Rundbrief 1-2013

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Fit für die Zukunft!? Jahrestagung Stadtteilarbeit 2012 2 Tage. 2 Orte. 2 Themen. Dokumentation.

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Fit für die Zukunft?!Der Verband für sozial-kulturelle Arbeit

Jahrestagung Stadtteilarbeit 20122 Tage. 2 Orte. 2 Themen.

Dokumentation

Tag 1Montag, 22.10.2012 von 11.00 - 18.00 Uhr

im Nachbarschaftshaus Friedenau

veranstaltet vom Verband für sozial-kulturelle Arbeit e.V.

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Liebe LeserInnen,

Diese Jahrestagung – das waren eigentlich zwei Tagungen.

Am ersten Tag fragten wir uns selbstkritisch: Sind wir eigentlich fit für die Zukunft? Und unser Vorstandsmitglied Prof. Wolfgang Hinte ging sogar noch weiter, indem er in seinem Eingangsstatement fragte: „Sind wir es denn in der Gegenwart?“

Schlank ist er, der Verband, seine Finanzkraft betreffend. Realistisch ist er in Bezug auf seine Ausstrahlung und Wirksamkeit. Stark ist der Verband für sozial-kulturelle Arbeit durch die Solidarität, Kreativität und das Durchhaltevermögen seiner Mitglieder. Und er hat reichlich Raum: Raum zum Wachsen, für Ideen und das Engagement der Mitglieder.

Am zweiten Tag nahmen wir gemeinsam mit unseren Mit-veranstaltern - PARITÄTISCHER Wohlfahrtsverband Berlin und die reha e.V. - die „Nachbarschaft 2020. Soziales Kapital zwischen Bodenrichtwert und Fallmanagement.“, in den Blick. Die Dokumentation dafür er folgte in einer gesonderten Broschüre.

Die diesjährige Jahrestagung Stadtteilarbeit findet vom 21.-22.11.13 in Köln statt. Ich würde mich freuen, Sie dort zu treffen und grüße alle Leserinnen und Leser unseres Rundbriefes herzlich.

Birgit Monteiro, Geschäftsführerin Verband für sozial-kulturelle Arbeit e.V.

Inhaltsverzeichnis VorwortSeite

Begrüßung

Vortrag und Diskussion Innen- und Außenblicke auf den Verband für sozial-kulturelle Arbeit Prof. Dr. Wolfgang Hinte Jens Meißner Prof. Dr. Stefanie Kraehmer Dr. Ellis Huber Birgit Monteiro Birgit Weber Diskussion

Weiterentwicklung des Zinner-Freier-Papiers von 1999 Nachbarschaftshäuser in ihrem Stadtteil – Die Grundlagen ihrer Arbeit Eingangsstatements: Prof. Dr. Stephan Wagner Georg Zinner

Arbeit in Foren

1 Vielfalt bürgerschaftlichen Engagements zwischen Anspruch und Realität Nachbarschaftshäuser als Ergebnis bürgerschaftichen Engagements

2 Dezentralisation war gestern, Sozialraumorientierung heute? Die Region als Orientierungspunkt 3 Unterschiedliche “Typen” von Nachbarschaftshäusern: Wurzeln, Philosophie, Selbstverständnis, Größe Grundprinzipien der Nachbarschaftsarbeit

4 Mitmachen, engagieren, kooperieren: Mitgliedsorganisationen im Verband für sozial-kulturelle Arbeit

Abschluss Präsentation der Ergebnisse der Foren und Abschlussrunde

Teilnehmerliste

Impressum

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Um sich diesem gar nicht so einfachen Thema zu nähern, ist es ganz hilfreich, Blicke von außen auf die-sen Verband zu werfen. Ich freue mich sehr, dass sich sechs Menschen bereit erklärt haben, nacheinander Innen- und Außenblicke auf den Verband für sozial-kultu-relle Arbeit preiszugeben.

Zunächst ist das Prof. Dr. Wolfgang Hinte von der Univer-sität Duisburg-Essen, Institut für Stadtteilentwicklung, Sozialraumorientierte Arbeit und Beratung. Er ist seit Anfang des Jahres auch Vorstandsmitglied im Verband für sozial-kulturelle Arbeit.

Dann wird Jens Meißner sprechen, Leiter des Amtes für Soziales in Berlin Treptow-Köpenick, auch früherer Mitarbeiter von Dietmar Freier in der Senatsverwaltung für Soziales. Daneben sitzt Frau Professor Dr. Kraeh-mer von der Hochschule Neubrandenburg. Dort ist sie Professorin für Sozialpolitik und Ökonomie sozialer Einrichtungen. Sie ist bereits seit zehn Jahren Mitglied im Abgeordnetenhaus und dort Vorsitzende des Sozial-ausschusses. Dr. Ellis Huber, ehemaliger Präsident der Berliner Ärztekammer, Gesundheitsstadtrat und mit dem Thema Selbsthilfe und mit der Entwicklung von SEKIS seit Gründung konzeptionell vertraut. Er ist dem Verband für sozial-kulturelle Arbeit seit langer Zeit verbunden.

Dann begrüße ich noch Birgit Monteiro, sicherlich allen bekannt als Geschäftsführerin des Verbandes für sozial-kulturelle Arbeit. Sie wird uns neben ihrer intimen Kenntnis der Berliner Situation sicherlich auch von einer Rundreise berichten, die sie durch einige bundesdeut-sche Städte gemacht hat, um dort Nachbarschaftsheime zu besuchen. Und ich begrüße die ehemalige Geschäfts-führerin des Bundesverbandes, Birgit Weber, die heute stellvertretende Geschäftsführerin der Bundesarbeitsge-meinschaft der Freiwilligenagenturen ist. Zunächst aber hören wir Professor Hinte.

Jahrestagung Stadtteilarbeit 2012 am 22. Oktober 2012 im Nachbarschaftshaus Friedenau

Georg Zinner: Einen schönen guten Tag! Herzlich will-kommen im Nachbarschaftshaus Friedenau! Das Nach-barschaftshaus Friedenau ist ein Nachbarschaftshaus des Trägers Nachbarschaftsheim Schöneberg e.V., des-sen Geschäftsstelle hier auch im Haus ist, und dessen Geschäftsführer ich bin. Mein Name ist Georg Zinner und ich habe die Ehre, Sie heute hier als Hausherr zu begrüßen.

Ich will mich sehr kurz fassen. Ich hoffe, dass wir heute viel Interessantes hören, dass wir viel Interessantes mit-einander zu diskutieren haben und wünsche der Tagung einen guten Verlauf! Dankeschön!

Willy Eßmann: Mein Name ist Willy Eßmann. Ich bin von der Gesellschaft für sozial-kulturelle Arbeit und bin heute Ihr Moderator. Auch ich möchte Sie recht herzlich begrüßen!

Stadtteilarbeit 2012 – eine Tagung, die ein bisschen anders ist als unsere vergangenen Tagungen. Das steht schon im Titel: 2 Tage. 2 Themen. 2 Orte. Während es morgen im Rathaus Schöneberg um Nachbarschaft 2020 geht mit dem schönen Untertitel „Soziales Kapital zwischen Bodenrichtwert und Fallmanagement“, wer-den wir uns heute ein bisschen direkter mit uns selber beschäftigen.

Fit für die Zukunft?! So heißt das Motto des heutigen Tages. Dahinter stehen ein Fragezeichen und ein Aus-rufungszeichen. Das Fragezeichen mag vielleicht für die heutige durchaus selbstkritische Reflektion stehen, das Ausrufungszeichen möglicherweise ist eine selbstbe-wusste Einschätzung, auf dem richtigen Weg zu sein.Wir nehmen uns einen ganzen Tag Zeit um zu schauen, wo wir stehen, wo wir hinwollen und was es dazu braucht. Was etwa die einzelnen Mitgliedsorganisatio-nen tun können, aber was auch der Verband tun kann und tun sollte, um fit für die Zukunft zu sein.

Fit für die Zukunft!?Der Verband für sozial-kulturelle Arbeit

Fit für die Zukunft!?Begrüßung

Pausengespräche 4 Jahrestagung Stadtteilarbeit 2012 Fit für die Zukunft

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Jahrestagung Stadtteilarbeit 2012 Fit für die Zukunft 76

Wolfgang Hinte: Fit für die Zukunft?! Ja, Fragezeichen und Ausrufungszeichen sind richtig. Und ich frage mich: Ist der Verband überhaupt fit in der Gegenwart? Ich werde mich das von einer Innen- und Außensicht fra-gen, ich werde das kritisch zugeneigt tun, plakativ und zwar fokussiert auf Verbesserbares. Die ganzen Pfunde, die Sie als Einrichtungen haben, die der Verband hat, erwähne ich wenig. Verzeihen Sie mir das, aber es soll ja nach vorne gehen und der Fokus soll auf die Verbes-serungen gerichtet sein.

Mir ist klar, dass die im Verband organisierten Träger ein großes, breites Spektrum abbilden. DEN Verband gibt es so eigentlich nicht, es gibt Mitgliedsorganisationen. Und ich weiß auch, dass dieses Spektrum der Mitglieds-organisationen reicht von einerseits äußerst engagier-ter, kompetenter und breitflächiger Arbeit über solide, biedere, immobiliengestützte Sport-, Spiel-, Span-nungsaktivitäten, bis hin zu herzblutgestützten, mit viel ehrenamtlichem Engagement erbrachten Aktivitäten, die zwar oft gut gemeint, aber häufig konzeptionell wenig fundiert, sprunghaft und manchmal auch etwas einfach gestrickt sind. Ich gehe davon aus, dass der Anteil der erstgenannten viel größer ist.

Ich habe drei Bemerkungen und anschließend einen vierten Punkt, bei dem ich etwas zu Perspektiven sagen werde.

Erste Bemerkung: Ich bin nicht sicher, ob es dem Ver-band immer wieder angemessen gelingt, den Mehrwert für seine Mitgliedsinstitutionen darzustellen. Warum ist man als Mitgliedsorganisation in so einem Verband organisiert? Um einmal im Jahr zur Tagung zu gehen? Das kann man auch, wenn man kein Mitglied im Verband ist. Um die einmal im Jahr erscheinende Tagungsdoku-mentation, früher war das der Rundbrief, zu erhalten, die jedes Mal aufs Neue beeindruckend ist, aber die man sich auch ohne Mitgliedschaft bestellen könnte?Ich sehe derzeit nicht, wo der Verband tatsächlich einen solchen Mehrwert für die Mitgliedsorganisationen schafft, dass diese auch ihren örtlichen Geldgebern erklären können, warum man diesen Jahresbeitrag zah-len soll. Manchmal fürchte ich sogar, dass derzeit häufig noch die etwas älteren Jahrgänge, also Leute wie ich, die Geschäftsführungen vor Ort sind und die hängen aus historisch-nostalgischen Gründen am Verband, weshalb sie dafür sorgen, dass die Mitgliedschaft erhalten bleibt.Wehe, wenn die unbefangene, geschichtslose Jugend in die Funktionen kommt und unbefangen kritisch fragt: Was haben wir eigentlich von der Mitgliedschaft im Verband?

Zweite Bemerkung: Ich beginne mit einem Zitat von Ihnen, lieber Herbert Scherer. Sie haben 2004 bei einem Vortrag in Berlin-Mitte (ja, die Dinge verwesen nicht, im Internet findet man alles) Folgendes gesagt: „Stadtteilbezogene Einrichtungen sind ideale Schnitt-stellen, um fallspezifisch sinnvolle Kombinationen von niedrigschwelligen und spezialisierten Hilfen anzu-bieten und vor allem die informellen Ressourcen des Umfeldes mit einzubeziehen.“ Ja, das ist kurz und knapp richtig gesagt.Das ist die Arbeit vor Ort, die müsste so laufen. Und was anderes ist der Einfluss auf lokale, landesweite oder sogar bundesweite Entwicklungen bis hin zur Beein-flussung von Finanzierungssträngen. Die beiden Dinge hängen aber zusammen.Der Verband ist derzeit nach meiner Einschätzung keine von politischen oder gesetzgebenden Instanzen sonder-lich beachtete Größe. Und das ist schade. Wenn man bedenkt, dass die Arbeit, die in den Nachbarschaftszent-

ren getan wird, genau dem entspricht, was in zahlreichen Leistungsfeldern als sozialräumliche oder fallunspezifi-sche Arbeit gefordert wird, so wie Herbert Scherer das damals gesagt hat, und wenn man bedenkt, dass genau diese Arbeit, die Sie oder zumindest die meisten von Ihnen tun, dass diese Arbeit von den einzelfallfinanzier-ten Leistungserbringern kaum geleistet werden kann, so wären diese Zentren, also die Mitgliedsorganisationen dieses Verbandes, die ideale Ergänzung für das, was etwa in den Leistungsbereichen des SGB II, VIII, XI oder XII derzeit diskutiert wird.Das wird aber auf Seiten des Gesetzgebers kaum zusam-mengedacht, weder in Berlin noch bundesweit. Aber diese Verbindung wird auch von den Nachbarschaftszen-tren nicht hergestellt - vielleicht deshalb, weil sie darauf orientiert sind, die Bude voll zu kriegen oder die Jah-restagung vorzubereiten. Solange es nicht gelingt, diese Zentren einzubinden als wesentlich tragenden Mosaik-stein in die Anforderungen der Leistungsfelder in den Leistungsgesetzen, dann werden wir jedes Jahr aufs Neue um Geld betteln müssen, erstklassige Arbeit ver-kaufen müssen wie saures Bier, Klinken putzen und wie-der auf irgendein Arbeitsförderungsprogramm hoffen.Ich glaube, dass dieser Zusammenhang deutlicher dar-gestellt werden muss, wenn man weg will von diesen Wackelfinanzierungen, die es nicht nur in Berlin sondern überall in Deutschland gibt.

Dritte Bemerkung: Zur Situation in Berlin. Da wird gere-det über Quartiersmanagement, Aktionsräume Plus, Sozialraumorientierung der Verwaltung, fallunspezifische Arbeit in der Jugendhilfe. Und gleichzeitig geschieht die Finanzierung der Stadtteilzentren berlinweit relativ unko-ordiniert und beliebig, je nach Trend oder Affärenlage, nach Bezirk, nach Senator oder was auch immer.Würde man die Gelder, die seitens des Senats für die Stadtteilzentren zur Verfügung stehen – danke, Senat! -,als auch die Gelder, die in den Bezirken vorhanden sind, systematischer bündeln und mit anderen Finanzierungs-strängen, die es aus anderen Senatsverwaltungen als SenSoz gibt, als Dauerfinanzierung den Stadtteilzen-tren geben und würde ihnen die Aufgabe übertragen,

durchaus auch im Interesse der einen oder anderen Bezirksverwaltung hier und dort Leistungserbringer aus verschiedenen Leistungsfeldern zu unterstützen (das tun Sie ohnehin, aber Sie tun es nicht gut dokumentiert und eher unsortiert), so würde das zum einen das im System vorhandene Geld viel unaufwändiger verteilen, und zum anderen sowohl ihre Arbeit als auch die Arbeit der Leistungserbringer qualifizieren.

Aber für einen solchen Wurf braucht es ein Konzept und Personen, die sich dafür einsetzen. Ich habe in Berlin weder das Konzept noch die Personen gefunden, aber ich habe gelegentlich in Berlin die Hoffnung, dass man, wenn man ein gutes Konzept hat, vielleicht auch die eine oder andere gute engagierte Person finden könnte.Das braucht aber seitens der Zentren ein viel stärkeres Verständnis für die Bedarfe in den Leistungsbereichen. Ich merke immer wieder, wenn ich in Berlin in Stadtteil-zentren oder Mitgliedsorganisationen dieses Verbandes bin, dass die nur sehr mühsam das, was sie machen, mit dem verbinden können, was an einzelfallfinanzier-ter Arbeit in den jeweiligen Leistungsgesetzbüchern gemacht wird.Es braucht also viel mehr Verständnis seitens der Zent-ren für das, was einerseits in den Bezirksverwaltungen gebraucht wird, aber andererseits auch, was in den Leistungsfeldern derzeit en vogue ist. Es braucht aber auch auf Seiten der Kostenträger, und das ist meistens die Landesebene, gelegentlich die Bezirke, eine konse-quente Abkehr von der kleinteiligen, auf Kontrolle orien-tierten, fast wahnhaft vorgenommenen – im Zuge der Maserati-Affäre noch verstärkter – Form der Rechnungs-legung und der kleinteiligen Finanzierung von Einzel-leistungen, die wiederum den administrativen Aufwand enorm erhöht und keinem Geist mehr gehorcht, sondern allenfalls beruhigende Kontrolle ist.Da hat sich im Zuge der Maserati-Affäre ein durch die Politik beförderter, aber in der Verwaltung mehr oder weniger gerne aufgegriffener Kontrollwahn entwickelt, der nicht dazu führt, dass man tatsächlich auf Inhalte schaut, sondern dazu, dass man pingelige Korrektheit anpeilt. Ich weiß nicht, ob das miteinander zu verbinden ist.

Fit für die Zukunft!?Innen- und Außenblicke auf den Verband

Referat Prof. Dr. Wolfgang Hinte

Vortrag und Diskussion

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Ich komme zu meinem vierten Punkt, der in drei Teile unterteilt ist: kleine Hinweise, worauf der Verband schauen könnte, wenn er fit für die Zukunft sein will und wohin er sich bewegen könnte, wenn er gut in die Zukunft gehen will.

4a: Ein Verband muss immer auch Plattform für Vernet-zung, Austausch und Dialog bieten. Das nur einmal im Jahr durch eine Fachtagung zu realisieren, scheint mir zu wenig. Austausch kann auch geschehen in Regional-gruppen, in Internetforen, in thematisch orientierten Arbeitsgruppen und in vielen anderen Formen mehr. Austausch lebt aber auch davon, dass die zahlenden Mitglieder eines Verbandes diesen wollen und praktizie-ren. Er lebt also von aktiven Mitgliedern, die die aus der Zentrale gebotenen Arrangements annehmen. Aber eben dazu braucht es Arrangements und das gemein-same Bemühen, dass alle davon profitieren.

4b: Ein Verband muss immer auch Energie spendender Stachel im Fleisch der Mitgliedsorganisationen sein: etwa durch Beratung, durch Informationen über bundesweite Entwicklungen, als Kontaktstelle für Suchende, die noch nicht so recht wissen, was sie finden könnten.Wenn man sich etwa die Internetseite Stadtteilarbeit.de von Wolfgang Prauser aus Hannover anschaut (eine erst-klassig gemachte Seite) und wenn ich gleichzeitig sehe, dass das, was im Verband läuft, völlig neben dieser Wirk-lichkeit, die durch diese Internetseite geschaffen wird, herläuft, dann denke ich, eine solche Verbindung zu einer

solchen Seite, aber auch zu einigen anderen, bundesweit operierenden Organisationen wäre ganz sinnvoll, damit eben der Verband seine Mitgliedsorganisationen viel gezielter, zugeneigt, aber gelegentlich da und dort auch kritisch informieren und unterstützen kann.

4c: Ich finde, der Verband braucht eine Kultur der geziel-ten Einflussnahme auf Politik und Verwaltung. Das gilt für Bund, Land, aber auch für die Kommunen. Einfluss sowohl auf die Klugen und Engagierten, aber auch auf die Ahnungslosen und Verwirrten – und die haben wir auch zuhauf in Deutschland.Ob das die quantitativ schwach besetzte Zentrale tun muss, weiß ich nicht. Vielleicht braucht es einzelne, gut vernetzte Personen, über das Bundesgebiet verteilt, die jeweils auch lokalspezifisch (weil die Situationen in den jeweiligen Bundesländern völlig unterschiedlich sind) aber auch in engem Kontakt zu der Zentrale dazu beitra-gen, dass diese Form der Einflussnahme auf Politik und Verwaltung systematischer geschieht.Derzeit ist es nicht so, dass - wenn irgendwo Gesetze erarbeitet werden - im Vorfeld der Verband gefragt wird. Da werden andere Spitzenverbände gefragt und ich weiß nicht, ob dieser Verband in seinem Spitzenverband die Wucht hat, das durchzusetzen, was er möchte. Ich weiß auch nicht, ob der Verband überhaupt weiß, was er möchte.Diese drei Punkte sind mir mit Blick auf die Perspektive wichtig. Und bitte, haben Sie im Kopf, was ich anfangs gesagt habe: Die ganzen Pfunde, die dieser Verband und die Mitgliedsorganisationen haben, habe ich heute alle nicht erwähnt - ich habe mich auf die Kritik konzentriert.

Eine Abschlussbemerkung: Dieser Verband hat seine Wurzeln auch in dem Konzept der Gemeinwesenarbeit. Die historischen Wurzeln vieler Mitgliedsorganisationen sind Gemeinwesenarbeitswurzeln. Wurzeln, in denen es darum ging, Widerstand zu entwickeln. Wurzeln, die in der Regel außerinstitutionell waren, in denen die Rede war von Freiheit und Autonomie. Ja, das waren wichtige programmatische Vokabeln, die uns in den 60er und 70er Jahren geleitet haben. Und das waren gute Voka-

beln. Die Zeit ist fortgeschritten. Wir haben heute keine 60er oder 70er Jahre. Und wir müssen heute immer wie-der neu lernen, dass die einstigen guten Kampf- oder Konzeptvokabeln mittlerweile eingeflossen sind in jedes Konzeptpapier von jedweder politischen Partei und von jedweder Kommune, die irgendwo einen Antrag schreibt, um beim Programm „Soziale Stadt“ Geld zu kriegen.Das heißt, diese Vokabeln und die sie umgebende Aura sind zwar nicht hoffnungslos veraltet, aber mitt-lerweile Grundausstattung von vielen anderen Institu-tionen. Worum es heute geht, ist, politische Systeme und Verwaltungssysteme so zu beeinflussen, damit für die Gestaltung von Wohnquartieren im Sinne der alten Gemeinwesenarbeit geschehen kann. Und dazu brau-chen wir eine solide Durchfinanzierung. Die kriegen wir nur, wenn es uns gelingt, nicht mit einem außerinstitu-tionellen Habitus durch die Welt zu laufen, sondern uns immer wieder anzudocken an das, was in den Syste-men (und in den deutschen Systemen liegt viel Geld!) gefordert ist. Nicht anpasslerisch, nicht schleimig, aber durchaus zugeneigt kritisch und mit dem Interesse, die Ressourcen immer wieder zu nutzen für die Gestaltung von Quartieren, und dort speziell für die Unterstützung von benachteiligten Bevölkerungsgruppen.

Ob der Name „Verband für sozial-kulturelle Arbeit“ noch zeitgemäß und dafür passend ist, das weiß ich nicht, aber darüber können Sie ja heute diskutieren. Danke fürs Zuhören!

Willy Eßmann: Vielen Dank, Herr Hinte! Es gäbe sicher viel dazu zu sagen. Herr Hinte muss gleich weg und nach diesem fulminanten Parforceritt möchte ich bitten, dass Jens Meißner seine Sicht auf den Verband deutlich macht.

Jens Meißner: Mein Name ist Jens Meißner. Ich leite seit einigen Jahren das Berliner Sozialamt Treptow-Köpenick. Davor war ich bei der Senatsverwaltung für Soziales verantwortlich für die Bereiche Selbsthilfegrup-pen, Nachbarschaftsprojekte, Ehrenamtliche Arbeit. Die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales wurde damals von Herrn Senator Ulf Fink geleitet.Mir wurde gesagt, ich soll die Außenschau aus histori-schem Blickwinkel darstellen, weil ich eben früher bei der Senatsverwaltung für Soziales war und bei Herrn Freier, dem Abteilungsleiter, der in dem Bereich sehr innovativ war.Damals waren Herr Fink und Herr Freier innovativ. Der Verband war sein Lieblingskind und immer, wenn eine Idee entstand, wurden Herr Zinner, Herr Scherer oder Herr Dörrie eingeladen. Auch Herr Senator Fink wollte im Sozialbereich innovative Projekte unterstützen. So bat er mich um Prüfung, ob und wie die ufafabrik finanziell unterstützt werden kann. Zusammen mit Herrn Brünner und Juppie haben wir dann die Projekte Kinderbauern-hof, Nachbarschaftszentrum und Selbsthilfekontakt-stelle definiert und projektbezogen finanziert.Ende des Jahres hatten wir häufig Restgelder und somit die Möglichkeit, besondere Projekte noch kurzfristig zu finanzieren. So wurden bei Drogenprojekten z.B. noch ein LKW oder bei anderen Projekten noch andere not-wendige Beschaffungen realisiert. Das waren die guten alten Zeiten, in denen es Herr Senator Fink verstand, für

Fit für die Zukunft!?Innen- und Außenblicke auf den Verband

Referat Jens Meißner

Vortrag und Diskussion / Prof. Dr. Wolfgang Hinte

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Jahrestagung Stadtteilarbeit 2012 Fit für die Zukunft 1110

inder Diskussion. Wenn ich bei Demografie-Kongressen bin, wie vor zwei Wochen bei dem Demografie-Kongress, den Herr Fink veranstaltet hat, da kam zwar Herr Staats-sekretär Büge und hat die Statistik für Berlin vorgele-sen, wo man sieht, wie hoch der Anteil der Älteren ist und wie sich das in den nächsten 15 Jahren entwickelt, aber einen Maßnahme-Katalog oder was das Land Ber-lin tatsächlich in dem Bereich tun will, habe ich nicht gesehen. Und wenn man sich die Seniorenleitlinien der Senatsverwaltung im Entwurf anschaut, steht da sehr viel drin, merkwürdigerweise ohne haushaltswirtschaft-liche Auswirkungen.Ich denke, das ist ein Thema für die Zukunft, wenn ich sehe, in welchen Bereichen Sie in Stadtteilen tätig sind. Soweit mein Überblick. Schade, dass es keine Diskus-sion gibt.

Willy Eßmann: Vielen Dank, Herr Meißner! Vielleicht haben wir im Anschluss an die Redner/innen noch Mög-lichkeiten zur Diskussion. Frau Professor Dr. Stefanie Kraehmer von der Hochschule Neubrandenburg, bitte!

alternative Projekte bei der Senatsverwaltung für Finan-zen Gelder zu beschaffen. Dies war für den sozialen Frie-den in der geteilten Stadt auch sehr wirkungsvoll.Im Jahre 1985, die Älteren unter uns können sich viel-leicht noch daran erinnern, hat Herr Fink eine große Tagung im Johannesstift durchgeführt: „Neue Wege in der Sozial- und Gesellschaftspolitik. Selbsthilfe, Nach-barschaftshilfe, freie und lokale Initiativen.“ Ich erinnerte mich, dass in meinem Bücherregal eine Dokumentation dieser Tagung ist. Ich habe geschaut, ob irgendwo die Nachbarschaftsprojekte oder irgendwo der Verband vor-kommt. Auf der Seite 112 steht das Nachbarschaftsheim Schöneberg Berlin: „In unserem Nachbarschaftsheim haben wir die verschiedensten Arbeitsgruppen: eine Gruppe mit Kindern, in der auch behinderte Kinder sind, sowie altersgemischte Gruppen mit 30% Ausländerkin-dern; dann haben wir eine Altenhilfstagesstätte, wo sich Frauen und Männer mehrmals in der Woche treffen. In diesem Bereich der Altentagesstätte gibt es mehrere Gruppen, die sich auch ohne Sozialarbeiter treffen, Frau-engruppen, die ihre Sachen selber machen.“ Also eine ganz erstaunliche Entwicklung. (Gelächter)

Dann noch etwas zu den Prinzipien: „Es müssen kleine und überschaubare Bereiche sein, in denen Menschen sich wohl fühlen. Wir sind keine eigentliche Selbsthil-fegruppe, sondern 25 professionelle Mitarbeiter, die in diesen ganzen Bereichen tätig sind, 40, 30 oder 20 Wochenstunden. Dazu noch eine Reihe von Honorarkräf-ten und darüber hinaus auch noch 30 ehrenamtliche Mitarbeiter, die punktuell noch einige Aufgaben überneh-men.“ Ja, so war das Nachbarschaftsheim Schöneberg 1985 aufgestellt.Herr Zinner hat mir vorhin berichtet, das Nachbar-schaftsheim Schöneberg hätte jetzt 900 hauptamtliche Mitarbeiter. Daran kann man sehen, wie sich Nachbar-schaftsarbeit in diesem Zeitraum entwickelt hat, ein klei-ner sozialer Betrieb und heute ein Sozialkonzern.Noch im Rückblick: Dann gab es ja die Wiedervereini-gung in Deutschland. Ich bin dann von der Senatsverwal-tung zum Sozialamt Köpenick gewechselt. Dort habe ich ein bisschen geholfen, dass das Nachbarschaftshaus

Rabenhaus entsteht und das Selbsthilfezentrum Eigen-initiative. Da hat sich in den letzten 20 Jahren so viel nicht entwickelt, wenn man das vergleicht, ein Verband mit Mitgliedsorganisationen von zwei bis 900 Mitarbei-tern.Das war ja in dem Vortrag ganz interessant, man soll Senats- und Bezirksmittel zusammennehmen und dann die Nachbarschaftsprojekte finanzieren. Es gab ja mal die Frage, ob die Nachbarschaftsprojekte ihr Geld vom Senat oder von den Bezirken bekommen, weil der Senat gesagt hat, er sei für die gesamtstädtischen Aufgaben zuständig und für die ortsbezogenen die Bezirke. Dann haben sich die Selbsthilfekontaktstellen und die Nach-barschaftsprojekte entschieden, dass sie keine ortsna-hen Projekte sind, sondern gesamtstädtisch. Dann hat der Senat einen Topf gebildet, der später dann an die LIGA ging, zur Verteilung der Gelder an den Bezirken vorbei, ohne Mitbestimmung, ohne Kenntnisnahme der Bezirke, weil man Angst hatte, dass – je nach politischer Willensbildung in den Bezirken – einzelne Projekte kein Geld mehr bekommen.

Wenn ich heute gefragt werde, wie die Außensicht auf den Nachbarschaftsverband ist, dann kann ich sagen, dass während meiner 20-jährigen Tätigkeit als Sozial-amtsleiter in Köpenick und Treptow-Köpenick mir der Verband im Bezirk nicht aufgefallen ist. Wäre ich nicht früher beim Senat gewesen, wüsste ich – glaube ich – nicht, dass es diesen Verband gibt. Ich kenne die zwei oder drei Projekte, also die einzelnen Mitglieder, die es im Bezirk gibt. Da werde ich vielleicht als Amtsleiter alle zehn Jahre mal zu einer kleinen Veranstaltung eingela-den, ansonsten haben die Nachbarschaftsprojekte zum Sozialamt keine Kontakte.Ich kann mich in 20 Jahren Diskussion von Sozialamts-leitern in Berlin nicht erinnern, dass jemals der Nachbar-schaftsverband oder Nachbarschaftsprojekte ein Thema gewesen wären. Insofern, wenn ich sozialraumorientiert denke, Stadtteilzentren oder Nachbarschaftszentren im Bezirk haben keine Kontakte zum Amt, da wäre, was das Profil angeht, möglicherweise etwas nachzuholen. Aber, wie gesagt, die Bezirke sind natürlich unterschied-

lich. Das hat man auch in Tempelhof bei der ufafabrik gesehen. Ohne Ulf Fink hätte es nie eine Förderung gegeben. Insofern kann ich solche Entscheidungen nachvollziehen, aber wenn hier beispielsweise gesagt wird, wir wollen die Finanzmittel von Bezirken und Senat zusammenlegen, dann sehe ich bei der Historie wenige Chancen.Was ich bestätigen kann, ist, dass ich auch von meiner früheren Aufgabe her natürlich einzelne Mitgliedsorgani-sationen kenne, dass aber der Verband als solcher mir in den letzten 20 Jahren nicht aufgefallen wäre.Ich kann nicht beurteilen, wie der Verband tatsächlich sein Profil sieht. Aber ein Profil für Berlin, sowohl auf Senatsseite als auch auf bezirklicher Seite, ist vielleicht ein Thema.Und wenn ich mir anschaue, welche Mitgliedsorganisati-onen Sie haben, dann habe ich den Eindruck, dass der Schwerpunkt doch bei Kindern und Jugendlichen, viel-leicht auch bei den Migranten liegt.

Wir betreiben als Sozialamt zehn kommunale Kiez-Clubs mit 220.000 Besuchern im Jahr. Unsere Problematik ist, dass wir feststellen bei den älteren Menschen, wir haben einen Generationswechsel und das, was in den letzten 20 Jahren üblich war, ist mit der neuen Generation gar nicht mehr üblich. Wie erreichen wir ältere Menschen? Bei uns im Bezirk sind 30% der Bewohner älter als 60 Jahre. Wir haben deswegen ein Konzept entwickelt zur Förderung des bürgerschaftlichen Engagements und haben das Thema „Gesund alt werden in Treptow-Köpe-nick“. Die Damen in Treptow-Köpenick haben ohnehin schon in Berlin die höchste Lebenserwartung, die Män-ner erst die zweithöchste nach Steglitz-Zehlendorf. Und wir wollen uns eigentlich dem Thema demografischer Wandel zuwenden und der Frage, wie wir es erreichen, dass ältere Menschen gesund alt werden. Dazu gehören ja die Themen gesunde Ernährung, Bewegung und sozi-ale Kontakte. Das ist unser Schwerpunktthema für die nächsten Jahre.Ich weiß nicht, wie hier im Verband oder in den Mitglieds-organisationen dieses Thema behandelt wird. Aber ich sehe dieses Thema in Berlin bisher unterentwickelt

Vortrag und Diskussion / Jens Meißner

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Stefanie Kraehmer: Recht herzlichen Dank für die Ein-ladung zu Ihrer Jahrestagung. Ich bin von Frau Monteiro gebeten worden, einen Blick von außen zu wagen mit einem gewissen zeitlichen und räumlichen Abstand und eigentlich von einer anderen Rolle, als ich sie bisher viel-leicht auch in Berlin wahrnehmen konnte.

Ich war vor einigen Jahren Stadträtin im Bezirk Berlin-Lichtenberg, da in gewisser Weise auch zuständig für die Dinge, die Sie hier gemeinsam tun, dann viele Jahre im Berliner Abgeordnetenhaus, dort über viele Jahre auch Vorsitzende des Sozialausschusses. Nun bin ich gewissermaßen in einer anderen Rolle, von außen, als Professorin und Prorektorin einer Hochschule, die unter anderem in etlichen sozialen und gesundheitlichen Studi-engängen zukünftige Sozialarbeiter und Sozialarbeiterin-nen ausbildet, also zukünftige Kollegen/innen von Ihnen.Meine jetzige Rolle erlaubt mir, darüber bin ich ganz froh, auf eine politische Würdigung Ihrer Arbeit zu verzichten, auch darauf, dass das Land Berlin seit Jahren viel Geld in die Strukturen dieser Arbeit steckt. Dass ich Ihre Arbeit immer geschätzt habe versteht sich von selbst. Mir geht es vielmehr darum, einige Aspekte zu betonen, die ich aus der Sicht von draußen Ihnen ganz gerne mit auf den Weg geben möchte, Ich habe mich bei der Einladung auch gefragt, was Nach-barschaftshäuser oder Stadtzentren in einer Stadt wie Berlin sein sollen und wollen. Vorhin ist jemand zitiert

worden, den ich auch seit vielen Jahren kenne - Herrn Zinner. Ich möchte auch Herrn Zinner zitieren, ich habe im Netz einen Artikel über ein Grundlagenpapier von Ihnen aus dem Jahr 2004 gefunden, das Netz ist ja unendlich auskunftsfähig. Dort haben Sie aus meiner Sicht sehr prononciert beschrieben, was Stadtteilzent-ren und Nachbarschaftshäuser sein sollen. Ich denke, das ist noch mal Grund, sich darauf zu besinnen: „Orte, die sensibel sind für Probleme, die die Selbstorganisa-tion fördern, Orte der Kommunikation und Kultur, Orte, wo bürgernah, transparent, selbstständig und innovativ gearbeitet werden soll, Orte, in denen die Zusammenar-beit mit privaten Einrichtungen in einem Netzwerk orga-nisiert werden soll.“Ich finde, das sollen sie aus meiner Sicht auch heute noch sein, obwohl der Zeitraum von 2004 bis heute eine geschichtliche Entwicklung hervorgebracht hat, die noch kritisch zu betonen ist.„Orte, an denen Menschen zusammenfinden sollen, die sich selbst und andere dazu bringen, etwas in einem Gemeinwesen zu organisieren.“ Das ist die Kernauf-gabe, die wir zu diskutieren haben und uns auch zu fra-gen haben, ob das, was hier in Berlin und anderorts in den letzten Jahren dazu getan wurde, die richtigen Wege, die richtigen Instrumente und Mittel gewesen sind, solche Orte entstehen zu lassen.

„Wie kann man solche Orte überhaupt entstehen las-sen, am Leben erhalten, sich entwickeln lassen, ohne sie zu überfrachten mit der Vorstellung, dass sie der Ort sein sollen, um soziale Probleme vor Ort lösen zu können? Oder dass sie sich im Wettbewerb miteinan-der oder manchmal auch gegeneinander um die Finanz-töpfe ständig ihre eigene Erfolgsstory schreiben?“ Das erinnert mich sehr an meine Berliner Zeit. Immer wenn es im Berliner Abgeordnetenhaus darum ging, Haus-haltspläne für die nächste Zeit zu verabschieden, entwi-ckelten die Stadtteilzentren und Nachbarschaftshäuser - wie alle anderen Trägerstrukturen im Land - natürlich enorme Bemühungen, in Kontakt zu den jeweiligen politi-schen Akteuren genau das unter Beweis zu stellen, was eigentlich ihre Aufgabe ist, und das mussten sie in einer

manchmal nicht sehr schönen Art und Weise tun, denn es galt in Berlin die Regel: Wer das Geld gibt bzw. wer zahlt, der bekommt auch, was er haben will - oft war eine fachlich kritische Diskussion darüber, was Stadtteilzen-tren und Nachbarschaftshäuser leisten können und wo Grenzen sind, zu wenig geführt.In der Gemeinwesenarbeit ist und sollte das Geld aus meiner Sicht eine Ressource zur Gestaltung sein, auch um weitere Ressourcen und wiederum Geld überhaupt erwirtschaften zu können. Wir haben seit geraumer Zeit in Berlin und anderswo mit Organisationsstrukturen zu tun, die eine gewisse Organisationssteuerung mittels Kennzahlen hervorgebracht haben, die natürlich eine Frage nie beantworten konnten: wie kann man überhaupt einen Erfolg von Gemeinwesenarbeit oder Gemeinwesen-arbeitern und Gemeinwesenarbeiterinnen messen? Mit Kennzahlen und mit einer Organisationssteuerung, die diesen Kennzahlen zugrunde liegt?

Entwicklungstrends, Vergleiche mit anderen Akteuren, das kann man sicherlich messen, aber bei solcher Kenn-zahlenbemessung und Finanzzumessung, wie wir es in den letzten Jahren hatten, geht es bei den einzelnen Akteuren immer um die Beschreibung der jeweils eigenen Erfolgsstory und nicht um das gemeinsame Ganze.Die Wissenschaft hilft uns da eigentlich auch nicht wei-ter. Im Bereich der Nachbarschaftsarbeit oder Stadt-teilarbeit, Quartiersmanagement, Gemeinwesenarbeit finden wir kaum vergleichbare, auf sich hin arbeitende Akteure, die mit dem Ziel forschen, eine kritische Bewer-tung und eine kritische Bestandsaufnahme dessen, was in den letzten Jahren passiert ist, zu wagen.Wir haben doch immer drei Stränge, die sich seit Jahren aus meiner Sicht in der Diskussion widerspiegeln: Der virulente Streit um Sozialraumorientierung in der Jugend-hilfe, betrifft zum Teil natürlich auch die Nachbarschafts-häuser - jedenfalls die größeren, da sie inzwischen auch so was wie lokale Wohlfahrtsverbände sind, Wir haben den zweiten Strang: Quartiersmanagement, soziale Stadt, in Verbindung mit stadtsoziologischen Themen, die Sie auch alle aus Berlin gut kennen. Dort scheint es mir auch in der wissenschaftlichen Debatte

in den letzten Jahren viel zu sehr um die planerische Orientierung genau dieser Arbeit gegangen zu sein. Die wissenschaftliche Reflektion, dieser Ansatz von sozial-ökonomischen Stadtbeschreibungen und stadtsoziolo-gischen Problembeschreibungen war sicherlich wichtig und auch hilfreich für Berlin, hat aber nie dazu geführt, dass eine Verbindung zwischen dem ersten und dem zweiten Strang im Sinne von Synergien tatsächlich mög-lich gewesen ist.Und wir haben den dritten Strang, den ich aus meiner Sicht auch stärker in Zukunft betonen würde, nämlich den demokratiepädagogischen Strang von vielen Akteu-ren, die das Thema bürgerschaftliches Engagement und Partizipation in den Vordergrund stellen, und in vielen kleineren Aktionen in Stadtteilbüros und mit anderen Formen der Zusammenfindung im jeweiligen Stadtteil durchaus Gemeinwesenarbeit in einem anderen Ver-ständnis organisieren und zukünftig sicherlich eine grö-ßere Bedeutung gewinnen sollten.Die drei Stränge, in denen sich die Wissenschaft bewegt, werden sich nicht in den nächsten Jahren auf einen Kon-sens einigen können, deshalb glaube ich, sollten Sie die Neuorientierung, die Neuausrichtung und das Zukunfts-bild Ihres eigenen Verbandes schärfen können.

Mir fallen dazu auch drei Themen ein, die ich wichtig finden würde.

Erstens darüber nachzudenken, wie Gemeinwesenarbeit im Stadtteil Ressourcen so erschließt und neue Zusam-menhänge stiften kann, dass sie die klassische Form von Sozialarbeit als maßnahmebezogener Intervention in Lebenszusammenhängen der Lebenswelt nicht mehr als das Vordergründige betrachtet, sondern die Ressour-cen, die im Stadtteil sind, bezogen auf die konkreten Lebenssituationen der Menschen im Blick hat.

Zweitens: Das Bemühen, soziale Verantwortung zu rein-tegrieren in lebensweltliche Kontexte, das – finde ich – kann per se nicht falsch sein und ist auch nicht als Ersatz für sozialstaatliche Verantwortung zu verstehen. Da geht es aus meiner Sicht darum, diese Überwindung

Fit für die Zukunft!?Innen- und Außenblicke auf den Verband

Referat Prof. Dr. Stefanie Kraehmer

Vortrag und Diskussion

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Jahrestagung Stadtteilarbeit 2012 Fit für die Zukunft 1514

Ellis Huber: Ja, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herz-lichen Dank für die Möglichkeit, Ihnen einen Blick von außen aus der Problemlandschaft des Gesundheitswe-sens geben zu können. Ich gehe davon aus, dass Sie in der Zukunft zu einem wesentlichen Träger der Gesund-heitsversorgung in unserem Land werden müssen.

Mein eigenes berufliches Leben ist von der Leidenschaft geprägt, das Gesundheitswesen so zu verändern, dass es nicht den Kapitalinteressen, sondern den Bedürfnis-sen der Bevölkerung dient. Denn der Arzt dient nach dem Paragrafen 1 der Bundesärzteordnung der Gesund-heit des einzelnen Menschen und der gesamten Bevöl-kerung. Er hat also zu integrieren zwischen individuellem Wohl und allgemeinem Wohl.Als ich 1981 Gesundheitsstadtrat in Wilmersdorf wurde, unterstützte ich die Selbsthilfeförderung und entwickelte ein Konzept für das frühere Krankenhaus in der Albrecht-Achilles-Straße, das dann die Selbsthilfekontaktstelle SEKIS und die NAKOS-Einrichtungen aufnahm. Damals lernte ich Georg Zinner und das Nachbarschaftsheim Schöneberg kennen. Und schon damals hatte ich das Empfinden, dass diese bürgerschaftlichen Zentren mehr Gesundheit produzieren, als die meisten medizinischen Institutionen und Einrichtungen.Diese Einschätzung bestätigt sich heute in zweierlei Hinsicht. Zum einen gibt es grundlegend neue Erkennt-nisse der Medizin als Wissenschaft, zum zweiten gibt

des klassischen Anstaltsparadigmas, sei es im Bereich der Betreuung von älteren Menschen, von Pflegenden, aber auch von Jugendlichen, dahingehend zu überwin-den, dass man diese unterschiedlichen Akteure mitein-ander denkt und in Verbindung bringt und diesen Ansatz als Reintegrierung in die lebensweltlichen Kontexte nut-zen lernt. Die Ressourcen, die damit eröffnet werden, sollten auch nicht als Rückfall in deregulierte, private Zuständigkeiten verstanden werden – sondern als Ergän-zung. Beides gehört aus meiner Sicht eng zueinander.

Drittens: Was bringt eigentlich Menschen dazu, sich selbst und andere zu engagieren? Ich habe bei diesem Punkt immer ein Bild im Kopf gehabt, was mich lange beschäftigt hat, nämlich diese unzähligen ABM-Maßnah-men nach der Wende im Osten Deutschlands, wo fast flächendeckend in der Region, in der ich lehre, nämlich in Mecklenburg-Vorpommern, tausende von DM und Euro in die Gestaltung von Dörfern und Gemeinden geflossen sind. Und immer dann, wenn die Finanzierung beendet war, gab es auch keinen mehr, der sich darum bemühte, das, was man selbst mit den eigenen Händen aufgebaut hatte, weiterzuführen und sich weiter daran zu erfreuen und auch diese Dinge weiter zu entwickeln. Das hatte Gründe. Ich denke, die liegen auch in der Geschichte der Finanzierung vieler sozialer Arbeitsansätze, die man eben überdenken sollte.

Ich glaube, dass Personen in Stadtteilen, Kommunen oder Kiezen bestimmte Sozialcharaktere sein sollten, eine gewisse charismatische Aufgabe auch für Stadt-teile einnehmen sollten, weil diese Identifikation über Einzelne in Stadtteilen etwas ist, was vielerorts gezeigt wurde, was eine hohe Identifikationsmöglichkeit für andere bietet, wenn jemand mit Vorbildfunktion und mit vorbildlichen Vorstellungen von der Gestaltung von Gemeinwesenarbeit, ohne vielleicht auf die Finanzierung zu achten, Möglichkeiten des gemeinsamen Gestaltens des Gemeinwesens vor Ort bietet.Das sollten in der Regel auch Menschen sein, die im Sinne von Entrepreneurs Ideen vorantreiben können. Neue soziale Akteure mit innovativen Ideen und anderen

Finanzierungsquellen werden dringend gebraucht, um eine Attraktivität der Kommunen und eine Lebensqualität für Bürger auch in Zukunft sicherstellen zu können. Auch die wohlfahrtsstaatlichen Träger werden diesen Entwick-lungsprozess nicht kompensieren können, da auch sie weitestgehend subventioniert arbeiten.Social Entrepreneurs könnten vor diesem Hintergrund – wie anderorts auch – eine aktivere Rolle im Gemein-wesen einnehmen und mit den anderen Akteuren der Sicherung der öffentlichen Daseinsvorsorge zukünftig eine wichtige Funktion einnehmen. In diesem Prozess sollten aus meiner Sicht die Stadtteilzentren und Nach-barschaftshäuser eine wichtige Rolle spielen.Das eröffnet nämlich, was auch viele Beispiele aus ande-ren Ländern gezeigt haben, die Suche nach den jeweils gemeinwesenorientierten Ressourcen, die dann auch erst offen gelegt werden. Das sind Schätze, die man auf diese Art und Weise heben kann, die neue Kombinati-onen möglich machen, um eine Lebensqualität in dem jeweiligen Stadtteil überhaupt erst entstehen zu lassen.

Drei Ansatzpunkte, drei Möglichkeiten, um anders als bisher Ihre Arbeit zu denken, Ihre Arbeit zu überlegen, Ihre Arbeit zu gestalten. Letztendlich glaube ich, dass ein Stück weit in Berlin auch die Diskussion und die Zeit reif dafür ist, diesen Mut zu haben, diese neuen Diskussionsstränge zu organisieren, in der Diskussion sich offen zu Wort zu melden, damit diese Diskussion möglich ist, und ein Stück weit dafür zu sorgen, dass der Blick von außen und von innen eine kritische Reflektion dessen, was Sie in den letzten Jahren gemacht haben, überhaupt erst möglich macht. Danke schön!

Willy Eßmann: Vielen Dank, Frau Kraehmer! Und ich bitte Herrn Dr. Ellis Huber, seine Sicht auf die Dinge darzulegen.

es grundlegend neue Strategien in der Umsetzung einer modernen, die Gesundheit der Menschen wirklich för-dernden Gesundheitsversorgung.Das Gesundheitssystem in Deutschland ist ja ein mächti-ger wirtschaftspolitischer und gesellschaftspolitischer Fak-tor. Die Gelder, die die gesetzliche Krankenversicherung für die Gesundheitsversorgung zur Verfügung hat, sind in ihrer Größenordnung in etwa identisch mit dem Gesamtvolumen aller kommunalen Haushalte und der Haushalte der Bun-desländer. Das ist nicht gerade wenig Geld!Die Armut der öffentlichen Haushalte ist bekannt. Die Krankenkassen aber sollen im Geld schwimmen. So viel sind die gegenwärtig vorhandenen 22 Milliarden an Rücklagen aber nicht. Das entspricht etwa 300 Euro pro Krankenversicherten und damit kann man nicht viel anfangen, wenn jemand krebskrank geworden ist.Wo liegen die Probleme, die heute in der Gesundheits-versorgung bewältigt werden müssen? Wenn wir hier in Berlin mit der U-Bahn von der Krummen Lanke zur Warschauer Straße fahren, sinkt die durchschnittliche Lebenserwartung der Einwohnerschaft im Umkreis der einzelnen Stationen um zwei bis drei Monate. Die Gesundheitsberichterstattung des Landes Berlin belegte nämlich im Jahr 2001, dass es eine geringere Lebens-erwartung von sieben Jahren bei Männern und Frauen in Kreuzberg im Vergleich zu Zehlendorf gab.Wenn ich als Krankenkassenchef schaue, woran die Men-schen leiden, die das medizinische Versorgungssystem aufsuchen, dann kann ich das bei einer Krankenkasse mit jüngeren Versicherten genau beschreiben. Der morbi-ditätsbasierte Risikostrukturausgleich definiert nämlich Bevölkerungsgruppen, für die es eine jährliche Kauf-kraftsumme als Zuweisung an die Krankenkasse gibt. Am häufigsten ist bei den Krankheitsgruppen gegenwär-tig die Depression, am zweithäufigsten die Angst, am dritthäufigsten der hohe Blutdruck, am vierthäufigsten der Rückenschmerz, dann kommen Wahn und Psychose und schon an zehnter Stelle kommt ADHS, also dieses Hyperaktivitätssyndrom der Kinder und Jugendlichen.

Ich frage Sie nun ganz nüchtern: Was hilft mir da die moderne Medizin? Alle die Probleme, die gegenwärtig

Fit für die Zukunft!?Innen- und Außenblicke auf den Verband

Referat Dr. Ellis Huber

Vortrag und Diskussion / Prof. Dr. Stefanie Krähmer

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Jahrestagung Stadtteilarbeit 2012 Fit für die Zukunft 1716

in Krankenhäuser oder in Arztpraxen getragen werden, sind eher Symptome eines Zerbrechens des sozialen Bindegewebes, sind Symptome einer sozialen Erkran-kung und nicht Defizite auf der Ebene von Zellen, Orga-nen oder individuellen Körpern.

Die Gesundheitsversorgung der Zukunft benötigt daher eine andere Orientierung: nicht die Reparatur von Kör-permaschinen, sondern die Gestaltung von sozialen Lebenswelten muss künftig glücken. Lebenswelten wer-den gebraucht, in denen der Einzelne das Empfinden und die Sicherheit haben kann: ich komme mit meinem Leben klar, ich blicke bei den Verhältnissen, so wie sie sind, durch. Was wir in unserem Leben tun und machen, hat auch seinen Sinn und wir sind dabei nicht allein. Das sind die zentralen gesundsheitsproduzierenden Kräfte in unserer Gesellschaft.Soziale Kohärenz wird also zur Versorgungsaufgabe der Zukunft. Und inzwischen beweisen die Neurobiolo-gie und die Hirnforschung, dass das Gehirn nicht, wie wir früher dachten, ein Computer wäre, den man pro-grammieren kann. Das Gehirn ist auch kein Muskel, den man trainieren kann. Das Gehirn ist ein soziales Organ. Und in diesem Gehirn werden Erfahrungen eingraviert und festgeschrieben, die sich als Haltungen deutlich machen, die mit den individuellen Erlebniswelten unmit-telbar verwoben und verbunden sind.Der Rückenschmerz ist ein im Gehirn festgeschriebe-nes Haltungsphänomen, von dem besonders Menschen betroffen sind, die immer aufrecht im Leben stehen und sich kämpferisch durchsetzen müssen. Rücken-schmerzen haben „Hans-Dampfe-in-allen-Gassen“ oder 100.000 Volt-Persönlichkeiten, Menschen also, die immer gebraucht werden müssen, selbst aber nieman-den brauchen dürfen. Persönlichkeiten also, bei denen ein Gleichgewicht zwischen Aggression nach außen und innerem Vertrauen, sich auch mal fallenlassen zu kön-nen, nicht gegeben ist.Es steht also eine programmatische Neuorientierung in den Theoriebildern der Medizin an. Neue Erfahrungen macht man durch konkretes Erleben. Und wenn Bezie-hungsverlust oder so eine Art kontaktreiche Beziehungs-

losigkeit als Grundbefindlichkeit unserer Gesellschaften am meisten Störungen produziert, müssen wir Einrich-tungen entwickeln, die individuelle und soziale Beziehun-gen stärken und den Menschen das Empfinden geben, sie sind dabei und sozial eingebunden.Die Methoden der somato-psychischen Heilverfahren haben das längst begriffen: Feldenkrais oder Yoga vermitteln, wie das Erleben des eigenen Körpers das Gehirn verändert. Wir können alltägliche Depressionen mit körperlicher Betätigung viel besser bekämpfen als mit trizyklischen Antidepressiva. Ich habe das mit einem Buchtitel mal auf den Punkt gebracht: „Liebe statt Valium. Konzepte einer neuen Gesundheitsreform.“1986 hat die Weltgesundheitsorganisation in der Ottawa-Charta zur Gesundheitsförderung diese program-matische Neuorientierung festgeschrieben. „Gesund-heit wird von den Menschen selbst geschaffen“, heißt es dort, eben dort, wo sie leben, arbeiten, sich lieben, ihre Freizeit gestalten und ihre Beziehungen knüpfen. Gesundheit entsteht dadurch, dass Menschen für sich selbst und für andere sorgen können, dass sie sich beteiligt fühlen und eingebunden sind in soziale Bezüge, und dass die Gesellschaft, in der sie leben, ihnen die Möglichkeit gibt, ihr eigenes Leben besser meistern zu können.Die Gesundheitsversorgung von morgen ist danach eine Bildungsaufgabe. Der Herzinfarkt ist kein Pumpende-fekt mit verstopften Röhren, sondern ein Signal für den Verlust an sozialer Bindung. Wenn wir den Herzinfarkt weniger häufig machen wollen, müssen wir in den allge-meinbildenden Schulen den Kindern beibringen, wie sie mit sozialen Konflikten produktiv und konstruktiv umge-hen können.Gesundheitskompetenz für Bürgerinnen und Bürger zu stärken, das ist die Aufgabe einer Medizin der Post-moderne, die sich jetzt in der Theorie und in der Praxis herausbildet. Die bestehenden Systeme, um die es da geht, werden dieser neuen Gestaltungsaufgabe nicht gerecht. Die Kassenärztliche Vereinigung in Berlin hat überhaupt kein Verständnis für die soziale Bezogenheit der Krankheitsprobleme und der Gesundheitsproduk-tion. Und Krankenhäuser bekommen auch selten mit,

woran Menschen wirklich erkranken. Von daher bedarf es neuer Strukturen und eines neuen Selbstvertrauens, um die Aufgaben der Gesundheitsversorgung in der Zukunft stemmen zu können. Es geht um die Entwick-lung von integrierten psychosozialen und sozio-kulturel-len Ertüchtigungssystemen, die dem einzelnen Bürger von der Geburt bis zum Tod helfen, das Leben besser zu meistern.

Vor diesem Hintergrund werden Nachbarschaftsheime zu den Gesundheitszentren der Zukunft. Sie tragen dazu bei, dass individuelles und soziales Leben glücken und sich entfalten kann. Zum Schluss komme ich auch zum Geld: Die Gesetzliche Krankenversicherung hat 2.600 Euro pro Bürger/in als Kaufkraftsumme zur Umsetzung einer Gesundheitsversorgung jährlich zur Verfügung. Leben 10.000 Menschen in einem Stadtteil, sind das 26 Millionen Euro, leben 100.000 Menschen in einem Bezirk, sind das 260 Millionen Euro. Von diesen Mitteln fließen gegenwärtig gut 20 bis 30% in Prozesse und Pro-zeduren, die weder heilen, noch helfen, noch pflegen. Sie sind schlichtweg Ressourcenvergeudung.Wenn wir zielorientiert und konsequent eine moderne Gesundheitsversorgung als Herstellung von psycho-sozi-aler Gesundheit begreifen und umsetzen, können auf diesem Weg eben diese Finanzierungsvolumina genutzt werden. Dafür brauchen wir aber eine neue Kultur von Vertrauen und Kooperation zwischen den Kostenträgern und den Versorgern. Denn am meisten Geld verlieren wir, Herr Hinte hat das bereits angesprochen, in dieser Kon-trolletti-Mentalität, in diesem Überwachungswahn, der auf der Kostenträgerseite eine hemmende Rolle spielt. Und gleichzeitig haben wir auf der Versorgerseite auch zu wenig Sicht auf die sozial verantwortliche Gestaltung des eigenen Tuns, da stehen Ärzte nur paradigmatisch als Profession im Zentrum. Das Handeln in sozialer Ver-antwortung ist Aufgabe aller gesundheitlichen und sozi-alen Berufe.Es liegt nicht am fehlenden Geld, wenn das Gesundheits-wesen Mängel aufweist, es liegt am fehlenden Selbstver-trauen und an der fehlenden sozialen Verantwortlichkeit von Menschen, die für die Gesundheitsversorgung Ver-

antwortung tragen und Verantwortung übernehmen. Den Ökonomen ist das längst klar. Leo A. Nefiodow sagt, der nächste Kondratieff, also der nächste gesellschaftliche wie wirtschaftliche Aufschwung nach der jetzigen Finanz-wirtschaftskrise wird als Basisinnovation psycho-soziale Gesundheit benötigen. Also, die Gesellschaften, die mit einem optimierten Mitteleinsatz ein Optimum an psycho-sozialer Gesundheit erreichen, werden Vorteile haben, wachsen und aufbrechen können.Psycho-soziale Gesundheit meint eben nicht, wie Organe und Zellen funktionieren. Psycho-soziale Gesundheit meint, wie Menschen zusammen ihr Leben gestalten und ihre Lebenswelten bauen. Vor diesem Hintergrund wäre meine gesundheitspolitische Perspektive ein Kampf dahingehend, dass der Verband für sozial-kultu-relle Arbeit die Kassenärztliche Vereinigung von heute in der Zukunft ersetzt (Gelächter) und mit dafür Sorge trägt, dass in den Lebenswelten der Bezirke interdiszipli-näre Gruppen die Versorgungsaufgabe übernehmen. Es geht darum, dass eine gute Gesundheit für die Bürger/innen auf ihren Lebenswegen und ihren Lebenswelten ermöglicht wird. Und das heißt: nicht ein bürokratisches Verwaltungsprinzip hat Zukunft, sondern ein Prinzip, dass die Selbstorganisation des bürgerschaftlichen Engagements als zentrale Gesundheitsressource dieser Gesellschaft erkennt und begreift. Danke!

Willy Eßmann: Vielen Dank, Herr Huber! Ich möchte jetzt Birgit Monteiro bitten, uns ihre Erfahrungen aus ihrer Rundreise in verschiedene Nachbarschaftseinrichtun-gen mitzuteilen.

Vortrag und Diskussion / Ellis Huber

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Birgit Monteiro: Ich bin seit 01.05.2010 die Geschäfts-führerin des Verbandes für sozial-kulturelle Arbeit. Rückenschmerzen, Herr Huber, erlebe ich eher, wenn ich meine, einer Rolle gerecht werden zu müssen. Das erlebe ich öfter in meiner Rolle als Politikerin, in meiner Rolle als Geschäftsführerin des Verbandes zum Glück eher nicht. Da kämpfe ich eher mit den Arbeitserforder-nissen und Herausforderungen, aber ich bin dort ich – insofern wenig Rückenschmerzen.Wir hatten in den letzten zwei Jahren sehr viele Struk-turaufgaben zu bewältigen. Jetzt, wo die zu einem ganz guten Abschluss gekommen sind, dachte ich, ist der rich-tige Moment, auch noch mal so eine Bestandsaufnahme zu machen, um noch mal mit neuem Schwung dann an die Aufgaben gehen zu können. Ich kenne natürlich all die Erwartungen, all die Konzepte, auch Bedarfe, die es für das Wirken des Verbandes gibt, aber möchte beschrei-ben, in welchen Rahmenbedingungen ich agiere.Aus zwei mach einen – das war die erste Strukturauf-gabe. Das war vielleicht bei den Eingangsreferaten dadurch ein bisschen schwer zu unterscheiden, dass wir ja eigentlich bis Ende letzten Jahres zwei Verbände hatten, nämlich den Verband für sozial-kulturelle Arbeit, Landesgruppe Berlin e.V. und den Bundesverband. Beide hatten nicht allzu viel Geld bzw. Ressourcen, weshalb es sich anbot, aus zwei, die wenig Geld haben, einen zu machen, der wenig Geld hat, aber etwas konzentrierter dann arbeiten kann.

Einige Berliner Mitgliedsorganisationen waren schon immer Mitglied im Bundesverband, die meisten wurden es aber erst im Zuge der Zusammenführung der beiden Verbände.Damit verbunden war die zweite Strukturaufgabe, denn die Landesgruppe war gleichzeitig aus historischen Grün-den Träger sehr vieler Projekte geworden, die gar nicht direkt im Zusammenhang mit der Verbandstätigkeit stan-den, Outreach Mobile Jugendarbeit, Network, Schüler-clubs, Schulsozialarbeit. Diese Projekte haben wir in eine Gesellschaft übergeleitet, in die Gesellschaft für sozial-kulturelle Arbeit, die wir inzwischen gegründet hatten und die das erste Jahr gerade bestanden hat, den Jahresab-schluss gerade vorgelegt und bestätigt hat.Außerdem gibt es im Bundesverband noch als juristische Person den Landesverband Nordrhein-Westfalen, aber da ruht die Tätigkeit eher. Es gibt informelle Runden der Nach-barschaftshäuser in Hessen, jetzt mit unseren Mitgliedsor-ganisationen, und eine größere Gruppe in Bremen.

Ich habe hier mal die Mitgliedsorganisationen nach Bun-desländern geordnet, also in Berlin die größte Anzahl, 38, Nordrhein-Westfalen 7, Hessen 4, Baden-Württem-berg 3, Brandenburg 1, Bremen 1, Mecklenburg-Vorpom-mern 1, Sachsen 1.Wenn man das noch ein bisschen anders ordnet, Berlin nach Ost und West, dann haben wir in den Ostbezirken 15 Mitglieder, in den Westbezirken 23, im Bund ohne Berlin im Osten noch mal 3, im Westen 15, gesamt 56 Mitglieder. Das ist die Situation.

Junge und alte Mitglieder: unser jüngstes Mitglied ist das Haus der Begegnung M3 e.V. in Berlin-Marzahn, 65 Jahre alt sind der Berliner Mittelhof, das Quäker Nach-barschaftsheim in Köln und das Nachbarschaftsheim Bockenheim in Frankfurt/Main. Mittelwert: 27,91 Jahre. Der Verband selbst: 61 Jahre, also auch hier eine unter-schiedliche Mischung.

Große und kleine Mitgliedsorganisationen: Unser größtes Mitglied ist das Nachbarschaftsheim Berlin-Schöneberg, nach der Kategorisierung des Zinner-Freier-Papiers Nach-barschaftsheim Plus und eigentlich müsste man noch

eine neue Kategorie einfügen: Plus Plus. Über 900 Mit-arbeiter, wir haben es schon gehört, von der Kita über das Nachbarschaftshaus bis zum Hospiz sehr viele Trä-gerschaften, die die Arbeit des Vereins tragen. Ich glaube, unsere kleinste Mitgliedsorganisation ist die Zukunfts-werkstatt Heinersdorf, auch hier aus Berlin, nach dem Zinner-Freier-Papier wäre das der Stadtteilladen, ein rein ehrenamtlich arbeitendes Team. Sie haben jetzt mit För-dermitteln eine alte Apotheke zum Nachbarschaftstreff umgebaut, die Miet- und Betriebskosten werden vom Bezirksamt Pankow übernommen. Sie haben einen sehr engagierten, gut vernetzten Vorstand mit einer tollen Öffentlichkeitsarbeit und 80 Vereinsmitglieder, also hier hat sich die Zahl der Mitglieder seit der Vereinsgründung fast verdoppelt.

Nach dieser Zusammenführung der Verbände, wir sind immer noch hier, nur ein bisschen anders. Der Verband ist ein bisschen größer geworden durch die Mitglieds-organisationen aus Berlin, die noch nicht im Bundes-verband waren. Andererseits sind wir auch noch recht klein. Aber auch das kann man bis zu einem gewissen Punkt positiv interpretieren. Man kann sich gegenseitig kennen, der persönliche Austausch ist möglich, ab einer gewissen Größe müsste man sich ja dann auch andere Organisationsprinzipien überlegen.Wir sind etwas weniger westlich geworden, etwas mehr östlich, aus Bundessicht berlinlastig. Das haben mir ver-schiedene Mitgliedsorganisationen bei meiner Besuchs-tour in der vorletzten Woche auch mit auf den Weg gegeben. Aus Berliner Sicht, von einigen, die vorher nur in der Landesgruppe waren, ist der Bund dazugekom-men. Wir sind jünger geworden, ärmer, was das Finanz-volumen der Jugendprojekte betrifft, denn die sind ja jetzt in der GskA. Und bezogen auf die Beitragseinnah-men, die früher zweimal im Jahr waren, gibt es jetzt nur noch einen Mitgliedsbeitrag, wodurch der geringfü-gig angewachsen ist, also in dieser Richtung sind wir auch reicher geworden. Ich denke, der Verband ist durch diese Strukturveränderung fokussierter und konzent-rierter auf die Verbandstätigkeit und kann jetzt vielleicht auch anders die Aufgaben anpacken.

Wichtigste Strukturaufgabe erledigt Bis zum 31.12.2011 gab es zwei Verbände: Verband für sozial-kulturelle Arbeit Berlin e.V. Verband für sozial-kulturelle Arbeit, Landesgruppe Berlin e.V.

Einige Berliner MO waren schon immer auch Mitglied im Bundesverband, die meis-ten wurden es aber erst im Zuge der Zusammenführung der beiden Verbände Jugendprojekte, Dienstleistungen etc. der LG wurden in gGskA überführtAußerdem gibt es noch einen Landesverband (als juristische Person in NRW, Tätigkeit ruht weitgehend)Informelle Runde der Nachbarschaftshäuser in Hessen Gruppe der Nachbarschaftshäuser in Bremen

Befragung von Mitgliedsorganisationen Aug.-Okt.2012Es haben sich 31 Mitgliedsorganisationen ( 55 %) von 56 beteiligt: Berlin: 19 von 38 (50%) Bund: 12 von 18 (66%), höhere Rückmeldequote wegen der Besuche vor Ort

GemeinschaftÜberzeugt vom Konzept der NachbarschaftsarbeitMitgliedschaft zur Stärkung des Verbandes und der eigenen Position- Vom Mitglied mit Beratungsbedarf zum Berater- Unabhängigkeit des Hauses stärken (Wiesbaden: Übernahmeversuche der Kommune abwehren)Vernetzung von ähnlichen Einrichtungen: Fachverbandviele MO auch im DPW Mitglied, dort keine FAG Stadtteilarbeit

In Ost & West, Jung & Alt Ost WestBerlin 15 23Bund (ohne Berlin) 3 15(NRW: 7, Hessen: 4, BW: 3, Brbg: 1, Bremen: 1, MV: 1, Sachsen: 1)Gesamt 18 3856 Mitglieder: 32% 68%

AlterHaus der Begegnung M3: 3 JahreMittelhof e.V., Berlin, Quäker Nachbarschaftsheim, Köln, Nachbarschafts-heim Bockenheim e.V., Frankfurt a.M.: 65 Jahre Altersdurchschnitt: 27,91 JahreJahreVerband für sozial-kulturelle Arbeit 61 Jahre

Vortrag und Diskussion

Fit für die Zukunft!?Innen- und Außenblicke auf den Verband

Jahrestagung Stadtteilarbeit am 22.10.2012

Referat Birgit Monteiro, VskA

Birgit Monteiro: Auszüge aus ihrer Präsentation

Jahrestagung Stadtteilarbeit 2012 Fit für die Zukunft 19

Page 12: Rundbrief 1-2013

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In Berlin werden wir oftmals wahrgenommen als die Gemeinschaft, die über den Stadtteilzentrenvertrag, jetzt Infrastrukturförderprogramm Stadtteilzentren, gefördert wird. Über dieses Infrastrukturförderprogramm werden zurzeit 49 Projekte gefördert. Ich habe sie hier aufgeführt: 12 Berliner Mitgliedsorganisationen, das sind immerhin 31%, also fast ein Drittel, werden aber nicht über das Infra-strukturförderprogramm Stadtteilzentren gefördert. Da gibt es unterschiedliche Interessen, die man auch benen-nen und ausgleichen muss.Der Hausmeister macht’s bzw. der Hausmeister macht den Unterschied, das war für mich so eine Erkenntnis aus der Besuchstour. Im Bundesgebiet bei kommunalen Förderungen habe ich so was noch erlebt, was ich hier in Berlin gar nicht mehr kenne, auch nie kennengelernt habe in meinem Berufsleben ab 2000, dass es tat-sächlich als geförderte Person im Stellenplan noch den Hausmeister gibt, Reinigungspersonal. Wir haben ja hier in Berlin zwar dieses vorbildliche Landesprogramm, aber ansonsten eine Finanzierungsstruktur über Projekte. Bei Projektförderungen ist der Hausmeister nicht vorgese-hen. Entweder nehmen Sozialarbeiter diese Aufgabe mit wahr oder wechselnde Mitarbeiter in Maßnahmen oder alle ein bisschen, also das ist einerseits vielleicht mal eine finanzielle Einsparung, andererseits kostet es aber auch Ressourcen, wenn Sozialarbeiter sich mit diesen organisatorischen Raumfragen, Raummanagement oder Reinigungstätigkeiten befassen müssen.Im Bundesgebiet ist mir noch aufgefallen, dass fast in allen Nachbarschaftshäusern die Angebote der offenen

Tür, also Kinder- und Jugendarbeit, noch in den Häusern selbst mit vor Ort sind. Das kenne ich hier auch nicht aus Berlin. Aber dafür fehlt die Komponente der Selbst-hilfe in Form unserer Selbsthilfekontaktstellen, die wir hier in Berlin sehr ausgeprägt haben, also dieses Mit-einander von Nachbarschaftsarbeit und Selbsthilfe. Ich glaube, das ist auch eine Stärke des Berliner Modells.

Zu den Arbeitsstrukturen: Wir haben in Berlin zwar nicht mehr die juristische Person Landesgruppe, aber wir haben unsere Geschäftsführersitzungen alle 2 Monate fortgesetzt. Das ist mehr als nur die Jahrestagung. Wir haben hier an erster Stelle das Kooperationsgremium Stadtteilzentren, wo Einlader die Senatsverwaltung für Soziales ist. Wir haben jetzt ein Arbeitsgremium, wo Mitgliedsorganisationen des Verbandes, der Verband und die Mitarbeiter der Senatsverwaltung an der Wei-terentwicklung der Arbeit beraten. Und wir haben ganz verschiedene Arbeitsgruppen, zum Beispiel Seniorenar-beit im Wandel, bezogen auf Nachbarschaftshäuser, zu Finanzen, zum Europäischen Fest der Nachbarn. Das ist eigentlich eine bewährte Arbeitsstruktur, wo auch immer viel passiert. Auf meiner Tour durch die Mitgliedsorgani-sationen im Bundesgebiet habe ich auch festgestellt, dass natürlich viele Themen dort genau so interessant sind und wir jetzt auch eine Möglichkeit finden, unsere Arbeitsergebnisse auch den anderen Organisationen mit zur Verfügung zu stellen.Wir haben im Bundesverband die Jahrestagung, Vor-standssitzung, Gesellschafterversammlung und im Bun-desgebiet auch Treffen der Mitgliedsorganisationen, auch wenn die juristische Person bzw. der Landesver-band Nordrhein-Westfalen nicht mehr so aktiv ist, trotz-dem treffen sich gerade auch die Kölner Mitglieder. Und es gibt Treffen von Nachbarschaftshäusern in Hessen, Nicht-Mitglied und Mitglied im Verband, da habe ich jetzt in diesem Jahr teilgenommen und werde das auch fortset-zen, weil das eine ganz gute Mischung ist und auch viele Erfahrungen dort vor Ort über Finanzierungswege gemacht werden, die für uns bestimmt auch interessant sind.In Vorbereitung der Tagung habe ich auch eine Befragung der Mitglieder durchgeführt. Bei dem relativ geringen

Rücklauf der Berliner muss man sagen, dass allerdings in dem Befragungszeitraum die sehr viele Anfragen von mir hatten und deshalb – im Sinne von Arbeitsverdich-tung – nicht jeder der Beantwortung nachgekommen ist, aber da wird bestimmt auch noch einiges nachgereicht, im Bundesgebiet konnte ich teilweise selbst die fehlen-den Auskünfte einholen.Wenn man fragt, warum sind Sie Mitglied, dann wird immer wieder dieses Gemeinschaftsgefühl hervorge-hoben und die gemeinsame Überzeugung vom Konzept der Nachbarschaftsarbeit. Man verspricht sich durch die Mitarbeit eine Stärkung der eigenen Position, aber auch des Verbandes. Viele haben geschildert, wie eine persönliche Entwicklung vonstatten gegangen ist vom Mitglied mit Beratungsbedarf zum Berater von ande-ren. Das habe ich auch früher als Mitgliedsorganisation selbst mit in Anspruch nehmen können und es immer als sehr wertvolle Ressource eingeschätzt.In Wiesbaden gab es mal Übernahmeversuche der Kom-mune, durch die Unterstützung des Verbandes fühlen sie sich da gestärkt in ihrer Unabhängigkeit.Es geht um Vernetzung, um Aufgaben eines Fachverban-des, viele Mitgliedsorganisationen sind parallel Mitglied im DPW, aber dort gibt es ja keine Facharbeitsgruppe Stadtteilarbeit. Für Berlin hatten wir das ja auch bewusst so gewünscht und vereinbart, weil hier die Kompetenz unseres Verbandes liegt.

Ja, die Liste der Erwartungen an den Verband ist natür-lich riesig: Fachverband der Stadtteilzentren sein, unter Einbeziehung von programmatisch nahen Einrichtungen wie Mehrgenerationenhäuser, Familienzentren, Nach-barschaftstreffs, Vernetzung, Information, gemeinsame Organisation von Fortbildungen, Austausch von Hospi-tanten oder Praktikanten, Fachaustausch zwischen Ein-richtungen, gemeinsame Projekte anregen und begleiten, Unterstützung bei der Weiterentwicklung von Konzepten und Projekten. Es geht auch darum, Anstöße für eine moderne Kiezarbeit zu geben, also auch da gemeinsam auch konzeptionell tätig zu werden.In jeder dieser Funktionen als Fachverband ist diese gemeinsame Interessensvertretung gewünscht, also

Groß und klein, Haupt- und Ehrenamt

Nachbarschaftsheim Schönebergmehr als 50 Projekte und Einrichtungen: von der Kita über das Nachbarschaftshaus Friedenau bis zum Hospizmehr als 1 Mio Besucher_innen 2011 in allen Bereichen (Zahl hat sich seit 1996 verachtfacht)930 hauptamtliche Mitarbeiter_innen 2011 (2003 waren es 412, seitdem verdoppelt), ca. 400 ehrenamtliche Mitarbeiter_innen

Zukunftswerkstatt Heinersdorf8 Projekte: Alte Apotheke, Dorffest, Geschichtswerkstatt, Insektenhotel, Politikstammtisch, Sozialkulturmarkt, Viertelmarathon, Weltspieltag)Alte Apotheke mit Mitteln der Deutschen Klassenlotterie, der GESOBAU-Stiftung, der IKEA-Stiftung zum Nachbarschaftshaus umgebautMiet- und Betriebskosten vom Bezirksamt Pankow übernommenehrenamtlich arbeitendes Team80 Mitglieder (Mitgliederzahl seit Gründungsversammlung 2007 fast verdoppelt), 7 Vorstandsmitglieder

Als Fachverband der Stadtteilzentren wird vom VskA erwartet:

unter Einbeziehung von programmatisch nahestehenden Einrichtungen: MGH, Familienzentren etc.- Vernetzung, Information (z.B. über neue Förderprogramme), Weiterbildung befördern- Qualifi zierung z.B. zur Öffnung von Kitas in den Stadtteil und zum Einbringen lokaler Ressourcen- Sammlung und Bereitstellung von Mustern (Raumnutzung, Vermietung)- Pool für Stellenausschreibungen, Austausch von Hospitant_innen, Praktikant_innen- Unterstützung beim Aufbau internationaler Kontakte, Vorbereitung von AustauschprojektenFachaustausch zwischen Einrichtungen, Unterstützung bei der Weiterentwicklung von Konzepten und Projekten, z.B. MGHsGemeinsame Identität stiften, Verbands-Wir-Gefühl stärkenGemeinsame Projekte von verschiedenen MO anregen, begleiten Anstöße für die Perspektiven moderner KiezarbeitSchaffung von Transparenz hinsichtlich vergleichbarer Problemstel-lungen in den HäusernBeratung von ehrenamtlichen Vorständen

Jahrestagung Stadtteilarbeit am 22.10.2012

Vortrag und Diskussion / Birgit Monteiro Jahrestagung Stadtteilarbeit 2012 Fit für die Zukunft 21

Birgit Monteiro: Auszüge aus ihrer Präsentation

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Willy Eßmann: Vielen Dank, Birgit Monteiro! Und ich sage: Willkommen Birgit Weber und bitte Dich, aus Dei-ner Perspektive einen Blick auf diesen Verband zu werfen.

Dachverband, Lobbyverband, Sprachrohr zu sein, Unter-stützung beim Umgang mit Zuwendungsgebern, bei Tarifanpassungen, Unterstützung in Krisensituationen, Fachvertretung, Koordination eines gemeinsamen Vorge-hens, Vernetzung, Information, Weiterbildung befördern.Die ersten zwei Punkte waren die am häufigsten genann-ten, jetzt noch weitere Punkte: Unterstützung beim Aufbau internationaler Kontakte, Vorbereitung von Aus-tauschprojekten, Stadtteilzentrenvertrag ist immer wie-der ein Thema, vor allen Dingen für die Projekte, die dort nicht gefördert werden, Geld, Förderung, da hatte ja der Verband früher auch mal eine andere Rolle, Ausbau der Landesverbände.Was können die Mitgliedsorganisationen für den Ver-band leisten? Da ist auch eine Menge Feedback gekommen, was wir auch noch mal auswerten und im nächsten Rundbrief darstellen werden. Ich glaube, wenn man sich die Struktur des Verbandes ansieht, dass tatsächlich die Ressourcen und das Potenzial in den Mitgliedsorganisationen stecken. Es gab auch schon verschiedene Ansätze, aber wir werden verstärkt daran arbeiten, wie man diese Ressourcen in den Mit-gliedsorganisationen für alle, also für den Verband ins-gesamt, nutzbar machen kann.Es gab sehr viele Angebote, die Gastgeberrolle für Jah-restagungen zu übernehmen. Es gibt Bereitschaft zu einer Beteiligung am Fachleute-Pool, das haben wir ja auch oft bei Fachveranstaltungen. Und es wird immer wieder auf die Multiplikatorenfunktion vor Ort verwie-sen.Vorhin hatte Herr Meißner gesagt, dass teilweise unser Verband gar nicht so wahrnehmbar ist. Ich hatte bisher immer so ein bisschen die Vorschriften des DPW belä-chelt, wo jeder bei Mitgliedschaft sofort ein Schild für die Tür und 100 Aufkleber bekommt und die Verpflich-tung eingeht, tatsächlich auf dem Briefbogen dafür zu werben und bei jeder Sache auf den DPW hinzuweisen. Aber das hat natürlich auch etwas mit der Wahrneh-mung als Dachverband zu tun. Wir haben als Verband für sozial-kulturelle Arbeit den Druck in dieser Hinsicht in den letzten Jahren eher gering gehalten, weil wir uns als fachlichen, freiwilligen und kollegialen Zusammen-

schluss verstehen. Aber man muss sagen, dass das eine Kehrseite hat, weil man dann weniger bekannt ist.Entwicklung von Pilotprojekten: Das war auch von Mit-gliedsorganisationen vorgeschlagen worden, die man dann für weitere nutzbar machen kann. Einbeziehung in regionale Strukturen: Das ist auch für uns sehr wichtig, aber auch dazu braucht es die persönliche Ebene, damit man tatsächlich die Einladung vor Ort erhält und sich dort einbringen kann. Verbindung zur Wissenschaft: Das ist auch wichtig, da gibt es verschiedene Ansätze, aber die muss unser Verband auf alle Fälle noch stärken.Ich habe das nur kurz dargestellt. Wir werden die ein-zelnen Punkte in dem Forum 4 noch mal vertiefen. Das sind Themen, die für den Rundbrief oder für weitere Jahrestagungen genannt werden, da gehen wir jetzt mal darüber hinweg und schauen uns das im Forum noch mal genauer an.

Wir haben jetzt die ganzen Aufgaben gehört und wir sprechen beim Verband von einer Jahresfinanzierung von etwas über 110.000 Euro. Grundfinanzierung 34.000 Euro über das Bundesfamilienministerium, dazu kommen Mittel vom Land Berlin, das ist hier noch die ursprüngliche Summe, die wurde noch mal aufgestockt, plus ergänzend DPW.

Folie Personal: Also wenn man die Mittel, die der Ver-band hat, übersetzt in Arbeitszeit bzw. in Arbeitsstun-den, dann ist man bei der Geschäftsführerin mit 30 Stunden, einer Referentin mit 35 Stunden und 2 Stun-den Buchhaltung. Man kann natürlich auch als Verwal-tung oder als Ministerium Wünsche und Erwartungen an einen Fachverband haben, aber das geht immer zusam-men mit der finanziellen Ausstattung. Mitgliedsbeiträge sind bei uns noch relativ gering, auch das können wir uns anschauen. Das ist aber auch bedingt, dass es für die Mitglieder immer schwerer wird, Mitgliedsbeiträge irgendwo finanziert zu bekommen.

Ich möchte zum Ende noch einen kleinen Ausblick geben: Das Machbare tun – das ist für mich das Credo. Und nicht alles kostet Geld, was man tun kann. Ich habe

gemerkt, wie wertvoll auch dieser Besuch der Mitglieds-organisationen im Bundesgebiet war, weil man die Men-schen persönlich ansprechen kann, ihre Probleme und ihre Fähigkeiten kennt, was ich jetzt ganz anders in die Verbandstätigkeit mit einbeziehen kann. Ich kann die Mitglieder gezielt ansprechen und auch thematisch mit einbeziehen.Für mich ist ein wesentlicher Ansatz, das Verbinden zu fördern, was nicht viel kosten muss. Wir haben in diesem Jahr zum ersten Mal das Europäische Fest der Nachbarn gemeinsam vorbereitet und begangen. Auch da ist gar nicht so sehr das Fest im Mittelpunkt mei-ner Überlegungen, sondern der Prozess, bevor das Fest stattfindet, nämlich gemeinsam nachdenken, Partner gewinnen. Da haben auch die Mitgliedsorganisationen im Bundesgebiet eine große Zustimmung signalisiert, sich dort zu beteiligen.

Ein ganz wesentlicher Punkt: Unterstützung und Nutzung regionaler Strukturen. Das ist ja ein gegenseitiger Pro-zess. Da werden wir auch noch mal Regionalgruppen befördern und versuchen, nach einer Konsolidierung auch weitere ins Leben zu rufen, zu unterstützen, lokale Ansprechpartner zu benennen.

Strategieentwicklung und Ressourcengewinnung zur Mitgliedergewinnung: Beim Berliner Landesverband war oftmals in einer gewissen Phase die Mitgliedschaft sehr eng mit einer möglichen Förderung verknüpft, wes-halb die Aufnahmestrategie relativ restriktiv war. Ich glaube, jetzt sind wir da offener für neue Mitglieder, die wir gewinnen können. Aber wir müssen uns als Verband natürlich überlegen, wie wir da genau vorgehen wollen.Verstärkte Nutzung sozialer Medien, Weiterentwicklung des Rundbriefes: Das war auch ein Anliegen vieler Mit-gliedsorganisationen. Natürlich müssen wir Anstren-gungen unternehmen, um die finanzielle und personelle Basis zu verbreitern. Da haben wir ja heute gute Anre-gungen erhalten. Also, wir sehen eine Fülle der Bedarfe und Aufgaben, die aber die derzeitige Finanzkraft und Kraft des Verbandes übersteigt. Aber diese schwierige Ausgangssituation begreife ich persönlich als Chance!

Als Vertreter gemeinsamer Interessen/ als Sprachrohr/ als Dach- und Lobbyverband soll VskA:

Unterstützung beim Umgang mit Zuwendungsgebern, bei Tarifentwick-lung, Vertretung gegenüber Politik , bei Krisen; Koordination eines gemeinsamen VorgehensProgramme für bisher nicht geförderte Projekte von MO öffnen

Was können und müssen die MO für den VskA leisten?Stärkung des Verbandes durch eigene und gemeinsame Aktionen- Gremienarbeit, Mitwirkung in thematischen Arbeitsgruppen- Bessere Information des Verbandes, Multiplikatorenfunktion- Einbeziehung des VskA in regionale Strukturen, Verbindung zu Wissenschaft und Vertretern vor Ort herstellen- Beteiligung an fachlicher Weiterentwicklung sozialraumorientierter sozial-kultureller ArbeitOrganisation von Internationalen Begegnungen/ Beteiligung an FachleutepoolBereitstellung von Räumen / Gastgeberrolle für JahrestagungenZahlung von Mitgliedsbeiträgen: Ist eine Anhebung mit Augenmaß möglich?Entwicklung von Pilotprojekten, die von anderen übernommen werden können (Sicherung Copyright)

Jahrestagung Stadtteilarbeit am 22.10.2012

Vortrag und Diskussion / Birgit Monteiro Jahrestagung Stadtteilarbeit 2012 Fit für die Zukunft 23

Birgit Monteiro: Auszüge aus ihrer Präsentation

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Jahrestagung Stadtteilarbeit 2012 Fit für die Zukunft 2524

Birgit Weber: Hallo, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich sage Kolleginnen und Kollegen, weil ich zwar seit 2001 nicht mehr beim Verband bin, aber mein Herz ist immer noch im Verband. Die Ziele, die wir 1996 formuliert haben, wo wir die Qualitätsstandards der sozial-kultu-rellen Arbeit niedergeschrieben haben, halte ich heute noch für total toll, wichtig und richtig.Gucke ich von außen oder doch noch von innen? Vor 20 Jahren wurde ich Geschäftsführerin des Verbandes und war das dann acht Jahre lang, später habe ich noch mal im Landesverband mitgearbeitet, als wir eine Fortbil-dung in der Sozialraumorientierung in Schöneberg-Nord gemacht haben. Von daher gab es auch in der Zwischen-zeit immer noch Kontakte, aber nicht mehr so intensiv, wie in den ersten acht Jahren meiner Tätigkeit.Als Birgit eben die Diagramme vorgestellt hat, da dachte ich, huch, es hat sich ja nicht so viel getan. Wir hatten damals 52 Mitglieder, heute sind es 58. Die finanzielle Situation war ähnlich. Die Verbände: auch in Hessen gab es diesen lockeren Verband, die haben es immer noch nicht geschafft, NRW war damals stär-ker, rebellischer, Bremen hatte noch einen Verband, der aber abgewickelt wurde, also da gab es auch ganz komische Tendenzen. In meiner Zeit hatten wir noch die Wiedervereinigung, auch die Frage der Ent-wicklungshilfe oder was wir im Osten machen. Das waren Themenstellungen, die damals anders waren als heute.

Was ich in den letzten Jahren mitgekriegt habe, da habe ich einmal gezögert, und zwar, als die Gesellschaft gegründet worden ist. Ich dachte: Was haben die denn jetzt vor? Als ich dann hörte, dass sie den Berliner Lan-desverband aufgelöst haben, dachte ich: Was ist das denn? Ich hätte eher erwartet, dass der Bundesverband aufgelöst wird, weil es so wenige Mitglieder gibt und ich den Verband auf der bundespolitischen Ebene auch nicht erlebt habe. Auch zu meiner Zeit waren wir einerseits zu feige, uns auf die Ebene zu begeben, andererseits gab es auch eine Stimmung, die transportierte, dass wir so gut sind, dass sie schon irgendwann auf uns zukommen werden. Es hat sich also irgendwie dazwischen bewegt, was nicht sehr förderlich für den Verband war.

Als ich beim Bundesverband anfing, gab es eine ähnli-che Situation. Der Bundesverband war genau 1992 nach Köln gezogen und mir wurde damals erklärt, dass der Verband sonst zu berlinlastig sei. Es hieß, wir müssen uns von Berlin lösen, weil die alles bestimmen und wir gar nicht zum Zuge kommen.Dann gab es den Umzug und wir sind in einem Altenheim in Köln gelandet, in der Slabystraße. Der Geschäftsfüh-rer, der den Umzug organisiert hat, hat gekündigt, als die Kisten in Köln ankamen. Als ich anfing, hatte ich die Situation, dass ich wusste, es gibt irgendwo die Berliner, die immer eine Nummer waren, aber es gab auf der anderen Seite so einen Wunsch, als Bundesver-band neu anzufangen. Das wurde sehr aus der Tradition erklärt und es gab ja auch ganz am Anfang der Zeit eine sehr enge, persönliche Verbindung unter den Leuten, die damals die Nachbarschaftsheime nach dem Krieg aufge-baut haben. Das war also ein Netzwerk, das auch sehr informell geknüpft war, sehr gut funktioniert hat, was aber schwierig war, in eine organisierte und formelle Struktur zu übernehmen.Es gab damals einen Grabenkampf offiziell zwischen Nordrhein-Westfalen und Berlin. Das hieß Gemeinwe-senarbeit und Nachbarschaftsarbeit, da musste man als Geschäftsstelle ein bisschen aufpassen, nicht in die Schusslinie zu geraten oder die beiden Strömungen wie-der zusammenzukriegen. Ich erinnere an eine Jahresta-

gung in Buckow „Was sind das für Zeiten?“ Ich weiß nicht, wer da war, aber das war schon eine harte Nummer.Auf der anderen Seite hatte ich aber das Gefühl, dass alleine die Tatsache, dass wir in Köln waren, auch dem Verband Luft gegeben hat, Sachen noch mal neu aus-zuprobieren. Was wir an Fortbildungen gemacht haben, was wir an Hospitationen gemacht haben, ich glaube, das war alles möglich, weil wir wieder einen Schritt zurückgegangen sind und nicht immer vor Augen hatten, dass es das in Berlin schon alles gibt.Berlin hatte es damals auch schon geschafft, auf Lan-desebene sehr enge Verbindungen zur Politik herzustel-len, was uns auf Bundesebene nicht gelungen ist. Es war unheimlich schwer, den Berlinern klarzumachen, dass das Berliner Modell nicht so einfach auf die anderen zu übertragen ist. Es gab immer die Tendenz, auf Georg Zinner zu schauen, der immer größer wurde, nach dem Motto: darf der denn so groß werden? Was macht der richtig? Was macht der falsch? Das war auch die Fokus-sierung auf ein Nachbarschaftshaus, wo ich denke, es gibt so viele unterschiedliche Typen von Nachbarschafts-häusern, auch hier in Berlin, das man schauen muss, wo wirklich das Verbindende ist. Von der Struktur her, da gibt es ein Nachbarschaftshaus, das Träger von vielen Projekten ist, dann gibt es andere, die sind Projekte von einem großen Träger, was ganz unterschiedliche Aus-gangspositionen sind. Deshalb muss man schauen, wo wirklich das Verbindende ist.

Das sind so Fragestellungen. Wie schafft es der Ver-band, einen Bundesverband aufzubauen, ohne berlinlas-tig zu sein, trotzdem in Berlin zu sitzen? Wenn ich noch sehe, dass Birgit 30 Stunden hat für zwei Geschäftsfüh-rungen, für die Gesellschaft und für den Verband, dann denke ich, passt mir auf die Birgit auf und was Ihr der alles auf den Schreibtisch legt. Wer will diesen Verband im Bundesverband eigentlich? Und wie kriegt Ihr das hin, dass die Nachbarschaftshäuser aus den anderen Bun-desländern sich an diesem Prozess beteiligen können? Ich glaube, das ist gar nicht so einfach.Ich arbeite ja jetzt auch wieder bei einem Bundesver-band und da haben wir zum Teil die gleichen Fragestel-

lungen, also was steht eigentlich auf der Visitenkarte vom Verband für sozial-kulturelle Arbeit? Ist das ein Gemischtwarenladen, wo alles möglich ist? Oder gibt es eine bestimmte Fachlichkeit und wie wird die beschrie-ben? Wo wird sie gezeigt? Wo wird sie diskutiert? Wo findet sie auch im politischen Rahmen statt? Wo findet sie auch auf der fachlichen Ebene, in Hochschulen oder so, Niederschlag? Wo man nicht immer auf die einzel-nen Bestandteile, also ein bisschen Gemeinwesenar-beit, ein bisschen Nachbarschaftsarbeit, ein bisschen Community Organizing schaut.Ich erinnere daran, dass wir damals Marion Mohrlock im Verband hatten, die das Ganze nach Deutschland geholt hat, und was die kämpfen musste, damit sie im Verband gehört wurde. Wenn man jetzt sieht, die Sachen ploppen alle so auf, wo ich denke, verdammt, haben wir da Chan-cen rechts und links liegengelassen? Da müssen wir gucken, wie man mit neuen Ideen im Verband umgeht, damit auch neue, junge Leute ihren Platz finden können. Aber das hat Hinte, glaube ich, schon auch erwähnt.Das zweite ist die Frage, was ich als Mitglied davon habe, im Verband zu sein? Wenn ich hier in die Runde gucke, Ralf aus Bremen, bist du da? Wer ist hier von den neuen Bundesländern für die Diskussion um die Zukunft des Verbandes? Was habe ich von der Mitgliedschaft? Für was steht der VskA auf fachlicher Ebene? Für was tritt er als Lobbyverband auf? Für wen ist der Verband eigentlich ein Kooperationspartner?Das sind meine Eindrücke, die ich Euch mit auf den Weg geben kann. Ich wünsche dem Bundesverband, dass er mehr Zukunft als Geschichte hat, dass er gene-rationsoffen ist und bleibt, dass Gestalten und Erhal-ten nebeneinander stehen können, dass es vielleicht weniger didaktisch und rechthaberisch zugeht und mehr dialogisch überzeugend und einladend. Danke für Eure Aufmerksamkeit!

Fit für die Zukunft!?Innen- und Außenblicke auf den Verband

Referat Birgit Weber

Vortrag und Diskussion

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Jahrestagung Stadtteilarbeit 2012 Fit für die Zukunft 2726

Willy Eßmann: Ich bin sehr erstaunt darüber, dass es gelungen ist und sich alle Referenten und Referentinnen an die knappe Zeitvorgabe gehalten haben. Vielen Dank dafür, auch für Ihre inhaltlichen Statements! Sehen Sie es mir nach, dass ich es nicht zusammenfassen kann, was da an Kaleidoskop aufgemacht wurde von der histo-rischen Dimension, von verschiedenen inhaltlichen Vor-schlägen bis hin zu Strukturdebatten. Alles das werden wir heute Nachmittag in den Foren vertiefen können.

Es war sicherlich ein großes Maß an Input, facetten-reicher und auch nicht glatter Input, dafür bin ich sehr dankbar. Im Huberschen Sinne würde ich vorschlagen, dass wir jetzt noch Zeit haben, unsere sozialen Organe zu benutzen und Nachfragen, Statements, Einschät-zungen geben können, Kritiken, Ergänzungen, usw., ich eröffne also die Diskussion. Bitte schön!Wir müssen nicht diskutieren, aber ich bin verwundert, weil es doch nicht eine ganz glatte und widerspruchs-freie Darstellung war, von dem, was der Verband und seine Mitgliedsorganisationen leisten oder was der Ver-band vielleicht in Zukunft leisten könnte.

Anja Huber: Ich komme aus München und habe eine komplette Außenansicht auf das Ganze. Meine Frage ist, wie die Vernetzung mit anderen Bundesverbänden ist, die in diesem Bereich arbeiten? Zum Beispiel gibt es das Netzwerk Gemeinwesenarbeit mit einem Bundesver-

band. Gibt es da Kooperationen? Ich glaube, die Thema-tik ist ähnlich und es scheint auch eine Struktur zu sein, die sehr knapp ausgestattet ist, insofern könnte man profitieren.

Birgit Monteiro: In der Bundesarbeitsgemeinschaft Gemeinwesenarbeit arbeitet für uns Markus Runge mit. Ansonsten haben wir einen Arbeitskontakt zum Verband für sozio-kulturelle Arbeit, aber das ist eher an einzelne Themenstellungen geknüpft und keine kontinuierliche Zusammenarbeit.

Markus Runge: Die Ausdifferenzierung der Nachbar-schaftshäuser macht es natürlich schwierig, dann immer thematische Schnittstellen zu finden. Dadurch, dass ich sehr stark den Schwerpunkt der Gemeinwesenarbeit und Stadtentwicklung vertrete, da auch ein großer Fan bin, bin ich jetzt in diese Bundesarbeitsgemeinschaft Soziale Stadtentwicklung und Gemeinwesenarbeit mit reingegangen und versuche, stärker diesen Kontakt zu pflegen.Aus meiner Sicht gibt es da an vielen Stellen unterschied-liche thematische Schnittstellen zu weiteren Bundes-verbänden. Ich fände auch interessant, gerade diesen Blickwinkel der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freiwilli-genagenturen, die erst seit zehn Jahren existiert und sich mittlerweile bedeutend breiter und besser aufgestellt hat, als der Bundesverband für sozial-kulturelle Arbeit.

Timm Lehmann: Mittelhof, Mehrgenerationenhaus Phoenix. Ich will die Gelegenheit nutzen und Frau Kraehmerund Herrn Huber noch mal ansprechen. Sie haben auf zwei Bereiche abgezielt, in denen wir sehr stark sind, einerseits die Ressourcenorientierung, das Erschließen von Ressour-cen im Gemeinwesen, andererseits den Bereich vorbeu-gende Gesundheit. Spannend. Sie beide haben auch die Schwierigkeit mit den Indikatoren genannt, um den Erfolg zu messen. Vielleicht könnten Sie uns noch Tipps geben, wie wir das, was wir tun, in der Öffentlichkeit auch als starke Leistung darstellen können?

Stefanie Kraehmer: Vielen Dank für die Frage. Es ist fast ein Déjà-vu, was ich habe, weil ich damit immer in der Berliner Politik zu kämpfen hatte, ähnlich wie Frau Monteiro, dass diejenigen, die das Geld gegeben haben, eine sehr konkrete Vorstellung davon hatten, wie so eine Messung der Arbeit, die die Leute vor Ort machen, aus-sehen sollte.Das hat sich für mich ganz ins Gegenteil gekehrt, als ich die Möglichkeit hatte, hier aus der Sicht einer Hoch-schule oder Universität mir diese Sachen etwas näher anzuschauen und zu bemerken - vorher hatte ich die Gelegenheit so vertiefend nicht dazu - dass diese Form der Indikatoren, die dort ausgewählt wurden, sehr plaka-tiv waren, sehr aufgesetzt, an der Realität vorbei.Aus meiner Kenntnis, auch der vielen Projekte, die ich kenne, gibt es bei dieser Form der Ökonomisierung der

Sicht der Arbeit von Stadtteilzentren, Nachbarschafts-heimen und Bürgerhäusern keine validen Indikatoren, die man tatsächlich verwenden kann, zumal die Ziel-setzungen immer zu ungenau beschrieben werden. Der Blick muss ein anderer werden, nicht so sehr auf die Indikatoren, wie viele Leute kommen, wie viele gehen, wie viele haben irgendwelche Veranstaltun-gen genutzt und all diese Dinge, die da er fasst wer-den. Was sagen die tatsächlich aus über das, was an Arbeit dor t gemacht wird? Sie sagen auch nichts dar-über aus, wie gut oder schlecht Sie in Ihrem Job sind, welche Kompetenzen Sie haben, Gemeinwesenarbeit im Umfeld zu organisieren, mit Leuten in Kontakt zu treten und dergleichen mehr. Ich halte diese Form der ökonomisier ten Sicht und das Dokumentieren von Indikatoren für einen Fehllauf, der in den letzten fünf bis zehn Jahren aber ein Ausmaß angenommen hat, dass er dringend zurückgeholt werden muss und man sich auf einen anderen Fokus beschränken sollte, der wirklich zielführend ist.

Ellis Huber: Das ist natürlich ein Problem. Gesundheit lässt sich messen, es gibt genügend internationale sozi-alwissenschaftliche Messsysteme, vom SF 36 bis zum SF 12 oder Burnout-Fragebogen. Also, es ist möglich, den Gesundheitsstatus von Kunden oder Mitarbeitern oder Nutzern der Nachbarschaftshäuser zu erfassen und auch im Verlauf etwas aufzuzeigen.

Fit für die Zukunft!?Diskussion Innen- und Außenblicke auf den Verband

Vortrag und Diskussion

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Jahrestagung Stadtteilarbeit 2012 Fit für die Zukunft 2928

Aber einfach ist das nicht. Nur die Frage stellt sich im Gesundheitswesen und meine zentrale These war ja, denkt an die Gesundheit und denkt auch an die Finan-zierungswege, die im Gesundheitssystem da sind, und was davon kann genutzt werden. Es gibt auch keinen Nachweis für die Sinnhaftigkeit des Mammographie-Screenings. Oder es gibt keinen evidenzbasierten Beleg für den Nutzen der ärztlichen Anamnese.Im Bereich sozio-kultureller Arbeit kann man nicht alles messen. Was man aber immer messen kann, ist die Frage, ob man in Bevölkerungsgruppen mit dem Soli-dargeld der gesetzlichen Krankenversicherung, also den 2.600 Euro pro Bürger/in, hinkommt oder nicht. Es gibt im Kinzigtal ein erstes Projekt einer budgetfi-nanzierten integrierten Vollversorgung für über 30.000 AOK-Versicherte. Der Vertrag ist ganz einfach: wir bei der AOK haben 30.000 x 2.600, also 72 Millionen Euro für die Gesundheitsversorgung dieser Kinzigtaler Bür-gerschaft. Ein Netzwerk von Ärzten, Krankenhäusern, Apotheken, sozialen Einrichtungen, Selbsthilfegruppen, Sportvereinen und Gesangsgruppen und dergleichen macht die Gesundheitsversorgung. Und der Erfolg ist, die Differenz zwischen dem Gesamtvolumen des regi-onalen Budgets und den Aufwendungen, die notwendig sind, um die Gesundheitsversorgung sicherzustellen, die erreichen im Kinzigtal eine 6 bis 8% kostenmäßig günstigere Gesamtversorgung. Aber dort geht man eben bei der Gesundheitsversorgung in die Kindergärten, in die Schulen, in die Bürgerschaften und impulsiert bürgerschaftliches Engagement, weil das sofor t einen

Nutzen bringt. Der Maßstab ist: Gesamtkosten versus gesamtgesellschaftliche Ressource. Technisch wären solche Kontrollsysteme heute machbar, die Informati-onstechnologie gibt das her.

Karin Stötzner: Mir bleibt nichts anderes übrig, als mein Unbehagen auszudrücken. Ich bin Leiterin von SEKIS, dem Berliner Selbsthilfezentrum, einem der Elemente des Stadtteilzentrenvertrages, und sicherlich auch – wie Georg Zinner – eine von den historischen Figuren dieser Bewegung hier.Ich bin darüber erschrocken, wie stark der Diskurs hier historisch betrachtend ist und wie wenig auf die Gegen-wart bezogen, wie viele von den Thesen und Debatten von früher beschrieben werden, und wie wenig Bezug genommen wird auf das, wo wir heute eigentlich Verant-wortung übernehmen müssten.Was ganz schön ist, es ist nicht so viel von Geld die Rede. Das war zehn Jahre lang immer Hauptfokus aller sozialpolitischen Debatten, dass immer darum gerun-gen wurde, wo das Geld herkommt und dass Projekte finanziert werden müssen. Das ist schön, wenn das nun etwas in den Hintergrund getreten ist. Aber ich finde es erschreckend, wie wenig über die soziale und politische Verantwortung von sozialen Projekten, in dem Falle von Stadtteilzentren, hier die Rede ist.Bei Herrn Meißner klang es etwas an, dass sich die Demografie verändert, Ellis kann immer wunderbaraufweisen, dass wir eigentlich mit der Gesundheitsför-derung und dem Sozialen die richtigen Wege beschrei-

ten, aber es lenkt davon ab, dass wir eigentlich darüber diskutieren müssten, wo die sozialen Probleme in dieser Stadt liegen, wo die Ungerechtigkeit ist und wo wir ein-greifen und Verantwortung übernehmen müssten.Diese Stadt wird in den Rändern immer ärmer. Es gibt Segmente, wo immer mehr Gewalt auftaucht, jetzt haben wir sogar einen Mord am Alex. Es gibt, wie Sie alle wissen und wo sich die Stadtteilzentren in den letzten Jahren auch engagiert haben, nach wie vor Migrationskulturen, die sich abschotten, an die wir nicht herankommen. Es gibt mas-sive Ungerechtigkeiten in den sozialen Lagen. Das wäre meines Erachtens das Entscheidende, wo man sozialpo-litisch – wenn man in die Zukunft gucken will, was sozial-kulturelle Arbeit und Stadtteilzentrenarbeit sein kann –darüber diskutieren müsste, wo wir Verantwortung über-nehmen bei der Lösung realer Probleme, die uns vor der Haustür liegen.Und, lieber Herr Meißner, lieber Jens, also Sport und Bewe-gung für alte Menschen ist es dann mit Sicherheit nicht, sondern wir müssen schauen, wo die Armutsprobleme sind, die Gewaltprobleme, die Ungerechtigkeiten, und wel-che Rolle übernehmen die verschiedenen Akteure in den einzelnen Stadtteilen bei der Lösung dieser Probleme.Das Zweite, was mich erschreckt, ist, dass wir überhaupt hier nicht geboten bekommen, was die reale Arbeit von Stadtteilzentren hier in dieser Stadt oder im Bundesge-biet, im Bundesgebiet ist ja die Jahrestagung der Bun-desverbände bzw. der Bundesinitiativen, welche realen Erfahrungen und Ergebnisse diese Arbeit im Momentzeitigt. Wo sind wir aktiv? Wo sind die Probleme? Wo

werden wir am meisten genutzt? Wen müssten wir anders ansprechen? An diese Fragen müssten wir ran.Das lösen wir nicht, indem wir eine Indikatorendiskus-sion führen, sondern indem wir eine vernünftige Evalua-tion machen, was sozial-kulturelle Arbeit in den letzten zehn Jahren geschafft hat. Wir haben hier in Berlin so differenzierte Erfahrungen, die in der Fläche nicht wirklich ausgewertet sind. Wir wissen nicht, was die kleinen Läden leisten oder was im Verhältnis dazu der Monopolist für soziale Angebote in Schöneberg leistet. Ist das ein gutes Modell? Was ist ein gutes Modell? Sind es die kleinen Läden vor Ort, die bürgernäher sind? Das sind die Fragen, die wir diskutieren müssen, und die sind in diesen Blicken von außen auf das, wie wir jetzt nach vorne gucken müs-sen, nicht vorgekommen – und das erschreckt mich.

Birgit Monteiro: Ich muss noch etwas zum Konzept dieser Tagung sagen. Wir sind im ersten Teil des ersten Tages. Bis-her hatten wir in den letzten Jahren immer nach der Tagung die Mitgliederversammlung, wo alle von den inhaltlichen Debatten erschöpft waren. Deshalb haben wir gesagt, dass wir uns jetzt mal einen Tag Zeit für uns selbst nehmen, sozu-sagen als offene Mitgliederversammlung, aber laden eben nicht nur Mitglieder ein, um uns genau auch den kritischen Fragen zu stellen. Aber es geht ja auch heute Nachmittag wei-ter und auch morgen noch mal mit der Veranstaltung „Nach-barschaft 2020 – Soziales Kapital zwischen Bodenrichtwert und Fallmanagement“. Ich denke, die Fragen sind alle nicht vergessen. Wir haben uns bewusst mal diese Zeit genom-men, wissend, dass 1000 andere Fragen auf uns warten.

Vortrag und Diskussion / Diskussion

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Jahrestagung Stadtteilarbeit 2012 Fit für die Zukunft 3130

Stephan Wagner: Es ist natürlich witzig, wir kennen uns alle schon so lange, dass wir die Spiele immer wieder spielen, die wir seit 20 Jahren miteinander spielen. Viel-leicht ist das auch ein Teil des Problems.Wenn wir morgen Abend über die Sachen nicht gespro-chen haben, die Karin Stötzner angesprochen hat, dann würde ich sagen, dass wir was falsch gemacht haben. Ich gehe aber davon aus, wenn wir uns morgen den ganzen Tag über Inklusion unterhalten, dass wir uns dann damit auseinandersetzen, wie moderne Sozialarbeit in Deutsch-land auszusehen hat, wie jede unserer Einrichtungen auszusehen hat, weil das die große Zeitenwende werden wird. Was da auf uns zukommt, wird genauso massiv sein wie bei der Einführung von Gemeinwesenarbeit. Da wer-den wir ganz konkret sagen müssen, was wir machen.Ansonsten finde ich es ganz spannend, mal Leute zu fra-gen, wie sie uns wahrnehmen. Ich habe auch zugehört und war auch teilweise erschrocken, wenn zum Beispiel Jens Meißner sagt, na gut, ich weiß, dass es Euch gibt, ich verfolge das auch seit 20 Jahren, aber ansonsten sehe ich Euch nicht, bei mir gibt es zwei oder drei Zent-ren, aber die kommunizieren nicht. Dann sage ich, okay, da ist ein Problem benannt, worüber wir uns unterhalten müssen. Wir werden darüber reden müssen, wie wir in unserem Umfeld umgehen, wie wir kommunizieren als Nachbarschaftsheim und zwar nicht nur als Verband, weil das kann ein Verband vor Ort in einem Stadtteil nicht lösen, sondern das ist dann Sache der Stadtteilzentren.Das ist auch eine Frage von Kompetenz. Ich denke, schauen wir mal, denn es kommt ja noch eine Menge. Ich glaube schon, dass wir uns dem Problem stellen wer-den – jedenfalls hoffe ich das.

Renate Wilkening: Nachbarschaftszentrum ufafabrik und ich bin auch im Vorstand des Verbandes für sozial-kulturelle Arbeit. Darüber hinaus gucke ich auch noch ein bisschen mehr über den Tellerrand, ich bin im Inter-nationalen Verband der Nachbarschaftszentren.Ich war heute früh heilfroh, dass es mal nicht darum ging, uns nur zu beweihräuchern und aufzuzeigen, was wir alles Tolles in den einzelnen Zentren machen. Dazu gibt es sicherlich noch Gelegenheit und Möglichkeit, sich darüber auszutauschen.

Und liebe Karin, wir kennen uns ja auch schon ganz lange und wir haben schon so manche Diskussion miteinan-der geführt, ich glaube, dass – so wie Stephan Wagner es auch gerade sagte – es erst vorbei ist, wenn es vorbei ist. Wir sind heute am Beginn und an einem bestimmten Programmpunkt. Ich fand das sehr wichtig, von Menschen, die außerhalb unserer eigenen Reihen sind, gesagt zu bekommen, wie sie uns wahrnehmen. Nicht nur sie, son-dern – was ja alle unisono gesagt haben – dass wir als Verband, und jetzt meine ich mal einen Unterschied zu den Stadtteilzentren und den Nachbarschaftseinrichtungen im Land und auch hier Berlin – ich glaube, dass die Nachbar-schaftszentren und die Stadtteilzentren sehr wohl in ihren kommunalen Ebenen auch in der Politik wahrgenommen werden, aber es ging um den Verband, der in seiner Sicht-barkeit eben nicht in der Bundespolitik angekommen ist. Wenn ja, dann vielleicht in kleinen Punkten, wenn es um Jugendaustauschprogramme geht, da läuft das ganz gut, aber ansonsten nicht.Das finde ich wichtig, dass es von außen auch mal gesagt wird, wie wir gesehen werden, weil für uns daraus auch eine Aufgabe erwächst. Und die Aufgabe heißt, dass wir das, was wir schon an vielen guten, wichtigen und richtigen Dingen tun, auch münden lassen in ein Bild nach außen, was wirklich das wiedergibt, was wir machen, und in die Möglichkeiten der Einflussnahme. Das sind Aufgaben, die wir haben und zwar in der Gegenwart und in der Zukunft.Und liebe Karin, ich denke, dass es wichtig ist, unseren eigenen Standpunkt zu definieren und zu sagen, wo sind wir hier in der Gegenwart, dass man auch mal guckt, was in der Vergangenheit war. Es ist ganz wichtig zu wis-sen, was gut gelaufen ist und wo wir gravierende Fehler gemacht haben, um zu klären, was wir verändern müs-sen. Wenn wir die Vergangenheit nicht kennen, meine ich, dass wir auch die Gegenwart und die Zukunft nicht gut gestalten können. Vielen Dank!

Vortrag und Diskussion / Diskussion

Mittagspause

Nachbarschaftsheim FriedenauHolsteinische Straße 30

12161 Berlin

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Jahrestagung Stadtteilarbeit 2012 Fit für die Zukunft 3332

Weiterentwicklung des Zinner-Freier-Papiers von 1999: Nachbarschaftshäuser in ihrem Stadtteil – Die Grundlagen ihrer Arbeit

Eingangsstatements:Prof. Dr. Stephan Wagner, Geschäftsführer der Paritätischen AkademieGeorg Zinner, Vorsitzender des Verbandes für sozial-kulturelle Arbeit e.V. und Geschäftsführer des Nachbar-schaftsheimes Schöneberg e.V.

Willy Eßmann: Liebe Kolleginnen und Kollegen! In Vor-bereitung der Foren haben wir Georg Zinner und Ste-phan Wagner gebeten, in einem dialogischen Prozess noch mal eine der Grundlagen nachbarschaftlicher Arbeit – in Berlin zumindest – zu erläutern, darzustel-len, auf ihre Aktualität hin zu überprüfen. Es handelt sich um das berühmte Zinner-Freier-Papier.

Stephan Wagner: Ja, das Zinner-Freier-Papier! Ich habe mir das noch mal durchgelesen, Georg. Das, was ich am faszinierendsten fand: das war ja damals ganz stark auf die Struktur geblickt und die hat getragen! Das war prä-zise vorhergesagt. Im Prinzip sind die Strukturen immer noch da, nur die Mengenverhältnisse sind andere gewor-den. Wenn ich mich heute im Berliner Raum umschaue,

dann haben wir wesentlich mehr Nachbarschaftsheime Plus als vor 20 Jahren, als wir das Papier geschrieben haben. Damals war eben das Nachbarschaftsheim Schö-neberg die einzige Einrichtung, die in dieser Kategorie war. Oder wie siehst Du das?

Georg Zinner: Na ja, es waren schon noch ein paar mehr, Urbanstraße in Kreuzberg, Nachbarschaftsheim Mittelhof, um die im Westteil Berlins zu nennen. Aber vor 20 Jahren haben sich auch schon Entwicklungen im Ostteil Berlins angebahnt. Da gibt es heute eine Menge Nachbarschaftsheime, die wirklich Plus Plus sind, nicht nur das Nachbarschaftsheim Schöneberg ist Plus Plus.

Stephan Wagner: Wie geht es weiter? Strukturell hätte ich an diesem Papier gar nichts zu verändern, sondern ich habe eher auf die inhaltliche Seite geguckt und mich gefragt: Was sind die Aufgaben für die nächsten 20 Jahre?

Georg Zinner: Warum wurde das Papier damals geschrieben? Ich habe immer versucht, den Nachbar-schaftsheimen eine Grundlage zu geben, auf die sich alle verständigen können. Die Grundlage sollte nach innen gerichtet so etwas wie ein Selbstverständnis sein, nach außen gerichtet, natürlich gerade den Geld-gebern gegenüber, sollte damit deutlich und verstehbar gemacht werden, was Nachbarschaftsheime wollen, was Nachbarschaftsheime sind und welche Rolle sie in unserer Gesellschaft einnehmen können.Mein größtes Ziel war, Nachbarschaftsheime zur sozia-len Grundstruktur bzw. zur sozialen Infrastruktur in der Stadt zu machen. Das war mein Anliegen und gleichzeitig wollte ich immer auch sagen, was Nachbarschaftsheime ausmacht, die lokale Orientierung, das bürgerschaftli-che Engagement, die Professionalität. Ich wollte eben-falls darauf hinweisen, dass kein Nachbarschaftsheim wie das andere ist, jedes hat seine eigene Geschichte. Jedes Nachbarschaftsheim hat einen Verein im Hinter-grund, dieser Verein muss auch ernst genommen wer-den, der Vorstand des Vereins muss ernst genommen werden. Jedes Nachbarschaftsheim liegt in einem ande-ren Stadtteil oder Stadtgebiet, hat sich vielleicht auch

Schwerpunkte gesetzt, hat Tradition, was man alles berücksichtigen muss. Deswegen war es für mich sehr wichtig, dass es so sein muss, dass jedes Nachbar-schaftsheim seinen eigenen Charakter findet.Das ist auch deswegen wichtig, weil natürlich – wofür ich auch Verständnis habe - jeder Geldgeber versucht, wenn er Geld für eine bestimmte Aufgabe gibt, auch möchte, dass es vergleichbar ist, dass es Normen dafür gibt, dass bestimmte Anforderungen er füllt wer-den. Und die Anforderung des Nachbarschaftsheimes muss aber immer sein, auf die Verschiedenheit des Stadtteils oder die Einmaligkeit eines Bezirks einzuge-hen, aber auch auf die Einmaligkeit der Menschen, die sich in diesem Stadtteil engagieren. Das ist für mich eine sehr wichtige Angelegenheit, dass es so ist.Dann war für mich auch bedeutsam, dass es das Recht des Nachbarschaftsheimes oder des Stadtteilzentrums gibt, klein zu bleiben. Ich habe damals viele Diskussi-onen mit Einrichtungen geführt, die alle mit dem Geld knapp waren. Denen habe ich gesagt, dass sie versu-chen sollen, Träger zu werden, weil sie dann automa-tisch mehr Geld und vielleicht auch mehr Einrichtungen zur Verfügung haben. Möglicherweise hat man dann auch einen Verwaltungsapparat, der sich aus diesen Einrichtungen finanziert. Ich sagte, dass sie dann an Potenzial gewinnen, aber auch eine gewisse Unab-hängigkeit, weil sie nicht nur von der einen Förderung abhängig sind.Das wollten aber bestimmte Einrichtungen nicht, weil sie sagten: Nein, wir möchten ein kleiner Treffpunkt bleiben. Das ist in meinen Augen auch legitim. Ich habe für uns den anderen Weg bevorzugt, andere übrigens auch, was sich durchaus auch als Stärke erwiesen hat, aber beides ist gerechtfertigt.Ich wollte mit diesem Papier eine Klarheit herstellen: Die Stadt braucht eine solche Infrastruktur und es muss in allen Stadtteilen bzw. Regionen solche Zentren geben. Andererseits ging es um die Grundsätze nach innen und die Akzeptanz der Verschiedenheit.

Stephan Wagner: Aber wenn ich jetzt in die Zukunft schaue, dann finde ich in dem Papier nicht die Aufga-

ben. Was liegt in den nächsten 20 Jahren vor uns? Demografischer Wandel wird ja immer so als großer Begriff genommen, aber es sagt keiner, was das wirk-lich bedeutet. Demografischer Wandel heißt, dass wir viel weniger Jüngere haben, dafür haben wir aber viel mehr Ältere, womit wir ein strukturelles Problem haben.Damit sind dann auch Aufgaben für die nächsten 20 Jahre für die Nachbarschaftsheime benannt. Es wird ganz stark darum gehen, wie wir in den Stadtteilen in den großen und kleinen Nachbarschaftsheimen mit den Problemen älterer Menschen umgehen. Das wird viel, viel größer werden, als es in den letzten 20 oder 30 Jahren war, einfach weil die Älteren viel mehr sind, und nicht, weil das Problem größer geworden ist. Es wird darum gehen, wie wir mit Migranten umgehen. Es werden sehr viele Leute reinkommen. Man merkt das ja jetzt schon mit der Krise in Südeuropa, dass über-all qualifizierte Leute aus Südeuropa auftauchen, wie sie sich hier integrieren. Ich denke, das wird eine ganz große Aufgabe werden, wie wir mit Migrantengruppen umgehen. Wie bauen wir sie in die Arbeit ein? Wo fin-den die sich in den Nachbarschaftsheimen wieder?Dann denke ich mir, dass es um Familien gehen wird. Ich fand eine Diskussion vor 10 oder 15 Jahren span-nend, als es mit dem demografischen Wandel anfing bzw. als deutlich wurde, dass das nicht weggeht, son-dern wirklich stattfindet. Da haben uns einige Leute vorgerechnet, dass das alles gar kein Problem ist, weil man dann die ganzen Leute aus der Kinder- und Jugendarbeit nimmt, weil es ja viel weniger Kinder gibt, und diese ganzen Leute stattdessen in der Altenarbeit einsetzt.Heute haben wir eine ganz andere Bewegung vor uns, weil - wenn aus den Familien heraus überall alle tätig sein sollen in einer Gesellschaft, in der nicht mehr so viele Menschen da sind, dann muss ich für die weni-gen Kinder auch ganz viel mehr Einrichtungen haben, also man kann die Leute da gar nicht herausnehmen. Insofern denke ich, dass es auch ganz massiv um die Unterstützung von Familien gehen wird, damit Gesell-schaft organisierbar bleibt. Ich glaube, da sind drei große Arbeitsfelder für Nachbarschaftsheime benannt,

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die in den nächsten 20 Jahren eine große Rolle spie-len werden und wo sich ganz viel bewegen wird, also Migranten, ältere Menschen und Familien. Wie schätzt Du das ein?

Georg Zinner: Na ja, das unterscheidet sich dann nicht so sehr von dem, was heute auch schon von den Nach-barschaftsheimen gemacht wird. Die Nachbarschafts-heime sind auch deswegen „so gut aufgestellt“, weil sie imstande sind, so flexibel zu reagieren.Ich meine, das größte Verdienst der Nachbarschafts-heimförderung, auch einer Senatsverwaltung für Sozi-ales, die Nachbarschaftsheime fördert, oder einer Politik, die das verstanden hat, ist das, dass man die Mittel eben nicht zweckgebunden ausgibt und sagt, ihr müsst mit dem Geld genau das machen und nichts anderes, was wir genau überprüfen. Der Vorteil der För-derung der Stadtteilzentren in Berlin, wobei ich nicht weiß, wie das für die einzelnen Einrichtungen im Bun-desgebiet ist, wo es noch institutionelle Förderung gibt, aber der Vorteil in Berlin ist, dass man uns eine bestimmte Geldsumme anvertraut, es darf immer auch ein bisschen mehr sein, Frau Spotka, mit dem wir dann auch selbst Akzente setzen können.Und genau das versetzt uns in die Lage, anstehende Aufgaben schnell zu bewältigen, und nicht erst zu war-ten, bis irgendein Programm aufgelegt wird, das mehr oder weniger soziale Probleme einer Region aufnimmt und dann vielleicht sowieso nicht stimmig ist und mit vielen Vorschriften behaftet bleibt.Von daher bin ich da ganz optimistisch. Es war bisher schon so, dass es unsere Stärke war, und wenn es so bleiben soll, dann muss es auch in Zukunft so bleiben, damit diese relative Summe an Geld, die wir zur Verfü-gung haben, nicht jedes Nachbarschaftsheim bekommt ja gleich viel, wie ein Hebel wirken kann, wenn man uns diese Freiheit in der Gestaltung und Aufgabenwahrneh-mung gibt.Ich will das noch um einen Punkt ergänzen: Diese Flexibilität ist einerseits natürlich dieser Möglichkeit geschuldet, die uns diese Freiheit gibt, andererseits aber auch dem Engagement der Bürger und sicher auch

der Mitarbeiter in den Nachbarschaftsheimen, der Ver-eine auch, dass sie in der Lage sind, sehr schnell auf Bedürfnisse zu reagieren. Ich behaupte das jedenfalls, ich habe das nicht wissenschaftlich untersucht, aber ich sage immer: Alle gesellschaftlichen Innovationen gehen von den Bürgern aus, bevor die Institutionen, die Politik oder die Verwaltung, bevor die Wohlfahrtsverbände oder wer auch immer merkt, was läuft, haben es die Bürger schon gemerkt. Immer dann, wenn es keine institutio-nelle Antwort gibt oder Antwort durch die Tat, dann wer-den die Bürger selbst aktiv, dann engagieren sie sich ehrenamtlich.Dafür gibt es viele wunderbare Beispiele. Und die Nach-barschaftsheime sind diejenigen, die wegen ihrer Bürger-nähe und Niedrigschwelligkeit, wegen ihrer Offenheit und Flexibilität, wegen des flexiblen Geldes, das sie zur Ver-fügung gestellt bekommen, in der Lage, diese Bürgeran-liegen oder Probleme, die da formuliert werden, sehr schnell aufzunehmen, zu integrieren und bürgerschaftli-ches Engagement einzubinden in die eigene Arbeit.Das ist in meinen Augen die weitere Stärke, dass inno-vative soziale Arbeit für mich nur vorstellbar ist oder auch nur funktioniert, wenn wir als Nachbarschaftsheim in der Lage sind, diese Bürgeranliegen aufzunehmen und in unsere Arbeit zu integrieren.

Stephan Wagner: Ich denke, das war immer einer der großen Vorteile. Das ist ja von den Hauptamtlichen nie so ehrlich behandelt worden. Hauptamtliche sind total gut darin, Dinge zu organisieren, Gelder zu verwalten, mit Verwaltungen umzugehen. Wirklich neue Sachen zu er finden, da sind Hauptamtliche nicht besonders gut darin. Wenn ich einem Hauptamtlichen sage, dass er mir was Neues er finden soll, dann kommt er nach drei Tagen mit einem großen Plan, worauf steht, dass er 100.000 Euro braucht, und er sagt, dann probieren wir das mal aus und in drei Jahren kann ich dir sagen, ob das geht. Wenn ich damit dann zur Verwaltung gehe, egal in welcher Stadt, dann sagen die: Du spinnst, das machen wir nicht.Und Ehrenamtliche haben was ganz anderes, Ehren-amtliche haben sich selbst. Sie haben eine Ressource,

die niemandem gehört – außer ihnen. Und sie können diese Ressource erst mal einsetzen für die verrück-testen Ideen. Ehrenamtliche machen nicht nur tolle Sachen. Ich habe schon Ehrenamtliche viele Sachen machen sehen, wo ich mich gefragt habe, was das soll. Und das ist dann auch so geendet, sie haben dann nach drei Monaten wieder aufgehört, weil das alle Mist fanden und das Umfeld nicht reagiert hat.Aber wenn Ehrenamtliche was Gutes machen und sie gekoppelt mit Hauptamtlichen sind, das ist eigentlich dieser Schnittpunkt, den Du beschreibst, ja, dann geht das nicht verloren, dann sind auf einmal Hauptamtli-che da, die sehen, oh, das ist wirklich toll. Und dann brauchen sie keine 100.000 Euro, um was Neues zu entwickeln, sondern dann kommen sie mit einem funk-tionierenden Modell und sagen, guck mal, wir machen das schon, das geht, das funktioniert. So entstehen neue Sachen viel schneller.Das heißt, Nachbarschaftsheime in dieser Mischung aus Haupt- und Ehrenamt, die sind wie so eine Wiege, in der Neues entsteht, wie ein Labor, in dem beständig Neues entsteht. Und dieser Laborcharakter gibt ihnen einen unheimlichen Vorteil gegenüber anderen.Wobei ich glaube, dass sich an einem Punkt etwas ändern wird: In den nächsten 20 Jahren werden wir ganz stark auch Ehrenamtliche mit Ausbildung sehen. Wir kriegen immer mehr ehrenamtliche Funktionen, für die wir richtige Ausbildungen brauchen, zum Bei-spiel Berater, Telefonseelsorge, Mentoren, usw. Vor-hin im Kabarett tauchte ja auch auf, was da alles an Begrif fen inzwischen entstanden ist. Aber hinter diesen Begrif fen stehen Qualifikationsprofile, die so früher mit Ehrenamt nicht verkoppelt waren. Von daher erwarte ich in den nächsten 20 Jahren in den Nachbarschaftsheimen einen ganz anderen Mix an hauptamtlicher und ehrenamtlicher Arbeit, mit einem noch viel stärkeren ehrenamtlichen Element und einem hauptamtlichen Element, was noch stärker in der organisierenden und steuernden Funktion ist. Die Arbeit mit den Bürgern, mit den Menschen, die wird noch stärker von Ehrenamtlichen gemacht werden. Oder siehst Du das anders?

Georg Zinner: Exakt, das ist – bei den begrenzten Kräften, die wir haben – genau das, was wir machen müssen. Die Nachbarschaftsheime müssen sozusagen entscheiden, welche Rolle sie einnehmen.Für das Nachbarschaftsheim Schöneberg, allgemein kann ich das nicht sagen, aber ich könnte mir vor-stellen, dass es eine allgemeine Tendenz ist, dass es immer mehr Ehrenamtliche gibt, die auch als Grup-pen von Ehrenamtlichen agieren, die auch sich selbst ergänzen und erneuern.Für mich sind in Berlin die Schülerpaten so ein Bei-spiel, die in arabische Familien gehen. Überwiegend sind das Studenten, die ihrerseits wieder Studenten anwerben und sich selbst organisieren. Sie werden von uns ausgebildet bzw. fortgebildet und auf die spezielle Kultur arabischer Familien vorbereitet. Sie bekommen Unterstützung, wie man methodisch bei Schularbeiten arbeitet, aber ansonsten organisieren die sich selbst, also nicht wir suchen die Ehrenamtlichen für diese Schülerpaten. Oder bei uns gibt es seit sieben Jahren die Redaktion Stadtteilzeitung, die ehrenamtlich arbei-tet. Jeden Monat erscheint eine neue Stadtteilzeitung. Auch die ergänzen sich selbst, wir kriegen das gar nicht mehr mit. Wir geben ihnen nur den Freiraum, wir steu-ern das ganz locker.Ich meine, das größte Potenzial erschließt sich dann, wenn wir diesen ehrenamtlich Engagierten, die sich ihr Engagement nach ihren Interessen oder ihren Anliegen definieren, so viel Freiheit wie möglich geben, denn umso er folgreicher werden sie wahrscheinlich. Das

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müssen wir auch können und dürfen, diese Freiheit müssen wir auch wiederum von unseren Geldgebern zugestanden bekommen. Da verschließt sich die Regle-mentierung des bürgerschaftlichen Ehrenamtes, wozu es in den letzten Jahren immer wieder Versuche gibt.

Stephan Wagner: Ja, aber das wird auf Dauer nicht funktionieren. Die Zeiten der betriebswirtschaftlichen Reorganisation sozialer Arbeit haben ihren Höhepunkt überschritten. Da ist ja vieles notwendig gewesen, aber jetzt treten wieder andere Momente in den Vordergrund. Was wollen wir wertemäßig machen? Wie müssen wir inhaltlich organisiert sein? Und hier sehe ich allerdings einen ganz entscheidenden Unterschied, wie Nachbar-schaftsheime vor 30 Jahren und heute aufgestellt sind.Als ich vor 30 Jahren als junger Sozialarbeiter in die Nachbarschaftsheime kam, da war Gemeinwesenarbeit ein Exotenfeld. Im Studium hatte man mal was davon gehört, das machten ein paar wenige und hatte auch ein bisschen einen Schmuddelkindcharakter, also das waren die, die nicht so ganz angepasst waren. Da wusste man nicht so genau, ob man die überhaupt wei-termachen lassen sollte.Heute ist Gemeinwesenarbeit, die ganze Methodik, die dahinter steht, eigentlich angekommen im Zentrum sozi-aler Arbeit. Ob Du in die Schulsozialarbeit gehst, ob Du in die Beratungsarbeit oder in die Kinderarbeit gehst, ganz viele Kitas werden jetzt in Berlin zu Familienzen-tren umgebaut, also dieses auf das Umfeld bezogene Element, die Menschen mit einzubeziehen, dieses Gemeinwesenmoment, ist zu einem zentralen Moment sozialer Arbeit geworden. Damit sehe ich die Nachbar-schaftsheime in eine ganz andere Position rücken, auch in Bezug auf die soziale Arbeit in Deutschland, wo wir ganz andere Möglichkeiten für Kooperationen haben und Verständnis für unseren Arbeitsansatz finden. Das war vor 20 oder 30 Jahren noch nicht möglich.

Georg Zinner: Ja, da stimme ich zu. Ich kann mich erin-nern, ich hatte mal einen Aufsatz in einer Fachzeitschrift veröffentlicht, ich weiß den Titel nicht mehr genau: Ehrenamt ist ein Grundrecht. Damit wollte ich sagen,

die Institutionen sozialer Arbeit haben die Aufgabe, bürgerschaftliches und ehrenamtliches Engagement zu ermöglichen, den Freiraum dafür zu schaffen, dass Bürger sich engagieren können. Das war damals eben nicht selbstverständlich, dass wir in unseren Reihen ehrenamtliche Mitarbeiter akzeptiert haben. Wir haben das sogar als Sparmaßnahme begriffen, so wurde das auch transportiert. Teilweise wurde das auch von der Politik so transportiert, dass gespart werden muss, weshalb man das Ehrenamt braucht. Auch von den Wohlfahrtsverbänden wurde das so akzentuiert.Ich kann mich auch an interne Diskussionen im Nach-barschaftsheim Schöneberg erinnern, bei denen ich sagte, dass es uns doch egal sein kann, was die Poli-tik will. Es kann uns auch egal sein, was irgendwel-che Wohlfahrtsverbände wollen, denn wichtig ist doch, was wir wollen! Wenn wir mit den Bürgern im Stadtteil zusammenarbeiten wollen, dann müssen wir unsere Häuser öffnen und müssen bürgerschaftliches Engage-ment zulassen – und zwar für das Engagement, für das Bürger sich interessieren und engagieren, worin sie ihre Anliegen sehen. Die Bürger sind der Seismograph gesellschaftlicher Entwicklungen. Immer dann, wenn es nicht mehr stimmt, dann engagieren sich Bürger.Historisch gesehen ist das alles bekannt. Auch Organi-sationen wie die Lebenshilfe sind ursprünglich aus Bür-gerinitiativen entstanden und heute große Konzerne. Also, das ist gar nichts Neues.Ich will noch auf einen anderen Aspekt hinweisen, bevor wir uns sehr festsetzen. Im Kabarett hat das bürgerschaftliche Engagement bzw. das Ehrenamt angefangen. Diese Infrastruktur, die ich mit befördern wollte, deren allgemeine Akzeptanz ich wollte, die ja in Berlin heute auch nicht mehr bestritten wird und die auf Bundesebene ja auch noch den Ausdruck der Mehrge-nerationenhäuser bekommen hat, die vom Bundesfa-milienministerium bundesweit etabliert wurden, hat ja genau den Ansatz, den wir schon seit Jahrzehnten ver-folgen. Diese soziale Infrastruktur muss gewollt sein.Ich glaube, dass in der heutigen komplexen Gesell-schaft Probleme nur noch gelöst werden können, wenn sich Bürgerengagement mit solchen lokalen Instituti-

onen zusammentut. Lokale Institutionen, die bürger-nah und erreichbar sind, die Räume zur Verfügung stellen, die auch mal ihre Interessen zugunsten von Bürgerinteressen zurückstellen, die Selbstorganisation akzeptieren und sogar befördern, solche Infrastruktu-ren sind zwingend notwendig, wenn wir unsere gesell-schaftlichen Probleme lösen wollen. Wir werden es nicht schaffen mit Klientelisierung – oder wie soll ich das nennen? Also man kann das ja wunderbar in der Jugendhilfe sehen, die explodierenden Kosten bei den ambulanten und stationären Erziehungshilfen, ein Fass ohne Boden, ohne dass man wirklich sagen kann, dass sich in der Gesellschaft was ändert.Ellis Huber hat das heute auf eine ganz andere Art und Weise auch in den Vordergrund gestellt, wie Gesundheit entsteht. Ich glaube, Gesundheit entsteht, indem solche Zentren da sind, die sich bedingungslos den Bürgern öff-nen und sich immer wieder den Bürgern zur Verfügung stellen. Das wichtigste Produkt, behaupte ich jedenfalls, das wir haben, ist die Herstellung von Gemeinschaft.Gemeinschaft kann auf ganz viele verschiedene Arten und Weisen entstehen, durch ehrenamtliches Enga-gement, durch eine Singegruppe bzw. durch einen Chor, durch irgendeine Aktion, durch die Pflege eines gemeinsamen Hobbys. Das ist eigentlich völlig egal. Hier in Berlin sind über 50% Ein-Personen-Haushalte. Und wir stellen immer wieder Gemeinschaft her, weil kein Mensch ohne Gemeinschaft überleben kann.Ich glaube das, was Ellis Huber sagt, dass das für die Gesundheit und das soziale Wohlbefinden unabding-bar ist. Deswegen brauchen wir so eine Infrastruktur, die immer wieder soziale Gemeinschaft herstellt. Frü-her war das vielleicht die Familie oder die Kirchenge-meinde, die Gewerkschaft oder der Sportverein, aber die funktionieren heutzutage in dieser Weise nicht mehr. Und wir als Nachbarschaftsheime funktionieren bedingungslos, das heißt, niemand, der zu uns kommt, muss sich irgendeiner Bedingung unterwerfen. Ich muss kein Mitglied werden, ich muss nicht einer Reli-gion angehören, ich muss nicht irgendetwas glauben, hier dar f ich einfach so herkommen und auch wieder verschwinden.

Stephan Wagner: Na ja, aber da fehlt mir jetzt was, weil für mich gehört zu dem Begriff Gesundheit oder zu dem Begriff Gemeinschaft auch, dass ich bestimmen kann, dass ich in meiner Kraft bin und mein Lebensumfeld gestalten kann. Das heißt, für mich gehört auch das Element Gegenmacht dazu. Ich denke, dass Nachbar-schaftsheime auch immer ein Moment sind, wo Bürger sich auch notfalls gegen den Staat oder für ihre Inte-ressen einsetzen können. Für ihre Interessen, das kann mit dem Staat bedeuten, aber auch gegen den Staat, was von der Situation abhängt. Da wünsche ich mir in den nächsten 20 Jahren wieder etwas mehr Zähne im Gesicht der Nachbarschaftsheime und ein paar Krallen an der Hand. Aber die wachsen nicht von selber.Herbert hebt da hinten schon die Hand. Mit ihm hatte ich neulich mal darüber gesprochen, er erzählte mir, dass in New York inzwischen viele Nachbarschafts-heime dazu übergegangen sind, einen Community Organizer in den Nachbarschaftsheimen anzustellen. Das wäre zum Beispiel eine Sache, die ich gerne hätte, wenn wir das als Standardmethode mit reinnehmen würden, wenn die großen und die kleinen Nachbar-schaftstreffs auch einen Community Organizer hätten, der rausgeht, der guckt, wo die Interessen der Bürger sind, der die Bürger auch aufstachelt, für ihre Interes-sen einzutreten, damit sich in der Stadt was bewegt. Bewegung heißt auch, dass man sich wehtut.

Georg Zinner: Ich glaube, dass Nachbarschaftsheime oder Nachbarschaftszentren als Partner auch der

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Bezirke, meinetwegen auch der Senatsverwaltungen, agieren müssen. Da ist es notwendig, dass in den Verwaltungen erkannt wird, dass - um in einem Stadt-teil oder in einer Region die sozialen Probleme gut zu bewältigen - die Bürger notwendig sind, und dass die Bürger eine Infrastruktur-Einrichtung bzw. eine Anlauf-stelle brauchen. Und das sind wir.Wo es diese Einrichtung nicht gibt, müssen meiner Meinung nach die Bezirke solche Einrichtungen schaf-fen. Sie müssen sie nicht immer neu schaffen, man kann auch eine bestehende Seniorentagesstätte in ein Nachbarschaftszentrum weiterentwickeln, man kann auch ein Jugendfreizeitheim in ein Stadtteilzentrum weiterentwickeln. Man muss nicht zwangsläufig immer zusätzliche Mittel zur Verfügung stellen, sondern man muss sagen: Wir brauchen diese soziale Infrastruktur und wir brauchen die Bürger, die mithelfen, soziale Pro-bleme zu lösen. Dann wären wir wieder bei den The-men, wie wir den demografischen Wandel bewältigen, Migration und damit verbundene Probleme lösen, usw.Das geht nur mit dem Bürger zusammen, weil das die Institutionen nie alleine schaffen. Herr Meißner hat heute sehr eindrucksvoll geschildert, wie der Verband wahrgenommen wird. Ich denke, es gibt eine Bring-schuld des Verbandes, wie er auftritt in der Öffentlich-keit, wie er sich gegenüber der Politik präsentiert, wie er unsere Interessen vertritt, aber es gibt auch eine Bringschuld der Ämter, der Stadträte, der verantwort-lichen und leitenden Mitarbeiter, dass sie überlegen, welche Instrumente sie brauchen, um den demografi-

schen Wandel zu bewältigen. Da müsste ihnen schon einfallen, dass solche Häuser heute erste Wahl sind, um solche Probleme aufzulösen.

Stephan Wagner: Na ja, gut, aber wenn ich auch auf den morgigen Tag schaue mit dem Thema Inklusion und wenn ich an die Zukunft denke, dann haben wir als Nachbarschaftsheime im Augenblick eine Steilvorlage bzw. eine Riesenchance bekommen. Was beim Inklu-sionsgedanken da ist, dass ich sage, ich möchte für mich eine Welt, in der alle anwesend sind. Der Hoch-begabte, der Behinderte und der Kranke, der Lachende und der Weinende, die Welt soll so gestaltet sein, dass alle anwesend sein können.Das war immer auch der Anspruch der Nachbarschafts-heime, offen zu sein für alle, alle sind anwesend, alle können kommen. Damit sehe ich eigentlich unter die-sen Bedingungen, dass Inklusion zu einem zentralen Moment werden wird, aufgrund der Unterzeichnung der Behindertenkonvention, aufgrund der Diskussion in der deutschen Sozialarbeit, für die Nachbarschaftsheime in den nächsten 20 Jahren goldene Zeiten. Wir haben die praktische Er fahrung, wie es geht, weil Inklusion wird nicht angenehm sein, denn es wird Ärger geben, es wird jede Menge Debatten und Streit geben. Wer wird wie richtig inkludiert? Und wir wissen, dass es Streit gibt, und wir wissen, wie es geht. Von daher glaube ich, dass Nachbarschaftsheime mit dieser lokalen Bezo-genheit, mit dieser konkreten Arbeit vor Ort und mit dieser Haltung, die im Prinzip dieses inklusive Handeln schon beinhaltet, das ist das Mittel der Stunde. Was wollen wir mehr?

Herbert Scherer: Ich möchte was ergänzen: Ich denke, es ist wichtig, dieses Papier historisch einzuordnen. Es hat einen guten Grund, dass es gerade 1999 geschrie-ben worden ist. Es ging in gewisser Weise um eine Kritik an mir. (Gelächter) Und es sollte ein Befreiungs-schlag sein, weil nämlich Georg Zinner der Meinung war, dass wir in einer ganz gefährlichen Phase waren.

Stephan Wagner: Das waren wir ja auch.

Herbert Scherer: Es ging 1999 um die Vorbereitung des Stadtteilzentrenvertrages, und es bestand die Gefahr, dass der Senat bestimmt, was die Nachbarschaftshäu-ser tun und nicht die Nachbarschaftshäuser selber. Und in den Senatsverwaltungen gab es das Interesse, einen Einheitstypus zu definieren, der für alle, die ihm nicht entsprochen hätten, in der nächsten Phase gefähr-lich geworden wäre, weil man ihre Förderung in Frage gestellt hätte. Das, was die Verwaltung auf diese Weise festgelegt hätte, wäre den Einrichtungen mit den aus ihrer Geschichte und den Bedarfslagen vor Ort begrün-deten Unterschieden nicht gerecht geworden. In dieser Hinsicht war das Papier eine vorbeugende Kritik an mir. Ich war ja damals Geschäftsführer und es bestand die ernstzunehmende Gefahr - ich habe das selbst auch gemerkt -, dass eine Schere im Kopf die Politik des Ver-bandes bestimmen könnte. Es hätte passieren können, dass wir zu sehr danach geguckt hätten, was ins Konzept der Senatsverwaltungen passt. Es war nicht ungefähr-lich, dass wir jetzt die Fördergelder für die Einrichtungen verteilen und prüfen sollten, weil wir das ja im Auftrag des Senats tun sollten. Das bedeutete natürlich auch eine Loyalitätspflicht gegenüber diesem Auftraggeber, die in Widerspruch zu den Interessen der Mitgliedsein-richtungen und des Verbandes treten könnte. Das Papier war in dieser Situation ein Befreiungsschlag. Es bedeu-tete, dass wir uns die Definitionen nicht von anderen vorschreiben ließen sondern eigene Definitionen und eigene Zielbestimmungen vornahmen. Ich selbst hätte das damals nicht so schreiben können, weil ich durch die ständigen Verhandlungen mit den Senatsverwaltun-gen schon ziemlich befangen war.Und deswegen hat Georg Zinner angefangen, das zu schreiben, Freier hat das noch ein bisschen korrigiert. Freier kam aus der Verwaltung und hat die Gefahr, vor der wir standen, noch viel besser gesehen. Er hat vor allen Dingen reingeschrieben - ich übersetze das mal in eine andere Sprache: „Der Senat hat nicht zu bestim-men, was läuft, sondern die Bürger haben zu bestim-men, was läuft, und daran müssen wir arbeiten.“Ich finde, das ist ein wichtiger Aspekt, wenn es jetzt darum geht, das Papier irgendwie weiterzuschreiben,

dann muss man auch wieder den historischen Ort heute benennen, vor welchen Gefahren stehen die Ein-richtungen heute, vor welchen Gefahren steht der Ver-band heute. Es geht also nicht nur um zeitlose Inhalte sondern auch um die Bestimmung der historischen Situation und die daraus abzuleitenden Aufgaben. (Applaus)

Stephan Wagner: Mir geht es, wenn ich auf die nächs-ten 20 Jahre gucke, nicht darum, zu gewinnen oder zu siegen. Mir geht es darum, dass wir eine lebenswerte Welt organisieren. Mir geht es auch darum, wobei wir aber super aufgestellt sind, weil wir die vielen Ehrenamt-lichen mit reinnehmen, weil das integrierter Teil unse-rer Arbeit geworden ist, mir geht es darum, dass das gemacht wird, was der Bürger will, und nicht das, was der Staat will. Der Staat muss den Bürgern dienen und nicht andersrum.Das heißt, da muss auch Konflikt angelegt sein, damit man das deutlich macht. Wir müssen auch ein ganzes Stück weit wieder raus aus den Projektfinanzierun-gen. Das ist das Gift einer Staatssteuerung, die sich falsch entwickelt, weil der Staat die Projekte vor Ort nicht versteht. Je konkreter er steuern will, desto cha-otischer wird die Situation. Die Bürger vor Ort, wenn die Geld in die Hand bekommen – zusammen mit den Nachbarschaftsheimen -, dann können die was entwi-ckeln, was die verstehen und was notwendig ist. Teil-weise ist das aber etwas anderes als das, was der Staat will.

Petra Sperling: Ich möchte gerne noch für die späteren Diskussionsrunden den Blick erweitern auf Visionen, mir fehlt bislang nicht nur der Bezug zur Gegenwart, son-dern auch der gesamtstädtische Blick in die Zukunft. Zu den Ausführungen bislang: Wir haben heute 20 Jahre später, Berlin hat sich wahnsinnig verändert, die Stadt hat sich zu einer Mega-Metropole mit allen möglichen Auswirkungen entwickelt. Wir Stadtteilzentren merken das in all unseren Gebieten und teilweise auch unterei-nander. Also, was in Kreuzberg-Friedrichshain passiert, merken wir in Marzahn und in Staaken.

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Moderation: Elke Fenster und Markus Runge

Elke Fenster: Ich bin Geschäftsführerin des Moabiter Ratschlags und im Vorstand des Verbandes engagiert. Ich begrüße Sie ganz herzlich zu unserem Forum 1: Viel-falt bürgerschaftlichen Engagements zwischen Anspruch und Realität.

Markus Runge: Ich bin stellvertretender Geschäftsfüh-rer im Nachbarschaftshaus Urbanstraße und begrüße Sie ebenfalls ganz herzlich.

Elke Fenster: Wir haben zwei Beobachter/innen in unse-rer Runde, die sich nun vorstellen:

Anja Huber: Ich komme von der Stadt München und bin im Sozialreferat zuständig für die Bezuschussung der Träger, die die Nachbarschaftszentren einrichten.

Rainer Laudan: Ich komme aus Greifswald. Ich bin Vor-sitzender eines Vereins, der ein offenes Kinder- und Jugendhaus in einem Stadtteilzentrum in Schönwalde II, also einem Plattenbaugebiet in Greifswald, betreibt.

Weitere TeilnehmerInnen: Wilfried Nünthel, Stadtrat in Lichtenberg und viele MitarbeiterInnen aus vielen ver-schiedenen Nachbarschaftseinrichtungen, u.a.: Kiek In, Gemeinwesenzentrum Heerstr. Nord, Nachbarschafts-

Das heißt, ich wünsche mir eine konzentrierte Arbeit zwischen den Stadtteilzentren mit einem gesamtstädti-schen Blick auf die Geschehnisse hier in Berlin. Genau so möchte ich den Blick erweitern im Bereich Ehrenamt. Ich denke, wir sollten uns nicht vorrangig nur auf den Ehrenamtsbereich konzentrieren, bei dem Bürger tätig werden. Wie in anderen Metropolen, z.B. New York sollten wir darauf hinwirken, dass auch Unter-nehmen unterstützend tätig werden. So werden dort Mitarbeiter während ihrer Arbeitszeit freigestellt, um Lesepatenschaften für Kinder zu übernehmen. Auch bei Firmen sollte die politische Teilhabe am Gemeinwe-sen verstärkt angeschoben werden.

Frau Wilkening: Ich wünsche mir auch noch eine Erweite-rung. Ich unterstütze Dich, Petra, in dem, was du gesagt hast. Für mich ist aber auch noch sehr wichtig, wie es in den anderen Städten und Landkreisen aussieht. Was wird in Hessen gemacht? Wir sind ja der Bundesver-band, nicht nur der Berliner Verband. Der Fokus sollte auch darauf gerichtet werden, was unsere Kollegen in Rostock oder in Mecklenburg-Vorpommern machen. Wel-che Dinge können wir da noch lernen und auch weiter-geben, wo können wir den Weg miteinander gemeinsam gehen und Strategien entwickeln. Diesen Punkt möchte ich heute auch gerne noch besprochen haben in den Foren. Es sollte nicht zu berlinlastig werden, auch wenn wir hier in Berlin sind und es sehr viele Einrichtungen hier gibt. Aber das lokale Handeln ist einerseits wichtig, andererseits bringt uns auch das nationale Handeln wei-ter, auch in den lokalen Bereichen.

Teilnehmerin: Das ist kein Widerspruch.

Georg Zinner: Um Petra zu antworten, das ist auch kein Widerspruch. Wenn ich unsere Beispiele nehme, wir kooperieren natürlich mit einer ganzen Reihe von Geschäftsleuten. Es gibt hier die PSD-Bank, kann ich nur empfehlen, die mit uns kooperiert und in Friedenau soziale Projekte oder Kulturprojekte mit uns zusammen macht. Oder wir arbeiten mit Wohnungsbaugesellschaf-ten und Genossenschaften zusammen, was für Nach-

barschaftsheime eigentlich auch nicht ganz neu ist.Es ist aber auch so, dass es teilweise, höre ich von unseren Mitarbeitern, auch schon schwierig wird, weil die Firmen kommen und sagen, wir möchten unseren Social Day bei euch machen, wir haben 20 Mitarbei-ter, die haben diesen Tag ausgewählt, oder wir haben 50 Mitarbeiter, die müssten in den nächsten Monaten irgendwas machen. Wir werden quasi zum Organisator von den sozialen Einsätzen der fremden Mitarbeiter.Der Vorteil liegt darin, dass die sich mit uns als Einrich-tung und Nachbarschaftszentrum beschäftigen und mit uns in Berührung kommen. Der Nachteil liegt darin, dass die Mitarbeiter das nicht unbedingt freiwillig machen.Ich will das nicht infrage stellen, aber natürlich haben wir, wenn ich 20 Jahre oder noch mehr zurückdenke, mit solchen Firmen oder Betrieben auch Berührungsängste gehabt, während wir heute mit solchen Firmen zusam-menarbeiten. Das stellt uns vor neue Herausforderungen.Vor wenigen Wochen war zum Beispiel ein bundeswei-ter Verband für Klein- und Mittelstandsunternehmen da. Sie wollten, dass wir Mitglied bei ihnen im Verband werden, während sie andererseits mit uns kooperieren wollen. Ich weiß noch gar nicht, wie ich darauf reagie-ren werde.

Stephan Wagner: Aber das ist genau das, was wir jetzt in den Arbeitsgruppen besprechen sollten! Es geht darum, was wir jetzt machen werden, wie es weitergeht. Ich bin ganz gespannt, was da bis morgen rauskommt.

Willy Eßmann: Vielen Dank! Es beginnen dann um 15 Uhr die vier unterschiedlichen Foren.

heim Schöneberg, Stadtteilzentrum Kiezspinne in Lichtenberg; Nachbarschaftshaus in Friedenau, Stadt-teilzentrum Lichtenberg, Stadtteilzentrum Hohenschön-hausen-Nord, Stadtteilzentrum in Marzahn-Hellersdorf.

Elke Fenster: Im Zinner-Freier-Papier steht: Nachbar-schaftshäuser entstehen durch bürgerschaftliches Engagement. Die Vielfalt eines Nachbarschaftshauses wird von den Bürgerinnen und Bürgern definiert. Unser Forum beschäftigt sich mit diesem Anspruch und damit, wie es in der Realität aussieht. Für den systematischen Einstieg habe ich die verschie-denen Stufen der Partizipationsleiter dargestellt (Schau-bild).

Da ist die erste Stufe „Information“: man möchte auf-klären und gibt Informationen weiter, z.B. in Informati-onsveranstaltungen.

Die nächste Stufe ist die „Mitwirkung“. Mitwirkung ver-steht man hier eher konsultativ. Man klärt z.B. auf einer Veranstaltung über ein bestimmtes Bauvorhaben auf und möchte die Mitwirkung der Bürger haben, indem man sie um Vorschläge bittet. Sie können diese Vorschläge auf-schreiben, einschicken, formulieren – wie auch immer. Was man dann damit macht, darauf haben die Bürger/innen dann keinen Einfluss mehr, weil diejenigen ent-scheiden, die diese Statements eingeholt haben.

„Mitentscheidung“ sieht schon anders aus. Das ist die Ebene, die eher kooperativ angelegt ist, weil man hinter-her die Möglichkeit zur Mitsprache darüber hat, welche Vorschläge realisiert werden.

Dann kommt die nächste Stufe: „Entscheidung“. Ein kleines Beispiel: Eine Gruppe hat einen eigenen Etat und kann darüber entscheiden, wofür das Geld ausgege-ben wird. Hier wird Entscheidung abgegeben. Man stellt die Struktur und die Ressource zur Verfügung; die Bür-ger/innen entscheiden dann, was sie machen und sie sind dafür auch verantwortlich.

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Grundlagendiskussion / Weiterentwicklung des Zinner-Freier-Papiers von 1999

Vielfalt bürgerschaft-lichen Engagements zwischen Anspruch und Realität

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Jahrestagung Stadtteilarbeit 2012 Fit für die Zukunft 4342

Die oberste Stufe ist die der „Selbstverwaltung“. Das heißt, dass auch die ganze Struktur usw. von Bürgern bestimmt wird.Am Ende des Workshops werden wir eine Zuordnung unse-rer Ergebnisse zu den Partizipations-Stufen vornehmen.Ich bitte Sie jetzt, Beispiele für Beteiligung und Engage-ment in Ihren Einrichtungen auf die Karten zu notieren.Nach dem Ausfüllen und Anpinnen der Karten gibt es für alle TeilnehmerInnen die Möglichkeit, alle Karten zu lesen sowie einzelne Karten mit Fragezeichen oder Ausrufungszeichen zu kommentieren. Das Fragezeichen steht für Unklarheit und Bitte um nähere Erläuterung, das Ausrufungszeichen für die Einschätzung „Das finde ich bemerkenswert!“Anschließend werden die markierten Karten nacheinan-der besprochen:

Teilnehmerin: Wir machen Veranstaltungen zu bestimm-ten Themen aus dem Stadtteil. Vor ein paar Jahren wurde eine Schule zu einer Integrationsschule, was ein ganz heißes Thema war. Es gab Ärger, viele Leute woll-ten ihre Kinder nicht mehr in die Schule schicken. Dazu machen wir dann eine Veranstaltung.Oder die Leute kommen selber ins Haus und sagen, dass sie unsere Räume nutzen wollen, um eine Veranstaltung zu machen. Dazwischen gibt es auch noch vieles.

Elke Fenster: Hier ist ein Kärtchen: „Im Stadtteilzent-rum fließen Ideen ein, Anforderungen, Entscheidung treffen wir.“ Bitte eine kurze Erklärung dazu.

Teilnehmerin: Wir sind ein kleines Stadtteilzentrum mit einem ziemlich breiten Wirkungsgrad, das sind ca. 20.000 Einwohner in einem sozialen Brennpunkt. Natürlich sam-meln wir Informationen darüber, was die Bürger brauchen oder möchten. Wir sind Träger von unterschiedlichen anderen Projekten, zum Beispiel auch vom Quartiers-verfahren, und kommen automatisch an diese Wünsche heran. Wir sortieren und legen fest, aber entscheiden können das nur wir bzw. wir setzen das dann um.

Teilnehmer: Das ist schon ein Hinweis auf die Partizipa-tionsstufen. Es gibt untere Partizipationsstufen, die ihr darüber abdeckt.

Teilnehmerin: Wie werden die Ideen ermittelt?

Teilnehmerin: Wir machen große Wandtafeln bei Stadtteil-festen: Was gefällt uns hier? Was möchten wir anders? Was soll schöner sein? Wir haben auch schon mal Inter-views gemacht. Oder wir benutzen einen Zettelkasten.Im Quartiersverfahren haben wir durch die Quartiersräte natürlich auch Entscheidungsgremien.Aber ansonsten sind wir es, die die Entscheidungen treffen.

Teilnehmerin: Wovon sind die abhängig? Ist das von den finanziellen Voraussetzungen abhängig? Oder ist das eher von den personellen Voraussetzungen abhängig?

Teilnehmerin: Von beidem, aber sicherlich geht es auch um den Inhalt, was gerade passt oder welche Schwer-punkte in diesem Jahr gesetzt wurden.

Teilnehmerin: Aber wenn der Bürger sagt, dass er die-ses Thema wichtig findet? Mit dieser Entscheidung, die ihr trefft, entfernt ihr euch wieder von den Vorschlägen. Deswegen fragte ich, wovon das abhängig ist.

Teilnehmerin: Das bestimmen wir und es ist abhängig von den Zielen. Es muss auch personell passen. Manch-mal fragen Bürger nach einer Nähgruppe, aber wir haben schon Nähgruppen. Stattdessen gibt es eine Nachfrage, dass Gruppen in unserem Kulturzentrum proben oder

auftreten wollen, dann würde ich deutlich sagen, dass diese Gruppe, die auftritt und nach außen einen Output für die Bürger bringt, die Unterstützung bekommt – im Gegensatz zur Nähgruppe.

Teilnehmerin: Kriegen die Bürger eine Antwort bzw. ein Argument, weshalb das nicht aufgegriffen wird?

Teilnehmerin: Ja. Manche ärgern sich dann auch und meckern, aber manchmal verstehen sie es. Die Karte war mir auch wichtig, weil ich finde, dass man ehrlich sagen muss, wie die Entscheidungsstrukturen sind. Ich möchte nicht herummauscheln. Wir sind zwar einerseits bürgernah, aber man muss klar sagen, dass man auch top-down strukturiert.

Elke Fenster: Die Ideenbörse, da gab es ein Fragezeichen.

Teilnehmerin: Das kommt von mir und bedeutet, dass wir dreimal im Jahr Ehrenamtliche und die Bürger allge-mein aufrufen, gemeinsam Ideen zu sammeln, was in unserem Nachbarschaftshaus an Angeboten neu entwi-ckelt werden kann bzw. ob es Verbesserungsvorschläge für bereits bestehende Angebote gibt.Ich sage aber dazu, dass das schon ein bisschen mit dem nächsten Fragezeichen zusammenhängt, Selbst-verwaltung. Ich war vorhin nicht ganz einverstanden mit allem, was Professor Wagner und Georg Zinner gesagt haben, weil meine Praxis bzw. mein Leben anders ist. Was wir machen, das ist schon sehr stark abhängig von personellen und finanziellen Ressourcen. Wenn wir neue Angebote entwickeln, was wir gerne möchten, dann kon-zentrieren wir uns auch auf die Aktivierung und auf die Übernahme von Verantwortung durch Ehrenamtliche.Die Kapazitäten sind erschöpft, auch die vom Perso-nal, das Angebote begleiten kann. Es muss zunehmend darum gehen, dass die Menschen, die hauptamtlich tätig sind, wirklich nur die Rahmenbedingungen sichern, während die Ehrenamtlichen, also die Bürgerinnen und Bürger, ihre Angebote im Haus selbst gestalten. Des-wegen hängen die beiden Dinge, die ein Fragezeichen auf der Karte erhalten haben, unmittelbar zusammen.

Teilnehmer: Wie viele Ideen kommen durchschnittlich bei der Ideenbörse zusammen? Und wie viele Ideen setzt Ihr davon um?

Teilnehmerin: Wir müssen das ein bisschen ordnen. Ihr erlebt das sicherlich auch, wenn viele Menschen in so einem Haus sind, dann haben viele Menschen gute Ideen und erwarten, dass irgendeiner diese Idee umsetzt. Das läuft natürlich nicht ganz so, trotz größter Anstrengungen, weil wir einfach die Kräfte nicht haben, also haben wir gesagt, wir konzentrieren das und orga-nisieren Ideen-Börsen. Wir laden dann dazu ein und machen unterschiedliche Er fahrungen. Menschen, die zwischendurch ganz viele Wünsche und Ideen haben, kommen dann vielleicht gar nicht zu dieser Ideenbörse bzw. äußern sich dort nicht. Es gibt aber auch Men-schen, die ansonsten nicht viel sagen, aber dann in so einer Ideenbörse durch die anderen Teilnehmer ange-regt werden, sich zu äußern. Das ist sehr unterschied-lich.

Teilnehmerin: Sind die Leute, die zur Ideenbörse kom-men, überwiegend die Nutzer, die schon im Haus sind, oder kommen auch Nachbarn dazu, die noch nicht einge-bunden sind?

Teilnehmerin: Es sind tatsächlich vorwiegend die Men-schen, die da sind. Ab und zu bringen sie auch mal ein neues Gesicht mit rein, aber das ist nicht ganz so, wie wir uns das wünschen.

Forum 1 / Vielfalt bürgerschaftlichen Engagements

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Wir arbeiten auch als Beschäftigungsträger. Wir haben häufig wechselnde Maßnahmen und Teilnehmer, wodurch immer schon völlig neue Gesichter vor Ort sind. Viele bleiben uns nach der Maßnahme treu. Das ist ein gewisser Stamm, aber es kommen immer wieder neue Leute dazu.

Elke Fenster: Die bleiben ehrenamtlich dabei, das ken-nen wir auch. Dann haben wir hier das Thema „Bedürf-nisformulierung“.

Teilnehmerin: Ich wollte damit zum Ausdruck bringen, dass die Leute, die zu uns kommen, auch Bedürfnisse formulieren und das auch dürfen. Ich verstehe unter bür-gerschaftlichem Engagement, wenn jemand kommt und sagt, ich brauche dies oder das. Dann habe ich vielleicht noch drei oder vier andere Leute, die das auch brau-chen und die wollen das gerne umgesetzt wissen, wie auch immer das hinterher passiert. Man kann Beratung vermitteln oder sie wollen Interessensgruppen gründen, also sie haben Bedürfnisse und möchten sie äußern. Das finde ich relativ niedrigschwellig.

Teilnehmerin: Und das wird auch nicht gleich damit ver-bunden, dass sie dann bitte auch selbst aktiv werden sollen?

Teilnehmerin: Wenn das funktioniert, ist es natürlich super, aber in den allermeisten Fällen ist es nicht so. Wir versuchen dann Leute zu finden, die das machen können.

Elke Fenster: Hier ist eine Karte, auf der steht: „Inhalt-liche Ausrichtung meiner Arbeit“.

Teilnehmerin: Ja, die ist von mir. Ich mache den Treff-punkt 50 Plus hier im Nachbarschaftsheim Schöneberg. Ich habe Gruppen, die alle von Ehrenamtlichen geleitet werden. Wenn eine neue Gruppe entsteht, entsteht die auch aufgrund eines Anliegens von Ehrenamtlichen. Ich gehe aktiv auf die Leute zu und frage, was sie wollen und was sie bereit sind, dafür zu tun. Wenn jemand zu mir kommt und etwas machen möchte, dann schaffe ich den Rahmen, damit er das machen kann.Ich habe jetzt 50 Plus, diese neuen Alten. Ganz viele Angebote brechen jetzt über mich ein, die vor zehn Jahren noch nicht nachgefragt waren, angefangen vom Salsa-Kurs bis zur Philosophiegruppe. Ich sehe zu, dass wir das alles irgendwie unterkriegen. Wenn nicht hier im Haus, dann in anderen Häusern, die wir haben.Auf meiner anderen Karte ist NA übrigens eine Abkür-zung für Nachbarn, meine Gruppen nennen sich „nach-barninitiiert und geleitet“.

Teilnehmerin: Bei uns im Haus ist ein Werkstattcafé. Wie bei vielen Punkten bei uns im Nachbarschaftshaus engagieren sich da die Menschen ehrenamtlich. Als wir das geplant haben, hatten wir uns zusammengesetzt und gefragt, was sie da gerne drin haben wollen. Ande-rerseits ging es auch darum, die Tage konkret zu gestal-ten. Es gibt jeden Tag einen anderen Thementag. Montag ist Recyclingkunst, Dienstag ist Beratungstag, Mittwoch haben wir Keramikwerkstatt, Donnerstag Textiltag. Da sind einige ehrenamtlich Engagierte mit dabei, die prak-tisch was tun, aber wir haben es in verschiedenen Pla-nungstreffen auch mit ihnen zusammen entwickelt. Das waren Team-Planungstreffen mit den Engagierten.

Teilnehmerin: Wie ist das Verhältnis von den ehrenamt-lich Engagierten und den Hauptamtlichen?

Teilnehmerin: Für das Werkstattcafé sind hauptamtlich zwei Kollegen zuständig, die über Bürgerarbeit im Haus sind. Es gibt eine Hauptamtliche, die das koordiniert.

Ehrenamtlich engagieren sich gerade in einer Kinder-gruppe zehn Kinder, zwei Mütter, zwei Schneiderinnen, eine Strickerin, ungefähr fünf Keramikkursleiterinnen. Die bieten konkrete Sachen an, Schnupperworkshop Reißverschluss einnähen, Angebote für Mutter und Kind und für Erwachsene, usw.

Elke Fenster: „Bemerkenswert“ wurde die Karte „Arbeitsausschuss des Vorstandes“ markiert. Kann jemand was dazu sagen?

Teilnehmer: Ich habe das damals beim Mittelhof in den 80er Jahren sehr massiv erlebt. Die Arbeitsausschüsse waren damals eher kontraproduktiv.Darunter hat auch die Geschäftsführung gelitten. Ein Vorstand ist im Prinzip eine ehrenamtliche Angele-genheit. Von den Mitgliedern des Vereins werden Vor-stände gewählt, die Verantwortung tragen und mit der Geschäftsführung gemeinsam beraten, wie es geht. Im Mittelhof war damals die Konstruktion, dass der Vor-stand seine gesamte Macht an den Arbeitsausschuss abgegeben hatte und der Arbeitsausschuss paritätisch besetzt war. Die eine Hälfte waren Mitarbeiter und die andere Hälfte kam aus der Nachbarschaft.

Teilnehmerin: Der Arbeitsausschuss war, für diese Zeit gedacht, ganz vorbildlich. Das waren vier Ehrenamtliche der Einrichtung, also vier Bürger aus der Region, und vier Mitarbeiter. Es gab eine Drittelparität, also in den Gremien war wirklich eine Bürgerbeteiligung angedacht. Aber die Hauptamtlichen haben die Bürger rausgedrängt und die Plätze wurden anders verteilt.

Markus Runge: Bei uns ist der Arbeitsausschuss ein erweiterter Vorstand. Wir haben insgesamt neun Ehren-amtliche, die sich regelmäßig mit der Geschäftsführung treffen, um die Entwicklung des Nachbarschaftshauses zu besprechen und gemeinsam zu gestalten.

Elke Fenster: Dann ist hier noch eine Karte, die als bemer-kenswert gekennzeichnet wurde: „Ehrenamt in allen Berei-chen - Öffentlichkeitsarbeit, Organisation, Gruppen, usw.“

Teilnehmerin: Bei uns im Nachbarschaftsheim gibt es 1.500 Ehrenamtliche, von der Öffentlichkeitsarbeit, der Gruppenleitung bis hin zur Elternvertretung. Also zum Beispiel in meinem Bereich geht es einfach nicht ohne Ehrenamt.Zum Beispiel in unseren Kitas, da gibt es nicht nur Elternvertreter, sondern Leute, die die Gärten machen, die mit den Kindern Naturprojekte machen. Der Singe-kreis geht einmal im Jahr in die Kitas und sie singen mit den Kindern. Dann kommen die Kinder her und dann wird zusammen gebacken oder gekocht. Bei uns im Haus gibt es auch eine Koordinationsstelle nur für das Ehrenamt, in der Erstgespräche geführt werden.

Elke Fenster: Dann gehen wir zum bürgerschaftlichen Engagement im Stadtteil über. Fragezeichen bei „Bürger-Jury, Kiezfonds“. Was ist das genau?

Wilfried Nünthel: Im Bezirk Lichtenberg vergibt der Kiez-fonds für jeden Stadtteil 6.000 EUR pro Jahr. Diese Mittel werden im Kiez durch Bürgerinnen und Bürger verteilt. Das Geld steht zur freien Verfügung. Die interessierte Öffentlichkeit bzw. die Bürger/innen können Anträge stel-len, wie diese Mittel verwendet werden sollen. Und die Bürger-Jury entscheidet darüber. Die Bürger-Jury setzt sich aus Bewohner/innen zusammen, die nach dem Zufallsprinzip ausgewählt und angefragt werden. Es sollte vermieden werden, dass immer dieselben Verdächtigen in der Jury sitzen und das Geld verteilen, deswegen gibt es die halbwegs objektivierte Form der Auswahl. Inter-essant ist, dass die meisten angeschriebenen Bürger/innen sagen, dass sie sich die Jury-Mitarbeit vorstellen können und mitmachen. Diese Teilhabe ist auf zwei Jahre beschränkt, danach wird wieder neu ausgewählt.Betreut wird das Ganze durch die Stadtteilzentren. Die Stadtteilzentren bekommen die Mittel als Zuwendung übertragen und müssen sie wieder abrechnen, so dass die Bürger/innen und die Jury nichts mit der formalen Abwicklung der Gelder zu tun haben. Die können frei ent-scheiden, da redet ihnen keiner rein, da gibt es keine Vorgaben des Bezirks bzw. des Zuwendungsgebers, son-dern die können wirklich selbst verwaltet über diese Mit-

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tel verfügen. Natürlich besteht der gesetzliche Rahmen nach wie vor, die können nicht Autos kaufen oder so was.

Teilnehmer: Wir machen das auch bei uns im Kiez. Wir haben als Verwaltungsstelle damit richtig gute Erfah-rungen gemacht. Diese Jury arbeitet ehrenamtlich aber professionell. Sie nehmen das richtig ernst. Einzelne Projekte dürfen bis maximal 1.000 Euro gefördert wer-den. Die Selbstverwaltung läuft so, dass wir die Logistik machen. Es gibt eine Aufsichtsperson des Bezirksam-tes, die die rechtlichen Dinge abklärt und darauf achtet, dass die Richtlinien eingehalten werden. Aber ansons-ten funktioniert das autark, die Bürger-Jury entscheidet selbst. Wir haben damit gute Erfahrungen gemacht. Bei uns im Kiez wird das sehr gut angenommen.

Teilnehmer: Wenn Bürger kommen und einen Antrag für den Kiezfonds stellen wollen, dann informieren wir,

welche Formalien einzuhalten sind, in welchem Rahmen was möglich ist, also diese begleitenden Dinge werden im Stadtteilzentrum gemacht, aber die Jury arbeitet selbstständig und autark.

Markus Runge: Sind das Mittel, die am Ende des Jahres ausgegeben sein müssen?

Teilnehmerin: Ja. Wir geben uns redlich Mühe, es aus-zugeben, damit die Mittel nicht wieder in den Haushalt zurück fließen. Bei der Größenordnung ist das auch machbar.

Teilnehmerin: Ich finde es bemerkenswert, dass der Bezirk das Geld rausgibt. Das ist auch noch mal ein Unterschied, wo wir Geld herbekommen. Hier gibt die Verwaltung wirklich Verantwortung ab.

Elke Fenster: Karte „Aktives Erfragen von Interessen und Gestaltungsvorschlägen“

Teilnehmerin: Ich spreche die Leute persönlich an und warte nicht darauf, dass jemand zu mir kommt. Ich gehe auf die Leute zu, von denen ich glaube, dass sie bei mir vielleicht was machen wollen würden. Ich frage sie, ob sie nicht Lust hätten, was in ihrem Stadtteil zu machen. Dazu gehe ich auf Feste oder einfach mal in ein Café und setze mich eine halbe Stunde hin.

Teilnehmer: Was sind „Kiezaktive“?

Teilnehmerin: Ein Kiezaktiv ist ein Zusammenschluss von Bürgern, die in dem kleinen Raum, in dem sie sich bewegen, aktiviert teilnehmen. Sie beobachten, was im Kiez passiert. Sie unterhalten sich darüber, was man im Kiez besser machen kann. Sie laden Fachleute ein, um sich Dinge erklären zu lassen.

Teilnehmer: Ist das Selbstorganisation? Das Stadtteil-zentrum gibt nur den Rahmen, also die Örtlichkeiten, ggf. Verbindungen, aber die Inhalte stellen sich die Kiez-aktive selber?

Teilnehmerin: Ja.

Teilnehmerin: Ist das eine feste Gruppe?

Teilnehmerin: Das ist eigentlich eine feste Gruppe. Aber je nach Thema kommt der eine oder der andere noch dazu.

Teilnehmerin: Aber Beziehungen untereinander entwi-ckeln sie auch.

Teilnehmerin: Genau. Sie organisieren auch ihre Nach-barschaftsfeste selber.

Teilnehmerin: So eine Art Bürgerverein ohne e.V.?

Teilnehmerin: Genau, ja.

Teilnehmer: Im Gegensatz zu solchen Initiativen, die meistens ein gemeinsames Thema haben, sind die „Kiezaktiven“ breiter aufgestellt.

Teilnehmer: Man kann sie ansprechen und sagen, hört mal, da ist ein Problem.

Teilnehmer: Wie bilden die sich? Lösen die sich dann selber wieder auf?

Teilnehmer: Die bilden sich und lösen sich von selber wieder auf. Wir begleiten sie und sehen ja, ob welche kommen oder gehen.

Teilnehmerin: Das ist auch nicht in allen Stadtteilen so wie in Hohenschönhausen-Nord. Bei uns in Alt-Lichten-berg gibt es so etwas nicht.

Teilnehmerin: Aber das ist nicht an Kiezfonds gekop-pelt?

Teilnehmerin: Nein, überhaupt nicht, das hat damit nichts zu tun. Das sind Bürger, die sich für bestimmte Themen interessieren und zusammen was machen. Manchmal sind es auch die üblichen Verdächtigen.

Teilnehmerin: Aber hat es mit dem Bürgerhaushalt zu tun?

Elke Fenster: Wer kann den Bürgerhaushalt erklären?

Wilfried Nünthel: Das Bezirksamt hat definiert, welche Haushaltsmittel nicht zweckgebunden sind, sondern freiwillige Leistungen enthalten. So wird den Bürgerin-nen und Bürgern die Möglichkeit eingeräumt, zu diesen freiwilligen Leistungen Vorschläge zu unterbreiten, was damit konkret verbunden sein soll. Das endet im konkre-ten Fall in Parkbänken oder Papierkörben und ähnlichen Sachen.Was ich persönlich als Manko empfinde, ist, dass der Grundgedanke lautet, wenn ihr was dazu haben wollt, müsst ihr woanders was wegnehmen. Was dazuhaben wollen, funktioniert ja gut, aber das Wegnehmen funkti-oniert überhaupt nicht. Da gab es schon verschiedene Experimente und es wurde mit Minuspunkten gearbeitet und so was, aber das ist schwierig.Letztendlich ist das hier, um der Bevölkerung im Bezirk deutlich zu machen, dass das nichts Anonymes ist, son-dern dass man eine Vorstellung auch als Bürger/in hat, welche Themen diskutiert werden, und die Möglichkeit einer Mitwirkung eingeräumt wird. Die Entscheidungen über die Vorschläge trifft die BVV, also es entscheiden nicht die Bürger. Es gibt eine Sammlung von Themen bzw. von Vorschlägen. Zu diesen Vorschlägen arbeitet die Verwaltung eine Stel-lungnahme aus, wobei es darum geht zu klären, was machbar ist oder was warum nicht machbar ist. Die Vorschläge mit den Stellungnahmen der Verwaltung bekommt die BVV auf den Tisch und die entscheidet über jeden einzelnen Vorschlag. Jede Entscheidung erscheint in einer Art Rechenschaftsbericht und wird so zurückgespiegelt.

Petra Sperling: Wie kommt es, dass das Bezirksamt so innovativ ist? Wenn ich an das Spandauer Bezirksamt denke, da ist es anders. Die nehmen die Bürger sehr ernst, auch wenn es Kritik gibt, die Bürger werden in die Verwaltung aktiv mit einbezogen, was ich wirklich sehr gut finde.

Forum 1 / Vielfalt bürgerschaftlichen Engagements

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Wilfried Nünthel: Lichtenberg hat damit 2002 angefan-gen. Seitdem hat es mehrere Veränderungsprozesse gegeben. Wir lernen da auch ein Stück weit. Auch hier ist es schon so, dass man verschiedene Formen von Beteiligungen hat. Es gibt öffentliche Veranstaltungen, die von den Stadtteilzentren getragen werden. Es gibt eine Beteiligungsmöglichkeit über das Internet. Es wer-den wieder nach dem Zufallsprinzip Leute ausgewählt, die dann Post bekommen, damit sie sich schriftlich äußern können. Die aktivste Form ist die über das Internet, ganz eindeutig, weil darüber die meisten Vor-schläge kommen.Am Ende muss man sich ernsthaft damit befassen und das macht der Bezirk Lichtenberg schon über einen län-geren Zeitraum.

Elke Fenster: Was ist ein „Baubeirat“?

Teilnehmerin: Ein Baubeirat wird gegründet, wenn es ein Bauvorhaben gibt, wo die Bürger die theoretische Mög-lichkeit haben, sich einzubringen.

Teilnehmerin: Das sind Extra-Gremien, die aus Bürgern bestehen, die dann bestimmte Entscheidungen treffen können.

Teilnehmer: Das hat auch einen konkreten Hintergrund. Der konkrete Hintergrund für die Baubereiche sind Maß-nahmen im Rahmen des Stadtumbaus, also konkrete Stadtumbauprojekte. Bei der Mittelzuteilung für den

Stadtumbau ist durch die Senatsverwaltung für Stadt-entwicklung vorgegeben, dass eine Bürgerbeteiligung verlangt wird.Das machen wir richtig in Form eines Baubeirates. Das heißt zum Beispiel, am Fennpfuhl wird der öffentliche Raum umgestaltet, wofür Mittel zur Verfügung stehen. Der Baubeirat setzt sich aus interessierten Bürgerinnen und Bürgern zusammen, auch aus Geschäftsleuten, die dort ansässig sind, also unmittelbar davon betrof-fen sein können, und der Baubeirat Fennpfuhl hat eine Stärke von 18 Leuten. Die treffen sich in regelmäßigen Abständen, informieren sich über das Vorhaben, bera-ten darüber, äußern ihre Meinung über die einzelnen Abschnitte in der Planung und in der Umsetzung der Planung, sind also ständig einbezogen. Sie bekommen Informationen vor Ort, was viel intensiver ist, als wenn man nur was aufschreibt und ins Netz stellt oder eine Mitteilung macht oder einen Artikel schreibt.

Teilnehmerin: Haben sie denn wirkliche Handlungsspiel-räume? Haben ihre Vorschläge auch Umsetzungschancen?

Teilnehmer: Ja. Dort werden in der Regel die ersten Pla-nungsentwürfe vorgestellt. Diese Entwürfe werden dis-kutiert und je nach Ergebnis der Diskussion kommt es zu Veränderungen. In der Phase, in der Veränderungen vorgenommen werden können, ist eine konkrete Ein-flussnahme möglich. Entweder wird der Platz mit einer anderen Oberfläche gestaltet oder die Bäume werden anders hingesetzt. Da findet etwas statt, das ist keine Schaufensterpolitik.

Elke Fenster: „Kiezatlas“. Was hat der mit Bürgerbetei-ligung oder Engagement zu tun?

Teilnehmerin: Im Kiezatlas haben Menschen mit Beein-trächtigungen gemeinsam mit Einrichtungen, die sich in der Arbeit für Menschen mit Beeinträchtigungen einset-zen, zusammengestellt, was es für inklusive Lieblings-orte gibt. Der Kiezatlas ist in Leichter Sprache und mit vielen Symbolen erstellt worden. Der Kiezatlas des VskA hat mit dem Projekt gar nichts zu tun.

Die Karte „Organisationsberatung Freiwilligenagentur“ betrifft mich auch. Ich habe dieses bürgerschaftliche Engagement im Alltag unserer Arbeit mehr unter dem Aspekt bürgerschaftliches Engagement und nicht Betei-ligung verantwortet und würde diese Karte tatsächlich aber auch noch gerne umformulieren in: „Engagement-Beratung“, also nicht nur Organisationsberatung, weil ich als Freiwilligenagentur natürlich nicht nur Organi-sationen zum Thema Bürgerschaftliches Engagement berate, sondern auch Menschen, die sich engagieren wollen.

Elke Fenster: Die Karte „Projektentwicklung mit Enga-gierten“ ist von mir. Da gibt es auch ein Fragezeichen. Die Karte geht in die Richtung, wenn Leute kommen, etwas machen wollen und fragen: Wie kann man am besten hier in diesem Stadtteil tätig werden? Mit wem müssen wir reden? Was gibt es schon? Was gibt es nicht? Es geht um eine Beratung in diesem Rahmen.Auf der nächsten Karte steht: „Selbstverantwortung, Selbsthilfegruppe im Labyrinth“?

Teilnehmer: Es gibt bei uns zwei Selbsthilfegruppen, die beraten völlig selbstständig. Die kriegen die Rahmen-bedingungen gestellt, einen Raum und Dinge, die sie benutzen können bei uns, aber sie engagieren sich sel-ber. Wir haben mit ihnen Kontakt, aber sie treffen sich völlig selbstständig bei uns.

Teilnehmerin: Das heißt, die Gruppe gibt Infrastruktur für die Gruppe. „Platzhauskooperation Verein – Bezirk“ habe ich hingeschrieben, weil ich das ein schönes Bei-spiel finde. Platzhäuser sind diese Häuser, die es auf vielen Berliner innerstädtischen Plätzen gab oder gibt. Bei uns am Teutoburger Platz steht davon noch eins: es ist in die Verantwortung einer Bürgerinitiative gegan-gen. Der Bezirk hat es hergerichtet, der Verein darf es kostenlos nutzen, hat dafür aber die Koordinierung über-nommen. Bürger/innen können dieses Platzhaus nutzen oder mieten für ihre privaten Feste. Es finden von der ehemaligen Bürgerinitiative bzw. zum jetzigen Verein Ver-anstaltungen statt, sie machen Stadtteilfeste, Kiez-Floh-

märkte, usw., und sie organisieren viermal im Jahr eine Platzaufräumaktion und laden dazu den ganzen Kiez ein.

Elke Fenster: Dann haben wir noch ein Fragezeichen bei „Infrastruktur für Engagierte“. Das ist eine Karte von mir. Das zielt in die gleiche Richtung, dass Bürgerinitiativen, Treffpunkte oder das Nachbarschaftshaus allen mögli-chen Gruppen, die aktiv werden wollen, Räume bieten, um Veranstaltungen zu machen. Wir müssen das Anliegen nicht als unseres empfinden, nur wenn etwas rechtsradi-kal oder rassistisch ist, ist das ein Ausschlusskriterium.

Elke Fenster: Ich möchte nun die Diskussion erweitern, ausgehend von dem Thema Bürgerbeteiligung, bürger-schaftliches Engagement: Was soll der Verband für uns tun in diesem Bereich? Und was können wir für den Ver-band tun?Zuvor aber möchte ich darum bitten, dass jede/r drei Punkte auf der Partizipationsleiter vergibt.

Markus Runge: Die Frage, die wir damit an Euch ver-binden, ist: Was gibt es in unseren Häusern an unter-schiedlichen Partizipationsstufen? Vielleicht könnt Ihr drei Schwerpunkte ausmachen: Gibt es eher Selbst-verwaltung, dann könnte man einen Punkt geben. Oder gibt es nur Informationen, dann könnte man drei Punkte geben. Es sollte sich eine Verteilung bzw. eine Gewich-tung ergeben.(Teilnehmer verteilen Punkte)

Teilnehmerin: Der Verband könnte diese verschiedenen Formen der Beteiligung transportieren. Oder man macht eine Veranstaltung zu dem Lichtenberger Modell und jemand aus Lichtenberg berichtet aus den bisherigen Erfahrungen. Den Informationsaustausch könnte man schon organisieren.

Stephan Wagner: Wir scheitern einfach an den Ressour-cen. Wenn wir sagen, was der Verband machen soll, dann muss man auch sagen, was der Verband hat. Wir haben Frau Monteiro, die nebenbei auch noch im Abge-ordnetenhaus sitzt.

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Teilnehmerin: Wenn wir uns die Frage stellen, was der Verband für uns tun kann, dann fragen wir uns natürlich auch, was wir für den Verband tun könnten. Das kön-nen ja auch wir übernehmen. Ich habe schon gesagt, dass mir ein Austausch ganz wichtig ist. Was ist in den verschiedenen Stadtteilen los? Es kam heute auch schon gut raus, dass man umdenken muss, in welchen Bereichen der Bürger eingebunden ist. Als Nachbar-schaftszentren müssen wir auch schauen, dass noch mehr an Bord kommen.Die Beispiele aus Lichtenberg zeigen, dass die Bürger noch mehr in das Gesamtkonzept eingebunden werden, aber auch die Verwaltung. Daran muss man arbeiten. Da müsste man auch das Zinner-Freier-Papier erweitern und weiterdenken, wenn es für das nächste Jahrzehnt tragfähig sein soll.

Gabriele Geißler: Ich denke, der Verband sollte weiter daran arbeiten, was er ja eigentlich bereits tut, nämlich immer wieder deutlich zu machen, dass Freiwilligen-arbeit und bürgerschaftliches Engagement nicht von selbst läuft, sondern Ressourcen braucht. Das ist eine ganz wichtige Forderung an die Politik, die immer wieder nachdrücklich gebracht werden muss.Ich weiß nicht, ob es der Verband leisten kann, aber er sollte zumindest versuchen, ein Stück weit daran zu arbeiten, zu analysieren, was passiert in Stadtteilzent-ren an freiwilliger Arbeit, an bürgerschaftlichem Engage-ment? Was leisten Freiwilligenagenturen? Was machen bezirkliche Freiwilligenagenturen? Bei uns in Marzahn-Hellersdorf gibt es da durchaus Abstimmungsbedarf. Das ist vielleicht auch eine Chance des Verbandes, sich noch mal sehr deutlich zu positionieren, was Stadt-teilzentren und Freiwilligenarbeit bedeuten und wie die Zusammenarbeit mit anderen funktionieren kann.

Teilnehmerin: Die Gleichstellung von bürgerschaftlichem Engagement und Ehrenamt finde ich nicht richtig und dies hat mich auch verwirrt in diesem Workshop, aber ich finde, wir als Mitgliedsorganisationen könnten mit unserem Verband gemeinsam eine Haltung entwickeln. Damit müsste der Verband auch an die Politik gehen und

deutlich machen, wofür das bürgerschaftliche Engage-ment da ist, dass es eben per se keine Entlastung für den Haushalt darstellt.

Teilnehmer: Was war verwirrend?

Teilnehmerin: Die Gleichsetzung von Bürgerbeteiligung und bürgerschaftlichem Engagement. Ich kann mich als Ehrenamtlicher in meinem Strickkurs engagieren, aber das ist noch kein bürgerschaftliches Engagement. Das ist eine verdienstvolle Tätigkeit in einem Kurs, aber unter bürgerschaftlichem Engagement verstehe ich etwas, was für meinen Kiez oder für mein Umfeld eine Relevanz hat.Wir als Stadtteilzentren bzw. als Hauptamtliche sind auch dafür da, in guter Zusammenarbeit mit den Ehren-amtlichen und bürgerschaftlich Engagierten ein Binde-glied zur Verwaltung zu sein. Ich war jetzt in mehreren Veranstaltungen, wo das vom Senat herausgegebene „Handbuch für Partizipation“ vorgestellt wurde. Da wur-den gute Beispiele dargestellt. Ich denke, das kann ein Knackpunkt für uns als Stadtteilzentren sein. Gerade in Bezug auf die Verwaltung können die Stadtteilzentren ein Vermittler zwischen Bürgerschaft und Verwaltung sein, denn die Potenziale, die bei den Bürgern vorhan-den sind, laufen ins Leere oder laufen sich tot, wenn sie alleine gelassen werden, gerade in Bezug auf die Verwaltung. Das ist eine Aufgabe, bei der der Verband eine auch für uns untereinander koordinierende Rolle spielt, damit wir unsere Erfahrungen austauschen und uns gegenseitig unterstützen können. In der Bündelung könnte der Verband dadurch auch Lobbyarbeit machen.

Stephan Wagner: Ich glaube, Herr Hinte hätte das begeistert gehört, er ist ja auch im Vorstand. Was kön-nen wir als Stadtteilzentren tun, um den Verband zu stär-ken? Aus meiner Sicht ist der Verband im Moment zu schwach gegenüber der Politik, weil er zu wenig gehört wird. Je mehr er gehört werden würde, desto mehr kann er für die Mitgliedsorganisationen tun.

Wilfried Nünthel:. Die Aufgabe der Mitgliedsorganisa-tionen ist es, im Rahmen ihrer Möglichkeiten auch für

den Verband zur Verfügung zu stehen, also nicht nur für sich als Organisation, sondern über die eigene Organi-sation hinaus auch für den Verband. Der Verband muss ein Stück weit inhaltlich gefüttert werden, damit er als Lobbyorganisation der Nachbarschaftshäuser und Stadt-teilzentren auftreten kann. Das Futter muss der Verband ja nicht selber mähen, sondern das Futter muss aus den Mitgliedsorganisationen geliefert werden. Ich weiß, dass das nicht einfach ist. Aber der Verband braucht was, womit er auch was anfangen kann.

Petra Sperling: Das Bild mit dem Futter finde ich auch schön. Nur wenn wir Wirkungen erzielen, haben wir ein bestimmtes Standing. Und wir müssen auch an unserer Außenwirkung arbeiten.

Teilnehmer: Als Greifswalder habe ich ja eine gewisse Außenansicht auf diese ganze Geschichte, weil ich nicht zu den Berlinern gehöre. Ich sehe das auch für uns als Bundesverband. Die Nähe hier in Berlin und die Wir-kungsweise des Verbandes in der Berliner Szene ist viel eher für den Aufbau der Verbandsspitze, der nicht selber weitergegeben werden kann, aber was hat das für Aus-wirkungen für uns in Greifswald? Birgit kann nicht nach Greifswald kommen und dort irgendwas machen. Aber ich würde mir insofern eine konzeptionelle Unterstüt-zung wünschen, was wir ja heute hier gemacht haben. Dass wir so etwas wie eine Konzeptbörse entwickeln, was im Verband gesammelt wird und den anderen Mit-gliedsorganisationen zur Verfügung gestellt wird. Das Internet macht alles möglich. Ich wäre für ein Forum im Internet mit einer Art Konzeptbörse für neue Ideen. Das ist dann abrufbar für Träger, die es dann ihren politisch Verantwortlichen vor Ort weitergeben können.

Rainer Laudan: Das ist ja eine Stärke des Verbandes. Ich nehme heute ganz viele Anregungen mit durch das, was wir hier zusammentragen. Darum sind diese Veran-staltungen für uns wertvoll, weshalb wir jedes Jahr zur Jahrestagung kommen. Dieses Forum ist für uns sehr wichtig. Vielleicht wäre es auch möglich, dass sich die Berliner öfter treffen, um solche Dinge miteinander zu

besprechen. Aber meines Erachtens wäre es eine völlige Überforderung, dieses Dreier-Kopf-Gremium im Verband zu einem Lobbysystem auszubauen, was an dieser Stelle den Verband in die Öffentlichkeit bringt. Was nützt es uns in Greifswald, wenn auf Bundesebene da irgendwas besprochen wird? Das nützt uns in Greifswald wenig.Ich kann Folgendes anbieten, ich denke mir, das ist zu realisieren: Wenn wir eine Seite hätten, auf die jeder sein Material laden kann, worauf alle Zugang hätten, dann hätten wir eine sehr einfache Form des Fachaus-tausches, der über Berlin hinausgeht. Ich kann mal gucken, dass wir das aufbauen. Wenn das eine PDF-Datei ist, dann schreibt man kurz rein, was da drin steht, wer der Autor ist, und lädt diese Datei hoch. Jeder kann das dann mit einer Suchfunktion finden.

Elke Fenster: Vielen Dank für diesen tollen Workshop!

Forum 1 / Vielfalt bürgerschaftlichen Engagements

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Jahrestagung Stadtteilarbeit 2012 Fit für die Zukunft 5352

Moderation: Thomas Mampel und Reinhard Hoffmann

Thomas Mampel: Wenn es Ihnen so geht wie uns, dann müsste Ihnen jetzt der Kopf qualmen, weil der Vormittag ja doch arg input-lastig war. Für dieses Forum haben wir uns vorgestellt, dass wir sehr wenig Input bieten und die Gelegenheit nutzen, die sich durch die Jahrestagung ja nicht oft bietet, um miteinander zu diskutieren, was das, was wir heute bereits gehört haben, für die weitere Entwicklung unseres Verbandes und seiner Mitgliedsor-ganisationen bedeuten kann.

Wir machen eine kurze Vorstellungsrunde. Mein Name ist Thomas Mampel. Ich bin Geschäftsführer vom Stadtteilzentrum Berlin-Steglitz. Ich war zeitweise im Vorstand der Berliner Landesgruppe des Verbandes für sozial-kulturelle Arbeit.Reinhard Hoffmann neben mir ist Jugendhilfeplaner beim Jugendamt in Berlin Zehlendorf-Steglitz und macht gleich einen ganz kurzen Input.

Reinhard Hoffmann: Wir arbeiten in der Jugendhilfepla-nung durch Kooperationen auf verschiedenen Ebenen miteinander. Ansonsten bin ich noch stellvertretender Jugendamtsleiter in Steglitz-Zehlendorf.

Bernhard Heeb: Ich bin der Geschäftsführer vom Nach-barschaftsheim Neukölln.

Hans-Georg Rennert: Ich komme aus dem Sprengel-haus im Wedding.

Christian Hanke: Quartiersmanagement Dierkow in Rostock

Jochen Kramer: Ich bin Leiter des Stadtteilzentrums Marzahn-Nord.

Andrea Delitz: Bürgerhaus e.V., Leiterin Nachbar-schaftszentrum Amtshaus Buchholz

Heike Effertz: Ich bin seit einer Woche zuständig im Sozialraum Friedrichshain-Kreuzberg für die sozialräum-liche Angebotskoordination.

Petra Patz-Drüke: Ich komme vom Bezirksamt Mitte und bin dort zuständig für die sozialraumorientierte Planungskoordination.

Theresa Hykel: Ich bin seit 1. September ganz frisch beim Theater der Er fahrungen, einem Projekt im Nach-barschaftsheim Schöneberg. Ein Wunsch wäre, diesen Begriff Sozialraum zu definieren, weil es verschiedene Diskurse darüber gibt.

Birgit Sunder-Plaßmann: Ich leite die Abteilung Beschäftigung und Qualifizierung im Nachbarschafts-haus Urbanstraße. Ich bin seit ein paar Jahren auch im Quartiersmanagement als Quartiersrätin tätig.

Ralf Gilb: Ich bin Projektleiter bei Outreach Mobile Jugendarbeit, das ist das Jugendprojekt in der GskA hier in Berlin.

Marco Koppe: Ich leite das Stadtteilzentrum in Hellers-dor f-Süd.

Hans Ferenz: Ich arbeite beim Nachbarschaftsheim Schöneberg und dort für die Öffentlichkeitsarbeit vom Theater der Er fahrungen, ein Seniorentheater.

Marianne Konermann: Ich bin im Nachbarschaftsheim Schöneberg zuständig für den Bereich Beschäftigung und Qualifizierung und für interne Fortbildungen.

Klaus-Peter Licht: Ich arbeite bei der Senatsverwal-tung für Gesundheit und Soziales für das Infrastruktur-förderprogramm Stadtteilzentren.

Uschi Köcher: Ich leite das Stadtteilzentrum Club Spit-telkolonnaden in Berlin-Mitte.

Ülker Radziwill: Ich bin sozialpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, dort stellvertre-tende Fraktionsvorsitzende. In meinem Wahlkreis habe ich das Nachbarschaftszentrum DIVAN e.V.

Carolina Böhm: Ehrenamtlicher Vorstand DIVAN e.V.

Ingrid Müller: Kinder- und Jugend gGmbH der Volkssoli-darität Berlin und ich leite das Nachbarschaftszentrum Bürger für Bürger in Berlin-Mitte.

Evelyn Ulrich: Ich bin Geschäftsführerin beim Verein für ambulante Versorgung, Träger vom Nachbarschafts-haus im Ostseevier tel in Berlin-Hohenschönhausen.

Jutta Husemann: Ich bin Leiterin vom Familientreff-punkt, der Träger ist die Kiezoase und das Pestalozzi-Fröbel-Haus.

Thomas Mampel: Vielen Dank! Wir haben ein oder zwei Berichterstatter/innen hier in dieser Runde, das ist ein-mal Herr Licht und einmal Frau Böhm. Sie haben die Auf-gabe, im letzten Teil dieser Veranstaltung das, was wir hier diskutieren werden, noch einmal auf den Punkt zu bringen. Das ist sehr entspannend für uns als Moderato-ren, weil wir uns vollkommen auf die Diskussion einlas-sen können und uns keine Gedanken darüber machen müssen, wie wir das alles nachher zusammenfassen.

Der Titel unseres Forums lautet: Dezentralisation war gestern, Sozialraumorientierung heute? Es gibt dazu

vier Spiegelstriche, die aus dem Zinner-Freier-Papier entnommen wurden:

- Die Region als Orientierungspunkt- Grundsatz Dezentralisation- Bündelung von Angeboten- Flexibilität und Kontinuität / Sicherung einer sozialen Infrastruktur und Reagieren auf Bedarfe.

Das stammt aus dem Jahr 1999 und seither ist viel Was-ser die Spree hinuntergeflossen, in München war es die Isar und in Bremen die Weser und in Rostock die Warnow. Wir haben in der Zwischenzeit eine sehr interessante Veränderung und einen sehr tief greifenden strukturellen Veränderungsprozess durchgemacht, der hier in Berlin so Mitte der 2000er Jahre begann und zwar unter der Über-schrift: Sozialraumorientierung in der Jugendhilfe.Reinhard Hoffmann hat diesen Prozess in Steglitz-Zeh-lendorf sehr intensiv vorangetrieben. Er hat auch viele Entwicklungen in Berlin beobachtet und wird kurz berich-ten, was diese Sozialraumorientierung in der Jugend-hilfe ausmacht. Wir werden wahrscheinlich bestätigt bekommen, was Stephan Wagner vorhin bereits gesagt hat, dass Gemeinwesenarbeit im Zentrum der sozialen Arbeit angekommen ist, viele Elemente aus den Grund-sätzen der Methodik Gemeinwesenarbeit finden sich in der Sozialraumorientierung wieder.

Was wir nach diesem kurzen Input heftig diskutieren wollen: Wenn Sozialraumorientierung in der Jugend-hilfe funktioniert und wenn es stimmt, dass es im Prinzip eine Übernahme unserer Grundmethodik in der Gemeinwesenarbeit ist, was bedeutet das dann für andere Arbeitsbereiche der Nachbarschaftshäuser oder Stadtteilzentren? Stichworte sind Seniorenarbeit oder Inklusion.

Und die zweite Frage: Wie muss dann Verwaltung und wie müssen vor allen Dingen Nachbarschaftshäuser und Stadt-teilzentren und ihre Mitarbeiter/innen auf diesen Prozess vorbereitet werden? Wie müssen sie sich aufstellen, um dann in dieser Entwicklung vorangehen zu können?

Fit für die Zukunft!?Forum 2

Forum 2 / Dezentralisation war gestern ...

Dezentralisation war gestern, Sozialraumorientierung heute?

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Reinhard Hoffmann: Um welchen Raum geht es eigent-lich bei der Sozialraumorientierung? Diese Frage ist am wenigsten interessant bei der Sozialraumorientierung, was ich auch erst nach und nach mitgekriegt habe. 2004 haben wir im Bezirk angefangen, diesen Prozess der Umgestaltung vorzunehmen. 2006 haben wir das abgeschlossen.Ich war damals Projektkoordinator und habe diese Prozesse begleitet. Dabei habe ich auch gelernt, dass Sozialraumorientierung nicht ein Raumkonzept ist, wo es darum geht, Sozialräume zu haben, um ent-sprechend Aktivitäten in den Räumen zu entfalten. Sozialraumorientierung ist ein Praxiskonzept, eine Phi-losophie, eine Werthaltung, ein Menschenbild, eine Prozessorientierung, eine Frage von Neuorientierung der Institutionen, weil soziale Prozesse derzeit einen Stand erreicht haben, dass wir uns in einer Transforma-tionsgesellschaft befinden und einen Paradigmenwech-sel vornehmen müssen.Auf einer anderen Tagung hat mal Herr Professor Wilcke gesagt, dass wir vergleichbare Prozesse von der Agrar-gesellschaft zur Industriegesellschaft haben, während wir uns von der Industriegesellschaft zur Wissensge-sellschaft bewegen, wodurch uns das, was mal kommt, völlig unbekannt ist. Das können wir heute noch nicht wissen oder sagen, insofern müssen wir uns auf offene zielunbestimmte Prozesse einlassen.Die Sozialraumorientierung ist ein Handwerkszeug oder eine Methode, eine Praxis, um diese zieloffenen Pro-zesse zu gestalten.

Ich habe ein paar Schlagworte, um das darzustellen: Es geht um strukturelle und inhaltliche und fachliche Perspektiven, die miteinander in Kontext gesetzt wer-den müssen. Bei der Sozialraumorientierung geht es einmal um eine Ressourcenorientierung. Auf der Ebene des Individuums sprechen wir davon, dass es darum geht, den Willen der Menschen zu akzeptieren, auch diesen Willen herauszufinden. In der Jugendhilfe geht es ja häufig auch um Hilfe und um Unterstützung. Was ist der konkrete Willen des Menschen, der zu uns kommt und Hilfe braucht? Mit welchen Kompetenzen

ist dieser Mensch ausgestattet? In welchem Umfeld lebt er? Welche Ressourcen finde ich in dem Umfeld? Das kann die Familie sein, der Freundeskreis.

Alle Fragestellungen, die von Menschen an uns heran-getragen werden, sind immer übergreifend und nicht auf ein einzelnes Problem bezogen. Ein Beispiel: Bedürfnisse von alten Menschen sind häufig identisch und spiegelgleich mit den Bedürfnissen von kleinen Kindern, was die Verkehrsinfrastruktur anbelangt, die Überschaubarkeit von Wegen, usw. Insofern ist diese Fragestellung dann auch eine Fragestellung, die ich nicht nur auf einen Einzelfokus setzen kann. Wer indi-viduell denkt, der hat schon verloren und den falschen Weg beschritten.Sozialraumorientierung ist auch ein spezifischer Arbeitsmodus auf der Ebene des Individuums. Wir müssen immer auf der Ebene der Partizipation sein. Im Umfeld geht es immer auch um die Frage von Ver-netzung. Stadtteil oder Sozialraum heißt immer über-greifende Fragestellung, fallübergreifend, kooperativ, als Konsequenz und auf der institutionellen Ebene, Träger, Jugendamt, geht es um die Fragestellung der Koordination.Sozialraumorientierung ist auch ein Organisations-prinzip, Matrixorganisation des Jugendamtes oder wie auch immer. Auf der individuellen Ebene er fordert jeder Fall auch eine systemische Betrachtung, jeder Fall ist eben auch kontextsensibel und immer auch von den Umfeldern abhängig. Deswegen haben wir auch eine Fallbearbeitung, die auf der Teamebene angesiedelt ist. Hier auf der Teamebene heißt es Kiezteam bei uns, in anderen Bezirken heißt es Fallmanagement. Und Fallmanagement bedeutet auch, das soziale Umfeld mit einzubeziehen bzw. bei uns sind das die freien Trä-ger, die an der Hilfeformulierung beteiligt sind.Organisationsprinzip Dezentralisierung: Deswegen habe ich das Fragezeichen im Titel nicht verstanden, weil Sozialraumorientierung heißt für mich auch, in die Fläche zu gehen, nicht zentral zu arbeiten, auf der Stadtteilebene zu arbeiten. Und Organisationsprinzip heißt eben auch Verknüpfung von fach- und sozialräum-

licher Perspektive: Welche Problemkonstellationen gibt es vor Ort? Welche Ressourcen habe ich vor Ort? Mit welchen Möglichkeiten und Chancen kann ich vor Ort arbeiten? Was kann ich davon entwickeln und für das soziale Zusammenleben nutzen?

Das sind die zentralen Linien in der Sozialraumorientie-rung. Ich führe das alles jetzt nicht aus, weil das ein eigener Vortrag ist. Aber ich will noch ein paar Ziele benennen: Worum geht es eigentlich? Auf der indivi-duellen Ebene geht es darum, lebensentfaltende Pro-zesse möglich zu machen. Das, was noch offen ist, was noch in der Entwicklung verharrt, ob das bei Kindern und Jugendlichen oder bei Familien ist, das soll dort entfaltet werden können. Dazu braucht man manchmal Stichwortgeber, Resonanzräume oder Unterstützungs-systeme, die auch Möglichkeiten anbieten.Für mich ist auch der Begriff Inklusion als Zielstellung sehr wesentlich, wenn man davon ausgeht, dass Inklu-sion mehr ist, als nur Behinderte in die Gesellschaft zu integrieren, sondern die Leitidee hat, dass alle Men-schen in dieser Gesellschaft dazugehören und alle Men-schen auch Teil dieser Gesellschaft und gleichwertige und anerkannte Mitglieder dieser Gesellschaft sind.Ziel: familienfreundliches Umfeld, das ist einfach relativ klar. Auf der Stadtteilebene, da muss ich Ihnen nichts sagen, müssen Nachbarschaft und Engagement geför-dert werden. Auf der institutionellen Ebene ist wichtig: nicht die Institution organisiert Menschen, sondern die Menschen organisieren die Institution. Das ist eigent-lich der Paradigmenwechsel, um den es geht. Wir kön-nen heute in diesen offenen Prozessen nicht von oben aus der Meta-Perspektive einer Verwaltung oder einer Organisation sagen, das ist richtig, das soll gemacht werden, sondern wir brauchen Resonanzräume und müssen mit Aufmerksamkeit hinhören und wahrneh-men, was die Themen sind, die sich in der Gesellschaft zeigen. Diese Themen müssen wir aufgreifen und in die eigenen Arbeitsprozesse einführen.Mit dem Thema Wirkungsorientierung bzw. Ergebnisori-entierung, das heißt Messung, befassen wir uns auch intensiv, wahrscheinlich nicht nur in der Jugendhilfe.

Ich möchte die Botschaft loswerden: Im Zentrum unse-rer Handlungen steht nicht die Messbarkeit, sondern die Angemessenheit von Angeboten. Durch die Ange-bote sollen die Handlungs- und Daseinsmöglichkeiten der Menschen in dieser Gesellschaft erhöht werden.

Auf der Stadtteilebene geht es darum, Strukturen und Prozesse zu organisieren, es wird also über die eigene Organisation hinausgedacht. Und auf der institutionel-len Ebene ist das Prinzip keine hierarchische Steue-rung, sondern eigentlich eine dezentrale Steuerung von unten. Wenn ich sage, dass nicht die Messbarkeit im Zentrum der Evaluation von solchen Angeboten liegt, dann ist die Frage, was wäre dann im Zentrum? Die soziale Praxis und soziales Handeln kann nur über Kommunikation, Interaktion und Diskussion evalu-iert und auch entwickelt werden. Das ist die zentrale Ebene, die wir in die Sozialarbeit wieder zurückholen müssen, dass wir sagen, Sozialarbeit ist ein kommuni-

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kativer Prozess, Sozialarbeit ist ein Prozess, bei dem verschiedene Ebenen, verschiedene Akteure und ver-schiedene Denkmodelle aufeinander stoßen. Das kön-nen wir nicht in eine Formel oder in ein Punktesystem packen. Das ist eigentlich die Herausforderung, vor der wir stehen.Ich weiß nicht, wie es bei Ihnen ist, aber bei uns in Ber-lin ist in der Diskussion, wie man agieren und sicher-stellen kann, dass einerseits die Akteure das Richtige machen, andererseits brauchen wir Modelle, die ange-messen sind für das, was wir tun, nämlich soziale Arbeit. Vielen Dank!

Thomas Mampel: Der Kollege Hoffmann hat es geschafft, in der vorgegebenen Zeit alles unterzubrin-gen, was man zu diesem Thema sagen kann. Vermutlich haben Sie aber trotzdem noch ein paar Fragen dazu.

Teilnehmerin: Messen Sie die Wirkung gar nicht?

Reinhard Hoffmann: Doch, wir sind natürlich in der Dis-kussion. Wir sind am Projekt Wirkungsmessung Limes beteiligt. Aber ich denke, man muss einen Mittelweg beschreiten. Wir brauchen Informationen. Ich bin ja Jugendhilfeplaner, damit auch verantwortlich für eine Vielzahl von Tabellen, Statistiken und sonstigem, was im Bezirk unterwegs ist. Man braucht so etwas für einen qualifizierten Dialog, damit man weiß, über wel-chen Umfang und über welche Mengen oder Tendenzen wir reden. Aber das, was konkret passiert, das lässt sich letztendlich nicht in eine schematische Formel packen.Deswegen ist es wichtig, dass wir auch diskursive Eva-luationsinstrumente entwickeln, während uns die Pro-zesse in der Vergangenheit gerade davon weggeführt haben, also die Diskussion um Produkte und standardi-sierte Leistungs- und Entgeltvereinbarungen, wo dann alles festgelegt ist. Ich denke, gerade in der Sozial-raumorientierung bzw. in der sozialen Praxis muss man immer schauen, was man vor Ort hat und wie reagiere ich situativ und individuell unterschiedlich darauf. Es gibt nicht die eine Antwort, denn was für Familie xy richtig ist,

ist für Familie z falsch, obwohl beides die gleiche Fall-konstruktion hat. Man muss Flexibilität haben können.Das ist etwas, wo wir als sozial tätige Menschen dafür sorgen müssen, dass das wieder mehr Gehör findet, weil das in den vergangenen Jahren ziemlich verschüt-tet gegangen ist.

Teilnehmerin: Für mich findet der Sozialraumdiskurs eher stadtteilübergreifend statt und Vernetzung eben genau ähnlich. Wenn ein Jugendlicher in Schöneberg noch einen ganz wichtigen Netzwerkkontakt in Köpe-nick hat, dann ist das genauso zu berücksichtigen. Insofern ist es wichtig, Sozialraumorientierung nicht nur auf vor Ort und auf einen Stadtteil zu beziehen.

Reinhard Hoffmann: Das ist richtig, eigentlich ist der Standort entscheidend. Natürlich geht es immer auch um den konkreten Standort, um die konkrete Einbin-dung. Da gibt es auch bestimmte soziale Strukturen, die typisch sind für diesen Standort, dementsprechend wird man auch darauf reagieren. Wir sind hier an der Grenze von Steglitz und Schöneberg. Logischerweise ist das für mich Nachbarschaft und in der Nähe, also ich bin als Bürger, der hier wohnte, nie auf die Idee gekommen, dass ich den Bezirk wechsle. Das war mir auch völlig egal. Klar, wichtig ist der Standort und das, was drumherum ist. Aber die administrativen Grenzen, Planungsraum, Sozialraum, Bezirksregion, Progno-seräume, Bezirke, das sind vir tuelle Grenzführungen, die erst mal administrative Gründe haben.

Teilnehmerin: Gerade im Bereich Migranten ist es sehr wichtig, das einzubeziehen, weil durch inter- und transkulturelle Räume und Netzwerke gerade in Ber-lin extrem viel zu berücksichtigen ist, was eben den Verwaltungsstrukturen von Sozialraum 1, 2, 3, 4 sehr entgegenläuft. Aber eigentlich ist das ein wichtiger Ersatzmodus.

Reinhard Hoffmann: Genau. Das kann auch ein thema-tischer Raum sein, dass man sagt, hier gibt es eine Community von irgendetwas, eine bestimmte Gruppe,

bestimmte Menschen, die sich nun gerade dort befun-den haben, weil es dort einen Ansatzpunkt bzw. einen Kristallisationspunkt gab. Dann kommen die stadtweit dorthin, klar, das kennt man ja.

Teilnehmerin: Aber das hat ja auch ganz schnell Gren-zen. Wenn ich an die Zuständigkeit vom JobCenter denke, da gibt es ja ganz rigide Grenzen, die man auch nicht überschreiten kann. Da ist guter Wille letztendlich auch nicht besonders hilfreich, weil es nicht geht.

Reinhard Hoffmann: Na ja, das ist die Flexibilität der Verwaltung. Die JobCenter haben ein sehr standar-disiertes, festgefahrenes Programm, nach dem sie arbeiten. Diese Ablaufroutinen sind dann eben nicht passend, aber genau das ist das Problem.

Teilnehmerin: Ansonsten hört sich das idealtypisch sehr nett an. Zwei Bedenken schießen mir allerdings gleich in den Kopf: Einerseits spielen die Finanzen eine Rolle, andererseits stelle ich mir das auch sehr arbeitsintensiv und sehr zeitintensiv vor. Ist das überhaupt realistisch, das in dieser Form durchzuführen? Gibt es so viele per-sonelle Ressourcen bei Trägern und Ämtern?

Reinhard Hoffmann: Es werden nicht mehr Ressour-cen, eher weniger. Ich denke, der Gewinn liegt in der fachlichen Erweiterung. Sie werden in jedem Koope-rationsprojekt feststellen, dass es Spaß macht, mit anderen Leuten zu arbeiten, und dass es die eigenen fachlichen Möglichkeiten erweitert. Wir haben diverse Kooperationsebenen, bei denen ich denke, ich könnte diese Ergebnisse nicht erzielen, wenn ich nicht Träger hätte, die da mitgehen und auch ehrenamtlich oder nebenbei etwas einbringen. Umgekehrt, denke ich, profitieren die Träger auch davon, wenn wir offen für solche Formen der Zusammenarbeit sind.Finanzierung wäre eher eine Frage der pauschalen Finanzierung – ja, wir haben gerade das Thema Sozi-alraumbudget am Freitag im Bezirk diskutiert, aber da wollte ich jetzt nicht darauf eingehen. Es sieht zumin-dest interessant aus, ich bin vorsichtig optimistisch.

Bernhard Heeb: Ich gehe von der Situation aus, wie sie in den letzten Jahren ist, nämlich - dass wir als Nach-barschaftsheim mit einer Vielzahl von Programmen konfrontiert sind, jedes hat seine eigene Zielrichtung, seine eigenen Spezifika und Abwicklungsmodalitä-ten. Manchmal bekomme ich Sachen auf den Tisch, wo ich denke, dass es eigentlich passen würde, aber hätten sie nur mal vorher gefragt, bevor sie das Pro-gramm entwickelt haben, weil es doch nicht wirklich auf die Realität passt. Oftmals sind es am Ende noch die Umsetzungsbedingungen, die man irgendwo nicht überein bekommt mit dem, was man eigentlich vor Ort machen müsste.Vor allem sind wir hier Einrichtungsvertreter und ich fände es gut, wenn wir als Institutionen stärker in die Lage kämen, dass wir bei der Programmentwick-lung mitwirken könnten. Wir können auch nicht sagen, dass sie uns das Geld geben sollen und wir machen es alleine, sondern es geht ja nur im Zusammenwirken von Einrichtungen und Verwaltungen und Verantwortli-chen. Was können wir tun, um uns dabei gut einzubrin-gen? Man kann nicht fordern, dass sie uns mit an den Tisch holen sollen, hat dann aber nichts zu sagen, das wäre auch blöd. Was können wir dazu beitragen, damit wir stärker mit reinkommen?

Reinhard Hoffmann: Ich habe es ja gesagt, eigentlich müsste es umgekehrt laufen, also die Steuerung kann nicht von oben laufen. Das ist das Handicap, alle Pro-gramme schrammen an der eigenen Realität vorbei. Man muss dann die eigene Realität zurechtbiegen, damit man ins Programm passt. Und hinterher muss man das Programm auch so verantworten, dass es irgendwie noch halbwegs stimmig ist. Das ist genau die soziale Steuerung, die eigentlich dysfunktional für unsere Gesellschaft ist. Zieloffene Prozesse lassen sich eben nicht von oben steuern. Wenn ich ein Ergeb-nis weiß, ich will von A nach B, was muss ich tun, damit ich von A nach B komme, das ist ein klassischer Pla-nungsansatz. Aber wenn ich nicht weiß, wie B aussieht und wenn ich nicht weiß, wie die Zukunft beschaffen ist, ich habe nur die diffuse Ahnung, dass es um den

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demografischen Wandel geht, um eine neue Konstel-lation von Familienverhältnissen und Strukturen, aber keiner weiß Genaues, dann muss man Unterstützungs-strukturen schaffen, Nachbarschaftshäuser, Jugend-zentren, Jugendhilfe, Jugendförderungsangebote, die Chancen haben, auf diese latenten Entwicklungspro-zesse zu reagieren.Mit einer starren Programmphilosophie macht man eher etwas kaputt und nutzt nicht die Chancen, um die es geht.

Teilnehmerin: Warum hat niemand Ahnung? Es gibt doch viele Untersuchungen zur demografischen Ent-wicklung. Es kann genau gesagt werden, dass an ers-ter Stelle die Depressionen stehen, dann kommen Rückenprobleme, usw. Wir wissen doch, was kommt und können für die nächsten Jahre eine Prognose anstellen. Deshalb können wir doch Ziele formulieren. Warum muss es dann so schwammig sein, das will mir nicht in den Kopf?

Reinhard Hoffmann: Es gibt Dinge, die Sie sagen kön-nen, wobei Sie mit hinreichender Genauigkeit auch den Weg beschreiben können, aber wenn man das wirklich als große Meta-Perspektive aufmacht und weit zurück-tritt und sagt, wir befinden uns 1850 und wir wissen nicht, was 1900 stattfindet, dann haben wir nur eine rudimentäre Ahnung. In dieser Zeit hat es auch gravie-rende Veränderungen in der Gesellschaft gegeben. Wir wissen heutzutage nicht, welche Herausforderungen durch die Globalisierung oder die Umweltsituation auf uns zukommen werden.

Teilnehmerin: Aber wir wissen doch, wie die Alters-entwicklung sein wird. Wir wissen, dass die soziale Isolierung zunimmt. Wir wissen, dass eine bestimmte Wahrscheinlichkeit von Pflegebedürftigkeit eintreten wird. Wir wissen, dass sich die familiären Beziehungen auflösen. Ich kann für einen Sozialraum eine Prognose aufstellen. In dem ganz großen Zusammenhang kann man vielleicht nicht denken, aber mittelfristige Progno-sen kann man aufstellen und sich darauf vorbereiten.

Teilnehmerin: Die jetzt Jugendliche sind, die haben irgendwann diesen demografischen Wandel zu tragen. Was die alles tragen müssen, das wissen wir noch gar nicht. Deshalb glaube ich, dass es sehr wichtig ist, dass sie ihre Selbstwirksamkeit empfinden und erleben können, damit sie daraus Kraft schöpfen, um diese Aufgaben, die auf sie warten, bewältigen zu kön-nen. Vor allen Dingen, damit sie das überhaupt wollen. Sie könnten auch sagen, nein, das habe ich mir nicht ausgedacht, ich wandere aus.Ich denke, dass es nicht so wichtig ist, die Ziele zu defi-nieren, sondern offene Prozesse zu gestalten und von unten heraus das zu entwickeln, um eine bestimmte Haltung und ein bestimmtes Menschenbild zu unter-stützen.

Ingrid Müller: Mein Standort ist in Mitte und in den letzten Jahren hat der sich dermaßen verändert, dass man das wirklich nicht planen konnte. Selbst der Stadt-rat für Jugend, der Anfang 2000 noch dort war, hat Kitas und andere Einrichtungen geschlossen. Niemand konnte wissen, wie sich das entwickelt, auch was die Mietentwicklung angeht, dass nun eine andere Bevöl-kerung im Stadtteil lebt, auch eine jüngere Bevölkerung mit einem ganz anderen Einkommen. Der Sozialraum in dieser konkreten Ecke hat sich komplett verändert.Selbst in Wedding kann man keine Mieten mehr bezah-len, auch in Marzahn-Hellersdorf, in Spandau, Reini-ckendorf, usw. werden die Sozialräume sich komplett verändern, weshalb man nicht langfristig planen kann. Gestern wurde der Armutsbericht veröffentlicht, wie viele Kinder unter 3 Jahre davon betroffen sind. Auch in anderen Städten leben 40% der unter 3-Jährigen in Armut, ob in Magdeburg, Halle oder sonst wo. Aber da kann ich doch absehen, wo das hingeht, dass sie in diesen Gegenden bleiben werden, weshalb ich dort was bewirken muss. Mit Hilfe der Bürger müssen wir schauen, wo die Bedarfe sind, welche Möglichkeiten es gibt und wo wir unterstützend wirken können.

Evelyn Ulrich: Dieser Ansatz der sozialräumlichen Arbeit ist mir persönlich sehr nahe, weil ich denke, dass wir

gemeinsam mit den Trägern und den Menschen vor Ort und den Ämtern eine Menge erreichen können, wenn der Blick so geschärft wird. In den Jugendämtern ist es in den letzten Jahren bereits Tradition, sozialräum-lich zu arbeiten, trotzdem ist diese sozialräumliche Pla-nungskoordination noch nicht in allen Bezirksämtern üblich, wie sie jetzt auch Lichtenberg entwickelt hat.Wir haben uns in Lichtenberg auf den Weg gemacht. Wir sind gerade bei den Zielvereinbarungen für die Stadt-teilzentren, um dann auch das Geld für die Leistungen zu kriegen. Aber die Intention dreht sich auch um Ver-einbarungen, woran wir in den nächsten Jahren arbei-ten wollen, welchen Schwerpunkt wir uns für nächstes Jahr setzen und mit wem wir ihn umsetzen können. Es geht darum, diesen Aushandlungsprozess zu gestalten und nicht unbedingt darum zu sagen, wir gewinnen für die Aktion drei Leute mehr oder sieben Leute für die Aktion, sondern es geht um qualitative Prozesse und nicht nur um Zahlen.Zahlen sind nicht unwichtig, aber man sollte von solchen Sachen wegkommen. Wir haben das erlebt, die Finan-zierung für den Familienferienpass gibt es nur, wenn wir damit die Hilfen zur Erziehung für diese Familien verhin-dern. Das kann ich doch gar nicht versprechen!Also - da sind so bestimmte Sachen glücklicherweise aufgebrochen, um anders zu hinterfragen, was welche Wirkungen hat. Ich finde, man muss Ziele formulieren, zumindest muss ich formulieren, was ich verhindern will, was ja auch ein Ziel ist. Wenn ich genau anschaue, wie der Sozialraum ist, in dem ich tätig bin, hat das den Vor-teil, dass ich mich von einem anderen Stadtteilzentrum unterscheiden darf oder kann. Das andere Stadtteilzen-trum geht ja auch in diese Zielvereinbarungsdiskussion, aber ich habe ganz andere Bedingungen, andere Leute, ganz andere Orte und ganz andere Partner.

Ich bin völlig anders unterwegs und habe auch andere Dinge zu schultern. Bei uns im Sozialraum ist es so, dass 60% der Kinder von Hartz IV-Eltern abhängig sind, also habe ich auch eine andere Verantwortung, als eine Einrichtung in Karlshorst, wo sehr viel weniger Familien von Transferleistungen abhängig sind. So unterschei-

den sich auch innerhalb der Bezirke die Strukturen. Deshalb finde ich diesen Ansatz der Sozialraumorien-tierung wichtig.Sie sagten vorhin, dass für Sie bei der Dezentralisierung kein Fragezeichen da ist, sondern ein Ausrufezeichen. Wir haben eine zeitlang gesprochen von Komm-Struk-turen und Geh-Strukturen. Wir sind jetzt eigentlich bei beiden Strukturen wieder angekommen, weil wir mer-ken, dass nicht alle körperlich so fit sind, in unserem Sozialraum können also nicht alle kommen, weshalb wir zu ihnen gehen müssen. Das ist auch schon eine andere Denke als noch vor fünf Jahren. Mir wäre wich-tig, dass Sie dazu noch mal was sagen.

Thomas Mampel: Als 2004/2005 hier in Berlin eine Sozialraumorientierung in der Jugendhilfe begonnen hat, haben viele Kollegen/innen aus Nachbarschafts-heimen und Stadtteilzentren, alteingesessene Gemein-wesenarbeiter, gesagt, dass das nichts Neues ist, weil sie das schon seit Jahrhunderten so machen. Alter Wein in neuen Schläuchen. Und vieles, was an der Pinnwand steht, entspricht ja unseren Grundprinzipien der Nachbarschafts- und Gemeinwesenarbeit.Wird das, was die Jugendhilfe mit der Sozialraumori-entierung macht, als Modell für andere Arbeitsfelder angesehen? Seniorenarbeit, Behindertenarbeit, Gar-tenbau, Tiefbau, Jobcenter – können wir dieses Modell auf andere Bereiche übertragen? Oder ist das etwas, was nur in der Jugendhilfe funktioniert?Wie müssen Verwaltungen auf Bezirksebene oder auf der Senatsebene organisiert sein, denn es wurde ja mit der Einführung der Sozialraumorientierung ein massiver Verwaltungsumbau vollzogen? Wie müssten vonseiten der Verwaltung die Nachbarschaftsheime und Stadtteilzentren oder Projekte vor Ort sich aufstel-len und mit welchem Selbstverständnis an die Arbeit gehen, um mit der Verwaltung zusammen Sozialraumo-rientierung – oder wie wir es nennen: Gemeinwesenar-beit - zu machen?

Teilnehmerin: Ich möchte noch um eine weitere Frage ergänzen. Mich würde interessieren, inwieweit die Dis-

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kussion um die Erweiterung der Sozialraumorientie-rung auf andere Bereiche im Bezirksamt gedacht wird.

Reinhard Hoffmann: Was die Zielorientierung angeht, entscheidend ist, was die Menschen wollen. Natürlich ist die Frage, wie viele soziale Entfaltungsmöglichkeiten die Menschen haben. Es wurde die hohe Zahl der Kinder in Hartz IV-Familien angesprochen. Das finde ich auch eine fast skandalöse Situation, die dort entstanden ist. Natürlich brauchen wir auch Strukturen, die vor Ort tätig sind. Vor Ort dezentral einen Standort zu haben, das ist der eine Punkt. Wir haben im Bereich der Schulsozialar-beit schon vor über zehn Jahren angefangen, dann auch an Schulen präsent zu sein, weil wir auch aufgrund unse-rer Informationen gesehen haben, dass schulische Pro-bleme als Begründungszusammenhang gelten. Wenn die Kinder so viele Probleme an den Schulen haben, dann ist es sinnvoll, auch an den Schulen präsent zu sein.

Das war der Ausgangspunkt für die Schulsozialarbeit.Natürlich kann es auch andere Konstellationen geben. Unser sozialräumliches Sujet wäre auch eine Weiter-entwicklung, dass wir dorthin gehen, wo es etwas zu entwickeln gibt, also wo Ressourcen im Stadtteil auch gefördert werden müssen. Das ist nicht nur der Standort Haus, sondern man sollte gerade weg von der Immobilie denken, weil es durchaus irgendwo anders sein kann.Lässt sich das Modell übertragen? Ich würde nicht sagen, dass Sozialraumorientierung der Weisheit letz-ter Schluss und das Ende der sozialpolitischen Diskus-sion ist. Aber in den Prinzipien bzw. in der Philosophie der Sozialraumorientierung steckt der Kern dessen, wie sich Sozialarbeit in Zukunft aufstellen muss: partizipa-tiv, also vom Willen der Menschen ausgehend, offen in diese Prozesse gehen, kooperativ und in Koordination mit allen anderen.Das ist eine Ebene, die auch die Verwaltung trifft, also eine sozialräumliche Koordinationsstelle haben wir hier im Raum. Das wird in den Bezirken sehr unterschied-lich wahrgenommen und umgesetzt. Im Bezirk Steglitz-Zehlendorf besteht jetzt nicht so der hohe Druck oder Wunsch, das umzusetzen, weil man sich davon auch keine großen Verbesserungen erhofft. Eigentlich ist es auch im Rahmen unserer politischen Konstellation schwierig, denn innerhalb der Bezirksämter stehen die einzelnen Parteien und Ressorts in Konkurrenz zuein-ander. Konkurrenz bedeutet, dass es nicht sinnvoll ist, dafür zu sorgen, dass die Nachbarpartei im Bezirksamt auch gute Karten hat und tolle Projekte macht oder gute Ergebnisse zeigt, sondern das ist politisch nicht unbedingt gewollt.Das gemeinsame bezirkliche Handeln und das Beste für den Bezirk rauszuholen, das ist in einer Konkurrenz-situation ganz schwierig. Das gilt auch für die Träger. Wenn man die Träger im Sinne von Marktmodell orga-nisiert und dann in Konkurrenz zueinander schickt, dann sind die Effekte wesentlich geringer, als wenn ich andere kooperative Modelle erarbeite. In diesem Punkt sage ich, klar, es lassen sich diese Prinzipien auch auf die Verwaltung übertragen. Es wäre rationaler, aus politischer Sicht oder Verwaltungsstruktur sinnvoll,

diese Synergien zu nutzen und zusammenzuarbeiten. Die Jugendhilfe hat auch etwas mit Stadtplanung zu tun, was wir gerade im Kitabereich gesehen haben, hat auch etwas mit Altenarbeit zu tun und der demografi-schen Entwicklung, also es gibt viele Schnittmengen, wo man gemeinsam hingucken kann.Das müsste die Verwaltung auch machen, aber sie tut es meiner Meinung nach zu wenig. Da ist letztendlich auch eine Frage, wie die Zusammenarbeit zwischen Senat und Bezirken in Berlin organisiert ist. Wir haben auf der Senatsebene immer noch eine sehr hierarchi-sche Funktionsorganisation, diese Ebene einer gemein-samen, übergreifenden Schnittstellenkoordination, wie die auch immer aussehen könnte, ich habe da jetzt keine klare Idee. Ich denke nur, so wie Berlin aufge-stellt ist, ist es nicht unbedingt optimal und funktio-niert an vielen Stellen auch nicht.

Herr Hanke: Erst einmal vielen Dank für die tolle Über-sicht. Wir haben gerade in Rostock den Wechsel ange-treten, also es kommt jetzt ein neuer Amtsleiter. Wenn er diese Übersicht in einer seiner Eröffnungsreden bie-ten würde, dann wäre ich schon sehr froh. Ich darf ihm natürlich auch nicht Unrecht tun, also da sind wir in ganz freudiger Erwartung.Ich habe 2004 in einem Stadtteilzentrum angefangen. Das war auch ein Übergang in Rostock, dass sich die Jugendhilfe der ganzen Sache angenommen hat und Stadtteilzentren entstanden.

Im Laufe der Zeit bin ich dann Quartiersmanager gewor-den und wir befinden uns gerade in einem Status, dass wir uns verstetigen. Wie kann man Quartiersmanage-ment als Arbeitsmethode verstetigen? Wie erreicht man, dass verschiedene Ämter, also Amt für Stadtent-wicklung, Stadtplanung, Wirtschaft, Bauamt, Umwelt-amt, Amt für Jugend und Soziales, dass die wirklich zusammen an einem Tisch sitzen, plus natürlich dem vor Ort tätigen Stadtamt, damit die den Prozess auch mit begleiten, sowohl in der Abgrenzung, als auch in dem, was durchgeführt werden kann?

Viele Programme werden einfach in die Stadtteile bzw. Stadtteilzentren geworfen, die fungieren mittlerweile schon als Breitband-Antibiotikum, die Stadtteilzentren müssen sich damit auseinandersetzen, haben aber auch ihre eigenen Planungen. Da sehe ich Moment eine Möglichkeit, das ein bisschen mehr zu sortieren. Aber der integrierte Stadtentwicklungsansatz ist hier sehr wichtig, viele Aufgaben als Querschnittsaufgaben zu begreifen, natürlich unter Bürgerbeteiligung, das, wo man in den Diskussionen mit den einzelnen Fachäm-tern leider oftmals sich eine blutige Nase holt, aber das eine oder andere Türchen sich langsam aber sicher aufschiebt.Wir haben auch diese Problematik mit 30% indirektem Hartz IV-Bezug. Arbeit und Bildung, das sind die Schlag-worte, die da eine ganz große Rolle spielen, und natür-lich sinnvolle Arbeitsmarktprogramme. Wir basteln auch gerade an verschiedenen Projekten, Stadtteil mit dem Jobcenter vor Ort, damit Maßnahmen vermehrt in dem Sozialraum durchgeführt werden und eben nicht in anderen Stadtteilen.

Teilnehmerin: Zwei Punkte: Stichwort Kooperation zwi-schen Einrichtungen und Bezirken oder dem Senat, die zwei wichtigen Aspekte im Sozialraum, wie Prozesso-rientierung und Zielvereinbarungen für Finanzierung, dass man konkrete Ziele definieren muss, obwohl eigentlich Sozialraumorientierung auf Ergebnisoffen-heit angelegt ist, wenn ich das richtig verstehe.Ich glaube, dass eben nur mit der Ergebnisoffenheit auch wirkliche Partizipation der Bürger möglich ist, wenn man sie wirklich fragt und vielleicht nicht vorher sagt, Mensch, hier sehe ich das und das Problem, son-dern wenn man die Familien, die mit Hartz IV leben, direkt fragt. Ich frage mich, wie man eine Ergebnisof-fenheit finanziert bekommt. Und wie dann eine echte Partizipation der Bürger möglich ist, um ergebnisoffen und zielgruppenunspezifisch zu arbeiten.

Teilnehmerin: Auf die Frage, ob das Modell übertragbar ist, das ist ja für Berlin ganz eindeutig geregelt, näm-lich, dass es einen Senatsbeschluss zur Einführung der

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Sozialraumorientierung in Berlin gibt. Das bedeutet, ab der neuen Wahlperiode muss jedes Bezirksamt eine vergleichbare Stelle zu mir haben, also in jedem Bezirk wird jetzt die Umsetzung der Sozialraumorientierung geprüft, insofern befinden wir uns alle mehr oder weni-ger in der Umsetzung. Natürlich ist Steglitz-Zehlendorf ganz anders aufgestellt als Mitte, weil wir in Mitte seit Jahren über eine Vielzahl von Förderprogrammen zu entscheiden haben. Das heißt, wir haben lange Jahre dieses ämterübergreifende Zusammenwirken auspro-bieren müssen, also wir haben eben ganz schlechte Sozialstrukturen, wir haben Quartiersmanagement, wir haben Aktionsraum Plus, wir haben Stadtumbau West, und was es alles gibt. Wir haben diverse Förderpro-gramme, von daher ist es bei uns natürlich etwas ein-facher, wenn auch schwierig, aber etwas einfacher, weil wir das schon viele Jahre ausprobiert haben.Wichtig ist vor allem die ämterübergreifende Zusam-menarbeit. Ein Fall oder ein Sozialraum darf eben nicht nur aus der Sicht der Jugendhilfe betrachtet werden, nicht nur aus der Sozialhilfe-Sicht, usw., sondern dass die Ämter zusammensitzen und auf den Sozialraum schauen und überlegen, was sie da machen können. Dass die Schulhilfeplanung nicht sagt, wir streichen oder schließen diesen Schulstandort, weil nicht mehr genug Kinder vorhanden sind, sie geben den Standort einfach auf, um in zwei Jahren zu sagen, Mensch, wir brauchen unbedingt einen Nachbarschaftstreff, eigent-lich hätten wir den Schulstandort nutzen können. Das ist die große Herausforderung im Moment.Und die Stadtteilzentren und Nachbarschaftseinrich-tungen haben da einfach eine ganz herausgehobene Stellung, nämlich das ist unsere Hoffnung. Auch wenn wir nicht hierarchisch etwas anordnen sollen, aber wir hoffen darauf, dass diese ganzen Aufgaben der Stadtteilkoordination, wie es im Handbuch zur Sozial-raumorientierung heißt, durch unsere Nachbarschafts-einrichtungen ausgeübt werden. Deshalb sind wir in Mitte in einem Prozess, dass wir schauen, wie sich Stadtteilzentren oder Nachbarschaftshäuser weiterent-wickeln, um wiederum diesen Fokus doch noch qualifi-zierter bearbeiten zu können.

Uns schwebt so etwas vor wie permanenter Rück-fluss, damit die Verwaltung auch weiß, was im Quar-tier passiert, weil wir das gar nicht wissen, denn wir sitzen nicht vor Ort. Der Verstetigungsgedanke wurde von dem Kollegen aus Rostock angesprochen, das ist bei uns natürlich eminent wichtig. Wir haben seit 12 Jahren das Quartiersmanagement in Berlin, aber mehr oder weniger wird es irgendwann auslaufen. So ist das Quartiersmanagement auch angetreten, sich selbst überflüssig zu machen, das war immer die Losung.Die Strukturen, die da entstanden sind, wie kann man die halten oder retten? Wie kann man sie verstetigen? Wir gucken ganz konkret, was davon bewahrt werden kann, mit welchen Mitteln kann es bewahrt werden, und das möglichst unterhalb der Finanzierung. Wir haben natürlich von der Seite des Bezirksamtes kaum finanzi-elle Mittel, was immer unser ganz großes Problem ist, in Mitte sowieso. Ohne die großen Summen auszuschüt-ten, wie kann man so qualifizieren und fördern und auch nutzen, um diese Aufgaben zu verstetigen?

Thomas Mampel: Es gibt noch drei Wortmeldungen. Ich würde ansonsten gerne noch auf die Frage fokussieren: Meinen Sie, dass wir als Stadtteilzentren und Nachbar-schaftsheime einer Verwaltung gewachsen sind, die – wie Sie es beschreiben - eine solche koordinierende Aufgabe im Stadtteil übernehmen können? Ist das eine Vision, die wir offensiv vorantreiben wollen? Ent-soldung der Verwaltung, Auflösung von dieser Ämter-trennung in den Bezirken. Sind wir fit, diese Aufgaben zu übernehmen, die sich dann daraus entwickeln, wenn Verwaltung die Prinzipien der Gemeinwesenarbeit oder Sozialraumorientierung für sich anwendet und akzep-tiert?

Teilnehmerin: Es steht ein Widerspruch im Raum zwi-schen Partizipation und ergebnisoffener Sozialraumori-entierung und Zielvorgaben. Ich finde nicht, dass das ein Widerspruch ist. Ich finde es auch wichtig, über Ziele zu reden, wobei dann trotzdem die Umsetzung ergebnisoffen sein kann. Das geht gar nicht anders. Mir widerstrebt es zu sagen, die Verwaltung zieht sich

ganz aus der Steuerung zurück. Vielleicht habe ich es auch nicht richtig verstanden. Wir überlassen alles den Bürgern sozusagen.Wenn wir schon mal so weit wären wie die in Mitte, dass wir ämterübergreifend gucken und uns austau-schen könnten, also ich bin im Moment in der Situa-tion, dass ich für das Sozialamt ganz neu gucke und mir einen Überblick verschaffe. Ich gehe gerade unter in Angeboten und Informationen. Insofern würde ich es sehr gut finden, wenn ein Nachbarschaftszentrum diese koordinierende Aufgabe übernehmen würde und zwar zwischen dem staatlichen System, was heute Vor-mittag schon anklang, nämlich dem SGB XII-System, da schlagen wir uns im Moment mit exorbitanten Hilfen zur Pflegeleistung herum, und ich wäre dankbar, wenn ich eine Stelle hätte, die koordinieren würde, was es rings um das staatliche System gibt oder was alles vor-handen ist. Da gibt es ein riesiges Angebot, selbst von Ehrenamtlichen, von niedrigschwelligen Angeboten, von Unterstützerangeboten.Ich erhoffe mir von den Stadteilzentren oder Nachbar-schaftshäusern eine Koordination auf die nächsten Jahre bezogen. Was ist sozial ein neuer Ansatz im Rahmen der demografischen Entwicklung? Da habe ich bisher noch gar keine Antwort bekommen. Gut, ich bin noch relativ neu. Aber ich denke, wir werden uns zusam-mensetzen müssen, um die Themen Hilfe zur Pflege, Senioren, demografische Entwicklung zu besprechen, also die staatlichen Stellen bzw. die Verwaltung mit allen Einrichtungen, die im Sozialraum vorhanden sind. Mir fehlt bisher die Antwort der Nachbarschaftszentren in dieser Richtung.

Frau Ulrich: Bei uns ist es ganz typisch, dass sich das Jugendamt und das Sozialamt an den regelmä-ßigen Koordinationsrunden mit dem Stadtteilzentrum zusammensetzen und gemeinsam überlegen wir, was wir tun. Das Treffen ist einmal im Monat. Das Sozial-amt ist noch nicht jeden Monat dabei, weil die andere personelle Besetzungen haben, das Sozialamt ist anders strukturiert als das Jugendamt. Da würde ich mir wünschen, dass diese Strukturen sich insgesamt

im Amt durchsetzen und immer mehr die Stadtteilzen-tren Ansprechpartner für viele Sachen sind. Natürlich können wir auch nicht alles leisten.Als die Diskussion darum ging, was in Lichtenberg für Stadtteilzentren finanziert wird, da wird im Wesent-lichen eine Stelle finanziert, aber es gab einen Wunschkatalog vom Jugendamt, vom Gartenamt, vom Gesundheitsamt, von der Steuerung, was die Stadtteil-zentren jetzt alles leisten sollen. Das war ein bunter Blumenstrauß von Wünschen, aber die Stelle hatte nur 30 Stunden.Da mussten wir uns erst mal minimieren und sagen, was das Stadtteilzentrum überhaupt ist. Natürlich hat das Stadteilzentrum ein Hinterland, sonst wären wir nicht Stadtteilzentrum geworden, aber diese eine Stelle kann es dann auch nicht wuppen. Also da muss man gucken, was man reingibt und was man dafür haben will. Was kann ich als Stadtteilzentrum leisten, wenn ich das und das kriege? Dabei ist noch die andere Seite, dass man schauen muss, was die Bürger brau-chen. Was ich mit dem Amt abspreche, ist das immer noch das, was wirklich vor Ort gebraucht wird?Und diese Kommunikation passiert aber mit dem Jugendamt und dem Sozialamt auf einer sehr koope-rativen und zielorientierten Ebene, ohne zu sagen, ich muss immer mit Mengen und Massen arbeiten.

Carolina Böhm: Mir geht es auch um diesen Konflikt, der da gerade ist, wobei ich mich vorhin gefragt habe, wie viel Freiraum dann noch da ist. Trotz aller Koopera-tion ist es doch so, dass die eine Seite gesetzliche Vor-gaben hat, das heißt, nicht unbedingt nur Bedürfnisse aufgreifen kann, sondern auf Bedarfe reagieren muss, worauf gesetzliche Ansprüche bestehen.Ich finde, das unterscheidet uns grundsätzlich. In einer sehr offenen Gemeinwesenarbeit nehmen wir alles auf, was kommt, und dürfen daraus ein Angebot entwickeln, ohne dass wir uns um SGB II, XII oder VIII Gedanken machen müssen. Da ist für mich eine Reibungsfläche in der Kooperation. Und ich frage mich auch, wie viel Frei-raum eine Verwaltung hat, um auf Bedürfnisse zu reagie-ren, die jenseits von gesetzlichen Vorgaben entstehen?

Forum 2 / Dezentralisation war gestern ...

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Thomas Mampel: Ich bitte Reinhard Hoffmann um Stel-lungnahme. Dann bitte ich die beiden Berichterstatter in dieser Runde kurz zusammenzufassen, was Sie als Zusammenfassung ins große Plenum geben, damit wir eventuell noch korrigieren und eingreifen können.

Reinhard Hoffmann: Ich denke, die Frage der eigenen Bestimmung des Standortes oder der Aufgaben, das ist eine Diskussion, die Sie untereinander leisten müssen.Natürlich geht es nicht darum, die Stadtteilzentren zum allumfassenden Ansatz für alles zu machen, sondern es gibt auch genügend andere Fachperspektiven aus der Jugendförderung, aus der Sozialarbeit, usw., die da auch mit eingehen und wo es letztendlich darum geht, so einen integrierten Ansatz herzustellen. Das heißt nicht, dass alles in einen Topf geschmissen wird, son-dern das heißt, dass man sich klar darüber ist, dass sich die Dinge nicht nur aus einer Perspektive klären lassen. Da kann für jedes Stadtteilzentrum auch eine eigene Positionierung drin sein, welche Aufgaben Sie noch mittels Programm aufnehmen, wir haben einige, die auch Schulsozialarbeit mitmachen, die Kitas machen, im Bereich der Altenarbeit tätig sind, also der Strauß ist relativ bunt, weshalb es auch sehr viele fach-liche Ansätze gibt.

Offen und geschlossen bei den Zielen: Ich denke, wenn ich das Ziel offen halten will, dann lasse ich nicht alles frei, sondern natürlich wird klar geklärt, was die nächs-ten Schritte sind. Offen heißt nur, dass ich nicht von Anfang an vorgebe, wie es sein muss. Ich weiß nicht, wie ein Stadtteilzentrum organisiert werden muss, das müssen Sie gemeinsam miteinander aushandeln. Die Positionierungen sind ja auch deutlich unterschiedlich, die hier genannt wurden, weshalb es nicht die eine Ant-wort auf die Fragestellung gibt, sondern es gibt eine Bandbreite von Antworten, die alle richtig sind. Die sind alle richtig und dann geht man auch in eine klare Zielgerade ein und arbeitet daran, insofern ist er offen nur an dem Punkt, wo ich formuliere, was ich eigent-lich will. Da sagt niemand: Das sollst du jetzt machen. Genauso wenig wie ich den Menschen sagen kann: Das

musst du machen, damit du glücklich wirst oder damit deine Familie wieder funktioniert. Wie das funktioniert, das müssen sie selber entscheiden, da müssen sie selber die Ressourcen entwickeln.Insofern denke ich, ist das hier sicher nicht der End-punkt der Diskussion, sondern etwas, was Sie aufneh-men müssen und wo Sie reingehen müssen. Meine Botschaft am Anfang war ja, dass das diskursive Pro-zesse sind, die man führen muss. Das sind Aushand-lungsprozesse, die Sie untereinander führen müssen, die letztendlich auch mit der Senatsverwaltung geführt werden müssen. Im Endeffekt geht es immer um Kom-promisse, weil das das politische Spiel in der Stadt ist. Nicht alle Bedürfnisse können er füllt oder gestillt wer-den, sondern es gibt einen politischen Aushandlungs-prozess, der irgendwann in dem mündet, wo man sagt, welchen Bedarf man hat und wie man darauf reagiert mit entsprechenden Finanzen und Möglichkeiten, damit das soziale Zusammenleben in der Stadt entwickelt wird. Ich lasse es mal so ganz offen und will mich nicht in Details verstricken.

Carolina Böhm: Ich versuche meine Zusammenfas-sung: Es stand die These im Raum, dass in der Vergan-genheit durch die Sozialraumorientierung der Jugendhilfe zumindest teilweise Prinzipien der Gemeinwesenarbeit übernommen wurden. Nachdem uns jetzt die Sozial-raumorientierung vorgestellt wurde, habe ich einen wesentlichen Begriff mitgenommen, um den sich vieles rankt: Sie haben die Stadtteilzentren als Resonanzräume bezeichnet. Das hat mir erst mal ganz gut gefallen. Ich glaube, da steckt viel von dem drin, worüber wir diskutiert haben.Gleichwohl – und jetzt komme ich zu der Aufgabe zurück, also ich habe durchaus eine Aufgabe mitbekommen, wir haben nämlich Medaillen gehabt, auf denen waren auch die zwei Seiten einer Medaille dargestellt, was die Mitgliedsorganisationen des Verbandes beitragen können und was wiederum der Verband zur Diskussion beitragen soll.Ich will die zwei Seiten dieser Medaille beschreiben: Noch mit einem Fragezeichen versehen, aber trotzdem:

Wäre es eine neue Aufgabe für Stadtteilzentren und Nachbarschaftshäuser, die Koordinierung von sozial-räumlichen Strategien und Bedürfnissen zu überneh-men? Das haben wir andiskutiert. Und die Aufgabe des Verbandes wäre für mich in der politischen Diskussion weiter voranzutreiben, dass die Sozialraumorientierung über die Jugendhilfe hinauswächst und ressortüber-greifend in Berlin weiter diskutiert wird.

Klaus-Peter Licht: Das Statement, das Sozialraumori-entierung ist – Dezentralisierung – kein Widerspruch, kein Fragezeichen, dass Ziele sein müssen, gleichzeitig aber auch eine Ergebnisoffenheit. Dieser scheinbare Widerspruch ist gar kein Widerspruch, sondern das passt zusammen. Eine Aufgabe für die Verwaltung ist es, die ämterübergreifende Zusammenarbeit und Pla-nung hinzubekommen, gleichzeitig ist für die Träger und für die Stadtteilzentren vor Ort die Stadtteilkoordina-tion eine Aufgabe.Dann habe ich noch mitgenommen, dass politische Konkurrenzen Probleme für die Sozialraumorientierung darstellen. Das bedeutet, dass wir eine Zusammenar-beit statt Konkurrenz brauchen. Wie auch immer das gelingen kann, das haben wir nur andiskutiert.Ganz wichtig fand ich noch die Forderung, dass man kontinuierliche Ansprechpartner braucht, die aber gleichzeitig flexibel reagieren können, also eine Kon-tinuität und eine Flexibilität - gleichzeitig und parallel.Mit diesen Medaillen wusste ich nicht, was wir damit machen sollen. Also die eine Seite ist, was der Verband tun soll oder was wir von ihm erwarten, die andere Seite ist, was die Mitgliedsorganisationen selbst tun können, um das umzusetzen.

Thomas Mampel: Herr Licht ist von der Senatsver-waltung für Soziales. Wenn der jetzt aufführt, was der Verband oder was die Mitgliedsorganisationen tun sol-len, dann ist er jetzt wieder sehr flexibel und bemüht, aber auf unsere Mithilfe angewiesen. Er braucht jetzt ein paar Stichworte, weil das ja nicht die Verwaltung entscheiden darf.

Teilnehmerin: Mir fällt noch ein, dass man das ergän-zen könnte. Man braucht nicht nur kontinuierliche Ansprechpartner, sondern auch eine kontinuierliche Finanzierung, also vielleicht ein bisschen weg von Pro-jektfinanzierungen und hin zu einer kontinuierlichen Struktur finanzierung.

Teilnehmer: Regelfinanzierung für 5 Jahre.

Teilnehmerin: Auch für Angebote, die man noch nicht kennt.

Teilnehmer: Insbesondere für die Infrastruktur.

Teilnehmerin: Genau. Das ist entscheidend, weil diese dauernde Antragstellung und Abrechnung eine Vergeu-dung von Ressourcen ist. Also Geld muss in jedem Fall ins Spiel kommen.

Klaus-Peter Licht: Wenn ich das richtig verstanden habe und kurz zusammenfassen darf, dann geht es darum, dass wir Finanzierungsmodelle brauchen, die dieser gewünschten Ergebnisoffenheit Rechnung tragen. Das wurde heute Morgen auch bemängelt, dass wir einer-seits sagen, dass wir ergebnisoffen an bestimmte Pro-zesse herangehen müssen, gerade im Stadtteil bzw. im Sozialraum, weil wir es mit einem sich verändernden System zu tun haben, aber andererseits schaffen wir ein Regelwerk und Kontrollmechanismen in der Finan-zierung, mit Nachweisen usw., die vollkommen irre

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sind. Da gibt es Indikatoren der Zielerreichung und irgendwelche Kennzahlen, die mit Ergebnisoffenheit überhaupt nicht mehr in Einklang zu bringen sind.Wir hatten am Freitag diesen Fachtag, der Kollege Hoff-mann hat es ja bereits angesprochen, dass wir über Sozialraumbudgets gesprochen haben. Da ging es auch um die Frage, wie ich Mittel für Jobs, Aufgaben oder Pro-zesse in einem bestimmten Sozialraum zur Verfügung

stelle, ohne dass ich vorher schon ganz genau weiß, was dabei herauskommt. Aber ich weiß, ich kann bestimmte Indikatoren oder Ziele formulieren, weil ich möchte, dass sich die Situation verändert. Wie die das im Sozial-raum dann machen, das müssen die da gucken. Unsere Finanzierungsmodelle geben das noch lange nicht her.Selbst wenn der Stadtteilzentrenvertrag schon relativ viele Möglichkeiten lässt, sind wir immer noch in Zwän-gen verhaftet, die mit der Wirklichkeit in dem Sozial-raum überhaupt nichts mehr zu tun haben.

Teilnehmerin: Beim Quartiersmanagement spricht man ja vom Handlungskonzept, was fortgeschrieben wird. Das bedeutet, man macht sich Gedanken und schreibt etwas fest, aber man kann noch nicht festschreiben, wohin sich das letztendlich entwickeln soll oder sich ent-wickeln wird. Aber trotzdem wird es begleitet von einer Richtung oder auch von Fachkompetenz, die zum Teil auch von Bürgern oder Betroffenen gestellt wird. Da hat man einerseits impliziert, dass man einen roten Faden hat, andererseits aber, dass es noch relativ offen ist.

Reinhard Hoffmann: Vielleicht schließt sich ja der Kreis, den die Kollegin angesprochen hatte. Natürlich muss man sich auch klar werden, an welchen Punkten Stadt-teilzentren eine gute Unterstützung im Stadtteil anbieten können, also welche Ressourcen sie fördern können, welche Unterstützungsleistungen sie möglich machen können, welche Engagementförderung möglich ist. Man muss wissen und eine politische Idee davon haben, was diese Stadtteilzentren für eine Funktion im Stadtteil haben. Das kann nicht so blauäugig einfach im Raum stehen, sondern man muss sagen: Wir wollen, dass ihr den inklusiven Gedanken aufnehmt, mindestens alle Kulturen und Nationalitäten ansprecht. Wir wollen mög-licherweise, dass die Alterssituation entschärft wird. Man muss gucken, um welche Punkte es sich dreht, aber man kann dem einzelnen Stadtteilzentrum nicht fix vorschreiben, wie er das zu tun hat.Mit fehlt im Moment noch der Transfer aus dem sozi-alräumlichen Budgetgedanken in der Jugendhilfe, wo gesagt wird, wir wollen nicht mit festen Programmen

arbeiten, also da ist eine ambulante oder stationäre Hilfe, sondern wir wissen, es gibt Probleme und wir stel-len Personal und Ressourcen zur Verfügung, um diese Probleme zu bearbeiten. Und wie die das machen, das ist völlig egal.Es gab ein Beispiel, wo die Lösung war, dass die Mut-ter aus der Familie genommen und mit einem Sozi-alarbeiter und anderen Verwandten in eine andere Wohnung einquartiert wurde, um mit ihr dann zu arbei-ten, damit die Kinder mal in Ruhe gelassen wurden, weil die Mutter krank war. Im normalen klassischen Regelinstrumentarium kann man das nicht machen, weil man auf fest gefertigte Antworten fixiert ist, die im System formuliert sind, also ambulante oder sta-tionäre Hilfe, bestimmte Vorgaben, die gemacht wer-den. Das Offene bedeutet hier, dass man auch mal was ganz anderes machen kann, was eigentlich im System nicht vorgesehen ist.Das ist ja das, was Stadtteilzentren machen können. Sie können sagen, wir wissen noch nicht, wie man am besten mit einer bestimmten Alterskonstellation in dem Stadtteil umgeht, aber vielleicht gibt es eine klasse Idee, die man mal umsetzen könnte. Das könnte eine Umsetzungsphantasie sein, die dann auch kopiert werden könnte.Es ist nicht ganz offen, sondern man muss beides beschreiben können. Das ist die Herausforderung. Und um das beschreiben zu können, braucht es dis-kursive Prozesse, weil man sonst nicht auf die Punkte kommt, die es zu verändern gilt.

Klaus-Peter Licht: Ich habe es so verstanden, dass die Forderung an den Verband wäre, für diese ergebnisof-fenen und langfristigen Finanzierungsmodelle zu kämp-fen, die auszuhandeln und sich dafür stark zu machen, damit die Träger flexibel auf die Bedarfe vor Ort im Sozi-alraum reagieren können.

Thomas Mampel: Ich bedanke mich bei Herrn Hoff-mann, bei den Berichterstattern und bei Ihnen allen!

Theater der Erfahrungen

Die Akteure des Seniorentheaters brachten uns wieder mit ganz viel Humor zum Lachen.Träger des Theaters der Erfahrungen: Nachbarschaftsheim Schöneberg

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Moderation: Ruth Ditschkowski und Ulrike Preißer

Ulrike Preißer: Herzlich willkommen zum Forum 3. Ich arbeite in der NachbarschaftsEtage Fabrik Osloer Straße im Berliner Bezirk Mitte („Alt-Bezirk Wedding“).

Ruth Ditschkowski: Auch ich begrüße Sie herzlich. Ich komme ebenfalls von der NachbarschaftsEtage Fabrik Osloer Straße. Unser Gast ist Katja Niggemeier vom Quartiersmanagement Soldiner Straße. Wir beschäf-tigen uns mit unterschiedlichen Typen von Nachbar-schaftshäusern, deren Angeboten und Grundprinzipien.Die bunten Papiere an der Wand sind drei Teile aus dem Zinner-Freier-Papier von 1999. Wir können darauf schauen, um zu überprüfen, wie weit die Papiere aktuell sind und was gegebenenfalls ergänzt werden müsste. In einem weiteren Schritt wollen wir sehen, was das bezo-gen auf die Einbindung zur Rahmenstrategie „Soziale Stadt“ heißt. Wichtig ist dann auch, was das für unse-ren Verband bedeutet, für die Mitgliedsorganisationen, natürlich auch für die Politik und Verwaltung.

Ulrike Preißer: Wir haben zwei Berichterstatter in der Gruppe: Frau Dr. Gabriele Schlimper vom Paritätischen, sie ist die Leiterin der Geschäftsstelle Bezirke, und Marco Iljic, Integrationsbeauftragter des Österreichi-schen Hilfswerkes. Die beiden werden unsere Diskus-sion zusammenfassen und darüber berichten.

Ruth Ditschkowski: Das Ergebnis sollen die zwei Seiten einer Medaille sein – und diese zwei Seiten sind noch leer. Ist schon klar, was die zwei Seiten sein sollen?

Teilnehmerin: Ich denke, einerseits sind es die Hand-lungsspielräume, die die Mitgliedsorganisationen selbst sehen, andererseits die Forderungen an den Verband für sozial-kulturelle Arbeit. Also das ist das, was wir machen, da bräuchten wir Unterstützung oder das ist das, was Sie von Ihrem Dachverband haben möchten.

Ruth Ditschkowski: Zur Vorstellungsrunde der anderen Art, wir wollen wissen, wer überhaupt da ist. Anhand der Zuordnungen aus dem Freier-Zinner-Papier mögen sich alle selbst zuordnen.

Typ 1: StadtteilladenAusschließlich ehrenamtliche Mitarbeiter/innen.

Typ 2: NachbarschaftstreffpunktHauptamtliche Mitarbeiter/innen, gestützt und getragen von ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen mit mindestens nachbarschaftsorientierten, generationsübergreifenden Angeboten (Haus für alle) und der Förderung von Initiati-ven und bürgerschaftlichem Engagement.

Typ 3: Nachbarschaftshaus (bzw. nach der Vertragsbe-grifflichkeit “Stadtteilzentrum”)Hauptamtliche Mitarbeiter/innen, gestützt und getragen von ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen mit mindestens nachbarschaftsorientierten, generationsübergreifenden Angeboten (Haus für alle), der Familienbildungsarbeit und der Förderung von Selbsthilfe und bürgerschaftli-chem Engagement. Dieser Typ könnte auch als “Regel-typ” bezeichnet werden.

Typ 4: Nachbarschaftshaus plus (Trägerschaften)Z. B. für Kindertagesstätten, Jugendfreizeiteinrichtungen, Familienbildungsarbeit, Betreuungsvereine, Regionale Beratungs- und Kontaktstellen für Selbsthilfe, Beschäfti-gungs- und Qualifizierungsprojekte, Integration von Auslän-dern, Seniorenfreizeiteinrichtungen, Sozialstationen u. a.

mehr. Hinzu kommt eine regionale “Ordnungs- und Struktu-rierungsfunktion”, die in enger Zusammenarbeit mit Bezirk, Senat, Wohlfahrtsverbänden, Kirchengemeinden und örtli-chen Vereinen und Initiativen wahrzunehmen ist.

Zum Wesen von Nachbarschaftshäusern jedes Typs gehört, dass sie Menschen der Region zusammenfüh-ren, dass sie für sie da sind, dass sie ihre Anliegen aufnehmen. Es sind dezentrale, bürgernahe, kosten-günstige Einrichtungen. Sie bieten den Bürgerinnen und Bürgern Möglichkeiten für Mitwirkung und Gestaltung, für das Engagement in überschaubaren Räumen und leisten damit einen wichtigen Beitrag zur demokrati-schen Entwicklung.

Wer kommt aus Typ 1, also einem Stadtteilladen? Da ist niemand da.

Typ 2 sind die Nachbarschaftstreffpunkte. Wer ist von diesem Typ anwesend, also ohne Trägerschaft? Auch niemand.

Teilnehmer: Ich würde eher sagen, dass ich Plus mit Nachbarschaftshaus bin, also wir sind Träger und machen das andere noch mit. Also da würde ich mich hinstellen wollen.

Ruth Ditschkowski: Dann tun Sie das einfach.

Typ 3 ist das Nachbarschaftshaus Wer ist vom Regeltyp anwesend? Hier ordnen sich ca. 1/3 der TN zu.

Jetzt der Typ 4, der alles das umfasst und noch Träger-schaften dazu hat.

Teilnehmer: Wir sind ein Träger, der vier Nachbar-schaftszentren hat. Aber der Träger selber ist nicht das Nachbarschaftszentrum, deshalb käme es dem Typ Plus am nächsten.

Ruth Ditschkowski: Wir brauchen einen neuen Typus. Die Kategorien sind von 1999, damals gab es eine

andere Situation. Es kann also durchaus sein, dass es 2012 noch zusätzliche bzw. neue Typen gibt, zum Beispiel ein großer Träger, der keine Nachbarschaftsor-ganisation ist, aber diverse Nachbarschaftszentren hat. Das Wiener Hilfswerk ist auch so ein Beispiel, denn das Wiener Hilfswerk hat zwölf Nachbarschaftszentren.

Teilnehmer: Ich komme aus Greifswald. Das ist eigent-lich eine Jugendfreizeiteinrichtung, die aber von Anfang immer die Idee hatte, auch Stadtteilzentrum zu sein. Aber sie haben dafür nie den kommunalen Auftrag oder Geld dafür bekommen, sondern das wurde immer ehren-amtlich nebenbei mitgemacht.

Ruth Ditschkowski: Das ist etwas Neues. Euer Träger ist keine Nachbarschaftseinrichtung, aber trotzdem seid Ihr eine Nachbarschaftseinrichtung. Ist das auch ein neuer Typ? Der Träger ist eine Jugendfreizeiteinrichtung, der Träger ist eine Stiftung. Welche Angebote zeichnen Ihre Einrichtungen aus?

Teilnehmerin: Ich komme vom Stadtteilzentrum Pan-kow, Familienzentrum: Da gibt es die Selbsthilfekontakt-stelle, es gibt eine Freiwilligenagentur im Haus, wir sind auch Träger von Kitas.

Ruth Ditschkowski: Okay. Und bei Ihnen?

Teilnehmerin: Es tendiert schon ein bisschen zu Typ 4 (Nachbarschaftshaus plus).

Ruth Ditschkowski: Das heißt, wo ist die Schnittstelle?

Teilnehmerin: Mit der Kooperation mit dem Bezirk usw., dann auch Selbsthilfekontaktstelle zu sein, das ver-mischt sich ein bisschen, aber wir sind ein klassisches Nachbarschaftshaus.

Ruth Ditschkowski: Mit welchen konkreten Angeboten?

Teilnehmerin: Ja, was hier so steht – Familienschwer-punkt, aber auch eher Beratung, wir haben auch ein

Fit für die Zukunft!?Forum 3

Unterschiedliche “Typen” von Nachbarschaftshäusern: Wurzeln, Philosophie, Selbstverständnis, Größe Grundprinzipien der

Nachbarschaftsarbeit

Forum 3 / Unterschiedliche Typen von Nachbarschaftshäusern Jahrestagung Stadtteilarbeit 2012 Fit für die Zukunft

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die durchaus nicht alle haben, aber mir geht es auch darum, dass wir voneinander lernen, damit wir uns im Großen und im Kleinen unterstützen können.

Ulrike Preißer: Bezogen auf das Zinner-Freier-Papier geht es im nächsten Schritt um die Angebote der Häu-ser.„Die Angebote eines Nachbarschaftshauses sind an den Menschen im Stadtteil orientiert. Es geht um Räume zur öffentlichen und privaten Nutzung, Treffpunkte für unterschiedlichste Gruppen in unterschiedlichen Lebens-lagen, kulturelle Angebote und Veranstaltungen, Raum zur Selbstorganisation von Angeboten, Förderung von Selbsthilfe und Bürgerinitiativen. Es geht um Angebote, die die öffentliche Hand sicherstellen muss, dezentrale Angebote, Volkshochschule, Kitas, Sozialstationen, usw.“„Was diese Angebote verbindet: Sie sind an die Men-schen desselben Gebietes gerichtet.“

Ulrike Preißer: Also, da hat sich ein Stück weit etwas erweitert. Die Punkte da oben sind noch gültig?

Teilnehmer: Ja. Das eine oder andere, die Selbsthilfe war ganz stark betont, aber das bürgerschaftliche Enga-gement oder Ehrenamt, was in den letzten zehn Jahren verstärkt wird, ist da nicht mit drin. Oder? Das habe ich eben nicht gesehen.

Ulrike Preißer: Das Ehrenamt ist indirekt formuliert: För-derung von Selbsthilfe und Bürgerinitiativen.

eigenes Jugendprojekt, zwei Projekte sogar, also da gibt es eine Überschneidung, Familienangebote.

Ruth Ditschkowski: Das heißt, es gibt Überschneidun-gen wegen der Trägerschaft, die Tendenz ist zu Typ 4.

Angelika Vahnenbruck: Von Anfang an, seit der Vertrag da ist, sind wir eingebunden in das Ganze, aber ich bin StadtRand GmbH. Wir sind die Selbsthilfe-, Kontakt- und Beratungsstelle für Berlin-Mitte und haben einen eigenen Standort. Wir sind nicht in einem Nachbarschaftshaus, son-dern wir gehören mit zum Stadtteilzentrum Mitte. Das heißt, wir kooperieren mit der Fabrik Osloer Str., aber auch mit dem Stadtschloss Moabit. Wir haben unseren eigenen Standort und auch unseren eigenen Träger, was eine gGmbH ist.

Ruth Ditschkowski: Okay. Rein inhaltlich, welche Träger-schaften gibt es?

Teilnehmerin: Das läuft offiziell über das Quartiersma-nagement Halle. Da gibt es unterschiedliche, Mehr-generationenhäuser, Kooperation mit Schulen. Ich speziell mache jetzt schon seit zwei Jahren Gesund-heitssport über die Krankenkasse mit Ernährung und Bewegung für den Schwerpunkt Migranten-Hausfrauen.

Ulrike Preißer: Okay. Und Sie?

Teilnehmerin: Nachbarschaftsheim Schöneberg, also die Trägerschaften sind sehr breit gefächert, Schwerpunkt

Kinder und Jugendliche, Ganztagsbetreuung, Schulso-zialarbeit, Kindertagesstätten, aber vom Ursprung her eben ein Nachbarschaftshaus.

Ruth Ditschkowski: Und Träger vom Quartiersmanage-ment. Typ 4 Plus, plus QM. Es kristallisieren sich immer mehr andere Typen heraus.

Teilnehmerin: Ich würde sagen, dass wir auch Typ 4 sind, Nachbarschaftshaus Plus. Wir sind Träger von Kindertagesstätten, Jugendfreizeiteinrichtungen, Famili-enbildungsarbeit, haben ein Familienzentrum, Beschäf-tigungs- und Qualifizierungsprojekte hatten wir in Kooperation. Ein wichtiger Punkt sind auch die Koope-rationsprojekte mit anderen Nachbarschaftszentren. Wir sind ganz stark vernetzt und kooperieren mit dem Nach-barschaftsheim Schöneberg. Wir sind an den Schulen mit Schulsozialarbeit, mit offenen Ganztagsbetrieben. Wir haben den Kinderbauernhof. Wir sind aktiv im Quar-tiersmanagement in Lichtenrade. Und wir haben diesen Punkt Vernetzungsfunktion in der Region. Wir sind in fast allen Ausschüssen der BVV vertreten. Wir haben regelmä-ßige Arbeitsgemeinschaften mit den Stadträten und den Referenten und Direktoren der einzelnen Ressorts Sozi-alwesen, Jugend, Gesundheit. Wir sind auf dieser Ebene politisch ganz aktiv.

Ruth Ditschkowski: Und im Vergleich zu Schöneberg Plus Plus?

Teilnehmerin: Nein, Plus, weil wir haben drei Kinderta-gesstätten und fünf OGB’s (Offene Ganztagsbetreuung an Schulen).

Teilnehmer: Ich kann mich in keiner der Gruppen zuord-nen, weil ich Student bin.

Teilnehmerin: Mir fällt noch eine Besonderheit ein, Herr Zinner hatte auch darauf hingewiesen, also dieses Modell mit den Genossenschaften im Bereich Commu-nity Care. Ich weiß nicht, wo das hier in diese Kategorien einzuordnen wäre. Das ist ein besonderer Ansatz.

Ruth Ditschkowski: Vielen Dank erst mal. Wir sind schon ein Stück weiter, weil wir bereits die Kategorien bzw. Typen erweitert haben.

Teilnehmer: Ich würde gerne einen Vorschlag machen. Ich finde, diese Kategorisierung führt nicht so weit. Es gibt nämlich zwei Ebenen. Auf einer Ebene schaut man mehr auf das Programm, also was passiert da in wel-chen Sparten. Die andere Ebene ist eine rein träger-rechtliche, die sich sehr verkompliziert hat. Ich dachte früher, wir mit unserer Stiftung wären kompliziert, aber das hat überall zugenommen. Man sollte es nach den programmatischen Punkten einteilen und dahinter, wenn wir sagen Typ 2, da sollte Typ 2 T stehen, das sind die, die selber Träger sind, oder er ist in einem Träger einbegriffen. Das kann man durch diese Kürzel kenntlich machen, aber ansonsten die Typisierung an der Größe, am Wirkungsgrad, an den Aufgaben vorneh-men.

Teilnehmerin: Wenn man die einzelnen Typen beschreibt, dass man die Punkte, die du genannt hast, auch mit benutzt, also den Wirkungskreis, die Koope-ration und das Netzwerk, die Besonderheiten, die Com-munity Care, weil das heißt ja auch, dass vielleicht andere von euch lernen können. In Hessen sagt man vielleicht, Mensch, das ist ja überhaupt eine Idee mit den Wohnungsbaugenossenschaften, wie habt ihr das gemacht? Insofern würde es Sinn machen, dass diese Typisierungen Überschriften kriegen, damit es nicht so hintereinander weg ist.

Teilnehmerin: Das andere sind auch Sonderwege, die einzelne Häuser irgendwann begonnen haben.

Teilnehmerin: Wirkungskreis, Genossenschaften. Was hattest du noch genannt? Kooperation.

Teilnehmerin: Und politische Einflussnahme durch Gre-mienarbeit oder Kontakte, wenn Greifswald einen beson-ders guten Kontakt zum Bürgermeister herstellen kann oder auch auf anderen Ebenen. Auch das sind Punkte,

Forum 3 / Unterschiedliche Typen von Nachbarschaftshäusern Jahrestagung Stadtteilarbeit 2012 Fit für die Zukunft

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Teilnehmer: Das war damals noch stärker.

Ulrike Preißer: Gut. Sonst noch was im oberen Bereich?

Teilnehmer: Vernetzung, Nachbarschaftshäuser auch in die Politik rein, wie auch immer das gemacht wird.

Ulrike Preißer: „Koordination im Stadtteil, Vernetzung, Angebotslücken benennen, Doppelangebote vermei-den“, das war damals auch schon formuliert.Dann gehe ich weiter: „Nutzen die Kommunikation der Bür-ger im Stadtteil und fördern sie - brauchen eine ähnliche per-sonelle und räumliche Infrastruktur.“ „Sollen auf regionaler Ebene unter Berücksichtigung der Erwartungen der Bürger/innen und Nutzung der Möglichkeiten in der Region geplant werden unter maßgeblicher Beteiligung der Bürger/innen.“

Teilnehmerin: Die Sozialraumorientierung käme da zum Beispiel auch mit hin, dass man seine Angebote als Stadtteilzentrum an den Sozialraum anpasst, auf die Bedarfe der Menschen, die da leben, ausrichtet.

Teilnehmer: Ja, das war damals nicht so formuliert. Begriffe wie Vernetzung usw., heute würde man sagen, das sind Akteure im Sozialraum oder Vernetzungspartner im Sozialraum, also das ist mehr als nur ein Kooperati-onspartner, praktisch ein Antreiber oder ein Aktivposten.

Ruth Ditschkowski: Und der Begriff Sozialraum war noch nicht so benannt. Dann kommen wir zu den Prin-zipien. Das ist der letzte Punkt aus dem Freier-Zinner-Papier, auf den wir uns beziehen.Es wurden sieben Grundprinzipien der Nachbarschafts-arbeit formuliert. „Bei aller Verschiedenheit sind aber diese Grundprin-zipien zu erfüllen, die ein Nachbarschaftshaus erst zu einem Nachbarschaftshaus machen: * Alle Schichten und Gruppen der Bevölkerung werden angesprochen, Kinder, Jugendliche, Eltern, alte Men-schen.“ Das ist nach wie vor so, obwohl es vielleicht von der Gewichtung her auch unterschiedlich sein kann. Da muss sonst nichts ergänzt werden.

* „Kommunikationsfördernde, generationsübergreifende und integrierende Angebote für Ausländer..., der Begriff stammt aus dem Jahr 1999!, behinderte Menschen in besonderen Lebenssituationen und mit zeitweiligen oder dauerhaften Problemen.“ Heute würde man vielleicht Inklusion hinschreiben.* Mit den Stärken der einzelnen Personen arbeiten und ihre kreativen Potenziale entwickeln.* Verknüpfung sozialer, kultureller und gesundheitsför-dernder Aktivitäten.* Ermunterung und Förderung der Selbsthilfe und eigen-verantwortlicher Aktivitäten von Personen, Gruppen und Initiativen.“

Angelika Vahnenbruck: Es wird hier der Begriff Selbst-hilfe genannt. Ich finde, das ist nicht das, was Selbst-hilfekontaktstellen sind, sondern Selbsthilfe gibt es in ganz vielen Zusammenhängen, ob das der Chor ist, der sich selbst organisiert, ob das Besuchergruppen sind, usw.Selbsthilfekontaktstellen sind eigene Einrichtungen. Sie haben ein sehr klares Aufgabenprofil, das sehr geschärft ist und es existiert ein spezieller Leistungskatalog. Sie unterscheiden sich von dem, was hier als Selbsthilfe bezeichnet wird.

Teilnehmer: Fast alle Nachbarschaftszentren haben, auch wenn sie keine Selbsthilfekontaktstelle sind, in ihren Häusern Selbsthilfegruppen.

Angelika Vahnenbruck: Genau. Ich möchte nur auf die Unterscheidung hinweisen. Die Selbsthilfekontaktstel-len haben auch ihren eigenen Verband.

Teilnehmerin: Ich habe eine Verständnisfrage. Von oben bis unten liest sich das wie: wir sind für den Weltfrieden. Da kann ja überhaupt niemand dagegen sein. Kommu-nikationsfördernd, generationsübergreifend, integriert, inkludiert, also all inclusive. Ich erlebe es aber manch-mal so, dass es nicht nur um das Generationsübergrei-fende geht, sondern immer mehr geht es auch darum, generationsspezifisch tätig zu sein.

Man ist zwar generationenübergreifend, wenn man Fami-lienangebote macht für Mütter mit Kindern, aber dann sind die 50-Jährigen, 70- oder 90-Jährigen nicht dabei. Ich weiß nicht, ob generell generationsspezifische Ange-bote eine Rolle spielen oder in Zukunft eine stärkere Rolle spielen sollten?

Teilnehmer: Für mich ist das mit drin. Ein Nachbar-schaftshaus spezialisiert sich nicht auf eine bestimmte Altersgruppe, sondern es gibt verschiedene. Dass die mal zusammen ein Stadtteilfest machen oder die Senio-ren mit der Kita ein Adventssingen – gut. Aber der Alltag ist eher generationsspezifisch.

Ulrike Preißer: Das haben wir jetzt hier ergänzt, genera-tionsspezifische Angebote gibt es auch.

Ruth Ditschkowski: Unsere Idee ist, sich diese Prin-zipien komplett zu betrachten, um dann zu schauen, inwieweit werden sie umgesetzt, was steht auf dem Papier und gibt es damit in der Praxis auch Probleme. Das heißt, diese Fragen kommen noch in der Tiefe.

Ulrike Preißer:* „Ermunterung und Förderung des bürgerschaftlichen Engagements, der ehrenamtlichen bzw. freiwilligen Arbeit* Individuelle Hilfeleistungen durch Beratung und geeignete Unterstützung durch eigene Dienstleistungs-angebote und/oder durch ihre Vermittlung. Ich glaube, das haben alle.* Transparenz und Öffentlichkeit aller Angebote,* attraktive und offensive Öffentlichkeitsarbeit – kommt wahrscheinlich darauf an, wie das gelingt.* attraktive Räumlichkeiten, die das Wohlbefinden fördern und vielfältige Aktivitäten ermöglichen.

Teilnehmer: Ein Leitziel.

Teilnehmerin: Ich glaube, da ging es darum, dass in Stadtteilzentren in der Regel die Räume von mehreren Gruppen genutzt werden, dass keine Gruppe speziell ihren eigenen Raum hat. So verstehe ich diesen Punkt.

Teilnehmer: Damals war aber auch die Debatte, was der Unterschied zwischen einem Sozialamt und einem Nach-barschaftsheim ist und deshalb kam der Grundsatz, dass man sich wohl fühlen muss. Ich habe insgesamt den Eindruck, dass vieles von dem, was da steht, was man vor zehn Jahren noch als Profil von Nachbarschafts-heimen gesehen hat, entdeckt man heute wieder, also da könnte man ganz viele Einrichtungen darunter schrei-ben, also gerade im letzten Punkt mit dem Wohlfühlen und den Räumen. Da ist die Schwierigkeit, eine Profil-schärfe hinzubekommen, denn auf diese Prinzipien eini-gen sich 90% aller guten Einrichtungen, wobei es egal ist, was sie machen. Das ist ein Vorteil, aber auch ein Problem.

Teilnehmerin: Wichtig ist auch, dass man auf dieses ressortübergreifende Arbeiten hinwirkt, wie Soziales, Schule, Jugend. Ich komme vom Rabenhaus in Köpenick und wir machen jedes Jahr unseren Fachtag. Vor acht Jahren haben wir diesen Runden Tisch Jugend, Soziales und Kultur ins Leben gerufen, um eben die verschiede-nen Sparten an einen Tisch zu kriegen. Das läuft gut und wir schaffen das jedes Jahr auch wieder. Dass man über den Tellerrand schaut, das kam von den Nachbar-schaftshäusern auf.

Ruth Ditschkowski: Werden diese Prinzipien wirklich umgesetzt? Fallen Ihnen Prinzipien auf, bei denen es eher schwierig ist? Ergänzungen hatten wir schon.

Teilnehmerin: Ich weiß nicht, wo ich das einordnen soll, aber Fakt ist, dass es schon einige Zeit im Schöne-berger Norden einen Präventionsrat gibt, der alle zwei Monate tagt. Schwerpunkt ist diese katastrophale Kur-fürstenstraße wegen der Prostitution oder es geht um die Lokale, die die Anwohner stören.Zum Präventionsrat kommen die Anwohner, auch Kinder und Jugendliche mit ihren Eltern. Wenn wir Glück haben, ist die Jugendstadträtin oder die Bezirksbürgermeisterin mal für eine halbe Stunde dabei, dann sind die Präven-tionsbeauftragten da, das macht Sinn, weil das immer gut besucht ist.

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Das haben die sich im Schöneberger Norden überlegt, dass sie alle an einen Tisch bringen wollten. In diese Politik ist Geld gepumpt worden. Ich finde, dieser Prä-ventionsrat ist eine gute Sache.

Teilnehmerin: Das ist auch beispielhaft in Schöneberg. Da ist ein spezieller Akteur im Bereich Gewaltprävention im Sozialraum. Ich habe den Präventionsrat schon erlebt im Zusammenhang mit Gewaltprävention an Schulen, das ist wirklich etwas ganz Besonderes, zumal ich so etwas von keinem anderen Bezirk kenne.

Teilnehmerin: In Zehlendorf gibt es einen Präventionsbeirat.

Teilnehmerin: In Mitte gibt es auch einen Präventionsrat.

Teilnehmer: Das ist ja ein Teil vom Quartiersmanagement.

Teilnehmerin: Der Präventionsrat ist kein Teil vom QM. Im Schöneberger Norden gab es erst den Präventionsrat, dann das Quartiersmanagement. Das sind zwei unab-hängig voneinander agierende Verfahren oder Gremien.

Teilnehmerin: Gerade weil wir die Sozialraumorientie-rung diskutiert haben. Da ist auch ein Thema, wie der Quartiersrat und der Präventionsrat voneinander profi-tieren können, welche unterschiedlichen Aufgaben sie haben, wobei per se das QM nicht zuständig für diesen Präventionsrat ist. Aber es ist wahrscheinlich, dass sie unter der Hand diese Aufgaben mitmachen.

Ulrike Preißer: Gibt es noch weitere Anmerkungen zu den Prinzipien?

Teilnehmer: Ich überlege, ob der Bereich Stadtteilar-beit, Gemeinwesenarbeit, da hingehört. Das ist für uns in der Urbanstraße eine Säule unserer Arbeit, dass wir auch jenseits der Stadtteilgrenzen aus dem Infrastruk-turförderprogramm versuchen, Mittel für Stadtteilarbeit und Gemeinwesenarbeit und auch Community-Arbeit zu akquirieren, und die in den Stadtteil hineinzubringen.

Teilnehmer: Nein, das meine ich nicht. Ich meine Stadt-teilarbeit, Gemeinwesenarbeit, also praktisch über das Haus hinaus in den Stadtteil hineinreichend und Initiati-ven gründen oder unterstützen.

Teilnehmerin: Das wird ja von den Häusern unterschied-lich umgesetzt. Ihr habt ganz stark diesen Ansatz.

Teilnehmer: Genau, wir haben das besonders stark. Ich bin mir nicht sicher, ob das für alle die Wahl ist.

Teilnehmer: Wo steht denn der Sozialraum?

Teilnehmerin: Den haben wir auf die Rolle des Nachbar-schaftshauses als Akteur im Sozialraum und du meinst, es sollte das Prinzip Sozialraumorientierung noch ergänzt werden?

Teilnehmer: Ich finde, Nachbarschaftsheime sind ein Klassiker der Sozialraumorientierung. Vielleicht war es so selbstverständlich, dass man es nicht hingeschrie-ben hat, aber es gehört da hin.

Teilnehmer: Es klingt im Originalpapier schon an, aber man sollte es vielleicht einfach hinschreiben bei den Grundprinzipien.

Teilnehmerin: Ich glaube, dass es stärker als bisher in die Stadtentwicklung mit eingebunden werden sollte, damit es nicht die gleiche Verwaltung wie das Quartiers-management hat.

Teilnehmerin: Nachbarschaftshäuser sind auch Stätten für Bildung, unabhängig von Parteien bezogen auf gesell-schaftliche Entwicklungen und aktuelle Themen.

Teilnehmerin: Generationenübergreifend oder generati-onsspezifisch, je nachdem.

Teilnehmerin: Werden alle Schichten angesprochen, also ist es sozialübergreifend, oder hat sich da etwas verändert? Sind es schon immer alle Schichten gewe-sen? Und wie ist das gelungen?

Teilnehmerin: Gentrifizierung ist auch noch eine Frage.

Teilnehmer: Alle Schichten, die noch da sind, werden angesprochen.

Teilnehmer: Dieses Prinzip wurde damals deshalb her-vorgehoben, weil ursprünglich sich die Nachbarschafts-heime um die sozial Benachteiligten gekümmert haben. Dann gab es einen Ansatz, der kritisiert wurde, gerade in Bezug auf das Nachbarschaftsheim Schöneberg, weil das plötzlich ein Haus für alle war, jetzt kommen die auch. Deshalb hat man besonders betont, dass es für alle Menschen ist, die in diesem Raum bzw. Stadtgebiet leben.

Teilnehmerin: Damals gab es ja noch die Suppenküchen für die Menschen, die nichts zu essen hatten.

Teilnehmerin: Bei uns fällt mir auf, dass hier in Schö-neberg das Bezirksamt, Schulamt oder Jugendamt immer häufiger Maßnahmen begleiten, die nicht ein-fach in dieser Regelzusammenarbeit bestehen, die wir ohnehin in Kooperation leisten. Zum Beispiel gab es vom Schulamt eine mehrjährige Maßnahme „Demo-grafischer Wandel“ mit verschiedenen Teilaspekten. Da wurden wir als Nachbarschaftsheim auch ange-sprochen, solche Teilaspekte zu begleiten, da sollten beispielsweise Schulen in sozialen Brennpunkten im Bezirk in ihrer Öffentlichkeitsarbeit unterstützt wer-den. Ich finde, das ist eine besondere Entwicklung

und auch eine Dimension, die sich nicht mehr ganz einordnen lässt in diese klassischen Kooperationen.Oder vom Jugendamt begleitete Übergänge von der Kin-dertagesstätte in die Grundschule, wo wir als Institu-tion, die weder etwas mit Schule noch mit Kita zu tun hat, begleitende bzw. lenkende Aufgaben übernehmen sollen. Ich weiß nicht, ob es in anderen Häusern ähnli-che Tendenzen gibt.

Teilnehmerin: Ein Stück weit muss man da auch noch mal schauen. Viele Dinge, die ehemals beim Bezirk waren, werden von freien Trägern übernommen. Wo wird der freie Träger auch ein Stück weit in bestimmte Pflichten mit reingenommen? Und man muss auch schauen, wie der Träger aufgestellt ist, welche Projekte er hat und was wirklich das Nachbarschaftshaus ist. Wenn du sagst, das Nachbarschaftshaus ist eigentlich alles dieses, was Schöneberg macht, das kann nicht sein.

Teilnehmerin: Ich könnte mir vorstellen, dass das ein Spezifikum von Schöneberg ist und dieser Entwicklung geschuldet ist.

Marco Iljic: Bei uns legen wir Wert auf das Fernhal-ten der Parteipolitik und der Religion aus den Nach-barschaftszentren. Das ist ein Prinzip, dass wir keine Räume an Parteien für ihre Veranstaltungen vergeben. Zum Beispiel kommen auch über Selbsthilfegruppen sehr viele Sekten rein. Wir haben es in den Prinzipien stehen, dass wir politisch überparteilich sind und auch religiöse Gruppierungen keinen Platz bei uns finden.

Teilnehmer: Bei uns ist das anders. Wir lassen politische Organisationen in unser Haus, wenn sich die Gemeinde bei uns treffen möchte, dann kann sie das tun, solange das im Rahmen bleibt. Auch die christlichen Pfadfinder können für ihr Kletterangebot bei uns den Garten nut-zen.Wir organisieren einen interreligiösen Dialog bei uns in der Nachbarschaft, wo wir 13 Glaubensrichtungen und Weltanschauungen zusammenbringen. Auch Parteien

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können bei uns die Räume nutzen. Auch da schaue ich ein bisschen auf die Ausgewogenheit. Wir regeln das ohne starre Regeln, was bis jetzt gut funktioniert.

Teilnehmerin: Das wird unterschiedlich gehandhabt, aber wohl offensichtlich nicht absolut ausgeschlossen.

Teilnehmerin: Wir sind ja fast alle Vereine, wodurch das oft auch durch die Satzungen geregelt ist. Bei uns steht es ganz klar in der Satzung, wer die Räume nicht nutzen darf.

Teilnehmerin: So unterschiedlich das geregelt ist, anti-demokratische Strömungen oder rassistische Strömun-gen oder so, da ist bei den 1.000 Vereinen die Tür zu. Und dann ist das Nachbarschaftsprojekt ja nur die nächste Schwelle.

Teilnehmerin: Offen für alle – das gilt nicht unendlich.

Teilnehmer: Das ist aber auch die Freiheit des Ver-bandes, das zu formulieren und zu sagen, wer bei uns Mitglied im Verband sein will, sollte sich dieser Regel unterwerfen. Ich finde, das könnte da ruhig stehen, dass antidemokratische Strömungen in Nachbarschafts-heimen nicht geduldet oder unterstützt werden.

Teilnehmer: Das steht aber schon in der Satzung vom Verband drin, aber konkreter ist natürlich immer die Debatte. Ich kenne das aus den 70er Jahren. Da wurde diskutiert, ob die Junge Union in Nachbarschaftshei-men Tagungen abhalten darf. Die Diskussion ging über Monate. Wenn die Alternative Liste, wie sie damals noch hieß, hier tagen darf, dann darf das die Junge Union auch, soweit sie die Regeln annimmt.Ich würde auch eher nach dem Prinzip verfahren, dass die demokratischen Parteien in dem Sinne tagen dürfen. Aber wenn eine zu viel dort tagt und der Eindruck ent-steht, sie könnte mit dem Nachbarschaftshaus gleichge-setzt werden, dann würde ich es auch eindämmen. Aber darüber könnte man einen eigenen Arbeitskreis bilden.

Ulrike Preißer: Es soll im nächsten Schritt um die Rah-menstrategie soziale Stadtentwicklung gehen. Mit wel-chen Aufgaben sind da die Stadtteilzentren bedacht? Wie sind sie eingebunden?

Katja Niggemeier (QM Soldiner Straße): Sie sind alle mit der Rahmenstrategie soziale Stadtentwicklung vertraut und der daraus abgeleiteten Einführung der Sozialraumorientierung in den Berliner Bezirken. Die Sozialraumorientierung wird berlinweit durchgeführt. Inwieweit ist das für alle anderen Städte interessant?

Teilnehmerin: Wir haben nicht viel Zeit, aber sollten die-sen Blick noch mal darauf richten, weil es Folgen für die Aufgaben und die Profile hat, aber auch an die Anforde-rungen für die Zukunft.

Katja Niggemeier: Es gibt auf der Grundlage von 2008 die Verpflichtung der Berliner Bezirke, diese Sozialraum-orientierung umzusetzen. Das beruht auf drei Standbei-nen: Bezirkskoordination, die Datenkoordination und die Stadtteilkoordination.Innerhalb des Bezirksamtes gibt es eine Stelle, die ressortübergreifend das Bezirksamt koordiniert. In der Regel gibt es dafür meistens eine ressortübergreifende Arbeitsgemeinschaft aus allen planenden Ressorts des Bezirks. Herr Hinte berät die Bezirke bei der Umsetzung der Sozialraumorientierung und gibt diese Empfehlun-gen. Dann gibt es eben noch die Stadtteilkoordination. Dabei kommen die Stadtteilzentren in den Blick. In Lichtenberg und in Marzahn wird das schon ganz lange so umgesetzt, weshalb dort zuerst die Stadtteilkoor-dination existiert hat. Teilweise haben sie das auch schon für sich beschrieben. Für Marzahn und Lich-tenberg passiert das vor allen Dingen vor dem Hin-tergrund dieser Bezirksfusion, also dass die einfach auch – gerade in Marzahn – gemerkt haben, wir haben keine Transparenz mehr, wie kriegen wir das eigentlich hin, dass wir mitkriegen, welche Angebote wir tatsäch-lich vor Ort haben, wie vermeiden wir Doppelangebote etc.. Da gibt es eben schon sehr viele Stadtteilzent-

ren, die diese koordinierenden Aufgaben haben, so wie ich das eigentlich von uns vom QM aus kenne, also sehr viel stärker noch mal eine vernetzende Funktion im Stadtteil zu haben, irgendwelche Runden und Ver-netzungen vor Ort einzuführen, die die Leute vor Ort stärker zusammenbringen. Das ist eine Aufgabe. Auch eine Aufgabe ist die Mitarbeit bei der Erstellung der Bezirksregionenprofile, dass aufgrund der Daten eine Interpretation der Fachämter in Bezug auf die Bedarfe der einzelnen Bezirksregionen er folgt. Auch da ist die Mitarbeit der Stadtteilzentren angesagt. Ich weiß nicht, wie das in den einzelnen Bezirken organisiert ist. In Mitte ist es jetzt so, dass neben der ressortübergrei-fenden Arbeitsgruppe, die verwaltungsintern ist, auch ein AK Stadtteilarbeit existiert, wo bereits die ganzen Stadtteilzentren und sozialen Treffpunkte in Mitte orga-nisiert sind. Das wird von der gleichen Person geleitet wie auch die Arbeitsgruppe, so dass der Informations-fluss sehr gut gewährleistet ist.Es wäre eine sinnvolle Forderung der Stadtteilzentren an die Bezirke, dass eine solche Runde eingerichtet wird, damit das Wissen der Stadtteilzentren über ihre Gebiete auch zurück in die Bezirksverwaltung gespiegelt wird. Da kommt eine größere Aufgabe auf die Stadtteilzentren zu, nämlich die Informationen vor Ort in den Bezirk zurück-zugeben, damit die Fördermittel passgenauer eingesetzt werden können. Da geht es um diesen Austausch, der hier auch schon angesprochen wurde.

Teilnehmerin: Welche Forderung möchten Sie an den Verband für sozial-kulturelle Arbeit stellen?

Katja Niggemeier: Das wäre eine Sache, die konkret Berlin betrifft. Es geht darum, dass bei dieser Sozial-raumorientierung die Verbindung zwischen Bezirksamt und der lokalen Ebene massiv verstärkt und auch der Dialog verstärkt werden soll. Dafür müssen auf der Bezirksebene in irgendeiner Form Strukturen geschaf-fen werden. Da bietet sich an, das für alle Bezirke und die Nachbarschaftshäuser einzufordern. Strukturen, wie sie in Mitte oder in Lichtenberg schon vorhanden sind. Da gibt es eine ganz starke Vernetzungsstruktur.

Teilnehmerin: Ehrlich gesagt, ich verstehe das alles nicht so ganz. Worum geht es eigentlich dabei? Das ist mir nicht klar geworden.

Ulrike Preißer: Bezogen auf die Rahmenstrategie sozi-ale Stadtentwicklung: Welche Aufgaben und Funktionen kommen aus dieser Sicht auf die Stadtteilzentren zu?

Teilnehmer: Dazu muss man erst mal verstehen, was die Sozialraumorientierung soll.

Teilnehmer: Aber man bekommt das nicht in ein paar Minuten hin. Es ist sehr schwierig, weil es sich abgrenzt von der Sozialraumorientierung der Jugendhilfe.

Gabriele Schlimper: Kann ich noch mal ganz kurz aus Sicht des Paritätischen? In Marzahn-Hellersdorf haben sich die zuständigen Lokalpolitiker auf den Weg gemacht, weil sie das überwinden wollten. Und es gibt dort einen speziellen Vertrag mit dem Bezirk zur För-derung der Stadtteilzentrenarbeit. Das ist etwas ganz anderes als in den anderen Bezirken.Bei diesem Vertrag ist der Paritätische auch Unterzeich-ner. Es gibt Geld des Bezirkes zusätzlich für den Aufbau und für Arbeit von Stadtteilzentren. Dazu gehört dann eben auch die Vernetzung der Veranstaltungen der Sozi-alen Stadt, die Vernetzung vom QM, die Vernetzung von schulbezogener Jugendsozialarbeit, von Jugendfreizeitein-richtungen und Stadtteilzentrenarbeit. Das ist an sich eine gute Entwicklung, die da in Marzahn-Hellersdorf läuft.

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In einer anderen Form findet das in Pankow statt. Da habe ich jetzt wieder einen neuen Kooperationsvertrag mit der Jugendsozialhilfe und mit dem Bezirksamt, um dort, auf einer niedrigschwelligen Ebene ohne Geld, aber in den inhaltlichen Austausch zu gehen. Alle Projekte im Bezirk sitzen jetzt am Runden Tisch und bereden die Dinge, die im Bezirk wichtig sind.So eine Kooperationsvereinbarung mit Jugend- und Sozialstadtrat und den Projekten der Nachbarschafts-arbeit würde ich mir eigentlich in dieser Form in jedem Bezirk wünschen. Gleichwohl ist es uns so noch nicht gelungen, die wirklich durch eine Kooperationsverein-barung an einen Tisch zu bringen. Wenn es daneben parallele bzw. andere Strukturen gibt, die auch dazu führen, dass alle, die mit diesen Grundprinzipien tätigen Organisationen, zuständige Jugend- und Sozi-alstadträte in kommunaler Ebene auch zusammensit-zen, können wir das nur begrüßen. Ich halte das für den richtigen Weg, um in einen Ideenaustausch zu kommen.

Teilnehmerin: Lasst uns mal die Forderungen an die Politik formulieren.

Teilnehmerin: Na, dass die mit einbezogen werden, weil die kennen natürlich die Probleme vor Ort genau.

Katja Niggemeier: Das Ziel ist erst mal ganz klar die Konsolidierung auf Bezirksebene, weil immer mehr The-men nicht nur in Fachverwaltungen bearbeitet werden, sondern ressortübergreifend. Es gibt ja diese schöne Bezeichnung „quer zur Linie“. Und um dem zu begeg-nen, ist eine ressortübergreifende Zusammenarbeit in den Bezirken zu organisieren, wobei es unterschiedliche Vorgehensweisen gibt.Manche Bezirke machen das von unten und haben zuerst eine Stadtteilkoordination auf die Beine gestellt, bevor es sich auf Bezirksebene wieder findet. In Mitte wurde versucht, über Aktionsraum Plus Fördermittel zu bekommen, also über die Fördermittel, die es in den unterschiedlichen Bezirken gibt, Stadtteilkoordination umzusetzen.

Teilnehmer: Kann man diese positiven Ansätze publizie-ren? Ich erlebe es in Tempelhof-Schöneberg, da hat die Verwaltung eine Organisationseinheit gegründet, die mit drei Stellen ausgestattet werden sollte. Jetzt ist eine Stelle besetzt. Keiner weiß genau, was diese Organisa-tionseinheit soll. Die Frage, was wir als Nachbarschafts-heim wollen, die ist überhaupt nicht gestellt.Irgendetwas läuft da, irgendein Berlin-Programm, was in manchen Bezirken offensichtlich positiv aufgegriffen wird, während es bei anderen verwaltungsmäßig umge-setzt wird, nach dem Motto: Damit sich die Verwaltungs-teile miteinander besser verstehen. Wenn das das Ziel ist, wäre es auch schon was, aber damit hätten wir dann nichts zu tun.Deshalb denke ich, wenn es einen positiven Ansatz gibt, dann sollte man ihn veröffentlichen, damit die anderen etwas davon haben.

Katja Niggemeier: Es gibt ein Handbuch „Sozial-raumorientierung“, das man sich bei der Senatsver-waltung bestellen oder als PDF herunterladen kann. Es gibt auch eine Handlungsempfehlung, die kürzer ist und nur zehn Seiten umfasst, vom (ISSAB), dem Institut, das Professor Hinte leitet. Darin ist alles in Kürze zusammengefasst, auch was die Organisa-tionseinheit sozialräumliche Planungskoordination bedeutet, wie das in Einzelschritten umgesetzt wird und was die Ziele sind. Das ist runtergebrochen, aber man bekommt einen Einblick, dass das wirklich ein Paradigmenwechsel in der Verwaltung ist. Man fragt sich, wie die Menschen miteinander gearbeitet haben, wenn sie nicht miteinander gesprochen haben. Wie haben sie Fördermittel koordinier t, wenn es keinen Austausch gab? Man bekommt eine Ahnung davon, was das für die Verwaltung bedeutet und wie wenig strukturier t diese Schnittstelle Lokale Ebene Verwal-tung noch läuft.Gerade bei dieser Schnittstelle spielen die Nachbar-schaftshäuser eine ganz zentrale Rolle. In Mitte wird das bisher ganz stark durch das Quartiersmanagement auf-gefangen, diese ganze Rolle der Vernetzung, der Koor-dination und der Kommunikation. Wir teilen uns quasi

die Aufgabe, also bei uns ist die NachbarschaftsEtage Fabrik Osloer Straße unser starker Partner im QM, also wir teilen uns diese Aufgabe.

Ulrike Preißer: Jetzt die Frage noch mal: Was heißt das denn? Wir haben angefangen mit den Anforderungen an die Politik und Verwaltung, jetzt ressortübergreifende Einbindung in die Rahmenstrategie Soziale Stadtent-wicklung. Du hast eben diese Schnittstellenfunktion angesprochen. Vielleicht kann man das noch mal ergän-zen oder konkretisieren?

Katja Niggemeier: Man muss sich überlegen, wer auf lokaler Ebene Informationen zurück in die Verwaltung lie-fert, um entsprechende Maßnahmen, Fördermittel etc. zu koordinieren. Wer tut das in welcher Form? Ich sehe, dass die Nachbarschaftshäuser da ganz klar die Partner für diese Aufgabe sind.

Gabriele Schlimper: Aber das machen sie bitte nicht ehrenamtlich.

Katja Niggemeier: Nein, nein, von Ehrenamt ist über-haupt nicht die Rede, sondern ich spreche von professi-onellen Strukturen, die so funktionieren müssen, dass sowohl auf der Verwaltungsebene das nicht zusätzlich zu allem übernommen werden kann, auf der Ebene der lokalen Akteure auch nicht, sondern da muss es für beide Seiten Mittel geben. Aber da sieht es ziemlich schlecht aus. Die Senatsverwaltung für Stadtentwick-lung hat sich zurückgezogen, die Koordinierungsstelle gibt es auch nicht mehr, was sehr ärgerlich ist.

Gabriele Schlimper: Ich meine nicht, dass es in den Stadt-teilzentren nicht ehrenamtlich gemacht werden kann. Das können wir, das ist keine Frage, nur Stadtteilzentren haben einen Zuwendungsbescheid und werden finanziert. Mir geht es ein bisschen gegen den Strich, dass wir immer mehr Auf-gaben bekommen für die gleiche Zuwendung. Was ich hier höre, das finde ich brillant und das ist alles ganz wunderbar, aber die Zuwendungssumme ist erst mal gleich. Da müssen wir schauen, wie sich das die Waage hält.

Katja Niggemeier: Nein, die Forderung, dass es mehr Geld gibt, ist ganz wichtig.

Teilnehmerin: Die Frage ist erst mal, welche Erwartun-gen und Wünsche es gibt oder was sinnvoll wäre. Die nächste Sache wäre, wer das tut und von welchen Res-sourcen? Klar war, dass aus der Sicht die Stadtteilzen-tren eine wichtige Schnittstellenfunktion haben. Es ist nur die Frage, wie sie dann geleistet wird.

Teilnehmerin: Ich denke, Forderung an die Politik und Verwaltung ist, dass bestimmte Aufgaben Geld er for-dern. Es geht immer darauf hinaus, dass bestimmte Sachen etwas kosten und wir nicht alles, wie Frau Schlimper schon sagte, noch obendrauf bekommen. Das war in den letzten Jahren so, wir haben immer wieder mehrere Sachen drauf bekommen, während der Geldsack zu ist. Politik und Verwaltung müssen sich überlegen, dass es etwas kostet, wenn sie was von uns haben möchten.

Teilnehmerin: Als Dienstleister letztendlich, denn wir sind ja ein Dienstleister.

Teilnehmerin: Ein Dienstleister für die Gesellschaft. Poli-tik und Verwaltung können froh sein, dass es Nachbar-schaftseinrichtungen und Selbsthilfekontaktstellen gibt, sonst müssten die den ganzen Kram nämlich mit ihren Hauptamtlichen machen.

Teilnehmer: Das Ganze kommt mir wie eine Gespens-terdebatte vor, weil wir seit 2001 aktiv Sozial-raumorientierung machen, wir haben die besten Abstimmungs- und Vernetzungstreffen und in den QM-Gebieten, da klappt das auch wunderbar. Da ist übrigens auch diese Spaltung der Abteilungen nicht überwunden, aber es ist viel, viel offener. Durch diese aktive Rolle in Tempelhof-Schöneberg, dass die, die das alles ein Stück weit mit koordinier t hat, direkt im Bezirksamt sitzt, ist diese Offenheit da. Da haben die Nachbarschaftszentren die Rolle zwar nicht übertra-gen durch ein mittelndes Programm, sondern eigent-

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fekontaktstelle ist ein geschützter, gesetzter Begriff, während Selbsthilfe als Orientierung in der Nachbar-schaftsarbeit ganz breit gesehen werden muss.

Marco Iljic: Für mich war es als Beobachter recht schwer, weil ich mindestens noch zehn Fragen dazwi-schen hätte stellen müssen.

Gabriele Schlimper: Im Prinzip ist das schon alles, was dort drin ist, aber es müsste nur noch mal durchgebürs-tet werden. Außer der Gentrifizierung, weil es die 1999 noch nicht gab. Der Begriff Inklusion ist eine Herausforde-rung, weil das die bisherige professionelle soziale Arbeit von den Typen erst mal auf den Kopf stellt. Das ist noch mal eine richtig andere Riesendimension. Die Behinder-tenhilfe schlägt die Hände über dem Kopf zusammen, weil ihre ganze Arbeit mit Fragezeichen hinterlegt wird, so sehen sie das selbst. Und Nachbarschaftsheime kön-nen einer der zentralen Orte sein, an denen diese gesell-schaftliche Utopie vielleicht ein Stück weit umgesetzt werden kann. Es ist eine Utopie, die dahinter steckt. Das wäre, was die Mitglieder tun können oder welche Heraus-forderungen und Aufgaben auf sie zukommen.Auch noch sehr gut bzw. wichtig fand ich die Schnitt-stellenrolle zwischen der lokalen Ebene und der gro-ßen Verwaltungsebene. Das sollte auch noch mal auf eine andere Ebene gehoben werden. Gleichwohl gibt es neue Aufgaben nur für neues Geld.Was erwarten Sie von Ihrem Dachverband? Das ist mir noch nicht ganz klar. Falls es noch nicht ganz klar ist,

lich durch die Vielfalt von ganz anderen Schnittstellen, von Projekten, usw., dadurch ist das organisch in die Richtung.Wenn ich andere Bezirksteile bei uns sehe, wo es diese Kultur nicht gibt, dann denke ich, dann würde wieder etwas aufgesetzt werden, wir übernehmen mal die Funk-tion, also um so ein Programm umzusetzen, dann ist es in einer Stadt wie Berlin sehr schwierig, weil alles so ungleichzeitig ist. Dann hätte man den Bezirken nicht die Freiheit lassen dürfen, damit jeder seine Sozialraumge-schichte macht, dann kommen nämlich solche Organi-sationseinheiten heraus, wo keiner richtig weiß, was sie damit machen sollen. Man hätte stattdessen Verbind-lichkeiten schaffen müssen, zum Beispiel innerhalb der Verwaltung einen Brückenkopf, andererseits die Nach-barschaftszentren für bestimmte Regionen.

Katja Niggemeier: Ganz so offen formuliert wie es den Anschein hat wird nicht, sondern es gibt diese Punkte, die ich schon erwähnt habe, also dass es Brückenköpfe gibt, auch geben soll, auch in den jeweiligen Verwaltun-gen gibt es Ansprechpartner für die Sozialräume. …Mittlerweile versucht die Verwaltung, die genauso darun-ter leidet, dass sie etwas umsetzen soll, wofür sie keine zusätzlichen Ressourcen bekommt, also das ist auf bei-den Seiten das Problem, aber es ist eben schon vorge-sehen, dass es im Bezirksamt – genauso wie beim QM – Gebietskoordinatoren oder Bezirkskoordinatoren gibt, die dieses Wissen bündeln und in die ressortübergrei-fende AG in die Bezirksämter einbringen und spiegeln.Ich empfehle diese zehn Seiten, wo das als Optimalfall beschrieben ist, aber es ist nicht so planlos, wie das vielleicht in einigen Bezirken der Fall ist.

Ruth Ditschkowski: Wir würden gerne noch zwei Fragen für die Berichterstatter ansprechen: Was heißt das für den Verband? Was heißt das für die Mitgliedsorganisa-tionen?

Ulrike Preißer: Das ist heute auch nur ein erster Ein-stieg in dieses Thema, wir werden heute nicht alles lösen müssen oder können.

Teilnehmerin: Ich kenne das aus der Zusammenarbeit mit dem Jugendamt. Das ist doch nichts anderes, oder?

Katja Niggemeier: Nein. Diese Sozialraumorientierung ist erst entwickelt worden und der Aufbau und aus die-sen Erfahrungen mit dem QM haben sie sich überlegt, dass sie das berlinweit umsetzen.

Teilnehmerin: Das heißt eben letztendlich auch, dass auf der Ebene der Stadtteilkoordination auch Stadtteil-konferenzen organisiert werden sollen. Es sollen auch die Bewohner/innen beteiligt werden, wie immer das aussehen kann.

Ulrike Preißer: Nochmals die beiden Fragen: Wünsche und Erwartungen an den Verband? Was heißt das? Und was heißt das für die Mitgliedsorganisationen bzw. wel-che Beiträge können die Mitgliedsorganisationen leisten?Frau Dr. Schlimper, Sie bringen die beiden Medaillen ins Plenum. Konnten Sie sich aus der bisherigen Diskussion schon etwas zu diesen beiden Fragestellungen heraus-ziehen?

Gabriele Schlimper: Erst einmal haben wir festgestellt, dass in dem Freier-Zinner-Papier vier Typen beschrieben werden, die es so heute nicht mehr gibt. Das heißt, wenn man so ein Papier überarbeitet, dann könnte man damit beginnen, dass es mehr als vier Typen gibt. Es gibt sowohl strukturelle Fragestellungen, und Fragestel-lungen, die breitschichtiger sind, also inhaltliche Frage-stellungen, die man miteinander ins Gespräch bringen könnte. Da kommen die ganzen Sachen rein, die aufge-zählt wurden: Vernetzungsarbeit, politische Mitwirkung …

Teilnehmerin: Ich habe in Erinnerung, dass es Mischty-pen gab. Am Schluss war der Vorschlag, dass man sich mehr auf die Inhalte bezieht, was die Anforderungen und Aufgaben der Typen angeht, während das Struktu-relle weiter hinten erscheint. Die Frage der Trägerschaft macht es verwirrend und kompliziert, weil es dann auch mit den Typen nicht mehr hinhaut.

Teilnehmer: Weil sie komplizierter geworden sind, also das ist der Hintergrund.

Teilnehmerin: Wir haben das Stadtteilzentrum Pankow. Der Träger ist zwar das Bürgerhaus, aber eigentlich ist das Bürgerhaus ein Kita-Träger, der mit Nachbarschafts-arbeit gar nichts zu tun hat. Und das Stadtteilzentrum Pankow ist ein Konglomerat aus drei großen Organisati-onen, die jeweils etwas anderes machen.Im Unterschied dazu haben wir das Stadtteilzentrum Mitte, was zwar ein Konglomerat wieder unterschiedli-cher Träger und unterschiedlichen Orten ist, im Gegen-satz zu Pankow, wo sich alle an einem Ort treffen. Dann gibt es Stiftungen, zum Beispiel Pestalozzi-Fröbel, wo ein sozialer Träger im Hintergrund viel professionelle Arbeit anbietet, aber eben auch Nachbarschaftsarbeit macht. Es gibt also schon noch andere Ausrichtungen.

Gabriele Schlimper: Das ist eher das, was ich ganz am Anfang mitnehme. … Bei den Prinzipien: Was sollen die Organisationen tun? Ich würde es mal so zusammenfas-sen: Es gibt Dinge, die zwar bereits in den Grundprinzi-pien der Nachbarschaftsarbeit formuliert sind, die aber sich auch inhaltlich entwickelt haben.

Da kommen eben neue Prinzipien dazu: Sozialraum-orientierung sollte explizit genannt werden, gentrifizie-rende Fragestellungen, die immer mehr auf die Arbeit der Stadtteilzentren einwirkt.Das heißt, man hat nicht mehr diese ausschließliche Ausrichtung auf sozial Schwache, wie man früher sagte, sondern es gibt unterschiedliche. Wir haben ein Stadt-teilzentrum, die müssen sich in zehn Jahren in ihrer Umgebung sozial Schwache wahrscheinlich suchen gehen, weil die weg sind, während es andere gibt, wo es nur noch sozial Schwache gibt und kaum noch jemand da ist, der sich bürgerschaftlich engagieren möchte.Das halte ich für eine sehr deutliche Veränderung in der Arbeit, Veränderungen im Profil und in der Herangehens-weise von Nachbarschaftseinrichtungen.Spannend fand ich, wo ich auch gelernt habe, dass der Begriff Selbsthilfe viel zu breit definiert wird. Selbsthil-

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dann ist das ja auch ein Ergebnis. Wenn die Zeit nicht dazu gereicht hat, das zu konkretisieren, dann wäre die Aufgabe des Verbandes, das noch selber heraus-zuarbeiten.

Teilnehmer: Ein Punkt, den wir sehr lange diskutiert haben, nämlich diese Rahmenstrategie Soziale Stadt-entwicklung, das wäre für mich ein Punkt, worüber der Verband Arm in Arm mit dem DPW und mit der Senats-verwaltung Stadtentwicklung einen Diskurs führen müsste, um zu klären, was das in der Partnerschaft in den Bezirken heißt und wer was in den Bezirken rein-geben kann, zum Beispiel als Best Practice, auch um eine Übersicht zu geben und zu klären, dass dies eine Möglichkeit ist, dieses Projekt umzusetzen, wenn sie uns mit einbeziehen.Wir können zwar als lokale Akteure vor Ort einiges bewegen, aber ich finde immer, es muss beides geben.

Dafür gibt es ja auch einen Verband auf Landesebene, der das mit der Senatsverwaltung verhandelt.

Teilnehmerin: Es geht um eine Stärkung der Stadtteil-zentren durch den Verband oder auch den DPW, auch in Bezug auf die Rahmenstrategie „Soziale Stadt“.

Teilnehmerin: Generell ist es so, dass der Verband und der DPW die Aufgabe haben, auf der Landesebene sol-che Themen in relevanten Bereichen, die uns betreffen, mit anzusprechen, in den Diskurs zu gehen, während das andere, was vor Ort mit den Bezirken läuft, da sind wir ja meistens Partner, aber auf der Landesebene sind wir draußen.

Ulrike Preißer: Vielen Dank für Ihr Interesse und Ihre Teilnahme!

Moderation: Markus Schönbauer und Birgit Monteiro

Markus Schönbauer: Herzlich willkommen zum Forum 4 der Jahrestagung des Verbandes für sozial-kulturelle Arbeit. Unter dem Titel „Mitmachen, engagieren, koope-rieren“ geht es um die Mitgliedsorganisationen im Ver-band. Dazu gab es bereits eine Fragebogen-Aktion.

Zur Neuorganisation der Jahrestagungen wird Birgit Mon-teiro erklären, was sich der Vorstand dazu gedacht hat.Zum Rundbrief gab es bereits Fragen, zum Beispiel wel-che Beiträge von Autoren kommen oder welche Themen-vorschläge im Rundbrief bearbeitet werden. Zum Thema Studien und Forschungsprojekte wird auch Birgit Mon-teiro etwas sagen.Vielleicht gibt es Ideen zu Patenschaften. Wo könnte so etwas überhaupt hilfreich sein? In diesem Bereich nenne ich noch das Thema Hospitationen, also wo kön-nen wir uns gegenseitig unterstützen oder wo können wir von anderen lernen?Bei einem Referenten/innen-Pool geht es darum, wer zu welchem Thema weiterhelfen kann. Internationale Begegnungen gehören aus meiner Sicht seit jeher zur Arbeit im Verband für sozial-kulturelle Arbeit, aber wie geht es damit weiter?Der Verband wird sich neu organisieren müssen, was die inhaltliche Ausrichtung angeht bzw. was seine Aufgabe betrifft, als Sprachrohr Themen an Politik und Verwal-

tung zu vermitteln. Dazu machen wir heute den ersten Schritt. Aber zunächst zur Neuorganisation der Jahres-tagungen.

Birgit Monteiro: Als Teilnehmerin und als Geschäftsführe-rin der Kiezspinne erinnere ich mich an Mitgliederversamm-lungen in Hannover, wo ich aber nie war, auch in Freiburg 2004 war ich nicht anwesend. Ich war dann in Potsdam und in den letzten zwei Jahren waren wir in Berlin.Aus Berichten war für mich ersichtlich, dass bei Ver-sammlungen außerhalb Berlins, wenn wir woanders hin-gefahren sind, oftmals die Berliner nicht in großer Zahl mitgereist sind, während bei Veranstaltungen in Berlin oftmals die Mitglieder aus dem Bundesgebiet nicht so zahlreich dabei waren. Beides ist nicht sehr zufrieden stellend.Bei den Mitgliedsorganisationen habe ich jetzt noch mal abgefragt, ob eine Nicht-Teilnahme am falschen Thema liegt. Das ist verneint worden, außer in einem Fall, son-dern die meisten fanden die Themen okay. Es wurde von den meisten gesagt, dass sie auch kommen, wenn sie zeitlich können, manche mit und manche ohne Vorstand. Aber das Hauptproblem bei einer Nicht-Teilnahme ist zeitlicher Art.Wir haben hier eine sehr große Bereitschaft von Mit-gliedern, selbst Gastgeberrollen zu übernehmen. Unsere stärkste vorhandene Struktur ist immer noch in Köln, sodass ich mir vorstellen könnte, dass wir nächstes Jahr nach Köln fahren. Aber auch die Reise selbst könnte man bereits nutzen, indem, das ist noch nicht zu Ende durchgedacht, die Berliner gemeinsam mit dem Bus hinfahren, vielleicht auf dem Weg noch eine Mitgliedsorganisation besuchen, zum Beispiel in Wuppertal oder so. Das könnten auch andere Nach-barschaftseinrichtungen sein, es müssen ja nicht unbe-dingt Mitglieder sein. Die Busfahrt könnte man auch schon für kollegiale Gespräche nutzen, aber auch Vor-träge könnte man sich im Bus gemeinsam anhören. Ich will die Fahrtzeit nicht zu einer sinnlosen Zeit machen, weil die Anreise nach Köln relativ weit ist, und ich möchte auch Kollegen aus der Verwaltung mitnehmen und von den Kiez-Organisationen.

Fit für die Zukunft!?Forum 4

Mitmachen, engagieren, kooperieren: Mitgliedsorganisationen im Verband für sozial-kulturelle Arbeit

Forum 3 / Unterschiedliche Typen von Nachbarschaftshäusern

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Das könnte man meinetwegen auch noch einmal in Hes-sen wiederholen. Wenn man mit den Regionalgruppen ein Stück weiter ist, könnte man das dann als Organisa-tionsform für die Jahrestagung auch weiterführen, wobei dann auch irgendwann wieder mal Berlin dran wäre. Aber es wäre eine gute Möglichkeit, Einrichtungen und deren Arbeit vor Ort kennen zu lernen, denn ich glaube, die jetzige Generation der Geschäftsführer kennt die ande-ren Mitgliedsorganisationen gar nicht. Das wäre im Sinn eines Fachaustausches, wobei man vielleicht einen Tag mehr organisieren müsste, weiß ich jetzt noch nicht. Aber es gab einmal eine Reise zu unterschiedlichen Mehrgenerationenhäusern im Bundesgebiet, wobei ich glaube, dass das sehr viel für die Arbeit gebracht hat.

Elke Schönrock: Ich fände es sehr gut, die Jahresta-gung auch woanders zu machen, auch wenn es vielleicht zwei oder drei Tage kostet. Aber das hat auch etwas mit Identifikation zu tun. Vielleicht ist die Frage, welche Iden-tifikation ich mit dem Verband brauche, um da mitzuma-chen. Was würde mich reizen, damit ich mitkomme?Dieses Patenschaftsmodell, da kann ich mir vorstellen, dass das eben auch wieder was mit der Identifikation zu tun hat, wo ich eher nach Köln fahre, weil ich dort mit einem Verein kooperiere. Das ist ein Beispiel. Ich glaube, die Identifikation der Berliner Vereine ist ganz stark über diese Förderprogramme eben mit dem Ver-band. Es gibt ja auch Jugendverbände deutschlandweit, wo Leute einmal im Jahr anreisen oder so. Und was ist daran anders? Hat das was mit Geld zu tun? Hat das was mit Zeit zu tun?Ich bin auch total dagegen, Vorträge im Bus zu hören. Ich finde, man braucht auch Zeit, in der man nichts macht oder einen Krimi liest oder sich unterhält. Ich weiß nicht, was das ist, aber was braucht man an Identifikation, um das Stück mehr zu gehen?

Teilnehmer: Ich glaube, dass es eher schwierig wird, dass der Bus voll wird.

Birgit Monteiro: Das würde ich nicht befürchten, weil wir ja auch thematisch etwas Interessantes machen wollen.

Wenn man auch dort Einrichtungen kennen lernt, die eine ähnliche Arbeit machen, das ist doch auch interes-sant. Auch als wir in New York waren, da war einer der Haupteffekte, dass wir uns miteinander besser kennen gelernt haben, also nicht nur die dortigen New Yorker Einrichtungen. Oder wir haben die Wiener Kollegen ken-nen gelernt. Das fördert doch den Austausch, wenn man sich kennt und eher mal anruft, wenn man etwas hat. Dass mit dem Vortrag im Bus war als etwas Verbinden-des gedacht, es könnte auch etwas kleines kulturelles sein, aber es muss auch gar nicht organisiert sein, man kann einfach sehen, was da passiert.

Teilnehmerin: Das Wichtige ist nicht, ob der Bus voll wird oder nicht, sondern entscheidend ist das Thema. Ich glaube, für eine MV ist es unheimlich schwer, so eine bundesweite Geschichte zu machen, sondern ich würde das immer mit einer thematischen Tagung verbinden. Bei der Tagung ist es wirklich das Thema, also nicht, dass wir uns Köln angucken, sondern ein Thema, das uns alle beschäftigt. Da brauchst du Positionen aus dem Verband, aber auch Außenstehende, also du musst auch Namen haben, damit die Leute sich bewegen. Nur weil jemand Mitglied im Verband ist, das reicht nicht aus, damit die Leute ein oder zwei Tage auf Reisen gehen.

Birgit Monteiro: Ich habe noch nicht mit der Vorbereitung begonnen, aber für nächstes Jahr hatte Stephan Wagner schon vor einiger Zeit vorgeschlagen, eine Methodenkon-ferenz Soziale Arbeit vorzubereiten, also vom Organizing, Stadtteilarbeit, Gemeinwesenarbeit, was ist was, wo setze ich ein, was spricht dafür und was spricht dagegen? Dabei sollte man sich von Externen einen Input geben las-sen, aber auch von praktischen Erfahrungen lernen kön-nen. Ich selbst habe aus meiner eigenen Praxiserfahrung aus Lichtenberg Organizing eher kritisch gesehen, aber vielleicht gibt es andere Beispiele.

Elke Schönrock: Wenn die Jahrestagung in Berlin statt-fand, dann erinnere ich mich, dass aus vielen Organisa-tionen auch vier oder fünf Leute anwesend waren. Das wird wahrscheinlich weniger sein, wenn man nach Köln

fährt. Aber wenn man es öffnet für andere Einrichtun-gen oder in Kooperation, die da was machen, mit einem anderen Verband oder so was, ich weiß es nicht. Ich denke, eine Einrichtung schickt dann höchstens ein oder zwei Personen.

Birgit Monteiro: Ja, aber wir haben ja auch jetzt Leute von Hochschulen, das könnte man eben noch mal neh-men. Warum soll nicht in dem Rahmen mal eine Semes-terarbeit zu einem der Themen vorgestellt werden, das gerade aktuell mit welchen Argumentationen in der Hochschule diskutiert wird? Aber vielleicht bin ich da zu optimistisch. Dann Verwaltungsleute aus den Bezirks-ämtern und den Senatsverwaltungen. Gibt es auch kleine Busse? (Gelächter)

Teilnehmer: Wie in New York, es kann schon hilfreich sein, wenn man die Arbeit dort vor Ort durch einen Besuch an einem konkreten Beispiel vorstellt oder in Wiesbaden vorbeifährt auf dem Weg nach Köln, um sich die Häuser anzuschauen. Dabei geht es ja um Praxis und ich glaube, da braucht der Bus nicht gar so klein zu sein.Ich glaube auch, dass es für den Verband wichtig ist, sich als Bundesverband zu verstehen, deshalb ist es vielleicht sogar notwendig, aus Berlin rauszugehen, damit es nicht zu berlinlastig wird.

Georg Zinner: Wichtig ist, dass das Thema stimmt. Ich stimme Birgit zu - das mit den Häusern, das ist immer schön und interessant - aber da erfährt man gerade als Berliner nicht so sehr viel Neues, sodass das allein die Leute nicht so vom Hocker reißen wird.Ich komme auf das zurück, was wir heute Vormit-tag beim Vorstand schon debattiert haben, dass wir schauen müssen, wer ist in unserem Umfeld, mit wem sind wir sozusagen verwandt und haben aber nicht mehr die Berührungspunkte. Darum fände ich es gut, wenn es uns mal gelingen würde, nicht nur eine Methoden-Konferenz zu machen, sondern auch zum Beispiel Birgit Weber in ihrer Eigenschaft als BAGFA, Bundesarbeitsge-meinschaft der Freiwilligenagenturen, dabei zu haben, oder Markus Runge von der Urbanstraße wegen dem

Community Organizing. Wir sollten solche Leute zusam-menbringen, gerade für eine Methoden-Konferenz, damit die Organisationen miteinander ins Gespräch kommen, was wiederum auch für Hochschulen wieder interessant sein könnte, wenn sich Hochschullehrer und Studenten mit dem Thema beschäftigen.Ich weiß nicht, Bestandsaufnahmenkonferenz oder Kon-taktaufnahme, dass man einfach mal voneinander hört und schaut, wer man ist und womit man sich beschäf-tigt und sich zumindest mal verabredet, um Kontakte auf bestimmten Ebenen zu knüpfen oder in Kontakt zu bleiben. Das hat es ja nie richtig gegeben – vielleicht zwischen Einzelnen. So könnte man einen Start wagen und sagen, man trifft sich einmal im Jahr oder alle zwei Jahre und dann nicht immer alle, sondern nur bestimmte Leute und bleibt im Gespräch.

Birgit Monteiro: Wir werden nicht durch eine einzige Köln-Fahrt ein Bundesverband, das ist mir auch klar, und das wird jetzt nicht der große Knaller werden. Aber meine Erfahrung ist, dass man an ganz vielen Dingen ein bisschen was ändern muss, was machbar ist, damit sich dann irgendwann insgesamt etwas ändert.Vielleicht war es früher so, weiß ich nicht, also das wie-derzubeleben, auch da einen Kontakt zu kriegen. Für den einen ist der Besuch des Hauses interessant, für den anderen nicht. Vielleicht kann man da auch Alterna-tiven zum Programm anbieten. Auf alle Fälle wird auch Professor Hinte mit seinem Institut da mitwirken, weil das da auch direkt in der Nähe ist. Es ist wichtig, das räumlich und terminlich vorab abzustimmen, damit er dann nicht gerade in Berlin ist, wenn wir nach Köln fah-ren. Professor Hinte ist ja ein Vorstandsmitglied in unse-rem Verband. Oder wir laden andere Mitwirkende ein, wobei wir die noch gezielt ansprechen müssen.

Teilnehmerin: Interessant ist noch, wer sich da begeg-nen soll. Ist es so eine Geschäftsführer-Geschichte, dann brauchst du ein Geschäftsführerthema, das für alle Häuser relevant ist. Oder du kannst auch Abteilun-gen oder Fragestellungen zusammenbringen, also da musst du sehr genau gucken, wen du erreichen willst,

Forum 4 / Mitmachen, engagieren, kooperieren

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kriegst du auch nicht so ein Gemeinschaftsgefühl hin. Ein bisschen habe ich das Gefühl, dass die Politik damit ganz schön spielt, auch diese unterschiedlichen Ver-bände aufstellt, alle so ein bisschen, aber nicht genug, aber so viel, dass sie sich nicht zusammenschließen, sondern die Konkurrenzgeschichte fahren. Das ist vielleicht ein gewolltes Nicht-Vernetzen, obwohl sie es anders definieren.

Markus Schönbauer: Mit den Freiwilligenagenturen, bei uns gibt es eine Freiwilligenagentur, hier gibt es auch eine Mitarbeiterin, die speziell Freiwilligenarbeit macht, dann gibt es den Treffpunkt Hilfsbereitschaft, der macht Freiwilligenarbeit, aber ohne Stadtteilzen-tren. Müssen wir nicht immer auch Freiwilligenarbeit mitdenken als Teil von Stadtteilarbeit? Ist Gemein-wesenarbeit gar nicht ohne die Kompetenz Freiwilli-genagentur zu kommunizieren? Die gleiche Frage in Richtung der Selbsthilfe als Teil der Stadtteilzentren. Selbsthilfe ist ja auch ein bisschen bürgerschaftliches Engagement. Das taucht aber auch ganz selten auf in Debatten. Fühlt Ihr Euch da genug vertreten?

Teilnehmerin: Natürlich fühlen wir uns ver treten, die Freiwilligenagenturen der Nachbarschaftsheime sind auch bei uns Mitglied, die machen aber auch nicht unbedingt die Arbeit einer Freiwilligenagentur. Man muss auch sagen, eine Freiwilligenagentur kann keine Stadtteilarbeit ergänzen und ein Nachbarschaftshaus kann nicht per se alle Fragen im Stadtteil alleine

wobei für den fachlich und personell irgendwas raus-kommen muss. Zum Beispiel: Okay, dann weiß ich, ich kann später Frau Müller aus Wiesbaden anrufen, weil die an der gleichen Sache dran ist.Es ist illusorisch zu sagen, das machen wir nächstes Jahr und da kommen alle und schreien „hurra“, sondern ich glaube, im Vorfeld braucht das viel Überreden und Ansprache und Kontakte, wobei du dann auch garantie-ren musst, wenn du sie am Tisch hast, dass sie irgend-was miteinander zu tun haben.

Birgit Monteiro: Bei dem Besuch der Einrichtung habe ich ja eine Vorstellung, was dort die besonderen Arbeits-bedingungen sind, wie die Wohngebiete sind, ob dort Aussiedler sind, aber andere als wir in Berlin haben oder irgendwas, dass man das auch im Programm schon benennt, das dann ein inhaltlicher Schwerpunkt ist.

Teilnehmerin: Ich fände es interessant zu gucken, um zu wissen, wie die Bedingungen sind, aber das kann nicht das zentrale sein, das kommt noch dazu.

Markus Schönbauer: Ich fände es schon gut, wenn diese Mischung so bleiben würde, dass Mitarbeiter, Sozialar-beiter, Geschäftsführer, Studenten und die Senatsver-waltung auf den Jahrestagungen sind. Da muss man sich Gedanken darüber machen, dass man möglichst für jede Zielgruppe ein attraktives Angebot macht. Ich habe Sorge, dass das zu so einer Fortbildungsveranstal-tung wird, was ich nicht möchte. Mir ist wichtig, zur Jah-restagung des Verbandes zu gehen, weil ich mir etwas Gemeinschaftsstiftendes für uns wünsche. Wir machen eine wunderschöne Arbeit, insofern ist es gut zu sehen, dass ganz viele in Berlin und im Bundesgebiet mit dem gleichen Ansatz arbeiten.

Elke Schönrock: Gemeinschaft stiftend ja, aber ohne zu doll mit sich selber beschäftigt zu sein. Ich finde gerade dieses sich Öffnen gut ...

Markus Schönbauer: Stimmt, das klang ja heute auch schon an. Andere Organisationen mit ähnlichen oder über-

scheidenden Arbeitsgebieten anzusprechen. Ich glaube, das finde ich auch gut, wenn man sich da näher kommt.

Birgit Monteiro: Es wird so sein, dass ich dazu wieder Mitstreiter einlade, die das mit vorbereiten. Es liegt auch an uns allen, das zu entwickeln.

Teilnehmerin: Ein Vorschlag, um die anderen mehr mit einzubeziehen, ich hatte bei einem anderen Projekt eine Videokonferenz als Vorbereitung gemacht. Mit vier oder fünf Teilnehmern kann man so was gut organisieren, weil man sich nicht eine Stunde treffen muss, sondern macht das über den Computer. Ich habe die Gespräche auch lieber persönlich, aber damit kann man andere, die weiter weg sind, besser einbeziehen.

Birgit Monteiro: Das ist ein interessanter Vorschlag.

Georg Zinner: Es wurde vorhin nicht zufällig der Begriff Konferenz gewählt. Wenn es eine Methoden-Konferenz sein soll, dann ist es ja bestimmt für Geschäftsführer interessant, für Stadtteilarbeiter interessant, vielleicht auch für Leute, die mit bürgerschaftlichem Engagement zu tun haben. Da haben wir ja eine Menge in unseren Organisationen. Das ist schon relativ breit und interes-sant für Mitarbeiter aus Einrichtungen. Aber die Frage ist, ob man sich dann auch mit Mitarbeitern aus Freiwil-ligenagenturen trifft oder ob man sie außen vor lässt. Man lädt dafür vielleicht einen Geschäftsführer einer Freiwilligenagentur ein oder man lädt die Geschäfts-führer oder die verantwortlichen Leute ein, die sich um Gemeinwesenarbeit kümmern, zum Beispiel aus Mehr-generationenhäusern, dass man die alle zusammen-bringt. Dann lernen nicht nur sie, sondern auch wir, weil wir bitten könnten, ihre eigenen Themen mitzubringen.

Birgit Monteiro: Generell werden die auch eingeladen, aber wir werden nicht gerade mit Rückmeldungen über-rannt. Aber das wäre vielleicht anders, wenn man das mit einem konkreten Anlass oder über Kooperations-möglichkeiten einfädelt. Oder mit einer personenbezo-genen Ansprache.

Die Mehrgenerationenhäuser sind herbeigeströmt, als die Weiterfinanzierung nicht klar war und wir zu der Tagung eingeladen hatten. Da sind fast 100 Einrichtungen nach Berlin gekommen, aus den entferntesten Ecken. Da war ja auch ein Vertreter des Bundesministeriums, also da hat das funktioniert, aber das hat sich jetzt noch nicht in systematischer Zusammenarbeit niedergeschlagen, aber es endet ja bald wieder die Förderperiode.

Renate Wilkening: Da stand ihnen das Wasser bis zum Hals und wenn dann die ruhigeren Zeiten kommen, wenn es wieder eine Förderung gibt, ich finde, das ist auch immer so eine Gefahr. Wenn man so gut und satt bedient ist und gefördert wird, dann neigt man eher dazu, sich zurückzulehnen und zu sagen, es ist alles chic und cool, was wir machen.

Teilnehmerin: … gefährlich, was du da sagst.

Renate Wilkening: Nein, es kann ja gefährlich sein, das ist durchaus möglich. Ich denke aber, wenn die Zeiten nicht so sind, dass sehr viel ausgeschüttet wird, dann bist du eher gezwungen, ganz unterschiedliche und viel-fältige Möglichkeiten zu suchen, wie du auch dein eige-nes Überleben und deine eigene Arbeit weitermachen kannst. Du darfst nicht so sehr nur auf eine Möglichkeit schauen, das wurde heute Morgen bereits gesagt, dass wir eine Bandbreite haben sollten. Ich glaube, dass man aktiver ist, wenn es nicht gerade so rosig ist. Natürlich brauchen wir auch die Zeiten, in denen es ruhiger ist.

Teilnehmerin: Ich wollte mit keinem Mehrgenerationen-haus tauschen.

Teilnehmerin: Ich auch nicht.

Teilnehmerin: Die Ausstattung ist nicht so üppig und auch diese Geschichte, dass sie, wenn sie Geld brau-chen, zu euch kommen müssen, wobei gar nicht über Inhalte diskutiert wird, sondern es nur darum geht, ob man es mit dem Geld wieder geregelt kriegt. Das sind dann auch so Themen, die sind so dominant, dann

Forum 4 / Mitmachen, engagieren, kooperieren

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gen oder von ehemaligen Hauptamtlichen, die das noch lesen. Aber ansonsten habe ich jetzt kaum ein Gespür, wer den Rundbrief tatsächlich liest.

Markus Schönbauer: Wer macht den Paritätischen Rundbrief? Die dortige Öffentlichkeitsarbeit?

Birgit Monteiro: Da gibt es auch eine Redaktion, teil-weise sind auch ehemalige Journalisten dabei, …

Markus Schönbauer: Hauptamtlich, also die zahlen Honorare.

Birgit Monteiro: Ja.

Reinhilde Godulla: Ich denke an die thematischen Rund-briefe. Die sind damals von „Methoden Sozialraumori-entierung“ von dem Modellprojekt Schöneberg-Nord erstellt worden, da war die Nachfrage sehr groß, sogar heute fragen noch Leute danach. Glücklicherweise haben wir den als PDF-Datei. Ich denke, den haben viele gelesen, damit haben auch viele gearbeitet.

Birgit Monteiro: Also mit Arbeitsgrundlagen, Standards der Nachbarschaftsarbeit, Qualitätsentwicklung. Das konnte man als Arbeitsgrundlage nehmen und dann hat man damit gearbeitet.

Barbara Lüders: Wir machen bei der Öffentlichkeits-arbeit die Erfahrung, dass es eine sehr aufwändige

lösen, also da muss man schauen, warum in einem bestimmten Bezirk das oder was anderes stärker ist.Auch die Frage mit Selbsthilfe: Was hatten wir jetzt Debatten innerhalb des Verbandes, warum es zwei Ver-bände braucht und wie man die wieder zusammenkriegt. Aber Selbsthilfe hatte auch ein Eigenleben hinter sich. Die haben vom Selbstverständnis her natürlich immer gesagt, dass sie bürgerschaftliches Engagement sind. Aber die sind auf Bundesebene ganz still geworden, als sie dann die Förderung über das Gesundheitsministe-rium hatten, also da sind sie auf der BE-Schiene nicht mehr aufgetaucht. Also da muss man gucken, was da für Mechanismen am Werk sind. Aber wir müssen wie-der zurück auf die Jahrestagung kommen und auf die Frage, ob so eine Konferenz eine Identitätsstiftung hat oder nicht. Ich glaube, das darf man auch nicht alles in eine Jahrestagung packen.

Elke Schönrock: Nein, nein. Wenn ich sage, das ist mein Verband, das ist mir wichtig und deshalb gehe ich da immer hin, egal, auch wenn das Thema mal nicht so spannend ist. Identitätsstiftend ist ja, wenn ich sagen kann, das ist MEIN Verband. Wie kommt es dazu, dass ich das sage? Als Mitarbeiter einer Einrichtung habe ich das Interesse nicht unbedingt daran, aber als Vorstand bestimmt, oder auch als Mitarbeiter, wenn ich das toll finde. Was bringt mir der Verband?

Markus Schönbauer: Zusammenfassend zur Jahres-tagung: Es gab keine große Gegenreden zur Idee, die Tagung nicht in Berlin zu machen, dass nehme ich mit. Es geht um eine Konferenz, auch um Öffnung, um auch mit anderen zu sprechen, die nicht unbedingt Mitglied im Verband für sozial-kulturelle Arbeit sein müssen.Es soll ein inhaltliches Thema gesetzt werden, das gut überlegt sein muss, damit man möglichst viele Men-schen dafür begeistert.

Birgit Monteiro: Was würdest Du auf unsere Medaillen schreiben? Kannst Du das übersetzen? Was muss der Verband machen? Was müssen die Mitglieder machen?

Olaf Driedger - Berichterstatter: Für mich sind das sind ja zwei verschiedene Diskussionen. Einmal geht es darum, wie wir das machen wollen. Andererseits geht es darum, wie sich die Arbeiten verteilen und wie die Kom-munikation mit den Mitgliedseinrichtungen geführt wird.

Birgit Monteiro: Wollen wir gemeinsam festlegen, was nachher berichtet wird oder willst Du das im Anschluss anhand Deiner Notizen selbst machen?

Olaf Driedger - Berichterstatter: Mein Ansinnen war jetzt am Schluss zu gucken, was ich mache.

Markus Schönbauer: Okay, dann beenden wir den Tagesordnungspunkt Jahrestagung. Das nächste Thema ist unser Rundbrief.

Birgit Monteiro: Unser Rundbrief erscheint im Moment zweimal im Jahr. Einmal ist das die Tagungsdokumenta-tion, dazu gibt es einen offenen Rundbrief. Es gab bis jetzt oft mehrere Teile, also einen historischen Teil, meis-tens etwas zur Internationalen Arbeit, auch Berichte aus der Wissenschaft oder auch Berichte aus den Einrichtun-gen. Das war aber nicht strikt festgelegt.Bisher habe ich den Rundbrief immer nebenbei betreut und habe die Sachen genommen, wo sich Menschen bei mir gemeldet haben oder wo ich wusste, dass etwas Interessantes passiert, habe ich die angesprochen. Das war eine Mischung. Aber ich fand, dass es relativ wenig Debatten gab, also dass sich ein Beitrag auf einen ande-ren Beitrag bezieht. Vielleicht geht das auch gar nicht bei diesen langen Abständen, denn man kann ja nur ein-mal im Jahr etwas debattieren.Aber ein bisschen mehr konzeptionelle Vorstellung oder auch eine Redaktion, das würde ich schon für sinn-voll erachten, weil der Rundbrief derzeit etwas zufällig zustande kommt. Es können auch interessante Bei-träge dabei sein, weil die Menschen, die das schreiben, Ahnung haben und etwas zu sagen haben, aber so als Gesamtkonzept finde ich es noch verbesserungswürdig.Bei der Befragung sind ganz viele Themen vorgeschlagen worden, die im Rundbrief bearbeitet werden sollen oder

können. Teilweise ist auch die Bereitschaft von Leuten signalisiert worden, die etwas schreiben würden, aber das ergibt ja trotzdem noch kein Gesamtkonzept. Auf die Themenvorschläge werde ich zurückgreifen können, aber generell sollten wir überlegen, was mit dem Rund-brief werden soll und was es uns wert ist.

Markus Schönbauer: Was kostet so ein Rundbrief?

Birgit Monteiro: Der wird gedruckt, vielleicht 2.000 Euro Druckkosten. Eigentlich wird der Rundbrief ja für 5 Euro verkauft, mit Abo oder auch Bibliotheken ordern den, was hoffentlich recht lange so bleibt. Wir bekom-men aber auch Mittel von der Glücksspirale. Aber die Leute, die etwas schreiben, oder eine Redaktion bekommen natürlich nichts.Irgendwann müsste da wahrscheinlich schon jemand, der aus der redaktionellen Arbeit kommt, ein Grundkon-zept entwickeln. Also als Mitgliedsorganisation habe ich, ehrlich gesagt, es in den zehn Jahren nie geschafft, die Artikel zu lesen. Ich fand zwar vieles interessant, aber oftmals waren sie zu lang. Vielleicht hätte ich den Rundbrief als Lektüre mit nach Hause nehmen sollen, aber das habe ich nicht gemacht.

Elke Schönrock: Das geht mir ähnlich. Es gibt so einen Rundbrief auch vom DZI. Die machen auch immer inhaltliche oder thematische Schwerpunkte, was ich schon ziemlich spannend finde. Die haben aber auch eine richtige Redaktion. Das könnte ich mir auch gut für den Verband vorstellen - wenn man beispielsweise guckt, was läuft gerade in Schweden oder den USA zu dem Thema, gibt es da jemand, der da schreibt, aber da braucht man wirklich auch Arbeitskraft. Das geht nicht nebenbei, wenn man Inhalte nicht nur zusam-menstückeln will, sondern ich denke, mit Redaktion und Schwerpunktthemen, das geht nicht ehrenamt-lich.

Birgit Monteiro: Wir haben auch manchmal Meldungen von Studierenden, die für ihre Arbeiten um Zusendung bitten, teilweise auch von Ehrenamtlichen in Einrichtun-

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so halten soll, wobei man ja versuchen kann, besser zu werden, aber ich würde nicht die ganze Energie auf denRundbrief verwenden, sondern die ganze Energie auf die Identität oder den Dialog oder die Auseinandersetzung verwenden. Was mache ich hier als Mitglied mit dem Verband? Oder dass der Vorstand ein Papier macht und sagt, das können wir geben, das ist jetzt machbar, aber wir würden gerne mehr, aber wir brauchen dich und dich und dich dafür, damit wir es füllen können.

Olaf Driedger: Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass durch die Auseinandersetzung mit den Themen in der Gruppe zumindest gruppenbezogen Identifikationspro-zesse stattfinden. Wenn wir dann das in der Vorbereitung auf die Tagung und andere Projekte ähnlich handhaben, dass wir dann so eine Dynamik reinkriegen. Das wäre natürlich eine Hoffnung, die man damit verbinden kann.

Teilnehmerin: Wenn die Gruppen aus Mitgliedern des Verbandes zusammengestellt sind und nicht aus Journa-listen oder Hochschulen oder so was. Dann kriegst du wieder eine andere Sicht rein. die vielleicht auch wirklich.

Olaf Driedger: Vereinzelt kann das sicher auch möglich sein.

Georg Zinner: Selbst wenn Du einige Externe dazu nimmst, man gibt es ja nicht aus der Hand. Die Externen können ja Partner sein, Leute die sich um unsere The-men kümmern. Das finde ich auch nicht uninteressant. Es hat schon mal bessere Kontakte zu Hochschulen

Sache ist, Texte zu schreiben. Wenn die Texte interes-sant sein sollen, dann muss man thematisch richtig tief einsteigen, was nebenbei nicht geht. Da ist die Frage, ob der Verband auf solche Kapazitäten zurückgreifen kann, dass im Hintergrund der Journalistenbund oder ähnliches dafür ehrenamtlich arbeiten würden, oder ein Spielraum für ein gewisses Honorar vorhanden ist. Man kann es anreichern mit einzelnen Beiträgen aus den ein-zelnen Einrichtungen, die thematisch passen, aber es wird schwierig, den ganzen Rundbrief so zu stricken.Vielleicht schafft man eine Kombination, dass man ein Thema hat und aufruft bei den Einrichtungen, ob sie etwas dazu beisteuern können, ansonsten aber hat man eine feste Steuerung, also einer, der das in der Hand hat.

Birgit Monteiro: Da ist auch noch die Frage, welche Funktion der hauptsächlich haben soll.

Teilnehmerin: Was will man transportieren?

Birgit Monteiro: Bei diesem Thematischen, da hat es mir gefühlsmäßig leid getan, dass es zwei Jahre lang kein Medium gab, wo man über irgendwas, was sich aktuell ereignet hat, berichten kann. Aber auch das mit dem Rundbrief …

Reinhilde Godulla: Diese Mischung finde ich ja gar nicht schlecht, dass man ein Thema hat, aber dann gibt es auch noch die anderen Sachen.

Georg Zinner: Ich meine, wir bräuchten eine Redaktion, wofür man auch ein bisschen Geld ausgeben müsste. Vielleicht kann man da auch mit Hochschulen zusam-menarbeiten. Wir haben im Vorstand auch schon mal darüber diskutiert. Ich glaube, den Rundbrief, so wie wir ihn jetzt machen, sollten wir nicht fortführen. Diese Dokumentationen - es ist nicht so, dass man diese Arti-kel lesen will. Man liest mal einen Abschnitt oder blät-tert ein bisschen durch.Hinte hat gesagt, dass wir es schaffen müssen, die Methodendiskussion in so einem Rundbrief zu füh-ren, wenn wir den interessant oder wieder interessant

machen wollen. Methodendiskussion ist auch so eine Geschichte, da kann man mal eine App draus machen, aber man kann nicht ständig die Debatte führen.Aber ich kann mir vorstellen, dass es eine Redaktion gibt, die sich in den nächsten zwei oder drei Jahren mit die-sen oder jenen Themen beschäftigen will, dass sie gezielt Leute dafür anspricht. Ich glaube, dass unsere Mitglieds-organisationen selbst ganz viel Berichtenswertes haben. Bei uns zum Beispiel ist der Übergang vom Kindergarten zur Schule ein Thema, wozu es ganz viel Material gibt, was für ganz viele Leute höchst interessant und lesenswert ist. Oder das Modell der Schülerpaten, wie das entsteht und wie das funktioniert, was auch wieder übertragbar wäre auf ganz viele. Wenn man auf Nachbarschaftsheime zugeht und diese um Vorschläge bittet, sie fragt, habt ihr ein Thema, an dem ihr gearbeitet habt. Dass man auf der einen Seite diese theoretischen, besser gesagt the-matischen Schwerpunkte hat und auf der anderen Seite zugleich Berichte aus der Praxis. Ich glaube, das würde den Rundbrief wieder aufwerten und interessant machen.Ich muss ja auch nicht alles lesen, sondern wenn mich ein Thema besonders interessiert, da liest man eben mehr, wenn es einen nicht interessiert, dann gibt man es einem Mitarbeiter, der sich damit beschäftigt. Auf kei-nen Fall ist so ein Rundbrief nebenher zu leisten, man braucht eine Gruppe, die daran auch ein bisschen Spaß hat, die auch Spaß daran hat, ein bisschen zu zündeln, also mal wieder eine Diskussion zustande zu bringen, oder einen Politiker auffordert, was zu schreiben, oder irgendeinen, der Themen vertritt. So etwas kann man nur mit einer Redaktion machen. Eine Person habe ich, die da mitmachen würde. Und vielleicht findet man einen Koordinator, dem man ein bisschen Geld gibt. Oder man versucht, eine oder zwei Hochschulen zu finden oder Hr. Hinte … So könnte das meiner Meinung nach laufen.

Markus Schönbauer: Ich finde auch diese Tagungsdoku-mentation ganz nett. Ist es einfach, diese Tagungsdoku-mentation zu machen? Man muss es nur abschreiben und dann packt man es zusammen in ein Heft…

Birgit Monteiro: Es macht schon Arbeit …

Markus Schönbauer: Also nett, aber mehr auch nicht.

Birgit Monteiro: Das ist immerhin etwas, was von Senatsverwaltungen und so gelesen wird. Da weiß ich, dass es Interesse gibt. Wir werden gefragt nach Rund-briefen von vor fünf Jahren: „Haben Sie den noch? Schi-cken Sie den doch mal dem und dem.“

Markus Schönbauer: Georg (Zinner), was Du gesagt hast, ist ja eher so ein Gemischtwarenladen – was ja nicht schlecht ist. Man hat einen Teil Fortbildungsheft, aber kein rein technisches Heft, wo die Praktiker sich beispielhaft aus den Artikeln holen können, wie man es macht. Das ist ein Teil, aber man hat auch den politi-schen Teil, was ich mir vom Verband wünschen würde, dass man Position bezieht, auch kritisch, oder dass man eine Kontroverse aufmacht, indem man einen Politiker bittet, was dazu zu schreiben, wenn man noch mal einen Artikel dagegenstellt oder so. So eine Mischung hinzu-kriegen, das fände ich auch schön für den Rundbrief.Und dann kann man vielleicht über drei Jahre planen, sofern man das planen kann. Sonderhefte raushauen, wo man sich dann wirklich auf ein Thema stürzt, das komplett im Rundbrief beleuchtet wird.

Teilnehmerin: Was Du eben gesagt hast, dass man auch Positionen bezieht, das finde ich interessant. Für mich ist die Frage, wie es in dem Verband zu einer Position kommt. Diese Identität im Verband, was schon kam. Wie kriegst Du die Leute, die jetzt im Verband sind, dazu, darüber zu diskutieren und Positionen zu bezie-hen, ohne dass irgendjemand sagt, das haben wir doch schon gemacht, oder zu sagen, das ist alles Quatsch, was früher war.Wie kriegst Du diesen Dialog innerhalb des Verbandes hin, damit Du zu so einer Position kommst? Dann sind auch sehr viele Dinge auf unserer Liste für dieses Forum, überhebt man sich nicht, wenn man diese Punkte alle auf einmal will? Wo fängt es jetzt an?Toll wäre natürlich ein anderer Rundbrief, der gehaltvoller ist. Aber ist das der erste Punkt, wo wir Energien einset-zen? Ich würde sagen, dass man den Rundbrief erst mal

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gegeben als jetzt. So dass wir mit dem Rundbrief ein Instrument dafür hätten, solche Kontakte zu pflegen. Wir müssen es ja nicht aus der Hand geben, wir können das entsprechend organisieren und beeinflussen.Ich kann mir vorstellen, dass es einige Leute gibt, für die es eine Möglichkeit ist, Öffentlichkeitsarbeit zu machen, eine Zeitung herauszugeben, was voraussetzt, dass man Ehrenamtliche findet, die da viel Zeit inves-tieren und Freude daran haben. Oder, die Idee kommt, glaube ich, auch von Hinte, dass man sozusagen auch ein bisschen Forum wird. Es wäre ja auch denkbar, dass man Personen und Organisation die Möglichkeit gibt über ihre Arbeit zu berichten - was die eigentlich machen, denn vielleicht wissen das unsere Mitglieder gar nicht und so besteht die Möglichkeit, etwas zu ver-breiten, was sonst nicht zugänglich ist. So könnte man versuchen, diese Kommunikation mit dem Umfeld um uns herum herzustellen, damit man ein bisschen über den Horizont hinausschauen kann.

Elke Schönrock: Ist der Rundbrief damals für Mitglieder gemacht worden? Oder gab es Gelder und dann wurde irgendwas gemacht?

Teilnehmerin: Nein. Diese Konzeption war genau die, die wir jetzt auch beschrieben haben. Es war ein internes Organ und es war auch sehr stark nach außen gerichtet, weil der Verband ja auch ganz viele neue Ansätze zu vertei-len hatte. Das war ja auch ein gewichtiger Player zu man-chen Zeiten, auch in den Auseinandersetzungen, also da haben schon auch Leute von außen drauf geguckt, auch von Hochschulen. Da waren auch sehr berühmte Leute, die heute fast zu den Ikonen der Sozialarbeit gehören. Der Verband hat auch schon ganz viele Berühmtheiten hervorgebracht, aber das hält das nicht zusammen oder es schwappt so nicht über. Oder es hat immer so Schübe gegeben, aber vielleicht kann so ein Verband über 61 Jahre nicht den gleichen Level halten oder es gibt ganz viele Raumbewegungen, die dann anders sind.

Birgit Monteiro: So eine Mischung haben wir ja im Prin-zip auch dadurch, dass es so nebenbei mitläuft. Wenn

wir für diesen Rundbrief eine Antwort von Professor Oel-schlägel auf Eure Darstellung (Georg Zinner und Herbert Scherer) zu 60 Jahren Verband, Markus Runge hat etwas zur Gemeinwesenarbeit geschrieben und hat teilweise Stadtteilzentren kritisiert, wir haben Sachen zur jüdischen Geschichte der Nachbarschaftshäuser, wir haben eine Art Magisterarbeit zum Zuwendungsrecht oder so, das Nach-barschaftshaus Mittelhof hat noch etwas auf dem Boden gefunden, was die Geschichtsschreibung verändert, also das ist das, was wir so schon schaffen. Ich glaube, es wird auch immer besser, weil ich immer mehr Akteure kenne und weiß, wen ich ansprechen kann.Ich habe auch noch nicht die finanziellen Mittel dazu, um das jetzt zu ändern. Ich weiß, es gibt viele Dinge, die man tun muss, aber ich kann sie nicht finanzieren und auch selbst mit leisten. Aber was ich mir vorstellen könnte, vielleicht kannst Du noch mal über diese Hospi-tationen berichten, weil ich denke, das wäre etwas, wo man sich nicht nur gegenseitig besucht, sondern jeder hospitiert oder mitarbeitet, was vielleicht noch eine andere Ebene schafft.

Teilnehmerin: Das war eine Idee, Ost und West mitei-nander bekannt zu machen. Wir hatten 40 Einrichtun-gen, die an der Hospitation teilgenommen haben, 20 Einrichtungen Ost und 20 Einrichtungen West. Mitarbei-ter waren bereit, für jeweils zwei Wochen in die andere Einrichtung zu gehen und für jeweils zwei Wochen auch einen Besucher zu haben.Vorher gab es eine Veranstaltung, zu der alle eingela-den wurden, die teilnehmen möchten. Dann haben wir so einen Marktplatz gemacht, wer passt zu wem, jeder hat sich vorgestellt. Wir hatten Info da, eine Professorin aus dem Osten, die sehr an ihrer Biografie orientiert den Osten vorgestellt hat. Das war damals Franz Erpenbeck, der auf seine Art und Weise den Westen dargestellt hat. Dann haben die gegenseitigen Hospitationen stattgefun-den und zum Schluss gab es noch mal ein Seminar mit einer Auswertung, was passiert oder nicht passiert ist.Dieser Austausch zwischen Ost und West war natürlich unheimlich spannend. Wenn jemand nach München gereist ist, um sich eine Einrichtung anzugucken, das

hatte einen anderen Drive. Auf der anderen Seite gab es im Osten ja diese Einrichtungen noch nicht. Ich bin mit Gudrun vorher vier Wochen durch den Osten gefahren und wir haben uns Projekte oder das, was mal werden soll, angeguckt.Diese Geschichte war sehr intensiv. Die Leute, die daran teilgenommen haben, haben teilweise heute noch Kon-takt, auch Verbindungen zwischen den Einrichtungen sind entstanden. Das ist natürlich eine Möglichkeit, nur muss man gucken, wie man die Leute zusammen bekommt oder wer für wen interessant ist.Ich mache das Gleiche derzeit mit den Freiwilligenagentu-ren. Ich biete das an. Die müssen sich dann als Tandem bei uns bewerben und bekommen von uns einen finanzi-ellen Zuschuss, finanziert über das Bundesministerium, sodass die Fahrtkosten in der Regel gedeckt sind.Eigentlich müsste man denken, dass sich ganz viele darauf bewerben. Aber das Projekt läuft ganz langsam an und wächst allmählich, weil es viele Bedenken gibt, jemanden zu sich rein zu lassen. Wir machen das auch keine zwei Wochen mehr, sondern nur noch drei Tage. Aber selbst das ist schon unheimlich schwierig. Jeman-den zu finden, der irgendwo hingeht, das ist einfacher, als jemanden zu finden, der jemanden aufnimmt. Aber das ist so eine Geschichte, da müsste man sich auch vorstellen, was wäre interessant, oder welche Darstel-lung müsste man von jedem haben, damit so ein Mat-ching auch funktioniert.

Olaf Driedger: Wer tauscht sich da aus?

Teilnehmerin: Das ist offen. Das sind entweder Haupt-amtliche oder auch Ehrenamtliche, es kann auch mal ein Vorstand sein, das ist egal. Wir haben das auch für Landesverbände schon gehabt, dass die sich unterein-ander austauschen können. Vorher wird abgefragt, was dem Besucher geboten wird und was man selber sucht. Wenn die sich bewerben, dann müssen sie auch sagen, ich will das und das sehen.

Markus Schönbauer: Wir wollen unsere Angebote für Menschen mit Behinderungen im Stadtteilzentrum öff-

nen. Das sind ca. 90 Angebote. Wir kennen uns in der Behindertenhilfe überhaupt nicht aus. Eine Mitarbeiterin wird in der nächsten Zeit ein bis drei Tage in jeder dieser Einrichtung, hauptsächlich im Wohnbereich, hospitieren und sich die Freizeitangebote anzugucken, damit sie weiß, was und wie der Freizeitbereich stattfindet oder gestaltet ist, um mit dem Wissen zu uns zurückzukom-men, und Ideen für das Stadtteilzentrum zu entwickeln.

Teilnehmerin: Das Gute an diesen Hospitationen ist, dass man sich Konzeptionen anschauen kann. Man kann sich eine Einrichtung angucken, aber wenn man mal eine Woche wirklich mitgelaufen ist, dann sieht man viele andere Sachen. Und für die Einrichtung, in der jemand hospitiert, ist die Rückmeldung unheimlich wichtig und wertvoll, wenn jemand mitläuft und einen auf kleine Dinge aufmerksam macht, die man im Alltag nicht mehr wahrnimmt.Die Frage ist, wie man das anleitet oder wie man es schafft, dass die Leute sich bewegen. Aber das ist wirk-lich mehr als ein reiner Besuch einer Einrichtung.

Markus Schönbauer: Wenn ich jetzt ein Stadtteilzentrum aufmachen wollen würde und ich wüsste nichts, dann wäre es natürlich toll, wenn ich mal irgendwo mitlaufen könnte. Aber für unsere praktische Arbeit im Moment, wir haben quasi diese Hospitation in der Behinderten-hilfe, aber in der Stadtteilarbeit ….

Elke Schönrock: Ich weiß das von einigen Kollegen. Die gehen auch zur Fortbildung, aber die sagen, manchmal wäre es auch gut zu gucken, wie andere das machen, weil sie zu sehr in ihrem Bereich drin sind, also da mit-zulaufen, fachspezifisch Familienarbeit oder so was. Anstatt einer Fortbildung wäre das auch. Aber es bewer-ben sich nicht so viele?

Teilnehmerin: Du musst ja einen Stock an Leuten haben und gucken, was der eine sucht, also Du kannst nicht jemanden irgendwo hinschicken, nach dem Motto, dasses ein Nachbarschaftsheim ist, sondern Du musst gucken, dass das hinhaut. Die Arbeit im Vorfeld lohnt

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Jahrestagung Stadtteilarbeit 2012 Fit für die Zukunft 9594

sich, aber das ist auch nicht damit getan, „Suche undBiete“ in den Rundbrief zu schreiben. Aber es ist natür-lich eine Möglichkeit, wirklich auf einer anderen Ebene in Kontakt zu kommen.

Birgit Monteiro: Ich hatte mir so was vereinfacht vor-gestellt, aber warum nicht auch im Zuge eines Quali-tätsdialogs, dass man das auch konkret nutzt, auch im Sinne des Berichtswesens oder so. Man hat dann das Feedback einer anderen Einrichtung, was ich mir span-nender vorstelle, als irgendwelche Formulare auszufül-len, und dann hat man ja auch zu ganz vielen Bereichen den Außenweg. Ich habe schon oft gespürt, dass bei vielen keine große Neugierde mehr vorhanden ist, was sicher auch mit der Arbeitsverdichtung zu tun hat. Oder man hat schon alles gesehen. Ich war nur ganz kurz in den Einrichtungen, aber ich fand es spannend, weil doch jedes Haus anders ist, die Menschen sind ganz anders.

Elke Schönrock: Ist das Thema Patenschaft damit ver-bunden? Patenschaft heißt eher, dass jemand nicht gleichwertig ist, oder wie?

Birgit Monteiro: Nein, eigentlich nicht. Es sollte auf Gegenseitigkeit beruhen. Viele haben auch gesagt, dass sie Patenschaften machen, wenn man sich persönlich kennt. Aber wo lerne ich mich persönlich kennen?

Markus Schönbauer: Ich habe hier im Nachbarschafts-heim Schöneberg gearbeitet und es ist heute schon

vielfach gefallen, welche Kompetenzen hier versammelt sind, und das wurde immer genutzt und auch immer freundlich beantwortet, wenn wir Fragen von anderen Trägern bekamen. So verfahre ich jetzt auch, wenn ich gefragt werde. Gleichzeitig ist es aber so, dass ich ohne Scheu mich an andere Träger wende, hauptsächlich ver-bandsintern, und um Hilfe bitte. Es ist ein gemeinschaft-liches Selbstverständnis, dass man sich untereinander hilft und mit seinen Kompetenzen unterstützt.Ich glaube, dass es eine Scheu gibt vor „Patenschaf-ten“. Wenn ich diese in der Arbeit vermittle, dann ist immer das arme Kind, was einen Erwachsenen braucht.

Teilnehmerin: Ich bin Studentin an der Katholischen Hochschule für Sozialwesen. Ich war mal in einem pro-fessionellen Netzwerk von Stadtteilzentren. Die haben Stiftungsgelder bekommen und die Bedingung war, dass sie sich darüber austauschen, was sie mit den Geldern unternommen haben. Für die war es ganz wichtig, diesen Austausch zu habe, über diese Mittel, weil sie dabei fest-gestellt haben, dass sie die gleichen Geldsummen bekom-men hatten, aber sie für völlig unterschiedliche Sachen eingesetzt haben. Vielleicht wäre das eine Möglichkeit für Hospitationen oder Patenschaften – eine Art Marktplatz.

Birgit Monteiro: Ich glaube, für manche hat eine Paten-schaft auch etwas Formales und Längerfristiges und halten das nicht für geeignet, sondern eher eine anlass-bezogene Kommunikation.

Elke Schönrock: Ich denke bei Patenschaften nicht unbedingt an die in Berlin, sondern an die Provinz oder ans Ausland, Schweden oder Holland.

Birgit Monteiro: Ich hatte jetzt versucht, für den Bundes-verband dieses Übergewicht der Berliner positiv zu wenden, indem wir alle Mitgliedsorganisationen im Bundesgebiet als Paten bzw. als Partner haben. Aber da haben manche im Bund auch gesagt, warum sollen wir die Berliner neh-men, wir wollen lieber – können sie ja auch.

Teilnehmerin: Die Patenschaften sind Partnerbörsen.

Teilnehmerin: Ja, genau. Bei einer Patenschaft sollen ja beide etwas davon haben. Es hat wenig Sinn, wenn nur ich eine Hilfestellung biete für den anderen. Das kann ich zwar auf eine kurze Zeit auch befriedigen, aber das mache ich dann vielleicht lieber mit einem Mitarbeiter, der intern in meinem Haus neu anfängt, um den zu unterstüt-zen. Davon habe ich langfristig dann etwas.Ich persönlich fände Patenschaften spannender mit Projekten im Bundesgebiet, mit denen ich sonst keinen Kontakt habe, oder eben im Ausland, um zu erfahren, wie die in Schweden oder in Kanada arbeiten und um mich mit denen auszutauschen. Das fände ich interes-santer. Bei dem Austausch zwischen den Berliner Ein-richtungen finde ich die Hospitation eigentlich eine sehr schöne Idee, weil man dann aus dem eigenen Dunst-kreis rauskommt und Anregungen kriegt, vielleicht auch für ganz einfache praktische Sachen. Dann kann man auch über Vernetzung reden, ohne dass man sich immer in so einer großen Runde treffen muss, sondern sich auch auf einer ganz niedrigschwelligen Ebene verabre-den kann.

Birgit Monteiro: Das wäre ja erst mal ein relativ leichter Start.

Teilnehmer: Gibt es überhaupt die Neugier darauf, wie die anderen Zentren arbeiten?

Birgit Monteiro: Ja, vielleicht auf Mitarbeiterebene, das muss ja nicht der Geschäftsführer sein, der da neugierig ist.

Markus Schönbauer: Bei den Schülerpaten fällt auf, dass viele das inhaltliche Interesse haben, so etwas bei sich zu entwickeln. Jetzt macht Ihr das für Schöneberg oder macht Ihr das berlinweit?

Teilnehmerin: Es gibt in Berlin ein Netzwerk Patenschaf-ten, wo alle Patenschaftsprojekte angeschlossen sind.

Markus Schönbauer: Dass man so eine Art Best- Practice-Angebote macht in der Geschäftsstelle des Ver-bandes und man sagt, wer hat ein tolles Projekt und wer

würde das vorstellen? Dann kann man in die Geschäfts-stelle des Verbandes kommen und sich anhören, wie das umgesetzt wurde.

Elke Schönrock: Ich finde gerade interessant, dass es nicht nur Best Practice sein muss, sondern dass jemand kommt und sich auch noch mein Haus anguckt und kri-tisch was anmerkt. Ich meine, wir wollten schon lange jemanden von der Fachhochschule mit dem Schwerpunkt Stadtteilarbeit haben, aber es ist auch schwer jemanden zu kriegen, weil die stark beschäftigt sind. Und sonst finde ich, wenn du eine Hospitation hast, wo es nicht um Best Practice geht, sondern um Worst Practice auch ganz spannend …

Birgit Monteiro: Ich finde das richtig gut, nicht nur Best Practice sondern auch Alltagspraxis zu betrachten.

Reinhilde Godulla: Was du sagst, diesen Austausch, für den ich eine Woche woanders hingehe, bspw. Fami-lienzentrum Kurmärkische Straße nimmt Kontakt auf zu einem Spandauer Projekt. Ich glaube, man nimmt ganz viel mit, wenn man mal aus dem alten Trott kommt und woanders mal schaut. Man könnte es auch so machen, du könntest Dir die KiezOase einfach so angucken. Aber natürlich ist es was anderes, wenn man dazu strukturiert etwas angeboten hat, weil sich dann viel, viel mehr Ideen entwickeln – wer, kann wann, mit wem? Ich würde es nicht Best Practice, sondern Best Ressourcen nennen. Der Verband hat so viele gute Beispiele.

Markus Schönbauer: Ich denke, das gehört alles zu einer Ideensammlung und man kann gespannt da-rauf sein, was vielleicht irgendwann erblüht. Wir haben Patenschaften angesprochen, ansatzweise vielleicht Referenten/innen-Pool, die Hospitationen. Zu den inter-nationalen Begegnungen: es gibt jetzt einen Austausch mit Israel, regelmäßig IFS-Konferenzen – gerade fand eine in Schweden statt. Gibt es noch andere interna-tionale Begegnungen auf Verbandsebene oder von der Trägerseite?

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Birgit Monteiro: Jedes Jahr gibt es das, was entweder der Verband oder die Mitgliedsorganisationen organisie-ren. Wir sind die Stelle, wo man die Mittel beantragen kann. Aber ich glaube, dass oft das Wissen darüber, wie das geht, bei den Mitgliedern nicht immer so präsent ist. Es gibt zum Beispiel Mitgliedsorganisationen, zum Bei-spiel das M3, die vor allen Dingen in der Jugendarbeit das nutzen. Das muss so lukrativ sein, dass sie sogar Einnahmen damit erwirtschaften, indem sie auch Über-nachtungsort für die Austausch-Teilnehmer sind. Es gibt da schon Möglichkeiten, aber sie werden auch relativ wenig von den Mitgliedsorganisationen genutzt, weil das auch ein Aufwand ist.Wir werden als Verband spätestens in zwei Jahren, wenn die IFS-Tagung in Kanada ist, auch versuchen, da den ganzen Tag Austausch ringsherum zu organisieren.

Markus Schönbauer: Die Resonanz, also unabhängig von diesen Antragsstellungen, an Teilnehmern ist doch immer ganz gut, oder?

Birgit Monteiro: Ja, das ist unterschiedlich, je nachdem, wie es in den Einrichtungen weitergegeben wird. Die Kommunikation in den Organisationen, vielleicht wollen sie die Mitarbeiter im Schülerclub nicht zwei Tage irgend-wohin schicken, was man auch verstehen kann, wenn keine Ressourcen vorhanden sind. Eigentlich wird es gut genutzt. Die Verbandsangebote meistens auf Geschäftsführer- oder Vorstandsebene. Aber ich finde, auch die Vorstände könnte man da auch

mal wieder stärker mit einbeziehen. Damals in der Kiez-spinne hatte das viel bewegt, wenn die ehrenamtlichen Vorstände mitfahren. Das gibt sehr gute Anregungen für die eigene Arbeit.Darüber hinaus werden wir das nicht leisten können. Wenn wir als Verband so was organisieren, ist das schon aufwändig. Das machen Mitarbeiter wie Reinhilde nebenbei oder so.

Olaf Driedger: Für mich wäre noch interessant, ein paar Informationen, die heute bei der Powerpoint-Präsen-tation zur Mitgliederbefragung dabei waren, näher zu betrachten.

Birgit Monteiro: Das ist noch nicht bis zum Ende ausge-wertet, weil ich bis Sonntag immer noch Rückmeldungen bekommen habe und meistens unterwegs bin.Hier ist die Gesamtliste der Befragung, was bislang vor-lag, hat Markus ausgedruckt.Das waren die Erwartungen und das war das, was die Mitgliedsorganisationen leisten.

Markus Schönbauer: Heute kamen oft Rückblicke auf die 60er und 70er Jahre und so,… Als ich den Verband kennen gelernt habe, war er eine Informationsstelle für Mittelvergabe, also wie vergebe ich Mittel, und dann gab es einmal im Jahr die Jahrestagung. Das war das inhaltli-che i-Tüpfelchen. Und bei den Ansprüchen der Mitglieds-organisationen an den Verband taucht auch ganz oft auf: Lobbyarbeit, Unterstützung bei Finanzfragen, usw. Da gibt es jetzt die Servicestelle Zuwendungsrecht. Das finde ich ganz gut, dass das vom Verband weg ist.Mich interessiert noch die Interessensvertretung. Seht Ihr den Verband auch als inhaltlichen Partner. Wir machen Erfahrungen in unserer praktischen Arbeit in den Stadtteilzentren. Die diskutieren wir, also ich dis-kutiere die mit den Bezirksstadträten oder so. Ich wün-sche mir von ihnen Dinge, während sie sich auch Dinge von mir wünschen. Aber diese Dinge trage ich nicht in den Verband. Der Verband übernimmt dann auch nicht die Rolle – aus meiner Sicht. Also, wir beschweren uns beim Verband, wenn die Förderung zu kompliziert wird,

aber der Verband übernimmt nicht die Rolle, das was bei Euch vielleicht früher, weiß ich nicht oder so, aber er übernimmt nicht die Rolle der inhaltlichen Forderung. Das Land Berlin braucht aus diesem Grund Stadtteilzen-tren, also das ist für mich nicht so. Wie seht Ihr das? Tut das der Verband ausreichend? Sollte er es tun? Sollte er es nicht tun?

Birgit Monteiro: Es ist auf jeden Fall zu wenig. Aber das hat mit den Sachen zu tun, die überhaupt mich errei-chen. Wir haben jetzt diese Stellungnahme Familienzen-tren oder so, aber große Zuarbeit: Georg Zinner. Oder Seniorenleitlinien, Zuarbeit: Georg Zinner. Es sind zu wenige, die sich beteiligen, oder wo man auch mal mit fünf Leuten eine Stellungnahme noch mal durchspre-chen könnte. Und ein bisschen ist es auch ein Ressour-cenproblem, wobei ich jetzt von mir auf andere schließe. Immer wenn ich mich damit auseinandersetze und aus der Stellungnahme von Georg Zinner eine Verbandsstel-lungnahme machen will, dann habe ich drei bürokrati-sche Aufforderungen, bis morgen um 12 Uhr dieses oder jenes zu liefern, so dass es dann doch nicht zu schaffen ist. Ich finde, wir müssten auch mehrere Leute sein. Ich bin jemand, der so etwas immer im Gespräch oder in einer Gruppe entwickelt.

Markus Schönbauer: Viele von uns stecken in einer Art „Verwaltungsjob“ fest. Ich stelle einen Antrag, ich prüfe Quittungen, ich reiche sie ein, ich diskutiere über Verfah-rensweisen und habe natürlich eine politische Ansicht oder entwickele daraus eine Meinung, aber dass ich die dann an Dich transportiere, das tue ich nicht. Vielleicht wenn wir uns mal treffen und die Chance haben, fünf Minuten zu sprechen, aber das sind keine wirklich inhalt-lichen Auseinandersetzungen mehr in meinem Arbeits-leben. Aber das ist notwendig, gerade für den Verband.

Georg Zinner: Diese Diskussion habe ich oft mit Her-bert Scherer geführt. Sozusagen die Unterlassung des Verbandes. Das ist unglaublich schwer, weil Geschäfts-führer nie wissen werden, wenn die sich in die Bresche werfen, wie weit die Mitglieder wirklich hinter ihnen ste-

hen. Oder wenn sie etwas einfordern, dann wissen sie nicht, inwieweit die Mitglieder überhaupt mitziehen.Ich habe es da ja leichter. Ich trete dann auch nicht als Vorsitzender auf, sondern als Geschäftsführer des Nach-barschaftsheimes Schöneberg, als betroffene Organisa-tion. Das hat ja nur Wirkungen auf uns. Wenn Birgit ihre Position bezieht und dann sagt, alle Nachbarschafts-heime sollen ein Familienzentrum aufbauen, dann sagt möglicherweise die Hälfte, „um Gottes Willen“ - damit wollen wir nichts zu tun haben.

Markus Schönbauer: Aber dann ist es ja an uns, dem Verband ein Feedback zu geben.

Teilnehmerin: Nicht nur ein Feedback zu geben, son-dern eine gemeinsame Stellungnahme zu machen, nicht dass zum Beispiel die Heerstraße sagt, nein, bei uns aber nicht, dann sagt Weißensee, ja, aber eigentlich bei uns auch nicht. Georg Zinner sagt dann, da sind wir schon längst drüber, da sind wir gar nicht von abhängig. Und dann stehst du in der Bredouille. Oder manchmal musst du Sachen verkaufen und sagen, jedes Nachbar-schaftshaus liefert das und das, wobei du von den zehn Häusern fünf weißt, wo du sagst, huh, hoffentlich guckt da keiner hin. Das sind so Sachen, die kriegst du als Geschäftsführer nur, wenn du weißt, dass die Leute hin-ter dir stehen.An dem Berliner Beispiel gab es diesen Bruch, als Berlin Servicestelle geworden ist. Dann haben die ganz klar ihre Lobbykraft verloren, die sie vorher viel massiver hat-ten, als es fünf oder sechs Nachbarschaftsheime waren. Dann ist das gekippt, dann waren sie immer in der Bre-douille, Servicestelle zu sein und die Einrichtungen zu kontrollieren auf eine Art und Weise, und nicht mehr nach vorne zu gehen und zu sagen, die Stadt kann gar nicht mehr ohne uns. Na ja, da ist ein Zahn abgefallen, aber wie kam denn damals die Entscheidung zustande? Das wird noch schwieriger, wenn Du als Bundesverband überlegst, weil man dann die Länderebene von den Län-derverbänden bestreiten muss, denn so viele Kennt-nisse kriegt man auf Bundesebene gar nicht, um auf Länderebene argumentieren zu können. Da muss man

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den Dimensionen überfordert, was da an Forderungen herangetragen wird, Lobbyarbeit, Öffentlichkeitsarbeit, usw. Aus meiner Sicht aus Greifswald, was den Bundes-verband angeht, der es alleine ist, war mein Wunsch, danach zu gucken, was ich von diesem Verband vor Ort in Greifswald erwarten kann. Da müssen ganz viele Dinge, die wir im Haus wollen, von den Entscheidungs-trägern vor Ort nach wie vor selber geleistet werden. Ich würde mir aber wünschen, da greife ich jetzt einen Punkt heraus, dass wir alle als Mitgliedsorganisationen der Verband sind, den wir mit Konzepten unserer Arbeit insbesondere füttern können.Wir hatten ja das Thema Bürgerschaftliches Engagement und Bürgerbeteiligung. Was ist das eigentlich? Und dass wir Konzepte von Bürgerbeteiligungen und von dem, was in den Häusern läuft, ins Internet stellen oder irgendein Forum dort einrichten, damit über den Verband solche Konzepte abgerufen werden können. Diese Konzepte kann man bearbeiten oder übernehmen und dann auch politischen Entscheidungsträgern geben, damit man vor Ort die Themen besser transportieren kann. Dadurch würde transparenter, was solche Nachbarschaftszent-ren oder Stadtteilzentren machen, wir zum Beispiel als offenes Kinder- und Jugendhaus Labyrinth sind in einem Stadtteilzentrum. Da sind wir als Verband nur so stark wie wir alle sind und nicht die drei, die da vorne vorturnen.Was wir als Mitgliedsorganisationen entwickeln können und wozu wir uns als einzelner Träger auch selber positio-

die Bundesebene bedienen und das geht über Politik und Lobby und Zeit, Leute kennenlernen, Gespräche füh-ren, das macht man ja nicht mit einem Fingerschnipsen.Aber dazu brauchst Du auch eine Strategie. Hier ist im Moment für mich die Frage, dass Berlin irgendeine Länderebene braucht, die weiter auch die bisherigen Kontakte hält und kämpft, aber wie bekommt Ihr dann nebenbei noch den Bundesverband aufgestellt?Auch bei den Themen, die wir jetzt hatten, muss man schauen, was Berlin braucht und was der Bundesver-band braucht. Berlin kann auch nicht sagen, dass es keine Länderebene mehr gibt. Es gibt 38 Nachbar-schaftsheime, die müssen ja auch irgendwie gebündelt werden, wenn Du mit einer Position voran gehen willst.

Georg Zinner: An dem Zeitdruck und der Überlastung ver-suchen wir etwas zu ändern. In kleinen Schritten, bspw. durch die Fusion und die GmbH-Gründung. Markus hat natürlich trotzdem Recht, da müssen wir hinkommen, dass wir es schaffen und wissen, dass wir als Nachbar-schaftsheime uns immer wieder auch anbieten müssen und bereit sein müssen für verschiedene Sachen. Wir müssen es auch ins Gespräch bringen, dass wir diejeni-gen sind, die bündeln.

Markus Schönbauer: Aus meiner Sicht muss das in die-ser Stadt vom Verband her passieren. Klar, damit will ich nicht Birgit kritisieren oder so, sondern es geht in unsere, in meine Richtung als Einrichtung, dass ich den Verband, wenn ich das von ihm wünsche, auch dabei unterstützen muss, damit er das tun kann.

Georg Zinner: Ihr braucht nur eine Eigeninitiative star-ten. Das habe ich, als wir noch klein waren, ja auch versucht. Ich wollte ja, dass alle Nachbarschaftsheime bei uns Sozialstationen aufbauen, dass alle Nachbar-schaftsheime Betreuungsvereine machen, usw. Da bin ich ja nur aufgelaufen.Oder bei den Kitas. Wie viele haben da mitgemacht oder nicht mitgemacht? Jedes Nachbarschaftsheim hat ja seine Konzeption und das Recht klein bleiben. Jetzt viel-leicht nicht mehr. Aber das muss man ja auch respektie-

ren, weil das ist die Freiheit des Vereins zu entscheiden, man kann nur diskutieren, ob etwas vorteilhaft ist oder nicht. Das habe ich immer gemacht, aber die Entschei-dung hat der Verein. Meine Kollegin Bianca Thiede, die versucht hat im Zuwendungsrecht andere Organisatio-nen mitzunehmen … - am Ende stand sie immer alleine.

Birgit Monteiro: Gerade bei den Finanzfragen haben wir versucht, eine einheitliche Linie zu finden. Da gibt es immer welche, die bewusst sagen, sie machen nicht mit und andere, die das durch Nichtanwesenheit zum Aus-druck bringen.

Markus Schönbauer: Wir haben vieles andiskutiert und es gibt durch die ganze Veranstaltung heute einige Impulse für die Verbandsarbeit.

Elke Schönrock: Wenn jetzt so Eckpunkte geschaffen werden, dass es im Verband drei Leute gibt, die eine Arbeitsgruppe sind zu den jeweiligen Themen und sich ein- oder zweimal im Jahr treffen und immer was vor-stellen.

Markus Schönbauer: Ich glaube, das passiert auch immer mehr. Birgit ruft auf, oft sind es die „üblichen Verdächtigen“, aber da gibt es Entwicklungen…

Birgit Monteiro: Bei der Seniorenarbeit hat es sich zum Beispiel schon erweitert. Hier haben wir wirklich die Zuständigen bei den Trägern erreicht, die sich beteiligt haben.

Markus Schönbauer: Okay, vielen Dank an alle!

Willy Eßmann: Wir hatten heute vier Foren und jedes Forum hatte mindestens einen Berichterstatter oder eine Berichterstatterin. Forum 1 hatte den Titel: Vielfalt bürger-schaftlichen Engagements zwischen Anspruch und Reali-tät. Berichterstatter sind Rainer Laudan und Anja Huber.

Anja Huber: In unserer Arbeitsgruppe ging es um die Vielfalt bürgerschaftlichen Engagements. Es wurde eine sehr umfangreiche Sammlung über die Formen des Engagements in den Häusern angelegt, worin aber auch das Engagement in den Stadtteilen integriert wurde. Die unterschiedlichen Formen wurden teilweise erklärt, vor allem bemerkenswerte Aktivitäten, die durch einen nach oben zeigenden Daumen gekennzeichnet waren.Es ging zum Schluss darum, was der Verband zur Viel-falt bürgerschaftlichen Engagements leisten soll. Und es ging auch darum, was die Mitgliedsorganisationen leisten könnten, um die Diskussion aktuell zu halten.

Rainer Laudan: Auf meiner Medaille habe ich die eine Seite, was nämlich die Mitgliedsorganisationen für den Verband an dieser Stelle tun können. Als Greifswalder habe ich das Stimmungsbild wahrgenommen, dass die Berliner, die natürlich hier in der Dominanz sind, weil es eben sehr viele Mitgliedsorganisationen aus Berlin gibt, sehr starke Forderungen an den Verband haben.Dieses Dreier-Gremium dort in der Zentrale, von dem wir von Birgit gehört haben, ist meines Erachtens nach in

Fit für die Zukunft!?Abschluss

Berichterstattung Forum 1

Forum 4 / Mitmachen, engagieren, kooperieren

Präsentation der Ergebnisse der Foren und Abschlussrunde

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Jahrestagung Stadtteilarbeit 2012 Fit für die Zukunft 101100

nieren müssen, das ist, was Bürgerengagement eigent-lich leistet. Was ist Bürgerengagement? Was kann Bür-gerengagement leisten? Das muss auch nach außen transportiert werden, damit wir damit den Verband stär-ken können, indem wir Erfahrungen zur Verfügung stel-len und dem Verband zufließen lassen. Das ist das, was wir als Beitrag von den Mitgliedsorganisationen haben. Insgesamt, da können wir auch nur alle mitwirken, müs-sen wir unsere Wirkungsweisen in den verschiedenen Kiezen besser nach außen darstellen. Wir brauchen da unser Licht nicht unter den Scheffel zu stellen, um Argu-mente gegenüber der Politik zu haben, die uns mit Geld versorgen soll.

Anja Huber: Und die Aufgabe beim Verband wird dann gesehen, eine Internet-Plattformstruktur anzubieten. Es gibt dazu bereits einen konkreten Vorschlag von Dr. Wag-ner, nämlich diese Ehrenamt-Bibliotheksstruktur, was war das für ein Hinweis?

Stephan Wagner: Nein, ich fragte gerade, wem wir die jetzt umhängen.

Anja Huber: Also diese zur Verfügung zu stellen, damit die Mitgliedsorganisationen dort ihre Konzepte einstel-len können, die dann zum Download bereitstehen.Der zweite Punkt ist die Koordination und die Bündelung von diesen Anliegen, damit diese Lobbyarbeit betrieben werden kann, also als eine Stimme zu sprechen, um wirksam zu Ergebnissen zu kommen.

Das dritte Anliegen ist, das dann in die Verwaltung und in die Politik zu bringen. Was heißt Bürgerschaftliches Engagement? Es braucht Ressourcen, es kann kein Hauptamt ersetzen. Das muss in die jeweiligen Verhand-lungen und Diskussionen eingebracht werden.

Willy Eßmann: Vielen Dank. Da es keine Nachfragen an diese Arbeitsgruppe gibt, bitte ich die Berichterstatter Klaus-Peter Licht und Carolina Böhm aus dem zweiten Forum um Ihr Statement. Es geht um Dezentralisation und Sozialraumorientierung.

Klaus-Peter Licht: Wir hatten eine sehr muntere und interessante Diskussion, haben uns nicht ganz an den Fahrplan mit diesen Medaillen gehalten. Zunächst hat die Gruppe festgestellt, dass Sozialraumorientierung Dezentralisierung ist. Viele Elemente der Gemeinwesen-arbeit sind in der Sozialraumorientierung aufgegangen und leben dort weiter.Eine Forderung ist, dass wir kontinuierlich finanzierte Ansprechpartner vor Ort brauchen, die aber flexibel auf die Bedarfe reagieren müssen können.Wir haben einen angeblichen Widerspruch diskutiert, nämlich - ob wir überhaupt Ziele brauchen oder ob wir nicht eher eine Ergebnisoffenheit brauchen. Ergebnisof-fenheit oder Zielvereinbarungen? Wir haben festgestellt, dass das gar kein Widerspruch ist, sondern dass das gut zusammenpasst, also dass beides parallel laufen muss.Eine andere Forderung an die Verwaltung ist, dass die Verwaltung ämterübergreifend zusammenarbeiten sollte und dass die Träger vor Ort, vor allen Dingen die Stadt-teilzentren, die Aufgabe der Stadtteilkoordination über-nehmen müssen.

Carolina Böhm: Die Verwaltung, die uns die Sozial-raumorientierung vorgestellt hat, hat die Stadtteilzent-ren und Nachbarschaftshäuser als Resonanzräume für sich selbst bezeichnet. Das fand ich sehr schön. Der Anspruch, der damit verbunden ist, wurde dann in dem Forum auch sehr kritisch diskutiert. Wir haben es als interne Aufgabe an die Mitgliedsorganisationen formu-liert, darüber nachzudenken: Ist es eine Aufgabe von

Stadtteilzentren und Nachbarschaftshäusern, in Zukunft die Koordinierung von sozialräumlichen Strategien und Bedürfnissen für die Verwaltung mit zu wuppen? Das große Fragezeichen dahinter ist noch gegenseitig aus-zuhandeln.Einen Gedanken greife ich noch auf, eine Bitte an oder eine Aufgabenstellung für den Verband: Die Sozialraumo-rientierung wird zumindest hier in Berlin im Augenblick vor allen Dingen im Jugendhilfebereich geleistet und umgesetzt, aber die Arbeit der Nachbarschaftshäuser und Stadtteilzentren geht ja weit darüber hinaus, also die Zielgruppen sind viel breiter. Das bedeutet, dass wir bereits ressortübergreifend arbeiten, aber die Berliner Verwaltungen in der Beziehung auf jeden Fall noch nicht. Dieses ressortübergreifende Zusammenarbeiten und das Zusammendenken der Sozialraumorientierung soll bitte durch den Verband auf politischer Ebene eingefor-dert werden.

Klaus-Peter Licht: Ich habe noch eine Medaille. Forde-rung an den Verband ist, für ergebnisoffene und lang-fristige Finanzierungsmodelle zu kämpfen und sich dafür stark zu machen. Und für die Mitgliedsorganisationen, wenn dieser Rahmen gesetzt ist und stimmt, dann flexi-bel auf Bedarfe vor Ort reagieren zu können und immer wieder sich dem zu stellen, die Angebote flexibel nach dem jeweiligen Sozialraum anzupassen.

Willy Eßmann: Vielen Dank! Auch zu diesem Forum gibt es keine Nachfragen, weshalb es jetzt um das Forum 3

geht: Unterschiedliche Typen von Nachbarschaftshäu-sern. Ich habe zwei Berichterstatter: Dr. Gabriele Schlim-per und Marco Iljic.

Marco Iljic: Ich komme weder aus Berlin noch aus der Provinz, sondern bin ein richtiger Alien aus Österreich bzw. aus Wien, weshalb ich mich hier etwas zurück-halte. Wir haben uns intensiv mit den Typen der Nach-barschaftshäuser auseinandergesetzt, was ich eine ziemlich trockene Materie fand. Es wurde allerdings bei den Prinzipien wesentlich lebendiger und wir haben die Sozialraumorientierung gleich mitbehandelt. Für mich war das alles ganz interessant, danke für die Möglich-keit!

Gabriele Schlimper: Am Anfang war es in der Tat etwas trocken. Wir hatten eine sehr tolle Herangehensweise. Wir hatten Vorlagen aus dem Zinner-Freier-Papier, nach dem es ja vier Typen bzw. vier Typisierungen von Stadt-teilzentren oder von Graduierungen gibt. Sie wurden von den Moderatorinnen als Grundlage genommen, damit sich die Teilnehmer dort jeweils einsortieren konnten. Wo steht man? Wo sieht man sich selbst in der Entwick-lung? Es kam ziemlich zügig heraus, dass man sich gar nicht mehr so leicht einordnen kann, teilweise gab es Unsicherheiten, wohin man sich eingruppieren soll.Es gibt Stadtteilzentren, die sind große professionelle Träger, aber machen noch Stadtteilarbeit. Oder wir haben ein Stadtteilzentrum, in dem vier Träger miteinander her-umwirbeln, die gemeinsam Stadtteilarbeit organisieren.

Berichterstattung Forum 3Berichterstattung Forum 2

Abschluss

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Oder wir haben einen Bezirk, da gibt es ein sogenanntes Stadtteilzentrum, was aber auch von mehreren Trägern an unterschiedlichen Orten gestaltet wird.Wir haben uns darauf verständigt, dass diese struktu-relle Vorgehensweise aus diesem Zinner-Freier-Papier von 1999 strukturell überholt ist und an der einen oder anderen Stelle neu erarbeitet werden müsste. Diese Erarbeitung wird dann gleichzeitig als kleine, dezente, zwar nicht vordergründig, aber kleine, dezente Fra-gestellung auch an den Verband für sozial-kulturelle Arbeit wiedergegeben.Dann gab es zu den inhaltlichen Aufgaben und Profi-len, und was daraus abgeleitet werden soll, zu den Positionen, doch eine recht rege und sehr interessante Diskussion. Zu den Aufgaben und Inhalten von Nach-barschaftsarbeit ist in den letzten dreizehn Jahren doch einiges dazugekommen. Sozialraumorientierung steht zwar implizit in dem Papier drin, hat aber mittlerweile doch eine ganz andere Bedeutung erhalten in der inhalt-lichen Arbeit der Nachbarschaftshäuser, als es 1999 vielleicht anfangs noch anders fixiert war.Neu hinzugekommen ist die Inklusion. Diesen Begriff ver-wenden wir alle, aber jeder meint damit etwas anderes. Wir hatten vor kurzem eine brillante Bundesveranstaltung zur Inklusion, die von unserer Akademie organisiert wurde, wo das auch deutlich wurde. Die Psychiatrie meint damit etwas anderes, die Politik definiert Inklusion anders, die Verwaltung auch, die Nachbarschaftseinrichtungen sagen auch etwas anderes – und ich kann Ihnen versprechen, jeder kleine Referent im Paritätischen Wohlfahrtsverband sagt auch was anderes zur Inklusion.Deswegen hat das Thema Inklusion vielleicht auch noch eine neue oder andere Fragestellung, weil damit eben keine Integration gemeint ist, sondern etwas anderes als Herausforderung auch für die konzeptionelle Arbeit von Nachbarschaftseinrichtungen zu sehen ist.Der nächste Begriff, der auftauchte, war Selbsthilfe. Selbsthilfe als normaler inhaltlicher Schwerpunkt von Nachbarschaftseinrichtungen muss noch mal abge-grenzt werden von der Selbsthilfekontaktstelle. Einer-seits die Selbsthilfekontaktstelle als klar definiertes, inhaltlich mit qualitativen wichtigen Kriterien festgeleg-

tes Konstrukt, andererseits die Offenheit der Selbsthil-fearbeit als Möglichkeit in jedem Nachbarschaftshaus für die Bürger/innen. Das sind zwei unterschiedliche Sachen, die unterschiedlich definiert werden können.Eine deutliche Unterscheidung zu 1999 ist die Gentrifi-zierung, die es damals noch nicht gab. Nachbarschafts-einrichtungen haben sich grundsätzlich primär um sozial schwächere Bürger/innen gekümmert und sie eingebun-den. Wir haben aber Entwicklungen um einzelne Stadt-teilzentren herum, dass man vielleicht denken könnte, sie müssten sich in 10 oder 15 Jahren ihre sozial Schwachen suchen gehen, wohingegen es anderen Stadteilzentren schwer fällt, Menschen überhaupt noch zu aktivieren oder Menschen zu finden, die sich noch engagieren, weil nur noch Menschen dort leben, denen es finanziell nicht gut geht. Das ist eine neue Heraus-forderung, die es in dieser Segregation im Sozialraum 1999 noch nicht gab.Stadtteilzentren verstehen sich selbstverständlich als Schnittstelle zwischen lokaler Ebene und Verwaltung. Hintergrund dieser Aussage ist, dass wir uns auch mit der Rahmenstrategie Soziale Stadt beschäftigt haben, und hier noch einmal wunderbar herauskristallisiert bekommen haben, was es bedeutet, nämlich dass Stadtteilzentren als immer größere Schnittstelle mit neuen Aufgaben fungieren. Es kam gleich eine Forde-rung, die sich auch an den Paritätischen richtet, aber auch an den Verband für sozial-kulturelle Arbeit, nämlich sich noch mal intensiver mit der Rahmenstrategie Sozi-ale Stadtentwicklung zu beschäftigen und der Vorgabe, dass jedes Bezirksamt machen kann was es will. Es geht darum, wie die Umsetzung in den Bezirken erfolgt und wie wir, also der DPW und der Verband für sozial-kulturelle Arbeit, mehr mit SenStadt in Verbindung treten können, um die Umsetzung in den Bezirken zu nivellie-ren, zumindest einigen Bezirken zu helfen, etwas besser in Bewegung zu kommen. Davon verspricht man sich eine Stärkung der Stadtteilzentren.

Willy Eßmann: Vielen Dank! Im Forum 4 war Olaf Driedger Berichterstatter. Es geht um das Mitmachen, Engagieren und Kooperieren der Mitgliedsorganisationen.

Olaf Driedger: Wir haben in unserem Forum viele The-men kontrovers diskutieren können, aber haben sehr schnell erstaunlich viele Beschlüsse fassen können und gemeinsame Positionen gefunden. Wir sind immerhin der Meinung, dass der Verband in Kommunikation mit Politik und Verwaltung langfristig Änderungen vorneh-men sollte und dass es eine inhaltliche Neuausrichtung geben sollte. Das ist allerdings als längerfristiger Pro-zess gedacht, aber ganz pragmatisch haben wir natür-lich einige Themen diskutiert.Wir haben zum Beispiel über die Jahrestagung disku-tiert. Es sollen wechselnde Veranstaltungsorte der Jah-restagung sein, aber die Herausforderung bleibt immer, wie man die Menschen im konkreten und übertragenen Sinne bewegt bekommt, damit alle durch halb Deutsch-land fahren, um an der Tagung teilzunehmen.Unsere Meinung war, dass das nur über inhaltlich anspruchsvolle Themen geht. Der Begriff Methoden-Kon-ferenz war ein Schlagwort, das Ganze also methodisch ausgerichtet zu konzipieren, aber auch als Konferenz zu organisieren. Man sollte offen sein für externe Bli-cke, für Referenten/innen aus anderen Gebieten, damit man sich andere Blickweisen hereinholt. Gleichzeitig sollten diese Veranstaltungen, aber auch die Jahresta-gung, immer gemeinschaftsstiftend sein bzw. für die Mit-gliedsorganisation eine Identität stiften. Da haben wir ein Spannungsfeld gesehen, aber meinten, dass es gut zusammenpassen kann und soll.Die Frage ist jetzt, was der Verband dafür leisten kann. Er kann den organisatorischen Rahmen dafür bieten und dabei immer die Bundesebene im Blick haben, damit es nicht zu berlinlastig wird.Was von den Mitgliedsorganisationen beigetragen wer-den kann, ist, dass sie Gastgeber sein können und sollen. Sie sollen sich präsentieren, um einen Erfah-rungsaustausch weiterführen zu können. Und die Mit-gliedsorganisationen sollten auch die inhaltlichen Vorarbeiten in kleinen Gruppen zusammen leisten, damit die inhaltliche Vorbereitung nicht dem Verband alleine überlassen bleibt.Wir haben über die Öffentlichkeitsarbeitsmaterialien gesprochen, Rundbrief und Jahrestagungsdokumenta -

tion. Die Dokumentation wurde insofern kommentiert, dass manche Artikel einfach zu lang sind, weshalb sie innerhalb der Organisationen wenig gelesen werden. Sie hat sich allerdings als sehr geeignetes Instrument erwiesen, um die politischen Entscheidungsgremien oder um die politischen Verantwortlichen zu bedienen.Der Rundbrief hat seine Stärken und Schwächen. Er soll in jedem Fall weiterentwickelt werden und Materi-alien als Arbeitsgrundlage für die Mitgliedsorganisati-onen bieten. Wie kann die Redaktion des Rundbriefes weiter professionalisier t und erweiter t werden? Auch das kann nur über die einzelnen Mitgliedsorganisati-onen bzw. über die Mitarbeitenden in Gruppen pas-sieren. Wir könnten uns vorstellen, dass in diesen Vorarbeiten für den Rundbrief auch Prozesse in Gang kommen, die wiederum identitätsstiftend wirken kön-nen.Das passt eigentlich sehr gut zu dem Ergebnis, was ich aus dem Forum 1 mitgenommen habe, nämlich die Konzepte und Themen zu transportieren. Wei-terhin haben wir über Hospitationen gesprochen, mehrtägige Hospitationen in verschiedenen Mitglieds-organisationen, haben das Thema Referenten/innen-Pool gestreift und über den internationalen Austausch gesprochen.

Willy Eßmann: Vielen Dank! Auch hier gibt es keine Nachfragen, weshalb ich mich nochmals bei allen Berichterstattern und Berichterstatterinnen herzlich bedanke. Zum Abschluss spricht Renate Wilkening.

Berichterstattung Forum 4

Abschluss

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Renate Wilkening: Was für ein Tag! Die Mischung macht’s! Nachdem wir am Vormittag kritische, kna-ckige Worte über die Sichtbarkeit unseres Verbandes und die Wahrnehmung unseres Verbandes gehört haben, auch einige Worte und Anmerkungen zu der Geschichte des Verbandes, haben dann Georg Zinner und Stephan Wagner noch einmal sehr gut verdeut-licht, was auch alles positiv läuft und wie es 1999 zu dem Papier über die unterschiedlichen Typen der Stadtteilzentren kam. Dann hat es wirklich geris-sen, was mich betrif ft, und ich hoffe, auch für einige andere, die Workshops, die Arbeitsgruppen bzw. die Foren am Nachmittag, denn das war das, von dem ich denke, dass es den Verband auszeichnet, näm-lich seine aktiven Mitglieder und die Möglichkeit, auch Nicht-Mitglieder, hier spreche ich Herrn Licht an, der ja kein Mitglied ist, sondern aus der Senatsverwal-tung kommt, also auch andere Menschen mit einzube-ziehen in die aktive Arbeit.

Was hier alles an Aufgaben genannt wurde, es waren auch wieder ein paar kritische Worte dabei, also insge-samt haben wir doch ein Riesenpaket hier mitgenom-men. Gut, Birgit, dass Du es hier aufgehängt hast! Es wird dort nicht hängen bleiben, sondern ich denke, dass wir das sowohl als Vorstand als auch als Geschäftsfüh-rung, aber auch als Auftrag für die Einzelnen, die hier heute mit uns sind, auch dort als Auftrag sehen für die Zukunft.Von daher kann ich die Frage, die Professor Hinte heute früh gestellt hat, ob dieser Verband überhaupt fit für die Gegenwart ist, bevor man sich damit beschäftigt, ob er fit für die Zukunft ist, beruhigt beantworten. Der Nach-mittag in den unterschiedlichen Foren hat es gezeigt. Dort wurde tatsächlich engagiert und ganz lebhaft gear-beitet, gleichzeitig aber haben alle auch einander gut zugehört und haben alle zu Wort kommen lassen. Es gab durchaus kontroverse und unterschiedliche Betrach-tungsweisen, aber auch das wurde mit großem Engage-ment und mit großer Ruhe diskutiert. Ich glaube, dass wir als Verband auf einem sehr, sehr guten Weg sind. Ich denke, dass die Hauptsache für den Verband das Leben durch seine Mitgliedsorganisationen ist. Wenn wir diese Mitgliedsorganisationen nicht hätten, dann könnten wir als Verband vielleicht noch ein paar schöne Pressearti-kel schreiben oder Georg könnte wundervolle Statements abgeben, vielleicht sogar mal ein Buch schreiben, aber wir würden genauso wenig wahrgenommen.Ich denke, wir haben diverse Aufgaben im kommenden Jahr zu erledigen. Ich wünsche mir, wenn wir uns 2013 wieder treffen, wo auch immer in Deutschland, dass wir nicht nur in Treptow-Köpenick, wo Herr Meißner ja sagte, dass wir überhaupt nicht wahrgenommen werden, son-dern auch durchaus auf anderen Ebenen und in ande-ren Umgebungen wahrgenommen und ernst genommen werden – als Gesprächspartner und als diejenigen, die in der Lage sind, dort, wo sie arbeiten, mit dazu bei-zutragen, die Lebensbedingungen der Menschen zu ver-bessern, indem sie es gemeinsam mit ihnen tun. Die Häuser, die wir betreiben, es fiel das Wort Gastgeber und von der Gastfreundschaft, ich wünsche mir, dass wir unsere Häuser als Orte der Gastfreundschaft begreifen

und als Orte für Menschen, die sich aktiv für ihre Inte-ressen einsetzen wollen, aber auch für die Interessen von anderen.

Nun bleibt mir noch, was mir auch ganz wichtig ist, mich bei all denjenigen, die heute dazu beigetragen haben, dass dieser Tag spannend, teilweise anstrengend, aber sehr schön war, zu bedanken. Ich glaube, mich hat er angefüllt mit neuen Anregungen und Ideen, was ich mir auch für Sie alle wünsche. Ich bedanke mich im Namen des Vorstandes des Verbandes für sozial-kulturelle Arbeit bei Professor Hinte, bei Herrn Meißner, bei Frau Professor Kraehmer, bei Ellis Huber und bei Birgit Weber für die engagierten Redebeiträge und Anregungen.Ich bedanke mich bei Willy Eßmann, der uns mit seiner souveränen Moderation durch den Tag begleitet hat. Ich bedanke mich ebenfalls bei Birgit Monteiro, die ja hoch-aktiv diese Veranstaltung vorbereitet und organisiert hat, natürlich auch für ihren Beitrag am Vormittag. Ich bedanke mich bei Georg Zinner, nicht nur für Deinen Bei-trag, sondern auch für die Gastfreundschaft, die Du uns hier hast zukommen lassen. Und auch Stephan Wagner, danke, er gehört zu denen, der auch mal den Stachel löckt und wir hatten es heute auch mal mit dem Stachel und mit dem, was passieren kann, also auch Dir, Ste-phan Wagner, herzlichen Dank für Deine Beiträge. Mein Dank geht auch an Sie alle, die Sie heute die Wichtigs-ten waren, die hier gewesen sind. Sie sind diejenigen, die die Arbeit des Verbandes für sozial-kulturelle Arbeit weitertragen werden, die die Zukunft sind und in der Gegenwart aktiv sein werden, was Sie heute den ganzen Tag und in den Arbeitsgruppen ganz toll gezeigt haben.

Ich wünsche Ihnen allen heute noch einen schönen Abend! Ich hoffe, dass wir Sie alle morgen im Rathaus Schöneberg begrüßen können zur Veranstaltung Nach-barschaft 2020, „Soziales Kapital zwischen Bodenricht-wert und Fallmanagement“. Das ist ein interessanter Titel und ich hoffe, es wird spannend und aufregend und anregend werden. Herzlichen Dank noch mal, dass Sie heute dabei waren!

Danke!Liebes Orga Team, ihr wart wieder Spitze!

Abschluss

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Vorname Nachname Institution / Internet

Irene Beyer Pfefferwerk Stadtkultur gGmbH, NBH am Teutoburger Platz - www.pfefferwerk.de

Carolina Böhm SPI Consult - www.spiconsult.de

Andrea Delitz Bürgerhaus e.V. - www.buergerhaus-ev.de

Ruth Ditschkowski Fabrik Osloer Straße e.V. - www.fabrik-osloer-strasse.de

Olaf Driedger Fabrik Osloer Straße e.V. - www.fabrik-osloer-strasse.de

Rosemarie Eckhardt Klub 74 Nachbarschaftszentrum Hellersdorf e.V. - www.klub74.de/

Heike Effertz Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg, Sozialamt - www.berlin.de/ba-friedrichshain-kreuzberg/verwaltung/org/sozialamt

Miriam Ehbets Volkssolidarität - www.volkssolidaritaet-berlin.de/

Anke Eichner Stadtteilzentrum Steglitz e.V., Kindertagesstätten - www.stadtteilzentrum-steglitz.de

Maik Eimertenbrink Verband für sozial-kulturelle Arbeit - www.vska.de

Anita Engelmann Rabenhaus e.V. - Das Nachbarschaftshaus in Köpenick - www.rabenhaus.de/

Juliane Erler Frei-Zeit-Haus e.V. - www.frei-zeit-haus.de/

Willy Eßmann GskA / Outreach - www.gska-berlin.de

Ira Freigang Stadtteilzentrum Pankow/Familienzentrum - www.stz-pankow.de

Gabriele Geißler Kiek in e.V. - www.verein-kiekin.de

Ralf Gilb GskA - Outreach - www.gska-berlin.de

Reinhilde Godulla GskA mbH - Projekt Network - www.gska-berlin.de

Brigitte Grahl Sozialwerk des DFB e.V., STZ Lichtenberg Nord - www.frauen-dfb.de/soziokult_altli.html

Christian Hanke Stadtteilbüro Dierkow, Volkssolidarität KV Rostock-Stadt e.V.

www.rgs-rostock.de/foerdergebiete/dierkow/stadtteilbuero-dierkow.html

Bernhard Heeb Nachbarschaftsheim Neukölln - www.nbh-neukoelln.de/

Wolfgang Hinte www.uni-due.de/biwi/issab/team.php

Karin Höhne Nachbarschaftsheim schöneberg- - www.nbhs.de

Ellis Huber

Anja Huber Landeshauptstadt München Sozialreferat Amt für Wohnen und Migration

www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/Sozialreferat/Wohnungsamt.html

Jutta Husemann Familientreffpunkt Kurmärkische Str., Kiezoase e.V. - www.kiezoase.de

Theresa Hykel Nachbarschaftsheim Schöneberg e.V., Theater der Er fahrungen - www.nbhs.de

Marko Iljic Wiener Hilfswerk - www.hilfswerk.at/wien

Bengt Jacobs ISSA e.V. / LABYRINTH - www.im-labyrinth.de

Ralf Jonas Bürgerhaus oslebshausen - www.buergerhaus-oslebshausen.bremer-buergerhaeuser.de

Ursula Köcher Sozialwerk des DFB e.V., STZ Club Spittelkolonaden - www.frauen-dfb.de/spittelkolonnaden.html

Marianne Konermann Nachbarschaftsheim Schöneberg - www.nbhs.de

Marco Koppe Klub 74 Nachbarschaftszentrum Hellersdorf e.V. - Haus KOMPASS - www.klub74.de/

Jochen Kramer Kiek in e.V. Berlin - www.verein-kiekin.de

Cordula Krause „STZ „“Pestalozzi-Treff““, MUT Gesellschaft für Gesundheit mbH“ - www.mut-gesundheit.de/pestalozzi.htm

Jutta Kreibaum SprengelHaus - www.sparrplatz-quartier.de/SprengelHaus.2046.0.html

Katharina Kühnel Katholische Hochschule für Sozialwesen, Studentin 7. Semester

Annemarie Kühnen-Hurlin Nachbarschaftsheim Schöneberg e.V. - www.nbhs.de

Fit für die Zukunft?!Teilnehmer und Kontaktmöglichkeiten

Michael Kunze Kiezspinne FAS e.V. - www.kiezspinne.de

Stefan Kurzke-Maasmeier Paul Gerhardt Stift zu Berlin - www.evangelisches-johannesstift.de/paul-gerhardt-stift

Rainer Laudan ISSA e.V. / LABYRINTH - www.im-labyrinth.de

Rainer Laudan ISSA e.V. / LABYRINTH - www.im-labyrinth.de

Franziska Anna Leers Frei-Zeit-Haus e.V. Weißensee - www.frei-zeit-haus.de

Timm Lehmann Mehrgenerationenhaus Phoenix - Mittelhof - www.mittelhof.org

Christoph Lewek FZH e.V. - www.frei-zeit-haus.de/

Klaus-Peter Licht Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales - www.berlin.de/sen/gessoz/

Barbara Lüders Nachbarschaftsheim Schöneberg - www.nbhs.de

Thomas Mampel Stadtteilzentrum Steglitz e.V. - www.stadtteilzentrum-steglitz.de

Annette Maurer-Kartal Stadtteilverein Schöneberg e.V - www.stadtteilvereinschoeneberg.de

Jens Meißner Amt für Soziales Treptow-Köpenick von Berlin- - www.berlin.de/ba-treptow-koepenick

Birgit Monteiro VskA - www.vska.de

Ingrid Müller „NBZ „“Bürger für Bürger““ / Kinder- und Jugend gGmbH VS Berlin“

www.volkssolidaritaet-berlin.de/begegnung/bg_bz_mitt.html

Jörg Nowak Nachbarschaftshaus Urbanstraße e.v. - www.nachbarschaftshaus.de

Wilfried Nünthel Kiek in e.V. Berlin - www.verein-kiekin.de

Brigitte Osterburg Verband für sozial-kulturelle Arbeit e.V. - www.vska.de

Petra Patz-Drüke BA Mitte von Berlin, Sozialraumorientierte Planungskoordination - www.berlin.de/ba-mitte/org/spk/spk.html

Patrick Pesch Nachbarschafts- und Selbsthilfezentrum in der ufafabrik e.V. - www.nusz.de

Ulrike Preißer Fabrik Osloer Straße e.V. - www.fabrik-osloer-strasse.de

Ricarda Raabe Selbsthilfezentrum Eigeninitiative ajb - www.ajb-berlin.de/Selbsthilfezentrum

Milena Riede Kath. Hochschule für Sozialwesen Berlin (KHSB) - www.khsb-berlin.de/

Thiele Ronald Outreach-Pankow - www.gska-berlin.de

Markus Runge Nachbarschaftshaus Urbanstraße - www.nachbarschaftshaus.de

Aline Scherer Orgateam - www.vska.de

Elena Scherer Orgateam - www.vska.de

Gabriele Schlimper PARITÄTISCHER Wohlfahrtsverband LV Berlin e.V. - www.paritaet-berlin.de/

Gerd Schmitt PFH / Kiezoase Schöneberg - www.pfh-berlin.de

Viola Scholz-Thies Gemeinwesenverein Heerstr. Nord e.V. - www.gwv-heerstrasse.de

Markus Schönbauer Bürgerhaus e.V. - www.buergerhaus-ev.de

Elke Schönrock Gemeinwesenverein Haselhorst e.V. - www.gwv-haselhorst.de/

Heike Schwagerus Verband für sozial-kulturelle Arbeit e.V. - www.vska.de

Simone Siwek Nachbarschaftsheim Schöneberg - www.nbhs.de

Petra Sperling Gemeinwesenverein Heerstraße Nord e.V. - www.gwv-heerstrasse.de

Karin Stötzner SEKIS, selko e.V. - www.sekis-berlin.de/

Haroun S weis Network-Orientexpress - www.gska-berlin.de

Birgit Weber bagfa e.V. - www.bagfa.de

Renate Wilkening Nachbarschaftszentrum ufafabrik - www.nusz.de

Matthias Winter Nachbarschaftshaus Urbanstraße - www.nachbarschaftshaus.de

Sigrid Zwicker Nachbarschafts- Und Selbsthilfezentrum ufaFabrik - www.nusz.de

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Der Rundbrief wird herausgegeben vomVerband für sozial-kulturelle Arbeit e.V.Tucholskystraße 11, 10117 Berlin

Telefon: 030 280 961 03Fax: 030 862 11 55Email: [email protected]: www.vska.de

Redaktion: Birgit MonteiroGestaltung: hulitschke mediengestaltungDruck: Agit-Druck Berlin

Der Rundbrief erscheint halbjährlichEinzelheft: 5 Euro inkl. Versand

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