgedacht hat. Ich engagiere mich sicher-lich nicht so, wie Beate Rehhagel es getan hat. Phasenweise gibt es da mehr zu tun, dann ist es wieder ruhiger.

Muss man als Frau, als Familie eines Bundesligatrainers Opfer bringen? Opfer dürfte das falsche Wort sein. Ich wür-de sagen Zugeständnisse. Wir sind ziemlich eingeschränkt, was private Geschich ten an-geht. Es gibt quasi null Planungssicherheit. Gemeinsamer Sommerurlaub fällt eh fl ach. Wenn wir zu einer Fete eingeladen werden, können wir drei Monate vorher nicht zusa-gen, weil der Spielplan noch nicht steht. Spielt Werder Samstag oder Sonntag? Muss Thomas dienstlich verreisen? Aber ich kenne es nicht anders. Für unsere Tochter war es schon blöd, dass ihre Eltern oft nur getrennt auftreten. Das ist sicher etwas, was sie erst lernen muss-te. Neulich hatte sie Abtanzball, wir konnten beide. Das ist die absolute Ausnahme.

Thomas ist einen Tag nach dem vorzeitigen Gewinn der Meisterschaft in der Saison 2004 zum Korbball-Turnier ihrer Tochter gegangen. Ja, das war völlig normal für ihn. Sie ist schon das Wichtigste für ihn. Aber gleichzeitig hatte er sich echt Gedanken gemacht: Ist das eigent-lich okay für meine Tochter? Denn es war ja klar, dass reichlich Kameras am Start sind, wenn er dort hingeht. Und er hat sich gefragt, wie das die anderen Eltern wahrnehmen. Den-ken die vielleicht: Jetzt macht der Schaaf hier auch noch die Welle?

Wie sehr können Sie sonst Normalität leben? Thomas wird logischerweise erkannt – und auch sehr oft angesprochen. Aber wir leben ziemlich zurückgezogen, und wir leben in Bre-men, nicht in München oder Hamburg. Auf

Veranstaltungen wie dem Freimarkt kann es ein bisschen schwieriger werden. Aber dann zieht er ein Käppi auf – und dann geht das.

Gibt es auch Leute, die versuchen von Ihnen Interna zu erfahren. Nach dem Motto: Astrid, sag doch mal, wie war das eigentlich wirklich mit dem Micoud? Nein, das könnten auch nur Fremde versu-chen. Freunde würden das nicht machen.

Gibt es Momente, in denen Sie es genießen, in der Öffentlichkeit zu stehen? Nein, das ist nicht mein Ding. Wir führen ein ziemlich normales Leben, mit einem Freun-deskreis mit ganz normalen Leuten, mit ganz normalen Sorgen. Eine Runde, die über Jahre gewachsen ist. Ich habe ja auch bis vor drei Jah-ren als Krankenschwester gearbeitet, die meis-te Zeit davon im OP. Dass ich aufgehört habe, hatte übrigens nichts mit Thomas zu tun. Im Moment ist es so okay, aber ich werde irgend-wann bestimmt wieder arbeiten.

Gibt es fanatische Anhänger, die Sie wegen schlechter Ergebnisse des Klubs beschimpfen? Ich bekomme das weniger mit. Unsere Toch-ter hat in der Schule manchmal Stress. Da kom-men schon mal Mitschüler und ärgern sie. Von wegen: Pass mal auf, bald müsst ihr umziehen. Nach der 2:7-Niederlage gegen Lyon in der Champions League war das zuletzt der Fall. Kinder können da sehr verletzend sein.

Haben Sie Angst, dass Thomas seine Arbeit verliert und Sie woanders hingehen müssen? Angst habe ich nicht. Aber bei dem Job, den Thomas hat, kann es durchaus sein, dass wir irgendwann gehen. Nicht, dass ich das möchte, überhaupt nicht. Aber ich muss mich doch rea-listisch damit auseinandersetzen. Das geht in dem Geschäft so schnell. Ein paar Wochen spä-ter ist Thomas doch auch schon Schnee von gestern, wenn es mit dem neuen Trainer bes-ser laufen sollte. Machen wir uns nichts vor.

Hat sich ihr Mann verändert seit dem Double-Gewinn in der Saison 2003/2004? Er ist vorsichtiger geworden. Aber ansonsten – als Mensch verändert? Ich würde sagen nein. Aber vielleicht bin ich da auch die Falsche, um das zu beurteilen.<

„ER IST VORSICHTIGER GEWORDEN,

ABER VERÄNDERT? NEIN“

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Der brasilianische Journalist sieht aus wie Ronaldo in zehn Jahren, war Pressechef der Seleção und erzählt bis Juni in dieser WM-Kolumne von seinen ungewöhnlichen Erlebnissen in der Fußballwelt.

Diesen Monat führt ihn seine RUNDreise ins Paradies Costa Rica, dem ersten deutschen Vorrundengegner ILLUSTRATION ANNE-KATRIN ELLERKAMP

Schildkröten haben Vorfahrt

Das Erste, was mir im Paradies passierte, hat-te mit gepanzerten Kreaturen aus der Urzeit zu tun: Am Tamarindo Beach schloss ich mich ein paar 40-jährigen Jungs mit einem Plastik-ball an. Doch wir hatten ein Problem. Denn Tamarindo ist nicht nur ein phantastischer Strand, sondern auch der Ort, an dem hübsche Riesenschildkröten ihre Eier legen und auf dem Weg zum Wasser ständig über den Strand laufen. Nach einiger Zeit entschieden wir uns für einen strategisch günstigen Ort, wie wir glaubten. Das Spiel begann. Doch es dauerte nicht lange – es war mitten in einem Erfolg ver-sprechenden Sturmlauf unseres Teams – und eine Schildkröte tauchte auf. Wir mussten un-seren Angriff nicht nur unterbrechen, son-dern das ganze Spiel abblasen. Denn sie krab-belte in Zeitlupe durch den Strafraum und vergrub ihre Eier – glauben Sie es oder nicht – kurz vor der gegnerischen Torlinie. Ich bin also in Costa Rica, einem Land, in dem Schildkröten Vorfahrt haben. Und irgend-wann hat hier jemand beschlossen, einfach die Armee abzuschaffen und das Geld lieber

Leute hier alles im Leben ist. Kinder werden geboren, und durch die Tür zu den Kranken-zimmern, in denen die Mütter noch ihre Neu-geborenen stillen, sieht man sie schon mit kleinen Mützen von Puntarenas Fútbol Club, Asociación Deportiva Santacruceña oder dem Club Sport Cartaginés. Auf dem Markt von San Jacinto gibt es sogar kleine Stricktrikots der brasilianischen Nationalelf und dem FC Barcelona – al les fürs Baby. 1990 fuhren die „Ticos“, wie sie ihre Na-tionalmannschaft hier nennen, zur WM nach Italien und überraschten alle – sie waren das erste mittel amerikanische Team neben den gro ßen Mexi kanern, das jemals das Achtelfi -nale erreichte. Und wenn ich mir vorstelle, was hier los ist, wenn die Ticos am 9. Juni gegen Deutschland die WM eröffnen: In Marios Fuß-ballbar werden die Plätze am Tresen schon Stunden vorher belegt sein. Am Tamarindo Beach werden die Schildkröten Fußball spie-len. Und Busse werden neue Namen bekom-men: „Alemania 0:1 Costa Rica – herzlich will-kommen im Paradies!“

in die Kultur zu stecken. Also gibt es in diesem Land keine Soldaten, mehr Lehrer als Polizis-ten, und mehr Fußballtrainer als Politiker. Ge-meinsam mit Hühnern, Ziegen, Kindern klet-terte ich nach dem Spielabbruch in einen Bus nach Puntarenas. Der Bus, in dem ich saß und in dem Verkäufer den Fahrgästen Früchte, Eis am Stiel und Bananenchips verkauften, hatte einen Namen. Ja wirklich, Busse haben in Cos-ta Rica Namen! Wie ein Mensch oder ein Hund. Ich fuhr im „Magos del Brujas“, was nichts Ge-ringeres als „Magier der Hexen“ heißt. Brujas, die Hexen, sind eine Mannschaft des Campeo-nato Nacional, der ersten Liga. In Puntarenas sah ich Busse namens „Ronal-dinho“, Laster, die auf den Namen „Pelé, der King“ hörten, und sogar zwei Vans mit wirk-lich komischen Namen: „Brasilien 4:1 Italien“ und „Langsam, langsam, kommen wir schon hin … Copa Mundial!“ Ich freundete mich mit Mario Esquivel an, dem Betreiber einer ört-lichen Fußballbar. Er nahm mich sogleich mit zu einer Touristenattraktion – ins Kranken-haus! Um mir zu zeigen, dass Fußball für die

IM ABSEITS Ricardos Welt

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Back to the RedsHannover 96 hatte Ende der 90er eine Elf mit Meisterschaftspotenzial – in der Regionalliga.

Der Fan RUBEN HEINRICH weiß, wie „die Roten“ die alten 96-Stars zurückholen könnten

Fans mit Ideen, mit welcher Regeländerung ihr Klub besser dastünde, wenden sich mit ihrem Vorschlag an: [email protected]

Nichts gegen Sousa, Zuraw, Dabrowski oder Delura. Aber der 96-Fan hat zu Zweitligazeiten Gerald Asamoah zu Schal-

ke gehen sehen. Dann will er von dort – sorry – nicht unbedingt einen Michael Delura zurück, wenn Hannover in der

Ersten Liga spielt. Deshalb fordern wir vom DFB, alle Transfers innerhalb der Liga zu verbieten. Alle Stars müssen dann

zu den Vereinen zurückgeschickt werden, in denen sie ihre erste wichtige Station hatten. Die halbe Nationalmannschaft

müsste dann zurück zu unserem originellen Verein, dessen Spieler wir die „Roten“ nennen, obwohl unsere Vereinsfarben

grün-weiß-schwarz sind.

Endlich übrigens auch eine Regel, die dem Nachwuchsbereich nützen würde, da der Transfermarkt zum Erliegen käme.

Schon sehen wir Gerald Asamoah, Sebastian Kehl, Otto Addo, Fabian Ernst, Bastian Reinhardt und Jan Simak wieder zu 96

eilen. Das sind nämlich die Namen, die Hannover in die Bundesliga gespielt haben und in den Köpfen der Fans immer noch

eine Rolle spielen. Per Mertesacker, seit 1995 im Verein, könnte dann praktischerweise gleich hier bleiben.

Gedient wäre also allen, vor allem den Spielern selbst. Dabei geht es gar nicht mal um Jan Šimak. Obwohl selbst der Tsche-

che mit einem freundlichen „Hannover ist die schönste Stadt der Welt!“ von den Fans empfangen würde und mit Kumpel Stajner

und Coach Neururer wieder fröhlich um die Häuser ziehen könnte. Das 96-Talent Sergej Barbarez hat es immerhin zum befreun-

deten Hamburger SV geschafft, Otto Addo hat sich nach schlimmen Verletzungen in eine 96-B-Elf namens Mainz 05 ge rettet,

wo er auf Alt-96er wie Babatz, Rose, Gerber, Casey und die Weiland-Brüder gestoßen ist. Apropos weiland. Weiland 1998 waren

hoffnungsvolle Talente in Hannover tätig, wie Markus Kreuz, Stefan Blank und Jens Rasiejewski. Gemessen an ihren Möglich-

keiten sind sie später bei anderen Vereinen gänzlich gescheitert oder haben wie Fabian Ernst stagniert. In Hannover hätten sie

die Meisterschale sicher mehrmals in die Höhe gestreckt. Dank der Regeländerung dürften sie nun für immer bei uns bleiben.

Noch ein positiver Nebeneffekt: Thomas Brdaric, der Mann mit der Abseitsbilanz eines Ailton und der Stimme eines Christian

Wörns müsste den Verein verlassen. Wohin ist nicht unser Problem. Vielleicht zu Fortuna Köln? In die Verbandsliga?

DIE 96-REGEL:

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IM ABSEITS Was wäre, wenn …

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SEPPO EICHKORN scheint der ideale Cotrainer zu sein. Von 19 Jahren im Profi fußball hat

er fast 17 als Assistent verbracht. Als Cheftrainer galt er als schwierig. Begonnen hat er als ABM-Kraft

beim FC St. Pauli, mit dem FC Bayern München und dem Meistertitel dekoriert, kehrt

er nun als Ranghöchster unter den deutschen Cotrainern ans Millerntor zurück – am 12. April

steht das Halbfi nale im DFB-Pokal an

VON RAINER SCHÄFER, FOTOS GERALD VON FORIS

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IM ABSEITS Der Beta-Trainer

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Jetzt kommen sie angeschlendert, die Stars des FC Bayern. Gesichter, die jedes Kind kennt: Ballack, Makaay, dahinter Scholl. Dazwischen verschwindet ein unscheinbarer Mann mit rot-blonden Haaren. Alle schreiben hastig Auto-gramme, nur er kommt unbehelligt durch das Sperrgitter der Fans. Es ist Seppo Eichkorn, Co- trainer beim deutschen Fast-immer-Meister, der Antistar unter den Supermännern. Viel weiß man nicht von ihm. Er ist der Mann, der Felix Magath nicht von der Seite weicht, der neben ihm auf der Bank sitzt, bemüht seine Bewegungen auf die des Chefs abzustimmen. Magath ist das Alphatier des FC Bayern, Eich-korn der Betatrainer. Bevor Eichkorn 2004 mit Magath aus Stutt-gart nach München kam, wurde sein Name selten mit Erfolgen verknüpft. Zugegeben, in Duisburg galt er mal für kurze Zeit als „Seppo Glücksfall“, als er den hoffnungslosen MSV von einem Abstiegsplatz wegführte. Aber sonst verrichtete Eichkorn seine Arbeit unauffällig, und beim FC St. Pauli, wo er von 1987 bis 1994 als Jugend-, Co-, Interims- und Cheftrainer an-ge stellt war, wundert man sich heute noch über seinen Werdegang. „Mensch Seppo“, kriegt er immer wieder zu hören, „unglaublich, dass du bei den Bayern bist.“ Auch der 49-Jährige hielt es lange Zeit für unmöglich, „dass ich als St. Paulianer mal beim Klassenfeind lande“. Aber die Erfahrungen im Fußballalltag haben die alten Denkkonstrukte vom verklärten Kiezklub einerseits und vom kaltherzigen Krösus ande-rerseits längst zum Einsturz gebracht. Am Millerntor jedenfalls begann der Quer-einstieg des Landwirtsohns aus Radolfzell am Bodensee in den Fußball. Nach drei Semes-tern hatte Eichkorn das Studium der Mathe-matik und Physik an der Universität Freiburg aufgegeben: „Ich bin ein emotionaler Typ, das war mir viel zu trocken.“ Eichkorn zog nach Köln, um an der Sporthochschule seinen „Fuß-balllehrer zu machen“. Ein mutiger Entschluss: Als Fußballer hatte er es gerade mal in die Ver-bandsliga ge schafft. Als Helmut Schulte, da-mals Assistenztrainer bei St. Pauli, im Früh-jahr 1987 anfragte, ob er als Jugendcoach nach Hamburg kommen wolle, sagte Eichkorn so-fort zu. Schulte rückte wenige Monate später mit 30 zum Erstligatrainer auf, der ein Jahr ältere Eichkorn wurde zum ersten Mal Cotrai-ner, ohne zu ahnen, dass er einmal als Idealtyp dieses Berufsstandes gelten sollte. Die dama-ligen Singles Schulte und Eichkorn kannten

nur Fußball und St. Pauli. „Es war ein ganz in-ten sives Er le ben. Aufstieg in die Erste Liga 1988, diese Eupho rie, wild und leidenschaft-lich, politisch links, das war absolut meine Welt.“ Schulte wurde 1991 entlassen, der „ge-schock te“ Eichkorn unterdrückte den ersten emotio nalen Refl ex, aus Solidarität mit dem Ge schass ten zu kündigen: „Ich hatte eben ge-heiratet, hatte Familie und Verantwortung.“ Da- mals ent wickelte Eichkorn die Fähigkeit, sich „gut in die Vereine reinzudenken und auch in die Trainer, um die zu unterstützen“. Er ist ein präziser Analytiker, auf dessen Dienste ungern verzichtet wird: Eichkorn gelang es fast im-mer, seine Cheftrainer zu überleben und vom Nachfolger als Cotrainer akzeptiert zu werden. Selbst mit Friedhelm Funkel, der anfangs „große Vorbehalte“ gegen ihn hatte, arbeitete er vier Jahre in Duisburg zusammen.

Aber Opportunismus und Karrieresprünge auf Kosten anderer sind nicht Eichkorns Sache, er möchte lieber altmodisch wirken als auf ei-nen „anständigen Umgang“ zu verzichten. Als

Funkel im März 2000 entlassen wurde, lehn-te Eichkorn die Beförderung zum Chef trainer ab, „weil ich seine Arbeit für sehr gut erach-tet habe“. Als Interimscoach – „das musste ich laut Vertrag machen“ – brachte er die Saison zu Ende, um dann Wolfgang Frank als Cotrai-ner zu unterstützen. „Diese Position ist ihm absolut auf den Leib geschneidert“, schwärmt Helmut Schulte und betont Eichkorns „Ge-radlinigkeit, Aufrichtigkeit, Zuverlässigkeit und enormes Fachwissen“. Was Schulte unterschlägt, ist die unerschüt-terliche Loyalität, die der Cotrainer Eichkorn seinen Vorgesetzten entgegenbringt. Als Wolf-gang Frank seinen Profi s beim MSV Duisburg zu vermitteln versuchte, dass auch frisch ge-schnittene Ingwerwurzeln den Zugang zum Erfolg bedeuten könnten, stießen Profi s wie Jörg Neun, von Haus aus gelernter Kopfschläch-ter, an ihre Verständnisgrenzen. Auch Eich-korn zweifelte an der Wirksamkeit dieser Me-thode, was ihn nicht daran hinderte, sie zu propagieren: „Ich muss den Chef unbedingt un-terstützen, auch wenn ich etwas seltsam fi n de. Die Mannschaft spürt Differenzen zwischen den Trainern.“ Hört man Eichkorn länger zu, muss man die se Frage stellen: Sind Cotrainer überhaupt eigenständige Wesen oder Mario-netten ihrer Vor gesetzten, denen sie bis zur

Antistar unter Supermännern: Kennen Sie Eichkorn?

Dass er mal beim Klassenfeind landen könnte, hielt Seppo

Eichkorn lange für unmöglich

IM ABSEITS Der Beta-Trainer

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Aufgabe der ei genen Persönlichkeit dienen? „Pah“, prustet Eichkorn unwirsch, „selbstver-ständlich ist es wichtig, was ich denke. Wenn ich mit Trainer und Manager zusammensitze, ist es auch meine Aufgabe, konträre Meinun-gen zu vertreten.“ Eichkorn wird unterschätzt, wenn man ihn als dienstfertigen Geist abtut, als blassen Zuarbeiter mit Helfersyndrom: Bei seinen Intermezzi als Cheftrainer bei St. Pau-li und Duisburg legte er sich mit Management und Präsidium an. „Es wurde mir vorgewor-fen, dass ich ein Sturkopf bin. Aber wenn mir nicht vertraut wird, muss man mich entlas-sen.“ Warum nur eckt der umgängliche und diplomatische Assistent an, sobald er zum Chef befördert wird? „Ich wollte immer Chef-trainer werden. Vielleicht ist die Sturheit, dass dann alles auf meine Art und Weise gehen muss, eine Schwäche.“

Eichkorn hat sich inzwischen „soweit ana-lysiert, dass ich nicht unbedingt der Chef sein muss. Man muss auch die Möglichkeiten ab-wägen, die man hat.“ Eichkorn weiß, dass die Leisen in der Branche, denen das Stigma des Unscheinbaren anhaftet, gerne überhört und übersehen werden. „Ich bin kein Glamour-Typ. Ich bin gerne im Hintergrund, mit einem ge-wissen Misstrauen. Das sind Charaktereigen-schaften, die in der Außen darstellung behin-dern können.“ Extravaganz kennt der knorrige Rotschopf nicht; was ihn auffällig macht, egal, auf welcher Position, ist eine ausgeprägte Hart-näckigkeit. Die musste er auch ausbilden, um die vie len Widerstände zu überwinden, die

Misstrauischer Blick: Eichkorn sollte Tierarzt oder Pfarrer werden

ihm den Zugang zum Fußball verwehrten: Erst mit 17 Jahren durfte der Abiturient in den SV Gallmannsweil eintreten. Unter der Woche musste er in der Landwirtschaft an packen, am Sonntag kniete er in der Kirche, wenn andere dem Ball nachjagten. „Wenn meine Brüder und ich uns einen Ball zusammengespart hatten, wurde der auch mal versteckt.“ Die Eltern, die erwartet hatten, dass er als Tier arzt oder Pfarrer praktiziert, musste er enttäu schen. „Ich muss-te von zu Hause weg, um das machen zu kön-nen, was mir Spaß macht.“ Heute steht Seppo Eichkorn mit Michael Ballack und Oliver Kahn auf dem Platz und gibt Anweisungen. Beim FC St. Pauli geriet er noch ins Stottern, wenn zu viele Kameras auf ihn gerichtet waren. „Es ist nichts Besonderes für mich, mit Ballack zu

1988Rübenacker: Die

Bayern spielen 0:0 und maulen über

den holprigen Millerntorrasen. Jupp Heynckes

wird von Fans liebevoll mit

Pfennigstücken beworfen, er

beklagt „chao-tische Zustände“

Retter und Klassenkämpfer: St. Pauli gegen Bayern 20032002

Ein Trainer wird rot: Jörg Sievers, genannt „Colt“, schießt den einzigen Treffer beim Sieg des FC St. Pauli im Olympiastadion. Heynckes ist ratlos, der Platz im perfekten Zustand

reden. Das zeigt die Entwicklung, die ich ge-nommen habe.“ Sie scheint noch nicht abge-schlossen zu sein. Immer öfter springt Eichkorn von der Bank auf, gestikuliert, schreit und ju-belt, während Magath regungsarm auf der Bank sitzt und guckt, als ob er nicht dazu ge-höre. Wird aus Eichkorn noch ein Alphatier? Im Mannschaftsbus der Bayern legt er sich so-gar mit seinem Chef an, wenn es darum geht, den kürzesten Weg ins Stadion zu fi nden. „Ich habe den Ruf, auf der Straße alles besser zu wis sen“, sagt er und beginnt zu lachen, schal-lend, bis das Gesicht in viele kleine Falten zer-fällt. Es dauert lange bis er sagt: „Ich kann nicht ausschließen, dass ich noch mal als Chef ar-beite.“ Es ist ein Gedanke, der ihm gut zu ge-fallen scheint.

Klassenkampf: Uli Hoeneß beschwert sich beim DFB über die Titelseite von St. Paulis Stadionzeitung. Das Magazin darf nicht verkauft werden, die Bayern siegen 2:0

Weltpokalsieger-besieger: Nach dem

peinlichen 1:2 hält Hoeneß seine

„Scampi“-Brandrede, St. Pauli verkauft

T-Shirts ohne Ende

Retter: Die Bayern kommen zum Benefi zspiel, siegen 1:0 und kaufen auch noch viele T-Shirts

1989

1991

„Vielleicht ist die Sturheit, dass alles auf meine Art und Weise gehen muss, eine Schwäche“

IM ABSEITS Der Beta-Trainer

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Klose wird zum KloßDieses Mal in der echt artistischen RUND-Puppen-Story: MIRO ÜBT WM-SALTO – wie die Waldorfschüler Rudolf und Steiner Miro Klose aus seiner schwersten Krise helfenFOTOS STEPHAN PFLUG

Monat für Monat erleben unsere runden Superhelden dieunglaublichsten, irrwitzigsten Abenteuer des Alltags

Wir danken der Firma Revell für die freundliche Bereitstellung der Kick-O-Mania-Puppen.

Miro hat wirklich schlecht geschlafen, und irgendetwas ist anders an diesem Morgen – aber was?

Was war das denn? Aua, mein Kopf, ich glaub, ich kann keinen Salto mehr. WARUM??

Reporterstimme: „Der dritte Streich von Salto-Klose gegen Costa Rica! Klasse, der Junge!!“

„Und die Nummer vier von Klose gegen Polen – da fliegt er wieder!“

Hallo Miro! Komm und spiel mit uns. Für immer! Und immer!! Und immer!!!

Wie immer springt Miro mit einem Salto aus dem Bett, doch dann passiert es plötzlich:

Und, hopp, stehen die Waldorfschüler Rudolf und Steiner in seinem Zimmer:

Mach dich mehr zum Kloß, dann klappts auch mit dem Salto!!

Wer ist Rudi? Und wer ist Steini?????

SCHWUPP

„Und schon wieder ein Salto von Klose – das Tor hat er noch gar nicht getroffen. Egal, was für ein irrer Typ!“

Im nächsten Heft:

Skandal – Flitzer

im Europapokal-

finale

Aaaahhhhhh!!!!!

Ihr zwei süßen Holzköpfe, danke, nun werde ich Weltmeister …

Miro, du bist ein echter Kloß, super!!

… ja, im Kunstturnen – hahahahahaha-haaahahihihi …

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IM ABSEITS Spiel mit Puppen

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aus der ganzen

Welt des

Es ist so weit: Die Schotten werden vernünftig. Denn die Schotten, entschiedene Vertreter des ganzheitlichen Rauchens, stellen ab dem 26. März das Qualmen auf öffentlichen Plätzen ein. Was in vielen englischen

Fußballarenen bereits seit längerem verboten ist, wird dann auch die schottischen Stadien betref-fen. Und das, obwohl die Schotten dafür bekannt sind, dass sie nicht nur unglaublich gerne beim Fußball rauchen, sondern auch sonst in jeder Lebenslage. Und dann auch noch Sepp Blatter: Du sollst beim Fußball nicht rauchen, hatte der Fifa-Gott kürzlich erst das elfte Gebot in eine Züri-

cher Gehwegplatte gemeißelt, die WM solle doch bitte, bitte qualmfrei bleiben, so der schon 70-Jährige – allerdings auf freiwilliger Basis der Raucher. Bleibt bloß noch die Feststellung, dass Obst

viel gesünder ist – und die Fragen: Ob unreife, harte Früchte im Stadion erlaubt sind? Und wenn die deutsche Nationalmannschaft ein Obstteller wäre, wer wäre dann die Banane? OLIVER LÜCK

In Schottland sorgt ein neues NICHTRAUCHERGESETZ für großen Ärger bei vielen Stadionbesuchern

Die Fußballmannschaft aus der tibetischen

Hauptstadt Lhasa hat den Aufstieg in

die erste chinesische Division

geschafft. Ihre Heimspiele aber soll

die Mannschaft im mehrere tausend

Kilometer entfernten Taiyuan in der

Provinz Shanxi austragen. Dort fehlt noch

ein Profi team, berichtet die Tageszeitung

„Shanghai Daily“. Dong Junxin von der

chinesischen Botschaft in Berlin fi ndet den

Umzug nicht ungewöhnlich: „Tibet ist in

China, warum sollen sie nicht in Shanxi spielen?“

In Lhasa fehlt eine erstligataugliche Heimstätte.

„Es gibt da zwar eine Sporthalle, aber keinen anständigen

Fußballplatz“, sagt Klemens Ludwig von der Tibet-Initiative Deutsch-

land. Außerdem vermute der chinesische Verband Wettbewerbsverzer-

rung, wenn der Klub wie gewohnt auf 3600 Meter Höhe spielen dürfe.

Proteste seitens der Fans erwartet der Tibet-Experte Ludwig aber

nicht, Fußball sei ohnehin eher unter den Tibetern in Indien verbreitet.

So manch strenggläubiger Mönch mag sogar froh sein über das jähe

Ende des hochklassigen Kicks in Tibet. In den 20er Jahren schon

musste eine Schule in Lhasa schließen, da die Mönche das dortige

Fußballspiel für ein verheerendes Hagelunwetter verantwortlich

gemacht hatten. HOLGER HEITMANN

Die TibeterEin Klub aus TIBET hat den Aufstieg in die erste chinesische Liga gepackt. In seiner Heimat ist davon aber nichts zu sehen

TOP 200

NEUES & SKURRILES

aus der ganzen runden

Welt des Fußballs

Platz Staat +/–52 Simbabwe +154 Belgien +155 Irak –156 Guinea +2157 Sambia +158 Guatemala –2

IM ABSEITS Weltklasse

RUND 90

rund_090_091_Weltklasse 90 rund_090_091_Weltklasse 90 09.03.2006 19:16:07 Uhr09.03.2006 19:16:07 Uhr

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IM NAMEN DES BALLESLiteratur lebt von Verfremdung. Auch Romane, die im Fußballmilieu spielen, verfremdengerne Namen, um auf diese Weise Typen besser charakterisieren zu können. Hier die fünf schlimmsten RomannamenRENÉ MARTENS, FOTOS FIRO, WITTERS

Für Fans von Werder Bremen bietet das Internet eine neue Betätigung: das Anbeten eines GEBETSSCHREINS

E Ü

Woran liegt es, wenn die Werder-Spieler Miroslav Klose, Ivan Klasnic und Johan Micoud das Tor nicht treffen? Zu wenige Fans von Werder Bremen haben bei

www.gebetsschrein.de vorbeigeschaut. Dort nämlich kann man eine Kerze für die Bremer Profi s anzünden. „Hoffen wir, dass

der ‚Miroslav-Klose-Gebetsschrein‘ unseren Miro auch zum WM-Torjäger macht“, heißt es da beispielsweise. Beim Micoud-Gebetsschrein ertönt sogar noch die Marseillai-se, während bei Klose „Wir steh’n für Werder ein“ aus den Lautsprechern scheppert. Ole Petschat, der Hüter der Gebetsschreine, betet nicht nur vor jedem Werder-Spiel sondern auch für die Genesung sei-ner Halbgötter in grün-orange. Früher hatte er in seinem Kinderzimmer sogar einen real exis-tierenden Bernd-Hobsch-Gebetsschrein errich-tet. Mit einem gerahmten Bild, mit echter Kerze Kerze und einem Lorbeerkranz. SVEN BREMER

Selbst Fußball hassende saudische Schüler und Studenten sollen die Fernbedienung in die ßball hassende saudische Schüler und Studenten sollen die FernbedienunHand nehmen: Das Erziehungsministerium des Landes gab bekannt, die Termine dermen: Das Erziehungsministerium des Landes gab bekannt, die Termine derAbschlussprüfungen und Examina an den Schulen und Universitäten zugunsten des großenprüfungen und Examina an den Schulen und Universitäten zugunsten des Events in Deutschland zu verschieben. Ein Sprecher der Behörde erklärte, es sei „eineeutschland zu verschieben. Ein Sprecher der Behörde erklärte, es sei „einSchande“, über Büchern zu sitzen, statt die Kunststücke der weltbesten Kicker im Fernsehen über Büchern zu sitzen, statt die Kunststücke der weltbesten Kicker im Fezu verfolgen. Außerdem würden wahrscheinlich sowieso eher die kleinen Knöpfe gedrückt. Außerdem würden wahrscheinlich sowieso eher die kleinen Knöpfe gestatt gelernt, was sich negativ auf die Leistungen auswirke. Daher sollten die Lehrpläne undsich negativ auf die Leistungen auswirke. Daher sollten diedie folgenden Prüfungen nun den WM-Terminen angepasst werden. Ob das staatlich verordnete Lernverbot nach einem frühen Ausscheiden der saudi-arabischen Mannschaftaufgehoben wird, sagte der Sprecher nicht. ELKE WITTICH

Amerikaner gggeben viel Geld aus, sprechen aberpkein Deutsch: EINE GEBRAUCHSANWEISUNGfür den Einzelhandel hilftf f

Fußballfans sind zwar in aller Regel seltsamangezogene und laute Wesen, aber sie kon-sumieren auch. Entsprechend überlässt manauf dem Dienstleistungssektor während deranstehenden WM nichts dem Zufall. JüngsterEinfall ist die Sprach-CD „Vitamin Q Freundebegrüßen“ einer Berliner Firma, mit der Ein-zelhändler lernen sollen, Kundengesprächein sechs Sprachen zu führen. „19 Teilnehmer-nationen werden so abgedeckt“, freut sich einFirmensprecher. Statistische Daten sollen zu-dem dafür sorgen, dass potenzielle Umsatz-bringer nicht aufgrund ihres Äußeren unter-schätzt werden. US-Bürger, so erfahren dieServicekräfte, seien zwar „leger“ gekleidet,gäben aber im Schnitt täglich 262 Euro ausELKE WITTICH

1. Harri Höhnisch„Manager des FC Hansa München“ (T.Student: „Der Meisterder Rache“)

2. Hans EckenhauerTeamchef bei der WM 1990 (B.u.B. Illgner: „Alles.“)

Auch bekannt als Franz Giesing (S. Zeus/M. Wirbitzky:„Ich, Artur, zwei Tickets“)

3. Erhard Müller-Thurgau„DFV-Präsident“ („Ich, Artur, zwei Tickets“). Auch bekannt als Konrad Müller-Flaschenbier („Der Meister der Rache“)

4. Martin Murks„Zahnarzt und Bundesliga-Schiedsrichter aus

Kaiserlautern“ („Der Meister der Rache“)

5. Gert van der Delle& Günter RanetzkiExperten (R. Meier: „Der Bauch ist rund,und Schluss ist, wenn die Hebamme abpfeift“)

Das Erzieehungggn sministeriumvon SAUDI-ARABIEN handelt:

fkeine Prüüfunf gggn en zur WM

IM ABSEITS Weltklasse

RUND 91

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SCHOKO-TITANTitan, Titan! Man packt zwar nicht mehr den Tiger in den Tank, aber den Riegel in den Titan. Richtig Sinn ergibt das nicht, aber beim Fußball muss nicht immer alles Sinn ergeben.Oliver Kahn hält sich für den Schokoriegel vornehm zurück und lässt den Löwen machen. In Deutschland und Japan ist der Keeper für Werbung gefragt.

DER GOLDENE RAYEnde der 70er herrschten für den Europacupsieger FCLiverpool und seinen Keeper Ray Clemence goldene Zeiten. Klar, dass man da sofort an goldene Südfrüchte denkt. Aber wer ist das Kind und wo gibt‘s die Handschuhe? In die Note ist ein großzügiger Bonus für das Styling eingerechnet.

BALLA-BALLACK ergibt Sinn, auch wenn Der RUND-Werberat meint: Cola und Ballack, klar, das e

es so offensichtlich ist wie, naja, Ballack. Für die Pepsikampagne aus demff i htli h i t i j B ll k Fü di P ikJahre 2001 posierte der Nationalspieler mit einem schwergewichtigen Sumoringer. Zu den anderen zwölf Stars, die mit dabei waren, gehörte auch Beckham.

BERTI LIGHTWie kann man ihn nicht lieben, den Bundesberti? Der Schwiegermutter-beglücker und das Joghurt gewordene Hausfrauenglück sind ein perfektes Paar.Der damalige Bundestrainer spielte 1997 voller Leidenschaft in einem Werbespot für den besonders leichten Danone-„Obstgarten“-Joghurt, dem offi ziellen Joghurt zur Weltmeisterschaft 1998.

IM ABSEITS Werbepause

RUND 92

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MÄNNER ALS MARKENFrauenkleider anziehen, Lollis lutschen, sich zum Affen machen – wenn es um gut dotierte Werbeverträge geht, unterschreiten die Stars mühelos sämtliche Geschmacksgrenzen. Der unabhängige RUND-Werberat hat die skurrilsten Motive der FUSSBALLERWERBUNG streng bewertet VON MATTHIAS GREULICH, FOTOS PR, DPA, IMAGO, BOLDERBERG, ACTION PRESS

BECKS VERHEXTBECKS VERHEXT David und Victoria Beckham spielen in einem Spot für ein japanisches Beautycenter die Serie „Bewitched“ nach. Sie als Hexe Samantha, er als Werbefritze Derrin. Und die Küche sieht aus wie bei Bundys … Sei’s drum, schöne Menschen sollen für Beautycenter werben dürfen, auch wenn wir Langnasen das nicht verstehen.

SPRUDELTRAPDa hat Trap nie Flasche leer – und ist gleichzeitig seine eigene D h T i Fl hPersifl age. Ist das jetzt ironisch oder ernst gemeint? Seit Mai 2005 istder kürzlich vom VfB Stuttgart entlassene Trainer Giovanni Trapattoni Werbepartner der Soda-Club GmbH, des Vermarkters der bekanntenTrinkwassersprudler und Getränkesirupe. Seine Brandrede als Bayern-Coach brachte ihm Sympathien und kräftige Werbeeinnahmen.

LEGENDE

Abstieg

Uefa-Cup

Champions League

MANAGER MAGATH Wir erinnern uns: Einen Atari ST hatte, wer kreativ war, aber nicht so

kreativ, dass er sich einen Apple Mac leisten konnte. Der heutige Bayerntrainer Felix Magath managte damals – wenn man der Werbung

glauben darf – den Hamburger SV unter Einsatz modernster Computertechnik. Der Preis lag 1989 bei schlappen 598 Mark.

IM ABSEITS Werbepause

RUND 93

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WURST-ASADie Snäxx-Miniwürstchen gleichen eher Gerald Asamoahs blutunterlaufenen Augen als Fußbällen. Sicher, die Kombinati-on passt perfekt, aber will man das essen? Der unbestechli-che RUND-Werberat ist auch durch das ansteckende Lachen des Nationalspielers nicht in seiner Urteilskraft geschwächt und vergibt Note:

COLLINA IM BALLFIEBERHut ab vor Adidas. Für die Idee, einen Schiedsrichter zu sponsern, dann gleich den besten der Welt zu nehmen und ihn so zu inszenieren, dass Fußballmütter noch in vielen Jahren mit der Drohung, Collina zu holen, ihren Nachwuchs ins Bett bekommen werden. Schiedsrichter Pierluigi Collina aus Italien hält den offi ziellen Ball der Fußballweltmeisterschaft 2002 in Japanund Südkorea, den „Fevernova“, in Händen.

GARY FÜR CHIPSEnglische Werbung ist oft wie diejapanische: Sie berührt uns, auch wennwirsie nicht verstehen. Der ehemalige englische Nationalstürmer Gary Lineker hatfür die Werbekampagne von Walkers Crisp1996 in London alle möglichen Verklei-dungen ausprobiert. Lineker bleibt im Chips-geschäft auf der Insel ein gefragter Mann. Vor zwei Jahren drehte er weitere Werbe-spots mit einem künstlichen Hai.

ALTONA 93Für die Oberligamannschaft von Altona 93 warb die Hamburger Agentur Nordpol vor zweieinhalb Jahren miteiner aufwändigen Kampagne, die Preise gewann. TorwartRainer Maack, im Hauptberuf Versicherungsmakler, sitzt aufdem Schimmel vor dem Altonaer Rathaus, die Fans jubelnihm mit gebührendem Abstand zu. Gold für die Agentur, die,wie in solchen Fällen üblich, wohl auch alle Kosten getragenhat. Was der Verein davon hat, erschließt sich nicht.

ON N ORONALDINHOWenn Fußballer die Gladiatoren

der Neuzeit sind, was ist dann Cola? Der Werberat will der Frage ange-

sichts dieser launigen Werbung mit einer absoluten Traum auswahl nicht

weiter nachgehen. Vor zwei Jahren hob Weltstar Ronaldinho in einem

Fernsehspot für den Getränke-hersteller Pepsi den Daumen. Der

Brasilianer musste sich eine Fußball-schlacht im Ambiente des Hoch-

mittelalters liefern. Auch die Kollegen David Beckham, Roberto Carlos, Raúl Gonzalez, Francesco Totti,

Fernando Torres, und der Portugiese Ricardo Cuaresma machten im

Kettenhemd auf den Heuballen eine gute Figur.

IM ABSEITS Werbepause

RUND 94

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STUMPENRUDI

Felix Magath vergleicht Fußball mit Schach. Rudi Assauer tut das nicht. Darum wirbt Magath

für Computer und Assauer für Bier. Derehemals starke Mann beim FC Schalke 04 hat

mit Lebensgefährtin Simone Thomalla schonso manchen Fernsehspot gemacht. Assauer ist

Autodidakt, Thomalla hat das Schauspielen gelernt. Das war anfangs ganz amüsant,

inzwischen muss man vor dem Gerät zuerst an die peinlichen Bundesligaauftritte des

Machos denken, der die Realität hinter Wolken aus Zigarrenrauch ausblendet.

ROBERTO KOJAK Roberto Carlos setzt auf Chupa Chups. Der Brasilianer von Real Madrid inszeniert sich als kleiner Bruder von Kojak, angeblich teilt er dessen Vorliebe für Süßes. Roberto Carlos sieht zwar eher aus wie der windigeNew-Economy-Manager Peter Kabel, aber lassen wir ihm seinen Spleen. Ein Beispiel dafür, dass Promi-Werbung immer dann am besten ist,wenn die Verbindung nicht erst während des Castings entsteht.

Ob sie wollen oder nicht, zu Michael Ballack müssen sie alle auf-schauen. Seit der WM 2002 ist der auffälligste deutsche Fußballer endgültig zur Werbeikone geworden, deren Glanz alles andere über-strahlt. Als sich der grippekranke Münchner im Herbst nicht persön-lich zum Länderspiel gegen China in die Hamburger AOL-Arena her-ab begeben konnte, war er am Spielort dennoch präsent – in Form eines gigantischen Plakats an der Wand des höchsten Hotels der Stadt. Der Fußballspieler ist endgültig zur Marke geworden, „Ballack“ kön-nen auch Kleinkinder schon unfallfrei vor „Ball“ aussprechen, wie uns der Spot einer Fastfoodkette suggerieren will. Nach der tiefen Image-krise, in der sich die Rumpelfußballer Ribbeckscher Prägung um die Jahrtausendwende befanden, sind die Podolskis, Hildebrands und Schweinsteigers auf dem Werbemarkt gefragt wie nie. Sind die schau-spielerischen Leistungen der Profi s auf dem Platz mitunter bemer-kenswert, ist davon in den Werbespots meist nur wenig zu spüren. Miroslav Klose und Christoph Metzelder setzen in einem Kaugummi-spot auf dynamische Dribblings in einer Tiefgarage, Timo Hildebrand muss für einen Reisanbieter eine spektakuläre Parade im Garten hin-legen. Dass zwei Nationalspieler Fußball spielen und ein Torwart Bäl-le hält – man hätte es sich beinahe denken können. Immerhin gibt es Ansätze zu mehr Originalität: Schweinsteiger soll als „Schweini“ den Umsatz einer Minisalami erhöhen, im Auftrag eines süßen Brotauf-strichs versammeln sich die Jungnationalspieler Kuranyi, Friedrich, Hinkel und Lauth regelmäßig am Frühstückstisch im Trainingslager der „Generation 2006“. Und der Schalker Gerald Asamoah präsentiert mit breitestem Grinsen die Miniwürstchen „Snäkx“, die wie Fußbäl-le aussehen. Wie so häufi g wird in punkto Humor voller Neid gen Eng-land geschaut. Angreifer Gary Lineker präsentierte sich Chips essend in Frauenkleidern, Torwart Ray Clemence machte sich in einer Bana-nenwerbung bereits in den späten 70ern zum Affen. Auch in Spani-en müssen die Superstars einiges mitmachen, um ihre Millionengagen durch Werbeverträge aufzubessern. Ronaldinho spielt einen Ritter aus dem Mittelalter, das Ehepaar Beckham versucht sich gar an der Neu-verfi lmung der englischen Sitcom „Bewitched“. Am härtesten hat es Roberto Carlos getroffen. Der auf dem Platz stets grimmig dreinschau-ende Verteidiger von Real Madrid hält sich als Kojak-Imitat debil grin-send einen Lolli vor dem Gesicht.

IM ABSEITS Werbepause

RUND 95

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Spielkultur muss gepfl egt werden. Oder auch zelebriert. Mit ihr werden Blumenpötte gewonnen. Oder die Galerie begeistert:

„Fußball ist nicht mehr nur ein Spiel, es ist ein gesellschaftliches Ereignis und das Spiegelbild von so vielen Dingen“ CHRISTIANE PAUL

SPIELKULTUR

98 INTERVIEW„Ich kann Olli Kahn gut verstehen“ – Christiane Paul erzählt vom harten Leben als Bayern-Fan

106 STRASSENFUSSBALL-WMDas Fest der Straße – in Berlin treten 24 Teams aus der ganzen Welt gegeneinander an

112 THE BESTManndeckung mit vier Kameras – der Film „Fußball wie noch nie“ zeigt nichts als Best

116 AUSLAUFENMach ihn rein, Ebi – RUND-Kolumnist Jörg Thadeusz entdeckt seine polnischen Wurzeln

RUND 97

RUND Spielkultur

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DIE SCHAUSPIELERIN CHRISTIANE PAUL IST ANHÄNGERIN DES FC BAYERN MÜNCHEN. IM INTERVIEW ERKLÄRT DIE 32-JÄHRIGE, WAS DAS FASZINIERENDE AM REKORDMEISTER IST, WARUM SIE MAL IHREN DRUCKER ZERTRAT UND WIESO MAN POLITIKERN NICHT MEHR TRAUEN KANNINTERVIEW OLIVER LÜCK UND PETER UNFRIED, FOTOS FERGUS PADEL

„ICH KANN OLLI KAHN GUT VERSTEHEN“

SPIELKULTUR Interview

RUND 98

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Frau Paul, es heißt, Sie seien Fan des FC Bayern. Wir glauben Ihnen das nicht.CHRISTIANE PAUL Warum denn nicht? Ich bin voll für Bayern!

Wir hätten einfach nicht gedacht, dass Sie der Typ sind, der es nötig hat, ein Fußballteam zu unterstützen, das immer gewinnt. Da geht es Ihnen wie meinem Freund. Ich ha-be einen Schlüsselanhänger von Bayern. Und mein Freund weigert sich, den Schlüssel zu be-nutzen. Er sagt immer: „Das kann nicht wahr sein, dass du so einen Bayern-Anhänger hast!“

Hasst er die Bayern? Nein, aber er ist Gladbach-Fan. Und Fan zu sein ist eben etwas Emotionales.

Warum sind Sie für Bayern? Ich höre oft, dass viele Frauen nur für den FC Bayern seien, weil der Verein so erfolgreich sei und weil er Spieler mit Starappeal habe. Das sei en die einzigen Spieler, die Frauen kennen.

Stimmt aber nicht? Überhaupt nicht. Ich bin für Bayern, und das ist einfach so. Ich mag die Mannschaft und Leu te wie Felix Magath, die ich für kompetent halte.

Was ist das Liebenswerte an Bayern? Liebenswert kann man diesen Verein vermut-lich wirklich nicht nennen. Ich fi nde es aber be eindruckend und bewundernswert, dass die Bayern über diesen langen Zeitraum ein so hohes Niveau halten können. Das eine ist das Geld, aber das andere ist die Mannschaftsfüh-rung. Um diese ganzen erstklassigen Spieler, diese Diven und Individualisten so miteinan-der zu vereinen, brauchst du jemanden, der das kann. Vor allem fasziniert mich das Leis-tungsprinzip bei Bayern und ihre unglaubliche Professionalität.

Dann kommt jetzt bestimmt eine Hymne auf Oliver Kahn. Jaaaa. Ich fi nde Oliver Kahn faszinierend. Er steht vollkommen für dieses Leistungsprinzip, und mich beeindruckt, wie er sich im Spiel fo-kussiert. Auch seine Aggressivität und dieses ei serne Charisma kann ich gut verstehen.

Eisernes Charisma? Mir fällt kein besseres Wort dafür ein. So wie er eben ist. Er will Höchstleistung bringen, al-les andere scheint für ihn nicht zu zählen. Und er muss voll konzentriert sein, um in der einen entscheidenden Sekunde den Ball zu halten. Er ist Torwart. Das setzt, glaube ich, bestimm-te Fähigkeiten und Charaktereigenschaf ten

SPIELKULTUR Interview

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„Ein bisschen irre bin ich bestimmt“: Christiane Paul mag den Wahnsinn eines Oliver Kahn

voraus. Ich mag auch Matthias Sammer, obwohl er manchmal so angestrengt wirkt. Sammer und Kahn haben natürlich etwas Verbissenes, aber das gefällt mir.

Die Hälfte Fußballdeutschlands kennt nichts Schlimmeres, als wenn die Bayern ein Spiel in letzter Sekunde noch herumreißen. Und ich freue mich dann diebisch: Wenn die Bayern 65 Minuten gar nichts ma-chen und dann in der 90. Minute das 1:0 schießen. Die bringen halt immer noch einen Joker.

Kann es sein, dass Sie für Bayern sind, weil Sie in Beruf und Leben auch die Prinzipien Leistung, Professionalität, maximaler Erfolg vertreten? Sehr gut möglich. Wenn man Sachen macht, dann sollte man sie auch perfekt ma chen. Nehmen wir noch mal Kahn: Es gibt wenige, die so klare Ziele haben und sie so ehrgeizig verfolgen. Auch wenn andere sagen, dass er wahnsinnig ist. Er steht da zu, dass er diesen Ball mit allen Mitteln festhalten will. Genau so muss man doch sein und auch ein bisschen wahnsinnig. Künstler sind auch alle ein biss-chen verrückt.

Mit Verlaub, Sie wirken überhaupt nicht durchgeknallt. Ein bisschen irre bin ich bestimmt. Sonst könnte ich das, was ich mache, gar nicht so machen. Ich habe den Eindruck, die Ablehnung von Kahn spiegelt wieder, dass Deutschland ein Problem mit extremen Leistungswillen und erfolgsorientiertem

SPIELKULTUR Interview

RUND 100

rund_098_103_Interview 100 rund_098_103_Interview 100 09.03.2006 13:53:40 Uhr09.03.2006 13:53:40 Uhr

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Handeln hat. Wo alles hip und groovy sein soll, kommt so eine Einstellung nicht so gut an.

Reden Sie über die Bayern oder über sich? Ich rede über den Neid, der sich gegen den FC Bayern richtet. Aber auch mir hat man frü-her immer vorgeworfen, dass ich so selbstbe-wusst und ehrgeizig sei. Natürlich habe ich ei-nen starken Willen. Aber warum wird das oft so negativ betrachtet?

Fußball ist ein Spiel, zumindest in der Theorie. Kahns Verbissenheit steht im krassen Gegensatz dazu. Das stimmt ja so nicht. Fußball ist nicht mehr nur ein Spiel, es ist ein gesellschaftliches Ereig-nis und das Spiegelbild von so vielen Dingen. Der Mann nimmt seine Position ernst, das fi n-de ich schon okay.

Manchmal denkt man, Kahn parodiert sich selbst, wenn man ihn mit versonnenem Blick von „diesem waaaahnsinnigen Druck“ reden hört. Okay, stimmt. Manchmal ist das schon ein bisschen viel.

In welchen Momenten teilen Sie seine Aggressivität? Ich habe mal meine Aggressivität an meinem Drucker ausgelassen.

Was hat er falsch gemacht? Er hat nicht gedruckt.

Und? Da habe ich ihn zertreten. Eigentlich hat er immer nur gedruckt, wenn er auf meinem Schoß stand. Dann war ich mal unter Zeitdruck. Ich musste eine Arbeit für die Uni abgeben. Ich hatte ihn schon zur Reparatur gebracht, und dann hat er immer noch nicht gedruckt. Und dann bin ich aggressiv geworden.

So gewinnt man aber keine Spiele. Das ist richtig, es war ein Ausrutscher. Sonst stecke ich meine Energie ja auch in andere Dinge.

Träumen Sie von Kahn? Oh nein. Ich träume zwar viel, aber nicht von Oliver Kahn. Ich fi nde ihn als Torwart toll, nicht als Mann. Sean Penn fi nde ich auch toll, aber auch nicht als Mann, sondern als Schau-spieler. Von dem träume ich aber auch nicht.

Wie gefällt Ihnen die andere Seite von Oliver Kahn, das Versagen im alles entscheidenden Spiel, dem WM-Finale 2002? Das fi nde ich im Nachhinein schon fast wie-der großartig. Unglaublich, dass Kahn den Ball

da nicht festgehalten hat, dass er in diesem Moment versagt hat. Das hat die Figur Kahn in meinen Augen noch größer gemacht. Damit hat er ge-zeigt, dass man nicht immer 100 Prozent geben kann. Auch nicht, wenn es darauf ankommt.

Eine Tragödie? Ja, damit war Kahn ein tragischer Held. Genau darum geht es doch im Le-ben, aus tragischen Momenten zu lernen und diese zu leben.

Sie wuchsen in Berlin auf. Wie sind Sie als Kind zum Fußball gekommen? Hat Ihr Vater Sie zu Union oder Dynamo mit ins Stadion genommen? Nein, ich habe zu DDR-Zeiten Fußball nicht im Stadion verfolgt.

Nie? Irgendwann in den 80ern war ich mal mit meinem Vater bei einem Freund-schaftsspiel, Rostock gegen Schalke. Ich war da elf oder zwölf. Es war kalt und total aufregend. Rostock hat 2:1 gewonnen. Das war in der DDR das ein zige Mal. Ich habe aber mit meinem Vater viel geguckt, vor allem WM und EM.

Die DDR hat doch gar nicht mitgespielt. Wir waren für die Bundesrepublik, war doch klar.

Wie sehr bestimmt Fußball Ihren Alltag? Es ist schwieriger für mich geworden, Fußball zu verfolgen. Ich mache vieles nicht mehr, was ich bis vor dreieinhalb Jahren ohne Kind gemacht habe.

Was hat sich geändert? Die Radiokonferenz am Wochenende kann ich nicht hören, weil meine Tochter Radio doof fi ndet und lieber Musik hört. Bei der „Sportschau“ ist es genauso, und beim „Aktuellen Sport-studio“ bin ich oft schon zu müde.

Vermissen Sie etwas? Auf jeden Fall. Ich merke, wie mir dadurch Grundlagenwissen verloren geht. Ich nutze jede Gelegenheit, wenn ich unterwegs bin, bei einem Dreh zum Beispiel, um in aller Ruhe doch mal Sportschau zu gucken. Ich will jetzt auch unbedingt wieder ins Stadion gehen. Das schaf-fe ich auch nicht oft.

„Ich habe einen starken Willen“: Christiane Paul

„FUSSBALL ZU VERFOLGEN, IST FÜR MICH SCHWIERIGER GEWORDEN“

SPIELKULTUR Interview

RUND 101

rund_098_103_Interview 101 rund_098_103_Interview 101 09.03.2006 13:53:43 Uhr09.03.2006 13:53:43 Uhr

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über Dinge reden, für die er sich überhaupt nicht interessiert und mit denen er sich noch nie auseinandergesetzt hat? Fußballer sind Fußballer. Und das sollen sie auch bleiben. Muss überhaupt immer über alles geredet werden?

Wir, zum Beispiel, reden mit Ihnen, um zu sehen, wie der Fußball in einem bestimmten kulturellen Milieu angekommen ist und wahrgenommen wird. Wird mehr über Fußball geredet als früher? Ich glaube schon. Ich hatte zum Beispiel neu-lich einen Tonangler beim Dreh, der Gladbach-Fan war, und wir haben uns die ganze Zeit über Fußball unterhalten. Der verantwortli che Ton-mann hat voll die Krise bekommen, weil wir ein fach nicht aufhören konnten.

Sind auch Kollegen überrascht, wenn Sie ihnen mit Fußball kommen? Manche sind schon überrascht. Man verbin-det das nicht mit mir.

Ist die Hinwendung zum Fußball auch eine Art Rückzug? Wie meinen Sie das?

Wie Sie sagten: Von den Politikseiten auf die Fußballseiten. Sagen wir es so: Beim Fußball kann man für etwas sein. Man kann mit einer Mannschaft fi ebern.

Sonst nicht? Sonst weiß man doch gar nicht mehr, für was man sein soll. Man kann doch heute nicht mehr sagen, dass man hinter diesem oder je-nem Politiker steht. Das ist doch vorbei. Wir wissen gar nicht mehr, was die eigentlich ma-chen. Nicht nur, weil wir uns auf deren Aus-sagen nicht mehr verlassen können, auch weil wir ihr Handeln im globalpolitischen oder globalwirtschaftlichen Zusammenhang nicht mehr beurteilen können. Das überfordert die Leute.

Sie auch? Auch ich erlebe da eine Resignation. Ich kann diese Dinge nicht beeinfl ussen. Was soll ich machen, wenn der iranische Präsident mit Atomwaffen droht oder irgendwelche religi-ös-fanatischen Hetzreden gegen Israel hält? Natürlich denke ich: Das darf doch nicht wahr sein. Aber letztendlich resigniere ich. Fußball ist da viel überschaubarer, weil es klare Re-geln gibt.

„WARUM MUSS EIN FUSSBALLER ÜBER ANDERE DINGE ALS FUSSBALL REDEN? ÜBER DINGE, FÜR DIE ER SICH GAR NICHT INTERESSIERT?“

Ist Fußball mehr als Unterhaltung, Frau Paul? Nein. Ich glaube, dass Fußball letztendlich nur Unterhaltungswert hat. Er wird aber oft benutzt, um viele Dinge zu erklären.

Zum Beispiel? Mein Vater ist Arzt. Wenn man operiert und die Konzentration nachlässt, kann man ja nicht einfach aufhören. „Ein Spiel dauert 90 Minuten“, sagt er dann, „und so lange dauert das jetzt hier, bis wir fertig sind, und nicht eher kann man abtre-ten.“ Das habe auch ich vom Fußball gelernt: Wenn du eine Sache richtig machen willst, kannst du erst aufhören, wenn sie wirklich erledigt ist.

Sie haben mal gesagt, dass Sie im Gegensatz zu früher heute lieber den Sportteil als den Politikteil der Zeitung lesen. Sie seien froh, wenn Sie Ihre eigenen Probleme halbwegs in den Griff bekämen. Das ist ein typisches Zeichen unserer Zeit, dass man mehr und mehr nur auf sich selbst achtet. Ich könnte mir aber schon vorstellen, eine Position mit mehr Verantwortung innerhalb der Gesellschaft zu übernehmen. Die wenigsten sind sich ihrer Verantwortung im privaten wie im großen gesellschaftlichen Rahmen bewusst. Dabei wäre das ganz wichtig. Schauspielerei ist natürlich nicht unbe-dingt etwas gesellschaftlich Relevantes.

Sie engagieren sich doch, zum Beispiel gegen Aids. Ja. Durch die Schauspielerei hat man als öffentliche Person die Möglichkeit und vielleicht auch die Pfl icht, gesellschaftliche Verantwortung wahrzunehmen. Wenn Britney Spears auf MTV sagt, dass man keine Drogen nehmen soll, beeinfl usst sie die Kids. Aber eigentlich fi nde ich es eher traurig, dass Politiker, Philosophen, Schriftsteller, Leute, die wirklich etwas zu sa-gen haben, so sehr in den Hintergrund geraten sind. Die Stützen der Gesellschaft werden gar nicht mehr genutzt. Dafür werden so viele Leute in die Medien gezerrt, die gar nicht wichtig sind. Sie werden Helden der Zeit, obwohl sie nichts tun, was wirklich Inhalt hat.

Sie meinen Fußballer? Nicht nur, auch Sänger, Schauspieler, Menschen, die nur kennzeichnet, dass sie prominent oder populär sind. Ich nehme mich da nicht aus. Schlimmstenfalls. Warum muss ein Fußballer

„Ich erlebe eine Resignation“: Paul versteht die Politik nicht mehr

SPIELKULTUR Interview

RUND 102

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CHRISTIANE PAUL wurde am 8. März 1974 in Berlin-Pankow geboren. Ihr Vater ist Facharzt für Orthopädie und Chirurgie, die Mutter Anästhesistin. Paul selbst schloss ihr Medizinstudium im Fachgebiet Chirugie ab und arbeitete bereits als Ärztin. Sie spielte in über 20 Kino- und TV-Filmen, un ter ande-rem „Im Juli“, „Knockin’ on Heaven’s Door“, „Das Leben ist eine Baustelle“, „Workaholic“ oder „Die Häupter meiner Lieben“. In der Sozialsatire „Im Schwitz-kasten“, die am 30. März in die Kinos kommt, wird sie als Saunabesitzerin im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg zu sehen sein. Am 6. April läuft zudem die Liebeskomödie „Reine Formsache“ an.

SPIELKULTUR Interview

RUND 103

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Essen für wahre Schweizer Champions: die Brüder Philipp und David (kl. Bild)

SPIELKULTUR Essen wie die Stars

RUND 104

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Nachdem ihre Zwillinge mit elf Jahren zum FC Basel gingen, musste BRIGITTE DEGEN Sportlernahrung zubereiten. Jetzt sorgt sie sich um ihren Sohn Philipp in Dortmund

INTERVIEW HOLGER HEITMANN, FOTOS BENNE OCHS UND PRIVAT

Filet Mignon à la Degen

Frau Degen, beim BVB wird die Fitness Ihres Sohns Philipp gelobt. Zwillingsbruder David ist Profi beim FC Basel. Auch Ihr Verdienst?BRIGITTE DEGEN Die beiden wurden von klein auf gut ernährt, es gab nie Fertigpro-dukte. Sondern selbst gemachte Rösti und Ge-müse aus dem eigenen Garten.

Das kam gut an? Ja. Als sie zum FC Basel gingen, haben sie mir erklärt: „Nichts Fettiges mehr zwei Tage vorm Spiel!“ Keine Wurstwaren, sondern Koh-lenhydrate. Ich kenne mich da wissenschaft-lich nicht aus, aber sie haben sich dann gut ge-fühlt. Sie waren immer sehr diszipliniert.

Und nach dem Spiel? Da gab’s auch mal Hamburger oder Curry-wurst. Philipp mag auch meine Spe zialitäten wie Käsefondue und Hörnli-Aufl auf. Aber am liebsten isst er Filet Mignon mit Pommes.

Was hat sich geändert, als die beiden zum FC Basel gingen? Sie kamen immer spät vom Training, da ha-be ich nur noch Nachtessen gemacht, oft ge-schwellte Kartoffeln mit vielen Käsesorten.

Haben Sie die Jungs vom Training abgeholt? Nein, sie haben die Bahn genommen. Wir woh nen auf dem Baselbieter Lampenberg, von hier fährt die schmalste Schmalspurbahn der Schweiz Richtung Basel. Im Winter hat mein Mann sie abgeholt, da haben sie auf der ande-ren Seite von Basel trainiert.

Bei Tisch war Fußball dann das Thema? Ja, wenn sie verloren haben, ging es dann auch mal rund, und es wurden Gründe für die Niederlage gesucht. Sonst waren sie aber ein Herz und eine Seele.

Wie ergeht es denn Philipp in Dortmund? Am Anfang war es hart, als er so un ter die

Räder kam. Die Kritik vom Trainer und vor allem von der Presse – da kann ein junger Mann schon in ein Loch fallen. Mit den Kol-legen versteht er sich aber super. Er geht im-mer Essen mit dem Weidenfeller, dem Met-zelder und Dédé.

In seiner Wohnung kocht er nicht? Nicht so oft. Er bestellt im Restaurant aber immer noch Teigwaren, isst morgens Früh-stücksfl ocken und trinkt seine Tasse Milch wie früher daheim.

Und wie geht es Ihnen, seit er weggezogen ist? An der Kritik hatte ich als Mutter hart zu bei-ßen. Wir haben uns extra Premiere angeschafft und sehen alle Spiele vom Philipp. Bei Dort-mund geht ja nicht viel nach vorne, und sie haben ihn als offensiven Verteidiger geholt. Und jetzt soll seine Spielweise falsch sein? Das verstehe ich nicht.

SPIELKULTUR Essen wie die Stars

RUND 105

rund_104_105_Essen wie 105 rund_104_105_Essen wie 105 09.03.2006 14:47:41 Uhr09.03.2006 14:47:41 Uhr

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OB SÜDAFRIKA ODER KOLUMBIEN: FUSSBALL IST OFT DER ERSTE SCHRITT, UM IN DER GESELLSCHAFT STAND ZU FINDEN

SPIELKULTUR Straßenfußball-WM

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rund_106_109_StrassenWM 106 rund_106_109_StrassenWM 106 09.03.2006 19:48:12 Uhr09.03.2006 19:48:12 Uhr

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STRASSENFUSSBALLER ALLER LÄNDER, VEREINIGT EUCH: IN BERLIN-KREUZBERG FINDET VOM

1. BIS 8. JULI EIN BEMERKENSWERTES TURNIER STATT, DIE ERSTE STRASSENFUSSBALL-

WELTMEISTERSCHAFT. 24 TEAMS VERTRETEN 24 SOZIALE FUSSBALLPROJEKTE AUS DER GANZEN WELT.

BOTSCHAFTER DIESER WM IST JÜRGEN KLINSMANN VON PETER AHRENS UND CLAUDIA HAAS, FOTOS MARC BRINKMEIER

D A S F E S T D E R S T R A S S E

Irgendwo in Kenia, in den Slums von Nairobi, sitzt einer, der bastelt sich einen kleinen Fußball aus Bananenblättern. Jürgen Griesbeck hockt in Berlin-Charlottenburg am Schreibtisch und spricht von Cor-porate Identity. Zwei Welten – eine Welt. Der junge Mann in Nairo-bi, der Straßenfußballer im Staub von Kabul, der Hobbykicker in Paläs-tina – in Berlin-Charlottenburg scheint das ziemlich weit weg, und doch laufen an Griesbecks Schreibtisch alle Fäden zusammen. Hier wird das Projekt „streetfootballworld“ verwaltet, koordiniert, gedacht. Es ist ein Seiltanz, den Griesbeck und seine Leute Tag für Tag tanzen. Fußball als Mittel der Sozialarbeit, als gesellschaftliche Entwicklungs-hilfe auf der einen Seite, Fußball als Event zu organisieren, gemein-sam mit der Fifa als Partner, auf der anderen Seite. Da ist Sensibilität gefragt. Sponsoren wollen gewonnen werden, die Vorgaben des Welt-fußballverbandes sind zu erfüllen und gleichzeitig kleine Projekte in Lateinamerika, Afrika oder Asien zu betreuen – da ist er, der klassische Spagat zwischen Kommerz und Graswurzelarbeit. Aber „streetfoot-ballworld“ hat damit kein Problem. „Wir verstehen uns nicht als Gegen-bewegung zur Fifa“, macht Griesbeck klar. „Wir versuchen, die Projek te dort zu integrieren, wo sie hingehören“ – unter das Dach des Weltfuß-balls. „Man muss sich am Anfang eines solchen Projekts fragen: Will ich etwas verändern, indem ich gegen etwas bin, oder arbeite ich mit Institutionen zusammen, um etwas besser zu machen?“ Griesbeck hat seine Entscheidung getroffen. So läuft die Straßenfußball-WM als offi zieller Beitrag zum Kunst- und Kulturprogramm der großen WM, so plant man gemeinsam mit der Fifa bereits die nächste Großveranstaltung 2010 in Südafrika, so fi r-miert Bundestrainer Jürgen Klinsmann denn auch als offi zieller Botschaf-ter der Kreuzberger Straßenfußball-WM. Für Klinsmann sei das mehr als eine Pfl ichtaufgabe, betonen die Macher von „streetfootballworld“. Der Bundestrainer pfl ege einen engen Kontakt zum Organisationsbüro. Als „streetfootballworld“ während der WM-Auslosung in Leipzig einen eigenen Stand auf dem Messegelände aufgebaut hatte, hätten Klins-mann und Assistent Joachim Löw öfter mal vorbeigeschaut. Angefangen hat alles im Jahr 1997, als Griesbeck in Kolumbien das Projekt „Fútbol por la Paz“ gründete, in Medellín, der Stadt, die ein Ge- bräu aus Gewalt, Armut und Drogen produziert. In der Andrés Escobar, der kolumbianische Nationalspieler sterben musste, weil er bei der WM in den USA ein Eigentor geschossen hatte. 2000 wurde in Deutschland die Stiftung Jugendfußball aus der Taufe gehoben. Schon damals war Klinsmann mit von der Partie. „streetfootballworld“ wurde 2002 als eigenes Projekt der Stiftung ins Laufen gebracht. Mittlerweile spannt sich das Netz mit rund 80 Organisationen über die ganze Welt. „Fußball ist in vielen Ländern der erste Schritt, um in der Gesellschaft Stand zu fi nden und Fuß zu fassen“, weiß Griesbeck. In Israel spielen Israelis und Palästinenser in einem Team, im Senegal kicken obdachlo-

se Jugendliche und bekommen nebenbei zum ersten Mal in ihrem Le-ben so etwas wie eine schulische Ausbildung geboten, in Brandenburg spielen Mädchen und Jungen gemeinsam in einem Team ohne Schieds-richter: aktives Lernen von Konfl iktbewältigung. Das Vorzeigeprojekt in Kenias Hauptstadt Nairobi, wo die Jugendlichen für ihre Teilnah-me an Umweltschutzprojekten Punkte für ihre Straßenfußballliga kas-sieren, war sogar schon für den alternativen Nobelpreis nominiert. Leistung und Gegenleistung, Merchandising als Benefi t, der Bedürf-tige als Kunde – für die Puristen der Sozialarbeit ist da zuweilen die Schmerzgrenze erreicht. „Wir wollen uns von diesem Tränendrüsen-image, das der Arbeit mit Ländern in Afrika oder Lateinamerika zu-weilen anhängt, lösen“, sagt Griesbeck. So wird bei der Auswahl der 24 Teams, die an der Straßenfußball-WM teilnehmen soll, denn auch professionell gesiebt. Sportliche Kriterien werden angelegt, die Pro-jekte, die seit Jahren gute Arbeit leisten, mit der Teilnahme belohnt, alle Kontinente so ausgewogen wie möglich berücksichtigt. Für Deutschland tritt ein Kreuzberger Team als Local Heroes an. „Die Veranstaltung soll beileibe kein Mitleidsimage haben. Es soll ein-fach eine richtig gute Fußballparty werden“, stellt sich Simon Schnei-der vor, der bei „streetfootballworld“ das Kulturprogramm rund um die Straßenfußball-WM verantwortet. Die WM heißt daher auch of-fi ziell „streetfootballworld festival 06“, und der Name gibt die Rich-tung vor: Im Zweifel hat der DJ Vorrang vor dem politischen Vortrag, die Großbildleinwand vor dem Seminarraum. Fröhliches Multikulti anstelle von politischer Arbeit – so einfach wollen es sich die Macher der WM dann aber auch nicht machen. „Es geht um das Gute am Ball: Toleranz üben, Fairness trainieren, Abseits aufheben“, heißt es in der Broschüre zum Festival. Die Menschen in den Projekten nicht als Almosenempfänger diskreditieren, sondern als Individuen ernst nehmen – das ist der Anspruch von „streetfoot-ballworld“. „Fußball ist für uns ein seriöses Medium, das Dinge leisten kann, die man anders vielleicht nicht erreicht“, stellt Griesbeck klar. „Das Wesentliche ist nicht das Event, sondern die Arbeit, die weiterentwi-ckelt wird.“ Letztlich kommen er und seine Leute nicht nur aus der Kickerecke, sondern doch auch aus der Sozialarbeit: „Fußball ist für uns Leidenschaft und pädagogisches Konzept zugleich.“ Trotzdem hat keiner dagegen etwas einzuwenden, wenn sich wäh-rend der Festivaltage auch der eine oder andere Talentscout am Kreuz-berger Mariannenplatz einfi ndet. Einige der Teilnehmer des Nairobi-Projektes sind inzwischen kenianische Nationalspieler.

„Wir wollen uns von diesem Tränendrüsenimage

lösen, das der Arbeit zuweilen anhängt“

SPIELKULTUR Straßenfußball-WM

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11. DEFENSORES DEL CHACO, BUENOS AIRES (ARGENTINIEN)Im Armenvorort Chaco Chico 1994 vom argentinischen Exprofi Fabián Ferraro gegründet. Heute besuchen rund 1200 Kinder und Jugendliche das Kulturzentrum, um Fußball zu spielen oder Theater- und Musikkurse zu besuchen.

12. STREET LEAGUE, LONDON (ENGLAND)Obdachlose und ehemalige Drogenabhängige kicken seit 2001 in der Street League. Die Straßenfußballliga zählt rund 40 Teams, Punkte gibt’s auch für Trainings-fl eiß und Disziplin. Die können dann für Kleidung und Ausbildungskurse eingelöst werden.

13. MATHARE YOUTH SPORTS ASSOCIATION (MYSA), NAIROBI (KENIA)Voller Einsatz beim Müll sammeln, Straßen fegen und Abwasserkanäle bauen: Beim erfolgreichsten Fußball-projekt Afrikas zählen nicht nur Tore, sondern auch der Einsatz für die Umwelt. Das Projekt war 2003 und 2004 für den alternativen Friedensnobelpreis nominiert.

14. PERES CENTER FOR PEACE, TEL AVIV (ISRAEL/PALÄSTINA)Das israelisch-palästinensische „Peace Team“ spielt erfolgreich in der ersten israelischen Futsal-Liga, statt gegeneinander um Land und Religion zu kämpfen. Das Peres Center for Peace will über Sport, Kultur und Bildung zur Versöhnung beitragen.

15. SOCCER IN THE STREETS, ATLANTA (USA)„Keine Drogen. Kein Verbrechen. Nur Fußball“, ist der Leitsatz der Organisation, die sich vor allem an Hispano- und Afroamerikaner richtet. 1989 in Georgia gegründet, gibt es heute Projekte in 22 Städten.

16. DIAMBARS, DAKAR (SENEGAL)In der Fußballakademie Diambars werden die Schüler von Fußballstars wie Thierry Henry oder Patrick Vieira gecoacht. Obdachlosen Kindern und Waisen wird eine Schulausbildung ermöglicht und ihr Fußballtalent wird gefördert.

17. HOST TEAM BERLINBunt, kreativ und multikulturell ist der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, aus dem das Gastgeberteam für das „festival 06“ kommt. In einem aufwändigen Teamfi ndungsprozess formiert sich bis Ende Mai das „Host Team Berlin“.

18. LEARN & PLAY: STREET FOOTBALL FUTURE, KABUL (AFGHANISTAN)Nach Jahren der Unterdrückung dürfen afghanische Jugendliche wieder Spaß am Kicken haben. Der Fifa-Entwicklungscoach Holger Obermann und der ehemalige afghanische Nationalspieler Ali Askar Lali starteten 2003 das Projekt, 800 Jungen und Mädchen sind bereits dabei.

19. SASI BARKA, POZNAN (POLEN)Als “Special Guest” tritt ein Team der polnischen Organisation SASI Barka an. Es repräsentiert die Homeless-World-Cup-Bewegung, die seit 2003 eine Obdachlosen-WM organisiert. SASI Barka organisiert inzwischen auch eine polnische Straßenfußball-meisterschaft.

20. FOOTBALL POUR LA PAIX, KIGALI (RUANDA)„Espérance“ (Hoffnung) steht über dem Projekt. Es zeigt Wege zur Versöhnung zwischen Hutu und Tutsi gut zehn Jahre nach dem Völkermord in Ruanda. Kinder kicken gemeinsam und verarbeiten so das Grauen des Krieges.

21. STREETFOOTBALL NORWAY, OSLO (NORWEGEN)Kein Fußballspiel ohne Hip-Hop: Bei „Streetfootball“ geht nichts ohne guten Sound. Der ist genauso wichtig wie die gute Performance auf dem Bolzplatz – beides bringt Punkte in der Meisterschaft.

22. SEARCH & GROOM, LAGOS (NIGERIA)Im fußballverrückten Nigeria wird überall gekickt. Kein Ort eignet sich also besser für eine Aidskampagne als der Bolzplatz. 2003 gegründet, wird „Search & Groom“ auch von nigerianischen Fußballprofi s unterstützt.

23. ESCUELAS DEPORTE Y VIDA, LIMA (PERU)Die „Schulen für Sport und Leben“ in Lima wollen über Fußball sozial benachteiligte Kinder zum Lernen motivieren. Rund 1200 junge Peruaner nehmen an den Programmen teil, kürzlich wurde eine landesweite Straßenfußballliga initiiert.

24. VIVE FÚTBOL/FÚTBOL POR LA VIDA, SAN JOSÉ (COSTA RICA)Costa Rica tritt mit einem Team aus zwei Projekten an: „Fútbol por la Vida“ richtet sich vor allem an junge Schulabbrecher in San José. „Vive Fútbol“ spricht im Problemviertel Los Hatillos kickende Kinder und Jugendliche auf der Straße an.

1. CENTRO PARA EL DESARROLLO DE LA INTELIGENCIA (CDI), ASUNCIÓN (PARAGUAY)Im Bildungszentrum CDI werden Mädchen und Jungen ab sechs Jahren gefördert, die sonst kaum Chancen hätten, regelmäßig Sport zu treiben oder eine Ausbildung zu bekommen. Projektleiter ist Fußball-kommentator Luis Fernando Ramirez.

2. CHIGOL, SANTIAGO DE CHILE (CHILE)Die verlassenen Plätze in den Armenvierteln Santiago de Chiles werden durch den Fußball wieder mit Leben gefüllt. Das Projekt erreicht Jugendliche, zu denen sonst niemand mehr Zugang hat.

3. FUNDAÇAO EPROCAD, SAO PAULO (BRASILIEN)In den Favelas von Santana de Parnaíba will „Eprocad“ über den Fußball Werte wie Respekt und Solidarität vermitteln. Neben Bildungsangeboten gibt es Gesundheitsprogramme und kulturelle Aktivitäten.

4. FOOTBALL FRIENDS, BELGRAD/SKOPJE (BALKAN)Die Projekte von „Football Friends“ in Mazedonien, Bosnien und Herzegowina sowie Serbien und Montenegro richten sich an sozial benachteiligte Jugendliche, Flüchtlinge und junge Sinti und Roma.

5. CENTRO CULTURAL SAN ISIDRO, SANTA CRUZ (BOLIVIEN)Fußball steht im Mittelpunkt des Kulturzentrums San Isidro, pro Team spielt mindestens ein Mädchen mit. Zum Angebot gehören auch ein Marathon, eine Bibliothek aus gespendeten Büchern und Filmabende.

6. CON-TEXTO URBANO, BOGOTÁ (KOLUMBIEN)“Keine Waffen, keine Drogen” ist die wichtigste Regel für kolumbianische Straßenfußballer. Die Methode „Fútbol por la Paz“ (Fußball für den Frieden) wird in mehreren Regionen Kolumbiens eingesetzt.

7. PLAY SOCCER, ACCRA (GHANA)„Play Soccer” ist unter anderem in Sambia, Malawi, Südafrika, Senegal und China aktiv. Das „festival06“-Team setzt sich aus Jugendlichen aus Ghana zusammen. Schwerpunkte sind die Vermittlung von Fußballregeln und -technik, Gesundheitserziehung und sozialen Lernens.

8. KICKAIDS, PRETORIA (SÜDAFRIKA)Im Township Soshanguve will KickAIDS das Bewusstsein für die Gefahr von HIV-Infektionen schärfen. Das Projekt richtet sich an sechs- bis 18-jährige Jungen und Mädchen.

9. STRASSENFUSSBALL FÜR TOLERANZ, POTSDAM„Gemeinsam kicken gegen Rechts“ stand am Anfang des Projekts, das im Jahr 2000 startete. Jugendliche setzen sich ein für Zivilcourage und die Integration von Ausländern. Gespielt wird ohne Schiedsrichter, am Ende gibt es Fairnesspunkte.

10. SOKAK LIGI, ANKARA (TÜRKEI)In sechs türkischen Städten werden 14- bis 18-jährige Straßenkinder von professionellen Fußballlehrern trainiert. Die Spieler werden von Sozialarbeitern und Jugendtherapeuten betreut, Vorbild ist die englische Street League.

DIE 24 TEAMS DES „STREETFOOTBALLWORLD FESTIVAL 06“

SPIELKULTUR Straßenfußball-WM

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Fußballgeschichte!Schreibt

1. Preis: Eure Geschichte wird auf der Abschlussveran-staltung vorgelesen. Außerdem gibt‘s ein RUND-Jahresabo

FOTO

BEN

NE

OC

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2. Preis: Ein einmaliges Training mit Jurymitglied Volker Ippig, der früher selbst in der Bundesliga gespielt hat

3. Preis: Das original Nationalmannschaftstrikot, das Kevin Kuranyi getragen und signiert hat

Der große

Wettbewerb

Leser

für junge

Fußball macht Spaß, warum nicht einfach drüber schreiben? RUND, die Hamburger Morgenpost und das WM FanOffi ce Ham-burg 2006 warten darauf, euer schönstes Fußballerlebnis zu le-sen. Kinder und Jugendliche aus dem ganzen Bundesgebiet sind aufgerufen, uns ihre Texte zu schicken. Einsendeschluss ist der 30. April, die Geschichten sollten maschinengeschrieben eine bis maximal zwei Seiten lang sein. Name, Alter, Telefonnummer

oder E-Mail-Adresse sind anzugeben. Eine prominente Jury, der Torwart-legende Volker Ippig und Schauspieler Peter Lohmeyer angehören, wird die besten Texte auswählen und auf der Abschlussveranstaltung am 20. Mai in Hamburg vorlesen. Die Texte werden in den Kategorien Kin-der (bis 14 Jahre) und Jugendliche (bis 18 Jahre) bewertet. Bitte schickt eure beste Fußballgeschichte an das WM FanOffi ce Hamburg 2006, Winterhuder Weg 29, 22085 Hamburg oder [email protected]

RUND 109

SPIELKULTUR Schreibwettbewerb

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Das Abseits ist das dunkle Mysterium im an-sonsten so klaren und simplen Regelwerk des Fußballs? Pustekuchen! Die Regel 11 besteht aus wenigen einfachen Wörtern. Erst deren In-terpretation, auf den Plätzen und Rängen, vor dem Fernseher und in den Gaststätten, macht sie zum Initiationsritus für Fußballkundige. Nur wer die Abseitsstellung korrekt erkennt, wird als Experte anerkannt. Das Regelwerk wird damit auch außerhalb des Platzes zum Machtinstrument: Mit der Frage, ob jemand die Abseitsregel korrekt erklären kann, soll er – oder häufi ger sie – ins Abseits gestellt wer-den. Ins soziale wohlgemerkt. Rainer Moritz ist hauptberufl ich Leiter des Hamburger Literaturhauses und als ehemali-ger Schiedsrichter ein kenntnisreicher Samm-ler von literarischen und nichtliterarischen Fußballfundstücken. Vor allem weiß er diese analytisch sehr präzise einzuordnen. Dass er jetzt dem Abseits ein wunderbares Buch ge-widmet hat, ist ein Glücksfall.

Er erinnert an Manfred Hausmann, der das Abseits 1960 in einer Festrede auf den DFB als „ritterlich, ehrlich, sauber und anständig“ bezeichnet hat. Man schießt dem Feind nicht in dessen Rücken, und es ist unfair, Tore hin-ter dem Rücken des Gegners zu erzielen. Inte-res santer ist aber, wie Moritz die Geschichte der Regel mit der des Spiels verknüpft. Denn erst sie konstituiert in Grundzügen das Spiel, wie wir es heute kennen. Sie bezieht sich nicht auf den Kampf von Spieler gegen Spieler, son-dern auf das Positionsspiel aller zueinander, also auch der Spieler, die nicht in Ballbesitz oder -nähe sind. Dadurch wurden bestimmte Systeme erst möglich oder unmöglich gemacht. Fußball wäre ohne diese Regel ein ganz ande-rer Sport. Selbstverständlich geht Moritz über diese Analyse hinaus. Die Absurdität des Begriffes „passives Abseits“ legt er ebenso offen, wie er auf die Abseitsfalle eingeht. Er erklärt, wie es zu Missverständnissen in der Interpretation

IN DER FALLE DES ABSEITS

IM RUND-BÜCHERREGAL:Die Abseitsregel – Jahrzehnte haben Stammtische sie diskutiert, wurden Frauen aufgefordert, sie zu erklären, haben Experten ihre Modifi zierung gefordert.Nun erklärt ein großartiges Buch, warum der Fußball ohne das Abseits ärmer wäreFOTOS MARTIN KUNZE

kommt und stellt sich eine schwere Aufgabe: „Eine Rehabilitierung der missverstandenen und denunzierten Regel ist das Gebot der Stun-de.“ Das ist Rainer Moritz gelungen.EBERHARD SPOHD

Rainer Moritz Abseits. Das letzte Geheimnisdes Fußballs Verlag Antje Kunstmann 150 Seiten 16,90 Euro

LEGENDE

Platz 15

UI-Cup

Meister

SPIELKULTUR Buch

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WATTEFUSSBALL IM STAATE ISRAEL

WENN‘S LAAFT, DANN LAAFT‘S

Einerseits liegt hier das erste deutschsprachige Buch vor, das sich mit dem Fußball in Israel beschäftigt, was insofern verdienstvoll ist, als sich Israel bei den letzten EM- und WM-Qualifi kationen recht gut prä-sentiert hat. Allerdings geht es in „Die Söhne Sachnins“ von Roger Repplinger ausschließlich um den stets gegen den Abstieg kickenden Klub Bnei Sachnin. Das ist der dritte arabische Klub, der es in die ers-te israelische Liga geschafft hat und im Jahr 2004 der erste, der den Pokal gewann. „Sachnin scheint der Beweis zu sein, das es doch klappt“, schreibt Repplinger. „Das Zusammenleben zwischen den Angehöri-gen der verschiedenen Religionen im Staate Israel.“ Der Anspruch, die israelische Gesellschaft erklären zu wollen, durchzieht das ganze Buch, und das ist sogar fußballanalytisch widersprüchlich. Mal lobt der Autor, dass ein Sachnin-Trainer keinen „Wattefußball“ spielen lässt, „der in Israel jahrelang an der Tagesordnung war“. An anderer Stelle heißt es: „Fußball ist in Israel die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln. Und die Politik ist aggressiv.“ Besser, Repplinger hätte sich auf das beschränkt, was er vor Ort in Sachnin recherchiert und treffl ich beschrieben hat. Aber vieles, was er zu Politik und Gesellschaft, zum Sport in Israel und zum Judentum formuliert, ist schräg. Ein kürzeres Buch wäre ein besseres Buch geworden. MARTIN KRAUSS

Roger Repplinger Die Söhne Sachnins Bombus Verlag 512 Seiten 19,90 Euro

„Burschen, wisst’s was: Spüüts euer Spüi!“ Wer jetzt an den Kaiser denkt, liegt falsch. Mit diesen Worten soll der österrei-chische Nationalcoach Hugo Meisl seine Elf schon am 16. Mai 1931 ins Spiel geschickt haben. Österreich gewann gegen Schott-land 5:0 – der erste Auftritt des sogenannten Wunderteams, das zur besten Mannschaft des Kontinents wurde und mit formvoll-endetem Kombinationsspiel selbst die Engländer begeisterte. Über den Architekten des Teams haben Robert Franta und Wolf-gang Weisgram das schöne Buch „Ein rundes Leben“ geschrie-ben. Dabei handelt es sich um keine klassische Autobiografi e: Was man über Meisl weiß, aus Zeitungsberichten, dem reich-haltigen Wiener Anekdotenschatz, den Erinnerungen seines als Fußballjournalist nicht minder berühmten Bruders Willy und dem Privatarchiv Frantas, hat Weisgram mit viel Schmäh und einer Portion Zeitgeschichte zu einer Art historischem Ro-man verschmolzen. Und mit einer weiteren Weisheit Willy Meisl versehen: Wenn’s laaft, dann laaft’s. MALTE OBERSCHELP

Robert Franta Wolfgang Weisgram Ein rundes Leben. Hugo Meisl – Goldgräber des Fußballs Egon Theiner Verlag 288 Seiten 21,90 Euro

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9.19

4

Tooor … der Atlas für alleFußballfans ist da!

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„Geht das immer so weiter?“: George Best laufend, schießend, zurückspazierend

MANNDECKUNG MIT VIER KAMERAS DER FILM „FUSSBALL WIE NOCH NIE“ FINDET IM JÜNGST VERSTORBENEN GEORGE BEST ZUFÄLLIG DEN PROTAGONISTEN, DER DIE ARBEITSWEISE VON REGISSEUR HELLMUTH COSTARD NICHT NUR SPIELT, SONDERN LEBT. DAS EIGENWILLIGE WERK TOURT IN EINER FILMREIHE DES GOETHE-INSTITUTS UM DIE WELT UND ERSCHEINT AUCH AUF DVD VON OKE GÖTTLICH, FOTOS BILDERBERG, IMAGO, BENNE OCHS, STUDIO 1 FILMPRODUKTION

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Das Spiel läuft. Manchester United gegen Coventry City. Die Kame-ras fi xieren George Best, den Fußballstar seiner Zeit und darüber hin-aus. Er trottet im Mittelkreis umher. Dann blitzschnell ein Sprint. Der Ball ist nur selten zu sehen. Spazierend geht es wieder rückwärts. 90 Minuten, zwei Spielhälften lang. Nur Best, von vier 16-Millimeter-Ka-meras beobachtet. Fußball wie noch nie auf der Kinoleinwand. Nach wenigen Minuten fühlt sich der Zuschauer allein gelassen. Das Publikum wird unruhig bei so viel Ruhe. „Grätsch doch mal“, „lahme Sau“ – die Zuschauer ersetzen die fehlenden dampfplaudernden Kom-mentierungen. Regisseur Hellmuth Costard, dem Mann, der das Film-establishment Deutschlands gerne ins Wanken brachte, dürften schon die Reaktionen zur Vorpremiere Spaß gemacht haben. Als die Spieler des 1. FC Köln 1971 den Film zum ersten Mal sahen, verließen sie vor-zeitig die Vorstellung. „Geht das immer so weiter?“ lautete nach der Erinnerung des Produzenten Werner Grassmann die am häufi gsten ge-stellte Frage des Abends. „Da half es nichts, dass feinere Getränke als Bier gereicht wurden.“ „Fußball wie noch nie“ ist bis heute ein Unikum, ein Film, der bei-nahe ohne einen Zwischenschnitt auskommt. Keine Aneinanderrei-hung spektakulärer Aktionen, sondern reiner Fußball. Was von vielen wie ein exzentrisches Kunstexperiment wahrgenommen wird, ist die konsequente Form der Spiel- und Spieleranalyse. Bei aller Langsam-keit von damals fällt auf, wie Best seine Kräfte einteilt, um in den ent-scheidenden Situationen, wie bei seinem Treffer zum 1:0, blitzartig durchzustarten. Dass das Werk langweilig sein soll, wirkt umso absur-der, wenn man den zugehörigen Spielbericht im „Sunday Mirror“ liest: „Fußball von George Best gespielt gleicht einer Traumsequenz. Da war sie wieder, diese irreale Klarheit, diese Zeitlupenlebendigkeit, die einem das Gefühl gibt, dass das Gesehene niemals passiert sein konnte.“ Man könnte meinen, Costard selbst habe diesen Text verfasst. Was der Regisseur damals nicht wissen konnte, entpuppt sich im Nachhinein als ein interessantes Wechselspiel zwischen seiner Arbeit und dem Le-ben des ersten Popstars des Fußballs. Ein Leben, das Best zeichnet und später zu Grunde richtet. Costard, immer versucht, den Blick von der angeblichen Hauptsache auf das vermeintlich Nebensächliche zu len-ken und dieses zur bedeutenden Hauptsache zu erklären, fi ndet in Best den Mann, der Realität und Fiktion in seinem Leben verwischt. Die Hauptsache, das Fußballspiel, wird durch den Ruhm zur Nebensache, bis der Rausch in Bests Leben zur tragischen Hauptsache wird. Als schüchterner Fußballer aus Nordirland erlebt er durch den Ge-winn des Europacups der Landesmeister gegen Benfi ca Lissabon 1968 uneingeschränkte Aufmerksamkeit. Selten spielt Best wieder auf einem so hohen Niveau wie als 21-jähriger Europacupsieger. Er gibt sich dem Leben als gefeierter Star hin und beginnt zu trinken. Seine Karriere endet bereits mit 28 Jahren. Im November 2005 stirbt er am Versagen lebenswichtiger Organe. Er wird 59 Jahre alt, genau wie Costard. Zu-fall? Bestimmt. Aber eine Fortführung des von Costard geschätzten und belebten Kinos im Kopf, für das es keine Leinwand braucht, ohne das die Leinwände aber viel ärmer und witzloser wären. Rechtzeitig vor der WM erkannte Felix Grassmann, Sohn des Pro-duzenten, den Mangel an intelligenten Fußballfi lmen. „Fußball wie noch nie“ wurde vom Goethe-Institut ausgewählt, um die Welt auf das anstehende Ereignis einzustimmen. Schade, dass Besucher von der Entstehung des Werks kaum etwas mitbekommen. Das Team kommt im Sommer 1970 nach England, doch bereits Monate vorher schickt

Costard jemanden ins Stadion, um die Laufdiagramme von George Best aufzuzeichnen und so die Kamerapositionen festzulegen. Ken Stanley, der medienbewusste Manager Bests, akzeptiert das Vorhaben, nicht ahnend, „dass wir einen Untergrundfi lm machen wollten“, erinnert sich Werner Grassmann. Doch das Super-8-Kameraexperiment schlägt trotz Zielvorrichtung aus Kupferdraht fehl: Die Bilder sind verwackelt. Erneut geht es nach Manchester. Im Herbst 1970 sind die 16-Milli-meter-Kameras im Gepäck. Diesmal eignen sich die Bilder. Ein drit-tes Mal fahren sie nach England um die Halbzeitsequenz zu drehen. George Best blickt ewig in das Objektiv. Er sagt nichts. Es ist ein In-terview ohne Worte. „Fußball wie noch nie“ ist mehr als perfekt inszeniertes Material, das Talentscouts glücklich macht. Dazu ist der Film zu fantastisch. Cos tard schafft es, mit Ruhe Unruhe zu stiften und damit vor dem großen Trara um die Weltmeisterschaft ein Motto in die Fußballwelt zu schreien: „Reclaim the silence.“„Fußball wie noch nie“ erscheint am 20. April auf DVD (Zweitausendeins)

Filmemacher: Felix und Werner Grassmann im Abaton-Kino Hamburg (oben); die Crew 1970 in Manchester (mit Brille Regisseur

Hellmuth Costard, rechts neben ihm Produzent Werner Grassmann)

SPIELKULTUR THE BEST

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rund_112_113_DVD_George 113 rund_112_113_DVD_George 113 09.03.2006 15:11:26 Uhr09.03.2006 15:11:26 Uhr

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RUND-Ausgabe 3/06

Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe nicht oder nur gekürzt zu veröffentlichen. Zuschriften bitte mit Stichwort „Leserbrief“ an: [email protected], Redaktion RUND, Pinneberger Weg 22-24, 20257 Hamburg oder Fax: 040-80 80 686-99

RUND und die Kollegen

Das schreiben andere über RUND

V.i.S.d.P.: 01/2006

Runde Presse: Hm!Kann Deutschland auch Fußballmagazine ge-stalten? Naja, werden Sie sagen, das kommt nicht so auf die Gestaltung an. Ganz im Gegen-teil! Dieses Feld war nur jahrelang Gestal-tungsacker. Sogar „Sport-Bild“ hat sich vor der Fußball-WM schick angezogen. Noch leicht unrund das Ganze, aber es wird schon. Un-rund? Da gibt’s doch seit einiger Zeit ein neu-es Fußballmagazin. RUND. Das schaut schon ganz nett aus. Prof. Lo Breier

Allgemein, RUND 3/06

Fettes LobErst mal ein fettes Lob für den geglückten Ver-such in Deutschland ein neues und frisches Fußball-Magazin auf den Markt zu bringen. Was haben wir jahrelang Lumpen erbrochen, über die angestaubte, geringfügig erweiterte Zahlen- und Ergebnisauswertung der Konkur-renz. Danke RUND, bitte weiter so.Swen Grabowski, Göttingen, per E-Mail

Wie ein CatenaccioIhr versenkt mit jedem Heft einen Strafstoß nach dem anderen im Kasten. Inhalt, Informa-tion, Text das passt einfach, ist eine Traumkom- b ination wie aus dem Fußballlehrbuch. Dazu ein klasse Layout, das einem direkt ver wandel- ten Eckball in Nichts nachsteht. Ihr seht, ich bin RUNDum begeistert von eurem Magazin, das ich in einer mir ganz neuen, ungewohnten Schnelligkeit gründlich von Seite eins bis zum letzten Blatt verschlinge. Und ganz mittelstür-mender Egoist wünsche ich mir, dass wir, eu-re Leserschaft, wie eine gut gestaffelte Vierer-kette hinter euch stehen und jeden gegnerischen Angriff mit einem bravourösen Catenaccio ab-wehren. Danke für eure tolle Arbeit! Bruno Pasqualotto, Friedrichsdorf, per E-Mail

te dieses Phänomen ja auch bei anderen Spiel-sportarten in gleichem Maße zu beobachten sein. Gerade bei Hallensportarten würde dies wahrscheinlich interessante, neue Aspekte des Miteinanders ergeben. Eines wundert mich jedoch sehr an Ihrem Heft: Warum haben Sie dieses Thema denn nicht als Aufmacher auf den Titel genommen? Ihr Titelheld Kevin Ku-ranyi scheint doch gerade eine Salve vorzube-reiten. Frederik Borkenhagen. GeschäftsführerDeutsche Vereinigung für Sportwissenschaft, Hamburg, per E-Mail

Aus der Tiefe des Rachens, RUND 3/2006

Kuranyi bereitet Salve vorDie Frage, warum Fußballspieler immerzu auf den Platz spucken, wurde uns auch schon ge-stellt. Wissenschaftliche Studien gibt es aber keine dazu. Physiologische Gründe kann es eigentlich aber auch nicht geben, sonst müss-

ZUHÖREN BITTE:

SCUDETTO UND RUNDFEIERN ZUSAMMEN13. APRIL 2006, 19 UHR 30Scudetto, die Bochumer Institution in Sachen geho-bener Fußballunterhaltung, feiert Jubiläum. Zum zehn-ten Mal präsentieren Ben Redelings und seine Kol-legen ein Sammelsurium aus Ton, Text und Film. Spannend wird’s zugehen, lustig sowieso. Kein Wun-der, dass da auch ein paar Redakteure von RUND vorbeigeschneit kommen. Und wo wir schon mal da sind, werden wir das ein oder andere Lesestück zu Gehör bringen. Und zwar auf neuer, größerer Büh-ne. RIFF – die Bermudahalle, Konrad-Adenauer-Platz, 44787 Bochum. www.scudetto.de

Brandeins, Nr. 02/06

Runde Presse: FanblockEs gibt seit neuestem RUND aus dem Olym-pia-Verlag. Mit seinem aufgeräumten Layout, der kunstvollen Bildsprache und langen Re-portagen über Hooligans in Polen oder Klub-Maskottchen, die Bürgermeister werden. Die Chefredaktion kommt direkt aus dem Fan-Block und hat vorher das angesehene Fanzine des FC St. Pauli mit dem schönen Namen „Vier-tel nach Fünf“ gemacht. Oliver Gehrs

SPIELKULTUR Leserbriefe

RUND 114

rund_114_115_Leserbrief 114 rund_114_115_Leserbrief 114 09.03.2006 17:31:44 Uhr09.03.2006 17:31:44 Uhr

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Am 19. April erscheint die nächste RUND- Ausgabe: Miroslav Klose: Bei 340 km/h vergisst der Rallyefreak schon mal den Scheibenwischer. Kölner Kummer: Beim FC plant man für die Zweite Liga. Im Verein und in mancher Redaktion herrscht ungewohnte Nachdenklichkeit: Warum machen alle, die mit dem FC zu tun haben, immer

wieder dieselben Fehler? Zico: Japans Nationaltrainer wagt im Interview die WM-Prognose. Torhüterfrage: Wir sagen Ihnen, wer bei der WM im Tor der deutschen Nationalelf steht. Daniel Cohn-Bendit: „Beckenbauer steht für die totale Kommerzialisierung“ – Europas Grünen-Chef zeigt sich kampfeslustig. FOTO: IMAGO

VORSCHAU 05 2006

IMPRESSUM RUND #9 04 2006VERLAG: Olympia-Verlag GmbH, Badstr. 4-6, D-90402 Nürnberg, Tel. 0911/216-0, Fax 0911/216 27 39REDAKTION: RUND Redaktionsbüro Hamburg GmbH & Co. KG, Pinneberger Weg 22-24, 20257 Hamburg Tel. 040/80 80 686-0, Fax 040/80 80 686-99REDAKTIONSLEITUNG: Rainer Schäfer (verantwortlich für den Inhalt), Matthias Greulich (geschäftsführender Redakteur), Oliver Lück (stellv. Redaktionsleitung)ART DIREKTION: Anna Clea SkoludaREDAKTION: Martin Krauß (Chef vom Dienst), Eberhard Spohd (Textchef), Malte Oberschelp, Christoph RufREDAKTIONSASSISTENZ: Sabine RichterGRAFIK: Anne-Katrin Ellerkamp, Tanja Poralla (stellv. Art Direktion)SCHLUSSGRAFIK/INFOGRAFIK: Sabine KellerBILDREDAKTION: Henning Angerer, Jochen Hagelskamp, [email protected]: Anne-Katrin Ellerkamp, Toni SchröderAUTOREN: Peter Ahrens, Michael Bolten, Sven Bremer, Vincenzo Delle Donne, Detlef Dreßlein, Oke Göttlich, Claudia Haas, Ulrich Hartmann, Frank Heike, Ruben Heinrich, Holger Heitmann, Thomas Kilchenstein, Wolfgang Laaß, Roland Leroi, Guido Maaß, René Martens, Jörg Marwedel, Bernd Müllender, Elke Rutschmann, Tobias Schächter, Holger Schmidt, Bernd Schneiders, Ricardo Setyon, Jörg Strohschein, Olaf Sundermeyer, Jörg Thadeusz, Daniel Theweleit, Peter Unfried, Elke WittichKORREKTORAT: Janina JentzÜBERSETZUNGEN: Stefanie KnauerTITELBILD: Heiko PriggeFOTOS: Jean Balke, Edward Beierle, Marc Brinkmeier, Michael Danner, Fergus Padel, Mareike Foecking, Gerald von Foris, Matthias Koslik, Martin Kunze, Dirk Messner, Benne Ochs, Stephan Pfl ug, Heiko Prigge, Maak Roberts, Oliver Soulas (für Greenpeace), Sebastian VollmertFOTOS INHALTSVERZEICHNIS: Heiko Prigge, Fergus Padel, dpa, Oliver Soulas, Mareike Foecking, Maak Roberts, Edward Beierle, fi ro, imago, dpa, Benne Ochs SPIELE: Bei Gewinnspielen, die die RUND-Redaktion veranstaltet, ist der Rechtsweg grundsätzlich ausgeschlossen.ANZEIGENLEITUNG: Werner A. Wiedemann (verantwortlich für Anzeigen), Tel. 0911/216 22 12 Ekkehard Pfi ster, Tel. 0911/216 27 49, Gültige Anzeigenpreisliste Nr. 2 vom 1. 1. 2006REPRO: Fire Dept. GmbH, HamburgDRUCK: heckel GmbH, Nürnberg VERTRIEBSLEITUNG: Andreas Bauer, Tel. 0911/216 22 60ABONNEMENT UND KUNDENDIENST:Deutschland: RUND-Leser-Service, Badstr. 4-6, 90402 Nürnberg, [email protected], Tel. 0911/216 22 22, Preis des Einzelheftes 2,80 Euro, Jahresabonnement 33,60 Euro Österreich: RUND-Abonnenten-Service, Postfach 5, 6960 Wolfurt, [email protected], Tel. 0820/ 00 10 82, Fax 0820/00 10 86, Preis des Einzelheftes 3,20 Euro, Jahresabonnement 38,40 EuroSchweiz: RUND-Leser-Service, Postfach, 6002 Luzern, [email protected], Tel. 041 3292233, Fax 041 3292204, Preis des Einzelheftes 5,40 sFr, Jahresabonnement 64,80 sFrÜbriges Ausland: Jahresabonnement 33,60 Euro zzgl. PortoErscheinungsweise: monatlichFür unverlangt eingesendete Manuskripte, Fotos, Dias, Bücher usw. wird nicht gehaftet. Die gesamte Zeitschrift einschließlich aller ihrer Teile ist urheberrechtlich geschützt, soweit sich aus dem Urheberrechts gesetz und sonstigen Vorschriften nichts anderes ergibt. Jede Verwertung ohne schriftliche Zustimmung des Verlages ist unzulässig. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikrover filmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Copyright für Inhalt und Gestaltung – falls nicht ausdrücklich anders vermerkt – by Olympia-Verlag 2006. ISSN 1860-9279

ARBEITEN IN DER REDAKTION FOTO BENNE OCHS

Alle Hände voll zu tun: Grafi kerin Anne-Katrin Ellerkamp

RUND Impressum

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Jeden Monat terrorisiert TV- und Radiomoderator Jörg Thadeusz in RUND liebevoll den Fußball. Dieses Mal erinnert er sich an seinen Onkel Siggi, der ihm schon früh beigebracht hat, dass es auch im Fußball mehr als nur eine Wahrheit gibt

LIEBE LESER, WIE HAT IHNEN DIESE RUND-AUSGABE GEFALLEN? BITTE SCHREIBEN SIE UNS: REDAKTION RUND, PINNEBERGER WEG 22-24, 20257 HAMBURG ODER [email protected] – RUND IM INTERNET: WWW.RUND-MAGAZIN.DE

Mach ihn rein, Ebi

14. Juni 2006. In der 12. Spielminute der Welt-meisterschafts-Begegnung zwischen Deutsch-land und Polen fällt das 0:1. Der polnische Tor-schütze heißt Smolarek. Werden die Zuschauer im Dortmunder Westfalenstadion dann so tun, als kennten sie ihn nicht? Als wäre er nicht der Ebi, der so oft für ihre Borussia im entschei-denden Moment traf? Vielleicht gehört der DFB-Stürmer Miroslav Klose zu de nen, die Smolarek im Strafraum am Einschuss hindern wollen. Er könnte einen Psychotrick anwen-den und in sauberem Polnisch fl ehen: „Bitte nicht, mach’ ihn nicht rein, Ebi.“ Ähnliches könnte auch Lukas Podol ski von der Mittelli-nie rufen. Denn Prinz Poldi spricht die Spra-che des Landes, das er als „Heimat“ bezeich-net, ebenfalls fl ießend. Wenn Polen am 14. Juni in Dortmund ge-winnt, ist das nicht schlimm. Es ist eher rich tig gut. Genau genommen würde dann die Heim-mannschaft gewinnen. Wenn im Westfalensta-dion alle Zuschauer aufstünden, die Zatschew-ski, Woiczekowski, Gregarek oder so ähnlich heißen, würde das wirken, als rausche „La Ol-ski“ durch das Viereck. Als Europa noch geteilt war, sind vor Weih-nachten am Dortmunder Hauptbahnhof Züge

mit Eisblumen an den Fenstern angekommen. Die aussteigenden Männer und Frauen trugen unförmige Mäntel, die aussahen wie Filzpan-toffeln für den ganzen Körper. Sie hatten hässli-che Kunstlederkoffer in den Händen. Meistens blieb nicht viel Zeit, diese Besucher kritisch zu beäugen. Dazu wurden sie zu schnell um-armt von den westdeutschen Verwandten na-mens Zatschewski, Woiczekowski, Gregarek oder so ähnlich, die damit ihre Freude über den Besuch aus der „kalten Heimat“ ausdrück-ten. Auch wenn die gleichen Leute ihre Kin-der ermahnten, sie mögen bitte nicht „wie die Polen“ rumlaufen, also Hemd und Hose gefäl-lig kombinieren. In einer nördlichen Nachbarstadt von Dort-mund haben einige Männer am Anfang des 20. Jahrhunderts unzähmbare Lust auf Fuß-ball empfunden. In der Industriestadt gab es schon einen bürgerlichen Sportverein. Für den kamen die Fußballer aber leider aus der fal-schen Ecke. Sie waren zu kohledunkel, zu arm. Die Stadt stellte ihnen zwar eine Wiese zur Ver fügung, trotzdem wurden sie als wilder Hau fen behandelt, von „Polackentruppe“ war die Rede. Noch heute muss man einen Brief an diesen Ver ein mit Ernst-Kuzorra-Weg 1 ad-

ressieren. Ein Mann masurischer Abstammung, noch heute ein Heiliger in den Reihen des ehe-maligen „Polackenvereins“ FC Schalke 04. Miroslav Klose hat 2002 bei der WM in Ja-pan und Südkorea fünf Tore geschossen. Wenn sich ihm die Gelegenheiten bietet, wird er oh-ne mit der Wimper zu zucken am 14. Juni fünf Stück gegen Polen schießen. Weil er Profi ist, nicht weil ihm der Adler auf dem deutschen Trikot lieber ist als der gleiche Vogel auf dem polni schen Hemd. Trotzdem bei einem Natio-nen turnier, das spannend sein soll, das Natio-nale zwangsläufi g bedeutsam sein muss. Mein Onkel Siggi hat es so gemacht wie der deutsche Nationalspieler Lukas Podolski. Im-mer wenn er nicht unter Tage arbeiten muss-te, hat er seinen Urlaub im Osten verbracht. Im verschlafenen Pusnik, seiner masurischen Hei mat. Onkel Siggi sprach ein volltönendes „R“ und haderte gelegentlich mit der deutschen Grammatik. Wer ihn deswegen einen Polen nann te, konnte sich auf Ärger einstellen. Könn-te er das Spiel am 14. Juni noch erle ben, freute er sich gewiss über einen deutschen Sieg. Von einem polnischen Erfolg wäre er aber ganz si-cher gerührt. Deswegen gilt: Mach’ ihn rein, Ebi. FOTO MATTHIAS KOSLIK

SPIELKULTUR Auslaufen mit Thadeusz

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